L 1 KR 702/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 56/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 702/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.09.2016 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer medizinischen Vorsorgeleistung in Gestalt einer Mutter-Kind-Maßnahme.

Die Klägerin zu 1) ist die Mutter des im Juni 2011 geborenen Klägers zu 2). Beide sind bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Nachdem die Kläger bereits im April 2013 eine Mutter-Kind-Kur zu Lasten der Beklagten durchgeführt hatten, beantragte die Klägerin zu 1) mit am 22.06.2015 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 18.06.2015 unter Vorlage diverser ärztlicher Berichte für sich und den Kläger zu 2) erneut eine Mutter-Kind-Maßnahme.

Mit Schreiben vom 30.06.2010 informierte die Beklagte die Klägerin zu 1) darüber, dass sie ihre Unterlagen erhalten und an den zuständigen Gutachter des medizinischen Dienstes (MDK) weitergeleitet habe. In dem am 03.08.2015 bei der Beklagten eingegangenen Gutachten vom 27.07.2015 führte Herr H vom MDK Nordrhein aus, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht erfüllt seien.

Mit allein an die Klägerin adressiertem Bescheid vom 03.08.2015 lehnte die Beklagte den Antrag vom 22.06.2015 mit der Begründung ab, Mutter-Kind-Kuren könnten nicht vor Ablauf von 4 Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erneut bewilligt werden. Eine Ausnahme sei nur möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend notwendig sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.

Den hiergegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2015 aus den im angefochtenen Bescheid mitgeteilten Gründen als unbegründet zurück.

Die Kläger haben am 19.01.2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie haben die Auffassung vertreten, die begehrte Mutter-Kind-Maßnahme sei medizinisch notwendig. Darüber hinaus sei die Bewilligungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kläger mit einer stationären Vorsorgeleistung in einer Einrichtung des Müttergenesungswerkes oder einer gleichartigen Einrichtung als Sachleistung zu versorgen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V greife nur dann ein, wenn sich der Versicherte die begehrte Leistung bereits selbst beschafft habe und Kostenerstattung geltend mache. Vorliegend hätten sich die Kläger die beantragte Leistung nicht selbst beschafft, sondern begehrten weiterhin die Übernahme der Kosten, mithin die Versorgung im Rahmen der Sachleistung.

Mit Urteil vom 06.09.2016 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2015 verurteilt, die Kläger mit einer stationären Vorsorgeleistung in einer Einrichtung des Müttergenesungswerkes oder einer gleichartigen Einrichtung als Sachleistung zu versorgen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Der angefochtene Ablehnungsbescheid sei an die Klägerin zu 1) auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin des Klägers zu 2) ergangen, so dass die Anfechtungsklage auch in Bezug auf den Kläger zu 2) statthaft sei. Die Klage sei auch begründet. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Kläger auf Gewährung einer stationären Vorsorgeleistung in einer Einrichtung des Müttergenesungswerkes oder einer gleichartigen Einrichtung als Sachleistung sei § 13 Abs. 3a SGB V. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm seien im Hinblick auf die Überschreitung der hier wegen der Einschaltung des MDK einschlägigen 5-Wochen-Frist erfüllt. Die leistungsberechtigten Kläger hätten hinreichend bestimmt die Gewährung einer stationären Vorsorgeleistung als Mutter-Kind-Maßnahme beantragt. Die Beklagte habe den nach eigenem Bekunden bei ihr am 22.06.2015 eingegangenen Antrag mit Bescheid vom 03.08.2015 und damit jedenfalls nach Ablauf der 5-Wochen-Frist am 27.07.2015 beschieden. Sie habe die Kläger im Vorfeld schriftlich nicht unter Angabe von Gründen darüber informiert, dass sie die Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht habe einhalten können. Eine solche Information sei insbesondere auch nicht in dem Schreiben vom 30.06.2015 zu sehen, weil dieses Schreiben weder eine Mitteilung über die Verzögerung noch eine Darlegung hinreichender Gründe hierfür enthalte. Entgegen der Auffassung der Beklagten gelte die Genehmigungsfiktion auch für eine Sachleistung. Darauf, ob die begehrte Maßnahme im materiell-rechtlichen Sinne erforderlich sei, komme es nicht an. Bei der begehrten Leistung handele es sich auch um eine grundsätzlich innerhalb des Systems des SGB V liegende Leistung. Die Kläger hätten auch ausdrücklich eine als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 13 Abs. 3a SGB V zu qualifizierende medizinische Vorsorgemaßnahme für Mütter und Väter nach § 24 SGB V und nicht etwa eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, die nach § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V vom Anwendungsbereich der Genehmigungsfiktion ausgeschlossen sei, beantragt. Eine etwaige Umdeutung des angefochtenen Bescheids in eine Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X scheide schon deshalb aus, weil die Beklagte ein Rücknahmeermessen nicht ausgeübt habe.

Gegen das ihr am 15.09.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.09.2016 Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihre bereits erstinstanzlich vertretene Auffassung, wonach sich die Genehmigungsfiktion nur auf den Bereich der Kostenerstattung und nicht auch auf Sachleistungen beziehe, ungeachtet des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 - weiter. Sie meint, die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage sei nicht zuletzt in Anbetracht weiterer anhängiger Revisionen weiterhin klärungsbedürftig.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.09.2016 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Beschluss vom 14.11.2016 hat der Senat den Antrag der Beklagten, die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil im Wege einstweiliger Anordnung auszusetzen, abgelehnt. Mit Richterbrief vom 09.02.2017 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen, und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Beratungen des Senats waren, Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückweisen, weil er die Berufung für unbegründet und angesichts der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 R -, juris) eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden (Schreiben vom 09.02.2017).

Die Berufung ist unbegründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer medizinischen Vorsorgeleistung in Gestalt einer Mutter-Kind-Maßnahme als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgrund eingetretener Genehmigungsfiktion. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 R -, juris) weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:

1. Statthafte Klageart ist in den Fällen, in denen sich Versicherte auf das Eintreten der Genehmigungsfiktion berufen und die Beklagte den Leistungsantrag abgelehnt hat, die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG. Zwar wird vertreten, dass angesichts des Umstandes, dass in den Fällen des § 13 Abs. 3a Satz 6 und 7 SGB V regelmäßig über den Eintritt der Fiktion gestritten wird, die Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft sei (vgl. hierzu Padé, jurisPR-SozR 23/2016 Anm. 1 m.w.N.). Für die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage spricht jedoch, dass diese einen unmittelbaren Leistungsanspruch und - daraus resultierend - einen vollstreckbaren Titel schafft (Urt. des Senats v. 06.12.2016 - L 1 KR 680/15 -, juris Rn. 25). Abgesehen davon ist der Anspruch in den Fällen, in denen die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (z.B. mangels Aufnahme in den EBM), auf Kostenfreistellung gerichtet (BSG, Urteil v. 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 -, juris Rn. 25). Eine solche kann jedoch mit der Leistungsklage bzw. der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage erreicht werden. Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage hat das SG zutreffend auch in Bezug auf den Kläger zu 2) bejaht.

2. Nicht nur die Klägerin zu 1), sondern auch der Kläger zu 2) ist im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG klagebefugt und materiell-rechtlich aktivlegitimiert. Es kann dahinstehen, ob in den Fällen des § 24 SGB V auch das versicherte Kind generell anspruchsberechtigt ist (so z.B. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30.04.2012 - L 4 KR 10/12 B ER -, juris Rn. 82) oder § 24 SGB V dem versicherten Kind zumindest dann ein subjektives Recht einräumt, wenn auch bei ihm die medizinische Notwendigkeit für eine entsprechende Maßnahme besteht bzw. geltend gemacht wird oder unabhängig davon die Leistung ohne das Kind tatsächlich oder rechtlich zumutbar nicht durchgeführt werden kann (vgl. insoweit auch Schütze, in: jurisPK-SGB V, § 24 Rn. 25). In jedem Fall folgt die Anspruchsberechtigung des Klägers zu 2) hier bereits daraus, dass die Klägerin zu 1) die begehrte Mutter-Kind-Maßnahme ausdrücklich als gesetzliche Vertreterin des Klägers zu 2) auch in dessen Namen beantragt hat. Die aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V folgende Genehmigungsfiktion gilt stets zu Gunsten des jeweiligen Antragstellers, denn sie bezieht sich stets auf den - notwendigerweise fiktionsfähigen - Antrag. Aus der Genehmigungsfiktion kann deshalb jeder Antragsteller einen Anspruch geltend machen.

3. § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ist sowohl nach seinem zeitlichen als auch nach seinem sachlichen Anwendungsbereich anwendbar (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 08.03.2016, a.a.O., Rn. 9 ff.). Die Kläger haben ihren Leistungsantrag nach Inkrafttreten der Regelung am 26.02.2013 gestellt. Bei der geltend gemachten Mutter-Kind-Maßnahme handelt es sich nicht um - nicht fiktionsfähige - Leistungen der medizinischen Rehabilitation i.S.d. § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V, sondern um eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge nach § 24 SGB V. Die Kläger haben ausdrücklich eine solche medizinische Vorsorgeleistung beantragt. Die Beklagte ist auch selbst nicht davon ausgegangen, dass es sich um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation handeln soll.

4. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung tritt die Genehmigungsfiktion nicht lediglich bei Kostenerstattungsansprüchen, sondern auch bei Sachleistungsansprüchen ein. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass sich die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nicht nur auf den Bereich der Kostenerstattung, sondern auch und gerade auf den Bereich der Sachleistung bezieht, also nicht voraussetzt, dass sich der oder die Versicherte die begehrte Leistung bereits selbst beschafft hat. Das BSG hat hierzu (Urt. v. 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 R -, juris Rn. 25) ausdrücklich ausgeführt:

"Denn die Genehmigungsfiktion begründet zu Gunsten des Leistungsberechtigten einen Naturalleistungsanspruch, dem der in Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzenden Naturalleistung ersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz entspricht (vgl § 13 Abs. 3a S 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu verschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl zur Kostenfreistellung zB BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 16 mwN und Leitsatz 2). Auch der Kostenerstattungsanspruch aufgrund Genehmigungsfiktion setzt voraus, dass sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine "erforderliche" Leistung (entsprechend der fingierten Genehmigung; dazu II. 3. a) selbst beschaffen."

Nach diesen eindeutigen Ausführungen ist die Auffassung der Beklagten mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vereinbar. Abgesehen davon geht bereits der Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V davon aus, dass die Leistung nach Fristablauf als genehmigt gilt.

5. Die Fiktionswirkung beschränkt sich nicht auf Leistungen, die bereits Gegenstand des Leistungskataloges der GKV sind. Nach der Rechtsprechung des BSG führt die in § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V geregelte Begrenzung auf "erforderliche" Leistungen zu einer Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Die Begrenzung führt mithin zu einer Rechtsmissbrauchskontrolle, nicht jedoch zu einer Beschränkung auf Leistungen, die bereits jetzt ohne weiteres als Sachleistung zulasten der GKV gewährt werden müssen (vgl. BSG, Urt. v. 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 R -, juris Rn. 26; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 13.09.2016 - L 4 KR 320/16 -, juris Rn. 52).

Bei der begehrten Mutter-Kind-Maßnahme handelt es sich gemäß § 24 SGB V um eine Leistung, die grundsätzlich vom Leistungskatalog der GKV umfasst ist. Die Kläger durfte die begehrte Maßnahme entsprechend dem ärztlichen Bericht ihres behandelnden Arztes vom 17.04.2015 auch subjektiv für erforderlich halten. Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten bestehen nicht.

6. Es fehlt auch nicht an einem fiktionsfähigen Antrag, denn der Antrag der Kläger war ohne Zweifel hinreichend bestimmt.

7. Die Beklagte hat den Antrag nicht binnen fünf Wochen nach Eingang des Antrages am 22.06.2015 beschieden, so dass die Genehmigungsfiktion eingetreten ist. Nach Maßgabe von § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. §§ 187, 188 BGB hätte die Beklagte bis spätestens 27.07.2015 über den Antrag entscheiden müssen. Die durch Erlass des Bescheids v. 03.08.2015 erfolgte Entscheidung kam daher zu spät.

Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte der Klägerin schriftlich einen "hinreichenden Grund" für die Überschreitung der Fünf-Wochen-Frist (§ 13 Abs. 3a Satz 5 und 6 SGB V) mitgeteilt hat.

8. Die Beklagte hat die fingierte Leistungsbewilligung nicht zurückgenommen. Ungeachtet der Frage, ob eine fingierte Genehmigung aufgrund des Umstandes, dass die genehmigte Leistung nicht Bestandteil des Leistungskataloges der GKV ist, nach § 45 SGB X zurückgenommen werden kann (vgl. demgegenüber § 42a Abs. 1 Satz 2 VwVfG, der u.a. die Regelungen über die Bestandskraft von Verwaltungsakten ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt), kann in einem verspäteten Ablehnungsbescheid bereits nach seinem objektiven Erklärungswert keine Rücknahme der fingierten Genehmigung gesehen werden (zu § 42a VwVfG vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 42a Rn. 14 a.E.; U. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 42a Rn. 47, 60; Dürig in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 42a Rn. 10). Abgesehen davon sind hier die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X mangels ausdrücklicher Rücknahmeentscheidung und fehlender Ermessensausübung ersichtlich nicht erfüllt.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

10. Anlass, die Revision zuzulassen, hat vor dem Hintergrund der eindeutigen Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 R -) nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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