Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 3849/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 265/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 05.01.2017 abgeändert und der Antrag abgelehnt.
Von den Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin 40 v.H. und der Antragsteller 60 v.H.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.114,21 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist nach § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; sie ist nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG). Sie ist aber nicht begründet.
Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide der Krankenkasse in ihrer Funktion als Einzugsstelle, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28h Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ergehen.
Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist § 7a Abs 7 SGB IV auf Bescheide, die im Rahmen einer Betriebsprüfung durch den Rentenversicherungsträger ergehen, nicht anwendbar (vgl Senatsbeschlüsse vom 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris und vom 17.01.2014, L 11 R 5134/13). Der Senat sieht sich insoweit nach wie vor im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung der Obergerichte (ebenso Bayerisches LSG 16.03.2010, L 5 R 21/10 B ER; LSG Hamburg 16.04.2012, L 3 R 19/12 B ER; mit ausführlicher Begründung LSG Nordrhein-Westfalen 20.12.2012, L 8 R 565/12 B ER und 11.05.2015, L 8 R 106/15 B ER; Hessisches LSG 22.08.2013, L 1 KR 228/13 B ER; Sächsisches LSG 30.08.2013, L 1 KR 129/13 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG 07.09.2015, L 5 KR 147/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg 15.12.2015, L 9 KR 192/15 B ER; jeweils juris; aA LSG Rheinland-Pfalz 06.01.2014, L 2 R 409/13 B ER und Thüringer LSG 03.06.2015, L 12 R 539/15 B ER, juris). Gleiches gilt für Bescheide der Einzugsstellen.
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B, und 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel iSv § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B mwN, juris). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Deshalb müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, juris). Die Wirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Baden-Württemberg 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).
Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist nach der teilweisen Rücknahme der Beschwerde durch die Antragsgegnerin nur noch die Frage, ob die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11.01.2016 und 01.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2016 auch insoweit anzuordnen ist, als mit diesen Bescheiden ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag von mehr als 4.650,99 EUR gefordert wird. Im Übrigen, dh soweit ein Betrag in der vorgenannten Höhe gefordert wird, hat sich die Beschwerde durch die Teil-Rücknahme erledigt. Insoweit bleibt es bei der vom SG angeordneten aufschiebenden Wirkung der Klage.
Das SG hat - bezogen auf den hier noch streitigen Betrag von 7.805,84 EUR- zu Unrecht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung angeordnet, denn ein Erfolg in der Hauptsache ist insoweit nicht überwiegend wahrscheinlich.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28h SGB IV. Nach Abs 1 dieser Vorschrift ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen. Nach Abs 2 entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV).
Nach im Eilverfahren gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, soweit darin ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 7.805,84 EUR gefordert wird. Zu Recht hat das SG die Frage, ob die im Subunternehmervertrag vom 01.08.2013 als Auftragnehmer bezeichnete Person als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag, nicht weiter erörtert, da dies ohne Zweifel der Fall war. Dies ergibt sich bereits aus dem Subunternehmervertrag. Nach § 1 Abs 1 und 3 dieses Vertrages übernahm es der Auftragnehmer, eine vom Antragsteller gegenüber der Firma H. geschuldete Leistung - Durchführung von Sendungszustellungen und Abholungen - auszuführen und zwar so, dass dies den Anforderungen der Firma H. entsprach. Dies setzt zwingend eine Eingliederung des Auftragnehmers in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers und eine Direktionsbefugnis des Antragstellers voraus. Es genügt nicht, dass dem Auftragnehmer die Anforderungen aus dem Qualitätshandbuch für Zusteller bekannt sind, wie dies in § 1 Abs 5 Satz 3 des Subunternehmervertrages behauptet wird. Erforderlichenfalls müssen die Serviceanforderungen der Firma H. vom Antragsteller gegenüber dem Auftragnehmer durchgesetzt werden.
Die Antragsgegnerin war im vorliegenden Fall auch berechtigt, die Beitragshöhe zu schätzen. Sie hatte den Antragsteller mit Bescheid vom 23.09.2015 aufgefordert, die erforderlichen Meldungen zur Sozialversicherung zu erstellen. Wäre er dieser Aufforderung pflichtgemäß nahgekommen, hätten die Beiträge im Bescheid vom 11.01.2016 konkret ermittelt und festgesetzt werden können.
Die Vollziehung des Beitragsbescheides über eine Forderung von 7.805,84 EUR bedeutet für den Antragsteller keine unbillige Härte. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs hat sich der Senat der vom LSG Nordrhein-Westfalen für die Vollziehung von Beitragsbescheiden vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER). Danach führen allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung müssen vom Antragsteller substantiiert dargelegt werden. Diese müssen darüber hinaus auch noch das Interesse an der aktuellen Einziehung der Forderung überwiegen. Das Interesse an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung kann oft gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation sind die Versicherungsträger gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen (Bayerisches LSG 30.07.2012, L 5 R 267/12 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 10.01.2012, L 8 R 774/11 ER-B, juris). Dies ist hier jedoch nach den Ausführungen im Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Möglichkeit besteht, sich mit der Antragsgegnerin auf eine Ratenzahlung zu verständigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Beschwerde im Ergebnis teilweise erfolgreich war.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 1 Satz 1, 52 Abs 1, 53 Abs 2 Nr 4 GKG. Es entspricht der Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (vgl Beschluss vom 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Von den Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin 40 v.H. und der Antragsteller 60 v.H.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.114,21 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist nach § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; sie ist nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG). Sie ist aber nicht begründet.
Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide der Krankenkasse in ihrer Funktion als Einzugsstelle, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28h Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ergehen.
Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist § 7a Abs 7 SGB IV auf Bescheide, die im Rahmen einer Betriebsprüfung durch den Rentenversicherungsträger ergehen, nicht anwendbar (vgl Senatsbeschlüsse vom 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris und vom 17.01.2014, L 11 R 5134/13). Der Senat sieht sich insoweit nach wie vor im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung der Obergerichte (ebenso Bayerisches LSG 16.03.2010, L 5 R 21/10 B ER; LSG Hamburg 16.04.2012, L 3 R 19/12 B ER; mit ausführlicher Begründung LSG Nordrhein-Westfalen 20.12.2012, L 8 R 565/12 B ER und 11.05.2015, L 8 R 106/15 B ER; Hessisches LSG 22.08.2013, L 1 KR 228/13 B ER; Sächsisches LSG 30.08.2013, L 1 KR 129/13 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG 07.09.2015, L 5 KR 147/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg 15.12.2015, L 9 KR 192/15 B ER; jeweils juris; aA LSG Rheinland-Pfalz 06.01.2014, L 2 R 409/13 B ER und Thüringer LSG 03.06.2015, L 12 R 539/15 B ER, juris). Gleiches gilt für Bescheide der Einzugsstellen.
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B, und 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel iSv § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B mwN, juris). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Deshalb müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, juris). Die Wirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Baden-Württemberg 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).
Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist nach der teilweisen Rücknahme der Beschwerde durch die Antragsgegnerin nur noch die Frage, ob die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11.01.2016 und 01.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2016 auch insoweit anzuordnen ist, als mit diesen Bescheiden ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag von mehr als 4.650,99 EUR gefordert wird. Im Übrigen, dh soweit ein Betrag in der vorgenannten Höhe gefordert wird, hat sich die Beschwerde durch die Teil-Rücknahme erledigt. Insoweit bleibt es bei der vom SG angeordneten aufschiebenden Wirkung der Klage.
Das SG hat - bezogen auf den hier noch streitigen Betrag von 7.805,84 EUR- zu Unrecht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung angeordnet, denn ein Erfolg in der Hauptsache ist insoweit nicht überwiegend wahrscheinlich.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28h SGB IV. Nach Abs 1 dieser Vorschrift ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen. Nach Abs 2 entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV).
Nach im Eilverfahren gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, soweit darin ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 7.805,84 EUR gefordert wird. Zu Recht hat das SG die Frage, ob die im Subunternehmervertrag vom 01.08.2013 als Auftragnehmer bezeichnete Person als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag, nicht weiter erörtert, da dies ohne Zweifel der Fall war. Dies ergibt sich bereits aus dem Subunternehmervertrag. Nach § 1 Abs 1 und 3 dieses Vertrages übernahm es der Auftragnehmer, eine vom Antragsteller gegenüber der Firma H. geschuldete Leistung - Durchführung von Sendungszustellungen und Abholungen - auszuführen und zwar so, dass dies den Anforderungen der Firma H. entsprach. Dies setzt zwingend eine Eingliederung des Auftragnehmers in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers und eine Direktionsbefugnis des Antragstellers voraus. Es genügt nicht, dass dem Auftragnehmer die Anforderungen aus dem Qualitätshandbuch für Zusteller bekannt sind, wie dies in § 1 Abs 5 Satz 3 des Subunternehmervertrages behauptet wird. Erforderlichenfalls müssen die Serviceanforderungen der Firma H. vom Antragsteller gegenüber dem Auftragnehmer durchgesetzt werden.
Die Antragsgegnerin war im vorliegenden Fall auch berechtigt, die Beitragshöhe zu schätzen. Sie hatte den Antragsteller mit Bescheid vom 23.09.2015 aufgefordert, die erforderlichen Meldungen zur Sozialversicherung zu erstellen. Wäre er dieser Aufforderung pflichtgemäß nahgekommen, hätten die Beiträge im Bescheid vom 11.01.2016 konkret ermittelt und festgesetzt werden können.
Die Vollziehung des Beitragsbescheides über eine Forderung von 7.805,84 EUR bedeutet für den Antragsteller keine unbillige Härte. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs hat sich der Senat der vom LSG Nordrhein-Westfalen für die Vollziehung von Beitragsbescheiden vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER). Danach führen allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung müssen vom Antragsteller substantiiert dargelegt werden. Diese müssen darüber hinaus auch noch das Interesse an der aktuellen Einziehung der Forderung überwiegen. Das Interesse an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung kann oft gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation sind die Versicherungsträger gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen (Bayerisches LSG 30.07.2012, L 5 R 267/12 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 10.01.2012, L 8 R 774/11 ER-B, juris). Dies ist hier jedoch nach den Ausführungen im Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Möglichkeit besteht, sich mit der Antragsgegnerin auf eine Ratenzahlung zu verständigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Beschwerde im Ergebnis teilweise erfolgreich war.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 1 Satz 1, 52 Abs 1, 53 Abs 2 Nr 4 GKG. Es entspricht der Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (vgl Beschluss vom 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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