L 2 SO 746/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 3207/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 746/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme von Bewilligungsentscheidungen über die Gewährung von Sozialhilfe - Hilfe zur Pflege - und eine damit verbundene Erstattungsforderung in Höhe von 1.494,77 EUR gegenüber dem Kläger als Rechtsnachfolger seiner Mutter.

Mit Bescheiden vom 19. März 2009, 12. Juni 2009 und 12. April 2012 bewilligte die Beklagte der am 13. Mai 2015 verstorbenen Mutter des Klägers unter Berücksichtigung ihrer gesetzlichen Altersrente von monatlich zuletzt 153,89 EUR, einer Witwenrente von 742,47 EUR und einer ZVK - Rente von 146,30 EUR sowie von Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI; Pflegestufe III) von zuletzt 1.612,00 EUR monatliche Leistungen nach dem 7. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), also Leistungen der Hilfe zur Pflege. Bei einer routinemäßigen Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter des Klägers wurde der Beklagten bekannt, dass folgende Gesamtbeträge (Sparbuchguthaben und Girokontostand) auf das jeweilige Monatsende bezogen und unter Abzug der jeweiligen drei Renten, die in diesem Monat gezahlt wurden, vorhanden waren:

- August 2012 2706,89 EUR - September 2012 2708,28 EUR - Oktober 2012 2709, 67 EUR - November 2012 2711,06 EUR - Dezember 2012 2722,90 EUR - Januar 2013 2696,91 EUR - Februar 2013 2653,20 EUR - März 2013 2654,41 EUR - April 2013 2655,62 EUR - Mai 2013 2640,36 EUR - Juni 2013 1611,61 EUR - Juli 2013 2616,34 EUR - August 2013 2751,07 EUR - September 2013 2755,80 EUR - Oktober 2013 2754,80 EUR - November 2013 2757,46 EUR - Dezember 2013 2518,50 EUR.

Nach Anhörung der Mutter des Klägers vom 28. Mai 2014 hob die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 2015 der Mutter des Klägers gegenüber die Bewilligungsbescheide vom 19. März 2009, 12. Juni 2009 und 12. April 2012 teilweise auf die einzelnen Monate in dem Zeitraum August 2012 bis November 2013 bezogen auf, wie es sich aus dem streitgegenständlichen Bescheid ergibt, letztlich in einer Gesamthöhe von 1.494,77EUR und forderte diesen überzahlten Betrag von der Mutter des Klägers wegen Überschreitens des Vermögensfreibetrages zurück.

Hiergegeben erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers - damals für die Mutter des Klägers -am 23. März 2015 Widerspruch, den er damit begründete, er habe seiner Mutter unter dem 28. August 2013 130,00 EUR und unter dem 11. August 2014 550,00 EUR aus seinem Privatvermögen zur Verfügung gestellt. Wären diese Zahlungen nicht getätigt worden, hätte sich das Gesamtguthaben auf dem Sparbuch der Mutter nicht an der Vermögensfreigrenze befunden. Die Gelder seien darlehensweise zur Verfügung gestellt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Nach Erlass der Bewilligungsbescheide über die Hilfe zur Pflege habe die Mutter des Klägers Vermögen oberhalb des Vermögensfreibetrags in Höhe von 2.600,00 EUR angespart, welches in Höhe der Vermögensüberschreitung im fraglichen Zeitraum zur Minderung des Leistungsanspruchs geführt habe. Weder der Kläger noch dessen Mutter seien im fraglichen Zeitraum ihrer Mitteilungspflicht gemäß § 60 ff Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nachgekommen. Ein atypischer Fall liege nicht vor. Insbesondere habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass es sich bei den Vermögenszuwendungen an seine Mutter jeweils um "Darlehen" gehandelt habe. Unklar sei, welchen Sinn ein solches Darlehen gehabt haben sollte, wenn auf den betreffenden Sparbuch seiner Mutter stets um die 2.000,00 EUR bereits vorhanden gewesen seien. Es hätte eines solchen Darlehens nicht bedurft und sie hätte auf Grund ihrer Bedürftigkeit es auch niemals zurückzahlen können. Es dürfte sich bei den betreffenden Einzahlungen um angesparte Taschengeldbeträge der Mutter gehandelt haben. Auch dann, wenn es sich tatsächlich um Zuwendungen aus dem Vermögen des Klägers gehandelt habe, ändere dies nichts daran, dass die Einzahlungen auf dem Sparbuch in jedem Fall dem Vermögen der Mutter des Klägers zuzurechnen seien. Mithin liege ein sog. atypischer Fall im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), der eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte, bezogen auf den Aufhebungszeitraum der Sozialhilfebewilligung nicht vor. Vielmehr liege der typische Fall vor, dass eine Leistungsempfängerin bzw. deren Vertreter ihre Mitwirkungspflichten gemäß §§ 60 ff SGB I, nämlich Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen mitzuteilen, über viele Monate hinweg nicht nachgekommen sei und sie deshalb Sozialhilfeleistungen bezogen hätte, auf die sie wegen eigenem angesparten Vermögens in dem Umfang keinen Anspruch gehabt hätte. Eine fiktive Vermögensanrechnung bzw. eine fiktive Vermögensverwertung finde in der Sozialhilfe nicht statt. Einzusetzendes Vermögen könne der Bewilligung von Sozialhilfe Monat für Monat entgegen gehalten werden, solange es nicht verbraucht sei. Die Rechtsprechung stelle auf die tatsächliche Lage für jeden Bedarfszeitraum ab und gehe dabei davon aus, dass Bedarfszeitraum ein Monat sei. Decke das einzusetzende Vermögen den Bedarf eines Monats nicht ab, so erfolge keine Ablehnung; es sei aber das übersteigende Vermögen Monat für Monat leistungsmindernd anzurechnen, solange es vorhanden sei. Dies gelte auch bei Rückforderungen von Leistungen.

Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 24. November 2015 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben (Az. S 11 SO 3909/15). Er hat im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, er habe auf das Konto seiner Mutter immer wieder Geld eingezahlt, um für Notfälle einen Notgroschen zur Verfügung zu stellen. Es handele sich um keine Vermögensmehrung im klassischen Sinne. Er sei nicht unterhaltspflichtig gegenüber seiner Mutter gewesen. Durch die vorübergehende Zuverfügungsstellung kleiner Mittel würde die Beklagte nunmehr ungerechtfertigt entlastet.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Im Sozialhilferecht finde ein fiktiver Vermögensverbrauch nicht statt. Die das Vermögen übersteigenden Anteile des Vermögens seien in jedem Bedarfszeitraum auf den Bedarf so lange anzurechnen, wie sie vorhanden seien. Eine solche Mehrfachanrechnung sei nicht zu beanstanden.

Das Verfahren war mit Beschluss vom 7. März 2016 zum Ruhen gebracht und am 14. Oktober 2016 wieder angerufen worden (fortgeführt unter dem Aktenzeichen S 11 SO 3207/16). Mit Urteil vom 24. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2015 verwiesen. Ergänzend hat es zur Begründung ausgeführt, dass im Falle eines verschwiegenen Vermögens grundsätzlich keine Rechtsgrundlage dafür bestehe, die Leistungsaufhebung und Erstattung auf das fiktiv bei rechtmäßíger Anzeige maximal zu verbrauchende Vermögen zu beschränken. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei vielmehr ein fiktiver Vermögensverbrauch grundsätzlich nicht zuzulassen. Soweit der Kläger darauf abhebe, der Rückforderungsbetrag müsse jedenfalls hilfsweise der Höhe nach auf das zu verwertende Vermögen begrenzt werden, komme es vielmehr auf das im jeweiligen Bedarfszeitraum vorhandene Vermögen an. Entsprechend sei auch im Erstattungsfall grundsätzlich die gesamte überzahlte Leistung zurückzufordern ohne Beschränkung auf die Höhe des verwertbaren Vermögens. Nach dem Rechtsgedanken des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII liege keine besondere Härte vor. Der Klägerwerde auf Grund der Erstattungsforderung nicht in die Ver- oder Überschuldung getrieben, weil der zurückgeforderte Betrag etwas höher als das seinerzeitige gesamte Vermögen seiner Mutter gewesen wäre. So habe die Mutter des Klägers auf deren Sparbuch im Dezember 2013 noch über ein Guthaben von 2.490,98 EUR und damit deutlich über mehr als den Rückforderungsbetrag in Höhe von 1.494,77 EUR verfügt. Für eine darlehensweise Zuwendung von Mitteln seitens des Klägers auf das Sparbuch seiner Mutter im fraglichen Zeitraum sei nichts ersichtlich. Zum Inhalt eines solchen Darlehens habe der Kläger bereits keine substantiierten Angaben gemacht. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Darlehens erschließe sich nicht, da die Mutter des Klägers auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse außerstande gewesen wäre, ein solches Darlehen jemals zurückzuzahlen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 1. Februar 2017 zugestellte Urteil hat dieser am 27. Februar 2017 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, er wende sich dagegen, dass er als Erbe einen angeblich überzahlten Betrag in Höhe von 1.494,77 EUR zurückzahlen solle. Er habe, damit seine Mutter eine entsprechende Geldreserve gehabt hätte, von seinem Geld im August 2010, im August 2011 und August 2013 und 2014 jeweils Einzahlungen vorgenommen. Vermögen habe weder er noch seine Mutter verschwiegen. Es erscheine willkürlich, das Monatsende für eine Berechnung eines "Vermögensüberhangs" heranzuziehen. Ein Kostenersatz könne auch wegen § 102 SGB XII nicht verlangt werden. Der Wert des Nachlasses liege unterhalb dieses Freibetrags.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Januar 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Januar 2017 für zutreffend.

Am 10. April 2017 hat der Berichterstatter mit dem Kläger und der Beklagten die Sach- und Rechtslage erörtert. Er hat den Beteiligten mitgeteilt, dass der Senat beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (2 Bände) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung ist unbegründet.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 23. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2015. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Beklagte zutreffend im Zeitraum August 2012 bis November 2013 der Mutter des Klägers gewährte Hilfe zur Pflege im Umfang von insgesamt 1.494,77 EUR aufgehoben und zurückgefordert. Dagegen geht der Kläger als Rechtsnachfolger der am 13. Mai 2015 verstorbenen Mutter des Klägers zulässig mit der Anfechtungsklage vor.

Zum Zeitpunkt der Gewährung der Hilfe zur Pflege lagen in der Person der Mutter des Klägers bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum August 2012 bis November 2013 nicht alle Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe vor.

Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem und höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Abs. 5 bedürfen; für Leistungen in einer stationären oder teilstationären Einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen (Satz 2). Die Hilfe zur Pflege umfasst gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege. Der Inhalt der Leistungen nach Satz 1 bestimmt sich nach den Regelungen der Pflegeversicherung in § 28 Abs. 1 Nr. 1, 5 bis 8 des Elften Buches aufgeführten Leistungen; § 28 Abs. 4 des Elften Buches gilt entsprechend (Satz 2).

Die Mutter des Klägers gehörte unstreitig zum Kreis der Leistungsberechtigten für Leistungen der Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege gemäß §§ 19 Abs. 3, 61 Abs. 1 SGB XII und erhielt diese Leistungen auch von der Pflegeeinrichtung DRK Residenz Neckarterrassen in Heilbronn. Die Mutter des Klägers hatte auf Grund ihres Gesundheitszustandes (Pflegestufe III) einen Anspruch auf stationäre Heimunterbringung.

Im fraglichen Zeitraum August 2012 bis November 2013 hat die Beklagte der Mutter des Klägers insgesamt 1.494,77 EUR zu viel an Hilfe zur Pflege gewährt; sie war berechtigt, insoweit die entsprechenden Bewilligungsbescheide (anteilig) aufzuheben und den Betrag von 1.494,77 EUR an zu viel gewährter Hilfe zur Pflege zurück zu fordern.

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung von Leistungen der Hilfe zur Pflege mit Bescheid vom 23. Februar 2015 ist § 48 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche tatsächliche oder rechtliche Änderung eingetreten ist. Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist dann eingetreten, wenn im Hinblick auf die für den Erlass des Verwaltungsakts entscheidungserheblichen tatsächlichen Umständen ein anderer Sachverhalt vorliegt. Wesentlich ist eine Änderung, soweit der Verwaltungsakt nach den nun eingetretenen tatsächlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkungen vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene eine durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteilige Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

Die ursprünglichen Bewilligungsbescheide an die Mutter des Klägers vom 19. März 2009, 12. Juni 2009 und 12. April 2012 sind Dauerverwaltungsakte, denn die Beklagte hat darin Leistungen zur Hilfe zur Pflege ohne eine zeitliche Begrenzung bewilligt. Zwar seien Sozialleistungen nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine rentenähnlichen Dauerleistungen, sondern Hilfen in einer besonderen Notsituation; sie würden deshalb grundsätzlich nicht über längere, sondern nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Die Behörde könne deshalb ihre Entscheidung über ein Hilfebegehren auf einen kurzen Zeitraum beschränken, sei aber auch nicht gehindert, den Sozialhilfefall für einen längeren Zeitraum zu regeln (vgl. Bundesverwaltungsgericht - BverwG - BverwGe 39, 261, 265). Entscheidend sei daher stets der Inhalt des betreffenden Verwaltungsakts, der durch Auslegung zu ermitteln sei. Hierbei sei maßgebend, wie der Bewilligungsbescheid aus der Sicht des Adressaten zu verstehen sei (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 8. Februar 2007 - B 9 b AY 1/06 R - veröffentlicht in Juris). Danach aber waren die hier maßgeblichen Bewilligungsbescheide vom 19. März 2009, 12. Juni 2009 und 12. April 2012 Dauerverwaltungsakte. Darüber hinaus hat der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG in seinen Entscheidungen (Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 20/08 -; Urteil vom 10. Oktober 2011 - B 8 SO 12/10 - und Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 5/10 - veröffentlicht in Juris) klargestellt, dass grundsätzlich die §§ 44 ff SGB X auch im Bereich der Sozialhilfe auf Bewilligungsbescheide Anwendung finden.

Danach lag zur Überzeugung des Senats in dem auf den jeweiligen Monat bezogenen Überschreiten des Vermögensfreibetrages von 2.600,00 EUR im streitgegenständlichen Zeitraum von August 2012 bis November 2013 eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen vor, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide im März und Juni 2009 und April 2012, zu denen die Mutter des Klägers nicht über ein Vermögen über der Vermögensfreigrenze verfügte, einer Bewilligung von Hilfe zur Pflege entgegen gestanden hätten.

Grundsätzlich ist bei der Gewährung von Hilfe zur Pflege nach § 61 ff SGB XII vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII so lange zu berücksichtigen, wie es vorhanden ist (vgl. BSG Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 19/10 - veröffentlicht in Juris). Vorliegend stand im streitgegenständlichen Zeitraum dem Sozialhilfebedarf der Mutter des Klägers vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen im Zeitpunkt des Bedarfsfalls (Fälligkeit der Forderung des Heims gegen die verstorbene Mutter des Klägers, vgl. dazu BSG 104, 219 ff Rd. Nr. 17 = SozR 4 - 3500 § 74 Nr. 1) entgegen.

Das auf dem Sparbuch der Mutter des Klägers vorhandene Geld und das auf dem Girokonto der Mutter des Klägers vorhandene Geld - jeweils bezogen auf das Monatsende des jeweiligen Bewilligungsmonats im streitgegenständlichen Zeitraum August 2012 bis November 2013 - war Vermögen der Mutters des Klägers. Daran würde sich übrigens dadurch nichts ändern, dass ein geringerer Teil des Gesamtbetrages aus dem Privatvermögen des Klägers stammend als seine Zuwendung seiner Mutter "darlehensweise" zugeflossen sein soll. Im Übrigen ist der Senat - wie das SG - nicht davon überzeugt, dass der Kläger solche Zahlungen an seine Mutter geleistet hat, denn zu den angeblichen "Darlehensvereinbarungen" ist der Kläger jeden substantiierten Vortrag schuldig geblieben. Während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums von August 2012 bis November 2013 waren die von der Beklagten festgestellten Gesamtbeträge (Sparbuchguthaben und Girokonto) auf das jeweilige Monatsende bezogen, vorhanden und damit Vermögen, das in der jeweils von der Beklagten festgestellte Höhe über den Vermögensfreibetrag der Mutter des Klägers gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 b der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (BarbetrVo) in Höhe von 2600,00 EUR gelegen hat. Dies ist durch die in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen Kontoauszüge belegt. Dabei ist die Vorgehensweise der Beklagten, das Vermögen der Mutter des Klägers jeweils auf das Monatsende eines Bewilligungsmonats bezogen festzustellen, nicht zu beanstanden. Unstreitig ist, dass nicht verbrauchtes Einkommen nach Ablauf eines Bedarfszeitraumes, also bei der Hilfe zur Pflege auf Grund der in der Praxis üblichen monatsweisen Gewährung nach Ablauf eines Monats, unverbraucht dem Vermögen zuwächst (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Sozialhilfe, § 90 Rd. Nr. 10). Entsprechend den Feststellungen der Beklagten war in den Monaten im streitgegenständlichen Zeitraum von August 2012 bis November 2013 - außer im Juni 2013 - auf das Monatsende bezogen jeweils ein Vermögen über der Vermögensfreigrenze von 2.600,00 EUR vorhanden. Insgesamt handelt es sich um eine Vermögensüberschreitung in Höhe von 1.494,77 EUR.

Die Beklagte war gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X berechtigt, die Bewilligungsbescheide mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse an - also auf den jeweiligen Bewilligungsmonat im streitgegenständlichen Zeitraum bezogen - aufzuheben, da nach Erlass der Bewilligungsbescheide entsprechendes Vermögen in über der Vermögensfreigrenze liegendem Umfang vorhanden war, das zum Wegfall des Anspruchs der Mutter des Klägers auf Hilfe zur Pflege geführt haben würde.

Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII liegt kein Fall einer besonderen Härte vor. Diesbezüglich wird auf die Begründung des SG in seinem Urteil vom 24. Januar 2017 gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Schließlich steht auch § 102 SGB XII dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 23. Februar 2015 nicht entgegen. Gemäß § 102 Abs. 1 SGB IXX ist der Erbe der leistungsberechtigten Person oder ihres Ehegatten oder ihres Lebenspartners, falls diese vor der leistungsberechtigten Person sterben, vorbehaltlich des Abs. 5 zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB XII haftet der Erbe mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses. Gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII ist der Anspruch auf Kostenersatz nicht geltend zu machen, soweit der Wert des Nachlasses unter dem 3-fachen des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 liegt. Zwar beruft sich der Kläger auf diese Regelung, indem er ausführt, der Wert des Nachlasses - 2.585, 74 EUR, wobei hiervon noch anteilig Bestattungskosten zu bestreiten gewesen wären und eine dem Kläger in Höhe von 299,25 EUR noch zustehende Betreuungsvergütung zu berücksichtigen wäre - läge unter den Freibetragsgrenzen des § 102 SGB XII. Vorliegend ist aber schon der Anwendungsbereich des § 102 SGB XII insofern nicht eröffnet, als "der Erbe der leistungsberechtigten Person" ersatzpflichtig ist, die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 23. Februar 2015 die (teilweise) Aufhebung ihrer Bewilligungsbescheide und die Rückforderung in Höhe von 1.494,77 EUR der Mutter des Klägers gegenüber als Hilfebedürftiger mit Bescheid verfügt hat. Sie hat somit nicht den Erben zum Kostenersatz in Anspruch genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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