L 10 R 929/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 5312/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 929/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.11.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Witwenrente zurückzuerstatten hat.

Die am.1936 geborene Klägerin bezieht seit 31.12.1989 aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes H. M. (H.M.) auf Grund Bescheids vom 19.07.1990 der früheren L. Baden, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), Witwenrente. Dieser Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Witwenrente beim Zusammentreffen mit Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen in Höhe von 40 vom Hundert des Betrages ruht, um den das monatliche Einkommen einen dynamischen Freibetrag übersteigt und die gesetzlich Verpflichtung besteht, jede Erhöhung oder das Hinzutreten von Einkommen unverzüglich mitzuteilen. Vor dem Hintergrund der seinerzeit von der Klägerin ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Gastwirtin ist ferner ausgeführt, dass die Einkommensanrechnung auf Grund der Angaben bzw. der vorgelegten Schätzung der Steuerberaterin erfolgt sei, bei Vorliegen des Einkommenssteuerbescheides dieser unverzüglich zur Überprüfung vorzulegen sei und eine Neuberechnung der Rente erfolge, falls sich herausstellen sollte, dass sie höhere Einkünfte aus der Gastwirtschaft erzielt habe. Im weiteren Verlauf wurden auf die Witwenrente der Klägerin zunächst Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und nach Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnis nachfolgend Einkommen aus dieser Beschäftigung angerechnet.

Im Juni 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente. In deren Formular "Erklärung und Bescheinigung zum Antrag auf Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres" gab die Klägerin unter dem 18.09.2000 an, sie werde ihre Beschäftigung am 01.03.2001 aufgeben; Entsprechendes bestätigte ihr damaliger Arbeitgeber, die G. -GmbH in Emmendingen, unter dem 20.09.2000. Mit Schreiben vom 18.11.2000 führte die Klägerin ferner aus, in Absprache mit ihrem Chef habe sie "endgültig mein Arbeitsverhältnis auf den 1.3.2001 gekündigt." Mit Bescheid vom 31.01.2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann Altersrente für Frauen ab 01.03.2001 in Höhe von anfänglich 1.191,13 DM brutto (netto 1.161,- DM). Hinsichtlich der in der Folgezeit gewährten Beträge wird auf die Zusammenstellung Bl. 543d ff. VerwA Bezug genommen.

Mit weiterem Bescheid vom 15.02.2001 berechnete die Beklagte auch die Witwenrente der Klägerin neu, wobei sie anstelle der Einkünfte der Klägerin aus ihrer Erwerbstätigkeit nunmehr die Altersrente anrechnete, wodurch sich ein monatlicher Betrag in Höhe von 605,72 DM brutto (netto 559,69 DM) ergab sowie eine Nachzahlung für den Monat März 2001. Zur Erläuterung führte sie aus, für die Ruhensberechnung nach § 97 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sei das zu berücksichtigende Einkommen neu festgestellt worden. Bei der neuen Ruhensberechnung sei vom Wegfall des bisherigen Einkommens mit dem Beginn der Versichertenrente ausgegangen worden. Sollte die Klägerin über diesen Zeitpunkt hinaus jedoch weiterhin Einkommen beziehen, bat sie um eine entsprechende Mitteilung. Wegen der Verpflichtung, der Beklagten das Hinzutreten oder die Veränderung bestimmter Leistungen unverzüglich mitzuteilen, verwies sie darüber hinaus auf den bereits ergangenen Bescheid über die Festsetzung der Rente.

Am 01.03.2001 nahm die Klägerin bei ihrem früheren Arbeitgeber eine geringfügige Beschäftigung auf, was seitens der G. -GmbH im Rahmen des automatisierten Meldeverfahrens unter dem 02.04.2001 dokumentiert wurde (vgl. Bl. 681 f. VerwA). Eine Mitteilung über die Aufnahme dieser geringfügigen Beschäftigung durch die Klägerin an die Beklagte erfolgte nicht. In der Folgezeit erzielte die Klägerin hieraus Einkünfte in unterschiedlicher Höhe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Zusammenstellung Bl. 543d ff. VerwA Bezug genommen.

Nach Eingang der erstmalig erfolgten Einkommensmeldung vom 08.05.2007 zu dem Versicherungskonto des H.M., die Einkünfte der Klägerin in Höhe von 19.955,- EUR im Jahr 2006 auswies, nahm die Beklagte eine Einkommensüberprüfung vor. Mit Schreiben vom 31.05.2007 hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Neuberechnung der Witwenrente unter Anrechnung des seit 01.03.2001 erzielten Einkommens an und teilte ihr unter Beifügung einer ausführlichen Berechnungsanlage mit, dass eine Überzahlung in Höhe von 15.991,42 EUR eingetreten sei, die sie beabsichtige zurückzufordern. Danach stehe der Klägerin die Witwenrente statt in der gezahlten Höhe (ab 01.03.2001: 559,69 DM, ab 01.07.2001: 570,41 DM, ab 01.01.2002: 291,65 EUR, ab 01.07.2002: 296,81 EUR, ab 01.07.2003: 298,76 EUR, ab 01.04.2004: 295,99 EUR, 01.07.2005: 294,53 EUR, ab 01.12.2005: 294,69 EUR, ab 01.07.2006: 294,69 EUR, ab 01.04.2007: 293,71 EUR) unter Berücksichtigung der weiteren Einkünfte lediglich noch in geringerer Höhe (ab 01.03.2001: 435,11 DM, ab 01.07.2001: 487,58 DM, ab 01.01.2002: 249,30 EUR, ab 01.07.2002: 210,90 EUR) zu bzw. ergebe sich vom 01.07.2003 bis 30.06.2007 wegen der Höhe des anzurechnendem Einkommen kein Zahlbetrag mehr.

Dementsprechend hob sie mit Bescheid vom 03.07.2007 den Bescheid vom 15.02.2001, soweit er die Anrechnungsvorschriften des § 97 SGB VI betrifft, für die Zeit vom 01.03.2001 an gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) auf und forderte die für die Zeit vom 01.03.2001 bis 30.06.2007 entstandene Überzahlung in Höhe von 15.991,42 EUR gemäß § 50 SGB X zurück. Zur Begründung führte sie aus, bereits im Witwenrentenbewilligungsbescheid vom 19.07.1990 sei die Klägerin darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sie das Hinzutreten von Einkommen bzw. dessen Erhöhung unverzüglich mitzuteilen habe. Erst zum jetzigen Zeitpunkt sei bekannt geworden, dass sie ab Beginn ihrer Altersrente zum 01.03.2001 weiterhin eine Beschäftigung bei der G. -GmbH in E. ausübe. Das hieraus erzielte Arbeitsentgelt sei auf die Witwenrente anzurechnen. Nachdem der Bescheid vom 15.02.2001 einen entsprechenden Vorbehalt hinsichtlich der Mitteilung von Einkommen beinhaltet habe, habe sie die Rechtswidrigkeit des Bescheides für die Zeit ab 01.03.2001 erkennen können. Auch habe sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie - die Beklagte - vom Wegfall des bisherigen Arbeitsentgeltes ausgegangen sei und die Klägerin eine Weiterbeschäftigung in jedem Falle umgehend mitzuteilen habe. Im Hinblick auf die Zusammensetzung des überzahlten Betrages für die Zeit vom 01.03.2001 bis 30.06.2007 in Höhe von 15.991,42 EUR verwies sie auf die bereits übersandte Berechnungsanlage. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch vor dem Hintergrund der Einwendungen der Klägerin mit der weiteren Begründung zurück, zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 15.02.2001 sei ihr weder auf Grund der Angaben der Klägerin noch durch die Meldung von Datensätzen bekannt gewesen, dass die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung habe aufnehmen wollen. Die entsprechende Meldung bei Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung von Altersvollrentnern erfolge datentechnisch erst seit 2007. Gründe für die Annahme eines atypischen Falles seien nicht ersichtlich.

Am 07.08.2008 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage (S 19 R 3939/08) erhoben und geltend gemacht, die Beklagte bleibe jegliche Erklärung dafür schuldig, weshalb sie im Rahmen der Rückforderung ihr eigenes Verschulden nicht in Ansatz bringe. Auch habe sie nicht erklärt, weshalb sie von der zum 02.04.2001 erfolgten Meldung der geringfügigen Beschäftigung keine Kenntnis genommen haben wolle. Nicht aussagekräftig sei die Angabe, dass die Meldung von Datensätzen bei Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung von Altersvollrentnern erst seit 2007 erfolge. Dies sei nicht ihr Problem, sondern das der Verwaltung. Entgegen ihrer Verpflichtung habe die Beklagte bei ihr keine Einkommensermittlung durchgeführt und auch nicht bei der Versicherungsabteilung nachgefragt, sondern bei der vorgenommenen Einkommensanrechnung einfach unterstellt, dass die Tätigkeit aufgegeben werde. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten, vielmehr sei der Bescheid vom 15.03.2001 von Anfang an rechtswidrig gewesen.

Das Verfahren S 19 R 3939/08 ist von der Klägerin zunächst nicht weiter betrieben, vom SG irrtümlich als erledigt behandelt und nachfolgend dann unter dem Aktenzeichen S 18 R 5312/12 fortgeführt worden. Nach Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2013 hat das SG die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe den Bescheid vom 15.02.2001 zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X teilweise aufgehoben. Denn die bei Erlass dieses Bescheides bestehenden Verhältnisse hätten sich nachträglich dadurch geändert, dass die Klägerin durch Aufnahme ihrer geringfügigen Tätigkeit bei der G. -GmbH ab 01.03.2001 Einkommen erzielt habe, das zu einer Minderung ihres Anspruchs geführt habe. Ein atypischer Fall liege nicht vor. Ein solcher Fall werde nicht dadurch begründet, dass eine andere Abteilung der Beklagten Kenntnis von der Erwerbstätigkeit der Klägerin erlangt habe. Eine Verpflichtung auf Seiten der Beklagten zum Datenabgleich zwischen verschiedenen Abteilungen bestehe nicht. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten nachzuforschen, ob ein Rentenempfänger möglicherweise Einkommen erziele. Vielmehr habe die Klägerin die Verpflichtung, den Rentenversicherungsträger entsprechend zu informieren. Mitteilungspflichten seien sowohl bei Antragstellung als auch während des Leistungsbezugs zu beachten. Angesichts der dem Anhörungsschreiben vom 31.05.2007 beigefügten umfangreichen Berechnungsbögen sei schließlich auch die Höhe der Forderung hinreichend nachvollziehbar.

Gegen das ihr am 20.02.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.02.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und sich gegen die Rückforderung des geltend gemachten Betrages Höhe von 15.991,42 EUR gewandt. Eine Begründung hat sie nicht vorgelegt.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.11.2013 sowie den Bescheid vom 03.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2008 im Hinblick auf den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.06.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 03.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2008. Dies allerdings nur insoweit, als die Beklagte damit den Bescheid vom 15.02.2001 hinsichtlich des Zeitraums vom 01.03.2001 bis 30.06.2007 und damit für die Vergangenheit abänderte und die in diesem Zeitraum entstandene Überzahlung zurückforderte. Hierauf hat die Klägerin ihre Berufung beschränkt, indem sie deutlich gemacht hat, dass sich die Berufung (nur) gegen die "Rückforderung von Geldleistungen" richte.

Das SG hat die Klage (auch) insoweit zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind insoweit rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Bescheid vom 15.02.2001 für die hier allein streitige Zeit vom 01.03.2001 bis 30.06.2007 abänderte und die gewährte Witwenrente unter Berücksichtigung der weiteren, neben der Altersrente erzielten Einkünfte neu berechnete, deren Zahlbetrag jeweils in einer geringeren Höhe ermittelte bzw. wegen der Höhe des anzurechnenden Erwerbseinkommen in der Zeit vom 01.07.2003 bis 30.06.2007 keinen Zahlbetrag mehr ermittelte und die hieraus errechnete Überzahlung in Höhe von 15.991,42 EUR von der Klägerin zurückforderte.

Dabei ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Klageverfahren nicht durch die Fiktion einer Klagerücknahme erledigt hat. Auf die zutreffenden Ausführungen nimmt der Senat Bezug.

Rechtsgrundlage für die Neuberechnung der der Klägerin bewilligten Witwenrente im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.06.2007 ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Satz 2 der Regelung soll der Verwaltungsakt in den Fällen der Nrn. 1 bis 4 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Dabei setzt Nr. 3 der Regelung voraus, dass der Versicherte nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt hat, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Rechtsgrundlage für die Erstattung von Leistungen ist § 50 Abs. 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn in den dem Bescheid vom 15.02.2001 zugrunde liegenden Verhältnissen (endgültige Aufgabe der versicherungspflichtigen Beschäftigung zum 01.03.2001, Bezug von Altersrente für Frauen ab 01.03.2001) trat ab 01.03.2001 insoweit eine wesentliche Änderung ein, als die Klägerin durch die ab diesem Zeitpunkt erfolgte Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung (wiederum) Einkommen im Sinne des § 18a des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) erzielte, das gemäß § 97 Abs. 1 SGB VI ebenso wie die ab diesem Zeitpunkt bezogene Altersrente für Frauen auf die bewilligte Witwenrente anzurechnen war und zur Minderung bzw. nachfolgend ab 01.07.2003 zum Wegfall des entsprechenden Zahlungsanspruchs führte. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden den Bescheid vom 15.02.2001 gestützt auf die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit abänderte und den sich aus der Gegenüberstellung zwischen der geleisteten Witwenrente und dem tatsächlich bestehenden Anspruch ergebenden Überzahlungsbetrag gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückforderte. Fehler bei der Neuberechnung der Rente und der Ermittlung des Überzahlungsbetrags sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Soweit die Klägerin im Klageverfahren im Hinblick auf die Regelung des § 97 SGB VI über die Einkommensanrechnung, nach dessen Abs. 2 das Einkommen anrechenbar ist, das monatlich das 26,4-fache des aktuellen Rentenwertes übersteigt (wobei hiervon 40 v.H. angerechnet werden), verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) geäußert hat, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Weshalb der Freibetrag, d.h. der Betrag, der beim Bezug von anrechenbarem Einkommen, anrechnungsfrei bleibt, deshalb gleichheitswidrig sein soll, weil er für alle Versicherten in gleicher Höhe gilt, erschließt sich nicht.

Ein atypischer Fall, der es im Hinblick auf die in Rede stehende rückwirkende Aufhebung des Bescheids vom 15.02.2001 erforderlich gemacht hätte Ermessen auszuüben, liegt nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bedeutet das Wort "soll" in Abs. 1 Satz 2 des § 48 SGB X, dass der Verwaltungsakt in der Regel rückwirkend aufzuheben ist und der Versicherungsträger nur in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (vgl. KassKomm-Steinwedel, Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X Rdnr. 36 f mit zahlreichen Hinweisen auf die Rspr. des BSG). Ebenso wie die Beklagte sieht auch der Senat keine Gesichtspunkte, die die Annahme rechtfertigen würden, dass der vorliegende Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände des Abs. 1 Satz 2, die die Aufhebung für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht. Vielmehr liegen die Umstände, die zu der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung führen, im Verantwortungsbereich der Klägerin. Denn die Klägerin selbst kam ihrer Mitteilungspflicht nicht nach, obwohl für sie klar ersichtlich war und es ihr auch unmittelbar einleuchten musste, dass ihr die ab 01.03.2001 gezahlte Witwenrente in dieser Höhe nicht zustand, weil die Beklagte zwar die ab diesem Zeitpunkt gewährte Altersrente für Frauen anrechnete, nicht aber die gleichzeitig erzielten Einkünfte aus der geringfügigen Beschäftigung, die sie nach Erteilung des Bescheids vom 15.02.2001 zum 01.03.2001 aufnahm. In ihrem Bescheid vom 15.02.2001 wies die Beklagte hierauf auch ausdrücklich hin und insbesondere darauf, dass sie vom Wegfall des bisherigen Einkommens ausgehe und sie der Berechnung des Ruhensbetrages der Witwenrente das jetzt erzielte Einkommen, mithin die Altersrente, zu Grunde gelegt habe. Sie verwies zudem ausdrücklich auf die bereits im Witwenrentenbewilligungsbescheid aufgeführten Mitteilungspflichten, wonach das Hinzutreten oder die Veränderung von Einkünften mitzuteilen ist. Schließlich war der Kläger auf Grund der in der Vergangenheit erfolgten Einkommensanrechnungen auch bekannt, dass Erwerbseinkünfte bei der Berechnung der Höhe der Witwenrente anzurechnen sind.

Dem steht kein Fehlverhalten der Beklagten gegenüber. Die Beklagte war im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem gestellten Antrag auf Altersrente für Frauen erfolgte Mitteilung der Klägerin, wonach sie "endgültig" ihr Arbeitsverhältnis "auf den 01.03.2001 gekündigt" habe, insbesondere nicht verpflichtet, Einkommensermittlungen durchzuführen und eine laufende Durchforstung ihrer Datenbestände vorzunehmen, um der Frage nachzugehen, ob die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit - entgegen ihren eigenen Angaben - nicht doch, sei es in gleichem oder ggf. geringerem Umfang, weiterführt.

Bei Erlass des Bescheids vom 03.07.2007 hielt die Beklagte insbesondere auch die Frist des § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ein. Danach hat die Behörde den Verwaltungsakt innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zurückzunehmen, die die Rücknahme rechtfertigen. Von der Tatsache, dass die Klägerin auch nach dem 01.03.2001 noch Erwerbseinkünfte erzielte, erhielt der zuständige Sachbearbeiter erstmals im Mai 2007 Kenntnis. Zu diesem Zeitpunkt gelangte die Mitteilung vom 08.05.2007 über das von der Klägerin im Jahr 2006 bezogene Entgelt zur Hinterbliebenenakte des verstorbenen H.M., worauf die Beklagte weitere Ermittlungen einleitete, die schließlich aufzeigten, dass die Klägerin neben der bezogenen Altersrente für Frauen zeitgleich bereits seit 01.03.2001 Erwerbseinkünfte bezog. Der Erlass des Bescheids vom 03.07.2007 erfolgte daher innerhalb der Jahresfrist.

Soweit die Klägerin geltend macht, ihr Arbeitgeber habe bereits am 02.04.2001 die Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung zum 01.03.2001 gemeldet, kommt es auf diese im Rahmen des automatisierten Meldeverfahrens abgegebene Meldung nicht an. Denn diese erfolgte gerade nicht zu dem hier relevanten Vorgang, nämlich zur Versicherung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin, aus der sich der Witwenrentenanspruch der Klägerin herleitet. Soweit nach den Darlegungen der Beklagten bei Ausübung von geringfügigen Beschäftigungen durch Altersvollrentner zwischenzeitlich eine Meldung von Datensätzen erfolgt, ist dies datentechnisch erst seit 2007 möglich. Dies erklärt, weshalb die für die Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des H.M. zuständige Sachbearbeitung gerade auch in diesem Jahr in die Lage versetzt war, ohne jemals von der Klägerin über die rentenschädliche Beschäftigung informiert worden zu sein, hiervon Kenntnis zu nehmen.

Soweit die Klägerin im Klageverfahren geltend gemacht hat, die Aufhebung des Bescheids vom 15.02.2001 hätte nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X erfolgen können, weil dieser Bescheid von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, da sie durchgehend bei der G. -GmbH beschäftigt gewesen sei und ihre Tätigkeit - entgegen der Unterstellung der Beklagten - mit Beginn der Altersrente gerade nicht aufgegeben habe, so trifft dies in mehrfacher Hinsicht nicht zu. Denn Grundlage des Bescheids der Beklagten vom 15.02.2001, mit dem sie die Witwenrente der Klägerin unter Anrechnung der ihr ab 01.03.2001 bewilligten Altersrente für Frauen berechnete, war gerade die Mitteilung der Klägerin aus dem Schreiben vom 18.11.2000, wonach sie in Absprache mit ihrem Chef ihr Arbeitsverhältnis "endgültig" auf den 01.03.2001 gekündigt habe. Diese Mitteilung entsprach inhaltlich auch der zuvor von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung der G. -GmbH, wonach die Beschäftigung zum 01.03.2001 beendet werde. Der Senat sieht daher weder Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Beklagte unterstellte, die Klägerin werde mit Beginn der Altersrente ihre berufliche Tätigkeit aufgeben, noch dafür, dass es hätte geboten sein können, Ermittlungen dazu einzuleiten, ob die Klägerin entgegen ihrer klaren und eindeutigen Mitteilung, ihr Arbeitsverhältnis endgültig zum 01.03.2001 zu beenden, dieses nicht doch weiterführen würde. Anhaltspunkte, die auf eine Rechtswidrigkeit des Bescheides zum Zeitpunkt seines Erlasses hinweisen würden, sieht der Senat gleichermaßen nicht. So hat der Arbeitgeber der Klägerin die Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung zum 01.03.2001 erst Anfang April 2001 im Rahmen des Meldeverfahrens und damit mehr als sechs Wochen nach Erlass des in Rede stehenden Bescheids mitgeteilt und auch das Vorbringen der Klägerin im Laufe des Verfahrens bietet keine Anknüpfungspunkte für die Annahme, dass die Aufnahme dieser Beschäftigung schon bei Erlass des Bescheides feststand. Entsprechendes lässt sich insbesondere auch nicht aus den Angaben der Klägerin anlässlich ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem SG herleiten. Auch die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen haben insoweit keine weiteren Erkenntnisse erbracht, nachdem sich der derzeitige Geschäftsführer nicht in der Lage gesehen hat, zu den seinerzeitigen Vorgängen Angaben zu machen, der seinerzeit für die G. -GmbH tätig gewesene Steuerberater nicht mehr über entsprechende Unterlagen verfügt und der damalige Geschäftsführer der G. -GmbH nach Mitteilung des angesprochenen Steuerberaters bereits verstorben ist.

Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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