L 5 KA 3074/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 6917/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3074/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 EUR endgültig festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte dem Kläger Auskunft über den Inhalt der von ihr mit den Landesverbänden der Krankenkassen oder den einzelnen Krankenkassen abgeschlossenen Verträge, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln und Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu dem Kläger als Augenarzt haben oder haben können, zu erteilen hat.

Mit Schreiben vom 15.09.2010 beantragte der in St. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger die Übermittlung der vertraglichen Vereinbarungen über die bestehenden Sachkostenvereinbarungen zu den AOP-Verträgen (Vertrag nach § 115 b Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - Ambulantes Operieren und sonstige stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus) für die letzte und laufende Periode. Die Beklagte übermittelte daraufhin dem Kläger per E-Mail eine Aufstellung der Sonderverträge in Tabellenform. Der für Augenärzte maßgebliche Inhalt lautete zu diesem Zeitpunkt (sowie auch im Quartal 4/2011):

Nr. Vertrag (Schlagwort) GOP A. B. I. L. V. K.t 6 Sachkosten Intraokularlinsen 6.1 Nicht faltbare Linsen 99000 127,80 EUR 127,80 EUR 127,80 EUR 127,80 EUR 127,80 EUR 127,80 EUR 6.2 Faltbare Linsen 99001 173,80 EUR 173,80 EUR 173,80 EUR 173,80 EUR 173,80 EUR 173,80 EUR 8 Viskoelastika bei amb. Kataraktoperationen 8.1 Methylzellulose-Präparate 99330 20,76 EUR 20,76 EUR 20,76 EUR 20,76 EUR 20,76 EUR 20,76 EUR 8.2 Hochvisköse Viskoelastika 99331 71,81 EUR 71,81 EUR 71,81 EUR 71,81 EUR 71,81 EUR 71,81 EUR 8.3 Extrem visköse Viskoelastika 99332 82,03 EUR 82,03 EUR 82,03 EUR 82,03 EUR 82,03 EUR 82,03 EUR 8.4 Standard-Hyaluronsäure-Präparate 99333 60,00 EUR 60,00 EUR 60,00 EUR 60,00 EUR 60,00 EUR 60,00 EUR

Darüber hinaus wies die Beklagte darauf hin, dass für ihren, der Beklagten, Bereich seit 2004 mit den Krankenkassenverbänden in Zusammenhang mit ambulanten Kataraktoperationen Sachkostenpauschalen für Intraokularlinsen und seit 2007 für Viskoelastika vereinbart worden seien. Die Höhe der Pauschalen sei aus ihrer Sondervertragsübersicht ersichtlich, die auch über ihre Homepage zugänglich sei. Über Änderungen im Zusammenhang mit den Pauschalen werde regelmäßig in den Rundscheiben informiert. Über die Vergütungshöhe und die Abrechnungsziffer hinausgehende Informationen enthielten die Vereinbarungen nicht (E-Mail vom 15.10.2010).

Am 24.10.2011 beantragte der Kläger die Übermittlung der derzeit gültigen Vereinbarung zur Abgeltung von Sachkosten u. a. im Zusammenhang mit ambulanten Operationen, soweit diese das augenärztliche Fachgebiet betreffen würden. Die Wiedergabe der Ergebnisse des Vertrags auf der Homepage sei bekannt. Es werde jedoch um Übermittlung des vollständigen Vertragswortlauts gebeten.

Mit Bescheid vom 14.11.2011 lehnte die Beklagte die Übersendung der Vereinbarung zur Abgeltung von Sachkosten im Zusammenhang mit ambulanten Operationen ab. Die Vereinbarung sei Bestandteil der Gesamtverträge, die das Rechtsverhältnis zwischen ihr, der Beklagten, und den Baden-Württembergischen Kassenverbänden regele. Sofern in den Vereinbarungen honorarrelevante oder sonstige für den Praxisbetrieb relevante Regelungen getroffen würden, würden diese in den Mitgliederrundschreiben sowie ergänzend auf ihrer Homepage veröffentlicht. Die Informationen im Zusammenhang mit den vom Kläger angefragten Vereinbarungen stünden jederzeit auf ihrer Homepage bereit. Ein Vertragsarzt könne Vergütungsvereinbarungen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht - auch nicht inzident - im Rahmen eines Honorarrechtsstreits prüfen lassen (BSG, Urteil vom 31.08.2005 - B 6 KA 6/04 R - in juris). Nach dieser Rechtsprechung seien die Vereinbarungen über die Höhe der Gesamtvergütung, zu der auch die hier in Rede stehende Vereinbarung gehöre, im Honorarrechtsstreit zwischen Vertragsarzt und Kassenärztlicher Vereinigung nicht zu überprüfen. Die Kontrolle auf Rechtsverstöße erfolge durch die Aufsichtsbehörde, deren Beanstandung die Partner der Gesamtverträge gerichtlich anfechten könnten. Ein Vertragsarzt habe deshalb keinen Anspruch auf Herausgabe der Vereinbarung. Es bestehe dazu auch keine Notwendigkeit, denn in diesen Vereinbarungen würden keine Regelungen getroffen, die in einem Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Honorarverteilung relevant wären. Der Kassenarzt sei allein von den Regelungen zur Honorarverteilung betroffen, die in einem selbstständigen Teil des Vertrags geregelt seien. Es bestünden also getrennte Regelungskreise.

Hiergegen erhob der Kläger am 09.12.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er versuche seit geraumer Zeit Einsicht in die ihn bindenden Verträge, welche die Beklagte mit den Krankenkassen zur Regelung der vertragsärztlichen Versorgung abgeschlossen habe, zu erlangen. Die Beklagte weigere sich jedoch, die Vergütungsregelung herauszugeben. Aus den Honorarverteilungsverträgen ergebe sich im Eingangssatz, dass die Honorarverteilungsregelungen Bestandteil des mit allen Kassenverbänden konsentierten Vertrages zur Vergütungsvereinbarung (Teil A) und Honorarverteilungsvereinbarung (Teil B) seien. Die Beklagte gebe jedoch lediglich den Teil B zur Kenntnis und drucke in den Anlagen lediglich die Auszüge aus Teil A ab, welche nach ihrer Ansicht den Vertragsärzten zur Verfügung zu stellen seien. Darüber hinaus nehme sie offensichtlich auch eine Auswahl bei den Vorschriften in Teil B, welche die Honorarverteilung regelten, vor. Er, der Kläger, habe sich bereits mit Schreiben vom 16.06.2011 an die Aufsichtsbehörde gewandt. Diese habe die Auffassung der Beklagten jedoch für vertretbar gehalten und aufsichtsrechtliche Maßnahmen abgelehnt. Die Weigerung der Beklagten, die Verträge im vollen Wortlaut zugänglich zu machen, sei jedoch rechtwidrig und verletze ihn, den Kläger, in seinen Rechten. Als Mitglied der Beklagten gemäß § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V sei er den vertragsärztlichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung unterworfen. Gemäß § 5 der Satzung der Beklagten sei er als Mitglied berechtigt und verpflichtet, an der vertragsärztlichen Versorgung und an der Honorarverteilung "nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, der Satzung, der Verträge sowie des Honorarverteilungsvertrages teilzunehmen" (Absatz 1). Er könne gemäß Abs. 3 von der Beklagten die "umfassende Wahrnehmung" seiner "Rechte gegenüber den Krankenkassen verlangen". Nach Abs. 4 biete die Beklagte ihren Mitgliedern umfassende Hilfestellung in allen vertragsärztlichen Angelegenheiten an. § 5 Abs. 5 der Satzung enthalte sodann die Umsetzung der Verbindlichkeitsanordnung für sämtliche Verträge, Beschlüsse, Richtlinien und Entscheidungen der Beklagten wie auch der zuständigen Bundesorgane. Bereits auf Grund seines Mitgliedsstatuses habe er, der Kläger, daher Anspruch auf den Zugang zu dem Wortlaut sämtlicher Verträge, welche die vertragsärztliche Versorgung regelten. Die Beklagte verstoße auch gegen das Publikationsgebot. Bei Verträgen, welche die vertragsärztliche Versorgung regelten, handele es sich nach herrschender Rechtsprechung um Normenverträge. Die Publikation müsse von Verfassungs wegen in einer Weise erfolgen, dass die Betroffenen sich verlässlich und ohne unzumutbare Erschwernis vom Inhalt der Norm Kenntnis verschaffen könnten. Zu den Richtgrößenvereinbarungen habe das BSG mit Urteil vom 23.03.2011 (B 6 KA 9/10 R, in juris) ausgeführt, dass diese auch ordnungsgemäß bekannt gegeben werden müssten. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Beklagte aus dem Normgefüge die Teile herausgreife und den Vertragsärzten gegenüber veröffentliche, welche sie zur unmittelbaren Regelung der Vergütungsansprüche der Vertragsärzte für erheblich halte und den Rest vorenthalte. Soweit sich die Beklagte auf das Urteil des BSG vom 31.08.2005 (a.a.O.) berufe, könne dies nicht überzeugen. Die Frage der inhaltlichen Überprüfbarkeit der Normverträge, insbesondere der Gesamtverträge, sei von der Frage des Zugangs zum Vertragswortlaut zu trennen. Auch vom Gegenstand her träfen die Ausführungen des BSG die vorliegende Streitigkeit nicht, denn das BSG befasse sich mit der Überprüfung der Gesamtvergütung als solche, welche nur einen Teil der vertraglichen Regelungen betreffe. Es sei mithin nicht zulässig, von vornherein die Gesamtbetrachtung des Vertragswerkes unter dem Hinweis auf die eingeschränkte rechtliche Überprüfbarkeit zu verhindern. Bezüglich der Sonderverträge gelte dies erst recht. Es genüge nicht, dass dem Vertragsarzt nur das vertragsmäßige Ergebnis in Tabellenform zur Verfügung gestellt werde, ohne den jeweils zu Grunde liegenden gesamten Vertragswortlaut zu veröffentlichen. Es gehe dabei zudem nicht um die Gesamtvergütung, welche sich auf den einzelnen Vertragsarzt allenfalls mittelbar bzw. faktisch auswirke, sondern um Kostenerstattungsregelungen, die den Vertragsarzt unmittelbar beträfen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Gemäß § 87b Abs. 1 SGB V habe der Kläger (lediglich) einen Anspruch auf Zahlung des vertragsärztlichen Honorars. Rechtsgrundlage für die Zahlung des vertragsärztlichen Honorars sei der Abschluss von Gesamtverträgen nach § 83 SGB V. Somit liege die Zuständigkeit zum Abschluss der Gesamtverträge bei der Kassenärztlichen Vereinigung und den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen. Ein Gesamtvertrag enthalte zur Regelung der Vergütung obligatorische, zwischen den vertragschließenden Institutionen geltende, und normative Bestandteile, die auch Vertragsärzte binden könnten. Es bestünden also getrennte Regelungskreise. Daher könne der Kläger nur in die normativen Bestandteile der Gesamtverträge Einsicht verlangen, die ihn auch binden könnten. Diese seien auf ihrer Homepage veröffentlicht. Es liege auch kein Verstoß gegen das Publikationsgebot vor. Für die Entfaltung der normativen Wirkung dieser gesamtvertraglichen Teile gegenüber den Vertragsärzten seien diese ihnen gegenüber entsprechend bekannt zu machen. Die Bekanntmachung sei in § 23 ihrer, der Beklagten, Satzung geregelt. Diesen Erfordernissen komme sie soweit erforderlich auch nach. Die jeweiligen Vertragsauszüge, Bestandteile oder Sonderverträge könnten über ihre Homepage jederzeit eingesehen werden. Diese Bekanntmachung ermögliche es nun aber nicht, jeden einzelnen Vertragsarzt die gesamtvertraglichen Regelungen auf Rechtsverstöße im Allgemeinen überprüfen zu lassen. Dieses Recht stehe nach § 71 Abs. 4 SGB V nur der zuständigen Aufsichtsbehörde zu, der die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen unter anderem nach § 83 SGB V vorzulegen seien. Nach § 71 Abs. 4 Satz 3 SGB V könnten die Aufsichtsbehörden dann die Vereinbarungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Dem einzelnen Vertragsarzt bleibe daher nur die Möglichkeit, die mittelbar verpflichtenden Regelungen des Gesamtvertrags im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen ihm und der Kassenärztlichen Vereinigung inzident überprüfen zu lassen (BSG, Urteil vom 31.08.2005 - B 6 KA 6/04 R - , in juris). Nach der Rechtsprechung des BSG sei hiervon gerade der obligatorische Teil des Gesamtvertrags allerdings ausgenommen. Die gesetzlich vorgegebene Beschränkung der Überprüfung der Gesamtverträge alleine durch die zuständige Aufsichtsbehörde beruhe auf Gründen der Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems. Auch das Urteil des BSG vom 23.03.2011 (- B 6 KA 9/10 R -, in juris) helfe nicht weiter, da sie, die Beklagte, es ermögliche, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von Rechtsnormen verschaffen könnten. Sie veröffentliche die entsprechenden Teile der Gesamtverträge gem. § 23 ihrer Satzung und stelle diese auf ihrer Homepage ein. Eine Beschränkung auf die normativen Bestandteile der Gesamtverträge sei dabei zulässig und nicht zu beanstanden. Eine weitergehende Information über die obligatorischen Bestandteile sei nicht erforderlich. Gleiches gelte für die vom Kläger gerügte Veröffentlichung von Sonderverträgen. Als Bestandteil der Gesamtverträge werde hier ebenfalls nur der für die Vertragsärzte relevante normative Bestandteil veröffentlicht. Dies sei in der vom Kläger vorgetragenen Tabellenform geschehen. Anhand der in der Tabelle veröffentlichten Information könne der Kläger die von ihm erbrachten Leistungen aus den sogenannten Sonderverträgen zur Abrechnung bringen. Konkrete darüber hinausgehende Informationen zur Geltendmachung von Honoraransprüchen habe der Kläger nicht geltend gemacht. Dementsprechend seien auch die Honorarbescheide des Klägers bestandskräftig.

Mit Beschluss vom 16.04.2014 setzte das SG den Rechtsstreit zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Nach Auffassung des Widerspruchsausschusses liege ein unzulässiger Popularwiderspruch vor, da nicht erkennbar sei, dass ein konkreter Honorarstreit bestehe. Auch sei nicht erkennbar, welche Vereinbarung konkret vorgelegt werden solle. Es fehle daher bereits an der Widerspruchbefugnis.

Der Kläger erwiderte hierauf ergänzend, dass es sich um keinen Popularwiderspruch handele. Er habe seinen Anspruch auf die Bestimmungen eingeschränkt, welche im Abrechnungsverhältnis zu ihm Wirkung haben könnten.

Mit Urteil vom 24.04.2015 wies das SG die Klage als unzulässig ab. Es fehle an einem Rechtsschutzinteresse. Zu Recht weise die Beklagte darauf hin, dass mit dem Kläger kein konkreter Rechtsstreit bestehe, für dessen Beurteilung Einsicht in die vom Kläger begehrten Unterlagen erforderlich wäre. So räume der Kläger in seinem Schriftsatz vom 05.08.2014 auch ein, dass er eine Einsicht in die Bestimmungen haben wolle, welche im Abrechnungsverhältnis Wirkung haben "könnten". Mit seiner ins Blaue hinein begehrten Einsicht maße sich der Kläger eine Funktion an, die nach § 71 Abs. 4 Satz 1 SGB V ausschließlich den zuständigen Aufsichtsbehörden zukomme. Im Übrigen sei die Klage aber auch nicht begründet. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen werde auf die Ausführungen im Bescheid vom 14.11.2011 und in der Klageerwiderung Bezug genommen. Auch zur Überzeugung der Kammer habe der Kläger keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Auskunft bzw. Einsichtnahme in die genannten Unterlagen, es mangele an einer Anspruchsgrundlage. Aus der Satzung der Beklagten lasse sich ein Anspruch nicht herleiten. Über die auf der Homepage der Beklagten auch für den Kläger jederzeit einsehbaren Verträge könne sich dieser umfassend über seine Rechte und Pflichten informieren, soweit dort Regelungen enthalten seien, die sein Rechtsverhältnis zu den Partnern der Verträge beträfen. In die Verträge, welche die Rechtspositionen des Klägers nicht tangierten, bestehe kein Einsichtsrecht, es ginge den Kläger schlichtweg nichts an. Auch mit § 5 Abs. 1, 3 der Satzung der Beklagten lasse sich ein Einsichtsrecht nicht begründen. Gem. Abs. 1 seien Mitglieder berechtigt, an der vertragsärztlichen Versorgung und an der Honorarverteilung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, der Satzung, der Verträge sowie des Honorarverteilungsvertrages teil zu nehmen. Geregelt sei somit lediglich eine Teilnahmebefugnis an der vertragsärztlichen Versorgung, nicht aber ein Einsichtsrecht in die begehrten Unterlagen. Auch bestimme Abs. 3 des § 5 der Satzung, dass die Mitglieder, somit auch der Kläger, gegenüber der Beklagten im Rahmen des § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB V die umfassende Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber den Krankenkassen verlangen könnten. Auch diese Vorschrift gebe für das Begehren des Klägers damit nichts her. Aus der Interessenwahrnehmungspflicht der Beklagten folge kein Einsichtsrecht des Klägers in die von ihm genannten Dokumente. Auch regele § 5 Abs. 4 d der Satzung, dass die Beklagte ihren Mitgliedern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen sachdienliche Information über alle sie betreffende Angelegenheiten biete. Daraus folge dann im Umkehrschluss zwingend, dass über Angelegenheiten, welche die Mitglieder nicht beträfen, gerade keine Informationspflicht bestehe. Letztgenannter Vorschrift komme die Beklagte durch die von ihr praktizierten Informationen im Übrigen umfassend nach. Auch ein Blick auf § 71 Abs. 4 Satz 1 SGB V zeige, dass das Verlangen des Klägers auf Einsichtnahme keinen Erfolg haben könne. Nach dieser Vorschrift seien Vereinbarungen über die Vergütungsleistungen nach §§ 57 Abs. 1 und 2, 83 und 85 SGB V den für die Vertragsparteien zu bestimmenden Aufsichtsbehörden vorzulegen. Daraus ergebe sich unzweifelhaft, dass nur die Aufsichtsbehörde ein Einsichtsrecht habe, nicht aber der jeweilige Vertragsarzt. Damit regele der Gesetzgeber eindeutig und abschließend, wer die Kontrollfunktion bei den Verträgen inne habe.

Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 29.06.2015 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 23.07.2015 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers. Er sei als zugelassener Vertragsarzt Mitglied der Beklagten (§ 77 Abs. 3 SGB V). Die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte werde von den Landesverbänden der Krankenkassen bzw. Ersatzkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen durch Gesamtverträge geregelt (§§ 82 Abs. 2, 83 SGB V). Gemäß § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V seien die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung für die zugelassenen Vertragsärzte verbindlich. Diese Folge greife auch die Satzung der Beklagten in § 5 Abs. 5 auf, indem dort bestimmt werde, dass für die Mitglieder der Beklagten Satzungsbestimmungen, die von der Beklagten mit den Krankenkassen und deren Verbänden abgeschlossenen Verträge sowie die von der Beklagten satzungsgemäß gefassten Beschlüsse, Richtlinien und Entscheidungen ebenso verbindlich seien, wie die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und weitere, übergeordnete Normen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Dennoch veröffentliche die Beklagte die begehrten Bestimmungen nicht vollständig, sondern nur in Teilen, welche nach ihrer Ansicht die für ihre Mitglieder unmittelbar einschlägigen Bestimmungen enthielten. Die vollständige Regelung der mit den Krankenkassen oder deren Verbänden abgeschlossenen Verträge mache sie nicht zugänglich. Beispielhaft seien die Honorarverteilungsverträge ab 2009 bis 2012 genannt. Teil B der entsprechenden Gesamtverträge mit den Kassen sei veröffentlicht. Teil A enthalte die Beklagte ihren Mitgliedern im vollen Wortlaut vor. Sie zitiere in Teil B lediglich Auszüge aus Teil A, von denen sie annehme, dass nur diese Auszüge die Vertragsärzte etwas angingen (z. B. die Honorarverteilungsverträge des Jahres 2009 in § 3 Ziffer 13, 3. Gliederungspunkt oder § 4 Ziffer 1, jeweils mit den entsprechenden Fußnoten, dessen Anlage 3a usw. wie auch z. B. den Kläger speziell betreffende Auszüge aus sogenannten "Sonderverträgen", in denen die Beklagte tabellarisch Einzelleistungen und geförderte Leistungen für das jeweilige Quartal, ohne den Wortlaut der Verträge im Übrigen, wiedergebe). Bereits auf Grund seines Status als Mitglied der Beklagten habe er, der Kläger, jedoch Anspruch auf Zugang zum Wortlaut sämtlicher Verträge, welche die vertragsärztliche Versorgung regelten. Bei Verträgen, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln würden, handele es sich nämlich nach herrschender Meinung um Normenverträge. Für die Normsetzung würden die allgemeinen, insbesondere verfassungsrechtlichen Anforderungen, deren Mindestvoraussetzung darin bestehe, die erlassenen Normen zu publizieren, gelten. Vor diesem Hintergrund sei es rechtswidrig, dass die Beklagte aus dem gesamten Normengefüge die Teile herausgreife und den Vertragsärzten gegenüber veröffentliche, welche sie für erheblich halte und ihren Mitgliedern den Rest vorenthalte. Dabei könne sich die Beklagte auch nicht auf das Urteil des BSG vom 31.08.2005 berufen (B 6 KA 6/04 R, in juris). Die Frage der inhaltlichen Überprüfbarkeit von Normverträgen, insbesondere Gesamtverträgen, sei von der Frage des Zugangs zum Vertragswortlaut zu trennen. Mit ihrer Haltung verstoße die Beklagte auch gegen das Publikationsgebot. Soweit das SG mit der Überprüfungsbefugnis der Aufsichtsbehörde argumentiere, könne auch dies nicht verfangen. Allein aus der Befugnis der Aufsichtsbehörde ergebe sich nicht, dass dem Bürger die Kenntnis der dem jeweiligen Rechtskreis zugehörigen Normen verwehrt werden könne. Soweit im Übrigen die Beklagte den Einwand der "Popularklage" erhoben habe, sei der Klageantrag auf die Bestimmungen eingeschränkt worden, welche im Abrechnungsverhältnis zu ihm, dem Kläger, Wirkung haben könnten. Dies seien zweifellos die Sonderverträge, welche Gegenstände beträfen, die die Abrechnung der Augenärzte beeinflussten, aber auch die Verträge zu den Vergütungsvereinbarungen, welche die Honorarbemessung regelten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.08.2014 zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über den Inhalt der von der Beklagten mit den Landesverbänden der Krankenkassen oder einzelnen Krankenkassen abgeschlossenen Verträge, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln und Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu ihm als Augenarzt haben oder haben können, ohne jedoch veröffentlicht worden zu sein, insbesondere die Vergütungsvereinbarungen seit dem Jahr 2000 und die "Sonderverträge", welche vertraglich vereinbarte Leistungen außerhalb des EBM regeln, einschließlich der jeweils hierzu gehörenden Protokollnotizen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei bereits fraglich, worin vorliegend eine individuelle rechtliche Betroffenheit des Klägers im Sinne einer Verletzung eigener Rechte liege. Gegenstand eines sozialgerichtlichen Klageverfahrens im Vertragsarztrechts, könne keine Popularklage sein, die sich nicht mit der Verletzung eines rechtlich geschützten Interesses des Klägers auseinandersetze. Das Vorliegen eines solchen sei für sie, die Beklagte, auch nach den klägerischen Ausführungen in der Berufungsbegründung nach wie vor nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Auch die vom Kläger vorgetragene Einschränkung des Klageantrags auf die Bestimmungen, welche im Abrechnungsverhältnis zu ihm Wirkung haben könnten, helfe nicht darüber hinweg, dass es sich vorliegend um eine unzulässige Popularklage im Sinne der Rechtsprechung des BSG handele, denn mit der vorliegenden Klage mache der Kläger nicht eine Verletzung seiner rechtlich geschützten Interessen geltend. Sie, die Beklagte, habe - entsprechend der Rechtsprechung des BSG - die für den Kläger relevanten vertraglichen Vereinbarungen auf ihrer Homepage veröffentlicht, so dass diese für ihn frei zugänglich seien. Damit habe sie dem vom Kläger behaupteten "Anspruch auf Kenntnis dieser Bestimmungen" bereits genüge getan. Dementsprechend benenne der Kläger auch weiterhin kein Honorarstreitverfahren oder anderes Verfahren, in dem die genannten Verträge eine Rolle spielen würden. Die Honorarbescheide des Klägers seien bis einschließlich des Quartals 2/2015 im Übrigen allesamt bestandskräftig. Auch die rechtliche Grundlage für den Klageantrag sei weiterhin nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des BSG enthalte ein Gesamtvertrag zur Regelung der Vergütung obligatorische, zwischen den vertragschließenden Institutionen geltende, und normative Bestandteile, die auch Vertragsärzte binden könnten. Es bestünden also getrennte Regelungskreise. Das BSG führe weiter aus, dass die gesetzlich vorgegebene Beschränkung der Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarung allein durch die Aufsichtsbehörde bzw. des sie ersetzenden Schiedsspruchs allein auf Anfechtung der Gesamtvertragsparteien hin - und nicht im Rahmen eines Honorarstreits eines Vertragsarztes - vor allem auf Gründen der Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems beruhe. Nur die Trennung der Rechtsbeziehungen einerseits zwischen den Partnern der Gesamtverträge unter Einschluss der "beteiligten" Krankenkassen im Sinn des § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V und andererseits zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und dem einzelnen Vertragsarzt sichere die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystem. Die normativen Bestandteile, die auch die Vertragsärzte binden könnten, würden von ihr, der Beklagten, entsprechend der Regelung in § 23 ihrer Satzung bekannt gemacht und könnten so ihre normative Wirkung gegenüber den Vertragsärzten entfalten. Diesen Erfordernissen komme sie, die Beklagte, auch nach. Auf Grund der Besonderheit der getrennten Regelungskreise im vertragsärztlichen System bestehe auch aus dem Status eines Mitglieds kein Anspruch auf Zugang zum Wortlaut sämtlicher Verträge, welche die vertragsärztliche Versorgung regelten. Der Kläger könne daher nur in die normativen Bestandteile der Gesamtverträge Einsicht verlangen, die auch ihn binden würden. Die jeweiligen Vertragsauszüge, -bestandteile bzw. Sonderverträge könnten über ihre Homepage jederzeit eingesehen werden. Das Recht, die gesamtvertragliche Regelung auf Rechtsverstöße im Allgemeinen überprüfen zu lassen, stehe nach § 71 Abs. 4 SGB V im Übrigen nur der zuständigen Aufsichtsbehörde zu, der die Vereinbarung über die Vergütung der Leistungen u. a. nach § 83 SGB V vorzulegen sei. Dem zum 01.01.2016 in Kraft getretenen Landesinformationsfreiheitsgesetz des Landes Baden-Württemberg unterliege der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 02.02.2016, 23.02.2016, 14.09.2016 und 20.09.2016 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist im Hinblick auf den Klageantrag des rechtskundig vertretenen Klägers ein Auskunftsbegehren. Dabei begehrt der Kläger freilich nicht - wie noch im Verwaltungsverfahren formuliert - die Vorlage von Verträgen im Wortlaut, sondern lediglich Auskunft über den Inhalt derselben. Dieses Begehren hat der Kläger darüber hinaus auf nicht veröffentlichte Inhalte begrenzt, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln und Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu dem Kläger als Augenarzt haben oder haben können.

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Dabei bestehen bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Über die Ablehnung der begehrten Auskunft hat ein Verwaltungsakt zu ergehen (BSG, Urteil vom 13.11.2012, - B 1 KR 13/12 R -, in juris; vgl. auch BSG, Urteil vom 28.06.1991, - 2 RU 24/90 -, in juris; NK-VwGO/Sodan, § 42 RN 45; a.A. Hessisches LSG, Urteil vom 18.11.2015, - L 4 KA 25/12 -, in juris "echte Leistungsklage"). Die Zulässigkeit der damit statthaften unechten Leistungsklage setzt voraus, dass vor Klagerhebung ein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden ist. Der Kläger muss die im Gerichtsverfahren mit der Klage begehrte Leistung zuerst (erfolglos) bei der Verwaltungsbehörde beantragt haben. Eine ohne vorherige Einleitung des Verwaltungsverfahrens erhobene Klage ist unzulässig (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 54 Rdnr. 39 m.w.N.). Bei dem Erfordernis des vorgängigen Verwaltungsverfahrens bzw. des vorgängigen Behördenantrags handelt es sich nicht um eine im Gerichtsverfahren ggf. nachholbare Prozessvoraussetzung, sondern um eine nicht nachholbare Klagevoraussetzung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 03.03.2011, - 7 C 4/10 - oder Urteil vom 28.11.2007, - 6 C 42/06 -; auch VG Berlin, Urteil vom 17.03.2016, - 1 K 229.15 - m.w.N. zur Rspr. des BVerwG; alle in juris). Die zum (allgemeinen) Prozessrecht der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entwickelten Rechtsgrundsätze gelten auch für das (besondere) Prozessrecht des SGG (vgl. etwa Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 54 Rdnr. 21), unbeschadet der Unterschiede im Hinblick auf die prozessrechtliche Behandlung behördlicher Untätigkeit nach erfolgtem Behördenantrag (vgl. § 75 VwGO einerseits bzw. § 88 SGG andererseits (echte Untätigkeitsklage)). Die Vorgängigkeit des Verwaltungsverfahrens bzw. des Behördenantrags dient nämlich der Wahrung des prozessordnungsübergreifenden Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Grundgesetz (GG)); der Verwaltungsbehörde kommt das Handlungsmandat zu, an dessen (vorgängige) Ausübung das Kontrollmandat des Gerichts anknüpft. Außerdem sollen die Gerichte (die Sozialgerichte nicht anders als die Verwaltungsgerichte) entlastet werden (NK-VwGO/Sodan, a.a.O.; VG Berlin, a.a.O.). Hat die Verwaltung entschieden, ist die unechte Leistungsklage unzulässig, soweit im angefochtenen Bescheid nicht über den im Klageverfahren geltend gemachten Anspruch entschieden wurde (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 54 Rdnr. 39b).

Davon ausgehend erweist sich die beim SG erhobene Klage des Klägers als unzulässig. Der Kläger hat mit Schreiben vom 24.10.2011 durch seinen Bevollmächtigten um Übermittlung der derzeit gültigen Verträge zur Vereinbarung zur Abgeltung von Sachkosten u.a. im Zusammenhang mit ambulanten Operationen auf seinem Fachgebiet gebeten. Dies umfasst ausweislich der Veröffentlichungen im Internet, der Vorkorrespondenz und der Bezugnahme auf das Fachgebiet des Klägers die im 4. Quartal 2011 bestehenden Sonderverträge im Bereich der Sachkosten für Intraokularlinsen und Viskoelastika bei ambulanten Operationen. Dementsprechend hat die Beklagte vorliegend auch mit Regelungswirkung im Über-/Unterordnungsverhältnis eine Übersendung der Verträge mit Bescheid vom 14.11.2011 abgelehnt. Die Übersendung weiterer Verträge war weder beantragt noch von der Beklagten abgelehnt worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Widerspruchsbescheid, da auch hier auf den Antrag vom 24.10.2011 ausdrücklich Bezug genommen wurde. Damit aber war nur die Vorlage der o.g. Verträge im Wortlaut Gegenstand des Verwaltungsverfahrens.

Soweit der Kläger im Klageverfahren nunmehr Auskunft zu weiteren Vereinbarungen, Verträgen und Unterlagen begehrt, ist die Klage mangels vorheriger Einleitung eines Verwaltungsverfahrens bereits unzulässig. Von der beantragten Vorlage der o.g. Vertrags im Wortlaut, wie sie der Kläger noch im Verwaltungsverfahren begehrt hat, ist das nunmehr beantragte Auskunftsersuchen im Klage- und Berufungsverfahren zu unterscheiden, denn hiermit verfolgt der Kläger die Auskunftserteilung über den Inhalt der Verträge, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln und Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu ihm als Augenarzt haben oder haben können. Insoweit stellt sich der Klageantrag als aliud zu dem Antrag im Verwaltungsverfahren auf Vorlage des vollständigen Vertrags dar, weshalb sich die Klage als vollumfänglich unzulässig darstellen dürfte.

Nichts anderes ergibt sich im Übrigen, wenn man davon ausgeht, dass vorliegend nicht die unechte, sondern die echte Leistungsklage statthaft ist, da auch diese ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 54 Rdnr. 41b), das in der vorliegenden Konstellationen mangels vorheriger Antragstellung bei der Behörde nicht gegeben sein dürfte (vgl. BVerwG DVBl 1978, 607, 608; a.A. NK-VwGO/Sodan, § 42 RN 45 m.w.N. auch zur Gegenansicht).

Unabhängig von der Frage der statthaften Klage fehlt dem Kläger aber auch deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, da nicht ersichtlich ist, welche Vorteile der Kläger aus den begehrten Unterlagen ziehen könnte, da sämtliche Honorarbescheide des Klägers bestandskräftig sind. Der Kläger konnte auch im Berufungsverfahren kein konkretes Honorarstreitverfahren oder anderes Verfahren benennen, in dem die begehrten Unterlagen eine Rolle spielen könnten. Für die Klärung von Vorfragen ist jedoch nur solange Raum, bis die Honorarbescheide hinsichtlich der betreffenden Quartale nicht bestandskräftig sind (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 30/11 R -, in juris). Für eine Einsicht in die Verträge ist insoweit kein entscheidungserheblicher Sachverhalt erkennbar (vgl. BSG, Beschluss vom 15.03.2017, - B 6 KA 74/16 B -, n.v.).

Letztlich kann die Zulässigkeit der Klage jedoch vorliegend offen bleiben, da das SG die Klage im Ergebnis zu Recht auch als unbegründet abgewiesen hat. Denn der Kläger hat seinen Antrag auf den Inhalt der von der Beklagten mit den Landesverbänden der Krankenkassen oder einzelnen Krankenkassen abgeschlossenen Verträge, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln und Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu dem Kläger als Augenarzt haben oder haben können, begrenzt. Diesen Anspruch hat die Beklagte jedoch zur Überzeugung des Senats bereits durch die zahlreichen Veröffentlichungen im Internet erfüllt. Konkrete Vereinbarungen, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln, Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu dem Kläger als Augenarzt haben oder haben können und nicht veröffentlicht sind, hat der Kläger nicht genannt. Soweit der Kläger in seiner Klage- und Berufungsschrift wiederholt auf Teil A des Honorarverteilungsvereinbarung hingewiesen hat, den die Beklagte unstreitig nicht veröffentlicht hat, hat die Beklagte entgegnet, dass diese keine Regelungen im Mitgliedsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter beinhaltet und auf die Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 31.08.205 (B 6 KA 6/04 R) verwiesen, wonach ein Gesamtvertrag zur Regelung der Vergütung im Sinne des § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V zum einen obligatorische - d.h. allein zwischen den vertragsschließenden Institutionen geltende -, zum anderen normative Bestandteile enthält, die auch am Vertragsschluss nicht beteiligte Dritte wie die "beteiligten Krankenkassen" iS des § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V und auch Vertragsärzte binden können (vgl. BSG, Beschluss vom 25.05.2005, - B 6 KA 27/04 B -, in juris und Engelmann, in NZS 2000, 1, 4). Insoweit kann der einzelne Vertragsarzt die rechtliche Wirksamkeit der ihn unmittelbar verpflichtenden normativen Regelungen eines Gesamtvertrages gemäß § 83 Abs 1 Satz 1 SGB V, etwa Vorgaben zur Leistungsabrechnung oder zur Begründung von Leistungsansätzen, im Rechtsstreit zwischen ihm und der Kassenärztlichen Vereinigung auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht inzident überprüfen lassen. Für den obligatorischen Teil des Gesamtvertrages, der Rechte und Pflichten der Vertragspartner begründet und kraft besonderer Regelung auch für die einzelnen Krankenkassen gilt, sich aber ansonsten für Dritte - und damit auch für die Vertragsärzte - allenfalls mittelbar bzw. faktisch auswirkt, gilt dies indessen nicht (so bereits BSG, Urteil vom 14.07.1965, - 6 RKa 27/61 -; so auch BSG, Urteil vom 31.08.2005, - B 6 KA 6/04 R -, beide in juris). Die Rechts(schutz)position des einzelnen Vertragsarztes ist bezogen auf die Gesamtvergütung darauf beschränkt, dass er bei ihrer Verteilung angemessen berücksichtigt wird (BSG aaO; zum Anspruch auf Teilhabe siehe auch BSG, Urteil vom 24.09.2003, - B 6 KA 41/02 R -, in juris).

Dieser Ausgestaltung des Vergütungssystems entspricht es, dass die Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarungen auf Rechtsverstöße in einem objektivierten, nicht von der Geltendmachung subjektiver Rechtsverletzungen abhängigen Verfahren durch die für die Vertragspartner des Gesamtvertrages zuständige Aufsichtsbehörde vorgenommen wird. Dieser sind die Vergütungsvereinbarungen nach § 83 Abs 1 und § 85 SGB V vorzulegen (§ 71 Abs 2 Satz 1 SGB V idF des GSG). Sie kann und sie hat sie bei Rechtsverstößen zu beanstanden (Satz 2 aaO). Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob bei der Vergütungsvereinbarung der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 Abs 1 SGB V) beachtet worden ist. Die gesetzlich vorgegebene Beschränkung der Überprüfung beruht vor allem auf Gründen der Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems. Nur die Trennung der Rechtsbeziehungen einerseits zwischen den Partnern der Gesamtverträge unter Einschluss der "beteiligten" Krankenkassen iS des § 83 Abs 1 Satz 1 SGB V (idF des GSG) und andererseits zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und dem einzelnen Vertragsarzt sichert die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems. Bezüglich der Vertragsärzte liegt dem Gesetz die Erwartung zu Grunde, dass ihre Rechte gegenüber den Krankenkassen bei der Aushandlung der Veränderungen der Gesamtvergütungen sachgerecht von den Kassenärztlichen Vereinigungen wahrgenommen werden (vgl § 75 Abs 2 Satz 1 SGB V). Demgemäß hat das BSG bereits mit Urteil vom 14.07.1965 (- 6 RKa27/61 -, in juris) entschieden, dass ein Kassen(zahn)arzt nicht berechtigt ist, unmittelbar auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gesamtvertrages über die Berechnung der Gesamtvergütung zu klagen. Entsprechendes gilt auch für andere Leistungserbringer im vertragsärztlichen Versorgungssystem wie etwa Krankenhausträger (vgl BSG, Urteil vom 15.03.1995, - 6 RKa 36/93 -, in juris).

Vor diesem Hintergrund ist die von der Beklagten vorgenommene Einteilung der Honorarverteilungsvereinbarung bzw. des Honorarverteilungsvertrags in einen obligatorischen und normativen Teil nicht zu beanstanden und nachvollziehbar. Der Kläger konnte auch keine Regelungen nennen, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln und Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu ihm als Augenarzt haben oder haben könnten und von der Beklagten unzutreffend eingeordnet wurden. Damit aber steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte sämtliche der vom Kläger beantragten Auskünfte durch die Veröffentlichungen der Inhalte auf ihrer Homepage erteilt und damit den geltend gemachten Anspruch erfüllt hat.

Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Sonderverträge im Bereich der Sachkosten für Intraokularlinsen und Viskoelastika bei ambulanten Operationen. Zur Überzeugung des Senats hat die Beklagte auch insoweit durch die Veröffentlichungen dem Kläger den von ihm geforderten Inhalt zur Kenntnis gebracht. Hierauf hat die Beklagte unter Hinweis auf ihren Internetauftritt zutreffend hingewiesen. Für den sachkundig besetzten Senat drängen sich keine weiteren Inhalte auf, welche die vertragsärztliche Versorgung regeln und die Wirkung im Mitgliedschaftsverhältnis zu ihm als Augenarzt haben oder haben können. Auch der Kläger konnte keine entsprechenden Inhalte benennen. Dies wiegt umso schwerer, als er die entsprechende Leistungen über mehrere Quartale abgerechnet und auch eine Honorierung aufgrund der Verträge ohne Probleme erhalten hat.

Die von den Beteiligten im Verfahren abstrakt diskutierte Frage, ob die Beklagte zur vollständigen Veröffentlichung aller Verträge verpflichtet ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, da der rechtskundig vertretene Kläger seinen Antrag ausdrücklich auf den genannten Inhalt beschränkt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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