Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 4 R 1844/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 787/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich als Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des 1929 geborenen und 2014 verstorbenen H (Versicherter) gegen die Teilaufhebung und Teilrückforderung einer ihm aufgrund einer Rentenneufeststellung nachgezahlten bzw. gewährten höheren Rente.
Der Versicherte wurde in Österreich geboren und verbrachte seine Kindheit ab 1936 in der Tschechoslowakei, und zwar in der Nähe von Karlsbad im Sudetenland. Er lebte von Dezember 1941 bis Mai 1945 im Ghetto Theresienstadt. Er verblieb nach seiner Befreiung im Gebiet der damaligen Tschechoslowakei. Dort ging er zur Schule, studierte Medizin und arbeitete als Arzt, bevor er 1969 mit seiner Familie in die Schweiz ausreiste und dort als Arzt weiterarbeitete. Seit Mai 1982 hatte er die schweizerische Staatsbürgerschaft.
Seit Mitte der 70er Jahre bemühte sich der von Anfang an anwaltlich vertretene Versicherte um die Anerkennung von Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) sowie um die Beitragsnachentrichtung nach den Vorschriften des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) bzw. des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend nur Beklagte) stellte in der Folgezeit mit Bescheiden vom 06. Mai 1985, 21. August 1987 bzw. 13. April 1989 Pflichtbeitragszeiten u.a. wegen NS-Verfolgung, Vertreibung bzw. Flucht, Ausfallzeiten wegen Schul- bzw. Hochschulbesuchs sowie Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG fest. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte den Kläger zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Angestelltenversicherung zugelassen, vgl. Bescheide vom 13. März 1989.
Der Versicherte stellte im Januar 1995 einen Antrag auf Regelaltersrente. Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheid vom 06. Oktober 1995 beginnend ab dem 01. Januar 1995 eine Altersrente. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift "Mitteilungspflichten" den Hinweis:
"Bestimmte Sozialleistungen, die neben der Rente gezahlt werden, können Einfluß auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten oder die Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen: - andere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, - vorstehende Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden."
Auf den Antrag des Versicherten zur Feststellung von Beschäftigungszeiten im Ghetto Theresienstadt ermittelte die Beklagte die vom Versicherten in Tschechien zurückgelegten Beitragszeiten, vgl. etwa Auskunft des tschechischen Rentenversicherungsträgers vom 19. Mai 2010, aus welcher sich die Zeiten vom 31. Dezember 1942 bis zum 05. Mai 1945, vom 01. August 1946 bis zum 30. Dezember 1947, vom 31. Dezember 1947 bis zum 30. September 1948, vom 01. November 1952 bis zum 29. April 1954, vom 15. Juni 1953 bis zum 20. August 1954 und vom 01. September 1954 bis zum 09. Juli 1969 ergaben. Sie setzte daraufhin mit Bescheiden vom 27. August 2010, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 die Altersrente des Versicherten für die Zeit ab dem 01. Juni 2002 bzw. ab dem 01. Juni 2005 neu fest, was zu Nachzahlungen i.H.v. mehr als 71.000 EUR führte. Die Rente wurde mit dem letztgenannten Bescheid auf 931,80 EUR monatlich laufend ab April 2011 festgesetzt. Hierbei wurden u.a. die Zeiten vom 01. März 1943 bis zum 08. Mai 1945 sowie ab dem 01. August 1946 bis zum 30. September 1948, vom 15. Juni 1953 bis zum 20. August 1954 sowie vom 01. August 1960 bis zum 28. Juni 1969 als FRG-Pflichtbeitragszeiten sowie die Zeiten vom 01. September 1947 bis zum 31. Dezember 1947 sowie vom 01. Januar 1948 bis zum 26. September 1952 als Zeiten der Schulausbildung, ferner die Zeit vom 01. September 1954 bis zum 02. Juli 1960 als Zeiten der Hochschulausbildung sowie die Zeit vom 01. September 1959 bis zum 02. Juli 1960 und die Zeiten vom 01. Juli 1969 bis zum 30. Juni 1988 als freiwillige Beitragszeiten zugrunde gelegt. Auch diese Bescheide enthielten Hinweise zu Mitteilungspflichten, vgl. etwa die Bescheide vom 27. August 2010 und 28. Februar 2011: "Sie müssen uns unverzüglich mitteilen, wenn Sie neben Ihrer Rente eine oder mehrere der folgenden Leistungen beantragen oder beziehen: - andere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, - vergleichbare Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden Diese Leistungen können die Höhe Ihrer Rente beeinflussen, auch nachdem Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben."
Neben dem in der Anlage 10 des Bescheids vom 14. September 2010 enthaltenen ausdrücklichen Hinweis auf die Pflicht zur Mitteilung des Bezugs jeder ausländischen Rente im Hinblick auf die Anrechnungsvorschriften des FRG heißt es u.a.: "Bezug von ausländischen Leistungen – was muss ich beachten?
Renten und vergleichbare Leistungen, die von einer Stelle außerhalb Deutschlands für Zeiten gezahlt werden, die nach Bundesrecht anzurechnen sind, können Einfluss auf die Höhe Ihrer Rente habe.
Bitte teilen Sie uns unverzüglich mit, wenn Sie eine solche Leistung beantragen oder beziehen, beziehungsweise sich die Höhe dieser Leistung ändert."
Im Rahmen des eingeleiteten zwischenstaatlichen Verfahrens Deutschland/ Tschechische Republik erhielt die Beklagte schließlich im April 2011 die Auskunft, dass der Versicherte bereits seit dem 01. Januar 1996 auch eine Rente vom tschechischen Rentenversicherungsträger bezog. Auf wiederholtes Nachfragen teilte der tschechische Rentenversicherungsträger schließlich am 05. August 2011 die Höhe der seit Januar 1996 gezahlten Rente mit. Die Beklagte nahm in der Folgezeit eine Neuberechnung der Rente vor und hörte den Versicherten mit Schreiben vom 05. Oktober 2011 zur beabsichtigten Teilrücknahme der Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 mit Wirkung vom 01. Juni 2002, zur beabsichtigten Neufestsetzung der laufenden Rente auf 666,25 EUR ab dem 01. Dezember 2011 und zur beabsichtigten Rückforderung der Überzahlung für die Zeit vom 01. Juni 2002 bis zum 30. November 2011 in Höhe von insgesamt 22.187,61 EUR an.
Die Beklagte stellte die Rente mit drei Rentenbescheiden vom 08. Dezember 2011 neu fest. Sie führte u.a. zur Begründung aus, dass nach § 31 FRG die deutsche Rente i.H.d. in Euro umgerechneten Betrags der ausländischen Rente ruhe, wenn der deutschen Rente ausländische Versicherungszeiten nach Maßgabe des FRG zugrunde lägen und diese Zeiten auch Grundlage der ausländischen Rentenleistung seien. Deckungsgleich seien in der deutschen Rente die Zeiten vom 15. Juni 1953 bis zum 20. August 1954, vom 01. September 1954 bis zum 31. August 1959 und vom 01. August 1960 bis zum 28. Juni 1969, mithin insgesamt 182 Monate berücksichtigt worden. Hieraus errechnete die Beklagte Überzahlungen für die Zeit vom 01. Juni 2002 bis zum 30. April 2004 i.H.v. 3.425,74 EUR, für die Zeit vom 01. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 i.H.v. 1.186,22 EUR und für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2012 i.H.v. 18.925,72 EUR. Mit einem weiteren Bescheid vom 08. Dezember 2011 nahm die Beklagte die Bescheide vom 29. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 teilweise zurück und gab dem Versicherten die Erstattung von insgesamt 23.537,68 EUR auf. Sie führte u.a. zur Begründung aus, dass der Versicherte sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er in den ihm gegenüber ergangenen Bescheiden wiederholt auf seine Mitteilungspflichten insbesondere betreffend einen ausländischen Rentenbezug hingewiesen worden sei, ohne dass er die aus Tschechien bezogene Altersrente mitgeteilt habe, die im Übrigen nach § 31 FRG auf die aus Deutschland bezogene Regelaltersrente anzurechnen sei. Auch eingedenk des der Beklagten zustehenden Rücknahmeermessens sei die Rücknahme gerechtfertigt. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten stünden nicht entgegen, zumal er vor Kurzem eine Rentennachzahlung von rund 71.700 EUR erhalten habe.
Der Versicherte erhob gegen die ihm am 14. Dezember 2011 zugestellten Bescheide am 12. Januar 2012 Widerspruch. Er führte zur Begründung aus, ihm sei 1983 ausdrücklich empfohlen worden, Beiträge nachzuentrichten, um so in den Genuss einer Rentenzahlung der deutschen Rentenversicherung zu kommen. Die tschechischen Versicherungszeiten seien der Beklagten bereits damals bekannt gewesen. Sie habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass er bei einem Bezug der tschechischen Altersrente mit einer erheblichen Rentenkürzung der deutschen Rente zu rechnen habe. Die Beklagte hätte ihn im damaligen Verwaltungsverfahren darauf hinweisen müssen, dass trotz nachentrichteter Beiträge die Rente nicht in voller Höhe an ihn ausgezahlt werde. Er hätte dann höchstwahrscheinlich von einer Beitragsnachentrichtung abgesehen und auf eine Leistung aus der Deutschen Rentenversicherung verzichtet. Hier liege ein Beratungsfehler vor. Es komme ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben. Das Vertrauen auf den Bestand der Rente und der Nachzahlung sei schutzwürdig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2012 als unbegründet zurück und führte aus, dass für die Annahme eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum sei, zumal die auf der Beitragsnachentrichtung beruhenden Beitragszeiten von der Kürzung nach § 31 FRG nicht betroffen seien. Die gesetzlichen Rücknahmefristen seien noch nicht abgelaufen.
Der Versicherte hat sein Begehren mit der am 20. April 2012 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und sein bisheriges Vorbringen vertieft. Der Beklagten falle ein erhebliches Mitverschulden zur Last, das sein etwaiges Mitverschulden völlig verdränge. Hätte die Beklagte auf einen zwischenzeitlich im Jahr 2003 gestellten Überprüfungsantrag zur Feststellung von Ghettobeitragszeiten hin die erforderlichen Ermittlungen aufgenommen, hätte sie bereits damals von der tschechischen Rente erfahren. Inzwischen habe er den Nachzahlungsbetrag und sämtliche erhaltenen Rentenzahlungen verbraucht, so dass für ihn die Rückforderung der angeblich überzahlten Beträge zudem eine unbillige Härte darstellen würde. So habe er sich u.a. einen Pkw angeschafft, der schon aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht sofort wieder verkauft werden könne; zudem sei er auf das Fahrzeug angewiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07. August 2014 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Rücknahme der Rentenbescheide sei gemäß § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) nach ordnungsgemäßer Anhörung des Versicherten rechtmäßig erfolgt. Insbesondere seien auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit erfüllt, weil die zurückgenommenen Bescheide rechtswidrig seien, indem sie entgegen § 31 Abs. 1 FRG die an den Versicherten gezahlte Altersrente vom tschechischen Rententräger nicht berücksichtigten; richtigerweise habe die dem Versicherten gewährte deutsche Altersrente i.H.d. in Euro umgerechneten Betrags geruht, der als Leistung des tschechischen Rententrägers ausgezahlt werde. Die diesbezügliche Berechnung des Rückzahlungsbetrags habe das Gericht geprüft, sei nicht zu beanstanden und sei vom Versicherten auch nicht angegriffen worden. Er könne sich nicht gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, auch wenn das Vertrauen in der Regel gemäß § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X schutzwürdig sei, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X könne sich der Begünstigte auf Vertrauen dann nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Ausgehend von der gesetzlichen Definition des Begriffs der groben Fahrlässigkeit i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 2. Hs. SGB X sei eine solche anzunehmen, wenn der Begünstigte im Rahmen seiner persönlichen Einsichts- und Kritikfähigkeit schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet habe, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsse. Bereits der Bescheid vom 06. Oktober 1995 enthalte den Hinweis, dass er auch einen Rentenbezug von einem ausländischen Träger mitzuteilen gehabt habe; dieser Hinweis sei auch für den Versicherten als juristischen Laien ohne weiteres verständlich gewesen. Insbesondere sei es ihm auch erkennbar gewesen, dass ein Unterschied zwischen in Tschechien zurückgelegten Zeiten und einem tatsächlichen Rentenbezug aus Tschechien gebe. Es sei wenig glaubhaft, dass die Bedeutung eines tatsächlichen Rentenbezugs aus Tschechien nicht Gegenstand der seit den 1970er Jahren, insbesondere aber seit der Mitte der 1990er Jahre erfolgten durchgehenden anwaltlichen Beratung gewesen sein solle. Schließlich sei Sinn und Zweck des FRG, den Bezug einer deutschen Rente aufgrund von im Ausland zurückgelegten Zeiten zu ermöglichen, wobei - in Anbetracht der politischen Situation vor 1989 zu Recht – grundsätzlich davon ausgegangen worden sei, dass die tschechische Rente nicht in das Ausland gezahlt werde. Offensichtlich habe der deutsche Gesetzgeber jedoch nicht aufgrund einer im Ausland zurückgelegten Rentenzeit eine zweite Rente gewähren wollen, für die zumal nie Beiträge zur deutschen Rentenversicherung gezahlt worden sein. Dem trage § 31 FRG Rechnung. Soweit der Versicherte einen Beratungsfehler geltend mache, sei bereits nicht zu erkennen, aufgrund welcher Rechtsfolge dies zu einem Vertrauensschutz führen könne. Ein etwaiger sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei immer nur auf die Herstellung eines rechtmäßigen Zustands gerichtet. Der Versicherte begehre hier vorliegend jedoch eine Nichtanwendung von § 31 FRG und damit einen rechtswidrigen Zustand. Fernliegend sei etwa auch, dass ihn im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur Nachentrichtung von Beiträgen eine deutsche FRG-Rente auch parallel zu einer tschechischen Rente zugesichert worden sein könne. Es fehle hierfür bereits an der erforderlichen Schriftform. Schließlich stünden auch etwaige Fristen gemäß § 45 Abs. 3 und 4 SGB X der Rücknahme nicht entgegen. Sie sei im Dezember 2011 und mithin innerhalb der Jahresfrist gemäß § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X nach Kenntnis des tschechischen Rentenbezugs im April 2011 erfolgt. Auch die Zweijahresfrist gemäß § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X ab Erlass der zurückgenommenen Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 sei gewahrt. Auf die Geltung der Zehnjahresfrist gemäß § 45 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB X komme es von daher nicht an. Ermessensfehler der Beklagten für die Rücknahme des Bescheids für die Zukunft und Vergangenheit seien nicht ersichtlich. Soweit der Versicherte sich auf ein Mitverschulden der Beklagten im Hinblick auf den Überprüfungsantrag von 2003 berufe, greife dies nicht durch. Es sei bereits rein hypothetisch, ob im Zuge einer anderen Bearbeitung des Überprüfungsantrags der Bezug der tschechischen Rente früher erkannt worden wäre. Jedenfalls habe den Versicherten seit 1996 eine gesetzliche Pflicht getroffen, den Rentenbezug aus Tschechien der Beklagten mitzuteilen. Bereits die Verletzung dieser Pflicht überlagere ein etwaiges fehlerhaftes Verwaltungshandeln im Jahr 2003 und schließe entsprechend ein rechtlich relevantes Mitverschulden aus.
Der Versicherte hat gegen das ihm am 18. August 2014 zugestellte Urteil am 17. September 2014 Berufung eingelegt. Nach seinem Tod hat die Klägerin mit Schreiben vom 27. April 2015 die Fortführung des Verfahrens angezeigt. Sie weist darauf hin, dass die Altersrente des Versicherten aufgrund der Vorschriften des ZRBG-Änderungsgesetzes ab 1997 neu zu berechnen und ein entsprechender Betrag nachzuzahlen sei.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. August 2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 08. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16. März 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und legt Probeberechnungen zur Neufeststellung der Rente ab dem 01. Juli 1997 vor, aus welchen sich voraussichtliche Nachzahlungen von 3.582,23 und 2.360,44 EUR ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide vom 08. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16. März 2012 sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) nicht.
Die Aufhebungsentscheidung der Beklagten ist an § 45 SGB X zu messen. Nach dieser Vorschrift darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X), wobei Schutzwürdigkeit in der Regel dann vorliegt, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte allerdings dann nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X). In diesen Fällen wird der Verwaltungsakt nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Rücknahme für die Vergangenheit ist nur innerhalb der in Abs. 3 der Vorschrift genannten Fristen möglich, d.h. gemäß Satz 1 kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt nach Abs. 2 grundsätzlich nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Abweichend hiervon kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung u.a. nach Abs. 2 bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 gegeben sind. Nach Abs. 4 Satz 2 derselben Vorschrift muss die Behörde dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Zutreffend ging die Beklagte von der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 aus. Dies ergibt sich aus § 31 Abs. 1 S. 1 FRG. Nach dieser Vorschrift ruht, wenn dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder an Stelle einer solchen eine andere Leistung gewährt wird, die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrags, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird. Eben so liegt es hier. Die Beklagte stellte gegenüber dem Versicherten mit den vorgenannten Bescheiden die Rente aufgrund von Zeiten neu fest, aufgrund derer er zeitgleich eine Rente vom tschechischen Rentenversicherungsträger bezog. Dies wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz des Versicherten berufen. Zwar mag er tatsächlich auf den Bestand der vorgenannten Bescheide vertraut haben. Dieses Vertrauen ist jedoch unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig, selbst wenn man nach dem Vorbringen des Versicherten davon ausgehen würde, dass er die erbrachten Rentenleistungen, jedenfalls die beträchtlichen Nachzahlungen verbraucht hatte. Es liegen mit § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und 3 SGB X den Vertrauensschutz ausschließende Tatbestände vor. Der Versicherte machte vor der Rentenneufeststellung mit den vorgenannten Bescheiden zumindest grobfahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben; ferner kannte er die Rechtswidrigkeit der Rentenneufeststellung oder kannte sie lediglich infolge grober Fahrlässigkeit nicht, wobei das Gesetz die grobe Fahrlässigkeit mit der Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonderes schwerem Maße definiert, § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 Hs. 2 SGB X. Im Sinne der Vorschrift verhält sich mithin grob fahrlässig, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Juni 1987 - 7 RAr 105/85 –, zitiert nach juris Rn. 18). Dabei ist nicht ein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten der Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen (BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R –, zitiert nach juris Rn. 24). Bezugspunkt für das grobfahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde (vgl. Urteil des BSG vom 08. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R -, zitiert nach juris Rn. 23). Das bedeutet allerdings nicht, dass der Begünstigte die Rechtswidrigkeit der erfolgten "Überzahlung" nach Heller und Pfennig gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt haben muss (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R –, zitiert nach juris Rn. 21). Die Beteiligten im Sozialrechtsverhältnis sind verpflichtet, sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren. Dies wird im vorliegenden Fall insbesondere anhand § 31 Abs. 2 FRG deutlich, wonach der Berechtigte dem zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen unverzüglich anzuzeigen hat, wenn ihm eine der in Absatz 1 genannten Stellen eine Rente oder eine andere Leistung gewährt. Daher ist der Adressat eines Verwaltungsakts rechtlich gehalten, einen ihm günstigen Bewilligungsbescheid auch zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. Urteil des BSG vom 08. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R -, zitiert nach juris Rn. 25). Die Unkenntnis ist mithin grob fahrlässig, wenn der Adressat, hätte er den Bewilligungsbescheid gelesen und zur Kenntnis genommen, auf Grund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (vgl. Urteil des BSG vom 26. August 1987 - 11a RA 30/86 -, zitiert nach juris Rn. 19). Davon ist bei Fehlern auszugehen, die sich erstens aus dem begünstigenden Verwaltungsakt selbst oder anderen Umständen ergeben und zweitens für das Einsichtsvermögen des Betroffenen ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. Urteil des BSG vom 08. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R -, zitiert nach juris Rn. 23, 28).
Hiervon ausgehend ist der Senat im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu fordernden Maße eines Vollbeweises davon überzeugt, dass dem Versicherten der Vorwurf zumindest der groben Fahrlässigkeit gemacht werden muss, sei es dass er grobfahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben machte oder die Rechtswidrigkeit der vorgenannten Bescheide kannte oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt haben sollte. Hieran bestehen wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine vernünftigen Zweifel. Dem Versicherten als Bezieher einer tschechischen Rente musste sich aufdrängen, dass wegen derselben rentenrechtlichen Zeiten eine Rentengewährung durch die Beklagte nicht in Frage kommen konnte, zumal er nicht nur im Rentenbescheid vom 06. Oktober 1995 sondern auch im Bescheid der Beklagten vom 27. August 2010 mit dem Passus "Sie müssen uns unverzüglich mitteilen, wenn Sie neben Ihrer Rente eine oder mehrere der folgenden Leistungen beantragen oder beziehen: - andere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, - vergleichbare Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden Diese Leistungen können die Höhe Ihrer Rente beeinflussen, auch nachdem Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben."
und im Bescheid der Beklagten vom 14. September 2010, in welchem es u.a. heißt:
"Bezug von ausländischen Leistungen – was muss ich beachten?
Renten und vergleichbare Leistungen, die von einer Stelle außerhalb Deutschlands für Zeiten gezahlt werden, die nach Bundesrecht anzurechnen sind, können Einfluss auf die Höhe Ihrer Rente habe.
Bitte teilen Sie uns unverzüglich mit, wenn Sie eine solche Leistung beantragen oder beziehen, beziehungsweise sich die Höhe dieser Leistung ändert.", sowie in der Anlage 10 dieses Bescheides
noch mehrmals explizit auf die rentenrechtlichen Zusammenhänge hingewiesen wurde. Mit dem Bildungshintergrund eines Arztes und der jahrzehntelangen, durchgehend anwaltlich begleiteten Rentenverfahrensgeschichte, in der es vor allem um die Feststellung der außerhalb Deutschlands zurückgelegten, insbesondere tschechischen Zeiten ging, wäre nahezu jedem in der Person des Versicherten klar gewesen, dass sich neben dem Rentenbezug aus der tschechischen Rentenversicherung nicht noch ein weiterer vom deutschen Rentenversicherungsträger denken lässt. Jedenfalls beruhte die Neufeststellung der Rente mit Bescheiden vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 auf zumindest grob fahrlässig falschen Angaben des Versicherten. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hier abgesehen, weil die – hierzu nicht weiter begründete – Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG.
Soweit hier mithin die Rücknahmevoraussetzungen bei fehlendem Vertrauensschutz gegeben sind, ergibt die nach § 54 Abs. 2 S. 2 SGG gebotene gerichtliche Überprüfung des nach § 45 Abs. 1 ("darf") SGB X eröffneten Ermessens, dass die Beklagte dieses in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise – fehlerfrei - ausübte. Auch hier wird angesichts der zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG zunächst abgesehen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch der Umstand, dass die Beklagte bei ihrer Ermessensausübung ein Mitverschulden bzgl. des Erlasses der rechtswidrigen Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 nicht in ihre Ermessenserwägungen mit einbezog, keinen Ermessensfehler begründet. Dabei kann - so, wie vom SG im angefochtenen Urteil ausgeführt - in der Tat von vornherein kein im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigender Umstand in der Verfahrensweise der Beklagten gesehen werden, dass sie einen Überprüfungsantrag aus dem Jahr 2003 nicht zeitnah zu Anlass für Ermittlungen nahm, in deren Rahmen möglicherweise der Rentenbezug aus Tschechien aufgedeckt worden wäre. In Fällen wie dem vorliegenden, in dem wohl allenfalls ein normaler Verwaltungsfehler feststellbar ist und sich der Versicherte außerdem vorwerfbar i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X verhielt, stellt ein eigener Fehler der Verwaltung keinen Umstand dar, der bei der Ermessensausübung in die Interessenabwägung eingestellt (sodann zutreffend gewichtet und bei der Herstellung eines angemessenen Interessenausgleichs entsprechend berücksichtigt) werden müsste (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 14/11 R –, zitiert nach juris Rn. 35). Fehler der Verwaltung stellen den Regelfall der Anwendung des § 45 SGB X dar; nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu dieser Aufhebungsvorschrift soll ein solchermaßen von der Behörde verursachter rechtswidriger Zustand grundsätzlich - unter näher bestimmten Voraussetzungen - auch wieder beseitigt werden können. Würde jeder im Bereich der Verwaltung auftretende Fehler zu einem schutzwürdigen Vertrauen des durch den Verwaltungsakt Begünstigten führen, bedürfte es der Norm des § 45 SGB X letztlich gar nicht; eine solche Konstruktion liefe der Zielsetzung des § 45 SGB X, einen rechtswidrigen Zustand auch wieder beseitigen zu können, zuwider. Kann also wegen dieser Ausrichtung des § 45 SGB X ein normaler Fehler der Verwaltung allein in Anwendung von § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X die Annahme schutzwürdigen Vertrauens des Begünstigten in den Fortbestand eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nicht rechtfertigen, so muss das umso mehr gelten, wenn in den Fällen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X zu der Verantwortlichkeit der Behörde für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eine solche des Begünstigten hinzutritt; § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ordnet in solchen Fällen den Ausschluss von Vertrauensschutz explizit an, weil der Begünstigte (gerade) im Hinblick auf sein vorwerfbares Verhalten die ohne Rechtsgrund erbrachte Leistung nicht soll behalten dürfen. Der Gesetzgeber bestimmt - bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen - auf der Ebene der Vertrauensschutzabwägung die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts als regelmäßige Rechtsfolge. Legt § 45 SGB X in Fällen wie dem vorliegenden (= normaler Fehler der Verwaltung und vorwerfbares Verhalten des Begünstigten i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X) durch die Versagung von Vertrauensschutz tatbestandlich die Erreichung eines bestimmten Ergebnisses, nämlich die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nahe, so kann der Verwaltungsfehler nicht auf der (späteren) Ebene der Interessenabwägung im Rahmen der Ermessensausübung gleichwohl zu Gunsten des ursprünglich Begünstigten berücksichtigt werden (BSG, a.a.O., Rn. 37 f.).
Die in § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X geregelte zeitliche Begrenzung der Rücknahme auf zwei Jahre nach der Bekanntgabe der zurückzunehmenden Verwaltungsakte wurde vorliegend eingehalten. Denn die Beklagte nahm die Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 bereits mit Bescheiden vom 08. Dezember 2011 zurück.
Die Beklagte wahrte bei alldem auch die sog. Jahres-Frist für eine rückwirkende Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte, vgl. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, nachdem der tschechische Rentenversicherungsträger ihr erst mit seiner Auskunft vom 05. August 2011 die Zahlbeträge aus der tschechischen Rentenversicherung mitteilte und sie erst so über die die Rücknahme der Verwaltungsakte vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 rechtfertigenden Tatsachen vollständig in Kenntnis setzte, weil die Ruhensregelung des § 31 Abs. 1 S. 1 FRG eben auf die Zahlung aus einer anderen Rentenversicherung abstellt.
Nach alldem erweist sich auch die in den angefochtenen Bescheiden enthalte Rückforderung bzw. Erstattung als rechtmäßig. Die Voraussetzungen der hierfür einzig in Betracht zu ziehenden Ermächtigungsgrundlage aus § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X liegen vor, wonach, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Da die in den Bescheiden der Beklagten vom 08. Dezember 2011 enthaltene Teilaufhebung der vorgenannten Verwaltungsakte mit dem vorliegenden Urteil nicht aufgehoben worden ist, bewendet es bei der sich hieraus ergebenden, rechnerisch bzw. betraglich von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Erstattung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich als Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des 1929 geborenen und 2014 verstorbenen H (Versicherter) gegen die Teilaufhebung und Teilrückforderung einer ihm aufgrund einer Rentenneufeststellung nachgezahlten bzw. gewährten höheren Rente.
Der Versicherte wurde in Österreich geboren und verbrachte seine Kindheit ab 1936 in der Tschechoslowakei, und zwar in der Nähe von Karlsbad im Sudetenland. Er lebte von Dezember 1941 bis Mai 1945 im Ghetto Theresienstadt. Er verblieb nach seiner Befreiung im Gebiet der damaligen Tschechoslowakei. Dort ging er zur Schule, studierte Medizin und arbeitete als Arzt, bevor er 1969 mit seiner Familie in die Schweiz ausreiste und dort als Arzt weiterarbeitete. Seit Mai 1982 hatte er die schweizerische Staatsbürgerschaft.
Seit Mitte der 70er Jahre bemühte sich der von Anfang an anwaltlich vertretene Versicherte um die Anerkennung von Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) sowie um die Beitragsnachentrichtung nach den Vorschriften des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) bzw. des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend nur Beklagte) stellte in der Folgezeit mit Bescheiden vom 06. Mai 1985, 21. August 1987 bzw. 13. April 1989 Pflichtbeitragszeiten u.a. wegen NS-Verfolgung, Vertreibung bzw. Flucht, Ausfallzeiten wegen Schul- bzw. Hochschulbesuchs sowie Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG fest. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte den Kläger zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Angestelltenversicherung zugelassen, vgl. Bescheide vom 13. März 1989.
Der Versicherte stellte im Januar 1995 einen Antrag auf Regelaltersrente. Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheid vom 06. Oktober 1995 beginnend ab dem 01. Januar 1995 eine Altersrente. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift "Mitteilungspflichten" den Hinweis:
"Bestimmte Sozialleistungen, die neben der Rente gezahlt werden, können Einfluß auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten oder die Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen: - andere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, - vorstehende Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden."
Auf den Antrag des Versicherten zur Feststellung von Beschäftigungszeiten im Ghetto Theresienstadt ermittelte die Beklagte die vom Versicherten in Tschechien zurückgelegten Beitragszeiten, vgl. etwa Auskunft des tschechischen Rentenversicherungsträgers vom 19. Mai 2010, aus welcher sich die Zeiten vom 31. Dezember 1942 bis zum 05. Mai 1945, vom 01. August 1946 bis zum 30. Dezember 1947, vom 31. Dezember 1947 bis zum 30. September 1948, vom 01. November 1952 bis zum 29. April 1954, vom 15. Juni 1953 bis zum 20. August 1954 und vom 01. September 1954 bis zum 09. Juli 1969 ergaben. Sie setzte daraufhin mit Bescheiden vom 27. August 2010, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 die Altersrente des Versicherten für die Zeit ab dem 01. Juni 2002 bzw. ab dem 01. Juni 2005 neu fest, was zu Nachzahlungen i.H.v. mehr als 71.000 EUR führte. Die Rente wurde mit dem letztgenannten Bescheid auf 931,80 EUR monatlich laufend ab April 2011 festgesetzt. Hierbei wurden u.a. die Zeiten vom 01. März 1943 bis zum 08. Mai 1945 sowie ab dem 01. August 1946 bis zum 30. September 1948, vom 15. Juni 1953 bis zum 20. August 1954 sowie vom 01. August 1960 bis zum 28. Juni 1969 als FRG-Pflichtbeitragszeiten sowie die Zeiten vom 01. September 1947 bis zum 31. Dezember 1947 sowie vom 01. Januar 1948 bis zum 26. September 1952 als Zeiten der Schulausbildung, ferner die Zeit vom 01. September 1954 bis zum 02. Juli 1960 als Zeiten der Hochschulausbildung sowie die Zeit vom 01. September 1959 bis zum 02. Juli 1960 und die Zeiten vom 01. Juli 1969 bis zum 30. Juni 1988 als freiwillige Beitragszeiten zugrunde gelegt. Auch diese Bescheide enthielten Hinweise zu Mitteilungspflichten, vgl. etwa die Bescheide vom 27. August 2010 und 28. Februar 2011: "Sie müssen uns unverzüglich mitteilen, wenn Sie neben Ihrer Rente eine oder mehrere der folgenden Leistungen beantragen oder beziehen: - andere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, - vergleichbare Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden Diese Leistungen können die Höhe Ihrer Rente beeinflussen, auch nachdem Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben."
Neben dem in der Anlage 10 des Bescheids vom 14. September 2010 enthaltenen ausdrücklichen Hinweis auf die Pflicht zur Mitteilung des Bezugs jeder ausländischen Rente im Hinblick auf die Anrechnungsvorschriften des FRG heißt es u.a.: "Bezug von ausländischen Leistungen – was muss ich beachten?
Renten und vergleichbare Leistungen, die von einer Stelle außerhalb Deutschlands für Zeiten gezahlt werden, die nach Bundesrecht anzurechnen sind, können Einfluss auf die Höhe Ihrer Rente habe.
Bitte teilen Sie uns unverzüglich mit, wenn Sie eine solche Leistung beantragen oder beziehen, beziehungsweise sich die Höhe dieser Leistung ändert."
Im Rahmen des eingeleiteten zwischenstaatlichen Verfahrens Deutschland/ Tschechische Republik erhielt die Beklagte schließlich im April 2011 die Auskunft, dass der Versicherte bereits seit dem 01. Januar 1996 auch eine Rente vom tschechischen Rentenversicherungsträger bezog. Auf wiederholtes Nachfragen teilte der tschechische Rentenversicherungsträger schließlich am 05. August 2011 die Höhe der seit Januar 1996 gezahlten Rente mit. Die Beklagte nahm in der Folgezeit eine Neuberechnung der Rente vor und hörte den Versicherten mit Schreiben vom 05. Oktober 2011 zur beabsichtigten Teilrücknahme der Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 mit Wirkung vom 01. Juni 2002, zur beabsichtigten Neufestsetzung der laufenden Rente auf 666,25 EUR ab dem 01. Dezember 2011 und zur beabsichtigten Rückforderung der Überzahlung für die Zeit vom 01. Juni 2002 bis zum 30. November 2011 in Höhe von insgesamt 22.187,61 EUR an.
Die Beklagte stellte die Rente mit drei Rentenbescheiden vom 08. Dezember 2011 neu fest. Sie führte u.a. zur Begründung aus, dass nach § 31 FRG die deutsche Rente i.H.d. in Euro umgerechneten Betrags der ausländischen Rente ruhe, wenn der deutschen Rente ausländische Versicherungszeiten nach Maßgabe des FRG zugrunde lägen und diese Zeiten auch Grundlage der ausländischen Rentenleistung seien. Deckungsgleich seien in der deutschen Rente die Zeiten vom 15. Juni 1953 bis zum 20. August 1954, vom 01. September 1954 bis zum 31. August 1959 und vom 01. August 1960 bis zum 28. Juni 1969, mithin insgesamt 182 Monate berücksichtigt worden. Hieraus errechnete die Beklagte Überzahlungen für die Zeit vom 01. Juni 2002 bis zum 30. April 2004 i.H.v. 3.425,74 EUR, für die Zeit vom 01. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2004 i.H.v. 1.186,22 EUR und für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2012 i.H.v. 18.925,72 EUR. Mit einem weiteren Bescheid vom 08. Dezember 2011 nahm die Beklagte die Bescheide vom 29. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 teilweise zurück und gab dem Versicherten die Erstattung von insgesamt 23.537,68 EUR auf. Sie führte u.a. zur Begründung aus, dass der Versicherte sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er in den ihm gegenüber ergangenen Bescheiden wiederholt auf seine Mitteilungspflichten insbesondere betreffend einen ausländischen Rentenbezug hingewiesen worden sei, ohne dass er die aus Tschechien bezogene Altersrente mitgeteilt habe, die im Übrigen nach § 31 FRG auf die aus Deutschland bezogene Regelaltersrente anzurechnen sei. Auch eingedenk des der Beklagten zustehenden Rücknahmeermessens sei die Rücknahme gerechtfertigt. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten stünden nicht entgegen, zumal er vor Kurzem eine Rentennachzahlung von rund 71.700 EUR erhalten habe.
Der Versicherte erhob gegen die ihm am 14. Dezember 2011 zugestellten Bescheide am 12. Januar 2012 Widerspruch. Er führte zur Begründung aus, ihm sei 1983 ausdrücklich empfohlen worden, Beiträge nachzuentrichten, um so in den Genuss einer Rentenzahlung der deutschen Rentenversicherung zu kommen. Die tschechischen Versicherungszeiten seien der Beklagten bereits damals bekannt gewesen. Sie habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass er bei einem Bezug der tschechischen Altersrente mit einer erheblichen Rentenkürzung der deutschen Rente zu rechnen habe. Die Beklagte hätte ihn im damaligen Verwaltungsverfahren darauf hinweisen müssen, dass trotz nachentrichteter Beiträge die Rente nicht in voller Höhe an ihn ausgezahlt werde. Er hätte dann höchstwahrscheinlich von einer Beitragsnachentrichtung abgesehen und auf eine Leistung aus der Deutschen Rentenversicherung verzichtet. Hier liege ein Beratungsfehler vor. Es komme ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben. Das Vertrauen auf den Bestand der Rente und der Nachzahlung sei schutzwürdig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2012 als unbegründet zurück und führte aus, dass für die Annahme eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum sei, zumal die auf der Beitragsnachentrichtung beruhenden Beitragszeiten von der Kürzung nach § 31 FRG nicht betroffen seien. Die gesetzlichen Rücknahmefristen seien noch nicht abgelaufen.
Der Versicherte hat sein Begehren mit der am 20. April 2012 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und sein bisheriges Vorbringen vertieft. Der Beklagten falle ein erhebliches Mitverschulden zur Last, das sein etwaiges Mitverschulden völlig verdränge. Hätte die Beklagte auf einen zwischenzeitlich im Jahr 2003 gestellten Überprüfungsantrag zur Feststellung von Ghettobeitragszeiten hin die erforderlichen Ermittlungen aufgenommen, hätte sie bereits damals von der tschechischen Rente erfahren. Inzwischen habe er den Nachzahlungsbetrag und sämtliche erhaltenen Rentenzahlungen verbraucht, so dass für ihn die Rückforderung der angeblich überzahlten Beträge zudem eine unbillige Härte darstellen würde. So habe er sich u.a. einen Pkw angeschafft, der schon aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht sofort wieder verkauft werden könne; zudem sei er auf das Fahrzeug angewiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07. August 2014 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Rücknahme der Rentenbescheide sei gemäß § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) nach ordnungsgemäßer Anhörung des Versicherten rechtmäßig erfolgt. Insbesondere seien auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit erfüllt, weil die zurückgenommenen Bescheide rechtswidrig seien, indem sie entgegen § 31 Abs. 1 FRG die an den Versicherten gezahlte Altersrente vom tschechischen Rententräger nicht berücksichtigten; richtigerweise habe die dem Versicherten gewährte deutsche Altersrente i.H.d. in Euro umgerechneten Betrags geruht, der als Leistung des tschechischen Rententrägers ausgezahlt werde. Die diesbezügliche Berechnung des Rückzahlungsbetrags habe das Gericht geprüft, sei nicht zu beanstanden und sei vom Versicherten auch nicht angegriffen worden. Er könne sich nicht gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, auch wenn das Vertrauen in der Regel gemäß § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X schutzwürdig sei, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X könne sich der Begünstigte auf Vertrauen dann nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Ausgehend von der gesetzlichen Definition des Begriffs der groben Fahrlässigkeit i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 2. Hs. SGB X sei eine solche anzunehmen, wenn der Begünstigte im Rahmen seiner persönlichen Einsichts- und Kritikfähigkeit schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet habe, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsse. Bereits der Bescheid vom 06. Oktober 1995 enthalte den Hinweis, dass er auch einen Rentenbezug von einem ausländischen Träger mitzuteilen gehabt habe; dieser Hinweis sei auch für den Versicherten als juristischen Laien ohne weiteres verständlich gewesen. Insbesondere sei es ihm auch erkennbar gewesen, dass ein Unterschied zwischen in Tschechien zurückgelegten Zeiten und einem tatsächlichen Rentenbezug aus Tschechien gebe. Es sei wenig glaubhaft, dass die Bedeutung eines tatsächlichen Rentenbezugs aus Tschechien nicht Gegenstand der seit den 1970er Jahren, insbesondere aber seit der Mitte der 1990er Jahre erfolgten durchgehenden anwaltlichen Beratung gewesen sein solle. Schließlich sei Sinn und Zweck des FRG, den Bezug einer deutschen Rente aufgrund von im Ausland zurückgelegten Zeiten zu ermöglichen, wobei - in Anbetracht der politischen Situation vor 1989 zu Recht – grundsätzlich davon ausgegangen worden sei, dass die tschechische Rente nicht in das Ausland gezahlt werde. Offensichtlich habe der deutsche Gesetzgeber jedoch nicht aufgrund einer im Ausland zurückgelegten Rentenzeit eine zweite Rente gewähren wollen, für die zumal nie Beiträge zur deutschen Rentenversicherung gezahlt worden sein. Dem trage § 31 FRG Rechnung. Soweit der Versicherte einen Beratungsfehler geltend mache, sei bereits nicht zu erkennen, aufgrund welcher Rechtsfolge dies zu einem Vertrauensschutz führen könne. Ein etwaiger sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei immer nur auf die Herstellung eines rechtmäßigen Zustands gerichtet. Der Versicherte begehre hier vorliegend jedoch eine Nichtanwendung von § 31 FRG und damit einen rechtswidrigen Zustand. Fernliegend sei etwa auch, dass ihn im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur Nachentrichtung von Beiträgen eine deutsche FRG-Rente auch parallel zu einer tschechischen Rente zugesichert worden sein könne. Es fehle hierfür bereits an der erforderlichen Schriftform. Schließlich stünden auch etwaige Fristen gemäß § 45 Abs. 3 und 4 SGB X der Rücknahme nicht entgegen. Sie sei im Dezember 2011 und mithin innerhalb der Jahresfrist gemäß § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X nach Kenntnis des tschechischen Rentenbezugs im April 2011 erfolgt. Auch die Zweijahresfrist gemäß § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X ab Erlass der zurückgenommenen Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 sei gewahrt. Auf die Geltung der Zehnjahresfrist gemäß § 45 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB X komme es von daher nicht an. Ermessensfehler der Beklagten für die Rücknahme des Bescheids für die Zukunft und Vergangenheit seien nicht ersichtlich. Soweit der Versicherte sich auf ein Mitverschulden der Beklagten im Hinblick auf den Überprüfungsantrag von 2003 berufe, greife dies nicht durch. Es sei bereits rein hypothetisch, ob im Zuge einer anderen Bearbeitung des Überprüfungsantrags der Bezug der tschechischen Rente früher erkannt worden wäre. Jedenfalls habe den Versicherten seit 1996 eine gesetzliche Pflicht getroffen, den Rentenbezug aus Tschechien der Beklagten mitzuteilen. Bereits die Verletzung dieser Pflicht überlagere ein etwaiges fehlerhaftes Verwaltungshandeln im Jahr 2003 und schließe entsprechend ein rechtlich relevantes Mitverschulden aus.
Der Versicherte hat gegen das ihm am 18. August 2014 zugestellte Urteil am 17. September 2014 Berufung eingelegt. Nach seinem Tod hat die Klägerin mit Schreiben vom 27. April 2015 die Fortführung des Verfahrens angezeigt. Sie weist darauf hin, dass die Altersrente des Versicherten aufgrund der Vorschriften des ZRBG-Änderungsgesetzes ab 1997 neu zu berechnen und ein entsprechender Betrag nachzuzahlen sei.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. August 2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 08. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16. März 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und legt Probeberechnungen zur Neufeststellung der Rente ab dem 01. Juli 1997 vor, aus welchen sich voraussichtliche Nachzahlungen von 3.582,23 und 2.360,44 EUR ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide vom 08. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16. März 2012 sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) nicht.
Die Aufhebungsentscheidung der Beklagten ist an § 45 SGB X zu messen. Nach dieser Vorschrift darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X), wobei Schutzwürdigkeit in der Regel dann vorliegt, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte allerdings dann nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X). In diesen Fällen wird der Verwaltungsakt nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Rücknahme für die Vergangenheit ist nur innerhalb der in Abs. 3 der Vorschrift genannten Fristen möglich, d.h. gemäß Satz 1 kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt nach Abs. 2 grundsätzlich nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Abweichend hiervon kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung u.a. nach Abs. 2 bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 gegeben sind. Nach Abs. 4 Satz 2 derselben Vorschrift muss die Behörde dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Zutreffend ging die Beklagte von der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 aus. Dies ergibt sich aus § 31 Abs. 1 S. 1 FRG. Nach dieser Vorschrift ruht, wenn dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder an Stelle einer solchen eine andere Leistung gewährt wird, die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrags, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird. Eben so liegt es hier. Die Beklagte stellte gegenüber dem Versicherten mit den vorgenannten Bescheiden die Rente aufgrund von Zeiten neu fest, aufgrund derer er zeitgleich eine Rente vom tschechischen Rentenversicherungsträger bezog. Dies wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz des Versicherten berufen. Zwar mag er tatsächlich auf den Bestand der vorgenannten Bescheide vertraut haben. Dieses Vertrauen ist jedoch unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig, selbst wenn man nach dem Vorbringen des Versicherten davon ausgehen würde, dass er die erbrachten Rentenleistungen, jedenfalls die beträchtlichen Nachzahlungen verbraucht hatte. Es liegen mit § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und 3 SGB X den Vertrauensschutz ausschließende Tatbestände vor. Der Versicherte machte vor der Rentenneufeststellung mit den vorgenannten Bescheiden zumindest grobfahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben; ferner kannte er die Rechtswidrigkeit der Rentenneufeststellung oder kannte sie lediglich infolge grober Fahrlässigkeit nicht, wobei das Gesetz die grobe Fahrlässigkeit mit der Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonderes schwerem Maße definiert, § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 Hs. 2 SGB X. Im Sinne der Vorschrift verhält sich mithin grob fahrlässig, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Juni 1987 - 7 RAr 105/85 –, zitiert nach juris Rn. 18). Dabei ist nicht ein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten der Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen (BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R –, zitiert nach juris Rn. 24). Bezugspunkt für das grobfahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde (vgl. Urteil des BSG vom 08. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R -, zitiert nach juris Rn. 23). Das bedeutet allerdings nicht, dass der Begünstigte die Rechtswidrigkeit der erfolgten "Überzahlung" nach Heller und Pfennig gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt haben muss (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R –, zitiert nach juris Rn. 21). Die Beteiligten im Sozialrechtsverhältnis sind verpflichtet, sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren. Dies wird im vorliegenden Fall insbesondere anhand § 31 Abs. 2 FRG deutlich, wonach der Berechtigte dem zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen unverzüglich anzuzeigen hat, wenn ihm eine der in Absatz 1 genannten Stellen eine Rente oder eine andere Leistung gewährt. Daher ist der Adressat eines Verwaltungsakts rechtlich gehalten, einen ihm günstigen Bewilligungsbescheid auch zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. Urteil des BSG vom 08. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R -, zitiert nach juris Rn. 25). Die Unkenntnis ist mithin grob fahrlässig, wenn der Adressat, hätte er den Bewilligungsbescheid gelesen und zur Kenntnis genommen, auf Grund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (vgl. Urteil des BSG vom 26. August 1987 - 11a RA 30/86 -, zitiert nach juris Rn. 19). Davon ist bei Fehlern auszugehen, die sich erstens aus dem begünstigenden Verwaltungsakt selbst oder anderen Umständen ergeben und zweitens für das Einsichtsvermögen des Betroffenen ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. Urteil des BSG vom 08. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R -, zitiert nach juris Rn. 23, 28).
Hiervon ausgehend ist der Senat im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu fordernden Maße eines Vollbeweises davon überzeugt, dass dem Versicherten der Vorwurf zumindest der groben Fahrlässigkeit gemacht werden muss, sei es dass er grobfahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben machte oder die Rechtswidrigkeit der vorgenannten Bescheide kannte oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt haben sollte. Hieran bestehen wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine vernünftigen Zweifel. Dem Versicherten als Bezieher einer tschechischen Rente musste sich aufdrängen, dass wegen derselben rentenrechtlichen Zeiten eine Rentengewährung durch die Beklagte nicht in Frage kommen konnte, zumal er nicht nur im Rentenbescheid vom 06. Oktober 1995 sondern auch im Bescheid der Beklagten vom 27. August 2010 mit dem Passus "Sie müssen uns unverzüglich mitteilen, wenn Sie neben Ihrer Rente eine oder mehrere der folgenden Leistungen beantragen oder beziehen: - andere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, - vergleichbare Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden Diese Leistungen können die Höhe Ihrer Rente beeinflussen, auch nachdem Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben."
und im Bescheid der Beklagten vom 14. September 2010, in welchem es u.a. heißt:
"Bezug von ausländischen Leistungen – was muss ich beachten?
Renten und vergleichbare Leistungen, die von einer Stelle außerhalb Deutschlands für Zeiten gezahlt werden, die nach Bundesrecht anzurechnen sind, können Einfluss auf die Höhe Ihrer Rente habe.
Bitte teilen Sie uns unverzüglich mit, wenn Sie eine solche Leistung beantragen oder beziehen, beziehungsweise sich die Höhe dieser Leistung ändert.", sowie in der Anlage 10 dieses Bescheides
noch mehrmals explizit auf die rentenrechtlichen Zusammenhänge hingewiesen wurde. Mit dem Bildungshintergrund eines Arztes und der jahrzehntelangen, durchgehend anwaltlich begleiteten Rentenverfahrensgeschichte, in der es vor allem um die Feststellung der außerhalb Deutschlands zurückgelegten, insbesondere tschechischen Zeiten ging, wäre nahezu jedem in der Person des Versicherten klar gewesen, dass sich neben dem Rentenbezug aus der tschechischen Rentenversicherung nicht noch ein weiterer vom deutschen Rentenversicherungsträger denken lässt. Jedenfalls beruhte die Neufeststellung der Rente mit Bescheiden vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 auf zumindest grob fahrlässig falschen Angaben des Versicherten. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hier abgesehen, weil die – hierzu nicht weiter begründete – Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG.
Soweit hier mithin die Rücknahmevoraussetzungen bei fehlendem Vertrauensschutz gegeben sind, ergibt die nach § 54 Abs. 2 S. 2 SGG gebotene gerichtliche Überprüfung des nach § 45 Abs. 1 ("darf") SGB X eröffneten Ermessens, dass die Beklagte dieses in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise – fehlerfrei - ausübte. Auch hier wird angesichts der zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG zunächst abgesehen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch der Umstand, dass die Beklagte bei ihrer Ermessensausübung ein Mitverschulden bzgl. des Erlasses der rechtswidrigen Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 nicht in ihre Ermessenserwägungen mit einbezog, keinen Ermessensfehler begründet. Dabei kann - so, wie vom SG im angefochtenen Urteil ausgeführt - in der Tat von vornherein kein im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigender Umstand in der Verfahrensweise der Beklagten gesehen werden, dass sie einen Überprüfungsantrag aus dem Jahr 2003 nicht zeitnah zu Anlass für Ermittlungen nahm, in deren Rahmen möglicherweise der Rentenbezug aus Tschechien aufgedeckt worden wäre. In Fällen wie dem vorliegenden, in dem wohl allenfalls ein normaler Verwaltungsfehler feststellbar ist und sich der Versicherte außerdem vorwerfbar i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X verhielt, stellt ein eigener Fehler der Verwaltung keinen Umstand dar, der bei der Ermessensausübung in die Interessenabwägung eingestellt (sodann zutreffend gewichtet und bei der Herstellung eines angemessenen Interessenausgleichs entsprechend berücksichtigt) werden müsste (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 14/11 R –, zitiert nach juris Rn. 35). Fehler der Verwaltung stellen den Regelfall der Anwendung des § 45 SGB X dar; nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu dieser Aufhebungsvorschrift soll ein solchermaßen von der Behörde verursachter rechtswidriger Zustand grundsätzlich - unter näher bestimmten Voraussetzungen - auch wieder beseitigt werden können. Würde jeder im Bereich der Verwaltung auftretende Fehler zu einem schutzwürdigen Vertrauen des durch den Verwaltungsakt Begünstigten führen, bedürfte es der Norm des § 45 SGB X letztlich gar nicht; eine solche Konstruktion liefe der Zielsetzung des § 45 SGB X, einen rechtswidrigen Zustand auch wieder beseitigen zu können, zuwider. Kann also wegen dieser Ausrichtung des § 45 SGB X ein normaler Fehler der Verwaltung allein in Anwendung von § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X die Annahme schutzwürdigen Vertrauens des Begünstigten in den Fortbestand eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nicht rechtfertigen, so muss das umso mehr gelten, wenn in den Fällen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X zu der Verantwortlichkeit der Behörde für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eine solche des Begünstigten hinzutritt; § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ordnet in solchen Fällen den Ausschluss von Vertrauensschutz explizit an, weil der Begünstigte (gerade) im Hinblick auf sein vorwerfbares Verhalten die ohne Rechtsgrund erbrachte Leistung nicht soll behalten dürfen. Der Gesetzgeber bestimmt - bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen - auf der Ebene der Vertrauensschutzabwägung die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts als regelmäßige Rechtsfolge. Legt § 45 SGB X in Fällen wie dem vorliegenden (= normaler Fehler der Verwaltung und vorwerfbares Verhalten des Begünstigten i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X) durch die Versagung von Vertrauensschutz tatbestandlich die Erreichung eines bestimmten Ergebnisses, nämlich die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nahe, so kann der Verwaltungsfehler nicht auf der (späteren) Ebene der Interessenabwägung im Rahmen der Ermessensausübung gleichwohl zu Gunsten des ursprünglich Begünstigten berücksichtigt werden (BSG, a.a.O., Rn. 37 f.).
Die in § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X geregelte zeitliche Begrenzung der Rücknahme auf zwei Jahre nach der Bekanntgabe der zurückzunehmenden Verwaltungsakte wurde vorliegend eingehalten. Denn die Beklagte nahm die Bescheide vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 bereits mit Bescheiden vom 08. Dezember 2011 zurück.
Die Beklagte wahrte bei alldem auch die sog. Jahres-Frist für eine rückwirkende Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte, vgl. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, nachdem der tschechische Rentenversicherungsträger ihr erst mit seiner Auskunft vom 05. August 2011 die Zahlbeträge aus der tschechischen Rentenversicherung mitteilte und sie erst so über die die Rücknahme der Verwaltungsakte vom 27. August, 14. September 2010 und 28. Februar 2011 rechtfertigenden Tatsachen vollständig in Kenntnis setzte, weil die Ruhensregelung des § 31 Abs. 1 S. 1 FRG eben auf die Zahlung aus einer anderen Rentenversicherung abstellt.
Nach alldem erweist sich auch die in den angefochtenen Bescheiden enthalte Rückforderung bzw. Erstattung als rechtmäßig. Die Voraussetzungen der hierfür einzig in Betracht zu ziehenden Ermächtigungsgrundlage aus § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X liegen vor, wonach, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Da die in den Bescheiden der Beklagten vom 08. Dezember 2011 enthaltene Teilaufhebung der vorgenannten Verwaltungsakte mit dem vorliegenden Urteil nicht aufgehoben worden ist, bewendet es bei der sich hieraus ergebenden, rechnerisch bzw. betraglich von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Erstattung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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