Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3641/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Anerkennung eines Ohrgeräusches (Tinnitus) als Unfallfolge setzt nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen den Nachweis unfallbedingter Begleitstörungen des Innenohrs i.S.v. Hörminderung und/oder Schwindel voraus. Den isolierten unfallbedingten Tinnitus gibt es nicht.
2. Zur Ablehnung eines Beweisantrags gem. § 109 SGG mangels Nachweises der Bereitschaft des als Sachverständigen benannten Arztes, das Gutachten innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen (Bestätigung des Urteils der Kammer vom 23.03.2017 - S 1 SB 2687/16 - ).
2. Zur Ablehnung eines Beweisantrags gem. § 109 SGG mangels Nachweises der Bereitschaft des als Sachverständigen benannten Arztes, das Gutachten innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen (Bestätigung des Urteils der Kammer vom 23.03.2017 - S 1 SB 2687/16 - ).
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls, um die Dauer unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungs-bedürftigkeit und um die Gewährung von Verletztenrente.
Der 19xx geborene, seit Januar 20xx als Kundenberater eines Versicherungsunternehmens beschäftigte Kläger erlitt am 17.09.2014 einen Arbeitsunfall: Auf dem Rückweg von einem Kunden und der Fahrt zu einem weiteren Kunden musste er an einer Ampel verkehrsbedingt anhalten, als ein anderes Fahrzeug von hinten auf seinen Pkw auffuhr. Am Unfallfolgetag suchte der Kläger den Orthopäden Dr. H. auf und klagte über Schmerzen im Nacken und Rücken und ein Ziehen im rechten Bein. Dr. H. erhob einen Muskelhartspann, Kopfschmerzen, eine schmerzhafte Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Lumboischialgie-Schmerzen rechts und eine Stauchung von Wirbelsäule und des Beckens. Die Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule in zwei Ebenen belegte eine Steilstellung ohne Fraktur- oder Instabilitätszeichen. Dr. H. diagnostizierte als Gesundheitsstörungen Kopfschmerzen, Muskelhärte und eine HWS-Distorsion. Die Erstversorgung erfolgte mittels Zervikalstütze und Medikamenten gegen Muskelverspannungen und Schmerzen (vgl. H-Arzt-Bericht vom 18.09.2014). Am 14.10.2014 begab sich der Kläger in Behandlung der HNO-Ärztin Dr. M ... Diese diagnostizierte einen beidseitigen Tinnitus und Schwindel und äußerte den Verdacht auf eine Contusio labyrinthi. Der von ihr erhobene Ohrenbefund war beidseits "o.B." (vgl. HNO-Arztbericht vom 14.10.2014). In ihrer Auskunft vom 10.11.2014 teilte Dr. M. der Beklagten mit, der Kläger berichte seit dem Unfallereignis u.a. über ein beidseitiges Ohrensausen und Pfeifen, links etwas stärker ausgeprägt als rechts; er empfinde die Ohrgeräusche als sehr störend (Schlafstörungen). Aktuell finde insoweit keine Therapie ihrerseits mehr statt. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund des Tinnitusleidens bewertete Dr. M. mit 10 v.H ...
Im Rahmen der weiteren Sachaufklärung zog die Beklagte Behandlungsunterlagen der HNO-Klinik des S. Klinikums K-Stadt (Behandlung dort wegen Neuropathia vestibularis links im Juli 2009), das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK K-Stadt (u.a. Behandlung wegen Tinnitus aurium im April 2014) sowie das von Dr. M. am 12.12.2014 erstellte Ton- und Sprachaudiogramm bei. Außerdem holte sie Befundberichte des Neurologen Dr. R. und des Dr. H. ein. Ein von diesem veranlasstes MRT des Neurocraniums ergab keinen krankhaften Befund (vgl. Arztbrief des Radiologen Dr. F. vom 19.01.2015). Zur Feststellung von Art und Ausmaß der Unfallfolgen ließ die Beklagte den Kläger sodann durch den HNO-Arzt Dr. G. und den Orthopäden Dr. C. untersuchen und begutachten. Dr. G. diagnostizierte als Gesundheitsstörungen eine Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits bei ton- und sprachaudiometrisch nachgewiesener Normalhörigkeit und einen chronischen Tinnitus mit psychovegetativen Begleiterscheinungen. Das Unfallereignis vom September 2014 sei mit Wahrscheinlichkeit Ursache oder wesentliche Teilursache des Tinnitusleidens. Die unfallbedingte MdE hierfür bewertete Dr. G. mit 10 v.H ... Bei der Untersuchung und Begutachtung durch Dr. C. gelang die Rotation der Halswirbelsäule beidseits bis 60° und die Seitneigung bis jeweils 40°. Die Vor- und Rückbeugung des Kopfes konnte der Kläger bis zu einem Kinn-Brustbein-Abstand von 0/17 cm verrichten. Bei der Rumpfbeuge nach vorn verblieb ein Finger-Boden-Abstand von 13 cm. Dr. C. erhob ein Ott’sches-Zeichen von 30/31,5 cm und ein Schober’sches-Zeichen von 10/14,5 cm. Das Nervendehnungszeichen nach Lasègue war beidseits negativ. Die Nachbefundung der von Dr. H. am 18.09.2014 angefertigten Röntgenbilder der Halswirbel-säule ergab eine Steilstellung ohne knöchernen Verletzungsbefund und ohne Hinweise auf eine ventrale oder dorsale Instabilität. Auch bei der Nachbefundung von Röntgenbildern der Lendenwirbelsäule objektivierte Dr. C. einen im Wesentlichen unauffälligen Befund und diagnostizierte als Gesundheitsstörungen ein myalgisches HWS-Syndrom und rezidivierende Lumbalgien mit lumbalen und/oder thorakalen Blockierungen, jeweils ohne sensomotorische Ausfälle der Extremitäten und ohne relevante Funktionseinschränkung. Durch das Unfallereignis habe der Kläger eine Distorsion I. Grades der Hals- und wahrscheinlich auch der Lendenwirbelsäule erlitten. Die geklagten Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule ließen sich jedoch nicht mehr mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen, weil keine substantiellen Schäden zu objektivieren seien, die eine derart lange Beschwerdedauer plausibel erklären könnten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe längstens bis zum 09.11.2014 bestanden. Eine messbare MdE auf seinem Fachgebiet sei nicht verblieben.
Gestützt auf diese Gutachten und eine beratungsärztliche Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. J. anerkannte die Beklagte das Unfallereignis als Arbeitsunfall und als dessen Folge
"Folgenlos ausgeheilte Distorsion der Hals- und Lendenwirbelsäule."
Keine Folgen des Arbeitsunfalls, und zwar weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung, seien eine Hochton-Innenohrschwerhörigkeit beidseits und ein chronischer Tinnitus des linken Ohres mit psychovegetativen Begleiterscheinungen: Der Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen, diese Gesundheitsstörungen zu bewirken. Für die Anerkennung eines traumatischen Tinnitus als Unfallfolge sei schon ein geeigneter Gesundheitserstschaden nicht erwiesen. Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Tinnitus und einem Arbeitsunfallereignis begründe keinen ursächlichen Zusammenhang. Unfallbedingte Arbeits¬unfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 09.11.2014 bestanden. Anspruch auf Verletztenrente habe der Kläger nicht, weil seine Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Eintritt des Versicherungsfalls hinaus nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei (Bescheid vom 22.09.2015).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, die Unfallfolgen im Bereich der Wirbelsäule seien nicht folgenlos ausgeheilt. Zu Unrecht habe die Beklagte auch die Anerkennung seines Tinnitus links mit psychovegetativen Begleiterscheinungen und die chronischen Schwindelanfällen als Unfallfolgen versagt. Seit Ende März 2015 befinde er sich in psychotherapeutischer Behandlung. Außerdem habe er wegen seiner Wirbelsäulenbeschwerden eine stationäre Schmerztherapie durchgeführt. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit hätten daher über dem 09.11.2014 hinaus bestanden. Zu Unrecht habe die Beklagte weiter einen Anspruch auf Verletztenrente versagt. Zur Stützung seines Widerspruchsbegehrens legte der Kläger das Attest des Psychologischen Psychotherapeuten S. vor.
Die Beklagte veranlasste weitere Untersuchungen und Begutachtungen des Klägers durch den HNO-Arzt Dr. Z. und den Orthopäden Prof. Dr. Sch.: Dr. Z. gegenüber gab der Kläger u.a. an, der Unfall sei "eigentlich kein schwerer Unfall" gewesen. Er sei danach aus seinem Fahrzeug gestiegen und habe mit dem Unfallverursacher "das Ganze geregelt". Danach habe er noch einen weiteren Kundentermin wahrgenommen. In Auswertung der von ihm erhobenen Befunde und unter Einbeziehung des vom Kläger überreichten Attestes des Allgemeinmediziners Dr. W. führte Dr. Z. zusammenfassend aus, durch den Arbeitsunfall sei es nicht mit Wahrscheinlichkeit zu einem wesentlichen unfallbedingten Innenohrgeschehen gekommen. Bereits im November 2011 habe Dr. W. den Kläger wegen einer Hörstörung und Schwindel behandelt. Im Juli 2013 habe der Kläger diesem gegenüber einen durch Stress vermehrten Tinnitus angegeben; Dr. W. habe den Kläger außerdem im April 2014 wegen verstärkter Ohrgeräusche erneut behandelt. Damit habe bereits vor dem Arbeitsunfallereignis eine Tinnitussymptomatik vorgelegen. Weiter erfordere ein traumatischer Tinnitus den Nachweis anderer objektivierbarer Störungen des Innenohrs. Solche seien indes nicht nachzuweisen. Denn die vestibuläre Gleichgewichtsdiagnostik habe einen Normalbefund ergeben; das Hörvermögen des Klägers sei nicht altersübersteigernd gemindert. Auf seinem Fachgebiet lägen mithin keine Unfallfolgen vor. Das Unfallereignis habe auch nicht zu einer Verschlimmerung vorbestehender Gesundheitsstörungen geführt. Prof. Dr. Sch. legte zusammenfassend dar, er habe keine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule und keine neurologische Defizite objektiviert. Beschwerden bestünden allein bei endgradigen Rotations- und Inklinationsbewegungen. Unmittelbare Unfallfolgen seien eine HWS-Distorsion Grad I und eine Prellung der Lendenwirbelsäule. Beide Gesundheitsstörungen heilten nach ärztlichen Erfahrungen innerhalb von vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Symptome wie überdauernder Schwindel, Tinnitus und Schlaf- oder Konzentrationsstörungen seien für eine HWS-Distorsion Grad I untypisch. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit auf seinem Fachgebiet habe für etwa eine Woche vorgelegen, Behandlungsbedürftigkeit bis allenfalls sechs Wochen nach dem Unfallereignis. Darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2016).
Deswegen hat der Kläger am 26.10.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er unter Wiederholung seines Widerspruchsvorbringens sein Begehren weiterverfolgt.
Mit Schriftsatz vom 19.01.2017 hat der Kläger beantragt, gemäß § 109 des Sozialgerichts-gesetzes (SGG) auf sein Kostenrisiko ein medizinisches Sachverständigengutachten bei Prof. Dr. P. , K-Stadt, einzuholen. Mit Verfügung vom 23.01.2017 hat die Kammer dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten die Auflagen erteilt, bis zum 17.02.2017 einen näher bezeichneten Kostenvorschuss einzuzahlen, eine von ihm unterschriebene Kostenverpflichtungserklärung zurückzusenden und durch geeignete Unterlagen die Bereitschaft der als Sachverstän¬dige benannten Ärztin nachzuweisen, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtenauftrags zu erstellen und vorzulegen. Innerhalb der Frist hat der Kläger zwar den Kostenvorschuss einbezahlt und die Kostenverpflichtungserklärung vorgelegt, nicht jedoch die Bereitschaftsanzeige von Prof. Dr. P ...
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 22. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, "Distorsion der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Schwindelattacken, chronischer Tinnitus mit psychovegetativen Begleiterscheinungen, Somatisierungsstörungen, Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen sowie Ein- und Durchschlafstörungen" als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. September 2014, außerdem unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit über den 09. November 2014 hinaus anzuerkennen und ihm wegen der Unfallfolgen Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren, hilfsweise gemäß § 109 SGG bei Prof. Dr. P. , K-Stadt, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 4 und § 56 SGG zulässig (zum Wahlrecht eines Unfallversicherten, den Anspruch auf Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder einer Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage zu verfolgen: BSG SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, Rdnr. 12 m.W. N.) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder sind weitere Gesundheitsstörungen als Folge des streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignisses anzuerkennen (dazu nachfolgend unter 3.) noch war der Kläger über den 09.11.2014 hinaus unfallbedingt arbeitsunfähig und/oder behandlungsbedürftig (dazu nachfolgend unter 4.). Er hat wegen der Folgen des Arbeitsunfalls auch keinen Anspruch auf Verletztenrente (dazu nachfolgend unter 5).
1. Dass der Kläger am 17.09.2014 auf einem sogenannten Betriebsweg (vgl. hierzu BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R -, Rdnr. 20 m.W. N. (juris) und Wagner in jurisPK-SGB VII, Stand 30.06.2016, § 8, Rdnr. 78 m.W. N.) bei seiner versicherten Tätigkeit als Kundenberater (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 22.09.2015 ausdrücklich anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht nicht umstritten.
2. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften des SGB VII und unter Beachtung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Anspruch auf Heilbehandlung, einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 27 ff SGB VII) sowie auf Geldleistungen u.a. in Form von Verletztenrente (§ 56 SGB VII). Die Gewährung von Verletztenrente setzt voraus, dass die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
a) Dies setzt voraus, dass Schäden, die zu einer Erwerbsminderung geführt haben, "infolge" Versicherungsfalls entstanden sind. Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen deshalb (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). "Hinreichend wahrscheinlich" bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R (= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17) und B 2 U 26/04 R (= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff)) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist dabei nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen "Erfolg" rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als "wesentlich" anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache "der Erfolg" eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht "wesentlich" und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als "Gelegenheitsursache" oder "Auslöser" bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden.
3.1. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, weitere Gesundheitsstörungen als Folge des Arbeitsunfalls vom 17.09.2014 anzuerkennen. Für diese Überzeugung stützt sich die Kammer auf die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen der Dres. Z. und C. und des Prof. Dr. Sch., deren Gutachten sie im Wege des Urkundenbeweises (vgl. BSG vom 08.12.1988 - 2/9b RU 66/87 -, Rdnr. 17 und LSG Baden-Württemberg vom 25.08.2016 - L 6 VG 3508/12, Rdnr. 61 (jeweils juris)) verwertet, hinsichtlich der erhobenen Befunde auf HNO-fachärztlichem Gebiet ferner auf das ebenfalls urkundenbeweislich verwertete Gutachten von Dr. G. und das Attest des Allgemeinmediziners Dr. W. vom 15.12.2015.
a) Auf orthopädischem Fachgebiet hat das Unfallereignis mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch., deren - im Ergebnis - übereinstimmenden Darlegungen sich die Kammer nach eigener kritischer Würdigung anschließt, eine folgenlos ausgeheilte Distorsion der Halswirbelsäule I. Grades und eine allenfalls leichte Prellung der Lendenwirbelsäule bewirkt. Dies belegen bereits die von Dr. H. am Unfallfolgetag erhobenen Befunde im Sinne eines Muskelhartspanns, von Kopfschmerzen, einer schmerzhaften Beweglichkeit der Halswirbelsäule und von Schmerzen im Lendenwirbelsäulen- und Beckenbereich. Die an diesem Tag erhobenen Röntgenbefunde ergaben keinen Hinweis auf strukturelle Unfallschäden, insbesondere keine Frakturzeichen oder Instabilitäten. Eine unfallbedingte Dissektion (= Verletzung) der Halsgefäße hat Dr. R. bei der Untersuchung am 08.12.2014 ebenfalls ausgeschlossen. Auch das Kernspintomogramm des Neurocraniums war unauffällig und ohne Hinweis auf einen raumfordernden, entzündlichen oder ischämischen Prozess oder sonstige krankhafte Veränderungen, wie sich aus dem Arztbrief des Radiologen Dr. F. vom 19.01.2015 ergibt. Überdauernde Funktionseinschränkungen der Hals-, Brust- oder Lendenwirbelsäule haben oder substantielle Wirbelsäulenschäden Dr. C. und Prof. Dr Sch. nicht objektiviert. Vielmehr lagen die von ihnen erhobenen Bewegungsausmaße in allen Wirbelsäulenabschnitten innerhalb der physiologischen Normwerte und bestanden auch keine neurologischen Defizite der oberen und/oder unteren Extremitäten. Mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch., deren übereinstimmenden Darlegungen sich die Kammer auch insoweit anschließt, waren die HWS-Distorsion und die Prellung der Lendenwirbelsäule nach allgemeinen ärztlichen Erfahrungen nach vier bis längstens sechs Wochen folgenlos ausgeheilt.
b) Gesundheitsstörungen auf HNO-fachärztlichem Gebiet in Form eines chronischen Tinnitus links mit psychovegetativen Begleiterscheinungen (Somatisierungsstörungen, Belastungs¬reaktion, Anpassungsstörungen sowie Ein- und Durchschlafstörungen) sind ebenfalls nicht als weitere Unfallfolgen anzuerkennen. Denn der Tinnitus ist nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Ereignis vom 17.09.2014 zurückzuführen. Insoweit fehlt es bereits am Nachweis eines unfallbedingten Gesundheitserstschadens. Mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch. hat der Kläger - wie oben unter 3.1. a) bereits ausgeführt, unfallbedingt eine HWS-Distorsion Grad I erlitten. Diese Gesundheitsstörung geht nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. Sch. anfangs zwar mit Schmerzen der Halsmuskulatur und gegebenenfalls begleitenden Bewegungseinschränkungen einher, wobei zumeist ein symptomfreies Intervall auftritt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 480 ff). Symptome wie persistierender Schwindel, Tinnitus, Schlaf- oder Konzentrationsstörungen sind hierfür indes mit Prof. Dr. Sch. untypisch.
Gegen die Wahrscheinlichkeit eines unfallbedingten Tinnitus und daraus resultierenden unfallbedingten psychovegetativen Begleitschäden spricht mit Dr. Z. außerdem der Umstand, dass der Kläger bereits zeitlich deutlich vor dem Unfallereignis am 17.09.2014, nämlich schon im November 2011, bei Dr. W. u.a. wegen Schwindelerscheinungen und im Juni 2013 und erneut im April 2014 auch wegen Tinnitusbeschwerden in Behandlung stand. Als Ursache der Tinnitusbeschwerden gab der Kläger Dr. W. gegenüber seinerzeit "Stress" an, wie sich aus dessen Attest vom 15.12.2015 ergibt. Diese Umstände belegen, dass die Tinnitus-Symptomatik mit Schwindelerscheinungen schon vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall bestand.
Überdies setzt ein traumatischer Tinnitus nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Dr. Z. voraus, dass gleichzeitig andere unfallbedingte Störungen des Innenohrs (Hörminderung, Schwindel) objektivierbar sind (vgl. hierzu u.a. LSG Baden-Württemberg vom 28.01.2011 - L 8 U 1205/10 -, Rdnr. 27, LSG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2014 - L 3 U 57/11 -, Rdnr. 29 f. und LSG Schleswig-Holstein vom 14.04.2015 - L 1 U 168/03 -, Rdnr. 33 f. (jeweils juris); ferner Feldmann/Brusis, Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes, 7. Aufl. 2012, S. 361, 364 und 370). Dies entspricht auch den Erfahrungen des erkennenden Gerichts aus vergleichbaren Unfallversicherungsrechtstreitigkeiten (vgl. zuletzt Urteil vom 24.02.2017 - S 1 U 175/15 - (nicht veröffentlicht)). Bei der Untersuchung durch die HNO-Ärztin Dr. M. am 14.10.2014, mithin zeitnah nach dem Unfallereignis, war der Befund an beiden Ohren indes normal ("o.B."). Auch die Dres. G. und Z. konnten bei ihren Untersuchungen und Begutachtungen des Klägers keine unfallbedingte Schädigung des Innenohrs objektivieren: Weder fand sich eine Hörminderung, die das altersphysiologische Ausmaß überschreitet, noch ergab die Gleichgewichtsdiagnostik einen krankhaften Befund. Insbesondere die von beiden Ärzten durchgeführten ton- und sprachaudiometrischen Untersuchungen des Hörvermögens erbrachten keinen messbaren Hörverlust. Typisch für ein traumatisches Tinnitusleiden ist außerdem dessen Ansiedlung im tief- bis mittelfrequenten Bereich (vgl. hierzu LSG Schleswig-Holstein vom 14.04.2005 - L 1 U 168/03 -, Rdnr. 33 (juris) und Urteil des erkennenden Gerichts vom 19.10.2015 - S 1 U 3219/14 - (unveröffentlicht)). Das linksseitige Ohrgeräusch des Klägers ist indes nach den übereinstimmenden Darlegungen der Dres. G. und Z. bei 4 kHz, mithin im Hochtonbereich, zu lokalisieren.
Weiter entspricht es medizinisch-wissenschaftlichem Erkenntnisstand, dass zwar nach einer - hier nicht nachgewiesenen - commotio labyrinthi ein Innenohrschaden im Sinne einer Hochtonsenke mit Begleittinnitus auftreten kann. Auch in diesem Fall ist jedoch ein alleiniger Tinnitus ohne gleichzeitigen Hörverlust nicht erklärbar. Letzteres gilt erst recht bei einem HWS-Beschleunigungstrauma, weil keine neuroanatomischen Verbindungen zwischen der Halswirbelsäule, insbesondere den Kapseln der Kopfgelenke, und den Cochleariskernen existieren bzw. nur schwer nachzuweisen sind (vgl. Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 370 m.W. N.).
Soweit Dr. G. gleichwohl das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit als Ursache oder zumindest als Teilursache des Tinnitusleidens des Klägers erachtet, folgt ihm das erkennende Gericht aus den vorgenannten Gründen nicht. Ein - angesichts der Vorbehandlungen bei Dr. W. ohnedies nicht gegebener - rein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem versicherten Unfallereignis und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen reicht nämlich nicht aus, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs im Rechtssinn zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 und Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 (jeweils juris)).
Das Unfallereignis vom 17.09.2014 hat auch nicht zu einer Verschlimmerung des vorbestehenden Tinnitus geführt, weil eine unfallbedingte Verschlimmerung ebenfalls mit einer nachweisbaren akuten Hörminderung hätte einhergehen müssen, wie Dr. Z. auch insoweit zutreffend dargelegt hat. Eine unfallbedingte Hörminderung ist indes weder durch die Arztbriefe und Berichte der HNO-Ärztin Dr. M. noch durch die von den Dres. G. und Z. erhobenen Befunde und Krankheitsäußerungen belegt. Im Übrigen ließe sich eine Verschlimmerung eines vorbestehenden Tinnitus audiometrisch auch nicht messen (vgl. Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 371).
c) Die vom Kläger geltend gemachten psychischen Begleiterscheinungen sind auch im Übrigen nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfallereignisses vom 17.09.2014. Denn dieses war zur Überzeugung der Kammer schon dem Grunde nach nicht geeignet, entsprechende Gesundheitsstörungen zu bewirken. Dagegen sprechen bereits die eigenen Angaben des Klägers gegenüber Dr. Zeuner: Danach war das Unfallereignis "eigentlich kein schwerer Unfall" gewesen. Auch das situationsgerechte Verhalten des Klägers an der Unfallstelle (Aussteigen aus dem Pkw, um mit dem Unfallverursacher "das Ganze" zu regeln) und das Aufsuchen eines weiteren Kunden nach Beendigung der Unfallformalitäten spricht sehr deutlich gegen ein gravierendes traumatisches Ereignis. Eine posttraumatische Belastungsstörung hat - entgegen dem Attest des Psychologischen Psychotherapeuten S. vom 23.09.2015 - zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, weil Art und Ausmaß des Unfallereignisses nicht das Traumakriterium im Sinne der ICD 10, des DSM-4 oder DSM-5 (belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde) erfüllten. Überdies waren die neurologischen, neuropsychologischen und psychischen Untersuchungsbefunde bei der Untersuchung des Klägers durch Dr. R. am 08.12.2014, und damit zeitnah nach dem Unfallereignis, nahezu unauffällig. Der von Dr. R. damals geäußerte "Verdacht auf Belastungsreaktion" stellt keinen Nachweis einer solchen Gesundheitsstörung dar und begründet insbesondere nicht die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis.
Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, weitere Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anzuerkennen.
3.2. Mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch. ist die Kammer weiter davon überzeugt, dass unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum 09.11.2014 vorgelegen haben. Denn eine HWS-Distorsion I. Grades heilt nach allgemeinen medizinischen Erkenntnissen innerhalb einer Zeitspanne von vier bis längstens sechs Wochen folgenlos aus, wie Prof. Dr. Sch. zutreffend dargelegt hat (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 489). Auf HNO-fachärztlichem Gebiet hat mangels Nachweises unfallbedingter Gesundheitsstörungen zu keinem Zeitpunkt eine Behandlungsbedürftigkeit bestanden, wie Dr. Z. auch insoweit zutreffend ausgeführt hat.
3.3. Schließlich steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn abgeheilte Unfallfolgen verursachen ersichtlich keine messbare MdE. Dies bedarf keiner weiteren Begründung.
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
5. Dem Hilfsantrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gemäß § 109 SGG bei der HNO-Ärztin Prof. Dr. P. , K-Stadt, war nicht stattzugeben. Denn der Kläger hat die ihm mit Verfügung des Gerichts vom 23.01.2017 erteilten Auflagen innerhalb der ihm hierzu eingeräumten Frist bis zum 17.02.2017 nicht vollständig erfüllt. Ungeschriebene Voraussetzung jeder Bestellung zum gerichtlichen Sachverständigen ist dessen Eignung für die Erstattung des Gutachtens. Diese Eignung fehlt, wenn der als Sachverständige benannte Arzt - aus welchen Gründen auch immer - nicht bereit und/oder nicht in der Lage ist, das Gutachten innerhalb einer angemessenen Frist, die die Kammer mit drei Monaten ab Erteilung des Gutachtensauftrags für ausreichend erachtet, zu erstatten und dem Gericht vorzulegen. Dies vor Benennung eines Arztes als gerichtlichen Sachverständigen nach § 109 SGG zu klären, ist Aufgabe des Antragstellers - hier: des Klägers (so im Ergebnis SG Karlsruhe vom 20.05.2014 - S 1 SB 2343/14 -, Rn. 33 und vom 12.01.2015 - S 4 U 1362/14 -, Rn. 40 f. (jeweils juris)). Zu beachten ist weiter die Verpflichtung des Gerichts, den Rechtsstreit zügig zur Entscheidungsreife zu führen und eine Sachentscheidung zu treffen (Art. 6 Abs. 1 S. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention und § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Es hat deshalb u. a. vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen (§ 106 Abs. 2 SGG). Überdies hat das Gericht auch bei Gutachten nach § 109 SGG auf eine zügige Gutachtenserstattung hinzuwirken (vgl. EuGH vom 25.03.2010 - 901/05 - (juris) und Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109, Rn. 19 m.W. N.). Aus diesen Gründen erachtet es die Kammer für erforderlich, im Fall eines Antrags gemäß § 109 Abs. 1 SGG vor Erteilung des Gutachtensauftrags dem Antragsteller die Beibringung eines Nachweises über die Bereitschaft des als Sachverständigen benannten Arztes aufzugeben, das Gutachten innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und dem Gericht vorzulegen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg vom 21.11.2014 - L 4 R 4797/13 -, Rn. 35 (juris)), und zwar unabhängig davon, ob der als Sachverständige benannte Arzt in der Vergangenheit ihm zur Gutachtenserstellung gesetzte Fristen (§ 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 1 der Zivilprozessordnung) eingehalten oder überschritten hat. Die Befugnis hierzu entnimmt das Gericht auch § 106 Abs. 3 SGG, dessen Regelungsinhalt nicht abschließend ist, wie sich aus der Verwendung des Wortes " insbesondere " ergibt (vgl. Urteile des erkennenden Gerichts vom 23.03.2017 - S 1 SB 2687/16 -, Rn. 40 (juris) und vom 20.04.2017 - S 1 U 2039/16 -).
Vorliegend hat der sachkundig vertretene Kläger innerhalb der ihm hierzu eingeräumten Frist keinen Nachweis vorgelegt, dass Prof. Dr. P. bereit und in der Lage ist, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und dem Gericht zu übermitteln. Er hat damit die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt im Zusammenhang mit dem Antrag nach § 109 SGG außer Acht gelassen, was eine grobe Nachlässigkeit darstellt und zur Ablehnung des hilfsweise aufrecht erhaltenen Beweisantrags führt (§ 109 Abs. 2 SGG). Denn ihm war seit der Verfügung vom 23.01.2017 bekannt, dass für das beantragte Gutachten nach § 109 SGG - auch - die Bestätigung der benannten Sachverständigen erforderlich war, das Gutachten binnen einer Frist von drei Monaten nach Zugang des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen. Außerdem hatte ihn das Gericht - zudem durch Fettdruck textlich noch hervorgehoben - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es das Gutachten nicht in Auftrag gebe, wenn der Kläger die Auflagen nicht, nur teilweise oder nicht fristgerecht erfüllt. Wollte die Kammer dem Hilfsantrag gleichwohl stattgeben, hätte sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.04.2017 nicht in der Sache entscheiden können, vielmehr den Rechtsstreit vertagen und zunächst das Gutachten einholen müssen. Dadurch hätte sich die Erledigung des Rechtsstreits deutlich verzögert.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Absätze 1 und 4 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls, um die Dauer unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungs-bedürftigkeit und um die Gewährung von Verletztenrente.
Der 19xx geborene, seit Januar 20xx als Kundenberater eines Versicherungsunternehmens beschäftigte Kläger erlitt am 17.09.2014 einen Arbeitsunfall: Auf dem Rückweg von einem Kunden und der Fahrt zu einem weiteren Kunden musste er an einer Ampel verkehrsbedingt anhalten, als ein anderes Fahrzeug von hinten auf seinen Pkw auffuhr. Am Unfallfolgetag suchte der Kläger den Orthopäden Dr. H. auf und klagte über Schmerzen im Nacken und Rücken und ein Ziehen im rechten Bein. Dr. H. erhob einen Muskelhartspann, Kopfschmerzen, eine schmerzhafte Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Lumboischialgie-Schmerzen rechts und eine Stauchung von Wirbelsäule und des Beckens. Die Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule in zwei Ebenen belegte eine Steilstellung ohne Fraktur- oder Instabilitätszeichen. Dr. H. diagnostizierte als Gesundheitsstörungen Kopfschmerzen, Muskelhärte und eine HWS-Distorsion. Die Erstversorgung erfolgte mittels Zervikalstütze und Medikamenten gegen Muskelverspannungen und Schmerzen (vgl. H-Arzt-Bericht vom 18.09.2014). Am 14.10.2014 begab sich der Kläger in Behandlung der HNO-Ärztin Dr. M ... Diese diagnostizierte einen beidseitigen Tinnitus und Schwindel und äußerte den Verdacht auf eine Contusio labyrinthi. Der von ihr erhobene Ohrenbefund war beidseits "o.B." (vgl. HNO-Arztbericht vom 14.10.2014). In ihrer Auskunft vom 10.11.2014 teilte Dr. M. der Beklagten mit, der Kläger berichte seit dem Unfallereignis u.a. über ein beidseitiges Ohrensausen und Pfeifen, links etwas stärker ausgeprägt als rechts; er empfinde die Ohrgeräusche als sehr störend (Schlafstörungen). Aktuell finde insoweit keine Therapie ihrerseits mehr statt. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund des Tinnitusleidens bewertete Dr. M. mit 10 v.H ...
Im Rahmen der weiteren Sachaufklärung zog die Beklagte Behandlungsunterlagen der HNO-Klinik des S. Klinikums K-Stadt (Behandlung dort wegen Neuropathia vestibularis links im Juli 2009), das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK K-Stadt (u.a. Behandlung wegen Tinnitus aurium im April 2014) sowie das von Dr. M. am 12.12.2014 erstellte Ton- und Sprachaudiogramm bei. Außerdem holte sie Befundberichte des Neurologen Dr. R. und des Dr. H. ein. Ein von diesem veranlasstes MRT des Neurocraniums ergab keinen krankhaften Befund (vgl. Arztbrief des Radiologen Dr. F. vom 19.01.2015). Zur Feststellung von Art und Ausmaß der Unfallfolgen ließ die Beklagte den Kläger sodann durch den HNO-Arzt Dr. G. und den Orthopäden Dr. C. untersuchen und begutachten. Dr. G. diagnostizierte als Gesundheitsstörungen eine Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits bei ton- und sprachaudiometrisch nachgewiesener Normalhörigkeit und einen chronischen Tinnitus mit psychovegetativen Begleiterscheinungen. Das Unfallereignis vom September 2014 sei mit Wahrscheinlichkeit Ursache oder wesentliche Teilursache des Tinnitusleidens. Die unfallbedingte MdE hierfür bewertete Dr. G. mit 10 v.H ... Bei der Untersuchung und Begutachtung durch Dr. C. gelang die Rotation der Halswirbelsäule beidseits bis 60° und die Seitneigung bis jeweils 40°. Die Vor- und Rückbeugung des Kopfes konnte der Kläger bis zu einem Kinn-Brustbein-Abstand von 0/17 cm verrichten. Bei der Rumpfbeuge nach vorn verblieb ein Finger-Boden-Abstand von 13 cm. Dr. C. erhob ein Ott’sches-Zeichen von 30/31,5 cm und ein Schober’sches-Zeichen von 10/14,5 cm. Das Nervendehnungszeichen nach Lasègue war beidseits negativ. Die Nachbefundung der von Dr. H. am 18.09.2014 angefertigten Röntgenbilder der Halswirbel-säule ergab eine Steilstellung ohne knöchernen Verletzungsbefund und ohne Hinweise auf eine ventrale oder dorsale Instabilität. Auch bei der Nachbefundung von Röntgenbildern der Lendenwirbelsäule objektivierte Dr. C. einen im Wesentlichen unauffälligen Befund und diagnostizierte als Gesundheitsstörungen ein myalgisches HWS-Syndrom und rezidivierende Lumbalgien mit lumbalen und/oder thorakalen Blockierungen, jeweils ohne sensomotorische Ausfälle der Extremitäten und ohne relevante Funktionseinschränkung. Durch das Unfallereignis habe der Kläger eine Distorsion I. Grades der Hals- und wahrscheinlich auch der Lendenwirbelsäule erlitten. Die geklagten Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule ließen sich jedoch nicht mehr mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen, weil keine substantiellen Schäden zu objektivieren seien, die eine derart lange Beschwerdedauer plausibel erklären könnten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe längstens bis zum 09.11.2014 bestanden. Eine messbare MdE auf seinem Fachgebiet sei nicht verblieben.
Gestützt auf diese Gutachten und eine beratungsärztliche Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. J. anerkannte die Beklagte das Unfallereignis als Arbeitsunfall und als dessen Folge
"Folgenlos ausgeheilte Distorsion der Hals- und Lendenwirbelsäule."
Keine Folgen des Arbeitsunfalls, und zwar weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung, seien eine Hochton-Innenohrschwerhörigkeit beidseits und ein chronischer Tinnitus des linken Ohres mit psychovegetativen Begleiterscheinungen: Der Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen, diese Gesundheitsstörungen zu bewirken. Für die Anerkennung eines traumatischen Tinnitus als Unfallfolge sei schon ein geeigneter Gesundheitserstschaden nicht erwiesen. Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Tinnitus und einem Arbeitsunfallereignis begründe keinen ursächlichen Zusammenhang. Unfallbedingte Arbeits¬unfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 09.11.2014 bestanden. Anspruch auf Verletztenrente habe der Kläger nicht, weil seine Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Eintritt des Versicherungsfalls hinaus nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei (Bescheid vom 22.09.2015).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, die Unfallfolgen im Bereich der Wirbelsäule seien nicht folgenlos ausgeheilt. Zu Unrecht habe die Beklagte auch die Anerkennung seines Tinnitus links mit psychovegetativen Begleiterscheinungen und die chronischen Schwindelanfällen als Unfallfolgen versagt. Seit Ende März 2015 befinde er sich in psychotherapeutischer Behandlung. Außerdem habe er wegen seiner Wirbelsäulenbeschwerden eine stationäre Schmerztherapie durchgeführt. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit hätten daher über dem 09.11.2014 hinaus bestanden. Zu Unrecht habe die Beklagte weiter einen Anspruch auf Verletztenrente versagt. Zur Stützung seines Widerspruchsbegehrens legte der Kläger das Attest des Psychologischen Psychotherapeuten S. vor.
Die Beklagte veranlasste weitere Untersuchungen und Begutachtungen des Klägers durch den HNO-Arzt Dr. Z. und den Orthopäden Prof. Dr. Sch.: Dr. Z. gegenüber gab der Kläger u.a. an, der Unfall sei "eigentlich kein schwerer Unfall" gewesen. Er sei danach aus seinem Fahrzeug gestiegen und habe mit dem Unfallverursacher "das Ganze geregelt". Danach habe er noch einen weiteren Kundentermin wahrgenommen. In Auswertung der von ihm erhobenen Befunde und unter Einbeziehung des vom Kläger überreichten Attestes des Allgemeinmediziners Dr. W. führte Dr. Z. zusammenfassend aus, durch den Arbeitsunfall sei es nicht mit Wahrscheinlichkeit zu einem wesentlichen unfallbedingten Innenohrgeschehen gekommen. Bereits im November 2011 habe Dr. W. den Kläger wegen einer Hörstörung und Schwindel behandelt. Im Juli 2013 habe der Kläger diesem gegenüber einen durch Stress vermehrten Tinnitus angegeben; Dr. W. habe den Kläger außerdem im April 2014 wegen verstärkter Ohrgeräusche erneut behandelt. Damit habe bereits vor dem Arbeitsunfallereignis eine Tinnitussymptomatik vorgelegen. Weiter erfordere ein traumatischer Tinnitus den Nachweis anderer objektivierbarer Störungen des Innenohrs. Solche seien indes nicht nachzuweisen. Denn die vestibuläre Gleichgewichtsdiagnostik habe einen Normalbefund ergeben; das Hörvermögen des Klägers sei nicht altersübersteigernd gemindert. Auf seinem Fachgebiet lägen mithin keine Unfallfolgen vor. Das Unfallereignis habe auch nicht zu einer Verschlimmerung vorbestehender Gesundheitsstörungen geführt. Prof. Dr. Sch. legte zusammenfassend dar, er habe keine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule und keine neurologische Defizite objektiviert. Beschwerden bestünden allein bei endgradigen Rotations- und Inklinationsbewegungen. Unmittelbare Unfallfolgen seien eine HWS-Distorsion Grad I und eine Prellung der Lendenwirbelsäule. Beide Gesundheitsstörungen heilten nach ärztlichen Erfahrungen innerhalb von vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Symptome wie überdauernder Schwindel, Tinnitus und Schlaf- oder Konzentrationsstörungen seien für eine HWS-Distorsion Grad I untypisch. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit auf seinem Fachgebiet habe für etwa eine Woche vorgelegen, Behandlungsbedürftigkeit bis allenfalls sechs Wochen nach dem Unfallereignis. Darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2016).
Deswegen hat der Kläger am 26.10.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er unter Wiederholung seines Widerspruchsvorbringens sein Begehren weiterverfolgt.
Mit Schriftsatz vom 19.01.2017 hat der Kläger beantragt, gemäß § 109 des Sozialgerichts-gesetzes (SGG) auf sein Kostenrisiko ein medizinisches Sachverständigengutachten bei Prof. Dr. P. , K-Stadt, einzuholen. Mit Verfügung vom 23.01.2017 hat die Kammer dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten die Auflagen erteilt, bis zum 17.02.2017 einen näher bezeichneten Kostenvorschuss einzuzahlen, eine von ihm unterschriebene Kostenverpflichtungserklärung zurückzusenden und durch geeignete Unterlagen die Bereitschaft der als Sachverstän¬dige benannten Ärztin nachzuweisen, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtenauftrags zu erstellen und vorzulegen. Innerhalb der Frist hat der Kläger zwar den Kostenvorschuss einbezahlt und die Kostenverpflichtungserklärung vorgelegt, nicht jedoch die Bereitschaftsanzeige von Prof. Dr. P ...
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 22. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, "Distorsion der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Schwindelattacken, chronischer Tinnitus mit psychovegetativen Begleiterscheinungen, Somatisierungsstörungen, Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen sowie Ein- und Durchschlafstörungen" als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. September 2014, außerdem unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit über den 09. November 2014 hinaus anzuerkennen und ihm wegen der Unfallfolgen Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren, hilfsweise gemäß § 109 SGG bei Prof. Dr. P. , K-Stadt, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 4 und § 56 SGG zulässig (zum Wahlrecht eines Unfallversicherten, den Anspruch auf Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder einer Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage zu verfolgen: BSG SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, Rdnr. 12 m.W. N.) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder sind weitere Gesundheitsstörungen als Folge des streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignisses anzuerkennen (dazu nachfolgend unter 3.) noch war der Kläger über den 09.11.2014 hinaus unfallbedingt arbeitsunfähig und/oder behandlungsbedürftig (dazu nachfolgend unter 4.). Er hat wegen der Folgen des Arbeitsunfalls auch keinen Anspruch auf Verletztenrente (dazu nachfolgend unter 5).
1. Dass der Kläger am 17.09.2014 auf einem sogenannten Betriebsweg (vgl. hierzu BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R -, Rdnr. 20 m.W. N. (juris) und Wagner in jurisPK-SGB VII, Stand 30.06.2016, § 8, Rdnr. 78 m.W. N.) bei seiner versicherten Tätigkeit als Kundenberater (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 22.09.2015 ausdrücklich anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht nicht umstritten.
2. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften des SGB VII und unter Beachtung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Anspruch auf Heilbehandlung, einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 27 ff SGB VII) sowie auf Geldleistungen u.a. in Form von Verletztenrente (§ 56 SGB VII). Die Gewährung von Verletztenrente setzt voraus, dass die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
a) Dies setzt voraus, dass Schäden, die zu einer Erwerbsminderung geführt haben, "infolge" Versicherungsfalls entstanden sind. Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen deshalb (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). "Hinreichend wahrscheinlich" bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R (= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17) und B 2 U 26/04 R (= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff)) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist dabei nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen "Erfolg" rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als "wesentlich" anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache "der Erfolg" eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht "wesentlich" und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als "Gelegenheitsursache" oder "Auslöser" bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden.
3.1. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, weitere Gesundheitsstörungen als Folge des Arbeitsunfalls vom 17.09.2014 anzuerkennen. Für diese Überzeugung stützt sich die Kammer auf die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen der Dres. Z. und C. und des Prof. Dr. Sch., deren Gutachten sie im Wege des Urkundenbeweises (vgl. BSG vom 08.12.1988 - 2/9b RU 66/87 -, Rdnr. 17 und LSG Baden-Württemberg vom 25.08.2016 - L 6 VG 3508/12, Rdnr. 61 (jeweils juris)) verwertet, hinsichtlich der erhobenen Befunde auf HNO-fachärztlichem Gebiet ferner auf das ebenfalls urkundenbeweislich verwertete Gutachten von Dr. G. und das Attest des Allgemeinmediziners Dr. W. vom 15.12.2015.
a) Auf orthopädischem Fachgebiet hat das Unfallereignis mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch., deren - im Ergebnis - übereinstimmenden Darlegungen sich die Kammer nach eigener kritischer Würdigung anschließt, eine folgenlos ausgeheilte Distorsion der Halswirbelsäule I. Grades und eine allenfalls leichte Prellung der Lendenwirbelsäule bewirkt. Dies belegen bereits die von Dr. H. am Unfallfolgetag erhobenen Befunde im Sinne eines Muskelhartspanns, von Kopfschmerzen, einer schmerzhaften Beweglichkeit der Halswirbelsäule und von Schmerzen im Lendenwirbelsäulen- und Beckenbereich. Die an diesem Tag erhobenen Röntgenbefunde ergaben keinen Hinweis auf strukturelle Unfallschäden, insbesondere keine Frakturzeichen oder Instabilitäten. Eine unfallbedingte Dissektion (= Verletzung) der Halsgefäße hat Dr. R. bei der Untersuchung am 08.12.2014 ebenfalls ausgeschlossen. Auch das Kernspintomogramm des Neurocraniums war unauffällig und ohne Hinweis auf einen raumfordernden, entzündlichen oder ischämischen Prozess oder sonstige krankhafte Veränderungen, wie sich aus dem Arztbrief des Radiologen Dr. F. vom 19.01.2015 ergibt. Überdauernde Funktionseinschränkungen der Hals-, Brust- oder Lendenwirbelsäule haben oder substantielle Wirbelsäulenschäden Dr. C. und Prof. Dr Sch. nicht objektiviert. Vielmehr lagen die von ihnen erhobenen Bewegungsausmaße in allen Wirbelsäulenabschnitten innerhalb der physiologischen Normwerte und bestanden auch keine neurologischen Defizite der oberen und/oder unteren Extremitäten. Mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch., deren übereinstimmenden Darlegungen sich die Kammer auch insoweit anschließt, waren die HWS-Distorsion und die Prellung der Lendenwirbelsäule nach allgemeinen ärztlichen Erfahrungen nach vier bis längstens sechs Wochen folgenlos ausgeheilt.
b) Gesundheitsstörungen auf HNO-fachärztlichem Gebiet in Form eines chronischen Tinnitus links mit psychovegetativen Begleiterscheinungen (Somatisierungsstörungen, Belastungs¬reaktion, Anpassungsstörungen sowie Ein- und Durchschlafstörungen) sind ebenfalls nicht als weitere Unfallfolgen anzuerkennen. Denn der Tinnitus ist nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Ereignis vom 17.09.2014 zurückzuführen. Insoweit fehlt es bereits am Nachweis eines unfallbedingten Gesundheitserstschadens. Mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch. hat der Kläger - wie oben unter 3.1. a) bereits ausgeführt, unfallbedingt eine HWS-Distorsion Grad I erlitten. Diese Gesundheitsstörung geht nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. Sch. anfangs zwar mit Schmerzen der Halsmuskulatur und gegebenenfalls begleitenden Bewegungseinschränkungen einher, wobei zumeist ein symptomfreies Intervall auftritt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 480 ff). Symptome wie persistierender Schwindel, Tinnitus, Schlaf- oder Konzentrationsstörungen sind hierfür indes mit Prof. Dr. Sch. untypisch.
Gegen die Wahrscheinlichkeit eines unfallbedingten Tinnitus und daraus resultierenden unfallbedingten psychovegetativen Begleitschäden spricht mit Dr. Z. außerdem der Umstand, dass der Kläger bereits zeitlich deutlich vor dem Unfallereignis am 17.09.2014, nämlich schon im November 2011, bei Dr. W. u.a. wegen Schwindelerscheinungen und im Juni 2013 und erneut im April 2014 auch wegen Tinnitusbeschwerden in Behandlung stand. Als Ursache der Tinnitusbeschwerden gab der Kläger Dr. W. gegenüber seinerzeit "Stress" an, wie sich aus dessen Attest vom 15.12.2015 ergibt. Diese Umstände belegen, dass die Tinnitus-Symptomatik mit Schwindelerscheinungen schon vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall bestand.
Überdies setzt ein traumatischer Tinnitus nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Dr. Z. voraus, dass gleichzeitig andere unfallbedingte Störungen des Innenohrs (Hörminderung, Schwindel) objektivierbar sind (vgl. hierzu u.a. LSG Baden-Württemberg vom 28.01.2011 - L 8 U 1205/10 -, Rdnr. 27, LSG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2014 - L 3 U 57/11 -, Rdnr. 29 f. und LSG Schleswig-Holstein vom 14.04.2015 - L 1 U 168/03 -, Rdnr. 33 f. (jeweils juris); ferner Feldmann/Brusis, Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes, 7. Aufl. 2012, S. 361, 364 und 370). Dies entspricht auch den Erfahrungen des erkennenden Gerichts aus vergleichbaren Unfallversicherungsrechtstreitigkeiten (vgl. zuletzt Urteil vom 24.02.2017 - S 1 U 175/15 - (nicht veröffentlicht)). Bei der Untersuchung durch die HNO-Ärztin Dr. M. am 14.10.2014, mithin zeitnah nach dem Unfallereignis, war der Befund an beiden Ohren indes normal ("o.B."). Auch die Dres. G. und Z. konnten bei ihren Untersuchungen und Begutachtungen des Klägers keine unfallbedingte Schädigung des Innenohrs objektivieren: Weder fand sich eine Hörminderung, die das altersphysiologische Ausmaß überschreitet, noch ergab die Gleichgewichtsdiagnostik einen krankhaften Befund. Insbesondere die von beiden Ärzten durchgeführten ton- und sprachaudiometrischen Untersuchungen des Hörvermögens erbrachten keinen messbaren Hörverlust. Typisch für ein traumatisches Tinnitusleiden ist außerdem dessen Ansiedlung im tief- bis mittelfrequenten Bereich (vgl. hierzu LSG Schleswig-Holstein vom 14.04.2005 - L 1 U 168/03 -, Rdnr. 33 (juris) und Urteil des erkennenden Gerichts vom 19.10.2015 - S 1 U 3219/14 - (unveröffentlicht)). Das linksseitige Ohrgeräusch des Klägers ist indes nach den übereinstimmenden Darlegungen der Dres. G. und Z. bei 4 kHz, mithin im Hochtonbereich, zu lokalisieren.
Weiter entspricht es medizinisch-wissenschaftlichem Erkenntnisstand, dass zwar nach einer - hier nicht nachgewiesenen - commotio labyrinthi ein Innenohrschaden im Sinne einer Hochtonsenke mit Begleittinnitus auftreten kann. Auch in diesem Fall ist jedoch ein alleiniger Tinnitus ohne gleichzeitigen Hörverlust nicht erklärbar. Letzteres gilt erst recht bei einem HWS-Beschleunigungstrauma, weil keine neuroanatomischen Verbindungen zwischen der Halswirbelsäule, insbesondere den Kapseln der Kopfgelenke, und den Cochleariskernen existieren bzw. nur schwer nachzuweisen sind (vgl. Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 370 m.W. N.).
Soweit Dr. G. gleichwohl das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit als Ursache oder zumindest als Teilursache des Tinnitusleidens des Klägers erachtet, folgt ihm das erkennende Gericht aus den vorgenannten Gründen nicht. Ein - angesichts der Vorbehandlungen bei Dr. W. ohnedies nicht gegebener - rein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem versicherten Unfallereignis und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen reicht nämlich nicht aus, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs im Rechtssinn zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 und Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 (jeweils juris)).
Das Unfallereignis vom 17.09.2014 hat auch nicht zu einer Verschlimmerung des vorbestehenden Tinnitus geführt, weil eine unfallbedingte Verschlimmerung ebenfalls mit einer nachweisbaren akuten Hörminderung hätte einhergehen müssen, wie Dr. Z. auch insoweit zutreffend dargelegt hat. Eine unfallbedingte Hörminderung ist indes weder durch die Arztbriefe und Berichte der HNO-Ärztin Dr. M. noch durch die von den Dres. G. und Z. erhobenen Befunde und Krankheitsäußerungen belegt. Im Übrigen ließe sich eine Verschlimmerung eines vorbestehenden Tinnitus audiometrisch auch nicht messen (vgl. Feldmann/Brusis, a.a.O., S. 371).
c) Die vom Kläger geltend gemachten psychischen Begleiterscheinungen sind auch im Übrigen nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfallereignisses vom 17.09.2014. Denn dieses war zur Überzeugung der Kammer schon dem Grunde nach nicht geeignet, entsprechende Gesundheitsstörungen zu bewirken. Dagegen sprechen bereits die eigenen Angaben des Klägers gegenüber Dr. Zeuner: Danach war das Unfallereignis "eigentlich kein schwerer Unfall" gewesen. Auch das situationsgerechte Verhalten des Klägers an der Unfallstelle (Aussteigen aus dem Pkw, um mit dem Unfallverursacher "das Ganze" zu regeln) und das Aufsuchen eines weiteren Kunden nach Beendigung der Unfallformalitäten spricht sehr deutlich gegen ein gravierendes traumatisches Ereignis. Eine posttraumatische Belastungsstörung hat - entgegen dem Attest des Psychologischen Psychotherapeuten S. vom 23.09.2015 - zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, weil Art und Ausmaß des Unfallereignisses nicht das Traumakriterium im Sinne der ICD 10, des DSM-4 oder DSM-5 (belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde) erfüllten. Überdies waren die neurologischen, neuropsychologischen und psychischen Untersuchungsbefunde bei der Untersuchung des Klägers durch Dr. R. am 08.12.2014, und damit zeitnah nach dem Unfallereignis, nahezu unauffällig. Der von Dr. R. damals geäußerte "Verdacht auf Belastungsreaktion" stellt keinen Nachweis einer solchen Gesundheitsstörung dar und begründet insbesondere nicht die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis.
Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, weitere Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anzuerkennen.
3.2. Mit Dr. C. und Prof. Dr. Sch. ist die Kammer weiter davon überzeugt, dass unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum 09.11.2014 vorgelegen haben. Denn eine HWS-Distorsion I. Grades heilt nach allgemeinen medizinischen Erkenntnissen innerhalb einer Zeitspanne von vier bis längstens sechs Wochen folgenlos aus, wie Prof. Dr. Sch. zutreffend dargelegt hat (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 489). Auf HNO-fachärztlichem Gebiet hat mangels Nachweises unfallbedingter Gesundheitsstörungen zu keinem Zeitpunkt eine Behandlungsbedürftigkeit bestanden, wie Dr. Z. auch insoweit zutreffend ausgeführt hat.
3.3. Schließlich steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn abgeheilte Unfallfolgen verursachen ersichtlich keine messbare MdE. Dies bedarf keiner weiteren Begründung.
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
5. Dem Hilfsantrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gemäß § 109 SGG bei der HNO-Ärztin Prof. Dr. P. , K-Stadt, war nicht stattzugeben. Denn der Kläger hat die ihm mit Verfügung des Gerichts vom 23.01.2017 erteilten Auflagen innerhalb der ihm hierzu eingeräumten Frist bis zum 17.02.2017 nicht vollständig erfüllt. Ungeschriebene Voraussetzung jeder Bestellung zum gerichtlichen Sachverständigen ist dessen Eignung für die Erstattung des Gutachtens. Diese Eignung fehlt, wenn der als Sachverständige benannte Arzt - aus welchen Gründen auch immer - nicht bereit und/oder nicht in der Lage ist, das Gutachten innerhalb einer angemessenen Frist, die die Kammer mit drei Monaten ab Erteilung des Gutachtensauftrags für ausreichend erachtet, zu erstatten und dem Gericht vorzulegen. Dies vor Benennung eines Arztes als gerichtlichen Sachverständigen nach § 109 SGG zu klären, ist Aufgabe des Antragstellers - hier: des Klägers (so im Ergebnis SG Karlsruhe vom 20.05.2014 - S 1 SB 2343/14 -, Rn. 33 und vom 12.01.2015 - S 4 U 1362/14 -, Rn. 40 f. (jeweils juris)). Zu beachten ist weiter die Verpflichtung des Gerichts, den Rechtsstreit zügig zur Entscheidungsreife zu führen und eine Sachentscheidung zu treffen (Art. 6 Abs. 1 S. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention und § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Es hat deshalb u. a. vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen (§ 106 Abs. 2 SGG). Überdies hat das Gericht auch bei Gutachten nach § 109 SGG auf eine zügige Gutachtenserstattung hinzuwirken (vgl. EuGH vom 25.03.2010 - 901/05 - (juris) und Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109, Rn. 19 m.W. N.). Aus diesen Gründen erachtet es die Kammer für erforderlich, im Fall eines Antrags gemäß § 109 Abs. 1 SGG vor Erteilung des Gutachtensauftrags dem Antragsteller die Beibringung eines Nachweises über die Bereitschaft des als Sachverständigen benannten Arztes aufzugeben, das Gutachten innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und dem Gericht vorzulegen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg vom 21.11.2014 - L 4 R 4797/13 -, Rn. 35 (juris)), und zwar unabhängig davon, ob der als Sachverständige benannte Arzt in der Vergangenheit ihm zur Gutachtenserstellung gesetzte Fristen (§ 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 1 der Zivilprozessordnung) eingehalten oder überschritten hat. Die Befugnis hierzu entnimmt das Gericht auch § 106 Abs. 3 SGG, dessen Regelungsinhalt nicht abschließend ist, wie sich aus der Verwendung des Wortes " insbesondere " ergibt (vgl. Urteile des erkennenden Gerichts vom 23.03.2017 - S 1 SB 2687/16 -, Rn. 40 (juris) und vom 20.04.2017 - S 1 U 2039/16 -).
Vorliegend hat der sachkundig vertretene Kläger innerhalb der ihm hierzu eingeräumten Frist keinen Nachweis vorgelegt, dass Prof. Dr. P. bereit und in der Lage ist, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und dem Gericht zu übermitteln. Er hat damit die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt im Zusammenhang mit dem Antrag nach § 109 SGG außer Acht gelassen, was eine grobe Nachlässigkeit darstellt und zur Ablehnung des hilfsweise aufrecht erhaltenen Beweisantrags führt (§ 109 Abs. 2 SGG). Denn ihm war seit der Verfügung vom 23.01.2017 bekannt, dass für das beantragte Gutachten nach § 109 SGG - auch - die Bestätigung der benannten Sachverständigen erforderlich war, das Gutachten binnen einer Frist von drei Monaten nach Zugang des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen. Außerdem hatte ihn das Gericht - zudem durch Fettdruck textlich noch hervorgehoben - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es das Gutachten nicht in Auftrag gebe, wenn der Kläger die Auflagen nicht, nur teilweise oder nicht fristgerecht erfüllt. Wollte die Kammer dem Hilfsantrag gleichwohl stattgeben, hätte sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.04.2017 nicht in der Sache entscheiden können, vielmehr den Rechtsstreit vertagen und zunächst das Gutachten einholen müssen. Dadurch hätte sich die Erledigung des Rechtsstreits deutlich verzögert.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Absätze 1 und 4 SGG.
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