L 10 U 245/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 18 U 285/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 U 245/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 2567/16 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.03.2016 und der Bescheid der Beklagten vom 15.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2013 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall des Beigeladenen vom 04.02.2010 als Arbeitsunfall gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII anzuerkennen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Der Streitwert wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Unfall des Beigeladenen vom 04.02.2010 als Arbeitsunfall nach § 2 Abs 1 Nr 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) oder als solcher gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII anzuerkennen ist.

Die Klägerin ist Kfz-Versicherer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen XXX. Eigentümerin, Halterin und Versicherungsnehmerin ist Frau H (H). Der Beigeladene ist angestellter Lebensmittelkontrolleur des X-Kreises (Fachbereich Gesundheit, Verbraucherschutz und Veterinärwesen). Sein Arbeitsplatz befindet sich im Gesundheitsamt in F, M-str. 00. Bei dem Gebäude befindet sich ein leicht abschüssiger Parkplatz, dessen Einstellplätze den Behördenmitarbeitern vorhalten sind. Von Seiten der Fachbereichsleitung sind die Bediensteten des Fachbereichs mündlich aufgefordert worden, unberechtigt parkende Personen auf die unbefugte Nutzung hinzuweisen und bei einem persönlichen Kontakt zum Verlassen des Parkplatzes aufzufordern.

Am 04.02.2010 erlitt der Beigeladene bei einem Unfall auf dem Parkplatz eine Schienbeinfraktur links sowie eine Wadenbeinfraktur rechts. In seiner Schilderung des Unfallhergangs gegenüber der Polizei gab er an, er habe während der Arbeit im Büro mehrmals das Geräusch sich durchdrehender Räder gehört. Nachdem er die Ursache zunächst nicht habe feststellen können, habe er ca 15 Minuten später das Bürofenster nochmals geöffnet und Frau H vor ihrem Auto stehen sehen, die verzweifelt versucht habe, ihren Wagen wegzufahren. Da sie auf dem Parkplatz für Bedienstete gestanden habe, habe er ihr seine Hilfe angeboten, damit sie diesen unverzüglich verlassen könne. Als Bedienstete seien sie seitens der Amtsleitung aufgefordert, unbefugt parkende Personen zu bitten, den Parkplatz zu verlassen. Er sei dann zu dem Parkplatz gegangen. Der Parkbereich um das Auto herum sei derart vereist gewesen, dass er kaum Halt gefunden habe. H habe den Vorschlag gemacht, das Auto zu zweit vom Parkplatz rückwärts auf die Straße zu schieben. Er habe sich vor das Auto gestellt und gegen die Motorhaube gestemmt. H habe beabsichtigt, die Handbremse zu lösen, um ihn anschließend beim Schieben zu unterstützen. Kurz darauf sei das Auto auf ihn zugerollt. Er habe nicht die Kraft gehabt, dieses aufzuhalten, da der Parkplatz etwas abschüssig zur Hauswand gewesen sei. Er habe auch nicht zur Seite springen können. Das Fahrzeug sei gegen seine Beine gerollt und habe diese gegen die Hauswand gedrückt.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte der X-Kreis unter dem 17.05.2010 mit, die durch H genutzten Parkplätze seien durch Hinweisschilder ausdrücklich den Bediensteten des Kreises vorbehalten gewesen. Daher seien diese aufgefordert worden, Falschparker auf die unbefugte Nutzung des Parkplatzes hinzuweisen und bei persönlich möglichem Kontakt zum Verlassen des Parkplatzes aufzufordern, andernfalls eine Notiz am Fahrzeug zu hinterlassen. Eine derartige mündliche Anweisung sei bei der Zuteilung der Stellplätze an die Außendienstmitarbeiter ergangen. Eine schriftliche Dienstanweisung gebe es nicht.

Mit Bescheid vom 02.12.2010 teilte die Beklagte dem Beigeladenen mit, dass eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mangels Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grad nicht gewährt werde. Der Bescheid enthält keine Regelung, nach welcher Vorschrift der Arbeitsunfall anerkannt wurde. Den insoweit eingelegten Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2013 zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 02.06.2011 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie könne in eine Regulierung nicht eintreten, da zugunsten der bei ihr versicherten H bei vorliegendem Sachverhalt das Haftungsprivileg gemäß §§ 104 ff SGB VII greife. Dem widersprach die Beklagte mit E-Mail vom 15.06.2011.

Bereits am 04.03.2011 hatte der Beigeladene H und die Klägerin als deren Haftpflichtversicherer vor dem Landgericht (LG) Kassel (Az: 5 O 448/11) auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt. Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das LG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beigeladene sei arbeitnehmerähnlich gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII tätig geworden. Zugunsten der H greife damit das Haftungsprivileg gemäß § 104 Abs 1 Satz 1 SGB VII. Hiergegen legte der Beigeladene Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt ein (Az: 25 U 128/11). Durch Beschluss vom 20.12.2012 hat das OLG das Verfahren ausgesetzt, bis die Beklagte bestandskräftig über das Vorliegen eines Versicherungsfalls entschieden habe.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Beigeladene im Folgenden mit, H habe auf dem Stellplatz widerrechtlich geparkt. Die Mitarbeiter seien vom Behördenleiter angewiesen, darauf zu achten, das keine betriebsfremden Personen auf den Stellplätzen parkten und ggf. dafür Sorge zu tragen, dass diese den Stellplatz unverzüglich verließen. H habe den Pkw nicht mehr rückwärts von dem Stellplatz herunterfahren können. Er habe dies bemerkt und seine Hilfe angeboten, damit H den Parkplatz unverzüglich habe verlassen können und dieser wieder frei geworden sei. Die Hilfeleistung habe damit auch das Ziel gehabt, den Parkplatz zu räumen. Es würden ständig Kollegen aus dem Außendienst zurückkehren, die dann auf den Stellplätzen parken würden, weshalb diese auch freibleiben sollten. Er habe aber nicht gewusst, ob zum Unfallzeitpunkt konkret mit dem Eintreffen eines Kollegen zu rechnen gewesen sei.

Mit Schreiben vom 02.12.2011 an H und die Klägerin teilte die Beklagte mit, dass der Vorfall vom 04.02.2010 als Arbeitsunfall anerkannt werde. Bislang sei noch nicht darüber entschieden worden, ob es sich um einen Versicherungsfall im Sinne von § 8 Abs 1 SGB VII iVm § 2 Abs 2 Nr 1 SGB VII oder § 2 Abs 2 SGB VII handele. Da hiervon auch die Frage berührt werde, ob zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können, würden die Klägerin bzw H nach § 12 Abs 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an dem Verfahren beteiligt. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei beabsichtigt, den Unfall als versicherten Arbeitsunfall gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII anzuerkennen. Nach Auskunft des Arbeitgebers des Beigeladenen seien die Bediensteten seitens der Fachbereichsleitung aufgefordert worden, Falschparker auf die unbefugte Nutzung des Parkplatzes hinzuweisen und bei persönlich möglichem Kontakt zum Verlassen des Parkplatzes aufzufordern. Aufgrund dieser Anweisung habe der Beigeladene helfen wollen, das Fahrzeug von dem Stellplatz herunterzufahren, damit dieser unverzüglich verlassen werden konnte und wieder frei wurde. Er sei damit im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit tätig geworden. Zudem gehe gemäß § 135 Abs 1 Nr 7 SGB VII der Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII einer Versicherung nach § 2 Abs 2 SGB VII vor.

Mit Bescheid vom 15.01.2013 erkannte die Beklagte den Unfall vom 04.02.2010 als Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII an. Bei der zum Unfall führenden Tätigkeit habe der Beigeladene im Rahmen der Anweisung seines Arbeitgebers, widerrechtlich geparkte Fahrzeuge von dem Gelände zum Entfernen aufzufordern, gehandelt. Er sei daher um im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses tätig geworden. Der Bescheid wurde auch dem Bevollmächtigten der H sowie der Klägerin bekannt gegeben.

Die Klägerin legte am 15.02.2013 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, der Arbeitsunfall des Beigeladenen stehe nicht in Zusammenhang mit dessen beruflicher Tätigkeit als Lebensmittelkontrolleur für den X-Kreis. Vielmehr sei der Unfall nach § 2 Abs 2 S 1 SGB VII der H zuzurechnen, der der Beigeladene Hilfe geleistet habe. Welchem "Unternehmer" die Tätigkeit zuzuordnen sei, bestimme sich nach dem Schwerpunkt der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Handlungstendenz. Der Beigeladene habe in seiner Unfallschilderung angegeben, er habe H vor ihrem Fahrzeug stehen sehen, nachdem diese verzweifelt versucht habe, dieses wegzufahren. Er habe ihr seine Hilfe angeboten und sei zu dem Parkplatz hinausgegangen. Zwar habe er auch darauf verwiesen, dass er als Bediensteter von der Amtsleitung aufgefordert worden sei, unbefugt parkende Personen zu bitten, den Parkplatz zu verlassen. Die Hilfe beim Verlassen des Parkplatzes gehe allerdings weit über die mündliche Anweisung hinaus. Es sei nicht von der Anweisung umfasst gewesen, Fahrzeuge eigenhändig von der Parkfläche herunter zu schieben. Dem Vorbringen des Beigeladenen könne vielmehr entnommen werden, dass seine Motivation dahin gegangen sei, einer hilflosen Frau beim Ausparken behilflich zu sein. Dies habe in keinerlei Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gestanden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.01.2013 zurück. Zwar sei die Auffassung der Klägerin, wonach sich die Frage, welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit des Verletzten zum Unfallzeitpunkt zuzuordnen sei, nach dem Schwerpunkt der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Handlungstendenz des Versicherten richte, grundsätzlich zutreffend. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass der Beigeladene ausschließlich aus der Motivation heraus gehandelt haben solle, der H Hilfe zu leisten. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Kassel vom 16.06.2011. Hier habe der Beigeladene zwar erklärt, er habe H hilfesuchend gesehen und ihr geholfen, nachdem diese seine Hilfe erbeten habe. Er sei allerdings im Rahmen dieser Aussage nicht danach gefragt worden, welche Motivation seiner Handlung zugrunde gelegen habe. Hingegen habe der Beigeladene zeitnah zur Verletzung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und bei der Vernehmung durch die Polizei angegeben, er habe seine Hilfe angeboten, da H auf dem Behördenparkplatz gestanden habe, damit sie diesen unverzüglich verlassen könne. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe er auf die Weisung der Amtsleitung hingewiesen. Er habe seine Handlungstendenz damit bereits zeitnah zum Unfallgeschehen klar definiert. Auch sei es dem Beigeladenen während der Arbeitszeit überhaupt nicht erlaubt gewesen, sich von seinem Arbeitsplatz zur Durchführung einer außerdienstlichen Tätigkeit zu entfernen. Unter Berücksichtigung aller Umstände könne nicht davon ausgegangen werden, dass die alleinige Motivationslage zur Hilfeleistung darin bestanden habe, der H behilflich zu sein. Die Hilfeleistung sei vielmehr wesentlich dadurch geprägt gewesen, den Anweisungen seines Arbeitgebers zur Freihaltung reservierter Parkplätze Folge zu leisten. Selbst wenn eine gemischte Motivationslage vorgelegen haben sollte, führe dies nicht zu einem Versicherungsschutz nach § 2 Abs 2 SGB VII, da diesem gemäß § 135 Abs 1 Nr 7 SGB VII der Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII vorgehe.

Am 12.12.2013 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Gotha erhoben und beantragt, den Unfall als Arbeitsunfall im Sinne des § 2 Abs 2 SGB VII anzuerkennen. Die Annahme der Beklagten, die Verrichtung des Beigeladenen habe seinem Dienstherrn gedient, sei unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei zu entscheiden, ob die Verrichtung darauf gerichtet gewesen sei, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Dies sei nicht der Fall. Vor dem Hintergrund der Anweisung des X-Kreises habe nur eine Hinweispflicht bestanden. Darüber hinaus könne eine versicherte Tätigkeit dann vorliegen, wenn eine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen werde, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern der Handelnde nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Auch diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Der Beigeladene sei mit seiner Handlung über die Weisung seines Arbeitgebers hinausgegangen. Es liege auf der Hand, dass es nicht zu den Dienstpflichten eines Beamten des Gesundheitsamtes gehöre, parkende Fahrzeuge aus einer Parklücke bei Glätte herauszuschieben. Die Handlung des Beigeladenen könne bei objektiver Betrachtungsweise nur so gedeutet werden, dass eine Hilfeleistung für H vorgelegen habe. Der Beigeladene habe diese auch zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass sie dort nicht parken dürfe.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die mündliche Dienstanweisung nicht nur darin bestanden habe, Falschparker auf die unbefugte Nutzung des Parkplatzes hinzuweisen. Vielmehr hätten diese bei einem möglichen persönlichen Kontakt zum Verlassen des Parkplatzes aufgefordert werden, andernfalls habe eine Notiz am Fahrzeug hinterlassen werden sollen. Die Mitarbeiter seien eindringlich auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, dafür zu sorgen, dass immer genug freie Parkplätze vorhanden seien. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Beigeladene nach den besonderen Umständen zur Zeit der Verrichtung habe annehmen dürfen, dass eine vermeintliche Pflicht bestehe, dafür zu sorgen, dass der Parkplatz der Bediensteten wieder geräumt werde. Insofern sei es nur sinnvoll und konsequent, die Falschparkerin beim Verlassen des Parkplatzes zu unterstützen. Es könne allenfalls von einer gemischten Motivationslage ausgegangen werden. Wenn eine solche vorgelegen hätte, ergebe sich auf der in § 135 Abs 1 SGB VII getroffenen Regelung der Vorrang des Versicherungsschutzes nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII.

Durch Beschluss vom 18.06.2014 hat sich das Sozialgericht Gotha für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Köln (SG) verwiesen.

Das SG hat den Beigeladenen am 11.07.2014 "gemäß § 75 SGG" beigeladen.

Der Beigeladene hat vorgetragen, er habe jedenfalls aufgrund und im Rahmen der Anweisung seines Arbeitgebers gehandelt und keineswegs nur deshalb, um einer hilflosen Frau beim Ausparken zu helfen. Insofern sei das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Kassel unergiebig, da dort die Motivationslage keine Rolle gespielt habe.

Mit Urteil vom 04.03.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht entschieden, dass der Beigeladene einen Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erlitten habe. Für die Annahme eines Arbeitsunfalls sei ein innerer und sachlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit Voraussetzung. Nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII seien "Beschäftigte" kraft Gesetzes versichert. Zur Annahme eines Versicherungsfalles müsse danach ein innerer Zusammenhang zwischen der Beschäftigung und der unfallbringenden Tätigkeit bestehen. Entscheidend sei hierbei die Handlungstendenz des Versicherten. Eine Verrichtung stehe danach in sachlichem Zusammenhang mit der Beschäftigung, wenn sie nach dem Handlungszweck dem Beschäftigungsunternehmen dienen solle. Das BSG knüpfe in seiner Rechtsprechung wegen des Schutzzwecks der Versicherung der Beschäftigten die Merkmale der versicherten Tätigkeit an die Erfüllung von Rechten und Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis. So werde eine Verrichtung von Beschäftigten verlangt, deren Ergebnis nicht ihnen selbst, sondern unmittelbar dem Unternehmen diene. Danach liege eine versicherte Tätigkeit vor, wenn Beschäftigte mit ihrer konkreten Verrichtung zumindest darauf abzielten, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder wenn sie eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornähmen, um eine vermeintliche Pflicht zu erfüllen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung eine solche Pflicht annehmen durften. Auch eine vermeintliche Pflichterfüllung könne versichert sein. Angesichts bestehender Entscheidungsspielräume, unübersichtlicher Verhältnisse, unklarer Anweisungen usw sei ein nicht durch die besonderen Arbeitsumstände erklärbares Verhalten nur bei grober Verkennung der Gegebenheiten anzunehmen. Es stünden deswegen auch irrtümliche Vorstellungen von Tatsachen, die ein Handeln mit versicherter Handlungstendenz auslösten und objektiv aufgrund der Handlungssituation nachvollziehbar seien, dem Versicherungsschutz nicht entgegen. Der Beigeladene habe angegeben, es habe die mündliche Anweisung bestanden, die Bedienstetenparkplätze freizuhalten und hierzu unbefugt parkende Personen zu bitten, den Parkplatz zu verlassen. Die Existenz dieser mündlichen Anweisung sei durch den X-Kreis bestätigt worden. Andererseits sei der Klägerin zuzugeben, dass von einer Anweisung, beim Ausparken behilflich zu sein und evtl selbst Hand anzulegen, nicht die Rede gewesen sei. Sinn und Zweck der Dienstanweisung sei es jedoch gewesen, die Parkplätze freizuhalten bzw freizubekommen. Aufgrund der besonderen Witterungsverhältnisse sei dies durch eine einfache Bitte an H nicht möglich gewesen. Der Beigeladene selbst habe auch angegeben, seine Hilfeleistung habe das Ziel gehabt, den Parkplatz wieder frei zu machen. Um dieser Anweisung seines Arbeitgebers nachzukommen, habe er dann versucht, den Wagen der H wegzuschieben. Es sei davon auszugehen, dass er damit geglaubt habe, eine vermeintliche Pflicht zu erfüllen, um den vom Arbeitgeber gewünschten Erfolg, das Freimachen des Parkplatzes, zu erreichen. Insoweit habe der Beigeladene auch durchaus glaubhaft darauf hingewiesen, dass es ihm nicht erlaubt gewesen sei, seinen Arbeitsplatz zu verlassen, um anderen Personen beim Ausparken zu helfen. Wenn er dies trotzdem getan habe, so nur, um der Anweisung seines Arbeitgebers nachzukommen. Die Angaben vor dem Landgericht Kassel seien insofern unerheblich. In diesem Prozess sei es gerade nicht darum gegangen zu klären, aus welcher Motivation der Kläger gehandelt hat. Ob möglicherweise auch die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 S 1 SGB VII vorgelegen haben, könne im Ergebnis dahinstehen. Selbst wenn dem so wäre, gehe gemäß § 135 Abs 1 Nr 7 SGB VII die Versicherteneigenschaft als "Beschäftigter" vor.

Gegen das am 17.03.2016 zugstellte Urteil hat die Klägerin am 18.04.2016 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.03.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2013 zu verurteilen, den Unfall des Beigeladenen vom 04.02.2010 als Arbeitsunfall gemäß § 2 Abs 2 S 1 SGB VII anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.

Der Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er schließt der Rechtsauffassung der Beklagten an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten und der beigezogenen Streitakten des LG Kassel (5 O 448/11) und des OLG Frankfurt (25 U 128/11) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beigeladene hat am 04.02.2010 einen dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstehenden Unfall gemäß § 2 Abs 2 S 1 SGB VII erlitten.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Denn die mit der Kfz-Halterin H abgeschlossene Kfz-Haftpflichtversicherung für das von dieser gehaltene Unfallfahrzeug umfasst auch die Befriedigung von durch den Fahrzeuggebrauch begründeten privatrechtlichen Schadensersatzansprüchen gegen den Fahrzeugführer. Wird der nach dem Versicherungsvertrag eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer durch einen Unfallverletzten - hier durch den Beigeladenen - direkt in Anspruch genommen, so ist er in (jedenfalls) analoger Anwendung des § 109 SGB VII berechtigt, die Feststellungen nach § 108 Abs 1 SGB VII zu beantragen und das Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu betreiben (vgl BSG, Urteil vom 27.03.2012, B 2 U 5/11 R, juris Rn 13; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 18.05.2011, L 6 U 366/09, juris Rn 28 mwN und vom 22.05.2014, L 6 U 5225/13, juris Rn 23 mwN).

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der zutreffenden Zuordnung der zum Unfall führenden Tätigkeit des Beigeladenen alternativ nach § 2 Abs 1 Nr 1 ("Beschäftigter") oder § 2 Abs 2 SGB VII ("Wie-Beschäftigter"). Denn auf das Haftungsprivileg gemäß § 104 Abs 1 SGB VII kann sie sich nur berufen, wenn der Beigeladene im Rahmen seiner zum Unfall führenden Tätigkeit gemäß § 2 Abs 2 SGB VII als "Wie-Beschäftigter" der Versicherungsnehmerin, der H, anzusehen ist.

Die gemäß § 54 Abs 1 in Verbindung mit § 56 SGG zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R, juris Rn 13 mwN) ist auch begründet.

Die Frage, ob der Beigeladene einen Arbeitsunfall erlitten hat, richtet sich nach den Vorschriften des SGB VII. Nach § 8 Abs 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Dass der Verletzte am 04.02.2010 bei dem Versuch, das Fahrzeug der H anzuschieben, einen Unfall erlitten und sich hierbei Verletzungen im Bereich der Beine zugezogen hat, steht fest. Insofern sind die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls erfüllt. Fraglich ist allein, ob bzw nach welcher Vorschrift die Tätigkeit unter dem Schutz der Unfallversicherung stand. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Beigeladene nicht als Beschäftigter des X-Kreises im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII tätig geworden (1.). Es bestand auch kein Versicherungsschutz als Nothelfer gem § 2 Abs 1 Nr 13a SGB VII (2.). Der Kläger hat vielmehr eine beschäftigtenähnliche Tätigkeit ("Wie-Beschäftigung") im Sinne des § 2 Abs 2 S 1 SGB VII für die H ausgeübt (3.).

1. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII liegen nicht vor.

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" setzt tatbestandlich voraus, dass der Verletzte seine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen.

Das ist nur dann der Fall, wenn

- seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,

- er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seine Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht,

- er eigene unternehmensbezogene Rechte aus der Beschäftigung ausübt (vgl BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R, juris Rn 27 f, Urteil vom 13.11.2012, B 2 U 27/11 R, juris Rn 23).

Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs 2 Nr 1 SGB VII kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Danach wird eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihm gegenüber dem Unternehmer betreffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012, aaO Rn 24 und Urteil vom 15.05.2012, aaO Rn 29).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger nicht als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gehandelt.

Die Hilfe beim Anschieben des PKH betraf offenkundig keine Hauptpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis als Lebensmittelkontrolleur. Die durch die Fachbereichsleitung erteilte Anweisung begründete auch keine Nebenpflicht zur Hilfeleistung. Es kann dahinstehen, ob sich überhaupt aus der mündlichen Anweisung, Falschparker auf die unberechtigte Nutzung des Parkraums hinzuweisen und sie ggf. zum Verlassen des Parkplatzes aufzufordern, eine Nebenpflicht zu entsprechendem Tätigwerden ergab. Das hier in Frage stehende Handeln des Beigeladenen ging weit über diese Anweisung hinaus. Diese erschöpft sich darin, Falschparker - ggf durch persönlichen Kontakt - darauf hinzuweisen, dass die Nutzung des Parkplatzes unbefugt erfolgt und diese zum Verlassen des Parkplatzes aufzufordern. Weitergehende Anweisungen sind arbeitgeberseitig nicht erteilt worden. Es sind weder Weisungen für den Fall erteilt worden, dass der Falschparker sich weigert, das Auto zu entfernen noch beinhaltet die Anweisung eine Verpflichtung zur Pannenhilfe, wenn der Parkplatz - wie hier - aus witterungsbedingten oder technischen Gründen nicht verlassen werden kann. Der Senat vermag daher nicht zu erkennen, dass aus der konkreten Weisung eine entsprechende Nebenpflicht zur Hilfeleistung herzuleiten wäre.

Der Beigeladene hat auch nicht als in Erfüllung einer vermeintlichen Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gehandelt.

Zwar verrichtet der Verletzte auch dann eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, wenn er in der vertretbaren, aber objektiv irrigen Annahme handelt, dazu aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet zu sein. Die Annahme dieser Pflicht ist vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Die durchgeführte Verrichtung muss objektiviert darauf ausgerichtet sein, die angenommene Pflicht zu erfüllen (vgl BSG, Urteil vom 15.05.2012, aaO, Rn 57).

Vorliegend bestehen bereits aufgrund der Einlassung des Beigeladenen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Zweifel, dass dieser in Annahme einer vermeintlichen Pflicht gegenüber seinem Arbeitgeber, dem X-Kreis, tätig geworden ist. Vielmehr hat er ausgeführt, dass die H ihn gebeten habe, ihr zu helfen. Wahrscheinlich hätte er ihr auch ohne diese Frage geholfen. Diese Angabe des Beigeladenen entspricht seiner Aussage vor dem LG, wo er ebenfalls bekundet hat, er habe H helfen wollen. Bereits diese Angaben sprechen bei lebensnaher Betrachtung dafür, dass das wesentliche Handlungsmotiv des Beigeladenen die Hilfeleistung gegenüber der H und nicht die Erfüllung einer vermeintlichen Pflicht gegenüber seinem Arbeitgeber gewesen ist. Das Argument, die Handlungstendenz, zugunsten der Behörde tätig zu werden, ergebe sich bereits daraus, dass der Beigeladene seinen Arbeitsplatz nicht zur Durchführung einer außerdienstlichen Tätigkeit habe verlassen dürfen, überzeugt nicht. Es ging dem Beigeladenen vielmehr primär darum, H das umgehende Wegfahren zu ermöglichen und nicht darum, einen Mitarbeiterparkplatz freizuräumen. Letzteres hätte der Beigeladene auch ohne die in Frage stehende Hilfeleistung durch Benachrichtigung eines Abschleppunternehmens erreichen können; auch dann wäre der Parkplatz nach kurzer Zeit geräumt gewesen. Dass das sofortige Verlassen des Parkplatzes erforderlich war, weil die unmittelbare Ankunft parkberechtigter Mitarbeiter zu erwarten war, hat der Beigeladenen selbst nicht behauptet und der Umstand, dass ihm nicht erinnerlich ist, ob der Parkplatz voll besetzt war, er also nicht darauf geachtet hat, ob sofort ein freier Platz geschaffen werden musste, deutet auch darauf hin, dass nicht das unverzügliche Freiräumen des Parkplatzes im Interesse der Behörde für ihn im Vordergrund stand, sondern er durch eigenen Einsatz einer hilfesuchenden Frau, die mit ihrem Kleinkind unterwegs war (s die Angaben der Frau H vor dem LG) schnellstmöglich das Wegfahren ermöglichen wollte. Die vom Beigeladenen eingeräumte Tatsache, dass er vor dem in Frage stehenden Vorgang noch nie einen Falschparker angesprochen hatte, obwohl doch angeblich immer wieder unberechtigtes Parken stattfand, spricht ebenfalls dafür, dass die jetzt behauptete "Pflicht zum Freimachen von Parkplätzen" keineswegs so im Bewusstsein des Beigeladenen verankert gewesen sein kann, dass sie gerade in der konkreten Situation handlungsleitend geworden ist.

Zwar hat der Beigeladene auch betont, von der Dienststellenleiterin regelmäßig darauf hingewiesen worden zu sein, die Parkplätze freizuhalten. Die Annahme einer hieraus abzuleitenden vermeintlichen Pflicht zur Hilfeleistung gegenüber Falschparkern würde aber voraussetzen, dass der Beigeladene nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Aus dem mündlich erteilten Hinweis kann zur Überzeugung des Senats nicht berechtigt abgeleitet werden, dass eine Pflicht zur Hilfeleistung im Pannenfall besteht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigelade ernsthaft annehmen konnte, sein Dienstherr erwarte entsprechende Handlungen.

Der Senat vermag auch keine besonderen Umstände zu erkennen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass er zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine entsprechende Pflicht. Alleine der Umstand, dass die H wegen des Glatteises den Parkplatz nicht verlassen konnte, ist aus Sicht des Senats insofern unzureichend. Hier bestand keine Notwendigkeit, das Fahrzeug sofort vom Parkplatz zu entfernen; wie bereits oben ausgeführt hätte auch die Hinzuziehung eines Abschleppunternehmens zur baldigen Räumung des Parkplatzes geführt. Insofern bestand auch kein unmittelbarer Entscheidungszwang des Beigeladenen, der die irrige Annahme einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Pflicht rechtfertigen könnte. Unzureichend ist die rein subjektive Vorstellung einer entsprechenden rechtlichen Pflicht. Die Hilfeleistung des Beigeladenen war nicht "der Beschäftigung geschuldet". Vielmehr handelte es sich um eine freiwillige Hilfeleistung.

2. Es liegt auch kein Fall der Nothilfe im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 13a SGB VII vor. Danach sind in der Unfallversicherung kraft Gesetzes Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Der Versicherungstatbestand bezeichnet zwei Handlungsalternativen, die die Versicherung kraft Gesetzes begründen. Versichert ist nach Alt 1, wer "Hilfe leistet", sowie nach Alt 2, wer einen anderen rettet. Das Hilfeleisten ist eine Unterstützungshandlung, die dem Zweck dienen soll, einen Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder eine gemeine Not zu beseitigen oder abzuwenden. Das Retten setzt den Einsatz zugunsten einer oder mehrerer anderer Personen voraus. Sie muss darauf gerichtet sein, eine erhebliche aktuelle Gefahr für die Gesundheit eines anderen zu beseitigen (BSG, Urteil vom 15.06.2010, B 2 U 12/09 R, juris Rn 17).

Der Kläger hat nicht bei gemeiner Gefahr oder gemeiner Not Hilfe geleistet. Eine gemeine Gefahr oder gemeine Not liegt nur vor, wenn eine unbestimmte Vielzahl von Personen (Allgemeinheit) betroffen ist (BSG, aaO, Rn 18). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da keine Vielzahl von Personen betroffen war. Der Kläger hat die H offensichtlich auch nicht aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für ihre Gesundheit gerettet. Schließlich lag auch kein Unglücksfall vor. Ein Unglücksfall ist ein plötzlich auftretendes Ereignis, das eine Gefahr für Menschen oder Sachen mit sich bringt (BSG, aaO, Rn 19). Allein die Unmöglichkeit, den Parkplatz zu verlassen, birgt keine Gefahr für Menschen oder Sachen in sich.

3. Die freiwillige Hilfeleistung gegenüber der Frau H begründete vielmehr eine Versicherung nach § 2 Abs 2 S 1 SGB VII, denn der Beigeladene war zum Zeitpunkt des Unfalles wie ein im nicht gewerbsmäßigen Unternehmen der Kfz-Halterin H Beschäftigter tätig.

Nach § 2 Abs 2 S 1 SGB VII sind Personen versichert, die wie nach Abs 1 Nr 1 Versicherte tätig werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt § 2 Abs 2 S 1 SGB VII voraus, dass die Betätigung, Handlung oder Verrichtung eine ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert darstellt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist und nicht auf einer Sonderbeziehung beruht (vgl BSG, Urteil vom 28. Mai 1957, 2 RU 150/55 ; BSG, Urteile vom 13.8.2002, B 2 U 29/01 R und B 2 U 33/01 R; BSG, Urteil vom 31.5.2005, B 2 U 35/04 R). Die Tätigkeit kann gerade auch zugunsten von Privatpersonen erfolgen, solange ein fremdnütziger Zweck verfolgt wird. Es genügt, wenn die Arbeit nur einen geringen wirtschaftlichen Wert hat und auch eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 31.5.2005, B 2 U 35/04 R , juris Rn 17). Nicht versichert sind Gefälligkeitshandlungen, die innerhalb besonderer persönlicher Beziehungen (Familie, enge Bekanntschaft) oder in einer besonderen Situation (kurze Hilfe, kameradschaftliche Gegenseitigkeit) üblich sind und typischerweise erwartet werden. Im Einzelfall muss nach dem Gesamtbild der tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhänge, unter denen die Tätigkeit verrichtet wird, beurteilt werden, ob die in Frage stehende Handlung einer Tätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich ist (LSG NRW, Urteil vom 30.4.2010 - L 4 U 119/09).

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass nach diesen Grundsätzen auch eine Tätigkeit als Pannenhelfer zu einer Versicherung als "Wie-Beschäftigter" führen kann (vgl BSG, Urteile vom 25.01.73, 2 RU 55/71; vom 30.10.74, 2/8 RU 100/73; vom 13.12.84, 2 RU 79/83,und vom 27.11.85, 2 RU 37/84; LSG-Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2010, L 2 U 2211/09).

Nach den og Maßstäben ist eine Versicherung nach § 2 Abs 2 SGB VII zu bejahen. Die Hilfeleistung des Beigeladenen ging über eine beiläufige unbedeutende Gefälligkeit hinaus. Dass ergibt sich bereits daraus, dass der Beigeladene nach eigener Schilderung seinen Arbeitsplatz verlassen und um das Gebäude herum laufen musste, um Hilfe zu leisten. Zudem hatte er durch die Mitnahme einer Rolle Haushaltspapier Vorkehrungen für die beabsichtigte Hilfe getroffen. Erst nachdem klar war, dass das Fahrzeug durch Unterlegen von Papier unter die Reifen nicht zu bewegen sein würde, ist die konkret zum Unfall führende Hilfeleistung in Form des (versuchten) Anschiebens erfolgt. Schon eine solche Hilfeleistung geht deutlich über eine geringfügige unbedeutende Gefälligkeitshandlung hinaus (vgl zum Anschieben BSG, Urteil vom 25.01.73, 2 RU 55/71; BGH, Urteil vom 28.10.1986, VI ZR 181/85). Dabei ist irrelevant, dass es tatsächlich nicht zu einem Anschieben gekommen ist, da für die Gesamtbetrachtung auch die beabsichtigten Handlungsschritte zu berücksichtigen sind. Angesichts der Bitte von H um Hilfe handelte der Beigeladene auch unzweifelhaft in ihrem Interesse und mit ihrem Willen. Soweit verlangt wird, dass es sich um eine Tätigkeit handelt, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnendem Beschäftigungsverhältnis stehen, ist zu berücksichtigen, dass nahezu alle Tätigkeiten faktisch auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses verrichtet werden können und daher dieser Voraussetzung keine wesentliche Bedeutung mehr beikommt. Insbesondere entfällt der Versicherungsschutz nicht deshalb, weil eine für das Unternehmen untypische, ihm aber zu dienen bestimmte Arbeit verrichtet wird (vgl Niedermeyer, NZS 2010, 312, 313 f). Es ist daher unerheblich, ob Halter von PKW üblicherweise oder verbreitet Personen zur Verrichtung von Tätigkeiten der hier in Frage stehenden Art zu beschäftigen pflegen. Entsprechend ist auch die Hilfeleistung des Beigeladenen in Form des Anschiebens des Fahrzeugs als "Wie-Beschäftigung" zu beurteilen. Die Tätigkeit des Beigeladenen war gemäß § 2 Abs 2 S 1 SGB VII versichert.

Zwar wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass es dem Zweck des § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII widerspreche und die Vorschrift aushöhle, wenn es für die Bejahung einer Arbeitnehmertätigkeit ausreiche, dass für die einschlägige Arbeit ein Arbeitnehmer beschäftigt werden könnte, da theoretisch fast jede Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses wahrgenommen werden könne. Von der Anwendung der Vorschrift sollten daher typischerweise auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht angebotene Arbeiten ausgenommen werden; diese Beschränkung solle entgegen der bisherigen Rechtsprechung auch bei Pannenhilfe an private Kfz-Halter gelten (KassKomm/Lilienfeld, § 2 SGB VII Rn 107a f). Auch hat der Beigeladene im Zivilverfahren in seiner Berufungsbegründung vom 21.09.2011 zu Recht darauf hingewiesen, dass das BSG im Urteil vom 15.6.2010, aaO hinsichtlich des Merkmals einer Arbeitnehmertätigkeit deutlich andere Akzente setzt, wenn es ausführt, Beschäftigte, die im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses üblicherweise Tätigkeiten verrichteten, die den von dem dortigen Kläger vorgenommenen Handlungen (Befreiung eines Kindes aus einer Notlage) entsprächen, seien nicht auszumachen und wenn es dort eine (vorübergehende) Eingliederung in den Haushalt der Mutter des Kindes und eine Weisungsabhängigkeit vermisste (aaO Rn 23). In Fällen der Pannenhilfe käme nach diesen Maßstäben wohl kaum einmal eine Versicherung als "Wie-Beschäftigter" in Betracht, da ebenso wenig in Privathaushalten Personen beschäftigt werden, die "üblicherweise" solche Hilfestellungen beim Anschieben eines Fahrzeugs erbringen und gleichfalls würde vielfach die Weisungsabhängigkeit fehlen, wenn Helfer iniativ werden und nicht nur den Vorschlägen ("Weisungen") des Kfz-Halters folgen.

Der Senat vermag aber nicht zu erkennen, dass die gesicherte Rechtsprechung zur Pannenhilfe damit ernsthaft in Frage gestellt ist. Die zitierten Ausführungen des BSG betrafen keine tragenden Gründe, sondern waren bloße obiter dicta, da im konkreten Fall der Versicherungsschutz bereits nach § 2 Abs 1 Nr 13a SGB VII (Hilfe bei einem Unglücksfall) bejaht wurde. Das BSG setzt sich auch nicht mit der bisherigen Rechtsprechung zu § 2 Abs 2 SGB VII und insbesondere nicht mit den Entscheidungen zur Pannenhilfe auseinander und gibt nicht zu erkennen, dass es diese Rechtsprechung nicht fortsetzen will. Auch vor dem Hintergrund, dass offenkundig auch die Zivilgerichte keinen Anlass für eine Überprüfung der Rechtsprechung zum Unfallversicherungsschutz in Fällen der Pannenhilfe sehen (vgl OLG Oldenburg, Urteil vom 14.10.2015, 5 U 46/15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2012, 1 W 12/12) folgt der Senat im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung der og Rechtsprechung des BSG zur Pannenhilfe, nach deren Maßstäben, wie dargelegt, hier Versicherungsschutz nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII zu bejahen ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für die Einordnung als "Wie-Beschäftigung" die in § 135 Abs 1 Nr 7 SGB VII getroffene Regelung unerheblich. Danach geht die Versicherung gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 der Versicherung nach § 2 Abs 2 SGB VII vor. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift setzt damit voraus, dass die Tätigkeit des Klägers (auch) gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert gewesen ist. Dies war nach dem oben Gesagten jedoch nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Eine Kostenbeteiligung des Beigeladenen gemäß § 154 Abs 3 VwGO kommt nicht in Betracht, da dieser zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis gehört und ihm Kosten gemäß § 197a Abs 2 S 2 SGG nur unter den Voraussetzungen des § 192 SGG auferlegt werden können. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Der Beigeladene hat keinen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten durch die Beklagte, da er sich in beiden Instanzen deren Anträgen angeschlossen hat.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 HS 1 SGG iVm § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Danach ist der Streitwert im sozialgerichtlichen Verfahren nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen soweit in § 52 Abs 2 bis 7 GKG und anderen Vorschriften des GKG nichts anderes bestimmt ist. Die Klägerin wendet sich im Ergebnis gegen die vor den Zivilgerichten geltend gemachte Forderung des Beigeladenen. Voraussetzungen zur Abwehr dieser Forderung ist die Feststellung, dass es sich bei dem Unfall des Beigeladenen um einen Arbeitsunfall handelt mit der Folge des Haftungsprivilegs für die Versicherungsnehmerin der Klägerin (H) nach § 104 Abs 1 SGB VII. Daher hält es der Senat für angemessen, den Streitwert in Höhe der im Raum stehenden Forderung festzusetzten (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2010, L 2 U 2211/09, juris Rn 37). Der Senat nimmt insofern auf die zutreffende Streitwertfestsetzung in dem angefochtenen Urteil Bezug.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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