Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 850/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 263/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 18.2.2016 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2015 wird in Bezug auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von 35.683,49 Euro angeordnet. Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.920,87 Euro festgesetzt.
Gründe:
I. Die am 23.3.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen schriftlich erhobene Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 23.2.2016 zugestellten Beschluss vom 18.2.2016 ist zulässig, insbesondere gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegt worden.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet, soweit das SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2015 hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von 35.683,49 Euro abgelehnt hat. Denn hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen betreffend den Beigeladenen zu 1) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 18.11.2015 zulässig und begründet.
Der Antrag der Antragstellerin ist dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 18.11.2015 nur hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von 35.683,49 Euro begehrt. Die Antragstellerin hat im Antragsschriftsatz dargelegt, dass Ausgangspunkt ihrer Bemühungen um einstweiligen Rechtsschutz der Hinweis im Bescheid vom 18.11.2015 war, hinsichtlich der nachberechneten Beiträge habe ein gegebenenfalls erhobener Widerspruch keine aufschiebende Wirkung. Da die Antragsgegnerin das Begehren der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung insoweit abgelehnt hatte, hat diese sich zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes an das Sozialgericht (SG) Aachen gewandt, das sich damit nicht auf die von der Antragsgegnerin vorgenommene Beanstandung der Zahlung von Beiträgen im Zeitraum vom 25.6.2013 bis 31.12.2014 in Höhe von 5.975,07 Euro hinsichtlich Frau X erstreckt hat. Ein dahingehendes Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wäre auch mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, denn der Widerspruch hat insoweit bereits aufschiebende Wirkung (vgl. Senat, Beschluss vom 28.10.2015, L 8 R 442/15 B ER, juris).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren: Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER, Beschluss v. 27.6.2013, L 8 R 114/13 B ER m.w.N.; jeweils juris). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, hier der Anfechtungswiderspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, a.a.O.; Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, a.a.O.; Beschluss v. 27.6.2013, a.a.O.; juris, jeweils m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung des Anfechtungsrechtsbehelfs in der Hauptsache anzuordnen, da nach derzeitigem Erkenntnisstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass sich der Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2015 als erfolgreich erweisen wird.
Denn der Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2015 ist rechtswidrig. Zwar darf die Antragsgegnerin als prüfender Rentenversicherungsträger auf der Grundlage von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV grundsätzlich Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung erlassen. Im vorliegenden Fall war sie an einer entsprechenden Feststellung betreffend den Beigeladenen zu 1) jedoch durch die Bescheide der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund vom 28.4.2011 gehindert. Mit diesen - entgegen den Feststellungen des SG auch - an die Antragstellerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten Bescheiden hat die im Statusfeststellungsverfahren gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV ausschließlich zuständige DRV Bund das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Antragstellerin festgestellt (1.). Die Bescheide vom 28.4.2011 haben sich in der Folgezeit nicht gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (2.). Schließlich muss sich die Antragsgegnerin so behandeln lassen, als seien diese Bescheide ihr gegenüber bestandskräftig geworden (3.).
1. Mit den Bescheiden vom 28.4.2011 hat die DRV Bund im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV festgestellt, "dass die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der G GmbH seit dem 1.1.2011 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wird". In der Begründung dieser Bescheide hat die DRV Bund ergänzend ausgeführt, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer bei der G GmbH zu beurteilen sei. Damit ist das von der DRV Bund statusrechtlich beurteilte Vertragsverhältnis hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X) umschrieben. Unerheblich ist daher, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als die eines "Gesellschafter-Geschäftsführers" bezeichnet wurde. Der Zusatz "Gesellschafter-" kennzeichnet lediglich den Umstand, dass der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist, die statusrechtlich zu beurteilende Tätigkeit ist jedoch nur die des Geschäftsführers. Die Bescheide vom 28.4.2011 sind bestandskräftig geworden.
2. Die Bescheide der DRV Bund vom 28.4.2011 haben sich mit der beschriebenen Feststellungswirkung in der Folgezeit nicht gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Nach § 39 Abs. 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
a) Weder die DRV Bund noch die Antragsgegnerin haben die Bescheide vom 28.4.2011 gemäß § 45 SGB X zurückgenommen oder gemäß § 48 SGB X ausdrücklich oder durch schlüssiges willentliches Handeln aufgehoben. Ob die Voraussetzungen dieser Normen überhaupt vorgelegen haben bzw. vorliegen, kann der Senat daher offen lassen.
b) Die Bescheide vom 28.4.2011 treffen eine Regelung für die Zeit ab dem 1.1.2011, ohne deren Ende festzulegen, sodass sie zudem nicht gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X befristet waren.
c) Die Bescheide haben sich auch nicht auf andere Weise erledigt.
aa) Ein Verwaltungsakt erledigt sich auf andere Weise, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu entfalten, oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl.2014, § 39 Rdnr. 14; Steinwedel in Kasseler Kommentar, 88. EL 2015, § 39 SGB X Rdnr. 24). Das ist insbesondere der Fall, wenn sein Regelungsgegenstand entfallen ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.1.1993, 4 RA 40/92, SozR 3-8570 § 10 Nr. 1; Urteil v. 25.5.2011, B 12 KR 9/09 R, SozR 4-2500 § 8 Nr. 3).
bb) Im vorliegenden Fall war der Regelungsgegenstand, nämlich das vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen zu 1) als deren Geschäftsführer, ungeachtet der zum 7.8.2012 und nochmals zum 25.6.2013 eingetretenen Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse am Gesellschaftsvermögen der Antragstellerin nicht entfallen (vgl. bereits Senat, Urteil v. 20.4.2016, L 8 R 801/15, und Beschluss v. 28.10.2015, L 8 R 442/15 B ER, jeweils juris). Vielmehr liegt es im Wesen der juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften, dass ihre Identität durch Veränderungen im Gesellschafterbestand und in den Beteiligungsverhältnissen nicht berührt wird, sofern dies gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich nicht ausdrücklich geregelt ist. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Eine bloße Änderung in den Beteiligungsverhältnissen, die den Geschäftsführervertrag als solchen unangetastet lässt, kann daher allenfalls nach § 48 Abs. 1 SGB X maßgeblich sein (vgl. zur Abgrenzung von § 39 Abs. 2 SGB X und § 48 SGB X bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung auch Steinwedel, a.a.O. Rdnr. 25), setzt hierzu aber einen entsprechenden Verwaltungsakt voraus, der im vorliegenden Fall - wie dargelegt - nicht erlassen worden ist. Diesem Verständnis entspricht im Übrigen auch der in den Bescheiden der DRV Bund vom 28.4.2011 erteilte Hinweis, dass diese Bescheide zu überprüfen seien, sofern in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieser Bescheide vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Hinweis auf § 48 SGB X). Änderungen in den Verhältnissen können daher nach diesem Hinweis, müssen aber nicht "automatisch" zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung führen.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Bescheide vom 28.4.2011 auch der Antragsgegnerin bekanntgegeben worden sind.
a) Hierfür ist bislang allerdings nichts ersichtlich. In den beigezogenen Verwaltungsakten des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV existiert lediglich die Abschrift eines Schreibens der DRV Bund vom 10.6.2011 an die Antragsgegnerin, mit dem zum "Auftragnehmer W" und zur Versicherungsnummer 000, also der des Beigeladenen zu 1), "diverse Unterlagen" mit der Bitte um Prüfung übersandt wurden, ob die selbständige Tätigkeit der Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI unterliegt. Ob diesem Schreiben die Bescheide vom 28.4.2011 beigefügt waren, ist ebenso wenig ersichtlich, wie der Zugang dieser Bescheide bei der Antragsgegnerin.
b) Auch wenn die Bescheide vom 28.4.2011 nicht gegenüber der Antragsgegnerin bekanntgegeben worden sein sollten, muss diese sie jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen. Nach § 7a SGB IV entscheidet die DRV Bund durch Verwaltungsakt über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie greift damit notwendigerweise über die Sphäre des direkten Adressaten hinaus in die Sphäre Dritter rechtsgestaltend ein, sodass die Betroffenen - unter ihnen die Antragsgegnerin als prüfender und im Übrigen auch kontoführender Rentenversicherungsträger - nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X notwendig am Verfahren zu beteiligen sind. Etwaige Verwaltungsentscheidungen über das Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht sind ihnen gegenüber bekanntzugeben (§ 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X). In diesem Fall kann sich auch der betroffene Sozialversicherungsträger gegen die Feststellung von Versicherungsfreiheit prozessual zur Wehr setzen. Umgekehrt darf sich jedoch der durch einen solchen Bescheid Begünstigte darauf verlassen, dass nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist im Falle ordnungsgemäßer Bekanntgabe Bestandskraft des Bescheides gemäß § 77 SGG mit dem daraus folgenden Vertrauensschutz eintritt (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5; Urteil v. 18.12.2013, B 12 R 2/11 R, SozR 4-2400 § 23a Nr. 7; jeweils m.w.N.). Angesichts dessen würde es einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn sich die Antragsgegnerin nunmehr darauf beriefe, dass ihr der Bescheid vom 28.4.2011 nicht bekanntgegeben worden sei (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R, SozR 4-1500 § 66 Nr. 4; Senat, Beschluss v. 28.10.2015, a.a.O.).
Damit steht auch mit Wirkung gegenüber der Antragsgegnerin fest, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Antragstellerin selbständig war und somit nicht der Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Eine Beitragspflicht der Antragstellerin als Arbeitgeberin gem. § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV bestand daher nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwert ist gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entsprechend der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R, juris) einschließlich etwaiger Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, und v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R, jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen, auf 8.920,87 Euro festzusetzen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I. Die am 23.3.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen schriftlich erhobene Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 23.2.2016 zugestellten Beschluss vom 18.2.2016 ist zulässig, insbesondere gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegt worden.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet, soweit das SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2015 hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von 35.683,49 Euro abgelehnt hat. Denn hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen betreffend den Beigeladenen zu 1) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 18.11.2015 zulässig und begründet.
Der Antrag der Antragstellerin ist dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 18.11.2015 nur hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von 35.683,49 Euro begehrt. Die Antragstellerin hat im Antragsschriftsatz dargelegt, dass Ausgangspunkt ihrer Bemühungen um einstweiligen Rechtsschutz der Hinweis im Bescheid vom 18.11.2015 war, hinsichtlich der nachberechneten Beiträge habe ein gegebenenfalls erhobener Widerspruch keine aufschiebende Wirkung. Da die Antragsgegnerin das Begehren der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung insoweit abgelehnt hatte, hat diese sich zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes an das Sozialgericht (SG) Aachen gewandt, das sich damit nicht auf die von der Antragsgegnerin vorgenommene Beanstandung der Zahlung von Beiträgen im Zeitraum vom 25.6.2013 bis 31.12.2014 in Höhe von 5.975,07 Euro hinsichtlich Frau X erstreckt hat. Ein dahingehendes Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wäre auch mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, denn der Widerspruch hat insoweit bereits aufschiebende Wirkung (vgl. Senat, Beschluss vom 28.10.2015, L 8 R 442/15 B ER, juris).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren: Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER, Beschluss v. 27.6.2013, L 8 R 114/13 B ER m.w.N.; jeweils juris). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, hier der Anfechtungswiderspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, a.a.O.; Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, a.a.O.; Beschluss v. 27.6.2013, a.a.O.; juris, jeweils m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung des Anfechtungsrechtsbehelfs in der Hauptsache anzuordnen, da nach derzeitigem Erkenntnisstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass sich der Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2015 als erfolgreich erweisen wird.
Denn der Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2015 ist rechtswidrig. Zwar darf die Antragsgegnerin als prüfender Rentenversicherungsträger auf der Grundlage von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV grundsätzlich Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung erlassen. Im vorliegenden Fall war sie an einer entsprechenden Feststellung betreffend den Beigeladenen zu 1) jedoch durch die Bescheide der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund vom 28.4.2011 gehindert. Mit diesen - entgegen den Feststellungen des SG auch - an die Antragstellerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten Bescheiden hat die im Statusfeststellungsverfahren gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV ausschließlich zuständige DRV Bund das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Antragstellerin festgestellt (1.). Die Bescheide vom 28.4.2011 haben sich in der Folgezeit nicht gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (2.). Schließlich muss sich die Antragsgegnerin so behandeln lassen, als seien diese Bescheide ihr gegenüber bestandskräftig geworden (3.).
1. Mit den Bescheiden vom 28.4.2011 hat die DRV Bund im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV festgestellt, "dass die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der G GmbH seit dem 1.1.2011 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wird". In der Begründung dieser Bescheide hat die DRV Bund ergänzend ausgeführt, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer bei der G GmbH zu beurteilen sei. Damit ist das von der DRV Bund statusrechtlich beurteilte Vertragsverhältnis hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X) umschrieben. Unerheblich ist daher, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als die eines "Gesellschafter-Geschäftsführers" bezeichnet wurde. Der Zusatz "Gesellschafter-" kennzeichnet lediglich den Umstand, dass der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist, die statusrechtlich zu beurteilende Tätigkeit ist jedoch nur die des Geschäftsführers. Die Bescheide vom 28.4.2011 sind bestandskräftig geworden.
2. Die Bescheide der DRV Bund vom 28.4.2011 haben sich mit der beschriebenen Feststellungswirkung in der Folgezeit nicht gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Nach § 39 Abs. 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
a) Weder die DRV Bund noch die Antragsgegnerin haben die Bescheide vom 28.4.2011 gemäß § 45 SGB X zurückgenommen oder gemäß § 48 SGB X ausdrücklich oder durch schlüssiges willentliches Handeln aufgehoben. Ob die Voraussetzungen dieser Normen überhaupt vorgelegen haben bzw. vorliegen, kann der Senat daher offen lassen.
b) Die Bescheide vom 28.4.2011 treffen eine Regelung für die Zeit ab dem 1.1.2011, ohne deren Ende festzulegen, sodass sie zudem nicht gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X befristet waren.
c) Die Bescheide haben sich auch nicht auf andere Weise erledigt.
aa) Ein Verwaltungsakt erledigt sich auf andere Weise, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu entfalten, oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl.2014, § 39 Rdnr. 14; Steinwedel in Kasseler Kommentar, 88. EL 2015, § 39 SGB X Rdnr. 24). Das ist insbesondere der Fall, wenn sein Regelungsgegenstand entfallen ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.1.1993, 4 RA 40/92, SozR 3-8570 § 10 Nr. 1; Urteil v. 25.5.2011, B 12 KR 9/09 R, SozR 4-2500 § 8 Nr. 3).
bb) Im vorliegenden Fall war der Regelungsgegenstand, nämlich das vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen zu 1) als deren Geschäftsführer, ungeachtet der zum 7.8.2012 und nochmals zum 25.6.2013 eingetretenen Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse am Gesellschaftsvermögen der Antragstellerin nicht entfallen (vgl. bereits Senat, Urteil v. 20.4.2016, L 8 R 801/15, und Beschluss v. 28.10.2015, L 8 R 442/15 B ER, jeweils juris). Vielmehr liegt es im Wesen der juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften, dass ihre Identität durch Veränderungen im Gesellschafterbestand und in den Beteiligungsverhältnissen nicht berührt wird, sofern dies gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich nicht ausdrücklich geregelt ist. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Eine bloße Änderung in den Beteiligungsverhältnissen, die den Geschäftsführervertrag als solchen unangetastet lässt, kann daher allenfalls nach § 48 Abs. 1 SGB X maßgeblich sein (vgl. zur Abgrenzung von § 39 Abs. 2 SGB X und § 48 SGB X bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung auch Steinwedel, a.a.O. Rdnr. 25), setzt hierzu aber einen entsprechenden Verwaltungsakt voraus, der im vorliegenden Fall - wie dargelegt - nicht erlassen worden ist. Diesem Verständnis entspricht im Übrigen auch der in den Bescheiden der DRV Bund vom 28.4.2011 erteilte Hinweis, dass diese Bescheide zu überprüfen seien, sofern in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieser Bescheide vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Hinweis auf § 48 SGB X). Änderungen in den Verhältnissen können daher nach diesem Hinweis, müssen aber nicht "automatisch" zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung führen.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Bescheide vom 28.4.2011 auch der Antragsgegnerin bekanntgegeben worden sind.
a) Hierfür ist bislang allerdings nichts ersichtlich. In den beigezogenen Verwaltungsakten des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV existiert lediglich die Abschrift eines Schreibens der DRV Bund vom 10.6.2011 an die Antragsgegnerin, mit dem zum "Auftragnehmer W" und zur Versicherungsnummer 000, also der des Beigeladenen zu 1), "diverse Unterlagen" mit der Bitte um Prüfung übersandt wurden, ob die selbständige Tätigkeit der Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI unterliegt. Ob diesem Schreiben die Bescheide vom 28.4.2011 beigefügt waren, ist ebenso wenig ersichtlich, wie der Zugang dieser Bescheide bei der Antragsgegnerin.
b) Auch wenn die Bescheide vom 28.4.2011 nicht gegenüber der Antragsgegnerin bekanntgegeben worden sein sollten, muss diese sie jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen. Nach § 7a SGB IV entscheidet die DRV Bund durch Verwaltungsakt über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie greift damit notwendigerweise über die Sphäre des direkten Adressaten hinaus in die Sphäre Dritter rechtsgestaltend ein, sodass die Betroffenen - unter ihnen die Antragsgegnerin als prüfender und im Übrigen auch kontoführender Rentenversicherungsträger - nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X notwendig am Verfahren zu beteiligen sind. Etwaige Verwaltungsentscheidungen über das Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht sind ihnen gegenüber bekanntzugeben (§ 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X). In diesem Fall kann sich auch der betroffene Sozialversicherungsträger gegen die Feststellung von Versicherungsfreiheit prozessual zur Wehr setzen. Umgekehrt darf sich jedoch der durch einen solchen Bescheid Begünstigte darauf verlassen, dass nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist im Falle ordnungsgemäßer Bekanntgabe Bestandskraft des Bescheides gemäß § 77 SGG mit dem daraus folgenden Vertrauensschutz eintritt (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5; Urteil v. 18.12.2013, B 12 R 2/11 R, SozR 4-2400 § 23a Nr. 7; jeweils m.w.N.). Angesichts dessen würde es einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn sich die Antragsgegnerin nunmehr darauf beriefe, dass ihr der Bescheid vom 28.4.2011 nicht bekanntgegeben worden sei (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R, SozR 4-1500 § 66 Nr. 4; Senat, Beschluss v. 28.10.2015, a.a.O.).
Damit steht auch mit Wirkung gegenüber der Antragsgegnerin fest, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Antragstellerin selbständig war und somit nicht der Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Eine Beitragspflicht der Antragstellerin als Arbeitgeberin gem. § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV bestand daher nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwert ist gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entsprechend der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R, juris) einschließlich etwaiger Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, und v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R, jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen, auf 8.920,87 Euro festzusetzen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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