L 14 R 345/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 R 2150/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 345/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
zum Status eines Quartierbetreuers
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Klägerin für die Zeit von 01.08.2006 bis 31.08.2007 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.570,70 EUR nachzuzahlen hat.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH, deren Gegenstand nach dem Eintrag in das Handelsregister Concierge-, Hotelpagen-, Haushalts- und ähnliche Dienstleistungen sind.

Der 1953 geborene Beigeladene zu 1 erhielt von der Bundesagentur für Arbeit einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 01.06.2006 bis 28.02.2007 für eine selbständige Tätigkeit mit dem angebotenen Service "Recht und Ordnung" - Rechtsbetreuung, Seniorenbetreuung, Ordnungsberatung.

Am 01.08.2006 schloss er mit der Klägerin einen auf unbestimmte Dauer angelegten sogenannten "Freien Mitarbeitervertrag". § 2 des Vertrages enthält folgende Regelung: 1. Der freie Mitarbeiter übernimmt die Erledigung folgender Arbeiten nach Anforderung durch den Dienstberechtigten: - Quartierbetreuung, Konfliktmanagement - Betreuung von Wohnhäusern als Concierge - Psychosoziale Begleitung 2. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, die übernommenen Aufgaben innerhalb der jeweils für den Einzelfall vereinbarten Zeit zu erledigen. Es steht ihm frei, die Übernahme einer Tätigkeit abzulehnen. 3. Der freie Mitarbeiter unterliegt bei Durchführung der übernommenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Dienstberechtigten. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich jedoch, über die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt gewordenen betrieblichen Interna und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren. ( ...) Der freie Mitarbeiter erhält pro nachgewiesener Arbeitsstunde eine Vergütung von 10 EUR zzgl. MwSt. (§ 3). Er rechnet die geleisteten Arbeitsstunden monatlich jeweils bis zum 15. des Folgemonats unter Vorlage der jeweiligen Nachweise (Tätigkeitsberichte, eventuelle Auslagen) ab. Er hat keinen Anspruch auf Vergütung im Krankheitsfall (§ 5) und während des Urlaubs (§ 6). Die Festlegung des Urlaubs soll nach Möglichkeit mit dem Dienstberechtigten abgesprochen werden (§ 6). Der freie Mitarbeiter ist berechtigt, weitere Dienstverhältnisse einzugehen oder andere Tätigkeiten aufzunehmen, hat dies aber zur Vermeidung von Interessenskonflikten dem Dienstberechtigten anzuzeigen (§ 7). Das Dienstverhältnis kann von beiden Parteien mit einer Frist von 6 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform (§ 9).

Die Beklagte führte bei der Klägerin am 09.11.2007 eine Betriebsprüfung durch (Prüfzeitraum 01.06.2003 bis 31.10.2007). Im Erhebungsbogen "Angaben zum Auftraggeber" gab der Beigeladene zu 1 am 01.12.2007 u.a. an, weder ein Gewerbe angemeldet zu haben noch eigene Betriebsräume zu haben. Er beschäftige keinen Arbeitnehmer. Weisungen würden ihm nicht erteilt, seine Arbeiten würden auch nicht kontrolliert. Die Frage, ob er die gleichen Arbeiten ausführe wie die angestellten Mitarbeiter der Klägerin, wurde bejaht. Er sei verpflichtet, die Arbeiten persönlich auszuführen. Eigene Hilfskräfte könne er nicht einsetzen. Mehrere Auftraggeber habe er nicht, ebenso wenig besäße er einen eigenen Kundenstamm.

Der Bevollmächtigte der Klägerin führte im Anhörungsverfahren aus, dass sich die Tätigkeit der freien Mitarbeiter von der Tätigkeit der Angestellten dadurch unterscheide, dass die freien Mitarbeiter einen angebotenen Auftrag ablehnen könnten und eine zeitliche und örtliche Auswahlmöglichkeit hätten. Sie seien bei der Gestaltung des übernommenen Auftrags inhaltlich frei und nicht weisungsgebunden und erfüllten lediglich die Rahmenbedingungen des vereinbarten Dienstleistungsvertrages. Zudem könnten sie beruflich auch anderweitig tätig sein. Sie übten nicht die gleichen Tätigkeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter aus. Letztere seien mit den unterschiedlichsten Qualifikationen ausgestattet und für einen niederschwelligen Einsatz im Bereich der Concierge-Dienstleistungen überqualifiziert.

Mit Bescheid vom 26.10.2009 forderte die Beklagte von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 7.800,09 Euro nach. Die Betriebsprüfung habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Beigeladene zu 1 in der Zeit vom 01.08.2006 bis 31.08.2007 abhängig beschäftigt gewesen sei und insoweit 5.570,70 Euro nachzuzahlen seien. Für vier weitere freie Mitarbeiter wurden abhängige Beschäftigungsverhältnisse auf geringfügiger Basis festgestellt und Pauschalbeiträge ab 2005 in Höhe von insgesamt 2.229,39 Euro nacherhoben.

Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2011 zurück. Der Beigeladene zu 1 sowie die übrigen im Bescheid aufgeführten Personen seien in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies ergäbe sich daraus, dass sie nach eigenen übereinstimmenden Angaben die gleichen Arbeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter der Klägerin ausgeführt hätten. Für eine abhängige Beschäftigung spräche auch, dass sie die Tätigkeit persönlich hätten ausführen müssen. Ein eigenes Unternehmerrisiko hätten sie nicht gehabt. Dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung stehe auch nicht entgegen, dass ausdrücklich eine freie Mitarbeit vereinbart worden sei. Entscheidend sei nicht die Bezeichnung einer Tätigkeit und der Ausschluss von Arbeitnehmerrechten, sondern die tatsächliche Ausgestaltung einer Tätigkeit.

Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München und wies erneut darauf hin, dass der Beigeladene zu 1 nicht weisungsgebunden gewesen sei und Aufträge habe annehmen oder ablehnen können. Er sei nur bei Annahme eines Auftrages in die Betriebsorganisation eingebunden gewesen. Er habe in Spitzenzeiten das bestehende Personal ergänzt und - anders als ein fest angestellter Mitarbeiter - einen laufenden Auftrag eigenverantwortlich verlängern oder verkürzen können. Bei den angebotenen Tätigkeiten habe es sich um Aufgaben aus dem Feld der pädagogischen Arbeit, also im weitesten Sinne um Beziehungsarbeit, gehandelt. Der freie Mitarbeiter sei projektbezogen, klienten- und bedarfsorientiert ausgesucht und nach seinen persönlichen Fähigkeiten eingesetzt worden. Aus diesem Grund hätten die Aufträge nicht ohne Einschaltung/Rücksprache mit der Klägerin an Dritte weitergegeben werden können. Der Urlaub habe nicht mit der Klägerin abgesprochen werden müssen - eine Absprache sei allerdings erwünscht gewesen, damit in Bedarfssituationen anderweitig habe geplant werden können. Das unternehmerische Risiko habe u.a. darin gelegen, dass die fest angestellten Mitarbeiter bei geringer Auftragslage vorrangig eingesetzt worden seien.

Das Sozialgericht München wies die Klage mit Urteil vom 06.02.2014 ab. Bei einer Prüfung der durch schriftlichen Vertrag, ergänzende Abreden und tatsächliche Verhältnisse geprägten Beziehung zwischen dem Beigeladenen zu 1 und der Klägerin lasse sich widerspruchsfrei erkennen, dass der Beigeladene zu 1 einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin nachgegangen sei. Sein Beschäftigungsverhältnis sei gekennzeichnet gewesen durch eine im Kern gleichbleibende und wiederkehrende konkrete Aufgabenstellung der Konfliktbeseitigung und -schlichtung, durch eine problemlose zeitliche Messbarkeit des Arbeitsvolumens und demgemäß durch ein an Arbeitsstunden orientiertes festes Entgelt. Die Einräumung einer sehr flexiblen Arbeitszeit sei heute absolut üblich. Das geistige oder technische Niveau von Tätigkeiten sei kein tragfähiges Kriterium für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit. Vorliegend gehe aber die Argumentation mit einem unverwechselbaren speziellen unternehmerischen Profil des Beigeladenen zu 1 ohnehin fehl, weil dieser über keinerlei Fachausbildung im Bereich des Konfliktmanagements verfüge. Ein Stundenlohn von 10 Euro lasse ihn ganz im Gegenteil als durchaus billig entlohnten Zeitarbeiter erscheinen. Irgendwelche Investitionen und eigene betriebliche Strukturen seien für seine Tätigkeiten bei der Klägerin nicht erforderlich gewesen.

Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben und gerügt, dass das Sozialgericht nicht die subjektive Seite der Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1 beleuchtet und nicht die Frage gestellt habe, wie weit die Klägerin die Motivation und Geschäftsentwicklung des Beigeladenen habe erforschen müssen, um objektivierbare Angaben zu erhalten und kein reguläres Arbeitsverhältnis zu begründen. Die Bewertung der Vergütungshöhe durch das Sozialgericht sei bizarr angesichts der aktuellen Diskussion um einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Der Beigeladene habe sich in der komfortablen Lage befunden, nach langjähriger beruflicher Tätigkeit finanziell unabhängig zu sein und in einem völlig neuen Tätigkeitsfeld zu arbeiten, weil es ihn interessiert habe. Er unterscheide sich insofern signifikant von den fest angestellten Kräften, als er über keine einschlägige Vorbildung und Qualifikation als Sozialpädagoge verfüge. Der direkte Einsatz von Sozialpädagogen im Kontakt mit den Bewohnern des Quartiers sei von der Klägerin gar nicht gewünscht gewesen. Sie habe diese in anleitender Funktion verortet.

Zur Erläuterung der Aufgabenstellung der Klägerin wurde eine Geschäftsvereinbarung vom 31.03.2005 zwischen der Klägerin und der G. (Gemeinnützige Wohnungsfürsorge AG) vorgelegt, in der das Betreiben eines Quartierbetreuungsbüros mit festen Bürostunden für die Mieterschaft einer bestimmten Wohnanlage vereinbart wird. Ausgeführt wird ferner, dass der Schwerpunkt der Arbeit eines Quartierbetreuers in der niederschwelligen psychosozialen Betreuung der Bewohnerschaft liege und die Stabilisierung der Nachbarschaft im Vordergrund stehe. Der Quartierbetreuer sei Ansprechpartner für persönliche Anliegen aller Art, er kontrolliere durch regelmäßige Rundgänge die Anlage, interveniere bei auffälligem Verhalten von Mietern, erledige kleine Dienstleistungen (Entgegennahme von Paketen, Hilfe beim Ausfüllen von Formularen usw.), fördere die nachbarschaftlichen Kontakte etc ... Zur Sicherung der fachlichen Qualität beinhalte die Vereinbarung auch eine regelmäßige und intensive Begleitung der Mitarbeiter durch interne sozialpädagogische Fachkräfte.

Die Beklagte führte in ihrer Berufungserwiderung aus, dass weder die subjektive Seite des beruflichen Engagements des Beigeladenen zu 1 noch seine Geschäftsentwicklung entscheidend seien. Maßgeblich sei allein seine Arbeitsbeziehung zur Klägerin. Hier ergebe sich in der Gesamtschau das Bild eines typischen Arbeitnehmers.

In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin, dass sich die Berufung nicht gegen die Forderung hinsichtlich der vier weiteren Mitarbeiter richte.

Der Beigeladene zu 1 erklärte, im Auftrag der Klägerin im Wesentlichen eine der G. gehörende Wohnanlage in C-Stadt betreut zu haben. Die Arbeit in der Wohnanlage habe er im wöchentlichen Wechsel mit einem angestellten Kollegen verrichtet. Er habe darauf geachtet, dass die Hausordnung eingehalten werde und darüber Berichte geschrieben. In einem Büro der Klägerin habe er Sprechzeiten für die Mieter abgehalten und sei einmal täglich auch ins G.-Büro gegangen, um über seine Beobachtungen zu berichten. Etwa alle ein bis zwei Wochen sei ein Sozialpädagoge und führender Mitarbeiter der Klägerin vorbeigekommen. Dieser habe die Berichte gelesen und bei Bedarf mit ihm über bestimmte Themen gesprochen sowie ihm auch Aufträge (z.B. Streitschlichtung) erteilt.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 06.02.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte des Sozialgerichts und der Beklagtenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht München hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin in der Zeit vom 01.08.2006 bis 31.08.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist und insoweit Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen sind. Der insoweit geforderte Nachzahlungsbetrag von insgesamt 5.570,70 EUR ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Nach § 28p Abs. 1 S 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern u.a., ob diese ihren Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, insbesondere prüfen sie die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Die genannten Träger erlassen im Rahmen der Prüfung u.a. Verwaltungsakte zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern, § 28p Abs. 1 S 5 SGB IV.

Der Arbeitgeber hat nach § 28 a SGB IV versicherungspflichtige Beschäftigte zur Sozialversicherung anzumelden. Ob gegen Entgelt tätige Personen versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, richtet sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV.

Danach ist unter Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Wesentliche Merkmale für das Vorliegen von persönlicher Abhängigkeit bzw. von Nichtselbständigkeit sind die organisatorische Eingliederung in einen fremden Betrieb und eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit. Die Weisungsgebundenheit kann erheblich eingeschränkt sein und sich letztlich auf eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess beschränken. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit gekennzeichnet durch ein eigenes unternehmerisches Risiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie eine im Wesentlichen frei gestaltete Arbeitstätigkeit (BSGE 13, 196 ff.;16, 289 ff.). Weist eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit als auch der Selbständigkeit auf, kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen (vgl. BSGE 45,199, 200). Maßgebend ist dabei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.

Im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegen hier eindeutig die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 sprechen.

Der im Wesentlichen als Quartierbetreuer eingesetzte Beigeladene zu 1, der in der streitgegenständlichen Zeit über keine eigene Betriebsstätte verfügte und in dieser Zeit auch nicht für andere Auftraggeber tätig war, war letztlich im Kerngeschäft der Klägerin tätig, den sogenannten Quartierbüros in G.-Wohnanlagen. In diesem Rahmen war er in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert.

Seine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin zeigt sich insbesondere an dem Umstand, dass er bei Annahme eines Auftrages die gleichen Arbeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter der Klägerin übernahm und sich mit diesen bei den zu leistenden Diensten abwechselte. So fand bei der Betreuung einer G.-Wohnanlage in C-Stadt, in der er hauptsächlich tätig war, ein wöchentlicher Wechsel mit einem fest angestellten Kollegen statt. Wie sein Kollege hatte er die Bürostunden des Quartierbüros einzuhalten, Berichte über besondere Vorkommnisse in der Wohnanlage zu fertigen und im G.-Büro über seine Beobachtungen zu berichten. Er wurde - wie die fest angestellten Mitarbeiter - bei seiner Arbeit von sozialpädagogischen Fachkräften der Klägerin "begleitet", so wie dies in der von der Klägerin mit der G. geschlossenen Geschäftsvereinbarung vorgesehen war. Der die Wohnanlage aufsuchende Sozialpädagoge besprach mit ihm aufgetretene Probleme und deren Lösung und erteilte ihm in diesem Rahmen auch Aufträge.

Auch dass der Beigeladene zu 1 seinen Urlaub nach Möglichkeit mit der Klägerin absprechen sollte, weil er bei den Einsatzplänen für die Quartierbüros mit berücksichtigt wurde, zeigt seine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Nach außen, z.B. gegenüber den Mitarbeitern der G. oder gegenüber den Mietern, trat er nicht als selbständiger Quartierbetreuer, sondern als Quartierbetreuer der Klägerin auf.

Im Vertrag über seine freie Mitarbeit war zwar ausdrücklich Weisungsfreiheit vereinbart worden. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit bei einer Tätigkeit als Quartierbetreuer konkrete inhaltliche Weisungen überhaupt in Betracht kommen. Die Tätigkeit zeichnet sich letztlich durch freies Agieren und spontanes Reagieren aus, so dass hier dem Umstand, dass im Detail keine Handlungsanweisungen erfolgt sind, wenig Bedeutung zukommt. Dessen ungeachtet hat es im vorliegenden Fall durchaus dahingehende äußere Vorgaben gegeben, dass der Quartierbetreuer bei schönem Wetter und in den Schulferien ab 9 oder 10 Uhr morgens in der Wohnanlage zu sein und bis zum Eintritt der Dunkelheit zu bleiben hatte. Auch die Anregungen des Sozialpädagogen, der in den Wohnanlagen nach dem Rechten schaute, waren vom Beigeladenen zu 1 wohl umzusetzen gewesen.

Für eine abhängige Tätigkeit spricht hier auch, dass der Beigeladene zu 1 die Tätigkeit als Quartierbetreuer höchstpersönlich zu erbringen hatte. Es war ihm nicht gestattet, Hilfskräfte einzusetzen.

Des Weiteren deuten die Entlohnung nach Arbeitsstunden sowie der eher niedrige Stundensatz von 10 EUR auf eine abhängige Beschäftigung hin. Dabei hatte der Beigeladene zu 1 nicht wie ein Unternehmer die Möglichkeit, durch geschickte Ausgestaltung oder Organisation seiner Tätigkeit seinen Gewinn oder seine Gewinnchancen zu erhöhen. Hierfür fehlte es an jeglichem Gestaltungsspielraum.

Ein nennenswertes Unternehmerrisiko ist nicht ersichtlich. Kapital hat der Beigeladene zu 1 für seine Tätigkeit bei der Klägerin nicht eingesetzt. Es kam lediglich seine Arbeitskraft zum Einsatz. Er hatte - wie andere Beschäftigte - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitsgebers zu tragen.

Der Senat verkennt indes nicht, dass hier auch einige Gesichtspunkte für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechen. Der mit der Klägerin geschlossene Vertrag über freie Mitarbeit verpflichtete den Beigeladenen zu 1 nicht zur Erbringung eines bestimmten Arbeitsvolumens. Umgekehrt hatte er keinen Anspruch darauf, Aufträge in einem bestimmten Umfang zu erhalten. Anders als dies üblicherweise bei Arbeitnehmern der Fall ist, hatte er die Möglichkeit, einen angebotenen Auftrag anzunehmen oder abzulehnen, was auch praktiziert worden ist. Entsprechend konnte ihn die Klägerin nicht gegen seinen Willen in einer anderen Wohnanlage oder überhaupt an anderer Stelle einsetzen, wo er nicht eingesetzt werden wollte. Er musste auch nicht an den Supervisionsveranstaltungen der Klägerin teilnehmen. Zudem war er in der Urlaubsplanung freier als seine fest angestellten Kollegen, er erhielt keinen bezahlten Urlaub und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Schließlich kann hier auch die inhaltliche Freiheit bei der Gestaltung seiner Quartierbetreuertätigkeit als Indiz für eine selbständige Tätigkeit gewertet werden.

Diese Gesichtspunkte treten jedoch im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung hinter den erstgenannten Merkmalen der abhängigen Beschäftigung zurück.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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