Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 1395/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3823/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.09.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Zugunstenverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die 1965 geborene Klägerin ist t. Staatsangehörige, absolvierte keine Berufsausbildung und lebt seit 1984 in Deutschland. Nach ihren Angaben war sie als Reinigungskraft und Lagerarbeiterin tätig. Ihre letzte Tätigkeit nahm sie 2005 als Reinigungskraft in einer Schule (fünf Tage pro Woche, zwei Stunden täglich) auf. Das Beschäftigungsverhältnis endete im März 2014.
Nach Entlassung aus einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme in der M. Klinik am Südpark 2012 (chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Diabetes mellitus Typ II, Glaukom beidseits, Adipositas, Hypothyreose; als Reinigungskraft und für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich belastbar, Bl. 69 VA) und einem stationären Aufenthalt auf der Station für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der G. Klinik S. 2013 (u.a. rezidivierende depressive Episode, derzeit mittelgradig, Fibromyalgie, Bl. 87 VA) beantragte die Klägerin am 10.06.2013 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte das Gutachten der Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. K. vom 25.07.2013 ein (Bl. 111 VA). Gegenüber dieser gab die Klägerin u.a. an, den Haushalt für ihre fünfköpfige Familie zu erledigen und im Garten Gemüse anzubauen. Die Gutachterin diagnostizierte eine somatoforme Schmerzverarbeitungsstörung im Sinne einer Fibromyalgie mit zusätzlichen somatischen Faktoren, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leicht bis mittelschwer, eine Großzehengrundgelenksarthrose rechts sowie eine Arthrose im Bereich der rechten Fußwurzel, einen Fersensporn und eine leichtgradige Gonarthrose rechts, einen Diabetes mellitus mit vorbeschriebener Polyneuropathie, eine Adipositas, einen Bluthochdruck, eine Hypothyreose und ein vorbeschriebenes Glaukom ohne Funktionseinschränkung. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft sei der Klägerin drei bis sechs Stunden täglich zumutbar. Leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne diese unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Mit Bescheid vom 26.07.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab (Bl. 150 VA). Den am 17.09.2013 von der - rechtskundig vertretenen - Klägerin gestellten Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 26.07.2013 gemäß § 44 SGB X lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.01.2014 und Widerspruchsbescheid vom 17.07.2014 (Bl. 209 VA) ab.
Am 29.07.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben (Aktenzeichen zunächst S 17 R 2291/14). Das Sozialgericht hat neben diversen sachverständigen Zeugenauskünften behandelnder Ärzte, die u.a. die bereits aktenkundigen Störungen auf nervenärztlichem Gebiet (Schmerzstörung und depressive Erkrankung) bestätigt haben, auch die Auskünfte des Orthopäden Dr. H. (Gonarthrose beidseits, Chondromalazie Hüfte rechts, Periarthritis humeroscapularis, Impingementsyndrom, Adipositas per magna, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren; vollschichtige Leistungsfähigkeit als Reinigungskraft und für leichte Tätigkeiten, Bl. 102 f. SG-Akte) und des Orthopäden Dr. S. (Gonarthrose beidseits, Zervikobrachialgie beidseits, Lumbalgie, Coxarthrose rechts, Knick-Senk-Spreizfüße beidseits mit einer Tendinose der Tibialisposteriorsehne; vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten, Bl. 127 f. SG-Akte) sowie das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. (Bl. 147 SG-Akte) eingeholt. Diese hat eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine Dysthymia diagnostiziert. Unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen seien der Klägerin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt acht Stunden täglich zumutbar. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein nervenärztliches Gutachten beim Facharzt für Psychiatrie G. eingeholt (Bl. 2 SG-Akte S 17 R 1395/16). Dieser hat eine chronische therapieresistente rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode, die sich im Zusammenhang mit traumatisierenden Erlebnissen seit 1987 entwickelt habe, und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Es liege eine Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden täglich vor. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. (Bl. 28 SG-Akte S 17 R 1395/16) hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 27.09.2016 abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend die Rücknahme des Bescheides vom 26.07.2013 abgelehnt, da dieser rechtmäßig sei. Zwar bestünden rentenrechtlich relevante Leiden auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet, die aber - so das Sozialgericht den Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und den sachverständigen Zeugenauskünften der behandelnden Orthopäden folgend - lediglich zu einer qualitativen, nicht aber zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens im Hinblick auf die Ausübung leichter körperlicher Tätigkeiten führten.
Am 14.10.2016 hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen G. trägt sie vor, unter einer chronischen therapieresistenten rezidivierenden depressiven Störung im Zusammenhang mit traumatisierenden Erlebnissen seit 1987 und einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren zu leiden. Diese schweren psychischen Erkrankungen hätten in den Jahren nach einer Fehlgeburt 1987, der psychischen und physischen Misshandlung durch den Ehemann seit 1988 und den folgenden drei Suizidversuchen in den Jahren 1991 bis 1993 einen chronischen Verlauf genommen, wobei sie bis 2004 nicht fachpsychiatrisch betreut worden sei. Zu keinem Zeitpunkt sei es zu einer Besserung ihres psychischen Befindens gekommen. Sie nehme Schmerzmittel und Antidepressiva. Ihr Ehemann erwarte nach wie vor, dass sie den Haushalt allein erledige und habe kein Verständnis für sie. Sie könne sich nicht widersetzen, da sie dann Gewalt von ihm erfahre. Der Sachverständige G. verstehe die kulturellen Hintergründe besser als Dr. S ... Diese habe insbesondere die Suizidversuche nicht anamnestisch erfasst.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.09.2016 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2014 zu verurteilen, den Bescheid vom 26.07.2013 zurückzunehmen und ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das Urteil des Sozialgerichts und ihre angefochtene Entscheidung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 23.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2014, mit dem die Beklagte im Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X die Rücknahme des Bescheides vom 26.07.2013 ablehnte. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin war zum allein maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 26.07.2013 trotz bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, so dass ihr weder Rente wegen voller noch - hier hilfsweise geltend gemacht - wegen teilweiser Erwerbsminderung zustand.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen für den geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 26.07.2013 nach § 44 SGB X und der geltend gemachten Ansprüche auf Rente (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI - ) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sich der Bescheid vom 26.07.2013 nicht als rechtswidrig, sondern als rechtmäßig erweist. Die Klägerin ist trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen in der Lage, körperlich leichte berufliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen im zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen ist weder volle noch teilweise Erwerbsminderung gegeben. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weitere Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Entscheidung des Sozialgerichts wird bereits durch das Gutachten von Dr. K. , die zutreffend von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte (bis mittelschwere) Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen ausging, gestützt. So erhob die Gutachterin keine wesentlichen Funktionseinschränkungen. Die Gelenke der Extremitäten und die Wirbelsäule waren frei beweglich, was auch die Beobachtung der Klägerin beim Entkleiden bestätigte, und lediglich Fußspitzen- und Fußhackengang waren beidseits erschwert (Bl. 117 f. VA). Bis auf eine leicht- bis mittelgradige affektive Herabstimmung, eine leicht eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit und einen leicht reduzierten Antrieb erhob Dr. K. ferner einen psychiatrischen Normalbefund (Bl. 118 VA). Unter Berücksichtigung dieser Befunde und der anamnetischen Angaben, wonach die Klägerin in der Lage ist, den Haushalt für fünf erwachsene Personen zu erledigen (Aufräumen, Betten machen, Wäsche waschen, Kochen, Einkaufen, Bl. 116 VA), darüber hinaus einer zweistündigen Putztätigkeit nachzugehen und im Garten Gemüse anzubauen, lag keine quantitative Minderung des Leistungsvermögen vor, worauf Dr. K. überzeugend hinwies (vgl. Bl. 121 f. VA).
Bis heute hat sich am vollschichtigen Leistungsvermögen der Klägerin nichts geändert, wie das Sozialgericht überzeugend dargelegt hat. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Klägerin im Wesentlichen Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem und darüber hinaus auf orthopädischem Fachgebiet vorliegen und es hat sich bei seiner Einschätzung auf das Gutachten von Dr. S. , die sachverständigen Zeugenauskünfte der Orthopäden Dr. S. und Dr. H. und den Entlassungsbericht der M. Klinik am Südpark gestützt. Überzeugend hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. S. (Bl. 28 SG-Akte S 17 R 1395/16) dargelegt, dass den Ausführungen des Sachverständigen G. nicht zu folgen ist, weil aus belastenden Ereignissen, die 20 und mehr Jahre vor der Rentenantragstellung (Fehlgeburt, Suizidversuche, häusliche Gewalt) stattgefunden haben, nicht auf eine aktuell ausgeprägte chronische Depression geschlossen werden kann und die insgesamt vierstündige Anamneseerhebung bei dem Sachverständigen G. bereits gegen eine wesentliche Antriebsminderung und die Diagnose einer schwerwiegenden depressiven Erkrankung spricht. Auch insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weitere Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zu Gunsten der Klägerin legt der Senat sämtliche von Dr. K. (Bl. 122 f. VA), Dr. S. (Bl. 162 SG-Akte) und Dr. S. (Bl. 128 SG-Akte) genannten qualitativen Einschränkungen bei der Ausübung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Grunde. Unter Korrektur bzw. Ergänzung der Ausführungen des Sozialgerichts ergibt sich zusammengefasst: möglich sind überwiegend sitzende Tätigkeiten, unter Ausschluss von Tätigkeiten in Wechsel- oder Nachtschicht oder mit häufig wechselnden Arbeitszeiten, mit besonderer geistiger Beanspruchung (Teamleitung, Koordination, Verantwortung) und mit Verantwortung für andere Personen. Nicht möglich sind ferner Akkord- oder Fließbandarbeit, Tätigkeiten an laufenden Maschinen, mit Ersteigen von Treppen, Leitern, Gerüsten, mit häufigem Knien, Kniebeugung unter Belastung, Hocken, Bücken, mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit Heben schwerer Lasten und mit Absturzgefahr.
Soweit die Klägerin auch im Berufungsverfahren unter Bezugnahme auf das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie G. vorträgt, bei ihr bestehe eine gleichbleibend schwere psychische Erkrankung seit 1987, die sich mangels adäquater Behandlung bislang nicht gebessert habe, weist der Senat über die Ausführungen des Sozialgerichts hinaus unter Bezugnahme auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. S. (Bl. 31 SG-Akte S 17 R 1395/16) darauf hin, dass sich der Sachverständige G. insoweit nicht mit den bereits erhobenen und aktenkundigen Befunden auseinander gesetzt hat, die seiner Einschätzung einer gleichbleibend schweren psychischen Erkrankung diametral entgegenstehen. So wurde im Entlassungsbericht der M. Klinik am Südpark bis auf eine leichte depressive Erschöpfung im Affekt bei sonst erhaltener Schwingungsfähigkeit und erhaltener kognitiver Leistungsfähigkeit (Bl. 75 VA) kein pathologischer Befund erhoben und weder eine Depression noch eine Dysthymie diagnostiziert. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Entlassungsberichts der G. Klinik S. (Bl. 88 f. VA) und der erhobenen Befunde in den Gutachten der Dr. K. (Bl. 118 VA) und der Dr. S. (Bl. 154 SG-Akte). Ebenso wenig hat sich der Sachverständige G. mit dem insbesondere im Rahmen der Vorgutachten jeweils erhobenen Tagesablauf bzw. den angegebenen Aktivitäten der Klägerin auseinandergesetzt (Erledigung des kompletten Haushalts für fünf erwachsene Personen, Kochen, Dr. K. , Bl. 116 VA; soziale Kontakte zweimal wöchentlich jeweils vier Stunden in der Moschee, Einkaufen, Auto fahren, Haushalt, gelegentlicher Besuch von Veranstaltungen, Hochzeiten, Grillen, wöchentlich Reha-Sport, Dr. S. , Bl. 152 f. SG-Akte), die gleichfalls den von ihm angegebenen Befunden, der Diagnose einer mittelgradigen Depression und der Hypothese entgegenstehen, dass die anamnetisch erfragten Ereignisse in den Jahren 1987 ff. zu einer gleichbleibend schwerwiegenden psychischen Erkrankung geführt haben, worauf Dr. S. zutreffend hingewiesen hat (Bl. 31 f. SG-Akte S 17 R 1395/16). Der Sachverständige G. hat im Übrigen eine ausführliche Anamnese nicht erstellt und überdies die ihm gegenüber mitgeteilten Aktivitäten (regelmäßiger Moscheebesuch am Wochenende mit der Pflege sozialer Kontakte zu anderen Frauen, Bl. 11 SG-Akte S 17 R 1395/16) nicht bei der Diagnosestellung und Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin einfließen lassen, worauf Dr. S. ebenfalls zutreffend hingewiesen hat (vgl. Bl. 31 f. SG-Akte S 17 R 1395/16).
Auch aus weiteren Gründen ist dem Gutachten des Sachverständigen G. nicht zu folgen. So hat dieser zwar anamnetisch Beeinträchtigungen erhoben (Morgentief, Schlafstörungen, Müdigkeit, Vergesslichkeit, Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit, Insuffizienzgefühle, multiple Schmerzen, Bl. 11 SG-Akte S 17 R 1395/16), ebenso, wie der Dipl.-Psych. S. im Rahmen seines psychologischen Zusatzgutachtens (Bl. 16 SG-Akte S 17 R 1395/16). Wie Dr. S. jedoch überzeugend dargelegt hat, hat schon der Dipl.-Psych. S. keine wesentlichen funktionell beeinträchtigenden Befunde mitgeteilt, die in Übereinstimmung mit diesen anamnetischen Angaben stehen (Bl. 29 SG-Akte S 17 R 1395/16). Der Sachverständige G. selbst hat die Klägerin als wach, allseits orientiert, Kontakt gut herstellbar, Sprache ausreichend moduliert, Rapport prompt, sicher und informativ beschrieben (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16), aber nicht erläutert, auf Grund welcher Umstände er trotz dieser Befunde eine deutliche Antriebsminderung, psychomotorische Verlangsamung und geminderte Konzentrationsfähigkeit (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16) angenommen hat, was Dr. S. ebenfalls zutreffend beanstandet hat. Im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen (Bl. 19 SG-Akte S 17 R 1395/16) hat der Sachverständige G. eine schwergradige Beeinträchtigung des Antriebs, der Psychomotorik und mittelgradige kognitive Störungen angegeben. Überzeugend hat Dr. S. darauf hingewiesen, dass bei einer schwergradigen Störung der Antriebslage - u.a. mit dann ausgeprägter Hemmung des Denkablaufs - und einer mittelgradigen kognitiven Störung eine ausführliche Anamneseerhebung nicht möglich ist, weil der Betroffene zu einem ausführlichen Bericht gar nicht in der Lage ist (Bl. 30 SG-Akte S 17 R 1395/16). Vorliegend hat die Klägerin ausführliche anamnetische Angaben nicht nur einmalig gegenüber dem Sachverständigen G. gemacht, sondern am selben Tag auch gegenüber dem Dipl.-Psych. S ... Der Sachverständige G. hat die Klägerin als an der Untersuchung interessiert beschrieben (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16) und mehrfach auf lebhafte affektive Auslenkungen hingewiesen (heftiges Weinen, psychogener Erregungszustand, Bl. 11, 14 SG-Akte S 17 R 1395/16), was ebenfalls nicht in Übereinstimmung mit einer wesentlichen Minderung der Antriebslage zu bringen ist (Dr. S. , Bl. 30 SG-Akte S 17 R 1395/16). Darüber hinaus ist der Untersuchungsverlauf auch nicht mit der von dem Sachverständigen G. angegebenen deutlichen bzw. mittelgradigen Beeinträchtigung der Kognition (Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Hemmung formales Denken) in Einklang zu bringen. So hat dieser Gedächtnis und Auffassungsgabe als ungestört (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16) beschrieben und eine Verlangsamung oder Hemmung des Denkablaufs nicht angegeben, worauf Dr. S. ebenfalls überzeugend hingewiesen hat (Bl. 30 SG-Akte S 17 R 1395/16).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragen hat, dass der Sachverständige G. ihre kulturellen Hintergründe besser verstehe und die Klägerin besser beurteilen könne als Dr. S. , überzeugt dies nicht. Maßgebend für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin als Grundlage für die Prüfung der Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung ist nicht ein besonderes Verständnis kultureller Hintergründe des Betroffenen, sondern die insbesondere anhand der Anamnese und des Befundes festzustellenden funktionellen Beeinträchtigungen. Dem Gutachten G. ist nicht zu entnehmen, dass die besondere Kenntnis kultureller Hintergründe im Rahmen der Anamnese oder der Befunderhebung zu anderen bzw. weitergehenderen Erkenntnissen geführt hat, als dies bei Dr. S. der Fall gewesen ist.
Soweit die Klägerin weiter beanstandet, dass von Dr. S. die Suizidversuche nicht anamnestisch erfasst worden seien, ergibt sich hieraus keine Relevanz für die aktuelle Einschätzung des Leistungsvermögens. Diese dramatischen Ereignisse mehr als 20 Jahre vor der Rentenantragstellung haben angesichts der von Dr. S. dokumentierten Anamnese und der von ihr erhobenen Befunde - entgegen der nicht nachvollziehbaren Begründung des Sachverständigen G. - gerade keine Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren auf die Einnahme von Schmerzmitteln und Antidepressiva und ihre Konfliktsituation mit dem Ehemann verweist, sind diese Umstände auch der Sachverständigen Dr. S. bereits bekannt gewesen (vgl. Bl. 149 SG-Akte, Bl. 115 VA) und haben im Rahmen ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin Eingang gefunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Zugunstenverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die 1965 geborene Klägerin ist t. Staatsangehörige, absolvierte keine Berufsausbildung und lebt seit 1984 in Deutschland. Nach ihren Angaben war sie als Reinigungskraft und Lagerarbeiterin tätig. Ihre letzte Tätigkeit nahm sie 2005 als Reinigungskraft in einer Schule (fünf Tage pro Woche, zwei Stunden täglich) auf. Das Beschäftigungsverhältnis endete im März 2014.
Nach Entlassung aus einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme in der M. Klinik am Südpark 2012 (chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Diabetes mellitus Typ II, Glaukom beidseits, Adipositas, Hypothyreose; als Reinigungskraft und für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich belastbar, Bl. 69 VA) und einem stationären Aufenthalt auf der Station für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der G. Klinik S. 2013 (u.a. rezidivierende depressive Episode, derzeit mittelgradig, Fibromyalgie, Bl. 87 VA) beantragte die Klägerin am 10.06.2013 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte das Gutachten der Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. K. vom 25.07.2013 ein (Bl. 111 VA). Gegenüber dieser gab die Klägerin u.a. an, den Haushalt für ihre fünfköpfige Familie zu erledigen und im Garten Gemüse anzubauen. Die Gutachterin diagnostizierte eine somatoforme Schmerzverarbeitungsstörung im Sinne einer Fibromyalgie mit zusätzlichen somatischen Faktoren, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leicht bis mittelschwer, eine Großzehengrundgelenksarthrose rechts sowie eine Arthrose im Bereich der rechten Fußwurzel, einen Fersensporn und eine leichtgradige Gonarthrose rechts, einen Diabetes mellitus mit vorbeschriebener Polyneuropathie, eine Adipositas, einen Bluthochdruck, eine Hypothyreose und ein vorbeschriebenes Glaukom ohne Funktionseinschränkung. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft sei der Klägerin drei bis sechs Stunden täglich zumutbar. Leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne diese unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Mit Bescheid vom 26.07.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab (Bl. 150 VA). Den am 17.09.2013 von der - rechtskundig vertretenen - Klägerin gestellten Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 26.07.2013 gemäß § 44 SGB X lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.01.2014 und Widerspruchsbescheid vom 17.07.2014 (Bl. 209 VA) ab.
Am 29.07.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben (Aktenzeichen zunächst S 17 R 2291/14). Das Sozialgericht hat neben diversen sachverständigen Zeugenauskünften behandelnder Ärzte, die u.a. die bereits aktenkundigen Störungen auf nervenärztlichem Gebiet (Schmerzstörung und depressive Erkrankung) bestätigt haben, auch die Auskünfte des Orthopäden Dr. H. (Gonarthrose beidseits, Chondromalazie Hüfte rechts, Periarthritis humeroscapularis, Impingementsyndrom, Adipositas per magna, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren; vollschichtige Leistungsfähigkeit als Reinigungskraft und für leichte Tätigkeiten, Bl. 102 f. SG-Akte) und des Orthopäden Dr. S. (Gonarthrose beidseits, Zervikobrachialgie beidseits, Lumbalgie, Coxarthrose rechts, Knick-Senk-Spreizfüße beidseits mit einer Tendinose der Tibialisposteriorsehne; vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten, Bl. 127 f. SG-Akte) sowie das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. (Bl. 147 SG-Akte) eingeholt. Diese hat eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine Dysthymia diagnostiziert. Unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen seien der Klägerin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt acht Stunden täglich zumutbar. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein nervenärztliches Gutachten beim Facharzt für Psychiatrie G. eingeholt (Bl. 2 SG-Akte S 17 R 1395/16). Dieser hat eine chronische therapieresistente rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode, die sich im Zusammenhang mit traumatisierenden Erlebnissen seit 1987 entwickelt habe, und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Es liege eine Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden täglich vor. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. (Bl. 28 SG-Akte S 17 R 1395/16) hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 27.09.2016 abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend die Rücknahme des Bescheides vom 26.07.2013 abgelehnt, da dieser rechtmäßig sei. Zwar bestünden rentenrechtlich relevante Leiden auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet, die aber - so das Sozialgericht den Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und den sachverständigen Zeugenauskünften der behandelnden Orthopäden folgend - lediglich zu einer qualitativen, nicht aber zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens im Hinblick auf die Ausübung leichter körperlicher Tätigkeiten führten.
Am 14.10.2016 hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen G. trägt sie vor, unter einer chronischen therapieresistenten rezidivierenden depressiven Störung im Zusammenhang mit traumatisierenden Erlebnissen seit 1987 und einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren zu leiden. Diese schweren psychischen Erkrankungen hätten in den Jahren nach einer Fehlgeburt 1987, der psychischen und physischen Misshandlung durch den Ehemann seit 1988 und den folgenden drei Suizidversuchen in den Jahren 1991 bis 1993 einen chronischen Verlauf genommen, wobei sie bis 2004 nicht fachpsychiatrisch betreut worden sei. Zu keinem Zeitpunkt sei es zu einer Besserung ihres psychischen Befindens gekommen. Sie nehme Schmerzmittel und Antidepressiva. Ihr Ehemann erwarte nach wie vor, dass sie den Haushalt allein erledige und habe kein Verständnis für sie. Sie könne sich nicht widersetzen, da sie dann Gewalt von ihm erfahre. Der Sachverständige G. verstehe die kulturellen Hintergründe besser als Dr. S ... Diese habe insbesondere die Suizidversuche nicht anamnestisch erfasst.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.09.2016 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2014 zu verurteilen, den Bescheid vom 26.07.2013 zurückzunehmen und ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das Urteil des Sozialgerichts und ihre angefochtene Entscheidung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 23.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2014, mit dem die Beklagte im Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X die Rücknahme des Bescheides vom 26.07.2013 ablehnte. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin war zum allein maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 26.07.2013 trotz bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, so dass ihr weder Rente wegen voller noch - hier hilfsweise geltend gemacht - wegen teilweiser Erwerbsminderung zustand.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen für den geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 26.07.2013 nach § 44 SGB X und der geltend gemachten Ansprüche auf Rente (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI - ) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sich der Bescheid vom 26.07.2013 nicht als rechtswidrig, sondern als rechtmäßig erweist. Die Klägerin ist trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen in der Lage, körperlich leichte berufliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen im zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen ist weder volle noch teilweise Erwerbsminderung gegeben. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weitere Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Entscheidung des Sozialgerichts wird bereits durch das Gutachten von Dr. K. , die zutreffend von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte (bis mittelschwere) Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen ausging, gestützt. So erhob die Gutachterin keine wesentlichen Funktionseinschränkungen. Die Gelenke der Extremitäten und die Wirbelsäule waren frei beweglich, was auch die Beobachtung der Klägerin beim Entkleiden bestätigte, und lediglich Fußspitzen- und Fußhackengang waren beidseits erschwert (Bl. 117 f. VA). Bis auf eine leicht- bis mittelgradige affektive Herabstimmung, eine leicht eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit und einen leicht reduzierten Antrieb erhob Dr. K. ferner einen psychiatrischen Normalbefund (Bl. 118 VA). Unter Berücksichtigung dieser Befunde und der anamnetischen Angaben, wonach die Klägerin in der Lage ist, den Haushalt für fünf erwachsene Personen zu erledigen (Aufräumen, Betten machen, Wäsche waschen, Kochen, Einkaufen, Bl. 116 VA), darüber hinaus einer zweistündigen Putztätigkeit nachzugehen und im Garten Gemüse anzubauen, lag keine quantitative Minderung des Leistungsvermögen vor, worauf Dr. K. überzeugend hinwies (vgl. Bl. 121 f. VA).
Bis heute hat sich am vollschichtigen Leistungsvermögen der Klägerin nichts geändert, wie das Sozialgericht überzeugend dargelegt hat. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Klägerin im Wesentlichen Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem und darüber hinaus auf orthopädischem Fachgebiet vorliegen und es hat sich bei seiner Einschätzung auf das Gutachten von Dr. S. , die sachverständigen Zeugenauskünfte der Orthopäden Dr. S. und Dr. H. und den Entlassungsbericht der M. Klinik am Südpark gestützt. Überzeugend hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. S. (Bl. 28 SG-Akte S 17 R 1395/16) dargelegt, dass den Ausführungen des Sachverständigen G. nicht zu folgen ist, weil aus belastenden Ereignissen, die 20 und mehr Jahre vor der Rentenantragstellung (Fehlgeburt, Suizidversuche, häusliche Gewalt) stattgefunden haben, nicht auf eine aktuell ausgeprägte chronische Depression geschlossen werden kann und die insgesamt vierstündige Anamneseerhebung bei dem Sachverständigen G. bereits gegen eine wesentliche Antriebsminderung und die Diagnose einer schwerwiegenden depressiven Erkrankung spricht. Auch insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weitere Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zu Gunsten der Klägerin legt der Senat sämtliche von Dr. K. (Bl. 122 f. VA), Dr. S. (Bl. 162 SG-Akte) und Dr. S. (Bl. 128 SG-Akte) genannten qualitativen Einschränkungen bei der Ausübung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Grunde. Unter Korrektur bzw. Ergänzung der Ausführungen des Sozialgerichts ergibt sich zusammengefasst: möglich sind überwiegend sitzende Tätigkeiten, unter Ausschluss von Tätigkeiten in Wechsel- oder Nachtschicht oder mit häufig wechselnden Arbeitszeiten, mit besonderer geistiger Beanspruchung (Teamleitung, Koordination, Verantwortung) und mit Verantwortung für andere Personen. Nicht möglich sind ferner Akkord- oder Fließbandarbeit, Tätigkeiten an laufenden Maschinen, mit Ersteigen von Treppen, Leitern, Gerüsten, mit häufigem Knien, Kniebeugung unter Belastung, Hocken, Bücken, mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit Heben schwerer Lasten und mit Absturzgefahr.
Soweit die Klägerin auch im Berufungsverfahren unter Bezugnahme auf das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie G. vorträgt, bei ihr bestehe eine gleichbleibend schwere psychische Erkrankung seit 1987, die sich mangels adäquater Behandlung bislang nicht gebessert habe, weist der Senat über die Ausführungen des Sozialgerichts hinaus unter Bezugnahme auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. S. (Bl. 31 SG-Akte S 17 R 1395/16) darauf hin, dass sich der Sachverständige G. insoweit nicht mit den bereits erhobenen und aktenkundigen Befunden auseinander gesetzt hat, die seiner Einschätzung einer gleichbleibend schweren psychischen Erkrankung diametral entgegenstehen. So wurde im Entlassungsbericht der M. Klinik am Südpark bis auf eine leichte depressive Erschöpfung im Affekt bei sonst erhaltener Schwingungsfähigkeit und erhaltener kognitiver Leistungsfähigkeit (Bl. 75 VA) kein pathologischer Befund erhoben und weder eine Depression noch eine Dysthymie diagnostiziert. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Entlassungsberichts der G. Klinik S. (Bl. 88 f. VA) und der erhobenen Befunde in den Gutachten der Dr. K. (Bl. 118 VA) und der Dr. S. (Bl. 154 SG-Akte). Ebenso wenig hat sich der Sachverständige G. mit dem insbesondere im Rahmen der Vorgutachten jeweils erhobenen Tagesablauf bzw. den angegebenen Aktivitäten der Klägerin auseinandergesetzt (Erledigung des kompletten Haushalts für fünf erwachsene Personen, Kochen, Dr. K. , Bl. 116 VA; soziale Kontakte zweimal wöchentlich jeweils vier Stunden in der Moschee, Einkaufen, Auto fahren, Haushalt, gelegentlicher Besuch von Veranstaltungen, Hochzeiten, Grillen, wöchentlich Reha-Sport, Dr. S. , Bl. 152 f. SG-Akte), die gleichfalls den von ihm angegebenen Befunden, der Diagnose einer mittelgradigen Depression und der Hypothese entgegenstehen, dass die anamnetisch erfragten Ereignisse in den Jahren 1987 ff. zu einer gleichbleibend schwerwiegenden psychischen Erkrankung geführt haben, worauf Dr. S. zutreffend hingewiesen hat (Bl. 31 f. SG-Akte S 17 R 1395/16). Der Sachverständige G. hat im Übrigen eine ausführliche Anamnese nicht erstellt und überdies die ihm gegenüber mitgeteilten Aktivitäten (regelmäßiger Moscheebesuch am Wochenende mit der Pflege sozialer Kontakte zu anderen Frauen, Bl. 11 SG-Akte S 17 R 1395/16) nicht bei der Diagnosestellung und Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin einfließen lassen, worauf Dr. S. ebenfalls zutreffend hingewiesen hat (vgl. Bl. 31 f. SG-Akte S 17 R 1395/16).
Auch aus weiteren Gründen ist dem Gutachten des Sachverständigen G. nicht zu folgen. So hat dieser zwar anamnetisch Beeinträchtigungen erhoben (Morgentief, Schlafstörungen, Müdigkeit, Vergesslichkeit, Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit, Insuffizienzgefühle, multiple Schmerzen, Bl. 11 SG-Akte S 17 R 1395/16), ebenso, wie der Dipl.-Psych. S. im Rahmen seines psychologischen Zusatzgutachtens (Bl. 16 SG-Akte S 17 R 1395/16). Wie Dr. S. jedoch überzeugend dargelegt hat, hat schon der Dipl.-Psych. S. keine wesentlichen funktionell beeinträchtigenden Befunde mitgeteilt, die in Übereinstimmung mit diesen anamnetischen Angaben stehen (Bl. 29 SG-Akte S 17 R 1395/16). Der Sachverständige G. selbst hat die Klägerin als wach, allseits orientiert, Kontakt gut herstellbar, Sprache ausreichend moduliert, Rapport prompt, sicher und informativ beschrieben (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16), aber nicht erläutert, auf Grund welcher Umstände er trotz dieser Befunde eine deutliche Antriebsminderung, psychomotorische Verlangsamung und geminderte Konzentrationsfähigkeit (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16) angenommen hat, was Dr. S. ebenfalls zutreffend beanstandet hat. Im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen (Bl. 19 SG-Akte S 17 R 1395/16) hat der Sachverständige G. eine schwergradige Beeinträchtigung des Antriebs, der Psychomotorik und mittelgradige kognitive Störungen angegeben. Überzeugend hat Dr. S. darauf hingewiesen, dass bei einer schwergradigen Störung der Antriebslage - u.a. mit dann ausgeprägter Hemmung des Denkablaufs - und einer mittelgradigen kognitiven Störung eine ausführliche Anamneseerhebung nicht möglich ist, weil der Betroffene zu einem ausführlichen Bericht gar nicht in der Lage ist (Bl. 30 SG-Akte S 17 R 1395/16). Vorliegend hat die Klägerin ausführliche anamnetische Angaben nicht nur einmalig gegenüber dem Sachverständigen G. gemacht, sondern am selben Tag auch gegenüber dem Dipl.-Psych. S ... Der Sachverständige G. hat die Klägerin als an der Untersuchung interessiert beschrieben (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16) und mehrfach auf lebhafte affektive Auslenkungen hingewiesen (heftiges Weinen, psychogener Erregungszustand, Bl. 11, 14 SG-Akte S 17 R 1395/16), was ebenfalls nicht in Übereinstimmung mit einer wesentlichen Minderung der Antriebslage zu bringen ist (Dr. S. , Bl. 30 SG-Akte S 17 R 1395/16). Darüber hinaus ist der Untersuchungsverlauf auch nicht mit der von dem Sachverständigen G. angegebenen deutlichen bzw. mittelgradigen Beeinträchtigung der Kognition (Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Hemmung formales Denken) in Einklang zu bringen. So hat dieser Gedächtnis und Auffassungsgabe als ungestört (Bl. 14 SG-Akte S 17 R 1395/16) beschrieben und eine Verlangsamung oder Hemmung des Denkablaufs nicht angegeben, worauf Dr. S. ebenfalls überzeugend hingewiesen hat (Bl. 30 SG-Akte S 17 R 1395/16).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragen hat, dass der Sachverständige G. ihre kulturellen Hintergründe besser verstehe und die Klägerin besser beurteilen könne als Dr. S. , überzeugt dies nicht. Maßgebend für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin als Grundlage für die Prüfung der Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung ist nicht ein besonderes Verständnis kultureller Hintergründe des Betroffenen, sondern die insbesondere anhand der Anamnese und des Befundes festzustellenden funktionellen Beeinträchtigungen. Dem Gutachten G. ist nicht zu entnehmen, dass die besondere Kenntnis kultureller Hintergründe im Rahmen der Anamnese oder der Befunderhebung zu anderen bzw. weitergehenderen Erkenntnissen geführt hat, als dies bei Dr. S. der Fall gewesen ist.
Soweit die Klägerin weiter beanstandet, dass von Dr. S. die Suizidversuche nicht anamnestisch erfasst worden seien, ergibt sich hieraus keine Relevanz für die aktuelle Einschätzung des Leistungsvermögens. Diese dramatischen Ereignisse mehr als 20 Jahre vor der Rentenantragstellung haben angesichts der von Dr. S. dokumentierten Anamnese und der von ihr erhobenen Befunde - entgegen der nicht nachvollziehbaren Begründung des Sachverständigen G. - gerade keine Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren auf die Einnahme von Schmerzmitteln und Antidepressiva und ihre Konfliktsituation mit dem Ehemann verweist, sind diese Umstände auch der Sachverständigen Dr. S. bereits bekannt gewesen (vgl. Bl. 149 SG-Akte, Bl. 115 VA) und haben im Rahmen ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin Eingang gefunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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