L 3 AS 41/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 20 AS 3970/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 41/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Zurückverweisungsentscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG kann durch Gerichtsbescheid ergehen
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25. November 2013 aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Der Beklagte wendet sich gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 24. November 2013, mit dem der Bescheid vom 8. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2013, ohne Entscheidung in der Sache selbst, gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufgehoben wurde. In der Sache begehrt die Klägerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch– Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Februar bis zum 30. Juni 2013 ohne Anrechnung einer Erbschaft.

Die 1971 geborene, erwerbsfähige und alleinerziehende Klägerin bezieht seit längerem in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem 2008 geborenen Sohn Leistungen nach dem SGB II. Bis zu ihrem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten zum 1. April 2012 lebte sie in Z ... und erhielt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom dortigen Jobcenter. Zuletzt gewährte ihr das Jobcenter Z ... mit Bescheid vom 30. März 2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. August 2011 für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum 31. Oktober 2011 und mit Bescheid vom 28. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. November 2011 und 7. Februar 2012 Leistungen für die Zeit vom 1. November 2011 bis zum 30. April 2012.

Am 10. April 2012 beantragte die Klägerin erstmals beim Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für sich und ihren Sohn. Seit dem 1. April 2012 bewohnte sie in M ... eine 2-Zimmer-Wohnung mit 56,95 qm, für die sie eine monatliche Miete von 399,50 EUR (267,00 EUR für Kaltmiete, 57,00 EUR für Betriebskosten und 75,50 EUR für Heiz- und Warmwasserkosten) zu zahlen hatte. Für ihren Sohn erhielt sie Kindergeld in Höhe von monatlich 208,80 EUR sowie Unterhaltsvorschuss in Höhe von monatlich 133,00 EUR.

Die Klägerin ist zu 1/24 Erbin nach ihrem am 5. September 2011 verstorbenen Großvater. Das Erbe bestand aus Bargeld sowie einem noch zu veräußernden Hausgrundstück. Der Erbanteil aus dem Bargeld belief sich auf 8.419,45 EUR. Am 30. April 2012 überwies ihr die mit der Erbauseinandersetzung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei nach Abzug der Anwaltskosten einen Betrag von 7.577,50 EUR.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Oktober 2012 ab, da sie unter Anrechnung der Erbschaft in Höhe von 7.577,50 EUR als Einkommen verteilt auf einen Zeitraum von sechs Monaten (je 1.262,91 EUR) ihren Lebensunterhalt decken könne.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 1. August 2012 hin bewilligt der Beklagte ihr und ihrem Sohn (ab September 2012) mit Bescheid vom 29. August 2012 vorläufige Leistungen für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 und zwar in Höhe von 682,34 EUR für den Monat August 2012 und 785,34 EUR für die weiteren Monate.

Am 22. Januar 2013 stellte die Klägerin einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen für die Zeit ab dem 1. Februar 2013 und informierte den Beklagten über den zwischenzeitlich erfolgten Verkauf des zur Erbmasse gehörenden Hausgrundstücks. Dieses hatte die Erbengemeinschaft mit notariellem Vertrag vom 6. September 2012 veräußert und hierin unter anderem vereinbart, dass sich der Anteil der Klägerin am Erlös auf 9.109,37 EUR belaufe. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 hatte sie der beauftragte Notar vom Eingang des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto informiert. Am 4. Dezember 2012 war ihr schließlich der Betrag auf ein unter dem Namen ihrer Eltern lautendes Konto gutgeschrieben worden.

Hieraufhin setzte der Beklagte mit Festsetzung- und Erstattungsbescheid vom 7. Februar 2012 die Leistungen für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Dezember 2012 in Höhe der vorläufigen Bewilligung endgültig fest und hob den Bewilligungsbescheid vom 29. August 2012 für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Januar 2013 wegen des Zuflusses des Erlöses aus dem Verkauf des Hausgrundstücks auf. Zugleich forderte er von der Klägerin und ihrem Sohn die für diese Zeit ausgezahlten Leistungen in Höhe von 965,96 EUR zurück. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch änderte er den Bescheid vom 7. Februar 2012 mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2013 (Az. V 403/13) dahingehend ab, dass der Erstattungsbetrag auf 807,42 EUR reduzierte wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage wurde beim Sozialgericht unter dem Aktenzeichen S 20 AS 3969/13 geführt.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2013 lehnte der Beklagte darüber hinaus den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis zum 30. Juni 2013 ab, da sie durch den Zufluss der Erbschaft ihren Lebensunterhalt decken könne.

Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Bei dem Erlös aus dem Hausverkauf handle es sich nicht um eine einmalige Einnahme, sondern um einen Teil des bereits zuvor durch die Erbschaft am 5. September 2011 erworbenen Vermögens, über welches sie ab dem Erbfall habe verfügen können. Zwar habe sie sich zu diesem Zeitpunkt im Leistungsbezug befunden, nach dem Zufluss des Bargeldes in Höhe von 7.577,50 EUR jedoch für länger als einen Monat nicht mehr. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2013 zurück.

Die Klägerin hat am 13. Juni 2013 Klage erhoben und beantragt, ihr unter Änderung des Bescheides vom 8. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. Februar 2013 zu bewilligen. Sie hat zur Begründung auf ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren verwiesen und an ihrem Einwand festgehalten, wonach es sich bei dem Erlös aus dem Grundstücksverkauf nicht um Einkommen, sondern vorhandenes Vermögen gehandelt habe.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 24. November 2013 den Bescheid vom 8. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2013 gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG aufgehoben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, da nach Art und Umfang noch erhebliche Ermittlungen erforderlich seien. Die Aufhebung sei auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich. Denn der Beklagte habe es unterlassen zu ermitteln, wann der Klägerin ihr Erbanteil an dem veräußerten Grundstück zugeflossen sei. Dies sei entscheidungserheblich, da der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II wegen übersteigenden Einkommens abgelehnt habe. Dies sei nur zulässig, sofern der Zufluss frühestens sechs Monate vor dem Anrechnungszeitraum erfolgt sei (§ 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II). Es sei offen, wann die Klägerin über das angerechnete Einkommen habe verfügen können, und ob ihr am 4. Dezember 2012 tatsächlich ein Betrag in Höhe von 9.109,37 EUR zugeflossen sei, oder ob es sich hierbei um den Erlös aus dem Verkauf eines bereits früher zugeflossenen Vermögens gehandelt habe. Dies bedürfe einer weiteren umfangreichen Ermittlung. Insbesondere müsse der Beklagte die Details der umfangreichen Erbauseinandersetzung aufklären. Ferner müsse im Einzelnen nachvollzogen werden, auf welchen Wegen die Finanztransaktionen erfolgt seien, die letztlich zu einem Zufluss bei der Klägerin geführt hätten. Erheblich sei insbesondere auch, welche Absprachen oder Vereinbarungen mit den Eltern der Klägerin bestanden haben, da diese offenbar zwischenzeitlich über einen Betrag aus der Erbschaft hätten verfügen können. Ermittlungen könnten in diesem Zusammenhang insbesondere bei den an der Erbauseinandersetzung beteiligten Rechtsanwälten und Notaren, dem Nachlassgericht sowie den Eltern der Klägerin erfolgen, soweit sich eventuelle Angaben der Klägerin als unzureichend erweisen sollten.

Gegen den ihm am 6. Dezember 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 6. Januar 2014 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht hätte bereits nicht durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen, da Voraussetzung hierfür sei, dass der Sachverhalt geklärt sei. Dies sei nicht gegeben gewesen. Im Übrigen sei er, der Beklagte, nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Auch seinen keine erheblichen weiteren Ermittlungen zu treffen. Seine Entscheidung habe darauf beruht, dass es im Nachgang zu einem während des Leistungsbezuges eingetretenen Erbfall und der Veräußerung der Nachlassimmobilie durch die Auszahlung des anteiligen Kaufpreises auf das von der Klägerin bezeichnete Konto am 4. Dezember 2012 zu einem Einkommenszufluss gekommen sei, der einen Leistungsanspruch aufgrund des damit verbundenen Verteilzeitraums ausschließe. Eine weitergehende Sachaufklärung sei nicht erforderlich.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25. November 2013 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Dresden zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Klägerin hat von einer Antragstellung abgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung des Beklagten ist im Sinne einer Zurückverweisung an das Sozialgericht begründet.

Zwar konnte das Sozialgericht – ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu § 131 Abs. 5 SGG – durch Gerichtsbescheid entscheiden (1.). Es hat jedoch zu Unrecht den Bescheid des Beklagten vom 8. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2013 aufgehoben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (2.).

1. Nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann ein Gericht, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

Es ist umstritten, ob eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ergehen kann. So wird die Auffassung vertreten, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht zulässig sei, da in diesen Fällen grundsätzlich besondere Schwierigkeiten tatsächlicher Art im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG bestünden (so Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], § 131 Rdnr. 19b, m. w. N.; Hintz/Lowe, SGG [2012], § 131 Rdnr. 51). Nach anderer Auffassung kann eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG sowohl durch Urteil als auch durch Gerichtsbescheid ergehen (so LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 SB 197/05 – juris Rdnr. 28; Bolay, in: Lüdtge, SGG [4. Aufl., 2012], § 131 Rdnr. 32; Humpert, in: Jansen, SGG [4. Aufl., 2012], § 131 Rdnr. 46; Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG [2. Aufl., 2014], § 131 Rdnr. 22; im Ergebnis ebenso, allerdings ohne Begründung: LSG Nordrhein-Westfallen – Urteil vom 11. Mai 2005 – L 8 RJ 141/04 – juris; zurückhaltender: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2015 – L 5 R 4256/13 – juris Rdnr. 38 [grundsätzlich durch Urteil; eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ist allerdings nicht in jedem Fall ausgeschlossen]).

Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Zwar ist "Sache" im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich das prozessuale Begehren des Klägers. Hiervon abweichend prüft das Gericht bei einer Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG aber, ob die dort genannten Voraussetzungen für eine Bescheidaufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Verwaltung vorliegen. Auf Grund dessen kann auf der einen Seite eine Sache im Sinne von § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG noch erhebliche Ermittlungen erfordern, zugleich aber auf der anderen Seite die Entscheidung über eine Zurückverweisung nach § 131 Abs. 5 SGG in demselben Gerichtsverfahren keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG aufweisen. So können beispielsweise bei einem Streit über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II noch erhebliche Ermittlungen zur Frage, ob eine Einstehensgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c, Abs. 3a SGB II gegeben ist, oder bei einem Streit über einen Anspruch auf Insolvenzgeld noch erhebliche Ermittlungen zur Frage, ob und wann eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland im Sinne von § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) erfolgt ist, erforderlich sein. Gleichzeitig kann die Entscheidung, ob eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde sachdienlich ist, einfach gelagert sein. Denn für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG sind lediglich folgende Punkte zu prüfen: - Welche Voraussetzungen werden für den begehrten oder angefochtenen Verwaltungsakt gefordert? - Welche Tatsachen sind hierfür zu ermitteln? - Welche Tatsachen hat die Behörde noch nicht ermittelt? - Sind die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich? - Ist die Zurückverweisung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich? Wenn danach das Gericht im zu entscheidenden Einzelfall erhebliche Ermittlungsdefizite auf Seiten der Verwaltungsbehörde feststellt, kann die Frage, ob eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltung sachdienlich ist, ohne Schwierigkeiten zu beantworten sein.

Im Falle der Klägerin lagen in Bezug auf die Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG vor.

2. Allerdings haben die Voraussetzungen nach § 131 Abs. 5 SGG für eine Zurückverweisung der Sache an den Beklagten nicht vorgelegen, so dass für das Sozialgericht bereits nicht das Ermessen für eine Entscheidung über eine Zurückverweisung an den Beklagten zur weiteren Sachaufklärung eröffnet gewesen ist.

Wenn das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, kann es nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dies gilt nach § 131 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 SGG auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4 SGG, das heißt bei kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen.

a) Das Vorliegen der drei Tatbestandsvoraussetzungen (noch erforderliche Ermittlungen, Erheblichkeit der Ermittlungen und Sachdienlichkeit der Zurückverweisung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten) ist vom Rechtsmittelgericht uneingeschränkt überprüfbar, die Ermessensausübung jedoch nur auf Ermessensfehler (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011 – L 3 AS 619/10 – juris Rdnr 17; Sächs. LSG, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05 – juris Rdnr 54, m. w. N.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juni 2006 – L 4 SB 24/06 – juris Rdnr. 26; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2009 – L 4 R 1519/08 – juris Rdnr. 22; Keller, a. a. O., § 131 Rdnr. 20a; Wolff-Dellen, a. a. O., § 131 Rdnr. 18). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Regelung in § 131 Abs. 5 SGG – ähnlich der in § 159 SGG, die die Zurückverweisungsbefugnis des Landessozialgerichts an das Sozialgericht regelt – um eine Vorschrift mit Ausnahmecharakter handelt, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen und auf besonders gelagerte Fälle beschränkt sind (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, a. a. O.; Humpert, a. a. O., § 131 Rdnr. 43; zu § 159 SGG: Sächs. LSG, Beschluss vom 23. Februar 2009 – L 3 B 740/08 AS-PKH – juris Rdnr. 6; Keller, a. a. O., § 159 Rdnr. 5a, m. w. N.). Nach der Gesetzesbegründung soll § 131 Abs. 5 SGG dem Gericht eine zeit- und kostenintensive Ermittlung ersparen, die eigentlich der Behörde obliegt, weil nach Beobachtungen der Praxis die erforderliche Sachverhaltsaufklärung von den Verwaltungsbehörden zum Teil unterlassen wird, was zu einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung auf die Gerichte führt (vgl. BT-Drucks. 15/1508 S. 29; BT-Drucks. 378/03 S. 67; vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, a. a. O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. November 2011 – L 18 AS 1913/10 – juris Rdnr. 16; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2015 – L 5 R 4256/13 – juris Rdnr. 39; Wolff-Dellen, a. a. O., § 131 Rdnr. 19).

b) Eine Zurückverweisung an den Beklagten kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil unter Beachtung des Sach- und Streitstandes für die Entscheidung in der Sache nicht die Notwendigkeit einer weitergehenden Sachaufklärung durch weitere Ermittlungen der Behörde bestand.

(1) Maßgebend für die Frage nach der Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen sind zwei Punkte. Erstens bestimmt sich die Erforderlichkeit danach, welche entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen sind und welche dieser Tatsachen von der Behörde festgestellt worden sind. Zweitens ist zu berücksichtigen, wie sich der von der Verwaltungsentscheidung Betroffene zu den von der Behörde festgestellten Tatsachen eingelassen hat. So kann eine substantiierte Einlassung nicht nur für die rechtliche Würdigung von Bedeutung sein, sondern Veranlassung zu weitergehenden Ermittlungen geben. Hingegen muss die Behörde einem unsubstantiierten Bestreiten oder einer "aufs Geratewohl" gemachten oder "ins Blaue hinein" aufgestellten Tatsachenbehauptung nicht nachgehen (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, a. a. O., juris Rdnr. 19 mit Verweis auf BSG, Beschluss vom 19. November 2009 – B 13 R 303/09 B – juris Rdnr. 12, m. w. N. und BSG, Urteil vom 8. September 2010 – B 11 AL 4/09 R – juris Rdnr. 19, m. w. N.). Maßgebend für die Entscheidung darüber, ob eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist, ist stets der Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung. Spätere Entwicklungen im Gerichtsverfahren haben außer Acht zu bleiben, weil diese die Behörde nicht in ihre Entscheidung einstellen kann (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, a. a. O.).

(2) Da Leistungen nach dem SGB II nur erhält, wer unter anderem hilfebedürftig ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) und hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend unter anderem aus dem zu berücksichtigenden Einkommen (vgl. hierzu §§ 11 ff., § 19 Abs. 3 SGB II) oder Vermögen (vgl. hierzu § 12, § 19 Abs. 3 SGB II) sichern kann (vgl. § 9 Abs. 1 SGB II), kommt es vorliegend darauf an, wann der Klägerin ihr Erbanteil an dem veräußerten Grundstück zugeflossen ist.

Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 25. Januar 2012, auf das auch das Sozialgericht Bezug genommen hat, darauf abgestellt, dass der Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend für die Beurteilung ist, ob eine Erbschaft Einkommen oder Vermögen ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2012 – B 14 AS 101/11 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 47 = juris, jeweils Rdnr. 19 ff.). Wenn es sich um Einkommen handelt, ist die Erbschaft erst ab dem Zeitpunkt, in dem sie als "bereites Mittel" zur Verfügung steht, zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2012, a. a. O., juris Rdnr. 22). Weiter hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass ein nach Antragstellung erzieltes Einkommen seine Beschaffenheit rechtlich über den Zuflussmonat und über den Bewilligungszeitraum hinaus nicht ändert (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2012, a. a. O., Rdnr. 23; so bereits BSG, Urteil vom 30. September 2008 –B 4 AS 29/07 R = juris Rdnr. 20). Die Einnahme ist solange als Einkommen berücksichtigungsfähig, bis die Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat unterbrochen wird (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2012, a. a. O., Rdnr. 27).

(3) Damit waren vorliegend für die Prüfung des Klagebegehrens zwei Punkte entscheidend: Wann war der Zeitpunkt des Erbfalls (3.1) und wann standen das Erbe der Klägerin als "bereites Mittel" zur Verfügung (3.2)?

(3.1) Der Erbfall trat am 5. September 2011 ein. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin im Leistungsbezug. Das Jobcenter Z ... hatte ihr mit Bescheid vom 30. März 2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. August 2011 für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum 31. Oktober 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt.

(3.2) Das Erbe stand der Klägerin zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht als "bereites Mittel" zur Verfügung.

Am 27. April 2012 ging auf dem Konto der von der Klägerin mit der Erbauseinandersetzung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei ein Teil des Erbes in Höhe von 8.419,45 EUR (resultierend aus dem Bargeld) ein, wovon der Klägerin nach Aufrechnung der Rechtsanwaltskosten am 30. April 2012 ein Betrag von 7.577,50 EUR aus der Erbschaft überwiesen wurde. Dieser erste Teil der Erbschaft führte zu einer Anrechnung als Einkommen mit der Folge, dass durch Bescheid vom 18. Juni 2012 Leistungen für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Oktober 2012 aufgehoben wurden. In der Folge befand sich die Klägerin in der Zeit vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Juli 2012 wegen übersteigenden Einkommens aus der Erbschaft nicht mehr im Leistungsbezug. Auf ihren Antrag hin wurden ihr mit Bescheid vom 1. August 2012 erneut vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Januar 2013 bewilligt. Der Zufluss des zweiten Teils des Erbes aus dem beabsichtigten Verkauf des Hausgrundstücks aus der Erbmasse war zu diesem Zeitpunkt noch offen.

Der Verkauf erfolgte erst mit notariellem Kaufvertrag vom 6. September 2012. Im Rahmen des Weiterwilligungsantrags vom 22. Januar 2013 informierte die Klägerin den Beklagten unter Nummer 5 des Antrages, dass sie nunmehr den zweiten Teil des Erbes aus dem Hausverkauf erhalten habe. Zum Nachweis legte sie einen Kontoauszug vor, wonach der anteilige Kaufpreis aus dem Verkauf des Hauses am 4. Dezember 2012 in Höhe von 9.109,37 EUR auf ein unter dem Namen ihrer Eltern laufendes Konto überwiesen wurde. Zugleich legte sie dem Beklagten den notariellen Kaufvertrag vom 6. September 2012 sowie die Mitteilung des Notars vom 17. Oktober 2012 vor, wonach der Kaufpreis per 17. Oktober 2012 auf dem Notaranderkonto gutgeschrieben worden sei.

(4) Ausgehend von den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben, der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes und den sich aus den Akten ergebenden Fakten erschließt sich dem Senat nicht, welche "Details der umfangreichen Erbauseinandersetzung" und "Finanztransaktionen" noch hätten entscheidungserheblich und damit klärungsbedürftig sein können. Entsprechendes gilt für etwaige "Absprachen oder Vereinbarungen" der Klägerin mit ihren Eltern. In Bezug auf die Erbauseinandersetzung legte die Klägerin gegenüber dem Beklagten den Erbschein vom 2. November 2012 sowie den notariellen Kaufvertrag vom 6. September 2012 vor. Hieraus ergibt sich der Anteil der Klägerin am Erlös des Hausverkaufs, betragsmäßig ausgewiesen mit 9.109,38 EUR. Zudem legte sie den Nachweis vor, dass der Gesamterlös am 17. Oktober 2012 auf dem Notaranderkonto des von der Erbgemeinschaft beauftragten Notars eingegangen war.

Zwar ist offen, aus welchen Beweggründen der Anteil der Klägerin am Erlös nicht auf ihr eigenes Konto, sondern das ihrer Eltern überwiesen wurde. Dies ist vorliegend jedoch unerheblich. Denn zum einen konnte der Notar die Überweisung nach einer entsprechenden Weisung der über das Geld verfügungsbefugten Klägerin bewirken, und zum anderen hat sie den Erhalt des Geldes nie in Abrede gestellt, sondern den Zufluss der Erbschaft am 4. Dezember 2012 mit ihren Angaben im Weiterbewilligungsantrag sowie durch ihre Ausführungen in der Klagebegründung vom 29. August 2013 bestätigt. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass dieser Teil der Erbschaft im Zeitpunkt des Zuflusses Vermögen und nicht Einkommen sei, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die eine Zurückverweisung nach § 131 Abs. 5 SGG nicht rechtfertigt.

Weitergehende Ermittlungen waren danach bereits nicht erforderlich. Jedenfalls waren sie nicht so erheblich, dass das Sozialgericht etwaige noch bestehende Fragen zur Überweisung des Geldes vom Notaranderkonto auf das Konto der Eltern nicht der Klägerin oder ihren Eltern im Rahmen der ihm nach § 106 SGG obliegenden Aufklärungspflicht hätte stellen können.

c) Ungeachtet dessen, dass sich aus den dargelegten Gründen keine weiteren (zumindest erheblichen) Ermittlungen aufgedrängt haben, wäre auch die Sachdienlichkeit der Zurückverweisung an die Behörde zu verneinen.

Eine Zurückverweisung ist regelmäßig nur dann sachdienlich, wenn die begründete Möglichkeit besteht, dass die Behörde die noch erforderlichen, erheblichen Ermittlungen wegen ihrer personellen oder sachlichen Ausstattung besser durchführen kann als das Gericht, und wenn es unter übergeordneten Gesichtspunkten vernünftiger und sachgerechter ist, die Behörde tätig werden zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 RSozR 4-1500 § 131 Nr. 2 = juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 25. April 2013 – B 8 SO 21/11 R – SozR 4-3500 § 43 Nr. 3 = juris Rdnr. 15; Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, a. a. O., juris Rdnr. 22). Solche übergeordneten Gesichtspunkte, die eine Zurückverweisung zur weiteren Sachaufklärung rechtfertigen, sind dann gegeben, wenn die Verwaltung ihre Aufgabe, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht wahrgenommen, sondern im Sinne eines Ermittlungsausfalles unterlassen hat, das heißt wenn keine für die Beurteilung des Streitgegenstandes verwertbare Ermittlung vorliegt (Sächs. LSG, a. a O., m. w. N.). Das Rechtsinstitut der Zurückverweisungsentscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG dient der Entlastung der Gerichte und nicht der Sanktionierung etwaiger Mängel oder Defizite des Verwaltungsverfahrens (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2015, a. a. O., juris Rdnr. 39).

Unabhängig davon, dass die Sachaufklärung durch die Behörde im Verwaltungsverfahren nach den oben ausgeführten Gründen ausreichend war, wäre eine aus Sicht des Sozialgerichts erforderliche weitere Sachaufklärung in Bezug auf die im Gerichtsbescheid aufgeworfenen Fragen ohne Weiteres im Rahmen eines Aufklärungsschreibens nach § 106 Abs. 2 SGG, eines Erörterungstermins nach § 106 Abs. 2 Nr. 7 SGG oder einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Befragung der Klägerin oder gegebenenfalls ihren Eltern als Zeugen zu klären gewesen.

3. Der angegriffene Gerichtsbescheid war daher aufzuheben, was zur Zurückverweisung an das Sozialgericht in der Sache führt. Eine eigene Entscheidung in der Sache, das heißt eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsbescheide und eine Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. Februar 2013 ist dem Senat verwehrt. Denn bei einer Entscheidung des Sozialgerichts nach § 131 Abs. 5 SGG wird der Streitgegenstand auf den Anfechtungsteil des Antrages reduziert mit der Folge, dass auch nur die Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG über diesen Anfechtungsteil beim Berufungsgericht anhängig wird (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, a. a. O. Rdnr. 24; Sächs. LSG, Urteil vom 4. Januar 2006, a. a. O., Rdnr. 90; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28. Juli 2011 – L 8 SO 10/09 – ZFSH/SGB 2011, 657 ff. = juris Rdnr. 34).

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung des Sozialgerichts vorbehalten (vgl. Leitherer, a. a. O., § 193 Rdnr 2a).

III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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