Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 2172/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 775/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2015 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerinnen wenden sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und für das Insolvenzgeld, im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, in Höhe von EUR 28.068,35 aufgrund einer von der Beklagten angenommenen Beschäftigung der Klägerin zu 2 zwischen dem 1. Mai 2010 und 31. Dezember 2011.
Bei der Klägerin zu 1 handelt es sich um ein ehemals in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), heute als offene Handelsgesellschaft (OHG) betriebenes Immobilienunternehmen. Die Klägerin zu 2 war bei der Klägerin zu 1 vom 1. August 2009 bis zum 30. April 2010 (Kündigung durch die Klägerin zu 1) abhängig beschäftigt. Dieser Tätigkeit lag der zwischen den Klägerinnen unter dem 20. August 2009 geschlossene "Arbeitsvertrag mit Provisionsvereinbarung" zugrunde, der auszugsweise wie folgt lautete:
"§ 3 Tätigkeit
3.1 (Die Klägerin zu 2) wird als Immobilienassistentin eingestellt und vor allem mit folgenden Arbeiten beschäftigt: Immobilienvermittlung von bereits generierten Aufträgen sowie das Akquirieren von Miet- und Verkaufsobjekten, Immobilienvermietung und Immobilienverkauf, administrative Tätigkeiten wie z.B.: Korrespondenz, Terminkoordination, Exposéerstellung, Ansprechpartnerin für Kunden.
§ 4 Arbeitsvergütung, Grundvergütung
4.1 (Die Klägerin zu 2) erhält eine monatliche Grundvergütung von 1.020,00 EUR (brutto).
§ 5 Provisionsvereinbarung
5.1 (Die Klägerin zu 1) zahlt an (die Klägerin zu 2) für alle von (ihr) vermittelten Vertragsabschlüsse eine Provision in Höhe von 30 %."
Die Klägerin zu 2 meldete zum 3. Mai 2010 ein Gewerbe als Immobilienmakler nach § 34c Gewerbeordnung (GewO) an. Das Landratsamt B.-H. erlaubte ihr mit Bescheid vom 20. April 2010 auf den Antrag vom 2. März 2010 gewerbliche Tätigkeiten der Vermittlung des Abschlusses und des Nachweises der Gelegenheit zum Abschlusses von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Wohnräume und gewerbliche Räume auszuüben.
Unter dem 17. Dezember 2010/7. Januar 2011 schlossen die Klägerinnen - rückwirkend zum 3. Mai 2010 - einen "VERTRAG ÜBER FREIE MITARBEIT", der auszugsweise folgende Regelungen enthält:
"§ 1 Vertragsgegenstand
(Die Klägerin zu 2) wird folgende Tätigkeit übernehmen: Immobilienvermittlung von bereits generierten Aufträgen sowie das Akquirieren von Miet-und Verkaufsobjekten, Immobilienvermietung und Immobilienverkauf, administrative Tätigkeiten wie z.B. Korrespondenz, Terminkoordinierung, Exposéerstellung, Ansprechpartnerin für Kunden.
Zur Ausübung der oben aufgeführten Tätigkeit bestätigt (die Klägerin zu 2) mit (ihrer) Unterschrift im Besitz einer Erlaubnis nach § 34c GeWo zu sein.
§ 2 Vergütung
(1) Als Vergütung wird ein festes Honorar von EUR 1.000,00 zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart. Die Mehrwertsteuer ist in der Abrechnung gesondert auszuweisen.
(2) Das vereinbarte Honorar ist bei Abnahme des Werks fällig.
(3) (Die Klägerin zu 1) zahlt an (die Klägerin zu 2) für alle von (ihr) vermittelten Vertragsabschlüsse eine vereinbarte Provision in Höhe von 30 %.
§ 3 Vertragsdauer und Kündigung
(1) Das Vertragsverhältnis beginnt am 03.05.2010.
§ 4 Krankheit, Urlaub, sonstige Arbeitsverhinderung
(1) (Der Klägerin zu 2) besteht kein Vergütungsanspruch zu, wenn (sie) infolge von Krankheit oder sonstige Arbeitsverhinderung an der (ihr) obliegenden Leistungserbringung nach diesem Vertrag verhindert ist.
(2) (Die Klägerin zu 2) hat keinen Anspruch auf Urlaub.
§ 5 Weisungsfreiheit
(1) (Die Klägerin zu 2) unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Klägerin zu 1) (Weisungsfreiheit in inhaltlicher Hinsicht). (Sie) ist in der Gestaltung (ihrer) Tätigkeiten (Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung) selbständig tätig und vollkommen frei. Auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit (ihrer) Tätigkeit ist jedoch Rücksicht zu nehmen.
(2) (Die Klägerin zu 2) ist an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder zur Arbeitszeit gebunden. Projektbezogene Vorgaben (der Klägerin zu 1) sind allerdings einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben (der Klägerin zu 1), soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind.
(3) (Die Klägerin zu 2) ist ferner berechtigt, einzelne Aufträge (der Klägerin zu 1) ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
(4) Gegenüber den Angestellten (der Klägerin zu 1) hat (die Klägerin zu 2) keine Weisungsbefugnis.
§ 6 Rechte und Pflichten des freien Mitarbeiters
(1) (Die Klägerin zu 2) hat die Leistungen nach Maßgabe der konkreten Anforderungen und Leistungsbeschreibungen (der Klägerin zu 1) zu erbringen. Die zeitlichen Vorgaben (der Klägerin zu 1) sind zu beachten. (Die Klägerin zu 2) verpflichtet sich, bei der Vertragsdurchführung auftretende Abwicklungsschwierigkeiten oder vorhersehbare Verzögerungen unverzüglich (der Klägerin zu 1) mitzuteilen.
(2) (Die Klägerin zu 2) hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu sein.
§ 7 Pflicht zur höchstpersönlichen Aufgabenerfüllung
(Die Klägerin zu 2) ist verpflichtet, die Aufträge in Person auszuführen."
§ 8 Fortbildungspflicht
Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, sich im Rahmen der Durchführung dieses Vertrages über den aktuellen Entwicklungsstand seines Aufgabengebietes zu informieren und fortzubilden.
§ 9 Rechte und Pflichten des Auftraggebers
(2) Steuern, Sozialversicherungsbeiträge etc. werden, da kein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, vom Auftraggeber nicht abgeführt. Die Erfüllung von Abgaben und Versicherungsleistungen ist, soweit erforderlich, Sache des freien Mitarbeiters.
§ 12 Haftpflichtversicherung
(Die Klägerin zu 2) verpflichtet sich, eine Haftpflichtversicherung für Handwerk/Handel/Gewerbe/Dienstleistung/versichertes Wagnis: Immobilienmakler abzuschließen, nach der Personen- und Sachschäden versichert sind.
§ 16 Nachträgliches Wettbewerbsverbot
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im räumlichen Gebiet von F. und in F. weder für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu sein, noch unmittelbar oder mittelbar an der Gründung oder im Betrieb eines solchen Unternehmens mitzuwirken.
§ 17 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften
Die Parteien haben von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages bewusst keinen Gebrauch gemacht. Die Parteien beabsichtigen mit dem vorliegenden Vertrag keine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften. Ziel ist es, dem freien Mitarbeiter die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft zu belassen. Die Parteien beabsichtigen nicht, eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit zu begründen."
Die Beklagte führte bei der Klägerin zu 1 am 13. Februar 2012 eine Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 1. Januar 2008 bis 30. Dezember 2011 durch.
Auf Anfrage der Beklagten gab die Klägerin zu 2 unter dem 11. April 2012 an, als Immobilienmaklerin für die Klägerin zu 1 tätig gewesen zu sein, zwischen August 2009 und April 2010 als Arbeitnehmerin. Nunmehr betreibe sie ein Einzelunternehmen, habe ein Gewerbe angemeldet und bezahle Gewerbesteuern. Arbeitnehmer beschäftige sie selbst nicht. Nähere Arbeitsbedingungen seien weder schriftlich noch mündlich festgelegt worden. Es sei keine regelmäßige Arbeitszeit einzuhalten bzw. vereinbart worden. Sie könne ihre Arbeitszeit frei gestalten und den Arbeitsort frei wählen. Ihre Arbeiten seien nicht kontrolliert worden. Auch habe keine Eingliederung in den betrieblichen Arbeitsablauf bei der Klägerin zu 1 bestanden. Sie führe nicht die gleichen Arbeiten aus wie fest angestellte Mitarbeiter der Klägerin zu 1. Sie habe keine Berichte über ihre Tätigkeit abzugeben gehabt; lediglich ein wöchentliches Meeting habe stattgefunden. Zur persönlichen Ausführung der Tätigkeiten sei sie verpflichtet gewesen, Hilfskräfte habe sie hierzu einsetzen dürfen. Einer Zustimmung der Klägerin zu 1 habe es hierzu nicht bedurft. Arbeitsmittel seien ihr nicht kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, eigenes Kapital einzusetzen. Die Übernahme bestimmter Aufträge habe sie ablehnen dürfen. Ihr unternehmerisches Risiko habe darin bestanden, dass nicht jeder Auftrag zum Erfolg geführt habe. Sie habe mehrere Auftraggeber und einen eigenen Kundenstamm besessen. Die Preise habe sie selbst gestalten können. Auch sei ihr eine weitere Tätigkeit bei anderen Auftraggebern erlaubt gewesen. Leistungen habe sie nicht ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin zu 1 erbracht. Eine Vergütung sei auf Rechnungsstellung erfolgt. Ein Anspruch auf Gratifikation oder sonstige Zuwendungen habe nicht bestanden. Lohnsteuer sei für sie nicht entrichtet worden. Sie sei selbst zur Einkommensteuer veranlagt und verpflichtet gewesen, Umsatzsteuer zu entrichten. Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nicht bestanden. Bei Erkrankung habe sie keine Ersatzarbeitskraft zur Verfügung gestellt. Bis April 2010 sei sie überwiegend im Innendienst tätig gewesen. Da sie auf flexiblere Arbeitszeiten angewiesen gewesen sei und aufgrund der geringeren Auftragslage sei die Kündigung durch die Klägerin zu 1 erfolgt. Daraufhin habe sie sich selbständig gemacht. Auf diese Weise sei sie flexibel gewesen und habe ihren Lebensgefährten bei der Arbeit in dessen elterlichen Weingut unterstützen können. Aufgrund der schlechten Auftragslage im Immobilienbereich habe sie ein Studium an der Deutschen Immobilienakademie in F. begonnen. Dieses Studium habe ebenfalls eine flexible Zeiteinteilung vorausgesetzt, was sich perfekt mit ihrer selbständigen Tätigkeit habe vereinbaren lassen. Bislang habe sie sich hauptsächlich darauf konzentriert, ein Netzwerk zu schaffen. Auch der Aufbau einer eigenen Homepage sei in Arbeit. Ihr stehe als Büro ein Raum im Weingut ihres Lebensgefährten unentgeltlich zur Verfügung. An eigenen Arbeitsmitteln seien ein Auto, ein Notebook mit Drucker und Scanner, ein iPhone, eine Kamera und ein Laser-Messgerät vorhanden. Mittlerweile habe sie sich einen kleinen Kundenstamm aufgebaut. Da die ersten Jahre in der Selbständigkeit mühsam seien und aufgrund des zeitaufwändigen Studiums und der sonstigen Tätigkeiten habe sie mit der Klägerin zu 1 einen Vertrag über freie Mitarbeit geschlossen. So hätten ihr je nach Auftragslage Aufträge angeboten werden können und sie habe selbst entscheiden können, ob sie diese habe annehmen wollen. Auf diese Weise stünde sie als bekanntes Gesicht Bestandskunden der Klägerin zu 1 weiter zur Verfügung. Bei eigens akquirierten Aufträgen könne sie entscheiden, ob sie diese komplett selbst abwickle oder sie über die Klägerin zu 1 einbringe. In diesem Fall läge bei Abwicklung über die Klägerin zu 1 eine andere Provisionsvereinbarung (i.d.R. 70/30) vor. Bei Fällen, die von der Klägerin zu 1 akquiriert würden, betrage die Provisionsverteilung i.d.R. 30/70.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zu 1 zur beabsichtigten Nachforderung von insgesamt EUR 28.068,35 (Gesamtsozialversicherungsbeiträgen inklusive Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.544,00) an. Sie führte aus, für die Klägerin zu 2 habe ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden überwiegen. Zur Begründung legte die Beklagte dar, die Klägerin zu 2 sei bis 30. April 2010 bei der Klägerin zu 1 mit derselben Vergütungsregelung abhängig beschäftigt gewesen. Sie werde im aktuellen Internetauftritt der Klägerin zu 1 im Team im Bereich Verkauf und Vermietung als Immobilienassistentin geführt. Dort sei eine Telefonnummer mit direkter Durchwahl und eine Handynummer hinterlegt. Auch die dort angegebene Mailadresse ende auf die Klägerin zu 1. Für Außenstehende sei die Klägerin zu 2 weiterhin als Mitarbeiterin der Klägerin zu 1 erkennbar. Die Klägerin zu 2 trete bei ihren Kunden im Namen und auf Rechnung der Klägerin zu 1 auf. Im zu beurteilenden Zeitraum von 18 Monaten habe die Klägerin zu 2 drei Rechnungen vorweisen können, die nicht an die Klägerin zu 1 gerichtet gewesen seien. Sie sei weder im örtlichen Telefonbuch, noch im Branchenfernsprechbuch zu finden. Ein Auftreten am Markt als selbständige Immobilienmaklerin sei nicht erkennbar. In § 16 des Vertrags über die freie Mitarbeit werde die Klägerin zu 2 ausdrücklich als Arbeitnehmerin bezeichnet, die einem Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für F. unterliege. Diese Regelung stehe unternehmerischem Handeln entgegen. Für sechs Monate sei zudem die Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen verboten. Der frühere Arbeitsvertrag und der Vertrag über die freie Mitarbeit seien in vielen Punkten nahezu wortgleich. Bei ihren Arbeitsmitteln (Handy, Computer, Drucker, Kamera, Auto) handele es sich fast ausschließlich um Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Zwar sei die Weisungsgebundenheit der Klägerin zu 2 in § 5 des Vertrages über die freie Mitarbeit ausgeschlossen, in §§ 6 und 7 werde diese Weisungsfreiheit jedoch wieder erheblich eingeschränkt. So sei sie zur persönlichen Aufgabenerfüllung verpflichtet. Zudem sei die Klägerin zu 2 zu Fortbildungen verpflichtet. Flexible Arbeitszeiten und eine schwache Auftragslage seien kein Indiz für Selbständigkeit. Zur eigenen Erreichbarkeit habe die Klägerin zu 2 die Leistungen des Backoffice der Klägerin zu 1 benutzt.
Die Klägerin zu 1 führte aus, entgegen der Annahme der Beklagten trage die Klägerin zu 2 ein Unternehmerrisiko. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass nur diejenigen Fälle abgerechnet werden könnten, die auch zu einem Vermittlungserfolg führten. Die dem Makler geschuldete Vergütung sei stets eine Erfolgsvergütung. Die darüber hinausgehende Tätigkeit der Klägerin zu 2 sei durch die Rechnungen selbst, die nur Abschlüsse beträfen, nicht abgebildet. Den Umfang der Tätigkeit könne man damit keineswegs allein an den Rechnungen festmachen. Die Beklagte habe auch nicht berücksichtigt, dass beide Klägerinnen ausdrücklich keinen Anstellungsvertrag gewollt hätten. Dies ergebe sich aus § 17 des Vertrages über die freie Mitarbeit. An der Verwendung des Terminus" Arbeitnehmer" habe man bei dem aus dem Internet besorgten Vertrag keinen Anstoß genommen. Im Übrigen sei das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bei Freiberuflern Gang und Gäbe. Auch sei es bei Diensten höherer Art - und einen solchen habe die Klägerin zu 2 ausgeübt - üblich, dass eine Verpflichtung zu höchstpersönlicher Aufgabenerfüllung bestehe. Die Tatsache, dass die Klägerin zu 2 ihr Backoffice habe benutzen können, schließe Selbständigkeit nicht aus. Im Übrigen spiegele sich dieses im Vergütungsverhältnis (30/70 bzw. 70/30) wider.
Mit nur an die Klägerin zu 1 gerichtetem Bescheid vom 24. September 2012 forderte die Beklagte - mit im Wesentlichen wortgleicher Begründung wie bereits im Rahmen der Anhörung -, insgesamt EUR 28.068,35 (Gesamtsozialversicherungsbeiträge inklusive Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.544,00) nach, weil für die Klägerin zu 2 ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden überwiegen. Zusätzlich führte sie aus, die Regelungen über die Entlohnung (Grundvergütung und Provision) hätten bereits so im vorherigen Beschäftigungsverhältnis bestanden. Die monatliche Differenz betrage lediglich EUR 20,00. Die drei Rechnungen der Klägerin zu 2 (eine aus dem Kalenderjahr 2010 und zwei aus dem Kalenderjahr 2011) seien dem privaten Umfeld der Klägerin zu 2 zuzurechnen. Die Klägerin zu 2 unterhalte keinen eigenen Internetauftritt.
Die Klägerinnen legten am 8. Oktober 2012 Widerspruch mit der Begründung ein, die Klägerin zu 2 sei im Prüfzeitraum bei der Klägerin zu 1 nicht abhängig beschäftigt gewesen. Die Klägerin zu 1 verwies auf ihre Äußerung im Rahmen der Anhörung. Die Klägerin zu 2 führte aus, die Beklagte habe die Veränderung privater Umstände, die sie dazu veranlasst habe, die Selbständigkeit zu suchen, nicht in ausreichendem Umfang gewürdigt. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sie in der Einteilung ihrer Arbeitszeit völlig frei und den keinen Betrieb eingegliedert gewesen sei. Sie habe im Krankheitsfall kein Geld erhalten und auch kein Urlaubsgeld bekommen. Auch habe sie ein unternehmerisches Risiko getragen, denn sie habe ihr Büro selbst einrichten und einen eigenen Kundenstamm aufbauen bzw. erweitern müssen. Die ähnlichen Regelungen der Vergütung in den beiden Verträgen erkläre sich damit, dass der Vertrag über die freie Mitarbeit angesichts des schwierigen Neubeginns an die frühere Beziehung zum Arbeitgeber angeschlossen habe. Das Vorgehen der Beklagten missachte die Vertragsfreiheit und die Rechte der Parteien des Vertrages.
Mit an beide Klägerinnen gerichteten Widerspruchsbescheiden vom 18. April 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche der Klägerinnen zurück. Im Prüfzeitraum habe aufgrund des vertraglich vereinbarten Grundhonorars ein Unternehmerrisiko nicht bestanden. Nach außen hin sei die Klägerin zu 2 auch über den 30. April 2010 hinaus als Mitarbeiterin der Klägerin zu 1 erschienen. Im allgemeinen Geschäftsverkehr sei sie insoweit nicht als selbständig Tätige wahrgenommen worden. Die Ausübung der Tätigkeit sei durch die Klägerin zu 1 vertraglich so detailliert geregelt worden, dass kein relevanter Handlungsspielraum für die Klägerin zu 2 verblieben sei. Das vereinbarte Wettbewerbsverbot stehe unternehmerischem Handeln entgegen, da ihr untersagt worden sei, im eigenen Namen im räumlichen Gebiet als Immobilienmaklerin tätig zu werden.
Die Klägerin zu 1 erhob beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage am 13. Mai 2013 S 20 R 2172/13), die Klägerin zu 2 am 17. Mai 2013 (S 12 R 2302/13).
Nach Beiladung der jeweils anderen Klägerin sowie der IKK Classic, der Pflegekasse bei der IKK classic und der Bundesagentur für Arbeit wurden die beiden Verfahren mit Beschluss vom 27. Oktober 2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Unter weiterer Vertiefung ihres bisherigen Vortrages führte die Klägerin zu 1 aus, wegen ausbleibender Aufträge sei das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu 2 zum Ende April 2010 gekündigt worden. Sei sie dann nicht mehr im Betrieb gewesen, da noch Urlaub und Überstunden aufzubrauchen gewesen seien. Nachdem sich die Ertragssituation Ende April 2010 wieder wesentlich verbessert habe, sei sie an die Klägerin zu 2 herangetreten, mit der Bitte, einige Termine zu übernehmen. Diese habe sich hierzu bereit erklärt mit der Maßgabe, nur wenige Termine auf Anfrage übernehmen zu können. Daneben habe für die Klägerin zu 2 die Möglichkeit bestanden, ihr Studium zu absolvieren und eigene Objekte zu bearbeiten. Diese wechselseitigen Anforderungen seien ideal durch eine freie Mitarbeiterschaft umzusetzen gewesen. Den schriftlichen Vertrag habe man dann erst am 17. Dezember 2010 geschlossen, obwohl bereits im Mai 2010 die Zusammenarbeit mit der Klägerin zu 2 wieder begonnen habe. Im Übrigen spreche auch die Vereinbarung eines Fixums nicht gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. §§ 4 bis 7 des Vertrags über die freie Mitarbeit begründeten keine Weisungsgebundenheit im technischen Sinne, insbesondere kein arbeitgeberliches Direktionsrecht. Mit ihrer Entscheidung, in freie Mitarbeit zu wechseln, habe die Klägerin zu 2 auch ein eigenes unternehmerisches Risiko übernommen. Denn sie sei nicht mehr in das sichere System des Arbeitsvertrags eingebettet gewesen. Ein abgeschlossenes Büro zähle für einen Immobilienmakler nicht zu den notwendigen Betriebsgrundlagen. Zudem sei die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht statthaft, da nach Auffassung beider Klägerinnen die sichere Überzeugung bestehe, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Fahrlässige oder vorsätzliche Unkenntnis seien etwas ganz anders.
Die Klägerin zu 2 trug ergänzend zur Begründung ihres Widerspruchs vor, seit dem 1. Januar 2012 kein monatliches Fixum mehr von der Klägerin zu 1) zu erhalten, weil sich der Aufbau ihrer selbständigen Tätigkeit inzwischen vollendet habe. Der unternehmerische freie Entschluss eines Betroffenen sei zu akzeptieren und genieße verfassungsrechtlichen Schutz.
Die Beklagte trat den Klagen entgegen.
Mit Urteil vom 27. Januar 2015 wies das SG die Klagen ab. Die Klägerin zu 2 sei bei der Klägerin zu 1 im Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 abhängig beschäftigt gewesen. Zwar habe die Klägerin zu 2 ab 1. Mai 2010 keine festen Arbeitszeiten mehr gehabt. Sie habe selbst entscheiden können, wie sie ihre Tätigkeit gestalte. Die zuvor neben dem Vermittlungsgeschäft ausgeübte allgemeine Bürotätigkeit sei entfallen und die Klägerin zu 2 habe sich ausschließlich auf die Vermittlung von Immobilien konzentriert. Allerdings habe sie kein Unternehmerrisiko getragen. Sie habe keinen nennenswerten eigenen Kapitaleinsatz gebracht. Aufgrund des typischerweise geringen Kapitaleinsatzes als Immobilienmaklerin müsse zumindest der Einsatz der Arbeitskraft mit ungewisser Aussicht auf Vergütung bestehen. Allerdings habe die Klägerin zu 2 ein monatliches Fixum erhalten, das sie unabhängig davon erhalten habe, ob sie Objekte erfolgreich vermittelt habe. Daher habe für sie kein wirtschaftliches Risiko bestanden. Aufträge in nennenswertem Umfang von dritter Seite habe sie im Prüfzeitraum ebenfalls nicht erhalten. Ihre Tätigkeit sei fast ausschließlich auf von der Klägerin zu 1 vermittelte Tätigkeiten beschränkt gewesen. Daher sei sie von dieser wirtschaftlich abhängig gewesen. Zudem sei ein Auftreten der Klägerin zu 2 am Markt für die Zeit bis zum 31. Dezember 2011 nicht erkennbar gewesen. Sie sei auf der Homepage der Klägerin zu 1 noch als Mitarbeiterin geführt worden, habe selbst keine eigene Homepage und habe sich zunächst bemüht, ein eigenes Netzwerk zu entwickeln. Erst ab dem Jahr 2012 sei ein Auftreten als eigenständige Immobilienmaklerin am Markt erkennbar gewesen, dokumentiert durch eine eigene Homepage und die Zunahme der Vermittlung eigener Objekte ohne Bezug zur Klägerin zu 1. Auch habe sie seit 2012 kein monatliches Fixum, sondern lediglich eine Vergütung bei erfolgreicher Vermittlung erhalten. Erst seit diesem Zeitpunkt sei ein unternehmerisches Risiko erkennbar. Zudem habe die Beklagte zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Da die Klägerin zu 2 bis 30. April "2011" (richtig: 2010) bei der Klägerin zu 1 abhängig beschäftigt gewesen sei, hätten beide erkennen können, dass zumindest die Möglichkeit bestanden habe, dass weiterhin ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege und gegebenenfalls ein Statusfeststellungsverfahren herbeiführen müssen.
Gegen das den Klägerinnen am 23. Februar 2015 zugestellte Urteil, hat die Klägerin zu 1 am 2. März 2015 und die Klägerin zu 2 am 16. März 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und auf ihre bisherigen Ausführungen verwiesen.
Ergänzend legt die Klägerin zu 2 dar, das SG habe nur einzelne Umstände zu ihren Lasten herausgepickt und daraus seine Auffassung von der angeblichen abhängigen Beschäftigung abgeleitet. Ab 1. Mai 2010 sei sie als Selbständige völlig frei in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit und auch dem Inhalt ihrer Tätigkeiten gewesen zu sein. Sie habe Aufträge annehmen und ablehnen können, wie es ihr beliebt habe. Außerdem habe sie zur Qualifikation für ihre Selbständigkeit ein vierjähriges Studium auf eigene Kosten absolviert (vom Herbst 2010 bis Herbst 2014). Da sie ihr früheres Büro bei der Klägerin zu 1 nur noch drei- bis viermal monatlich aufgesucht habe und dies auch nur zu Abstimmungszwecken, habe sie ab 1. Mai 2010 ein eigenes Büro bei ihrem Lebenspartner eingerichtet. Im Gegensatz dazu habe sie zuvor acht Stunden täglich überwiegend im Büro gearbeitet und bürointerne Tätigkeiten verrichtet. Die Aufgabe ihrer abhängigen Beschäftigung sei auch von ihrer neuen und tragenden Lebensplanung getragen gewesen, bei ihrem Lebenspartner und ihren Eltern zusätzlich mitarbeiten zu können. Nebenher habe sie abschließend und nachwirkend auch frühere Kunden der Klägerin zu 1 betreut. Sie und die Klägerin zu 1 führten sich gegenseitig Kunden zu, was mit einer Provision verbunden gewesen sei. Hierfür sei ihr ein monatliches "Fixum" von EUR 1.000,00, welches kein Lohn, sondern eine Provision für sicher zu erwartende Kundenbetreuung und Kundenzuführung gewesen sei, gezahlt worden. Der Vertrag vom 17. Dezember 2010 sei nicht rückdatiert worden, sondern sei eine schriftliche Fixierung des bereits ab dem 1. Mai 2010 mündlich und faktisch geänderten freien Vertragsverhältnisses. Wegen und mit ihrer Selbständigkeit habe sie eigene Kosten in Höhe von über EUR 1.000,00 für einen Gewerbeschein, ein polizeiliches Führungszeugnis und den Nachweis geordneter finanzieller Verhältnisse gehabt. Zudem habe sie Aufwendungen für eine eigene Rentenversicherung in Höhe von monatlich EUR 260,00, Aufwendungen für eine eigene Berufsunfähigkeits-, Betriebshaftpflicht-, Unfall- und Krankenversicherung gehabt. Gleiches gelte für eine Rechtsschutz- und eine eigene Kfz-Versicherung. All diese Kosten würden von dem so genannten Fixum nicht getragen. Die Auffassung des SG, ein Auftreten ihrerseits auf dem Markt sei nicht erkennbar, widerspreche sowohl ihrem Vortrag als auch dem der Klägerin zu 1. Zum 1. Januar 2012 sei auch keine Zäsur eingetreten. Sie hat ihre Gewerbeerlaubnis vom 20. April 2010 vorgelegt.
Ergänzend führt die Klägerin zu 1 aus, das SG habe entgegen der Rechtsprechung im Steuer- und Arbeitsrecht der Zahlung eines Fixums – worauf es sein Urteil als einziges Kriterium gegen die Annahme einer Selbständigkeit gestützt habe – zu große Bedeutung beigemessen. Das SG habe den übereinstimmenden und unstreitigen Klägervortrag, wonach es sich um eine erwartete Garantieprovision gehandelt habe, nicht berücksichtigt.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 24. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Aus ihrer Sicht sei es nicht entscheidend, dass die Klägerin zu 2 einen großen Teil der Tätigkeit in ihrem häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt habe und nur gelegentlich zur Abstimmung im Büro der Klägerin zu 1 gewesen sei. Bei einer Tätigkeit der Immobilienvermittlung sei ohnehin davon auszugehen, dass ein großer Teil außerhalb der Büroräume erfolgen müsse. Die Einbindung der Klägerin zu 2 in die betrieblichen Organisationsstrukturen der Klägerin zu 1 habe unabhängig davon bestanden, dass durch den Vertrag über eine freie Mitarbeit keine festen Arbeitszeiten vorgegeben worden seien. Aus den von der Klägerin zu 2 vorgelegten Rechnungen ergäben sich lediglich drei an weitere Auftraggeber. Auch vor diesem Hintergrund gehe sie davon aus, dass die Klägerin zu 2 ihre überwiegende Arbeitskraft der Klägerin zu 1 zur Verfügung gestellt habe. Nicht plausibel erscheine, weshalb der Vertrag über die freie Mitarbeit im Dezember 2010 rückwirkend zum 1. Mai 2010 in Kraft gesetzt worden sei. Vielmehr habe die Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG mitgeteilt, zum 30. April 2010 eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen zu haben. Als "Unkosten" einer Selbständigen seien Aufwendungen für Versicherungen aufgeführt worden, die teilweise der privaten Lebensführung zuzuordnen seien und daher auch von Arbeitnehmern abgeschlossen würden oder die Folge dessen seien, dass die Tätigkeit von den Klägerinnen als selbständig angesehen worden sei. Nicht nachvollziehbar sei, dass durch die Aufnahme eines Studiums der Wille zu einer selbständigen Tätigkeit nach außen dokumentiert worden sei. Dies sei allenfalls nachvollziehbar, wenn die Klägerin zu 2 nach Abschluss des Studiums eine Entscheidung getroffen hätte, sich selbständig zu machen. Zu diesem Zeitpunkt (Herbst 2014) sei das Gewerbe jedoch bereits angemeldet gewesen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Klägerinnen, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind auch im Übrigen zulässig. Insbesondere bedurften sie nicht der Zulassung, da zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufungen über eine Beitragsnachforderung von EUR 28.068,35 gestritten wurde, so dass der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten war.
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 24. September 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. April 2013.
3. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage der Klägerin zu 1 ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 24. September 2012 in der Gestalt des (ihr gegenüber ergangenen) Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 rechtmäßig ist (dazu unter a). Die Klage der Klägerin zu 2 ist unbegründet, weil ihr gegenüber kein Ausgangsbescheid erging (dazu unter b).
a) Die Beklagte fordert von der Klägerin zu 1 zu Recht Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen nach § 7 Abs. 1 AAG und nach § 358 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für die Klägerin zu 2 (in Höhe von EUR 24.524,35) und Säumniszuschläge (in Höhe von EUR 3.544,00), insgesamt EUR 28.068,35. Denn die Klägerin zu 2 war in der Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011, in der sie für die Klägerin zu 1 tätig war, bei der Klägerin zu 1 abhängig und in allen Zweigen der Sozialversicherung sozialversicherungspflichtig beschäftigt (dazu unter aa). Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen sind im gerichtlich zu überprüfenden Umfang nicht zu beanstanden (dazu unter bb). Die Säumniszuschläge setzte die Beklagte zu Recht fest (dazu unter cc).
aa) Die Klägerin zu 2 war in der Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 bei der Klägerin zu 1 abhängig beschäftigt und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig.
aaa) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken–, Pflege– und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
bbb) Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 SGB III auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken– oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden nach § 358 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (UVMG) vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I, S. 2130) durch eine monatliche Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht und sind nach § 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 UVMG zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen.
ccc) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff.; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R -, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).
ddd) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 – juris, Rn. 17 – auch zum Folgenden). Dazu ist zunächst deren Inhalt konkret festzustellen (dazu unter (1)). Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind (dazu unter (2)). Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen (dazu unter (3)). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen.
Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch des BSG nicht entscheidend, ob der Betreffende auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw. war (BAG, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 AZR 405/01 – juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung entwickelten Grundsätze (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris, Rn 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 für die Klägerin (zum Ganzen: z.B. auch Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 R 5120/13 – nicht veröffentlicht).
(1) Aufgrund des schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Klägerinnen im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren steht zur Überzeugung des Senats Folgendes fest:
Schriftliche Vereinbarungen zwischen den Klägerinnen ab 1. Mai 2010 gab es zunächst nicht, wurden dann jedoch mit dem Vertrag über freie Mitarbeit unter dem 17. Dezember 2010 rückwirkend zum 1. Mai 2010 fixiert. Dieser Vertrag fixierte nach dem übereinstimmenden Vortrag der Klägerinnen im Wesentlichen das bereits zuvor Gelebte. Danach war die Klägerin zu 2 für die Immobilienvermittlung von bereits generierten Aufträgen sowie das Akquirieren von Miet- und Verkaufsobjekten, die Immobilienvermietung und den Immobilienverkauf, für administrativen Tätigkeiten wie z.B. Korrespondenz, Terminkoordinierung, Exposéerstellung und als Ansprechpartnerin für Kunden zuständig (§ 1 Abs. 1 des Vertrags über freie Mitarbeit). Im Internet war sie mit Foto und dem Zusatz @seidler-immobilien.de auf der Homepage der Klägerin zu 1 gelistet.
Die Klägerin zu 2 war verpflichtet, im Besitz einer Erlaubnis nach § 34c GewO zu sein (§ 1 Abs. 2 des Vertrags über freie Mitarbeit).
Es bestand die konkludente Vereinbarung zwischen den Klägerinnen, dass die Klägerin zu 1 der Klägerin zu 2 je nach Auftragslage Aufträge anbot und diese selbst entscheiden konnte, ob sie diese annehmen wollte. Auf diese Weise stand sie als bekanntes Gesicht Bestandskunden der Klägerin zu 1 weiter zur Verfügung.
Für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin zu 2 von der Klägerin zu 1 ein monatliches Fixum in Höhe von EUR 1.000,00 (§ 2 des Vertrags über freie Mitarbeit). Zudem erhielt sie eine Provision. Bei eigens akquirierten Aufträgen konnte sie entscheiden, ob sie diese komplett selbst oder über die Klägerin zu 1 abwickelte. Bei Fällen, die von der Klägerin zu 1 akquiriert und von der Klägerin zu 2 bearbeitet wurden, betrug die Provisionsverteilung i.d.R. 30/70. Bei Abwicklung über die Klägerin zu 1 lag der Entlohnung eine andere Provisionsvereinbarung (i.d.R. 70/30) zugrunde. Die von der Klägerin zu 2 gestellten Rechnungen hatten die jeweilige Mehrwertsteuer auszuweisen.
Die Klägerin zu 2 unterlag keinen Anwesenheits- oder Arbeitszeiten. Den Tätigkeitsort konnte die Klägerin zu 2 selbst bestimmen. Lediglich ca. dreimal im Monat ging die Klägerin zu 2 ins Büro der Klägerin zu 1, um Unterlagen abzuholen und kurze Abstimmungen über Kunden und Objekte mit der Klägerin zu 1 vorzunehmen. Projektbezogene Vorgaben (der Klägerin zu 1) hatte die Klägerin zu 2 allerdings einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben (der Klägerin zu 1), soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich waren (§ 5 Abs. 2 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Auch auf besondere betriebliche Belange hatte die Klägerin zu 2 Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit).
Die Klägerinnen hatten keine Lohnfortzahlung im Krankheits- oder Urlaubsfall vereinbart. Einen Urlaubsanspruch sah der Vertrag über die freie Mitarbeit ebenfalls nicht vor.
Die Klägerin zu 2 war berechtigt, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden, allerdings nicht für Wettbewerber der Klägerin. Dies ergibt sich aus § 6 des Vertrages über die freie Mitarbeit. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum auch tatsächlich für weitere Auftraggeber – allerdings aus ihrem persönlichen Umfeld – tätig. Insoweit kam es im streitigen Zeitraum nur zu drei Abschlüssen, die nicht über die Klägerin abgewickelt wurden. Sie hatte eine eigene Betriebsstätte, beschäftigte keinen Mitarbeiter und war zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet (§ 7 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Sie hatte ein Gewerbe angemeldet und verfügte über eine spezielle Haftpflichtversicherung.
(2) Die festgestellten schriftlichen Vereinbarungen der Klägerinnen sind zulässig, das heißt mit zwingendem Recht vereinbar. Grenzen für die privatrechtlichen Vereinbarungen, die Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen sind, können sich sowohl aus zwingendem Privatrecht als auch aus dem öffentlichen Recht ergeben (Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 59). Im vorliegenden Fall bestehen derartige Konflikte zwischen dem Vereinbarten und den gesetzlichen Vorgaben nicht.
(3) Anlass zu Zweifeln an der Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen der Klägerinnen bestehen auch mit Blick auf § 117 BGB nicht. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor.
(4) Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass Klägerin zu 2 in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1 vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 abhängig beschäftigt war.
(a) Die im Vertrag gewählten Formulierungen (z.B. "Auftraggeber") und die fehlenden arbeitnehmertypischen Regelungen (Entgeltfortzahlung, Urlaub) lassen zunächst auf den Willen der Vertragspartner schließen, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen. Dies kann indizielle Bedeutung haben. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 26). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
(b) Die Klägerin zu 2 unterlag zur Überzeugung des Senats dem Weisungsrecht der Klägerin zu 1 und war in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1 eingegliedert.
Dabei ist darauf abzustellen, ob die Klägerin zu 1 im Verhältnis zur Klägerin zu 2 über eine diesbezügliche Rechtsmacht verfügte (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 84). Dies entspricht insbesondere der jüngeren Rechtsprechung des BSG, in der die Maßgeblichkeit von Rechtsmacht gegenüber bloß rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten betont wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris, Rn. 30; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 R 1/15 R – juris, Rn. 25).
Aus dem zwischen den Klägerinnen geschlossenen Vertrag über die freie Mitarbeit ergibt sich eine solche Rechtsmacht zunächst in zeitlicher Hinsicht. Zwar gestattete § 5 Abs. 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit der Klägerin zu 2 selbständig und vollkommen frei die Tätigkeiten in § 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit auszuüben; allerdings traf die Klägerin zu 2 die Verpflichtung, auf besondere betriebliche Belange Rücksicht zu nehmen (§5 Abs.1 Satz 3 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Zudem waren projektbezogene Vorgaben der Klägerin zu 1 hinsichtlich Auftragsort und zur Arbeitszeit einzuhalten (§ 5 Abs. 2 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht liegt vor, wenn der Betroffene grundsätzlich ständiger Dienstbereitschaft unterliegt und der Auftraggeber die Lage der Arbeitszeit einseitig bestimmen kann (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 86; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Mai 2015 – L 11 R 4586/12 – juris, Rn. 58; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 32). Die Klägerin zu 2 war dazu verpflichtet, die Leistungen nach Maßgabe der konkreten Anforderungen und Leistungsbeschreibungen der Klägerin zu 1 zu erbringen. Die zeitlichen Vorgaben der Klägerin zu 1 hatte sie dabei zu beachten (§ 6 Abs. 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit).
Dies galt auch für fachliche Vorgaben der Klägerin zu 1, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich waren (§ 5 Abs. 2 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Das Weisungsrecht kann aber bei Diensten höherer Art auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein, wenn der Beschäftigte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 KR 8/01 R – juris, Rn. 20). Gerade bei höherspezialisierten Tätigkeiten, wie die Klägerin zu 2 sie ausübte, ist es nicht ungewöhnlich, dass inhaltlich keine Weisungen erteilt werden (müssen). Überdies ist der Senat davon überzeugt, dass vorliegend ein Weisungsrecht der Klägerin zu 1 insoweit bestand, als dass die vertraglich vereinbarten Leistungen einer Konkretisierung bedurften. Im Vertrag über die freie Mitarbeit fehlt eine nähere Beschreibung der Leistungen der Klägerin zu 2. Die Aufgabenstellung ist lediglich abstrakt als "Immobilienvermietung und Immobilienverkauf" und "administrative Tätigkeiten" beschrieben. Die tatsächlich geschuldeten Einzelleistungen der Klägerin zu 2 wurden notwendigerweise erst nachträglich mit der Zuteilung spezieller Objekte bestimmt. Zur Überzeugung des Senats erfolgte die Konkretisierung einseitig durch die Klägerin zu 1. Dies ergibt sich aus der Natur der Geschäftsbeziehung, die darin bestand, dass die Klägerin zu 2 die Klägerin zu 1 in "Spitzenzeiten der Belastung" entlasten sollte, indem sie die Betreuung einzelner Objekte übernahm. Muss der Vertragsgegenstand aber – wie hier – erst durch weitere Vorgaben konkretisiert, liegt darin ein gewichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Februar 2012 – L 11 KR 3007/11 – juris, Rn. 59). Etwas anderes könnte nur erwogen werden, wenn ein Spezialist eine Beratungsleistung erbringen soll und die erforderlichen Fachkenntnisse des Auftraggebers fehlen (vgl. Urteil des Senats vom 19. Juni 2015 – L 4 R 2821/14 – nicht veröffentlicht). Dies kann aufgrund des zuvor Gesagten im hier zu beurteilenden Einzelfall nicht angenommen werden.
Die Klägerin zu 2 war darüber hinaus in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 1 eingebunden. Die bloße Anwesenheit eines Auftragnehmers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers bei der Durchführung des Auftrages als lediglich äußerer Umstand rechtfertigt für sich genommen nicht schon die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit des Auftragnehmers in die betriebliche Organisation des Auftraggebers (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33; zur selbständigen Tätigkeit eines Lehrers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 31; vgl. auch etwa LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1. November 2012 – L 1 R 306/10 – juris, Rn. 30, mit dem Hinweis auf Steuerberater, Unternehmensberater und Handwerker). Gleiches gilt für die Nutzung von beim Auftraggeber vorhandener Betriebsmittel (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 37; u.a. auch Urteile des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 –, vom 24. April 2015 – L 4 R 1787/14 – und vom 19. Juni 2015 – L 4 R 2821/14 – alle nicht veröffentlicht). Umgekehrt ist eine Tätigkeit außerhalb des Sitzes des Auftraggebers aber auch kein zwingendes Argument für eine selbständige Tätigkeit. Denn auch im Arbeitsverhältnis kommen Homeoffice-Arbeitsplätze vor (Hessisches Landesarbeitsgericht [LAG], Urteil vom 13. März 2015 – 10 Sa 575/14 – juris, Rn. 88). Entscheidend ist insoweit, dass nach dem übereinstimmendem Vortrag beider Klägerinnen die Klägerin zu 2 mit der Klägerin zu 1 zusammenarbeitete. Es fand dreimal monatlich eine Abstimmung mit der Klägerin zu 1 über Kunden und deren Objekte im Büro der Klägerin zu 1 statt, was ebenfalls für eine Eingliederung in die Betriebsabläufe der Klägerin zu 1 spricht. Das Gesamtbild der Tätigkeit spricht damit zur Überzeugung des Senats für eine Eingliederung der Klägerin zu 2 in die Betriebsorganisation der Klägerin der Klägerin zu 1.
Dies folgt für den Senat auch daraus, dass ab dem 1. Mai 2010 eine Änderung der von der Klägerin zu 2 zu verrichtenden Tätigkeiten nicht erkennbar ist. Die einzige Änderung bestand darin, dass die Klägerin zu 2 ab dem 1. Mai 2010 nicht mehr acht Stunden arbeitstäglich ihre Tätigkeit zu verrichten hatte, sondern ihr eine freie Einteilung der Arbeitszeit möglich war.
(5) Lag damit bereits eine weisungsabhängige Tätigkeit der Klägerin zu 2 und deren Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1 vor, kann anderen Abgrenzungskriterien keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Unabhängig davon lassen sich aber auch den sonstigen rechtlichen und tatsächlichen Umständen des Vertragsverhältnisses der Klägerinnen ohnehin keine gewichtigen Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit entnehmen.
Die Klägerin zu 2 trug im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1 kein nennenswertes, das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko, was im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10; ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 R 4979/15 – juris, Rn. 46). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urteile vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris, Rn. 27; vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris, Rn. 25; vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 27; vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt allerdings kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36).
Die Klägerin zu 2 erhielt als Gegenleistung für ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1 ein "Fixum" in Höhe von EUR 1.000,00 unabhängig vom erbrachten Zeitaufwand. Eine Vergütung war ihr damit garantiert, sofern sie einen Auftrag der Klägerin zu 1 annahm. Außerdem erhielt sie eine Vermittlungsprovision. Diese entsprach jedoch der Regelung, wie sie bereits zuvor im Rahmen des zwischen den Klägerinnen bis 30. April 2010 bestehenden Arbeitsvertrags existierte. Die Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustes bestand damit nicht. Die Klägerin zu 2 setzte mit Computer, iPhone und Laser-Messgerät auch keine eigenen Betriebsmittel in erheblichem Umfang ein, wobei allerdings entsprechende Dienstleistungen branchenspezifisch generell betriebsmittelarm sind. Der Einsatz des eigenen Fahrzeuges zum Aufsuchen des Arbeitsplatzes ist dagegen unbeachtlich, weil auch jeder Arbeitnehmer seinen Arbeitsweg finanzieren muss.
Im Vordergrund stand damit die Belastung der Klägerin zu 2 mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft. Eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfanges des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft stand dem im Verhältnis zur Klägerin zu 1 – wie oben aufgezeigt – nicht gegenüber. Sie konnte für andere Auftraggeber tätig werden, unterlag aber einem (nach)vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot (§ 16 des Vertrages über die freie Mitarbeit). Ein solches Wettbewerbsverbot ist Arbeitnehmer typisch (BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 23). Aus den vorgelegten Rechnungen, die mit Ausnahme von drei Rechnungen alle an die Klägerin zu 1 gerichtet waren, ergibt sich, dass ihr Einkommen aus der Tätigkeit für die Klägerin zu 1 schließlich den überwiegenden Teil ihres Gesamteinkommens darstellte. In der Gestaltung und Bestimmung ihrer Arbeitskraft unterlag die Klägerin zu 2 mithin Zwängen, die der Annahme eines relevanten Unternehmerrisikos entgegenstehen.
Der Umstand, dass die Klägerin zu 2 für ihre Leistungen Rechnungen stellte, Mehrwertsteuer ansetzte, ein Gewerbe angemeldet und Vermögensschaden- und Haftpflichtversicherungen abgeschlossen hatte, ist kein wesentliches Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Diese Vorgehensweise ist lediglich Ausdruck der subjektiven Vorstellung der Klägerinnen, die Klägerin zu 2 sei in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1 selbständig. Überdies kann die Gewerbeanmeldung und der Abschluss der genannten Versicherungen auch der geplanten eigenen selbständigen Tätigkeit der Klägerin zu 2 geschuldet sein.
Kein entscheidendes Indiz ist darüber hinaus, ob die Klägerin zu 2 u.a. über ImmoScout und Zypresse werbend am Markt auftrat und für andere Auftraggeber tätig wurde. Denn abzustellen ist allein auf die Tätigkeit der Klägerin zu 2 für die Klägerin zu 1 (s.o.). Im Übrigen legte die Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG dar, sie habe, als die Klägerin zu 2 noch bei ihr beschäftigt gewesen sei, Anzeigen für Objekte, die die Klägerin zu 2 betreut habe, selbst geschaltet.
Soweit die Klägerin zu 2 zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet war, liegt hierin allerdings kein zwingendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Ein Arbeitsverhältnis ist durch die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung gekennzeichnet. Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine solche Pflicht stets zur Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses führt (Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 91). Vielmehr kann auch bei der Beauftragung eines Selbständigen dessen persönliches Tätigwerden vereinbart werden. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus § 613 Satz 1 BGB, nach dem der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu leisten hat. Diese Norm gilt für alle Dienstverhältnisse und nicht nur für Arbeitsverhältnisse (Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl. 2016, § 613 BGB Rn. 1).
Der fehlende vertraglich vereinbarte Urlaubsanspruch ist wie auch das Fehlen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall als Indiz für selbständige Tätigkeit anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 25; Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 96). Solche Vertragsgestaltungen sind allerdings konsequent, wenn beide Seiten eine selbständige freie Mitarbeit wollen (etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 67 m.w.N.). Insofern gilt, dass dem keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, wenn die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Kriterien – Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers – bereits zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung führen. In einem solchen Fall werden vertragliche Absprachen oder deren Unterlassen durch die gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und über Urlaubsansprüche verdrängt bzw. ersetzt. Entscheidend ist hier aber die tatsächliche Handhabung durch die Beteiligten (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 97; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 35), die belegt, dass der Ausschluss eines Lohnfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall nicht nur zum Schein vereinbart, sondern tatsächlich auch so praktiziert worden ist; keiner der Beteiligten hat behauptet, die Klägerin zu 2 hätte solche oder andere Arbeitnehmerrechte gegenüber der Klägerin zu 1 geltend gemacht oder hätte sie mit Erfolg gerichtlich geltend machen können.
In der Gesamtabwägung können diese Aspekte aber den aufgrund der Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1 bestehenden überwiegenden Eindruck einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin zu 2 nicht durchgreifend erschüttern.
bb) Die Höhe der nachgeforderten Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Umlagen wurde von der Beklagten jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin zu 1 falsch errechnet.
Nicht zu prüfen hat der Senat, ob andere Tätigkeiten der Klägerin zu 2 als Selbständige oder als abhängig Beschäftigte Auswirkungen auf die Höhe des zu entrichtenden Beitrags sowie der Umlagen hat. Es ist Sache der Einzugsstellen aufgrund der von dem prüfenden Träger der Rentenversicherung erfolgten Unterrichtung (§ 28p Abs. 3 SGB IV) im Rahmen der ihnen obliegenden Aufgabe, den Beitragseinzug zu überwachen, zu prüfen, inwieweit weitere Tatsachen, die die Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags berühren, Auswirkungen auf die vom geprüften Arbeitgeber zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge haben (BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R – juris, Rn. 22 ff.).
cc) Die Beklagte setzte zu Recht Säumniszuschläge fest. Denn die Klägerin zu 1 hatte verschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht.
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungs-pflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Ob der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entgegensteht (so BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 – B 13 R 67/09 R – juris, Rn. 23) oder ob Vorsatz erforderlich ist (so BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R – juris, Rn. 28), kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist der Klägerin zu 1 der Vorwurf des bedingten Vorsatzes zu machen, denn sie hat die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R – juris, Rn. 21; BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - juris, Rn. 28).
Die Klägerin zu 2 verrichtete nach den Angaben beider Klägerinnen sowohl in der Zeit bis zur Kündigung zum 30. April 2010 als auch in der hier streitigen Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 teilweise dieselben Tätigkeiten. Dabei war sie zunächst als abhängig Beschäftigte für die Klägerin zu 1 tätig und vereinbarte anschließend mit ihr das Vorliegen einer sozialversicherungsfreien Beschäftigung. Dies hätte die Klägerin zu 1 zumindest veranlassen müssen, den Status der Klägerin zu 2 durch die zu 1 beigeladene Einzugsstelle oder durch die Beklagte im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV prüfen zu lassen (BSG, Urteil vom 9. November 2011 - B 12 18/09 R - juris, Rn. 33). Dem ist sie jedoch nicht nachgekommen, weshalb sie der Vorwurf des bedingten Vorsatzes trifft.
Die Höhe der Säumniszuschläge hat die Beklagte zutreffend berechnet. Einwände sind von der Klägerin zu 1 nicht erhoben worden.
b) Den Widerspruch der Klägerin zu 2 hätte der Widerspruchsausschuss der Beklagten nicht als unbegründet, sondern als unzulässig zurückweisen müssen. Denn gegenüber der Klägerin zu 2 erließ die Beklagte keinen Bescheid. Die Beklagte ist zwar berechtigt, im Rahmen der Prüfung nach § 28p SGB IV auch gegenüber einem Mitarbeiter des geprüften Arbeitgebers einen Bescheid zu erlassen und die Versicherungspflicht festzustellen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 20 ff). Von dieser Berechtigung machte die Beklagte allerdings vorliegend keinen Gebrauch. Der Bescheid vom 24. September 2012 erging – jedenfalls ergibt sich nach Aktenlage nichts anderes – nur gegenüber der Klägerin zu 1. Der Klägerin zu 2 übersandte die Beklagte auch keine Abschrift dieses Bescheids. Es fehlt der Bekanntgabewille der Beklagten. Bekanntgabe erfordert, dass die Behörde dem Adressaten willentlich den Inhalt vermittelt (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011 – B 8 SO 12/09 R – juris, Rn. 12). Dass die Beklagte die Klägerin zu 2 im Verwaltungsverfahren beteiligte, indem sie sie zu ihrer Tätigkeit bei der Klägerin zu 1 anhörte, ersetzt deswegen die fehlende Bekanntgabe des Bescheids an die Klägerin zu 2 nicht.
Sollte entgegen der Aktenlage die Beklagte den Bescheid vom 24. September 2012 der Klägerin zu 2 doch bekannt gegeben haben, wäre die Klage aus zuvor unter a) dargelegten Gründen unbegründet.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (vgl. Urteil des Senats vom 10. Oktober 2014 – L 4 R 2204/13 – juris, Rn. 76).
6. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerinnen wenden sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und für das Insolvenzgeld, im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, in Höhe von EUR 28.068,35 aufgrund einer von der Beklagten angenommenen Beschäftigung der Klägerin zu 2 zwischen dem 1. Mai 2010 und 31. Dezember 2011.
Bei der Klägerin zu 1 handelt es sich um ein ehemals in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), heute als offene Handelsgesellschaft (OHG) betriebenes Immobilienunternehmen. Die Klägerin zu 2 war bei der Klägerin zu 1 vom 1. August 2009 bis zum 30. April 2010 (Kündigung durch die Klägerin zu 1) abhängig beschäftigt. Dieser Tätigkeit lag der zwischen den Klägerinnen unter dem 20. August 2009 geschlossene "Arbeitsvertrag mit Provisionsvereinbarung" zugrunde, der auszugsweise wie folgt lautete:
"§ 3 Tätigkeit
3.1 (Die Klägerin zu 2) wird als Immobilienassistentin eingestellt und vor allem mit folgenden Arbeiten beschäftigt: Immobilienvermittlung von bereits generierten Aufträgen sowie das Akquirieren von Miet- und Verkaufsobjekten, Immobilienvermietung und Immobilienverkauf, administrative Tätigkeiten wie z.B.: Korrespondenz, Terminkoordination, Exposéerstellung, Ansprechpartnerin für Kunden.
§ 4 Arbeitsvergütung, Grundvergütung
4.1 (Die Klägerin zu 2) erhält eine monatliche Grundvergütung von 1.020,00 EUR (brutto).
§ 5 Provisionsvereinbarung
5.1 (Die Klägerin zu 1) zahlt an (die Klägerin zu 2) für alle von (ihr) vermittelten Vertragsabschlüsse eine Provision in Höhe von 30 %."
Die Klägerin zu 2 meldete zum 3. Mai 2010 ein Gewerbe als Immobilienmakler nach § 34c Gewerbeordnung (GewO) an. Das Landratsamt B.-H. erlaubte ihr mit Bescheid vom 20. April 2010 auf den Antrag vom 2. März 2010 gewerbliche Tätigkeiten der Vermittlung des Abschlusses und des Nachweises der Gelegenheit zum Abschlusses von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Wohnräume und gewerbliche Räume auszuüben.
Unter dem 17. Dezember 2010/7. Januar 2011 schlossen die Klägerinnen - rückwirkend zum 3. Mai 2010 - einen "VERTRAG ÜBER FREIE MITARBEIT", der auszugsweise folgende Regelungen enthält:
"§ 1 Vertragsgegenstand
(Die Klägerin zu 2) wird folgende Tätigkeit übernehmen: Immobilienvermittlung von bereits generierten Aufträgen sowie das Akquirieren von Miet-und Verkaufsobjekten, Immobilienvermietung und Immobilienverkauf, administrative Tätigkeiten wie z.B. Korrespondenz, Terminkoordinierung, Exposéerstellung, Ansprechpartnerin für Kunden.
Zur Ausübung der oben aufgeführten Tätigkeit bestätigt (die Klägerin zu 2) mit (ihrer) Unterschrift im Besitz einer Erlaubnis nach § 34c GeWo zu sein.
§ 2 Vergütung
(1) Als Vergütung wird ein festes Honorar von EUR 1.000,00 zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart. Die Mehrwertsteuer ist in der Abrechnung gesondert auszuweisen.
(2) Das vereinbarte Honorar ist bei Abnahme des Werks fällig.
(3) (Die Klägerin zu 1) zahlt an (die Klägerin zu 2) für alle von (ihr) vermittelten Vertragsabschlüsse eine vereinbarte Provision in Höhe von 30 %.
§ 3 Vertragsdauer und Kündigung
(1) Das Vertragsverhältnis beginnt am 03.05.2010.
§ 4 Krankheit, Urlaub, sonstige Arbeitsverhinderung
(1) (Der Klägerin zu 2) besteht kein Vergütungsanspruch zu, wenn (sie) infolge von Krankheit oder sonstige Arbeitsverhinderung an der (ihr) obliegenden Leistungserbringung nach diesem Vertrag verhindert ist.
(2) (Die Klägerin zu 2) hat keinen Anspruch auf Urlaub.
§ 5 Weisungsfreiheit
(1) (Die Klägerin zu 2) unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Klägerin zu 1) (Weisungsfreiheit in inhaltlicher Hinsicht). (Sie) ist in der Gestaltung (ihrer) Tätigkeiten (Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung) selbständig tätig und vollkommen frei. Auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit (ihrer) Tätigkeit ist jedoch Rücksicht zu nehmen.
(2) (Die Klägerin zu 2) ist an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder zur Arbeitszeit gebunden. Projektbezogene Vorgaben (der Klägerin zu 1) sind allerdings einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben (der Klägerin zu 1), soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind.
(3) (Die Klägerin zu 2) ist ferner berechtigt, einzelne Aufträge (der Klägerin zu 1) ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
(4) Gegenüber den Angestellten (der Klägerin zu 1) hat (die Klägerin zu 2) keine Weisungsbefugnis.
§ 6 Rechte und Pflichten des freien Mitarbeiters
(1) (Die Klägerin zu 2) hat die Leistungen nach Maßgabe der konkreten Anforderungen und Leistungsbeschreibungen (der Klägerin zu 1) zu erbringen. Die zeitlichen Vorgaben (der Klägerin zu 1) sind zu beachten. (Die Klägerin zu 2) verpflichtet sich, bei der Vertragsdurchführung auftretende Abwicklungsschwierigkeiten oder vorhersehbare Verzögerungen unverzüglich (der Klägerin zu 1) mitzuteilen.
(2) (Die Klägerin zu 2) hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu sein.
§ 7 Pflicht zur höchstpersönlichen Aufgabenerfüllung
(Die Klägerin zu 2) ist verpflichtet, die Aufträge in Person auszuführen."
§ 8 Fortbildungspflicht
Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, sich im Rahmen der Durchführung dieses Vertrages über den aktuellen Entwicklungsstand seines Aufgabengebietes zu informieren und fortzubilden.
§ 9 Rechte und Pflichten des Auftraggebers
(2) Steuern, Sozialversicherungsbeiträge etc. werden, da kein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, vom Auftraggeber nicht abgeführt. Die Erfüllung von Abgaben und Versicherungsleistungen ist, soweit erforderlich, Sache des freien Mitarbeiters.
§ 12 Haftpflichtversicherung
(Die Klägerin zu 2) verpflichtet sich, eine Haftpflichtversicherung für Handwerk/Handel/Gewerbe/Dienstleistung/versichertes Wagnis: Immobilienmakler abzuschließen, nach der Personen- und Sachschäden versichert sind.
§ 16 Nachträgliches Wettbewerbsverbot
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im räumlichen Gebiet von F. und in F. weder für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu sein, noch unmittelbar oder mittelbar an der Gründung oder im Betrieb eines solchen Unternehmens mitzuwirken.
§ 17 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften
Die Parteien haben von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages bewusst keinen Gebrauch gemacht. Die Parteien beabsichtigen mit dem vorliegenden Vertrag keine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften. Ziel ist es, dem freien Mitarbeiter die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft zu belassen. Die Parteien beabsichtigen nicht, eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit zu begründen."
Die Beklagte führte bei der Klägerin zu 1 am 13. Februar 2012 eine Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 1. Januar 2008 bis 30. Dezember 2011 durch.
Auf Anfrage der Beklagten gab die Klägerin zu 2 unter dem 11. April 2012 an, als Immobilienmaklerin für die Klägerin zu 1 tätig gewesen zu sein, zwischen August 2009 und April 2010 als Arbeitnehmerin. Nunmehr betreibe sie ein Einzelunternehmen, habe ein Gewerbe angemeldet und bezahle Gewerbesteuern. Arbeitnehmer beschäftige sie selbst nicht. Nähere Arbeitsbedingungen seien weder schriftlich noch mündlich festgelegt worden. Es sei keine regelmäßige Arbeitszeit einzuhalten bzw. vereinbart worden. Sie könne ihre Arbeitszeit frei gestalten und den Arbeitsort frei wählen. Ihre Arbeiten seien nicht kontrolliert worden. Auch habe keine Eingliederung in den betrieblichen Arbeitsablauf bei der Klägerin zu 1 bestanden. Sie führe nicht die gleichen Arbeiten aus wie fest angestellte Mitarbeiter der Klägerin zu 1. Sie habe keine Berichte über ihre Tätigkeit abzugeben gehabt; lediglich ein wöchentliches Meeting habe stattgefunden. Zur persönlichen Ausführung der Tätigkeiten sei sie verpflichtet gewesen, Hilfskräfte habe sie hierzu einsetzen dürfen. Einer Zustimmung der Klägerin zu 1 habe es hierzu nicht bedurft. Arbeitsmittel seien ihr nicht kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, eigenes Kapital einzusetzen. Die Übernahme bestimmter Aufträge habe sie ablehnen dürfen. Ihr unternehmerisches Risiko habe darin bestanden, dass nicht jeder Auftrag zum Erfolg geführt habe. Sie habe mehrere Auftraggeber und einen eigenen Kundenstamm besessen. Die Preise habe sie selbst gestalten können. Auch sei ihr eine weitere Tätigkeit bei anderen Auftraggebern erlaubt gewesen. Leistungen habe sie nicht ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin zu 1 erbracht. Eine Vergütung sei auf Rechnungsstellung erfolgt. Ein Anspruch auf Gratifikation oder sonstige Zuwendungen habe nicht bestanden. Lohnsteuer sei für sie nicht entrichtet worden. Sie sei selbst zur Einkommensteuer veranlagt und verpflichtet gewesen, Umsatzsteuer zu entrichten. Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nicht bestanden. Bei Erkrankung habe sie keine Ersatzarbeitskraft zur Verfügung gestellt. Bis April 2010 sei sie überwiegend im Innendienst tätig gewesen. Da sie auf flexiblere Arbeitszeiten angewiesen gewesen sei und aufgrund der geringeren Auftragslage sei die Kündigung durch die Klägerin zu 1 erfolgt. Daraufhin habe sie sich selbständig gemacht. Auf diese Weise sei sie flexibel gewesen und habe ihren Lebensgefährten bei der Arbeit in dessen elterlichen Weingut unterstützen können. Aufgrund der schlechten Auftragslage im Immobilienbereich habe sie ein Studium an der Deutschen Immobilienakademie in F. begonnen. Dieses Studium habe ebenfalls eine flexible Zeiteinteilung vorausgesetzt, was sich perfekt mit ihrer selbständigen Tätigkeit habe vereinbaren lassen. Bislang habe sie sich hauptsächlich darauf konzentriert, ein Netzwerk zu schaffen. Auch der Aufbau einer eigenen Homepage sei in Arbeit. Ihr stehe als Büro ein Raum im Weingut ihres Lebensgefährten unentgeltlich zur Verfügung. An eigenen Arbeitsmitteln seien ein Auto, ein Notebook mit Drucker und Scanner, ein iPhone, eine Kamera und ein Laser-Messgerät vorhanden. Mittlerweile habe sie sich einen kleinen Kundenstamm aufgebaut. Da die ersten Jahre in der Selbständigkeit mühsam seien und aufgrund des zeitaufwändigen Studiums und der sonstigen Tätigkeiten habe sie mit der Klägerin zu 1 einen Vertrag über freie Mitarbeit geschlossen. So hätten ihr je nach Auftragslage Aufträge angeboten werden können und sie habe selbst entscheiden können, ob sie diese habe annehmen wollen. Auf diese Weise stünde sie als bekanntes Gesicht Bestandskunden der Klägerin zu 1 weiter zur Verfügung. Bei eigens akquirierten Aufträgen könne sie entscheiden, ob sie diese komplett selbst abwickle oder sie über die Klägerin zu 1 einbringe. In diesem Fall läge bei Abwicklung über die Klägerin zu 1 eine andere Provisionsvereinbarung (i.d.R. 70/30) vor. Bei Fällen, die von der Klägerin zu 1 akquiriert würden, betrage die Provisionsverteilung i.d.R. 30/70.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zu 1 zur beabsichtigten Nachforderung von insgesamt EUR 28.068,35 (Gesamtsozialversicherungsbeiträgen inklusive Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.544,00) an. Sie führte aus, für die Klägerin zu 2 habe ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden überwiegen. Zur Begründung legte die Beklagte dar, die Klägerin zu 2 sei bis 30. April 2010 bei der Klägerin zu 1 mit derselben Vergütungsregelung abhängig beschäftigt gewesen. Sie werde im aktuellen Internetauftritt der Klägerin zu 1 im Team im Bereich Verkauf und Vermietung als Immobilienassistentin geführt. Dort sei eine Telefonnummer mit direkter Durchwahl und eine Handynummer hinterlegt. Auch die dort angegebene Mailadresse ende auf die Klägerin zu 1. Für Außenstehende sei die Klägerin zu 2 weiterhin als Mitarbeiterin der Klägerin zu 1 erkennbar. Die Klägerin zu 2 trete bei ihren Kunden im Namen und auf Rechnung der Klägerin zu 1 auf. Im zu beurteilenden Zeitraum von 18 Monaten habe die Klägerin zu 2 drei Rechnungen vorweisen können, die nicht an die Klägerin zu 1 gerichtet gewesen seien. Sie sei weder im örtlichen Telefonbuch, noch im Branchenfernsprechbuch zu finden. Ein Auftreten am Markt als selbständige Immobilienmaklerin sei nicht erkennbar. In § 16 des Vertrags über die freie Mitarbeit werde die Klägerin zu 2 ausdrücklich als Arbeitnehmerin bezeichnet, die einem Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für F. unterliege. Diese Regelung stehe unternehmerischem Handeln entgegen. Für sechs Monate sei zudem die Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen verboten. Der frühere Arbeitsvertrag und der Vertrag über die freie Mitarbeit seien in vielen Punkten nahezu wortgleich. Bei ihren Arbeitsmitteln (Handy, Computer, Drucker, Kamera, Auto) handele es sich fast ausschließlich um Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Zwar sei die Weisungsgebundenheit der Klägerin zu 2 in § 5 des Vertrages über die freie Mitarbeit ausgeschlossen, in §§ 6 und 7 werde diese Weisungsfreiheit jedoch wieder erheblich eingeschränkt. So sei sie zur persönlichen Aufgabenerfüllung verpflichtet. Zudem sei die Klägerin zu 2 zu Fortbildungen verpflichtet. Flexible Arbeitszeiten und eine schwache Auftragslage seien kein Indiz für Selbständigkeit. Zur eigenen Erreichbarkeit habe die Klägerin zu 2 die Leistungen des Backoffice der Klägerin zu 1 benutzt.
Die Klägerin zu 1 führte aus, entgegen der Annahme der Beklagten trage die Klägerin zu 2 ein Unternehmerrisiko. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass nur diejenigen Fälle abgerechnet werden könnten, die auch zu einem Vermittlungserfolg führten. Die dem Makler geschuldete Vergütung sei stets eine Erfolgsvergütung. Die darüber hinausgehende Tätigkeit der Klägerin zu 2 sei durch die Rechnungen selbst, die nur Abschlüsse beträfen, nicht abgebildet. Den Umfang der Tätigkeit könne man damit keineswegs allein an den Rechnungen festmachen. Die Beklagte habe auch nicht berücksichtigt, dass beide Klägerinnen ausdrücklich keinen Anstellungsvertrag gewollt hätten. Dies ergebe sich aus § 17 des Vertrages über die freie Mitarbeit. An der Verwendung des Terminus" Arbeitnehmer" habe man bei dem aus dem Internet besorgten Vertrag keinen Anstoß genommen. Im Übrigen sei das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bei Freiberuflern Gang und Gäbe. Auch sei es bei Diensten höherer Art - und einen solchen habe die Klägerin zu 2 ausgeübt - üblich, dass eine Verpflichtung zu höchstpersönlicher Aufgabenerfüllung bestehe. Die Tatsache, dass die Klägerin zu 2 ihr Backoffice habe benutzen können, schließe Selbständigkeit nicht aus. Im Übrigen spiegele sich dieses im Vergütungsverhältnis (30/70 bzw. 70/30) wider.
Mit nur an die Klägerin zu 1 gerichtetem Bescheid vom 24. September 2012 forderte die Beklagte - mit im Wesentlichen wortgleicher Begründung wie bereits im Rahmen der Anhörung -, insgesamt EUR 28.068,35 (Gesamtsozialversicherungsbeiträge inklusive Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.544,00) nach, weil für die Klägerin zu 2 ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden überwiegen. Zusätzlich führte sie aus, die Regelungen über die Entlohnung (Grundvergütung und Provision) hätten bereits so im vorherigen Beschäftigungsverhältnis bestanden. Die monatliche Differenz betrage lediglich EUR 20,00. Die drei Rechnungen der Klägerin zu 2 (eine aus dem Kalenderjahr 2010 und zwei aus dem Kalenderjahr 2011) seien dem privaten Umfeld der Klägerin zu 2 zuzurechnen. Die Klägerin zu 2 unterhalte keinen eigenen Internetauftritt.
Die Klägerinnen legten am 8. Oktober 2012 Widerspruch mit der Begründung ein, die Klägerin zu 2 sei im Prüfzeitraum bei der Klägerin zu 1 nicht abhängig beschäftigt gewesen. Die Klägerin zu 1 verwies auf ihre Äußerung im Rahmen der Anhörung. Die Klägerin zu 2 führte aus, die Beklagte habe die Veränderung privater Umstände, die sie dazu veranlasst habe, die Selbständigkeit zu suchen, nicht in ausreichendem Umfang gewürdigt. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sie in der Einteilung ihrer Arbeitszeit völlig frei und den keinen Betrieb eingegliedert gewesen sei. Sie habe im Krankheitsfall kein Geld erhalten und auch kein Urlaubsgeld bekommen. Auch habe sie ein unternehmerisches Risiko getragen, denn sie habe ihr Büro selbst einrichten und einen eigenen Kundenstamm aufbauen bzw. erweitern müssen. Die ähnlichen Regelungen der Vergütung in den beiden Verträgen erkläre sich damit, dass der Vertrag über die freie Mitarbeit angesichts des schwierigen Neubeginns an die frühere Beziehung zum Arbeitgeber angeschlossen habe. Das Vorgehen der Beklagten missachte die Vertragsfreiheit und die Rechte der Parteien des Vertrages.
Mit an beide Klägerinnen gerichteten Widerspruchsbescheiden vom 18. April 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche der Klägerinnen zurück. Im Prüfzeitraum habe aufgrund des vertraglich vereinbarten Grundhonorars ein Unternehmerrisiko nicht bestanden. Nach außen hin sei die Klägerin zu 2 auch über den 30. April 2010 hinaus als Mitarbeiterin der Klägerin zu 1 erschienen. Im allgemeinen Geschäftsverkehr sei sie insoweit nicht als selbständig Tätige wahrgenommen worden. Die Ausübung der Tätigkeit sei durch die Klägerin zu 1 vertraglich so detailliert geregelt worden, dass kein relevanter Handlungsspielraum für die Klägerin zu 2 verblieben sei. Das vereinbarte Wettbewerbsverbot stehe unternehmerischem Handeln entgegen, da ihr untersagt worden sei, im eigenen Namen im räumlichen Gebiet als Immobilienmaklerin tätig zu werden.
Die Klägerin zu 1 erhob beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage am 13. Mai 2013 S 20 R 2172/13), die Klägerin zu 2 am 17. Mai 2013 (S 12 R 2302/13).
Nach Beiladung der jeweils anderen Klägerin sowie der IKK Classic, der Pflegekasse bei der IKK classic und der Bundesagentur für Arbeit wurden die beiden Verfahren mit Beschluss vom 27. Oktober 2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Unter weiterer Vertiefung ihres bisherigen Vortrages führte die Klägerin zu 1 aus, wegen ausbleibender Aufträge sei das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu 2 zum Ende April 2010 gekündigt worden. Sei sie dann nicht mehr im Betrieb gewesen, da noch Urlaub und Überstunden aufzubrauchen gewesen seien. Nachdem sich die Ertragssituation Ende April 2010 wieder wesentlich verbessert habe, sei sie an die Klägerin zu 2 herangetreten, mit der Bitte, einige Termine zu übernehmen. Diese habe sich hierzu bereit erklärt mit der Maßgabe, nur wenige Termine auf Anfrage übernehmen zu können. Daneben habe für die Klägerin zu 2 die Möglichkeit bestanden, ihr Studium zu absolvieren und eigene Objekte zu bearbeiten. Diese wechselseitigen Anforderungen seien ideal durch eine freie Mitarbeiterschaft umzusetzen gewesen. Den schriftlichen Vertrag habe man dann erst am 17. Dezember 2010 geschlossen, obwohl bereits im Mai 2010 die Zusammenarbeit mit der Klägerin zu 2 wieder begonnen habe. Im Übrigen spreche auch die Vereinbarung eines Fixums nicht gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. §§ 4 bis 7 des Vertrags über die freie Mitarbeit begründeten keine Weisungsgebundenheit im technischen Sinne, insbesondere kein arbeitgeberliches Direktionsrecht. Mit ihrer Entscheidung, in freie Mitarbeit zu wechseln, habe die Klägerin zu 2 auch ein eigenes unternehmerisches Risiko übernommen. Denn sie sei nicht mehr in das sichere System des Arbeitsvertrags eingebettet gewesen. Ein abgeschlossenes Büro zähle für einen Immobilienmakler nicht zu den notwendigen Betriebsgrundlagen. Zudem sei die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht statthaft, da nach Auffassung beider Klägerinnen die sichere Überzeugung bestehe, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Fahrlässige oder vorsätzliche Unkenntnis seien etwas ganz anders.
Die Klägerin zu 2 trug ergänzend zur Begründung ihres Widerspruchs vor, seit dem 1. Januar 2012 kein monatliches Fixum mehr von der Klägerin zu 1) zu erhalten, weil sich der Aufbau ihrer selbständigen Tätigkeit inzwischen vollendet habe. Der unternehmerische freie Entschluss eines Betroffenen sei zu akzeptieren und genieße verfassungsrechtlichen Schutz.
Die Beklagte trat den Klagen entgegen.
Mit Urteil vom 27. Januar 2015 wies das SG die Klagen ab. Die Klägerin zu 2 sei bei der Klägerin zu 1 im Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 abhängig beschäftigt gewesen. Zwar habe die Klägerin zu 2 ab 1. Mai 2010 keine festen Arbeitszeiten mehr gehabt. Sie habe selbst entscheiden können, wie sie ihre Tätigkeit gestalte. Die zuvor neben dem Vermittlungsgeschäft ausgeübte allgemeine Bürotätigkeit sei entfallen und die Klägerin zu 2 habe sich ausschließlich auf die Vermittlung von Immobilien konzentriert. Allerdings habe sie kein Unternehmerrisiko getragen. Sie habe keinen nennenswerten eigenen Kapitaleinsatz gebracht. Aufgrund des typischerweise geringen Kapitaleinsatzes als Immobilienmaklerin müsse zumindest der Einsatz der Arbeitskraft mit ungewisser Aussicht auf Vergütung bestehen. Allerdings habe die Klägerin zu 2 ein monatliches Fixum erhalten, das sie unabhängig davon erhalten habe, ob sie Objekte erfolgreich vermittelt habe. Daher habe für sie kein wirtschaftliches Risiko bestanden. Aufträge in nennenswertem Umfang von dritter Seite habe sie im Prüfzeitraum ebenfalls nicht erhalten. Ihre Tätigkeit sei fast ausschließlich auf von der Klägerin zu 1 vermittelte Tätigkeiten beschränkt gewesen. Daher sei sie von dieser wirtschaftlich abhängig gewesen. Zudem sei ein Auftreten der Klägerin zu 2 am Markt für die Zeit bis zum 31. Dezember 2011 nicht erkennbar gewesen. Sie sei auf der Homepage der Klägerin zu 1 noch als Mitarbeiterin geführt worden, habe selbst keine eigene Homepage und habe sich zunächst bemüht, ein eigenes Netzwerk zu entwickeln. Erst ab dem Jahr 2012 sei ein Auftreten als eigenständige Immobilienmaklerin am Markt erkennbar gewesen, dokumentiert durch eine eigene Homepage und die Zunahme der Vermittlung eigener Objekte ohne Bezug zur Klägerin zu 1. Auch habe sie seit 2012 kein monatliches Fixum, sondern lediglich eine Vergütung bei erfolgreicher Vermittlung erhalten. Erst seit diesem Zeitpunkt sei ein unternehmerisches Risiko erkennbar. Zudem habe die Beklagte zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Da die Klägerin zu 2 bis 30. April "2011" (richtig: 2010) bei der Klägerin zu 1 abhängig beschäftigt gewesen sei, hätten beide erkennen können, dass zumindest die Möglichkeit bestanden habe, dass weiterhin ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege und gegebenenfalls ein Statusfeststellungsverfahren herbeiführen müssen.
Gegen das den Klägerinnen am 23. Februar 2015 zugestellte Urteil, hat die Klägerin zu 1 am 2. März 2015 und die Klägerin zu 2 am 16. März 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und auf ihre bisherigen Ausführungen verwiesen.
Ergänzend legt die Klägerin zu 2 dar, das SG habe nur einzelne Umstände zu ihren Lasten herausgepickt und daraus seine Auffassung von der angeblichen abhängigen Beschäftigung abgeleitet. Ab 1. Mai 2010 sei sie als Selbständige völlig frei in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit und auch dem Inhalt ihrer Tätigkeiten gewesen zu sein. Sie habe Aufträge annehmen und ablehnen können, wie es ihr beliebt habe. Außerdem habe sie zur Qualifikation für ihre Selbständigkeit ein vierjähriges Studium auf eigene Kosten absolviert (vom Herbst 2010 bis Herbst 2014). Da sie ihr früheres Büro bei der Klägerin zu 1 nur noch drei- bis viermal monatlich aufgesucht habe und dies auch nur zu Abstimmungszwecken, habe sie ab 1. Mai 2010 ein eigenes Büro bei ihrem Lebenspartner eingerichtet. Im Gegensatz dazu habe sie zuvor acht Stunden täglich überwiegend im Büro gearbeitet und bürointerne Tätigkeiten verrichtet. Die Aufgabe ihrer abhängigen Beschäftigung sei auch von ihrer neuen und tragenden Lebensplanung getragen gewesen, bei ihrem Lebenspartner und ihren Eltern zusätzlich mitarbeiten zu können. Nebenher habe sie abschließend und nachwirkend auch frühere Kunden der Klägerin zu 1 betreut. Sie und die Klägerin zu 1 führten sich gegenseitig Kunden zu, was mit einer Provision verbunden gewesen sei. Hierfür sei ihr ein monatliches "Fixum" von EUR 1.000,00, welches kein Lohn, sondern eine Provision für sicher zu erwartende Kundenbetreuung und Kundenzuführung gewesen sei, gezahlt worden. Der Vertrag vom 17. Dezember 2010 sei nicht rückdatiert worden, sondern sei eine schriftliche Fixierung des bereits ab dem 1. Mai 2010 mündlich und faktisch geänderten freien Vertragsverhältnisses. Wegen und mit ihrer Selbständigkeit habe sie eigene Kosten in Höhe von über EUR 1.000,00 für einen Gewerbeschein, ein polizeiliches Führungszeugnis und den Nachweis geordneter finanzieller Verhältnisse gehabt. Zudem habe sie Aufwendungen für eine eigene Rentenversicherung in Höhe von monatlich EUR 260,00, Aufwendungen für eine eigene Berufsunfähigkeits-, Betriebshaftpflicht-, Unfall- und Krankenversicherung gehabt. Gleiches gelte für eine Rechtsschutz- und eine eigene Kfz-Versicherung. All diese Kosten würden von dem so genannten Fixum nicht getragen. Die Auffassung des SG, ein Auftreten ihrerseits auf dem Markt sei nicht erkennbar, widerspreche sowohl ihrem Vortrag als auch dem der Klägerin zu 1. Zum 1. Januar 2012 sei auch keine Zäsur eingetreten. Sie hat ihre Gewerbeerlaubnis vom 20. April 2010 vorgelegt.
Ergänzend führt die Klägerin zu 1 aus, das SG habe entgegen der Rechtsprechung im Steuer- und Arbeitsrecht der Zahlung eines Fixums – worauf es sein Urteil als einziges Kriterium gegen die Annahme einer Selbständigkeit gestützt habe – zu große Bedeutung beigemessen. Das SG habe den übereinstimmenden und unstreitigen Klägervortrag, wonach es sich um eine erwartete Garantieprovision gehandelt habe, nicht berücksichtigt.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 24. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Aus ihrer Sicht sei es nicht entscheidend, dass die Klägerin zu 2 einen großen Teil der Tätigkeit in ihrem häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt habe und nur gelegentlich zur Abstimmung im Büro der Klägerin zu 1 gewesen sei. Bei einer Tätigkeit der Immobilienvermittlung sei ohnehin davon auszugehen, dass ein großer Teil außerhalb der Büroräume erfolgen müsse. Die Einbindung der Klägerin zu 2 in die betrieblichen Organisationsstrukturen der Klägerin zu 1 habe unabhängig davon bestanden, dass durch den Vertrag über eine freie Mitarbeit keine festen Arbeitszeiten vorgegeben worden seien. Aus den von der Klägerin zu 2 vorgelegten Rechnungen ergäben sich lediglich drei an weitere Auftraggeber. Auch vor diesem Hintergrund gehe sie davon aus, dass die Klägerin zu 2 ihre überwiegende Arbeitskraft der Klägerin zu 1 zur Verfügung gestellt habe. Nicht plausibel erscheine, weshalb der Vertrag über die freie Mitarbeit im Dezember 2010 rückwirkend zum 1. Mai 2010 in Kraft gesetzt worden sei. Vielmehr habe die Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG mitgeteilt, zum 30. April 2010 eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen zu haben. Als "Unkosten" einer Selbständigen seien Aufwendungen für Versicherungen aufgeführt worden, die teilweise der privaten Lebensführung zuzuordnen seien und daher auch von Arbeitnehmern abgeschlossen würden oder die Folge dessen seien, dass die Tätigkeit von den Klägerinnen als selbständig angesehen worden sei. Nicht nachvollziehbar sei, dass durch die Aufnahme eines Studiums der Wille zu einer selbständigen Tätigkeit nach außen dokumentiert worden sei. Dies sei allenfalls nachvollziehbar, wenn die Klägerin zu 2 nach Abschluss des Studiums eine Entscheidung getroffen hätte, sich selbständig zu machen. Zu diesem Zeitpunkt (Herbst 2014) sei das Gewerbe jedoch bereits angemeldet gewesen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Klägerinnen, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind auch im Übrigen zulässig. Insbesondere bedurften sie nicht der Zulassung, da zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufungen über eine Beitragsnachforderung von EUR 28.068,35 gestritten wurde, so dass der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten war.
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 24. September 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. April 2013.
3. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage der Klägerin zu 1 ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 24. September 2012 in der Gestalt des (ihr gegenüber ergangenen) Widerspruchsbescheids vom 18. April 2013 rechtmäßig ist (dazu unter a). Die Klage der Klägerin zu 2 ist unbegründet, weil ihr gegenüber kein Ausgangsbescheid erging (dazu unter b).
a) Die Beklagte fordert von der Klägerin zu 1 zu Recht Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen nach § 7 Abs. 1 AAG und nach § 358 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für die Klägerin zu 2 (in Höhe von EUR 24.524,35) und Säumniszuschläge (in Höhe von EUR 3.544,00), insgesamt EUR 28.068,35. Denn die Klägerin zu 2 war in der Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011, in der sie für die Klägerin zu 1 tätig war, bei der Klägerin zu 1 abhängig und in allen Zweigen der Sozialversicherung sozialversicherungspflichtig beschäftigt (dazu unter aa). Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen sind im gerichtlich zu überprüfenden Umfang nicht zu beanstanden (dazu unter bb). Die Säumniszuschläge setzte die Beklagte zu Recht fest (dazu unter cc).
aa) Die Klägerin zu 2 war in der Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 bei der Klägerin zu 1 abhängig beschäftigt und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig.
aaa) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken–, Pflege– und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
bbb) Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 SGB III auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken– oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden nach § 358 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (UVMG) vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I, S. 2130) durch eine monatliche Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht und sind nach § 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 UVMG zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen.
ccc) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff.; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R -, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).
ddd) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 – juris, Rn. 17 – auch zum Folgenden). Dazu ist zunächst deren Inhalt konkret festzustellen (dazu unter (1)). Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind (dazu unter (2)). Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen (dazu unter (3)). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen.
Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch des BSG nicht entscheidend, ob der Betreffende auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw. war (BAG, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 AZR 405/01 – juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung entwickelten Grundsätze (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris, Rn 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3 für die Klägerin (zum Ganzen: z.B. auch Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 R 5120/13 – nicht veröffentlicht).
(1) Aufgrund des schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Klägerinnen im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren steht zur Überzeugung des Senats Folgendes fest:
Schriftliche Vereinbarungen zwischen den Klägerinnen ab 1. Mai 2010 gab es zunächst nicht, wurden dann jedoch mit dem Vertrag über freie Mitarbeit unter dem 17. Dezember 2010 rückwirkend zum 1. Mai 2010 fixiert. Dieser Vertrag fixierte nach dem übereinstimmenden Vortrag der Klägerinnen im Wesentlichen das bereits zuvor Gelebte. Danach war die Klägerin zu 2 für die Immobilienvermittlung von bereits generierten Aufträgen sowie das Akquirieren von Miet- und Verkaufsobjekten, die Immobilienvermietung und den Immobilienverkauf, für administrativen Tätigkeiten wie z.B. Korrespondenz, Terminkoordinierung, Exposéerstellung und als Ansprechpartnerin für Kunden zuständig (§ 1 Abs. 1 des Vertrags über freie Mitarbeit). Im Internet war sie mit Foto und dem Zusatz @seidler-immobilien.de auf der Homepage der Klägerin zu 1 gelistet.
Die Klägerin zu 2 war verpflichtet, im Besitz einer Erlaubnis nach § 34c GewO zu sein (§ 1 Abs. 2 des Vertrags über freie Mitarbeit).
Es bestand die konkludente Vereinbarung zwischen den Klägerinnen, dass die Klägerin zu 1 der Klägerin zu 2 je nach Auftragslage Aufträge anbot und diese selbst entscheiden konnte, ob sie diese annehmen wollte. Auf diese Weise stand sie als bekanntes Gesicht Bestandskunden der Klägerin zu 1 weiter zur Verfügung.
Für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin zu 2 von der Klägerin zu 1 ein monatliches Fixum in Höhe von EUR 1.000,00 (§ 2 des Vertrags über freie Mitarbeit). Zudem erhielt sie eine Provision. Bei eigens akquirierten Aufträgen konnte sie entscheiden, ob sie diese komplett selbst oder über die Klägerin zu 1 abwickelte. Bei Fällen, die von der Klägerin zu 1 akquiriert und von der Klägerin zu 2 bearbeitet wurden, betrug die Provisionsverteilung i.d.R. 30/70. Bei Abwicklung über die Klägerin zu 1 lag der Entlohnung eine andere Provisionsvereinbarung (i.d.R. 70/30) zugrunde. Die von der Klägerin zu 2 gestellten Rechnungen hatten die jeweilige Mehrwertsteuer auszuweisen.
Die Klägerin zu 2 unterlag keinen Anwesenheits- oder Arbeitszeiten. Den Tätigkeitsort konnte die Klägerin zu 2 selbst bestimmen. Lediglich ca. dreimal im Monat ging die Klägerin zu 2 ins Büro der Klägerin zu 1, um Unterlagen abzuholen und kurze Abstimmungen über Kunden und Objekte mit der Klägerin zu 1 vorzunehmen. Projektbezogene Vorgaben (der Klägerin zu 1) hatte die Klägerin zu 2 allerdings einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben (der Klägerin zu 1), soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich waren (§ 5 Abs. 2 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Auch auf besondere betriebliche Belange hatte die Klägerin zu 2 Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit).
Die Klägerinnen hatten keine Lohnfortzahlung im Krankheits- oder Urlaubsfall vereinbart. Einen Urlaubsanspruch sah der Vertrag über die freie Mitarbeit ebenfalls nicht vor.
Die Klägerin zu 2 war berechtigt, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden, allerdings nicht für Wettbewerber der Klägerin. Dies ergibt sich aus § 6 des Vertrages über die freie Mitarbeit. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum auch tatsächlich für weitere Auftraggeber – allerdings aus ihrem persönlichen Umfeld – tätig. Insoweit kam es im streitigen Zeitraum nur zu drei Abschlüssen, die nicht über die Klägerin abgewickelt wurden. Sie hatte eine eigene Betriebsstätte, beschäftigte keinen Mitarbeiter und war zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet (§ 7 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Sie hatte ein Gewerbe angemeldet und verfügte über eine spezielle Haftpflichtversicherung.
(2) Die festgestellten schriftlichen Vereinbarungen der Klägerinnen sind zulässig, das heißt mit zwingendem Recht vereinbar. Grenzen für die privatrechtlichen Vereinbarungen, die Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen sind, können sich sowohl aus zwingendem Privatrecht als auch aus dem öffentlichen Recht ergeben (Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 59). Im vorliegenden Fall bestehen derartige Konflikte zwischen dem Vereinbarten und den gesetzlichen Vorgaben nicht.
(3) Anlass zu Zweifeln an der Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen der Klägerinnen bestehen auch mit Blick auf § 117 BGB nicht. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor.
(4) Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass Klägerin zu 2 in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1 vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 abhängig beschäftigt war.
(a) Die im Vertrag gewählten Formulierungen (z.B. "Auftraggeber") und die fehlenden arbeitnehmertypischen Regelungen (Entgeltfortzahlung, Urlaub) lassen zunächst auf den Willen der Vertragspartner schließen, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen. Dies kann indizielle Bedeutung haben. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 26). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
(b) Die Klägerin zu 2 unterlag zur Überzeugung des Senats dem Weisungsrecht der Klägerin zu 1 und war in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1 eingegliedert.
Dabei ist darauf abzustellen, ob die Klägerin zu 1 im Verhältnis zur Klägerin zu 2 über eine diesbezügliche Rechtsmacht verfügte (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 84). Dies entspricht insbesondere der jüngeren Rechtsprechung des BSG, in der die Maßgeblichkeit von Rechtsmacht gegenüber bloß rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten betont wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris, Rn. 30; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 R 1/15 R – juris, Rn. 25).
Aus dem zwischen den Klägerinnen geschlossenen Vertrag über die freie Mitarbeit ergibt sich eine solche Rechtsmacht zunächst in zeitlicher Hinsicht. Zwar gestattete § 5 Abs. 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit der Klägerin zu 2 selbständig und vollkommen frei die Tätigkeiten in § 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit auszuüben; allerdings traf die Klägerin zu 2 die Verpflichtung, auf besondere betriebliche Belange Rücksicht zu nehmen (§5 Abs.1 Satz 3 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Zudem waren projektbezogene Vorgaben der Klägerin zu 1 hinsichtlich Auftragsort und zur Arbeitszeit einzuhalten (§ 5 Abs. 2 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht liegt vor, wenn der Betroffene grundsätzlich ständiger Dienstbereitschaft unterliegt und der Auftraggeber die Lage der Arbeitszeit einseitig bestimmen kann (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 86; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Mai 2015 – L 11 R 4586/12 – juris, Rn. 58; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 32). Die Klägerin zu 2 war dazu verpflichtet, die Leistungen nach Maßgabe der konkreten Anforderungen und Leistungsbeschreibungen der Klägerin zu 1 zu erbringen. Die zeitlichen Vorgaben der Klägerin zu 1 hatte sie dabei zu beachten (§ 6 Abs. 1 des Vertrags über die freie Mitarbeit).
Dies galt auch für fachliche Vorgaben der Klägerin zu 1, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich waren (§ 5 Abs. 2 des Vertrags über die freie Mitarbeit). Das Weisungsrecht kann aber bei Diensten höherer Art auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein, wenn der Beschäftigte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 KR 8/01 R – juris, Rn. 20). Gerade bei höherspezialisierten Tätigkeiten, wie die Klägerin zu 2 sie ausübte, ist es nicht ungewöhnlich, dass inhaltlich keine Weisungen erteilt werden (müssen). Überdies ist der Senat davon überzeugt, dass vorliegend ein Weisungsrecht der Klägerin zu 1 insoweit bestand, als dass die vertraglich vereinbarten Leistungen einer Konkretisierung bedurften. Im Vertrag über die freie Mitarbeit fehlt eine nähere Beschreibung der Leistungen der Klägerin zu 2. Die Aufgabenstellung ist lediglich abstrakt als "Immobilienvermietung und Immobilienverkauf" und "administrative Tätigkeiten" beschrieben. Die tatsächlich geschuldeten Einzelleistungen der Klägerin zu 2 wurden notwendigerweise erst nachträglich mit der Zuteilung spezieller Objekte bestimmt. Zur Überzeugung des Senats erfolgte die Konkretisierung einseitig durch die Klägerin zu 1. Dies ergibt sich aus der Natur der Geschäftsbeziehung, die darin bestand, dass die Klägerin zu 2 die Klägerin zu 1 in "Spitzenzeiten der Belastung" entlasten sollte, indem sie die Betreuung einzelner Objekte übernahm. Muss der Vertragsgegenstand aber – wie hier – erst durch weitere Vorgaben konkretisiert, liegt darin ein gewichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Februar 2012 – L 11 KR 3007/11 – juris, Rn. 59). Etwas anderes könnte nur erwogen werden, wenn ein Spezialist eine Beratungsleistung erbringen soll und die erforderlichen Fachkenntnisse des Auftraggebers fehlen (vgl. Urteil des Senats vom 19. Juni 2015 – L 4 R 2821/14 – nicht veröffentlicht). Dies kann aufgrund des zuvor Gesagten im hier zu beurteilenden Einzelfall nicht angenommen werden.
Die Klägerin zu 2 war darüber hinaus in die Betriebsorganisation der Klägerin zu 1 eingebunden. Die bloße Anwesenheit eines Auftragnehmers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers bei der Durchführung des Auftrages als lediglich äußerer Umstand rechtfertigt für sich genommen nicht schon die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit des Auftragnehmers in die betriebliche Organisation des Auftraggebers (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33; zur selbständigen Tätigkeit eines Lehrers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 31; vgl. auch etwa LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1. November 2012 – L 1 R 306/10 – juris, Rn. 30, mit dem Hinweis auf Steuerberater, Unternehmensberater und Handwerker). Gleiches gilt für die Nutzung von beim Auftraggeber vorhandener Betriebsmittel (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 37; u.a. auch Urteile des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 –, vom 24. April 2015 – L 4 R 1787/14 – und vom 19. Juni 2015 – L 4 R 2821/14 – alle nicht veröffentlicht). Umgekehrt ist eine Tätigkeit außerhalb des Sitzes des Auftraggebers aber auch kein zwingendes Argument für eine selbständige Tätigkeit. Denn auch im Arbeitsverhältnis kommen Homeoffice-Arbeitsplätze vor (Hessisches Landesarbeitsgericht [LAG], Urteil vom 13. März 2015 – 10 Sa 575/14 – juris, Rn. 88). Entscheidend ist insoweit, dass nach dem übereinstimmendem Vortrag beider Klägerinnen die Klägerin zu 2 mit der Klägerin zu 1 zusammenarbeitete. Es fand dreimal monatlich eine Abstimmung mit der Klägerin zu 1 über Kunden und deren Objekte im Büro der Klägerin zu 1 statt, was ebenfalls für eine Eingliederung in die Betriebsabläufe der Klägerin zu 1 spricht. Das Gesamtbild der Tätigkeit spricht damit zur Überzeugung des Senats für eine Eingliederung der Klägerin zu 2 in die Betriebsorganisation der Klägerin der Klägerin zu 1.
Dies folgt für den Senat auch daraus, dass ab dem 1. Mai 2010 eine Änderung der von der Klägerin zu 2 zu verrichtenden Tätigkeiten nicht erkennbar ist. Die einzige Änderung bestand darin, dass die Klägerin zu 2 ab dem 1. Mai 2010 nicht mehr acht Stunden arbeitstäglich ihre Tätigkeit zu verrichten hatte, sondern ihr eine freie Einteilung der Arbeitszeit möglich war.
(5) Lag damit bereits eine weisungsabhängige Tätigkeit der Klägerin zu 2 und deren Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1 vor, kann anderen Abgrenzungskriterien keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Unabhängig davon lassen sich aber auch den sonstigen rechtlichen und tatsächlichen Umständen des Vertragsverhältnisses der Klägerinnen ohnehin keine gewichtigen Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit entnehmen.
Die Klägerin zu 2 trug im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1 kein nennenswertes, das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko, was im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10; ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 R 4979/15 – juris, Rn. 46). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urteile vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris, Rn. 27; vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris, Rn. 25; vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 27; vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt allerdings kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36).
Die Klägerin zu 2 erhielt als Gegenleistung für ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1 ein "Fixum" in Höhe von EUR 1.000,00 unabhängig vom erbrachten Zeitaufwand. Eine Vergütung war ihr damit garantiert, sofern sie einen Auftrag der Klägerin zu 1 annahm. Außerdem erhielt sie eine Vermittlungsprovision. Diese entsprach jedoch der Regelung, wie sie bereits zuvor im Rahmen des zwischen den Klägerinnen bis 30. April 2010 bestehenden Arbeitsvertrags existierte. Die Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustes bestand damit nicht. Die Klägerin zu 2 setzte mit Computer, iPhone und Laser-Messgerät auch keine eigenen Betriebsmittel in erheblichem Umfang ein, wobei allerdings entsprechende Dienstleistungen branchenspezifisch generell betriebsmittelarm sind. Der Einsatz des eigenen Fahrzeuges zum Aufsuchen des Arbeitsplatzes ist dagegen unbeachtlich, weil auch jeder Arbeitnehmer seinen Arbeitsweg finanzieren muss.
Im Vordergrund stand damit die Belastung der Klägerin zu 2 mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft. Eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfanges des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft stand dem im Verhältnis zur Klägerin zu 1 – wie oben aufgezeigt – nicht gegenüber. Sie konnte für andere Auftraggeber tätig werden, unterlag aber einem (nach)vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot (§ 16 des Vertrages über die freie Mitarbeit). Ein solches Wettbewerbsverbot ist Arbeitnehmer typisch (BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 23). Aus den vorgelegten Rechnungen, die mit Ausnahme von drei Rechnungen alle an die Klägerin zu 1 gerichtet waren, ergibt sich, dass ihr Einkommen aus der Tätigkeit für die Klägerin zu 1 schließlich den überwiegenden Teil ihres Gesamteinkommens darstellte. In der Gestaltung und Bestimmung ihrer Arbeitskraft unterlag die Klägerin zu 2 mithin Zwängen, die der Annahme eines relevanten Unternehmerrisikos entgegenstehen.
Der Umstand, dass die Klägerin zu 2 für ihre Leistungen Rechnungen stellte, Mehrwertsteuer ansetzte, ein Gewerbe angemeldet und Vermögensschaden- und Haftpflichtversicherungen abgeschlossen hatte, ist kein wesentliches Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Diese Vorgehensweise ist lediglich Ausdruck der subjektiven Vorstellung der Klägerinnen, die Klägerin zu 2 sei in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1 selbständig. Überdies kann die Gewerbeanmeldung und der Abschluss der genannten Versicherungen auch der geplanten eigenen selbständigen Tätigkeit der Klägerin zu 2 geschuldet sein.
Kein entscheidendes Indiz ist darüber hinaus, ob die Klägerin zu 2 u.a. über ImmoScout und Zypresse werbend am Markt auftrat und für andere Auftraggeber tätig wurde. Denn abzustellen ist allein auf die Tätigkeit der Klägerin zu 2 für die Klägerin zu 1 (s.o.). Im Übrigen legte die Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG dar, sie habe, als die Klägerin zu 2 noch bei ihr beschäftigt gewesen sei, Anzeigen für Objekte, die die Klägerin zu 2 betreut habe, selbst geschaltet.
Soweit die Klägerin zu 2 zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet war, liegt hierin allerdings kein zwingendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Ein Arbeitsverhältnis ist durch die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung gekennzeichnet. Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine solche Pflicht stets zur Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses führt (Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 91). Vielmehr kann auch bei der Beauftragung eines Selbständigen dessen persönliches Tätigwerden vereinbart werden. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus § 613 Satz 1 BGB, nach dem der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu leisten hat. Diese Norm gilt für alle Dienstverhältnisse und nicht nur für Arbeitsverhältnisse (Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl. 2016, § 613 BGB Rn. 1).
Der fehlende vertraglich vereinbarte Urlaubsanspruch ist wie auch das Fehlen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall als Indiz für selbständige Tätigkeit anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 25; Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 96). Solche Vertragsgestaltungen sind allerdings konsequent, wenn beide Seiten eine selbständige freie Mitarbeit wollen (etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 67 m.w.N.). Insofern gilt, dass dem keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, wenn die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Kriterien – Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers – bereits zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung führen. In einem solchen Fall werden vertragliche Absprachen oder deren Unterlassen durch die gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und über Urlaubsansprüche verdrängt bzw. ersetzt. Entscheidend ist hier aber die tatsächliche Handhabung durch die Beteiligten (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 97; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 35), die belegt, dass der Ausschluss eines Lohnfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall nicht nur zum Schein vereinbart, sondern tatsächlich auch so praktiziert worden ist; keiner der Beteiligten hat behauptet, die Klägerin zu 2 hätte solche oder andere Arbeitnehmerrechte gegenüber der Klägerin zu 1 geltend gemacht oder hätte sie mit Erfolg gerichtlich geltend machen können.
In der Gesamtabwägung können diese Aspekte aber den aufgrund der Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1 bestehenden überwiegenden Eindruck einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin zu 2 nicht durchgreifend erschüttern.
bb) Die Höhe der nachgeforderten Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Umlagen wurde von der Beklagten jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin zu 1 falsch errechnet.
Nicht zu prüfen hat der Senat, ob andere Tätigkeiten der Klägerin zu 2 als Selbständige oder als abhängig Beschäftigte Auswirkungen auf die Höhe des zu entrichtenden Beitrags sowie der Umlagen hat. Es ist Sache der Einzugsstellen aufgrund der von dem prüfenden Träger der Rentenversicherung erfolgten Unterrichtung (§ 28p Abs. 3 SGB IV) im Rahmen der ihnen obliegenden Aufgabe, den Beitragseinzug zu überwachen, zu prüfen, inwieweit weitere Tatsachen, die die Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags berühren, Auswirkungen auf die vom geprüften Arbeitgeber zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge haben (BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R – juris, Rn. 22 ff.).
cc) Die Beklagte setzte zu Recht Säumniszuschläge fest. Denn die Klägerin zu 1 hatte verschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht.
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungs-pflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Ob der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entgegensteht (so BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 – B 13 R 67/09 R – juris, Rn. 23) oder ob Vorsatz erforderlich ist (so BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R – juris, Rn. 28), kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist der Klägerin zu 1 der Vorwurf des bedingten Vorsatzes zu machen, denn sie hat die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R – juris, Rn. 21; BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - juris, Rn. 28).
Die Klägerin zu 2 verrichtete nach den Angaben beider Klägerinnen sowohl in der Zeit bis zur Kündigung zum 30. April 2010 als auch in der hier streitigen Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 teilweise dieselben Tätigkeiten. Dabei war sie zunächst als abhängig Beschäftigte für die Klägerin zu 1 tätig und vereinbarte anschließend mit ihr das Vorliegen einer sozialversicherungsfreien Beschäftigung. Dies hätte die Klägerin zu 1 zumindest veranlassen müssen, den Status der Klägerin zu 2 durch die zu 1 beigeladene Einzugsstelle oder durch die Beklagte im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV prüfen zu lassen (BSG, Urteil vom 9. November 2011 - B 12 18/09 R - juris, Rn. 33). Dem ist sie jedoch nicht nachgekommen, weshalb sie der Vorwurf des bedingten Vorsatzes trifft.
Die Höhe der Säumniszuschläge hat die Beklagte zutreffend berechnet. Einwände sind von der Klägerin zu 1 nicht erhoben worden.
b) Den Widerspruch der Klägerin zu 2 hätte der Widerspruchsausschuss der Beklagten nicht als unbegründet, sondern als unzulässig zurückweisen müssen. Denn gegenüber der Klägerin zu 2 erließ die Beklagte keinen Bescheid. Die Beklagte ist zwar berechtigt, im Rahmen der Prüfung nach § 28p SGB IV auch gegenüber einem Mitarbeiter des geprüften Arbeitgebers einen Bescheid zu erlassen und die Versicherungspflicht festzustellen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 20 ff). Von dieser Berechtigung machte die Beklagte allerdings vorliegend keinen Gebrauch. Der Bescheid vom 24. September 2012 erging – jedenfalls ergibt sich nach Aktenlage nichts anderes – nur gegenüber der Klägerin zu 1. Der Klägerin zu 2 übersandte die Beklagte auch keine Abschrift dieses Bescheids. Es fehlt der Bekanntgabewille der Beklagten. Bekanntgabe erfordert, dass die Behörde dem Adressaten willentlich den Inhalt vermittelt (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011 – B 8 SO 12/09 R – juris, Rn. 12). Dass die Beklagte die Klägerin zu 2 im Verwaltungsverfahren beteiligte, indem sie sie zu ihrer Tätigkeit bei der Klägerin zu 1 anhörte, ersetzt deswegen die fehlende Bekanntgabe des Bescheids an die Klägerin zu 2 nicht.
Sollte entgegen der Aktenlage die Beklagte den Bescheid vom 24. September 2012 der Klägerin zu 2 doch bekannt gegeben haben, wäre die Klage aus zuvor unter a) dargelegten Gründen unbegründet.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (vgl. Urteil des Senats vom 10. Oktober 2014 – L 4 R 2204/13 – juris, Rn. 76).
6. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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