Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SF 70/16 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 604/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Hinsichtlich der Gebühren und Auslagen, die einem Rechtsanwalt im sozialgerichtlichen Verfahren nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe entstanden sind, sind die Festsetzung der Anwaltsvergütung aus der Staatskasse (§ 55 RVG), die Geltendmachung des auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs eines Beteiligten gegen einen anderen Beteiligten (§ 59 RVG) und die gerichtliche Festsetzung der unter den Beteiligten zu erstattenden Anwaltskosten (§§ 197, 193 SGG) zu unterscheiden (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B).
2.
Haben Urkundsbeamter der Geschäftsstelle und auf Erinnerung eines Prozessbeteiligten das Sozialgericht statt eines Verfahrens nach § 59 RVG irrtümlich ein Verfahren nach §§ 55 f. RVG angenommen und die im Rahmen von Prozesskostenhilfe zu zahlende Anwaltsvergütung festgesetzt, und hat der an diesem Verfahren beteiligte Vertreter der Staatskasse gegen die Festsetzung des Sozialgerichts keine Beschwerde erhoben, so bindet ihn die rechtskräftige Festsetzung unabhängig von ihrer materiell-rechtlichen Richtigkeit. Er kann nicht durch spätere Erinnerung eine gegenläufige Entscheidung nach § 56 RVG mit der Begründung erstreiten, er sei am Verfahren nach § 59 RVG nicht beteiligt gewesen (Letzteres ist durch die irrtümliche Entscheidung nach §§ 55, 56 RVG gar nicht zum Abschluss gekommen).
Hinsichtlich der Gebühren und Auslagen, die einem Rechtsanwalt im sozialgerichtlichen Verfahren nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe entstanden sind, sind die Festsetzung der Anwaltsvergütung aus der Staatskasse (§ 55 RVG), die Geltendmachung des auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs eines Beteiligten gegen einen anderen Beteiligten (§ 59 RVG) und die gerichtliche Festsetzung der unter den Beteiligten zu erstattenden Anwaltskosten (§§ 197, 193 SGG) zu unterscheiden (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B).
2.
Haben Urkundsbeamter der Geschäftsstelle und auf Erinnerung eines Prozessbeteiligten das Sozialgericht statt eines Verfahrens nach § 59 RVG irrtümlich ein Verfahren nach §§ 55 f. RVG angenommen und die im Rahmen von Prozesskostenhilfe zu zahlende Anwaltsvergütung festgesetzt, und hat der an diesem Verfahren beteiligte Vertreter der Staatskasse gegen die Festsetzung des Sozialgerichts keine Beschwerde erhoben, so bindet ihn die rechtskräftige Festsetzung unabhängig von ihrer materiell-rechtlichen Richtigkeit. Er kann nicht durch spätere Erinnerung eine gegenläufige Entscheidung nach § 56 RVG mit der Begründung erstreiten, er sei am Verfahren nach § 59 RVG nicht beteiligt gewesen (Letzteres ist durch die irrtümliche Entscheidung nach §§ 55, 56 RVG gar nicht zum Abschluss gekommen).
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 27.10.2016 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Rahmen der Prozesskostenhilfe festzusetzenden Gebühren und Auslagen des Beschwerdegegners.
Im zugrundliegenden Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Aachen (S 20 SO 98/12 ER) hatte ausweislich von Telefonvermerken des Kammervorsitzenden der Beschwerdegegner dem Kammervorsitzenden am 14.04.2012 telefonisch die besondere Eilbedürftigkeit für die Antragstellerin näher dargelegt. Der Kammervorsitzende hatte daraufhin am selben Tag bei der Antragsgegnerin angefragt; diese hatte nach weiterer Prüfung ebenfalls am 14.04.2012 mitgeteilt, sie gehe nunmehr - anders als zuvor - doch von ihrer örtlichen Zuständigkeit aus, habe aber hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs Bedenken und beantrage eine Zurückweisung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz. Daraufhin verpflichtete das Sozialgericht mit Beschluss vom gleichen Tage die Antragsgegnerin entsprechend dem Antrag der Antragstellerin und gab der Antragsgegnerin die "Kosten des Verfahrens" auf. Mit Beschluss vom 14.05.2012 bewilligte es der Antragstellerin die bereits mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ebenfalls beantragte Prozesskostenhilfe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 23.12.2015 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 856,80 EUR. Darin enthalten waren u.a. eine Terminsgebühr nach VV 3106 RVG i.H.v. 380,00 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer (72,20 EUR). Die vom Sozialgericht angehörte Antragsgegnerin widersprach der beantragten Vergütungsfestsetzung insoweit, als dass eine Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht anfalle. Der Beschwerdeführer sah hingegen die Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG zu Anlage 1 RVT - Teil 3 als entstanden an.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hörte unter dem 13.01.2016 die Antragsgegnerin wegen eines Übergangs des Kostentragungsanspruchs des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf die Landeskasse (§ 59 RVG) an; sie wies darauf hin, dass allein der beigeordnete Anwalt oder der Vertreter der Landeskasse nach § 56 RVG erinnerungsberechtigt seien, weshalb die Antragsgegnerin etwaige Einwände gegen die Kostenforderung äußern möge. Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit, sie halte eine Terminsgebühr für nicht angefallen.
Am 23.05.2016 setzte der Urkundsbeamte nach Anhörung der Antragsgegnerin die an den Beschwerdegegner zu zahlenden Gebühren und Auslagen (antragsgemäß) auf 856,80 EUR fest. Der Antragstellerin sei Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Eine Terminsgebühr sei entstanden, weil richterliche Telefongespräche mit beiden Seiten stattgefunden hätten. Eine Wiedereinziehung von der Antragsgegnerin werde wegen Forderungsübergangs veranlasst.
Mit Schreiben vom 23.05.2016 forderte der Urkundsbeamte die Antragsgegnerin zur Zahlung von 856,80 EUR auf; die im Wege der Prozesskostenhilfe zu leistende Anwaltsentschädigung sei nach § 59 RVG auf die Landeskasse übergegangen. Die Antragsgegnerin legte am 22.06.2016 Erinnerung ein, auf die Bezug genommen wird. Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab (24.06.2016).
Mit Beschluss vom 28.06.2016 (S 20 SF 35/16 E), der im Rubrum die Antragsgegnerin als Erinnerungsführerin und den jetzigen Beschwerdeführer (Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Bezirksrevisor) als Erinnerungsgegner benennt, setzte das Sozialgericht die dem jetzigen Beschwerdegegner zu zahlende Vergütung auf 856,80 EUR fest. Insbesondere sei eine Terminsgebühr angefallen; die Telefonate des Kammervorsitzenden mit den Beteiligten erfüllten den Gebührentatbestand. Auf den Beschluss wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Der Beschluss vom 28.06.2016 wurde dem jetzigen Beschwerdeführer (Bezirksrevisor) ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 11.07.2016 zugestellt. Dieser forderte mit Schreiben vom 15.07.2016 die Akten beim Sozialgericht an, die ihm am 19.07.2016 vom Sozialgericht übersandt wurden. Gegen den Beschluss vom 28.06.2016 legte er keine Beschwerde ein.
Stattdessen legte der Bezirksrevisor am 22.08.2016 (Schriftsatz vom 19.08.2016) beim Sozialgericht Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten vom 23.05.2015 ein. Eine Terminsgebühr sei nicht entstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19.08.2016 Bezug genommen.
Dem jetzigen Beschwerdegegner wurde (u.a.) der Beschluss vom 28.06.2016 und die Erinnerung des Bezirksrevisors am 01.09.2016 zugestellt.
Am 26.08.2016 zahlte die Antragsgegnerin 856,80 EUR bei der Justizkasse ein. Mit Schriftsatz vom 08.09.2016 schloss sie sich den Ausführungen des jetzigen Beschwerdeführers in seiner Erinnerung an und teilte mit, im Falle einer Änderung der gerichtlichen Kostenfestsetzung eine Teilrückerstattung geltend zu machen. Der jetzige Beschwerdegegner führte hingegen aus, er habe nicht etwa eine sog. fiktive Terminsgebühr in Ansatz gebracht, sondern eine durch die telefonische Besprechung mit dem Gericht ausgelöste (originäre) Terminsgebühr.
Der jetzige Beschwerdeführer (Bezirksrevisor) trägt (unter Hinweis auf LSG Thüringen, Beschluss vom 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B) vor, er habe gegen den Beschluss vom 28.06.2016 keine Beschwerde eingelegt, weil die Staatskasse dadurch nicht beschwert sei. Die Höhe des geltend gemachten Übergangsanspruches (§ 59 RVG) sei durch den Beschluss nicht ermäßigt worden. Mit der jetzigen Erinnerung wolle er eine von diesem Beschluss abweichende Entscheidung erstreiten. Der Beschwerdegegner sei an diesem Erinnerungsverfahren (§ 56 RVG) zu beteiligen. Der Übergangsanspruch gegen die Antragsgegnerin würde sich ermäßigen; dies würde ihr von Amts wegen durch den Urkundsbeamten mitgeteilt werden.
Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab (21.10.2016).
Mit Beschluss vom 27.10.2016 (S 20 SF 70/16 E) setzte das Sozialgericht die dem Beschwerdegegner zu zahlende Vergütung (erneut) auf 856,80 EUR fest. Dieser mache keine sog. fiktive Terminsgebühr, sondern eine tatsächliche Terminsgebühr geltend. Eine solche sei auch entstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen den ihm am 03.11.2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 11.11.2016 Beschwerde eingelegt und beantragt, die Vergütung auf 404,60 EUR festzusetzen. Er hält eine Terminsgebühr für nicht angefallen.
Der Beschwerdegegner sieht die Terminsgebühr weiterhin als entstanden an.
II.
1. Die Beschwerde ist unbegründet.
Dabei kann offenbleiben, ob die zwischen den Beteiligten einzig umstrittene Terminsgebühr (einschließlich der auf sie entfallenden Umsatzsteuer) vom Beschwerdegegner nach den Vorschriften des RVG zu Recht angesetzt worden ist.
Denn Rechtsgrundlage für eine Vergütung in Höhe von insgesamt 856,80 EUR, wie sie vom Beschwerdegegner verlangt wurde, ist jedenfalls der Beschluss des Sozialgerichts vom 28.06.2016 (S 20 SF 35/16 E).
a) Mit diesem Beschluss hat das Sozialgericht die "dem beigeordneten Rechtsanwalt für das erstinstanzliche Verfahren S 20 SO 98/12 zu zahlende Vergütung ( ) auf 856,80 EUR festgesetzt." Dieser Tenor (und auch die Gründe) des Beschlusses vom 28.06.2016 lassen keine andere Auslegung zu, als dass damit der im Wege der Prozesskostenhilfe zu erstattende Betrag für Gebühren und Auslagen des jetzigen Beschwerdegegners festgesetzt werden sollte; dieser Beschluss ist im Übrigen am 01.09.2016 auch dem - nicht ins Rubrum aufgenommenen - jetzigen Beschwerdegegner zugestellt worden.
b) Nachdem dem jetzigen Beschwerdeführer dieser Beschluss am 11.07.2016 zugestellt worden war, hat er es versäumt, innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (also bis zum 11.08.2016) hiergegen Beschwerde einzulegen. Selbst wenn man (was der Senat dahinstehen lässt) seine Erinnerung vom 22.08.2016 gegen die Prozesskostenhilfefestsetzung des Urkundsbeamten vom 23.05.2016 meistbegünstigend als Beschwerde auslegen könnte, so wäre sie jedenfalls nicht fristgerecht erfolgt. Damit ist die gerichtliche Festsetzung der Anwaltsgebühren rechtskräftig geworden und schon deshalb bindend, gleichviel, ob sie nach dem RVG als rechtsmäßig anzusehen ist oder nicht.
c) Dem Beschwerdeführer ist allerdings zuzugeben, dass die verfahrensmäßige Behandlung durch das Sozialgericht unrichtig war.
Denn die Erinnerung der Antragsgegnerin gegen die Heranziehung zur Erstattung des vollen Betrags der festgesetzten Anwaltsgebühren nach § 59 RVG war ersichtlich eine Erinnerung nach § 59 Abs. 2 RVG i.V.m. § 66 GKG. Das Sozialgericht hätte auf diese Erinnerung hin deshalb nicht die im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstattenden Anwaltskosten festsetzen dürfen, sondern es hätte allein über die von der Antragsgegnerin nach § 59 RVG an die Landeskasse zu erstattenden Kosten zu befinden gehabt (eine Entscheidung, die es im Übrigen bis heute nicht getroffen hat). Insofern verweist der Beschwerdeführer zu Recht auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Thüringen vom 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B; denn dort wird (Rn. 19) zutreffend ausführt, dass zwischen der Festsetzung der Anwaltsvergütung aus der Staatskasse (§ 55 RVG), der Geltendmachung des auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs eines Beteiligten gegen einen anderen Beteiligten auf Anwaltskostenerstattung (§ 59 RVG) und der gerichtlichen Festsetzung der zwischen den Beteiligten zu erstattenden Anwaltskosten (§§ 197, 193 SGG) zu unterscheiden ist. Darüber hinaus gibt allerdings die Entscheidung des Landessozialgerichts Thüringen für den vorliegenden Fall keinen Anhalt; der ihr zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem jetzigen nicht vergleichbar.
d) Die deshalb verfahrensrechtswidrig zustande gekommene Festsetzung der im Wege der Prozesskostenhilfe zu zahlenden Anwaltskosten im Beschluss vom 28.06.2016 bindet gleichwohl den jetzigen Beschwerdeführer. Keineswegs führt die Verfahrensrechtswidrigkeit zur Nichtigkeit oder zu einer jedenfalls für den Beschwerdeführer geltenden Unbeachtlichkeit des Beschlusses. Denn die in dem Beschluss bestimmte Zahlungsverpflichtung ist inhaltlich zweifelsfrei erfolgt, und der Beschwerdegegner ist durch Zustellung des Beschlusses so beteiligt worden, wie er auch hätte beteiligt werden müssen, wenn er das Verfahren der gerichtlichen Festsetzung von Anfang an durch eigene Erinnerung gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten in die Wege geleitet hätte. Er konnte deshalb nach Kenntnisnahme des Beschlusses nicht davon ausgehen, das er (weiterhin) nicht beteiligt gewesen sei, und dass ihn der Beschluss nichts angehe, weil es (verfahrensrechtmäßigerweise) eigentlich um eine Entscheidung nach § 59 RVG hätte gehen müssen.
e) Dahinstehen kann auch, ob der jetzt angefochtene, neuerliche Festsetzungsbeschluss des Sozialgerichts vom 27.10.2016 (S 20 SF 70/16 E) - als gleichsam "wiederholende" Festsetzung - eigene Rechtswirkungen entfaltet, oder ob sich die im Wege der Prozesskostenhilfe zu zahlenden Anwaltskosten allein aus dem früheren Beschluss vom 28.06.2016 (S 20 SF 35/16 E) ergeben können. Denn für den Beschwerdeführer ist jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis dafür erkennbar, die Aufhebung des späteren Beschlusses vom 27.10.2016 zu erwirken. Dieser spricht lediglich das erneut aus, was bereits der frühere Beschluss vom 28.06.2016 rechtskräftig bestimmt; eine darüber hinausgehende Folgewirkung (oder gar eine Verpflichtung zu doppelter Zahlung der vom Beschwerdegegner angesetzten Anwaltskosten), die den Beschwerdeführer weiter belasten könnte, ist nicht ersichtlich.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2); Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
3. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG, § 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Rahmen der Prozesskostenhilfe festzusetzenden Gebühren und Auslagen des Beschwerdegegners.
Im zugrundliegenden Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Aachen (S 20 SO 98/12 ER) hatte ausweislich von Telefonvermerken des Kammervorsitzenden der Beschwerdegegner dem Kammervorsitzenden am 14.04.2012 telefonisch die besondere Eilbedürftigkeit für die Antragstellerin näher dargelegt. Der Kammervorsitzende hatte daraufhin am selben Tag bei der Antragsgegnerin angefragt; diese hatte nach weiterer Prüfung ebenfalls am 14.04.2012 mitgeteilt, sie gehe nunmehr - anders als zuvor - doch von ihrer örtlichen Zuständigkeit aus, habe aber hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs Bedenken und beantrage eine Zurückweisung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz. Daraufhin verpflichtete das Sozialgericht mit Beschluss vom gleichen Tage die Antragsgegnerin entsprechend dem Antrag der Antragstellerin und gab der Antragsgegnerin die "Kosten des Verfahrens" auf. Mit Beschluss vom 14.05.2012 bewilligte es der Antragstellerin die bereits mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ebenfalls beantragte Prozesskostenhilfe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 23.12.2015 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 856,80 EUR. Darin enthalten waren u.a. eine Terminsgebühr nach VV 3106 RVG i.H.v. 380,00 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer (72,20 EUR). Die vom Sozialgericht angehörte Antragsgegnerin widersprach der beantragten Vergütungsfestsetzung insoweit, als dass eine Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht anfalle. Der Beschwerdeführer sah hingegen die Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG zu Anlage 1 RVT - Teil 3 als entstanden an.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hörte unter dem 13.01.2016 die Antragsgegnerin wegen eines Übergangs des Kostentragungsanspruchs des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf die Landeskasse (§ 59 RVG) an; sie wies darauf hin, dass allein der beigeordnete Anwalt oder der Vertreter der Landeskasse nach § 56 RVG erinnerungsberechtigt seien, weshalb die Antragsgegnerin etwaige Einwände gegen die Kostenforderung äußern möge. Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit, sie halte eine Terminsgebühr für nicht angefallen.
Am 23.05.2016 setzte der Urkundsbeamte nach Anhörung der Antragsgegnerin die an den Beschwerdegegner zu zahlenden Gebühren und Auslagen (antragsgemäß) auf 856,80 EUR fest. Der Antragstellerin sei Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Eine Terminsgebühr sei entstanden, weil richterliche Telefongespräche mit beiden Seiten stattgefunden hätten. Eine Wiedereinziehung von der Antragsgegnerin werde wegen Forderungsübergangs veranlasst.
Mit Schreiben vom 23.05.2016 forderte der Urkundsbeamte die Antragsgegnerin zur Zahlung von 856,80 EUR auf; die im Wege der Prozesskostenhilfe zu leistende Anwaltsentschädigung sei nach § 59 RVG auf die Landeskasse übergegangen. Die Antragsgegnerin legte am 22.06.2016 Erinnerung ein, auf die Bezug genommen wird. Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab (24.06.2016).
Mit Beschluss vom 28.06.2016 (S 20 SF 35/16 E), der im Rubrum die Antragsgegnerin als Erinnerungsführerin und den jetzigen Beschwerdeführer (Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Bezirksrevisor) als Erinnerungsgegner benennt, setzte das Sozialgericht die dem jetzigen Beschwerdegegner zu zahlende Vergütung auf 856,80 EUR fest. Insbesondere sei eine Terminsgebühr angefallen; die Telefonate des Kammervorsitzenden mit den Beteiligten erfüllten den Gebührentatbestand. Auf den Beschluss wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Der Beschluss vom 28.06.2016 wurde dem jetzigen Beschwerdeführer (Bezirksrevisor) ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 11.07.2016 zugestellt. Dieser forderte mit Schreiben vom 15.07.2016 die Akten beim Sozialgericht an, die ihm am 19.07.2016 vom Sozialgericht übersandt wurden. Gegen den Beschluss vom 28.06.2016 legte er keine Beschwerde ein.
Stattdessen legte der Bezirksrevisor am 22.08.2016 (Schriftsatz vom 19.08.2016) beim Sozialgericht Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten vom 23.05.2015 ein. Eine Terminsgebühr sei nicht entstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19.08.2016 Bezug genommen.
Dem jetzigen Beschwerdegegner wurde (u.a.) der Beschluss vom 28.06.2016 und die Erinnerung des Bezirksrevisors am 01.09.2016 zugestellt.
Am 26.08.2016 zahlte die Antragsgegnerin 856,80 EUR bei der Justizkasse ein. Mit Schriftsatz vom 08.09.2016 schloss sie sich den Ausführungen des jetzigen Beschwerdeführers in seiner Erinnerung an und teilte mit, im Falle einer Änderung der gerichtlichen Kostenfestsetzung eine Teilrückerstattung geltend zu machen. Der jetzige Beschwerdegegner führte hingegen aus, er habe nicht etwa eine sog. fiktive Terminsgebühr in Ansatz gebracht, sondern eine durch die telefonische Besprechung mit dem Gericht ausgelöste (originäre) Terminsgebühr.
Der jetzige Beschwerdeführer (Bezirksrevisor) trägt (unter Hinweis auf LSG Thüringen, Beschluss vom 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B) vor, er habe gegen den Beschluss vom 28.06.2016 keine Beschwerde eingelegt, weil die Staatskasse dadurch nicht beschwert sei. Die Höhe des geltend gemachten Übergangsanspruches (§ 59 RVG) sei durch den Beschluss nicht ermäßigt worden. Mit der jetzigen Erinnerung wolle er eine von diesem Beschluss abweichende Entscheidung erstreiten. Der Beschwerdegegner sei an diesem Erinnerungsverfahren (§ 56 RVG) zu beteiligen. Der Übergangsanspruch gegen die Antragsgegnerin würde sich ermäßigen; dies würde ihr von Amts wegen durch den Urkundsbeamten mitgeteilt werden.
Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab (21.10.2016).
Mit Beschluss vom 27.10.2016 (S 20 SF 70/16 E) setzte das Sozialgericht die dem Beschwerdegegner zu zahlende Vergütung (erneut) auf 856,80 EUR fest. Dieser mache keine sog. fiktive Terminsgebühr, sondern eine tatsächliche Terminsgebühr geltend. Eine solche sei auch entstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen den ihm am 03.11.2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 11.11.2016 Beschwerde eingelegt und beantragt, die Vergütung auf 404,60 EUR festzusetzen. Er hält eine Terminsgebühr für nicht angefallen.
Der Beschwerdegegner sieht die Terminsgebühr weiterhin als entstanden an.
II.
1. Die Beschwerde ist unbegründet.
Dabei kann offenbleiben, ob die zwischen den Beteiligten einzig umstrittene Terminsgebühr (einschließlich der auf sie entfallenden Umsatzsteuer) vom Beschwerdegegner nach den Vorschriften des RVG zu Recht angesetzt worden ist.
Denn Rechtsgrundlage für eine Vergütung in Höhe von insgesamt 856,80 EUR, wie sie vom Beschwerdegegner verlangt wurde, ist jedenfalls der Beschluss des Sozialgerichts vom 28.06.2016 (S 20 SF 35/16 E).
a) Mit diesem Beschluss hat das Sozialgericht die "dem beigeordneten Rechtsanwalt für das erstinstanzliche Verfahren S 20 SO 98/12 zu zahlende Vergütung ( ) auf 856,80 EUR festgesetzt." Dieser Tenor (und auch die Gründe) des Beschlusses vom 28.06.2016 lassen keine andere Auslegung zu, als dass damit der im Wege der Prozesskostenhilfe zu erstattende Betrag für Gebühren und Auslagen des jetzigen Beschwerdegegners festgesetzt werden sollte; dieser Beschluss ist im Übrigen am 01.09.2016 auch dem - nicht ins Rubrum aufgenommenen - jetzigen Beschwerdegegner zugestellt worden.
b) Nachdem dem jetzigen Beschwerdeführer dieser Beschluss am 11.07.2016 zugestellt worden war, hat er es versäumt, innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (also bis zum 11.08.2016) hiergegen Beschwerde einzulegen. Selbst wenn man (was der Senat dahinstehen lässt) seine Erinnerung vom 22.08.2016 gegen die Prozesskostenhilfefestsetzung des Urkundsbeamten vom 23.05.2016 meistbegünstigend als Beschwerde auslegen könnte, so wäre sie jedenfalls nicht fristgerecht erfolgt. Damit ist die gerichtliche Festsetzung der Anwaltsgebühren rechtskräftig geworden und schon deshalb bindend, gleichviel, ob sie nach dem RVG als rechtsmäßig anzusehen ist oder nicht.
c) Dem Beschwerdeführer ist allerdings zuzugeben, dass die verfahrensmäßige Behandlung durch das Sozialgericht unrichtig war.
Denn die Erinnerung der Antragsgegnerin gegen die Heranziehung zur Erstattung des vollen Betrags der festgesetzten Anwaltsgebühren nach § 59 RVG war ersichtlich eine Erinnerung nach § 59 Abs. 2 RVG i.V.m. § 66 GKG. Das Sozialgericht hätte auf diese Erinnerung hin deshalb nicht die im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstattenden Anwaltskosten festsetzen dürfen, sondern es hätte allein über die von der Antragsgegnerin nach § 59 RVG an die Landeskasse zu erstattenden Kosten zu befinden gehabt (eine Entscheidung, die es im Übrigen bis heute nicht getroffen hat). Insofern verweist der Beschwerdeführer zu Recht auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Thüringen vom 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B; denn dort wird (Rn. 19) zutreffend ausführt, dass zwischen der Festsetzung der Anwaltsvergütung aus der Staatskasse (§ 55 RVG), der Geltendmachung des auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs eines Beteiligten gegen einen anderen Beteiligten auf Anwaltskostenerstattung (§ 59 RVG) und der gerichtlichen Festsetzung der zwischen den Beteiligten zu erstattenden Anwaltskosten (§§ 197, 193 SGG) zu unterscheiden ist. Darüber hinaus gibt allerdings die Entscheidung des Landessozialgerichts Thüringen für den vorliegenden Fall keinen Anhalt; der ihr zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem jetzigen nicht vergleichbar.
d) Die deshalb verfahrensrechtswidrig zustande gekommene Festsetzung der im Wege der Prozesskostenhilfe zu zahlenden Anwaltskosten im Beschluss vom 28.06.2016 bindet gleichwohl den jetzigen Beschwerdeführer. Keineswegs führt die Verfahrensrechtswidrigkeit zur Nichtigkeit oder zu einer jedenfalls für den Beschwerdeführer geltenden Unbeachtlichkeit des Beschlusses. Denn die in dem Beschluss bestimmte Zahlungsverpflichtung ist inhaltlich zweifelsfrei erfolgt, und der Beschwerdegegner ist durch Zustellung des Beschlusses so beteiligt worden, wie er auch hätte beteiligt werden müssen, wenn er das Verfahren der gerichtlichen Festsetzung von Anfang an durch eigene Erinnerung gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten in die Wege geleitet hätte. Er konnte deshalb nach Kenntnisnahme des Beschlusses nicht davon ausgehen, das er (weiterhin) nicht beteiligt gewesen sei, und dass ihn der Beschluss nichts angehe, weil es (verfahrensrechtmäßigerweise) eigentlich um eine Entscheidung nach § 59 RVG hätte gehen müssen.
e) Dahinstehen kann auch, ob der jetzt angefochtene, neuerliche Festsetzungsbeschluss des Sozialgerichts vom 27.10.2016 (S 20 SF 70/16 E) - als gleichsam "wiederholende" Festsetzung - eigene Rechtswirkungen entfaltet, oder ob sich die im Wege der Prozesskostenhilfe zu zahlenden Anwaltskosten allein aus dem früheren Beschluss vom 28.06.2016 (S 20 SF 35/16 E) ergeben können. Denn für den Beschwerdeführer ist jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis dafür erkennbar, die Aufhebung des späteren Beschlusses vom 27.10.2016 zu erwirken. Dieser spricht lediglich das erneut aus, was bereits der frühere Beschluss vom 28.06.2016 rechtskräftig bestimmt; eine darüber hinausgehende Folgewirkung (oder gar eine Verpflichtung zu doppelter Zahlung der vom Beschwerdegegner angesetzten Anwaltskosten), die den Beschwerdeführer weiter belasten könnte, ist nicht ersichtlich.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2); Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
3. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG, § 177 SGG).
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