Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 55 SF 572/15 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 1225/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 02.05.2016 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Angefochten ist mit der Beschwerde nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) der Beschluss des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 02.05.2016. Darin hat das SG die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 14.10.2015 über die an den Beschwerdeführer zu zahlenden Gebühren und Auslagen iHv 238 Euro bei Ablehnung einer Einigungsgebühr bzw. Erinnerungsgebühr (Nr. 1005,1006 Vergütungsverzeichnis -W- RVG a.F.) bestätigt.
Das SG hatte im Verfahren S 55 AS 2769/13 durch Beschluss vom 06.08.2015 den Klägern zu 1) und 3) bis 5) ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und den Beschwerdeführer beigeordnet. Der Rechtsstreit wurde vor dem Hintergrund von laufenden Verrechnungen um die zutreffende Höhe der Auszahlung monatlicher Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geführt. Das Verfahren wurde von den Beteiligten in einem Erörterungstermin am 29.09.2015 durch Annahme des Teilanerkenntnisses des Beklagten, insgesamt 120 Euro an die Kläger zu zahlen, sowie Rücknahme der Klage im Übrigen erledigt.
Der Beschwerdeführer hat am 05.10.2015 folgende Gebühren und Auslagen zur Festsetzung beantragt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Einigungs-/Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 102,00 EUR
Auslagenpauschale 20,00 EUR
Ablichtungen 4,50 EUR
USt 130,44 EUR
816,94 EUR
abzüglich Kostenvorschuss 413,53 EUR
Zahlbetrag 403,41 EUR
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat durch Festsetzung vom 14.10.2015 weitere Gebühren und Auslagen iHv 238 Euro zuerkannt. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. zszr Die Erhöhungsgebühr sei allerdings mit 153,00 EUR (170,00 EUR x 0,9) statt lediglich 102,00 EUR (170,00 EUR x 0,6) anzusetzen.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 10.11.2015 Erinnerung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, wegen des anwaltlichen Einwirkens zur Annahme des Teil-Anerkenntnisses bei teilweisem Klageverzicht sei noch eine Erledigungsgebühr bzw. Einigungsgebühr festzusetzen. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Das SG hat durch Beschluss vom 02.05.2016 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren PKH-Vergütung. Es sei mangels Vereinbarung keine Einigungsgebühr und im Übrigen auch keine Erledigungsgebühr festzusetzen. Für Letztere fehle es an der besonderen qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung. Die schlichte Beratung von Mandanten u.a. über weitere Erfolgsaussichten des Verfahrens genüge dafür nicht. Das SG hat dem Beschluss vom 02.05.2016 eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach die Beschwerde binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses erhoben werden könne.
Der Beschluss ist dem Beschwerdeführer ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 10.05.2016 zugestellt worden. Er hat am 10.06.2016 Beschwerde eingelegt und sein Vorbringen wiederholt, ihm stehe angesichts der vereinbarten Nachzahlung von 120 Euro eine Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr zu. Das SG hat der Beschwerde unter Hinweis auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen.
Der Berichterstatter hat den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 56 Abs.1, Abs. 2 iVm § 33 Abs. 3, Abs. 5, S. Lund S. 2 RVG darauf hingewiesen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des SG fehlerhaft sei, da die Beschwerdefrist zwei Wochen, nicht einen Monat, betrage, und angefragt, ob dies dort bekannt sei. Der Beschwerdeführer hat dazu am 07.04.2017 ausgeführt, es sei ihm nicht bekannt, inwieweit es dem SG Dortmund bekannt sei, dass seine Rechtsbehelfsbelehrung falsch sei. Soweit das Gericht auf die Frist des § 56 Abs. 2 RVG iVm § 33 Abs. 3 und Abs. 5 S. 1 und 2 RVG verweise, dürfte dies richtig sein. Soweit ihm bekannt sei, wäre bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Der Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit NRW ist der Beschwerde unter Bezug auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses entgegen getreten:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte S 55 AS 2769/13 und des PKH-Beiheftes/Erinnerungsverfahrens-Akte S 55 SF 572/15 E verwiesen.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 8 S. 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.
Die Beschwerde ist statthaft. Der als Differenz zwischen der festgesetzten Gebühr und der mit der Beschwerde weiter verfolgten Erledigungsgebühr iHv 190 Euro zuzüglich Umsatzsteuer zu ermittelnde Beschwerdewert iSv § 56 Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 1 RVG übersteigt den erforderlichen Betrag von 200 Euro (zur Umsatzsteuer vgl. LSG NRW Beschluss vom 01.04.2009 - L 19 B 137/07 AS, juris Rn.19).
Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht fristwahrend erhoben wurde.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG versäumt. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Die Beschwerde ist per Telefax vom Beschwerdeführer am 10.06.2016, genau einen Monat nach Zustellung und damit deutlich außerhalb der vorgegeben Zweiwochenfrist erhoben worden.
Wegen der Versäumung der Beschwerdefrist ist dem Beschwerdeführer keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand richten sich hier nach Maßgabe der über § 73a Abs. 1 SGG iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG anwendbaren §§ 1 Abs. 3, 33 Abs. 5 RVG, die als spezialgesetzliche Regelung den allgemeinen Bestimmungen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in §§ 66, 67 SGG vorgehen (vgl. etwa LSGNRW Beschluss vom 11.12. 2009 - L 19 B 281/09 AS, juris Rn. 25; ebenso Bayerisches LSG Beschluss vom 04.10.2012 - L 15 SF 131/11 8 E juris Rn.9, vgl. auch LSG NRW Beschlüsse vom 17.11.2010 - L 19 B 334/09 AS; vom 13.7.2009 - L 7 B 2/09 SB; vom 13.11.2008 - L 20 B 59/08 SO sowie zuletzt vom 09. 09. 2015 - L 16 KR 716/14 B juris Rn.12; ebenfalls LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 08.08 2016 - L 4 AS 334/16 B, juris Rn. 14, mwN; a.A. zum bis dahin geltenden Recht - aber nur des § 197 SGG - etwa LSG NRW Beschluss vom 02.05. 2011 - L 10 P 112/10 B -, alle juris , vgl. zu § 197 SGG Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, 2. Aufl. 2014, § 197 Rn. 8).
Nach § 33 Abs. 5 S. 1 RVG ist dem Beschwerdeführer, wenn er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Gemäß § 33 Abs. 5 S. 2 RVG wird fehlendes Verschulden vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
Die beantragte Wiedereinsetzung kann deshalb nicht gewährt werden, weil der Beschwerdeführer nicht ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Zwar war dem Beschluss des Sozialgerichts eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung beigefügt, der folgend er das Rechtsmittel am letzten Tag der - falsch angegebenen - Beschwerdefrist von einem Monat eingelegt hat. Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung war aber nicht der Grund dafür, dass er die Beschwerdefrist - unverschuldet - versäumt hat.
Auch wenn § 33 Abs. 5 S. 2 RVG bestimmt, dass fehlendes Verschulden vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, kann sich der Beschwerdeführer hierauf nicht berufen. Nach dem eindeutigen Wortlaut wird das fehlende Verschulden nicht fingiert, sondern lediglich vermutet. Diese Vermutung dürfte bei Rechtsanwälten schlechthin widerlegt sein, ist es nach Überzeugung des Senats aber jedenfalls im Falle des Beschwerdeführers, eines in Kostenangelegenheiten äußerst versierten Rechtsanwaltes, der vor den nordrhein-westfälischen Sozialgerichten regelmäßig auftritt und in einer Vielzahl der Verfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass dem Beschwerdeführer die korrekte Frist von zwei Wochen sehr wohl bekannt war, er jedoch angesichts der allgemeinen Bestimmungen im SGG - unzutreffend - davon ausging, dass bei einer (fehlerhaften) Rechtsmittelbelehrung die Jahresfrist nach § 67 Abs. 3 SGG auch im RVG gelte. Ursächlich für die Fristversäumnis war mithin die fehlerhafte Rechtsansicht zu den Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nicht die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung als solche.
Dem Senat ist bewusst, dass der in tatsächlicher Hinsicht deutlich eingeschränkte Anwendungsbereich des § 33 Abs. 5 S. 2 RVG die Sinnhaftigkeit der Regelung als solcher durchaus in Frage stellt. Denn die Verfahren, für die § 33 Abs. 3, Abs. 5 RVG gilt, werden regelmäßig von Rechtsanwälten als Beschwerdeführer betrieben. Für diesen Personenkreis käme dann aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei den Fällen fehlerhafter und fehlender Rechtsmittelbelehrungen regelmäßig nicht in Betracht, sie läuft de facto leer. Dieser Umstand war dem Gesetzgeber aber durchaus bewusst.
§ 33 Abs. 5 S. 2 RVG trat mit Wirkung zum 01.01.2014 durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.12.2012 BGBL 12012,2418 (RechtsBehEG) in Kraft. Im Kosten-bzw. Gebührenrecht soll durch diese "Wiedereinsetzungslösung" bei Fristversäumnis infolge unterlassener bzw. fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung einerseits die Rechtskraft kostenrechtlicher Maßnahmen nicht unnötig hinausgezögert, andererseits auch effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden (Thiel in SchneiderNolpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 33 RVG Rn.31). Der gesetzestechnisch maßgebliche Unterschied zwischen Fiktion und Vermutung war dem Gesetzgeber durchaus bewusst (BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14 , zu der mit § 33 Abs. 5 S. 2 RVG neu eingefügten wortgleichen Regelung in § 233 S.2 ZPO ). Nach seinen Vorstellungen sollte die Wiedereinsetzung ausgeschlossen sein, wenn die Partei wegen vorhandener Kenntnis über ihre Rechtsbehelfe keiner Unterstützung durch eine Rechtsbehelfsbelehrung bedarf (vgl BR-Drs 308/12 zu Artikel 14 - Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG, mit Bezug auf die Ausführungen zu Artikel 8 - u.a. betr. § 233 ZPO nF; zur sog. Wiedereinsetzungslösung, u.a. in §§ 12 c, 33 RVG, § 68 Abs.2 GKG, § 233 ZPO, s. BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14, 15). Damit sollte u.a. die geringere Schutzbedürftigkeit. rechtskundiger Beteiligter berücksichtigt werden. Darauf aufbauend sah der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren keinerlei praktischen Bedarf und kein schutzwürdiges Interesse an einer Belehrung des ohnehin rechtskundigen Rechtsanwalts über die Rechtsbehelfsmöglichkeit nach § 56 Abs. 1 RVG (BR-Drs 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs 17/10490, S. 25 ff.,S.30, Anl. 3).
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar ( §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG iVm § 177 SGG).
Gründe:
I.
Angefochten ist mit der Beschwerde nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) der Beschluss des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 02.05.2016. Darin hat das SG die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 14.10.2015 über die an den Beschwerdeführer zu zahlenden Gebühren und Auslagen iHv 238 Euro bei Ablehnung einer Einigungsgebühr bzw. Erinnerungsgebühr (Nr. 1005,1006 Vergütungsverzeichnis -W- RVG a.F.) bestätigt.
Das SG hatte im Verfahren S 55 AS 2769/13 durch Beschluss vom 06.08.2015 den Klägern zu 1) und 3) bis 5) ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und den Beschwerdeführer beigeordnet. Der Rechtsstreit wurde vor dem Hintergrund von laufenden Verrechnungen um die zutreffende Höhe der Auszahlung monatlicher Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geführt. Das Verfahren wurde von den Beteiligten in einem Erörterungstermin am 29.09.2015 durch Annahme des Teilanerkenntnisses des Beklagten, insgesamt 120 Euro an die Kläger zu zahlen, sowie Rücknahme der Klage im Übrigen erledigt.
Der Beschwerdeführer hat am 05.10.2015 folgende Gebühren und Auslagen zur Festsetzung beantragt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Einigungs-/Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 102,00 EUR
Auslagenpauschale 20,00 EUR
Ablichtungen 4,50 EUR
USt 130,44 EUR
816,94 EUR
abzüglich Kostenvorschuss 413,53 EUR
Zahlbetrag 403,41 EUR
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat durch Festsetzung vom 14.10.2015 weitere Gebühren und Auslagen iHv 238 Euro zuerkannt. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. zszr Die Erhöhungsgebühr sei allerdings mit 153,00 EUR (170,00 EUR x 0,9) statt lediglich 102,00 EUR (170,00 EUR x 0,6) anzusetzen.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 10.11.2015 Erinnerung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, wegen des anwaltlichen Einwirkens zur Annahme des Teil-Anerkenntnisses bei teilweisem Klageverzicht sei noch eine Erledigungsgebühr bzw. Einigungsgebühr festzusetzen. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Das SG hat durch Beschluss vom 02.05.2016 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren PKH-Vergütung. Es sei mangels Vereinbarung keine Einigungsgebühr und im Übrigen auch keine Erledigungsgebühr festzusetzen. Für Letztere fehle es an der besonderen qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung. Die schlichte Beratung von Mandanten u.a. über weitere Erfolgsaussichten des Verfahrens genüge dafür nicht. Das SG hat dem Beschluss vom 02.05.2016 eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach die Beschwerde binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses erhoben werden könne.
Der Beschluss ist dem Beschwerdeführer ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 10.05.2016 zugestellt worden. Er hat am 10.06.2016 Beschwerde eingelegt und sein Vorbringen wiederholt, ihm stehe angesichts der vereinbarten Nachzahlung von 120 Euro eine Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr zu. Das SG hat der Beschwerde unter Hinweis auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen.
Der Berichterstatter hat den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 56 Abs.1, Abs. 2 iVm § 33 Abs. 3, Abs. 5, S. Lund S. 2 RVG darauf hingewiesen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des SG fehlerhaft sei, da die Beschwerdefrist zwei Wochen, nicht einen Monat, betrage, und angefragt, ob dies dort bekannt sei. Der Beschwerdeführer hat dazu am 07.04.2017 ausgeführt, es sei ihm nicht bekannt, inwieweit es dem SG Dortmund bekannt sei, dass seine Rechtsbehelfsbelehrung falsch sei. Soweit das Gericht auf die Frist des § 56 Abs. 2 RVG iVm § 33 Abs. 3 und Abs. 5 S. 1 und 2 RVG verweise, dürfte dies richtig sein. Soweit ihm bekannt sei, wäre bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Der Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit NRW ist der Beschwerde unter Bezug auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses entgegen getreten:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte S 55 AS 2769/13 und des PKH-Beiheftes/Erinnerungsverfahrens-Akte S 55 SF 572/15 E verwiesen.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 8 S. 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.
Die Beschwerde ist statthaft. Der als Differenz zwischen der festgesetzten Gebühr und der mit der Beschwerde weiter verfolgten Erledigungsgebühr iHv 190 Euro zuzüglich Umsatzsteuer zu ermittelnde Beschwerdewert iSv § 56 Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 1 RVG übersteigt den erforderlichen Betrag von 200 Euro (zur Umsatzsteuer vgl. LSG NRW Beschluss vom 01.04.2009 - L 19 B 137/07 AS, juris Rn.19).
Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht fristwahrend erhoben wurde.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG versäumt. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Die Beschwerde ist per Telefax vom Beschwerdeführer am 10.06.2016, genau einen Monat nach Zustellung und damit deutlich außerhalb der vorgegeben Zweiwochenfrist erhoben worden.
Wegen der Versäumung der Beschwerdefrist ist dem Beschwerdeführer keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand richten sich hier nach Maßgabe der über § 73a Abs. 1 SGG iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG anwendbaren §§ 1 Abs. 3, 33 Abs. 5 RVG, die als spezialgesetzliche Regelung den allgemeinen Bestimmungen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in §§ 66, 67 SGG vorgehen (vgl. etwa LSGNRW Beschluss vom 11.12. 2009 - L 19 B 281/09 AS, juris Rn. 25; ebenso Bayerisches LSG Beschluss vom 04.10.2012 - L 15 SF 131/11 8 E juris Rn.9, vgl. auch LSG NRW Beschlüsse vom 17.11.2010 - L 19 B 334/09 AS; vom 13.7.2009 - L 7 B 2/09 SB; vom 13.11.2008 - L 20 B 59/08 SO sowie zuletzt vom 09. 09. 2015 - L 16 KR 716/14 B juris Rn.12; ebenfalls LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 08.08 2016 - L 4 AS 334/16 B, juris Rn. 14, mwN; a.A. zum bis dahin geltenden Recht - aber nur des § 197 SGG - etwa LSG NRW Beschluss vom 02.05. 2011 - L 10 P 112/10 B -, alle juris , vgl. zu § 197 SGG Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, 2. Aufl. 2014, § 197 Rn. 8).
Nach § 33 Abs. 5 S. 1 RVG ist dem Beschwerdeführer, wenn er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Gemäß § 33 Abs. 5 S. 2 RVG wird fehlendes Verschulden vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
Die beantragte Wiedereinsetzung kann deshalb nicht gewährt werden, weil der Beschwerdeführer nicht ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Zwar war dem Beschluss des Sozialgerichts eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung beigefügt, der folgend er das Rechtsmittel am letzten Tag der - falsch angegebenen - Beschwerdefrist von einem Monat eingelegt hat. Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung war aber nicht der Grund dafür, dass er die Beschwerdefrist - unverschuldet - versäumt hat.
Auch wenn § 33 Abs. 5 S. 2 RVG bestimmt, dass fehlendes Verschulden vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, kann sich der Beschwerdeführer hierauf nicht berufen. Nach dem eindeutigen Wortlaut wird das fehlende Verschulden nicht fingiert, sondern lediglich vermutet. Diese Vermutung dürfte bei Rechtsanwälten schlechthin widerlegt sein, ist es nach Überzeugung des Senats aber jedenfalls im Falle des Beschwerdeführers, eines in Kostenangelegenheiten äußerst versierten Rechtsanwaltes, der vor den nordrhein-westfälischen Sozialgerichten regelmäßig auftritt und in einer Vielzahl der Verfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass dem Beschwerdeführer die korrekte Frist von zwei Wochen sehr wohl bekannt war, er jedoch angesichts der allgemeinen Bestimmungen im SGG - unzutreffend - davon ausging, dass bei einer (fehlerhaften) Rechtsmittelbelehrung die Jahresfrist nach § 67 Abs. 3 SGG auch im RVG gelte. Ursächlich für die Fristversäumnis war mithin die fehlerhafte Rechtsansicht zu den Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nicht die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung als solche.
Dem Senat ist bewusst, dass der in tatsächlicher Hinsicht deutlich eingeschränkte Anwendungsbereich des § 33 Abs. 5 S. 2 RVG die Sinnhaftigkeit der Regelung als solcher durchaus in Frage stellt. Denn die Verfahren, für die § 33 Abs. 3, Abs. 5 RVG gilt, werden regelmäßig von Rechtsanwälten als Beschwerdeführer betrieben. Für diesen Personenkreis käme dann aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei den Fällen fehlerhafter und fehlender Rechtsmittelbelehrungen regelmäßig nicht in Betracht, sie läuft de facto leer. Dieser Umstand war dem Gesetzgeber aber durchaus bewusst.
§ 33 Abs. 5 S. 2 RVG trat mit Wirkung zum 01.01.2014 durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.12.2012 BGBL 12012,2418 (RechtsBehEG) in Kraft. Im Kosten-bzw. Gebührenrecht soll durch diese "Wiedereinsetzungslösung" bei Fristversäumnis infolge unterlassener bzw. fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung einerseits die Rechtskraft kostenrechtlicher Maßnahmen nicht unnötig hinausgezögert, andererseits auch effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden (Thiel in SchneiderNolpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 33 RVG Rn.31). Der gesetzestechnisch maßgebliche Unterschied zwischen Fiktion und Vermutung war dem Gesetzgeber durchaus bewusst (BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14 , zu der mit § 33 Abs. 5 S. 2 RVG neu eingefügten wortgleichen Regelung in § 233 S.2 ZPO ). Nach seinen Vorstellungen sollte die Wiedereinsetzung ausgeschlossen sein, wenn die Partei wegen vorhandener Kenntnis über ihre Rechtsbehelfe keiner Unterstützung durch eine Rechtsbehelfsbelehrung bedarf (vgl BR-Drs 308/12 zu Artikel 14 - Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG, mit Bezug auf die Ausführungen zu Artikel 8 - u.a. betr. § 233 ZPO nF; zur sog. Wiedereinsetzungslösung, u.a. in §§ 12 c, 33 RVG, § 68 Abs.2 GKG, § 233 ZPO, s. BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14, 15). Damit sollte u.a. die geringere Schutzbedürftigkeit. rechtskundiger Beteiligter berücksichtigt werden. Darauf aufbauend sah der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren keinerlei praktischen Bedarf und kein schutzwürdiges Interesse an einer Belehrung des ohnehin rechtskundigen Rechtsanwalts über die Rechtsbehelfsmöglichkeit nach § 56 Abs. 1 RVG (BR-Drs 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs 17/10490, S. 25 ff.,S.30, Anl. 3).
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar ( §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG iVm § 177 SGG).
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