L 8 U 3887/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 4107/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3887/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.07.2016 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung verbliebener Folgen einer Rotatorenmanschettenschädigung als Folgen eines Arbeitsunfalls.

Der 1954 geborene Kläger verfehlte bei der Ausübung einer versicherten Tätigkeit als Kontrolleur am 04.03.2014 beim Abstieg von einem Bagger die Trittfläche des Auftritts und fiel auf die linke Schulter. Er beendete sofort seine Tätigkeit und stellte sich der Durchgangsärztin M.-B. vor. Die Durchgangsärztin stellte eine Schonhaltung der linken Schulter, keine offene Verletzung oder Fraktur, Schmerzen der linken Schulter bei aktiv und passiv eingeschränkter Beweglichkeit und Druckschmerz fest. Sie diagnostizierte eine Verletzung der Muskeln und der Sehnen der Rotatorenmanschette (Durchgangsarztbericht vom 04.03.2014). Eine Magnetresonanztomographie (MRT) der linken Schulter vom 05.03.2014 zeigte eine Rotatorenmanschettenruptur, einen ausgedehnten Gelenkerguss sowie - möglicherweise - ein vorbestehendes Impingement (Bericht Dr. D.). Am 28.03.2014 erfolgte in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BG Klinik) T. eine arthroskopische Operation der linken Schulter (Rekonstruktion der Subscapularissehne und Partialverschluss der Supraspinatussehne, LBS-Tenodese, subacromiale Dekompression und Bursektomie (Befund- und Entlassbericht der BG Klinik T. vom 12.04.2014, Diagnosen: Traumatische Ruptur der Subscapularissehne und degenerative Ruptur der Supraspinatussehne)).

Bereits in den Jahren 2003 und 2008 erlitt der Kläger Stürze auf die linke Schulter (Berichte der Sportklinik S. vom 14.08.2008 und 27.08.2009). Im Jahr 2003 erfolgte eine Operation einer erlittenen Rotatorenmanschettenläsion rechts wegen Verschleißerscheinungen (Zwischenbericht der BG Klinik Tübingen vom 25.03.2014).

Der Kläger gab im Verlauf des Verwaltungsverfahrens zum Unfallgeschehen am 04.03.2014 an, er sei schräg auf die linke Schulter gefallen (Unfallanzeige vom 04.03.2014), er sei mit Werkzeugen in beiden Händen auf die linke Schulter gestürzt, bzw. er sei mit nach oben gebeugten Ellenbogen auf die linke Schulter gestürzt; er habe nicht versucht, den Sturz durch Festhalten abzufangen (Angaben im Fragebogen der Beklagten vom 19.03.2014 mit Anlage 2).

Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers bei und nahm weitere medizinische Unterlagen zu den Akten (insbesondere radiologischer Befundbericht des Dr. P. vom 29.09.2009 über ein MRT des Schultergelenks links vom 28.09.2009).

In der von der Beklagten veranlassten fachradiologischen beratungsärztlichen Stellungnahme vom 17.04.2014 gelangte Prof. Dr. D. zu der Bewertung, eine deutlich vermehrte Angulierung des AC-Gelenks mit fortgeschrittenen Rupturen der Rotatorenmanschette, ausgeprägten Bursitiden und Gelenkerguss ohne verletzungsspezifische Begleitverletzungen seien dem Unfallereignis am 04.03.2014 zeitlich deutlich vorzuordnen.

Mit Bescheid vom 30.04.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Heilbehandlung wegen des Unfalls vom 04.03.2014 werde abgebrochen, weil kein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Krankheit bestehe. Es könne allenfalls eine Prellung bzw. Zerrung der linken Schulter anerkannt werden, die keiner weiteren Behandlung bedürfe. Ein Anspruch auf Leistungen über den 18.03.2014 hinaus bestehe nicht.

Hiergegen legte der Kläger am 28.05.2014 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, es liege nach dem Befund- und Entlassbericht der BG Klinik T. vom 12.04.2014 eine traumatisch bedingte Genese des Rotatorenmanschettendefekts vor. Er sei am 04.03.2014 ausgerutscht und dabei auf die linke Schulter gefallen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am Montag, den 01.12.2014 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er trug zur Begründung vor, er sei am 04.03.2014 mit nach oben gebeugten Ellenbogen rückwärts auf die linke Schulter gestürzt. Da er in beiden Händen Werkzeuge gehalten habe, habe er sich nicht abstützen können. Er sei der Auffassung, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Ruptur der Rotatorenmanschette bestehe, was ihm die Ärzte im Klinikum Crailsheim sowie in der BG Klinik T. bestätigt hätten.

Das SG holte (von Amts wegen) das orthopädisch-unfallchirurgische Gutachten des Prof. Dr. L. vom 03.09.2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 26.01.2016 ein. Prof. Dr. L. gelangte - unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers zum Unfallhergang, er sei ca. 60 cm nach unten auf den seitlich ausgestrecktem Arm gefallen, wobei er sich mit dem Ellenbogen abgefangen habe - zusammenfassend zu der Bewertung, beim Kläger handele es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine nicht nur vorübergehende Verschlimmerung von vorbestehenden Schäden. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Unfallhergang um einen potentiell geeigneten Verletzungsmechanismus gehandelt habe. Zusammenfassend handele es sich um eine traumatische Subscapularissehnenruptur und um eine vorbestehende, zumindest partielle Supraspinatussehnenruptur, die vermutlich durch das angeschuldigte Ereignis verschlimmert worden sei. Durch Alltagsbelastungen wäre es zum gegebenen Zeitpunkt nicht zu einer kompletten Ruptur der Subscapularissehne gekommen.

Die Beklagte erhob unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. H. vom 30.11.2015 und 01.03.2016 gegen die Bewertung des Prof. Dr. L. Einwendungen und trat der Klage weiter entgegen getreten. Die Beklagte legte den Operationsbericht der BG Klinik Tübingen vom 31.03.2014 zur Operation des Klägers am 28.03.2014 vor (Schriftsätze vom 15.12.2015, 08.03.2016 und 23.02.2016). Der Kläger hat an seiner Ansicht festgehalten (Schriftsatz vom 13.04.2016).

Mit Urteil vom 20.07.2016 verurteilte das SG - entsprechend dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag - die Beklagte, als Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.03.2014 eine Narbenbildung und leichte Kraftminderung bei chirurgisch versorgter Rotatorenmanschettenruptur an der linken Schulter anzuerkennen. Das SG stützte seine Entscheidung auf das Gutachten von Prof. Dr. L ... Die Ausführungen von Dr. H. könnten hieran keine begründeten Zweifel wecken.

Gegen das der Beklagten am 23.09.2016 zugestellte Urteil richtet sich die von der Beklagten am 19.10.2016 eingelegte Berufung. Die Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, der Ansicht des SG könne nicht gefolgt werden. Die Feststellung einer Narbenbildung und leichte Kraftminderung bei chirurgisch versorgter Rotatorenmanschettenruptur an der linken Schulter lasse sich nicht in eines der gängigen Diagnosesysteme einordnen. Es sei nicht klar erkennbar, von welchem Gesundheitserstschaden das SG ausgehe. Für Einbußen der Verletzten, für die das Unfallereignis keine (Wirk-)Ursache gewesen sei, bestehe kein Versicherungsschutz. Es sei zu bezweifeln, dass es durch den Sturz zu einer weiteren Schädigung der Supraspinatussehne links gekommen sei. Prof. Dr. L. unterstelle in seinem Gutachten nur einen geeigneten Unfallhergang. Er gehe in seiner ergänzenden Stellungnahme von einer Vorschädigung im Bereich der Supraspinatussehne aus. Dies werde auch durch die Beschreibungen im Operationsbericht vom 31.03.2014 bestätigt. Nach dem MRT vom 28.09.2009 habe bereits eine Teilläsion der Subscapularissehne vorbestanden. Es sei damit von einer Schadensanlage auszugehen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.07.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG stütze sich zutreffend auf das Gutachten des Prof. Dr. L. mit ergänzender Stellungnahme. Dabei sei Prof. Dr. L. zutreffend davon ausgegangen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine nicht nur vorübergehende Verschlimmerung von vorbestehenden Schäden bei geeignetem Verletzungsmechanismus eingetreten sei.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung am 31.03.2017 mit den Beteiligten erörtert worden. Im Termin ist der Kläger zum Unfallablauf angehört worden. Auf die Niederschrift vom 31.03.2017 wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 30.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten verbliebenen Folgen einer Ruptur der Rotatorenmanschette als Folge des Unfalls vom 04.03.2014. Dem angefochtenen Urteil des SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Soweit der Kläger beim SG in der mündlichen Verhandlung am 20.07.2016 beantragt hat, die Beklage zu verurteilen, eine Narbenbildung und leichte Kraftminderung bei chirurgisch versorgter Rotatorenmanschettenruptur an der linken Schulter anzuerkennen, ist der Klageantrag - entgegen der Ansicht der Beklagten - hinreichend bestimmt. Dem Klageantrag lässt sich hinreichend entnehmen, dass der Kläger die verbliebenen Folgen einer Schädigung der Rotatorenmanschette der linken Schulter als Folgen des Unfalls vom 04.03.2014 anerkannt haben will. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten kombiniert mit der Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R -). Bei dem Klageantrag handelt es sich um eine nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Mit dem angefochtenen Bescheid hatte die Beklagte Gesundheitsschäden der Rotatorenmanschette der linken Schulter als Unfallfolgen abgelehnt, und lediglich (allenfalls) eine Prellung bzw. Zerrung der linken Schulter als Unfallfolge anerkannt. Damit ist auch eine anfechtbare ablehnende Entscheidung zur begehrten Anerkennung weiterer Unfallfolgen (konkludent) ergangen.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).

Ob die Beklagte das Geschehen am 04.03.2014 mit dem angefochtenen Bescheid als Arbeitsunfall - insoweit bestandskräftig - anerkannt hat, ist nicht entscheidungserheblich. Denn jedenfalls ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und den vom Kläger als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen.

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu§ 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R und B 2 U 26/04 R - a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die vom Kläger als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht vor.

Dass es durch das angeschuldigte Ereignis vom 04.03.2014 zu einer Ruptur der Supraspinatussehne gekommen ist, kann nicht festgestellt werden. Zwar ist eine Ruptur der Supraspinatussehne gesichert (insbesondere Operationsbericht der BG Unfallklinik T. vom 31.03.2014 zur Operation am 28.03.2014). Nach dem Befundbericht der radiologischen Praxis Dr. Puls vom 29.09.2009 zu einer MRT der linken Schulter des Klägers am 28.09.2009 ist ein Teilausriss der Supraspinatussehne mit Retraktion der ruptierten Faseranteile und eine Einengung des Gleitraumes unter dem Schulterdach durch eine nach unten gerichtete knöcherne Ausziehungen der vorderen Schulterblattgräte als unfallvorbestehend festzustellen. Hiervon geht auch Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 03.09.2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 26.01.2016 aus, der eine Vorschädigung im Bereich der Supraspinatussehne als unstreitig ansieht. Dass es durch das angeschuldigte Unfallereignis zu einer richtungsweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens (bezüglich der Supraspinatussehne) gekommen ist, wovon der Gutachter Prof. Dr. L. weiter ausgeht, ist zur Überzeugung des Senates nicht festzustellen. Nach dem im Operationsbericht der BG Klinik T. vom 31.03.2014 dargestellten Befundbeschreibung zeigte sich die Supraspinatussehnenruptur - bis zur Glenoidhöhe - deutlich retrahiert. Ein spannungsfreier, vollständiger Verschluss war nicht möglich. Dem entspricht im Wesentlichen auch der durch das MRT der linken Schulter vom 05.03.2014 erhobene Befund der Supraspinatussehne. Diese Befunde sind Ausdruck einer chronisch vorbestehenden Degeneration sowie Ruptur und lassen auf eine bereits vor dem Unfallereignis vom 04.03.2014 eingetretene Schädigung der Supraspinatussehne schließen, wie die Beratungsärztin Dr. H. in ihren Stellungnahmen vom 30.11.2015 und 01.03.2016 - die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen im Wege des Urkundenbeweises verwertet - insoweit den Senat überzeugend, dargelegt hat. Auch die BG Klinik T. geht in ihrem Befund- und Entlassbericht vom 12.04.2014 von einer degenerativen Ruptur der Supraspinatussehne aus. Diesen Kausalitätsbewertungen der Beratungsärztin Dr. H. sowie der BG Klinik Tübingen schließt sich der Senat an. Soweit Prof. Dr. L. in seinem Gutachten davon ausgeht, dass sich der Kläger bei dem Unfallereignis am 04.03.2014 eine acute on chronic-Ruptur der Supraspinatussehne zugezogen habe, überzeugt diese Bewertung den Senat nicht. Prof. Dr. L. berücksichtigt dabei die genannten bei der Operation am 28.03.2014 festgestellten Befunde, die auf eine vorbestehende Ruptur der Supraspinatussehne schließen lassen, nicht hinreichend. Außerdem beschreibt Prof. Dr. L. keine Verletzungszeichen, die auf eine frische (unfallbedingte) Ruptur (richtungsgebende Verschlimmerung) bezüglich der Supraspinatussehne hindeuten. Damit kann hinsichtlich der Ruptur der Supraspinatussehne das Unfallereignis vom 04.03.2014 hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele, weshalb ein ursächlicher Zusammenhang der Ruptur der Supraspinatussehne mit dem Unfallereignis auszuschließen ist.

Demgegenüber kann der Senat feststellen, dass die Ruptur der Subscapularissehne auf das Unfallereignis vom 04.03.2014 zurückzuführen ist. Dieses Unfallereignis ist hinreichend wahrscheinlich Ursache der Ruptur der Subscapularissehne links. Dies wird durch die am Unfalltag erhobenen klinischen Befunde sowie den zeitnah zum Unfallereignis am 04.03.2014 erhobenen radiologischen Befund (MRT vom 05.03.2014) sowie die bei der Operation am 28.03.2014 erhobenen Befunde belegt. Danach hatte der Kläger seine Arbeit nicht mehr fortsetzen können. Nach dem Bericht der Durchgangsärztin M.-B. vom 04.03.2014 bestand bei der Erstuntersuchung des Klägers am 04.03.2014 - bei vorbestehender Beschwerdefreiheit - eine Schonhaltung der linken Schulter, Schmerzen und eine aktiv und passiv eingeschränkte Beweglichkeit der linken Schulter. Diese klinischen Befunde sprechen nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. L. in seinem Gutachten mit ergänzender Stellungnahme für einen Zusammenhang mit dem Ereignis vom 04.03.2014 und sind auch nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage Nr. 8.2.5.3) als ein (deutliches) Indiz für eine traumatische Schädigung der Rotatorenmanschette zu werten. Das MRT vom 05.03.2014 zeigt weiter verletzungstypische Veränderungen der Subscapularissehne einer fehlenden Muskelathrophie, eine intraartikuläre Ergussbildung, die als Hämatom gewertet werden kann, und ein Ödem im Musculus subscapularis. Diese Befunde belegen nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. L. im Gutachten und in der ergänzenden Stellungnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass es bei dem Sturz zu einer Kontinuitätsunterbrechung der Subscapularissehne gekommen ist. Für eine unfallbedingte Kontinuitätsunterbrechung der Subscapularissehne spricht außerdem, dass bei der Operation am 28.03.2014 die Subscapularissehne, anders als die Supraspinatussehne, sich problemlos an den Footprint im Bereich des Tuberkulose minus spannungsfrei hat heranziehen lassen, was ebenfalls für eine frische traumatische Ruptur der Subscapularissehne spricht, wovon auch im Befund- und Entlassbericht der BG Klinik Tübingen vom 12.04.2014 ausgegangen wird.

Der abweichenden Bewertung der Beratungsärztin Dr. H. vermag der Senat - insoweit - nicht zu folgen. Dr. H. nimmt eine erforderliche differenzierte Betrachtung des Kausalzusammenhangs hinsichtlich der Supraspinatussehne bzw. der Subscapularissehne nicht ausreichend vor. Sie geht außerdem zunächst davon aus, dass eine Subscapularissehnenruptur, die zusammen mit einer Supraspinatussehnenruptur auftritt, als komplexes degeneratives Geschehen aufzufassen sei und bejaht - im Hinblick auf die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 26.01.2016, wonach die genannte Einschätzung der aktuellen medizinischen Literatur widerspricht - dann bei einer isolierten Subscapularissehnenruptur eine andere Sichtweise, die als überwiegend unfallbedingt anzusehen sei. In ihren Stellungnahmen geht Dr. H. von einer unfallvorbestehenden Supraspinatussehnenruptur aus, weshalb - auch aus der Sicht von Dr. H. - dem Senat plausibel erscheint, von einer (unfallbedingt) isolierten Subscapularissehnenruptur auszugehen, was aber Dr. H. in ihren beratungsärztlichen Stellungnahmen (als nicht vorliegend) übergeht. Weiter nimmt Dr. H. in ihren Stellungnahmen an, die Subscapularisläsion habe in beginnender Form / zum Teil bereits auf den Bildern 2009 vorgelegen; eine Teilruptur der Subscapularissehne sei vorbestehend. Zwar sind nach dem Befundbericht der radiologischen Praxis Dr. Puls vom 29.09.2009 unfallvorbestehende degenerative Veränderungen auch der Subscapularissehne anzunehmen. Das MRT des Schultergelenks links vom 28.09.2009 zeigte nach dem Befundbericht hinsichtlich der Subscapularissehne jedoch lediglich eine leichte Kaliberminderung und interne Auffaserung. Eine Kontinuitätsunterbrechung im Sinne einer (Teil-)Ruptur der Subscapularissehne beschreibt Dr. Puls nicht. Er geht vielmehr von einer Teilläsion des sogenannten Bizepspulley aus, was einer (Teil-)Ruptur der Subscapularissehne nicht entspricht. Dem entspricht auch die Befundung des MRT vom 28.09.2009 durch Prof. Dr. L., insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme, wonach lediglich hinsichtlich der Supraspinatussehne, und nicht auch der Subscapularissehne, eine Kontinuitätsunterbrechung im vorderen Bereich im Übergang zum Sub-scapularis und eine Signalanhebung im kranialen Bereich der Subscapularissehne zur Darstellung kommt. Eine unfallvorbestehende Teilruptur der Subscapularissehne, wie Dr. H. in ihren beratungsärztlichen Stellungnahmen (insbesondere vom 30.11.2015) als gesichert annimmt, ist damit zur Überzeugung des Senats nicht belegt, weshalb der Senat der abweichenden Beurteilung von Dr. H. - insoweit - nicht folgt.

Dies führt allerdings nicht dazu, dass nach der Theorie der wesentlichen Bedingung anzunehmen wäre, dass das Geschehen vom 04.03.2014 hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentliche Ursache der Ruptur der Subscapularissehne war. Insoweit konnte der Senat für einen wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechende Umstände nicht feststellen. Dies gilt im Übrigen auch hinsichtlich der Supraspinatussehne, wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, dass die Supraspinatussehne erst bei dem Ereignis vom 04.03.2014 vollständig ruptiert wäre bzw. eine richtungsgebende wesentliche Verschlimmerung der vorbestehenden Pathologien eingetreten wäre, wovon der Gutachter Prof. Dr. L. ausgeht. Denn insoweit ist das Unfallgeschehen - entgegen der Ansicht von Prof. Dr. L. - als Gelegenheitsursache anzusehen.

Dr. H. folgert dies für den Senat überzeugend aus dem intraoperativen Befund vom 28.03.2014 mit einer großen, U-förmigen Rotatorenmanschettenruptur, die vom Operateur hinsichtlich der Subscapularissehne als "acute on chronic" Ruptur qualifiziert wurde, d.h. eine akute Ruptur ist auf dem Boden einer chronischen Sehnenläsion eingetreten. Dr. H. beurteilt den Sturz auf die Schulter mit Riss der Restfasern als überwiegend den degenerativen Vorschäden/der Schadensanlage zuschreibbar, der Sturz auf die Schulter sei dem nachgeschaltet.

Damit belegt Dr. H. aus medizinischer Sicht Tatsachenfaktoren, die den rechtlichen Schluss erlauben, dass die Unfalleinwirkung keine wesentliche Mitursache der eingetretenen Gesundheitsstörung, hier der Subscapularissehnenruptur, war.

Beim Kläger ist hinsichtlich des Ereignisses vom 04.03.2014 zur Überzeugung des Senats von dem direkten Sturz auf die Schulter auszugehen, was unter Zugrundelegung der damit verbundenen Unfallmechanik nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. stellvertretend zuletzt Senatsbeschluss vom 22.02.2017 – L 8 U 2444/14 –, unveröffentlicht, mit Hinweis auf Senatsurteil vom 25.04.2014 - L 8 U 2322/11 -) bereits den Rückschluss auf eine den Gesundheitsschaden einer Sehnenruptur rechtlich allein wesentlich verursachenden Vorschaden zulässt. Denn genügt schon eine an sich völlig ungeeignete Unfallursache um einen Gesundheitsschaden auszulösen oder zu verschlimmern, muss angenommen werden, dass der Vorschaden ganz erheblich war.

Dass das Unfallereignis in seiner Intensität der Einwirkung auf die Rotatorenmanschette nur das Ausmaß einer Alltagsbelastung erreichte, was den Rückschluss auf eine rechtlich erhebliche unfallvorbestehende Sehnendegeneration im Sinne einer Gelegenheitsursache zulässt (vgl. zu dieser Voraussetzung Urteile des Senats vom 01.07.2011 - L 8 U 197/11 - und vom 16.04.2010 - L 8 U 5043/09 -, beide veröffentlicht in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), kann in der gebotenen wertenden Betrachtung der Unfalleinwirkung im Vergleich zu einer Alltagsbelastung festgestellt werden. Maßgebend zur Bewertung einer Alltagsbelastung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht das Unfallereignis als solches (z. B. die Tatsache eines Sturzes etc.) bzw. der generell zum Tragen gekommene Kraftaufwand, sondern die Intensität der Einwirkungen auf das verletzte Organ (ständige Rechtsprechung des Senats vgl. stellvertretend zuletzt Urteil vom 23.03.2012 - L 8 U 884/11 -, juris Rn. 36, im Übrigen Urteil des Senats vom 01.07.2011 a.a.O. und Beschlüsse des Senats vom 07.08.2009 - L 8 U 5351/08 - und 03.06.2009 - L 8 U 345/09 ; so auch der 1. Senat des LSG Baden-Württemberg, vgl. Urteil vom 10.03.2008 - L 1 U 2511/07 -, juris). Eine Alltagsbelastung ist damit nicht nach der individuellen Lebensführung des Versicherten zu beurteilen, sondern abstrakt danach, welche Verhaltensweisen in der Lebensführung in der Bevölkerung verbreitet vorzufinden sind und nach allgemeiner Anschauung als alltägliche, nur mäßiggradig belastende Verrichtungen gelten (Senatsurteil vom 23.03.2012 a.a.O.).

Der Kläger hat in der nichtöffentlichen Sitzung am 31.03.2017 bei seiner Anhörung zum Unfallablauf am 04.03.2014 angegeben, seitlich - mit Werkzeugen in beiden Händen - schräg gefallen zu sein. Dabei ist er mit dem Ellenbogen und der Schulter, die sich in etwa in einer Linie befunden haben, direkt auf die Schulter gefallen, wobei der Ellenbogen nicht vom Körper aus nach außen gerichtet war. Er hat verneint, spitz auf den Ellenbogen gefallen zu sein. Dem Umstand, dass der Kläger bei seiner Anhörung im Termin am 31.03.2017 darauf hingewiesen hat, aufgrund des Zeitablaufs keine exakten Angaben zum Unfallgeschehen mehr machen zu können, kann der Senat keine Bedeutung zu Gunsten des Klägers beigemessen. Denn seine im Termin am 31.03.2017 gemachten Angaben zum Unfallablauf entsprechen seinen auch im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben zum Unfallgeschehen. Im Verwaltungsverfahren hat der Kläger hierzu angegeben, er sei schräg auf die linke Schulter gefallen (Unfallanzeige vom 04.03.2014), er sei mit Werkzeugen in beiden Händen auf die linke Schulter gestürzt, bzw. er sei mit nach oben gebeugten Ellenbogen auf die linke Schulter gestürzt; er habe nicht versucht, den Sturz durch Festhalten abzufangen, sowie die Bildbeschreibung des Klägers in der Anlage 2 zum Fragebogen der Beklagten vom 13.03.2014 zur Stellung des Armes bei dem Sturz oder Anstoß, wonach er mit nach oben gebeugtem Ellenbogen auf die Schulter gefallen sei, was seiner Unfallschilderung im Termin am 31.03.2017 entspricht (Angaben im Fragebogen der Beklagten vom 19.03.2014). Auch in zu den Akten gelangten Befundberichten wird das Unfallgeschehen dahin beschrieben, dass der Kläger auf die linke Schulter gefallen sei (Durchgangsarztbericht der Durchgangsärztin Mittag-Bonsch vom 04.03.2014 und Zwischenbericht der BG Klinik T. vom 25.03.2014). Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger angeben, auf die linke Schulter gefallen zu sein (Schriftsatz vom 06.08.2014). Zur Klagebegründung hat der Kläger zum Unfallgeschehen vorgetragen, er sei mit Werkzeugen in beiden Händen haltend, weswegen er sich nicht habe abstützen können, mit nach oben gebeugten Ellenbogen rückwärts auf die linke Schulter gefallen. Die vom Kläger bei der Begutachtung durch Prof. Dr. L. gemachten, im Gutachten vom 03.09.2015 beschriebenen, Angaben zum Unfallhergang, insbesondere er sei seitlich auf den ausgestreckten Arm gefallen, wobei er sich mit dem Ellenbogen abgefangen habe, kann der Senat im Hinblick auf die vom Kläger im Verwaltungsverfahren, im Klageverfahren wie auch im Berufungsverfahren im Wesentlichen übereinstimmend gemachten, abweichenden Angaben zum Unfallgeschehen am 04.03.2014 nicht feststellen. Soweit Prof. Dr. L. davon ausgeht, der im Gutachten dokumentierte Unfallhergang entspreche der Lebenswirklichkeit, vermag der Senat dem nicht zu folgen. In der ergänzenden Stellungnahme geht Prof. Dr. L. hinsichtlich des Unfallgeschehens, abweichend von seinen Beschreibungen im Gutachten, davon aus, der Kläger sei nach hinten auf die linke Seite gestürzt, ohne ein Abfangen mit dem Ellenbogen zu erwähnen. Dass sich der Kläger mit dem Ellenbogen abgefangen hat, hat er in der nichtöffentlichen Sitzung am 31.03.2014 auch nicht bestätigt. Zudem hatte der Kläger bei dem Sturz nach seinen übereinstimmenden Angaben in beiden Händen Werkzeuge, die ihm eine Abstützreaktion mit der Hand nicht ermöglicht hat, wie der Kläger außerdem angegeben hat, so dass der von Prof. Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme angenommene Schutzreflex des ausgestreckten Arms vorliegend nicht zum Tragen kam. Soweit Prof. Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme weiter einen Sturz direkt auf die Schulter als praktisch ausgeschlossen ansieht, da es dadurch zwangsläufig auch zu einem Aufschlagen des Kopfes gekommen sein müsste, stellt er hypothetische Erwägungen an, die den Senat nicht überzeugen. Zur Überzeugung des Senats ist damit erwiesen, dass der Kläger am 04.03.2014 direkt auf die linke Schulter gefallen ist.

Damit ist zum Unfallgeschehen am 04.03.2014 festzustellen, dass der Kläger auf die linke Schulter gestürzt ist. Nach den von Prof. Dr. L. in seinem Gutachten beschriebenen unfallmechanischen Voraussetzungen, die potentiell geeignet sind, die Rotatorenmanschette zu schädigen, ist ein Sturz auf die Schulter nicht geeignet, einen Rotatorenmanschettenschaden zu verursachen. Er hat vielmehr bei einem direkten Aufprall von vorn oder seitlich auf die Schulter einen geeigneten Verletzungsmechanismus ausdrücklich verneint.

Die Darstellungen von Prof. Dr. L. zum Unfallmechanismus stehen in Übereinstimmung mit dem in der unfallmedizinischen Literatur beschriebenen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Unfallmechanismus bei einer Rotatorenmanschettenruptur und zu den Bewertungskriterien einer traumatisch bedingten Sehnenruptur (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage Nr. 8.2.5.2) sowie der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu Senatsurteil vom 01.07.2011 a.a.O. sowie Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, m.w.N., juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) und anderer Senate des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (vgl. Urteil vom 15.12.2016 - L 6 U 1589/16 - ; 23.04.2015 - L 10 U 495/14, - juris, www.sozialgerichtsbarkeit; 11.05.2015 - L 1 U 231/14 -). Danach ist ein direkter Sturz auf die Schulter, mithin bei einem direkten Anpralltrauma, nicht geeignet, einen isolierten, ausschließlich traumatischen Rotatorenmanschettensehnenriss zu verursachen. In Frage kommt dafür allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne einer wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration. Insgesamt ist eine isolierte Verletzung der Rotatorenmanschette die Ausnahme. Wird dagegen das Schultergelenk in seiner Gesamtheit beschädigt (z.B. Schulterverrenkung), kann es zu Mitverletzungen der Rotatorenmanschette kommen. Danach ist zwischen direkter und indirekter Krafteinwirkung bedeutsam zu unterscheiden. Als ungeeignete Unfallhergänge werden danach die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter (Sturz, Prellung, Schlag) angesehen, da die Rotatorenmanschette durch Schulterhöhe (Acromio) und Deltamuskel gut geschützt ist. Nur Bewegungen im Schultergelenk mit Zugbelastung der Rotatorenmanschette können diese zerreißen. Dies sind in erster Linie Rotationsbewegungen, aber auch Abspreizbewegungen. Als geeignete Verletzungsmechanismen werden danach überfallartige, d.h. passive ruckartige und plötzliche Krafteinwirkungen, massives plötzliches Rückwärtsreißen oder Heranführen des Armes sowie starke Zugbelastung bei gewaltsamer Rotation des Armes angesehen (vgl. zum Vorstehenden auch Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage Nr. 8.2.5.3). Hiervon geht auch der Gutachter Prof. Dr. L. im Wesentlichen übereinstimmend aus.

Liegt mit einem Sturz direkt auf die Schulter ein ungeeignetes Unfallgeschehen vor, so kann der Senat bereits deshalb nicht feststellen, dass der Sturz des Klägers am 04.03.2014 hinreichend wahrscheinliche wesentliche Ursache der Rotatorenmanschettenruptur war, sondern dass diese mithin rechtlich wesentlich nicht auf den Unfall vom 04.03.2014 zurückzuführen ist. Es ist vom Vorliegen einer Gelegenheitsursache auszugehen. Bei wertender Betrachtung des Senats ist der durch den Sturz auf Schulter einwirkende Impuls mit keiner höheren Belastung verbunden als die, die bei anderen Bewegungsabläufen mit Beteiligung der genannten Sehnen im Alltag auch sonst vorkommt, denn die geringfügige Beanspruchung der Sehne ist vergleichbar mit dem Heben von geringen bis mittleren Lastgewichten (z.B. Einkäufe, Getränkekiste etc.) oder sonstigen Zugbelastungen (z.B. Bewegen eines Einkaufswagens), die in dieser Größenordnung bei vielfältigen Gelegenheiten im Alltag auftreten (Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 - a.a.O.). Ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang der Rotatorenmanschettenruptur (im Sinne des Entstehens oder einer wesentlichen Verschlimmerung) mit dem Ereignis vom 04.03.2014 liegt damit nicht vor. Soweit der Gutachter Prof. Dr. L. insbesondere in seinem Gutachten darauf hinweist, dass experimentelle Untersuchungen zu den tatsächlichen Ergebnisabläufen fehlten und daher die traumatomechanische Analyse lediglich ein Argument für die Zusammenhangsbegutachtung sein könne, gibt dies dem Senat keinen Anlass, von seiner Rechtsprechung Abstand zu nehmen. Darauf, ob die zudem beim Kläger festzustellenden Vorschäden bereits soweit ausgeprägt waren, dass sie für sich die Feststellung des Vorliegens einer Gelegenheitsursache rechtfertigen, wovon Dr. H. in ihren beratungsärztlichen Stellungnahmen ausgeht, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung einer Narbenbildung und leichte Kraftminderung bei chirurgisch versorgt Rotatorenmanschettenruptur an der linken Schulter als Folgen des Unfalls vom 04.03.2014 besteht damit nicht.

Der abweichenden Bewertung von Prof. Dr. L. kann nicht gefolgt werden. Prof. Dr. L. geht bei seiner Zusammenhangsbewertung maßgeblich von einem geeigneten Verletzungsmechanismus aus, der nach den oben gemachten Ausführungen jedoch nicht festgestellt werden kann.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.

Auf die Berufung der Beklagten war deshalb das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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