L 7 AS 2001/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 AS 1936/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2001/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten auf Grund eines Umzuges von L. nach S. im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der Kläger ist 1961 geboren und bezieht seit einigen Jahren Leistungen nach dem SGB II. Im Jahr 2013 lebte er in L. in einer Wohngemeinschaft mit Herrn R. L. und bezog Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Beklagten (zuletzt bewilligt mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis zum 31. Mai 2014). Die Gesamtmiete betrug monatlich 530,00 EUR. Er war in L. im Rahmen einer vom Bund geförderten und vom Landkreis L. getragenen sogenannten Bürgerarbeit seit dem 1. Mai 2012 vollzeitbeschäftigt, die mit 800,00 EUR im Monat vergütet wurde. Die bis Ende 2013 befristete Tätigkeit kündigte der Kläger mit Wirkung zum Ende des September 2013, weil ihm die Tätigkeit "zu blöd" war; um rechtliche Nachteile für ihn zu vermeiden, erfolgte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach eigenen Angaben des Klägers nach außen hin durch ein Kündigungsschreiben des Landkreises (vom 6. September 2013).

Mit E-Mail vom 5. August 2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er die aktuell ausgeübte Bürgerarbeit beenden wolle. Sein WG-Mitbewohner werde am 9. September 2013 eine längere Reha-Maßnahme in S. antreten. Er wolle ihn dort von Zeit zu Zeit besuchen. Er glaube, dass seine Arbeitschancen in S. besser seien. Wegen seiner Krankheit könne er leider schlecht selbst umziehen. Er bat daher, ihm Umzugskosten zu gewähren.

Am 6. November 2013 meldete sich der Kläger bei der Stadt S. an und gab an, seine bisherige Wohnung in L. zum 6. November 2013 aufzugeben.

Mit E-Mail vom 6. November 2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er eine Wohnung in S. gefunden habe; er bitte um Unterstützung beim Umzug. Er übersandte einen von ihm als alleinigem Mieter ab dem 1. November 2013 für eine Wohnung in S. geschlossenen Mietvertrag vom 4. November 2013. Mit E-Mail vom 8. November 2013 bat er um Übernahme der Kaution für die Wohnung in S. und erneut um Zustimmung zum Umzug. Mit E-Mail vom 14. November 2013 teilte er mit, dass in der Wohnung in L. ein sehr lautes "Schreikind" bei sehr hellhöriger 70 Jahre alter Bautechnik in der Nachbarschaft sei. Er bitte um dringende Umzugserlaubnis. Der Mietvertrag sei unter der Bedingung der baldigen Zahlung der Miete und der Kaution geschlossen worden. Es drohe bei Verspätung der Verlust der für S. vergleichsweise günstigen Wohnung.

Mit Schreiben vom 2. Januar 2014 teilte der Kläger dem Jobcenter S. mit, dass er den Mietvertrag in L. mit dreimonatiger Frist bis Ende März 2014 gekündigt habe. Er legte einen Kostenvoranschlag für einen Umzug der F. Umzugsspedition GmbH & Co. KG vom 2. Januar 2014 über einen Gesamtbetrag von 2.177,70 EUR vor. Mit E-Mail vom 7. Januar 2014 teilte er dem Beklagten mit, dass ihm vom Makler B. Immobilien S. für die Vermittlung der Wohnung in Stuttgart 1.547,00 EUR berechnet worden seien. Mit Schreiben vom 7. Januar 2014 teilte er mit, dass er seit 1. Dezember 2013 eine Stunde pro Tag als Servicegehilfe geringfügig beim Restaurant B. L. in S. (Geschäftsführer: Herr R.) "zur Probe mit Aussicht auf mehr Beschäftigung" arbeite.

Mit E-Mail vom 8. Januar 2014 teilte der Kläger dem Jobcenter S. mit, dass er nach S. gezogen sei, weil er hoffe, hier besser Arbeit zu bekommen. Er sei seit sieben Jahren im Arbeitslosengeld II-Bezug, früher sei er selbständiger Gastwirt und Betriebswirt gewesen. Seit Dezember (2013) habe er eine geringfügige Beschäftigung (Aushilfsarbeit) bei Bioland von einer Stunde pro Tag. Deswegen und weil sein einziger Bekannter wegen Krankheit zu einer Maßnahme bei der N.-Pflege in eine Wohngemeinschaft nach S. gezogen sei, sei er umgezogen. Er habe vor einem Jahr einen Herzinfarkt gehabt. Die alte Wohnung sei auch lärmbelastet gewesen.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass einem Umzug nicht zugestimmt werden könne. Die von ihm angegebenen Gründe machten einen Umzug nicht notwendig bzw. aus den vorhandenen Unterlagen seien keine Gründe ersichtlich, die diesen Umzug notwendig machten. Nach § 22 Abs. 6 SGB II könnten Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten nur bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Diese Zusicherung werde hiermit nicht erteilt. Die Entscheidung beruhe auf § 22 Abs. 4 und 6 SGB II.

Mit weiterem Bescheid vom 13. Januar 2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten vom 2. Januar 2014 ab. Eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft könne nicht erteilt werden, da der Kläger die Zusicherung erst nach Abschluss des Vertrages über die neue Unterkunft bzw. nach dem bereits vollzogenen Umzug beantragt habe. Selbst bei rechtzeitiger Antragstellung wäre dem Umzug nicht zugestimmt worden. Eine Übernahme der Maklergebühren, der Umzugskosten und der Renovierungskosten für die bisherige Wohnung sei daher nicht möglich (§ 22 Abs. 4 und 6 SGB II).

Gegen diese Bescheide vom 13. Januar 2014 erhob der Kläger am 30. Januar 2014 Widerspruch. Er habe erstmalig im August (2013) um Zustimmung zum Umzug gebeten. Er erachte das als rechtzeitig. Außerdem sei dem Beklagten sein gesundheitlicher Zustand mit erhöhter Lärmempfindlichkeit/Blutdruck bekannt. Dass ein besonderes Zusicherungsprozedere einzuhalten sei, habe ihm niemand mitgeteilt. Er habe gedacht, nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Über die laufenden Arbeitsverhandlungen und über die Wohnungsbesichtigungen habe er den Beklagten auch informiert und auf dem Laufenden gehalten. Die neue Wohnung sei klein, aber ruhig gelegen. Den höheren Mietpreis helfe ihm sein ehemaliger Mitbewohner zu tragen. Er habe bei der Bio-L. RiAl A. GmbH zum 1. Dezember 2013 eine Arbeit erhalten, zwar nur geringfügig und vorläufig befristet, aber mit Aussicht auf mehr und länger. Wenn er nun den Rest des Umzuges, die Renovation und die nun unglücklicherweise auflaufende Miete erledigen könne, stehe einem guten Aufenthalt in S. nichts mehr im Wege. Er legte einen zwischen der Firma RiAl A. GmbH und ihm am 30. November 2013 geschlossenen Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit vom 1. bis 31. Dezember 2013 als Aushilfskraft für den Bereich Service mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 12 Stunden vor. § 7 des Vertrages lautet: "Der Vertrag ist für den Monat Dezember 2013 geschlossen und beinhaltet keine weitere Beschäftigungszusage. Der Vertrag ist in dieser Zeit wöchentlich kündbar." Weiter machte der Kläger geltend, er wolle seine Chancen erhöhen. Außerdem sei die Wohnung in L. sehr lärmbelastet (ein "Schreikind" und eine größere Pflegekinderschar in unmittelbarer Nachbarschaft in sehr hellhörigem Haus); aus gesundheitlichen Gründen suche er seit seiner Herzerkrankung eine ruhigere Wohnung. Außerdem wolle er in der Nähe seines sehr erkrankten ehemaligen Mitbewohners sein, falls dieser schwer pflegebedürftig werde. Am 26. Januar 2014 legte der Kläger ein Angebot der Zapf-Umzüge vom 10. Januar 2014 über einen Gesamtbetrag von 1.683,85 EUR vor.

Den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Verpflichtung des Beklagten, die Umzugskosten zu übernehmen, die Miete für die Wohnung in L. bis zum Auszug zu übernehmen sowie die Auszugsrenovierung und die Maklerkosten für die neue Wohnung in S. zu zahlen, lehnte das Sozialgericht Stuttgart (SG) mit Beschluss vom 11. März 2014 (S 2 AS 454/14 ER) ab; die Beschwerde des Klägers hiergegen wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Beschluss vom 19. Mai 2014 (L 9 AS 1399/14 ER-B) zurück.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers hinsichtlich der Ablehnung der Zusicherung des Umzuges nach S. mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2014 zurück. Nach § 22 Abs. 4 SGB II solle die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft vor Abschlusses eines Vertrages über eine neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger sei zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich sei und die Aufwendungen für die Unterkunft angemessen seien. Der für den Ort der neuen Unterkunft örtlich zuständige kommunale Träger sei zu beteiligen. Nach § 22 Abs. 6 Abs. 2 SGB II solle die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig sei und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden könne. Nachdem der Kläger erst nach Abschluss des Mietvertrages ihn über den Umzug und den neuen Mietvertrag informiert habe, sei die gesetzlich vorgesehene Prüfung nach § 22 Abs. 4 SGB II nicht mehr möglich gewesen. Die dargelegten Gründe im Widerspruchsverfahren und auch im Verfahren zum einstweiligen Rechtschutz vor dem SG hätten bei rechtzeitiger Mitteilung zu keinem anderen Ergebnis geführt. Es sei kein Grund erkennbar, der einen Umzug nach Stuttgart in die angemietete Wohnung notwendig mache bzw. gemacht habe. Die Voraussetzungen nach § 22 Abs. 4 und 6 SGB II lägen eindeutig nicht vor. Dem Umzug liege auch keine konkrete Arbeitsaufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit zu Grunde, so dass auch die Voraussetzungen nach § 16 SGB II nicht vorlägen.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 18. März 2014 wies der Beklagte auch den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung des Antrags auf Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten zurück. Der Kläger habe vor Abschluss des Mietvertrages die notwendige Zusicherung nicht beantragt. Eine ergänzende Prüfung nach § 22 Abs. 4 und 6 SGB II sowie nach § 16 SGB II habe ergeben, dass selbst bei rechtzeitiger Beantragung einer Zusicherung die Voraussetzungen eindeutig nicht vorlägen.

Am 20. März 2014 hat der Kläger beim SG Klage erhoben. Er habe in dem Widerspruchsverfahren bislang keine Nachricht erhalten. Am 24. März 2014 hat er beim SG die Widerspruchsbescheide vom 18. März 2014 vorgelegt und erklärt, dass sich seine Klage hiergegen richte. Er habe vor der Wohnungsanmietung eine definitive Zusage zu einer Arbeit erhalten, was ihm der neue Arbeitgeber nun nachträglich bestätigt und zur Klärung einer missverständlichen Formulierung noch einmal klarer bestätigt habe. Dass er dies vorher habe schriftlich vorlegen sollen, habe er nicht gewusst und sei ihm auch nicht mitgeteilt worden. Er bitte um Übernahme der Umzugskosten wegen Krankheit entsprechend dem Kostenangebot der Firma Zapf Freiburg in Höhe von 1.683,85 EUR und der dafür nötigen Vorschusszahlung. Außerdem bitte er um Übernahme der Maklerrechnung der Firma B. Immobilien Stuttgart in Höhe von 1.547,00 EUR brutto abzüglich 100,00 EUR. Außerdem sei in der Zwischenzeit ein Mietrückstand entstanden für die Wohnung in L., die er zusammen als Wohngemeinschaft mit Herrn L. bewohnt habe und im Dezember (2013) per Ende Februar (2014) gekündigt habe. Ab 1. März 2014 entstehe wegen noch nicht geräumter Wohnung ein Nutzungsentgelt zu seinen Lasten. Für den Rechtsanwalt des Vermieters seien bisher Kosten in Höhe von 135,00 EUR entstanden. Zudem bitte er um Übernahme der Auszugsrenovationskosten. Im weiteren Verlauf hat der Kläger mitgeteilt, vom 1. bis 3. April 2014 den Umzug selbst durchgeführt zu haben. Ihm seien Kosten für Umzugshelfer in Höhe von insgesamt 130,00 EUR (vorgelegte Rechnung der Studitemps GmbH vom 23. April 2014), für einen Mietwagen in Höhe von 354,01 EUR (vorgelegte Rechnung der K. A. Mietpark GmbH vom 2. April 2014), Benzinkosten von 54,94 EUR (vorgelegte Tankquittung vom 2. April 2014) und 29,80 EUR (vorgelegte Tankquittung vom 4. April 2014), Bahnkosten in Höhe von 92,00 EUR (vorgelegte Tickets vom 28. März und 2. April 2014) sowie Verpflegungskosten in Höhe von 10,00 EUR entstanden. Er bitte um Schmerzensgeld und für die viereinhalb Monate, in denen er ohne Möbel auf dem Boden habe schlafen müssen, und für die Angst, seine Möbel und persönlichen Dinge würde vernichtet bzw. entsorgt, außerdem für die Angst, mit Herzinfarkt alleine einen Umzug durchführen zu müssen und evtl. zu versterben. Er sei auch in Kenntnis des Beschlusses des LSG Baden-Württemberg vom 19. Mai 2014 (L 9 AS 1399/14 ER-B) über sein mit dem Klagebegehren korrespondierendes Eilrechtschutzbegehren der Auffassung, richtig gehandelt zu haben und ein Recht auf Übernahme der Umzugskosten, der doppelten Miete, der Maklerkosten und der Auszugsrenovation sowie aller weiteren Kosten zu haben. Wegen der erpresserischen langen Wartezeit und der ablehnenden Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei er gezwungenermaßen mit Gesundheitsrisiko und nun auch Schaden selbst umgezogen. Er habe schon im August 2013 dem Beklagten mitgeteilt, dass er seine Arbeitsuche besonders auch nach S. intensiviere. Er sei seit sieben Jahren erfolglos arbeitsuchend. In der Bürgerarbeit habe er das Glück gehabt, seine schon bestehenden Kenntnisse über den Bereich biologisch-dynamischer Lebensmittel nach Demeter und nach Bioland auszubauen, was er auch für die dort erarbeitete Ausstellung habe anwenden können. In Stuttgart nun habe er mit Herrn R. und seinem von Bioland zertifizierten Bio-L.-Betrieb eine Stelle gefunden, von der er sich viel erhofft habe; deshalb sei er außerordentlich froh gewesen, dort die Zusage erhalten zu haben. Er sei selbst früher Gastwirt gewesen und habe regelmäßig diese Art von Monatsverträgen abgeschlossen, einfach weil dies der aktuellen Gesetzeslage entspreche, die sich in Deutschland immer wieder geändert habe. Den Vertrag habe er auch nicht von Herrn R., sondern von dessen Steuerberater bekommen, und genauso habe er das mit seinen Beschäftigten auch gemacht. Trotzdem habe er die Beschäftigten länger beschäftigt und habe das auch für sich selbst so verstanden, einfach weil er dies mündlich mit Herrn R. vereinbart habe und dieser ihn ja auch gebraucht habe. Herr R. sei ihm zu keiner Zeit als Lügner oder Betrüger vorgekommen, damals und auch heute nicht, sondern als Mensch mit Ehre. Dass Herr R. nun im April (2014) seinen Betrieb komplett geschlossen habe, sei ihm sehr unverständlich und mache ihn natürlich auch traurig. Dies habe auch seine privaten Gründe. Es erkläre ihm aber nun seine ihm etwas unverständliche Nichtverlängerung seiner Arbeit. Dass er nun nach der Einarbeitung wieder sehr enttäuscht sei, sei selbstverständlich, aber hinterher sei man immer schlauer. Er habe das nicht vorher wissen können. Der Eindruck von Bio-L. sei sehr gut gewesen und das in dem von ihm bevorzugten Sektor Bio und sogar mit jungen Bioburgerprodukten, lässigen Kollegen, toller schicker Einrichtung etc und guter S-Bahn-Lage. Er habe wirklich etwas Zukunftsweisendes gesehen. Die Gespräche und die Zusagen hätten vor dem Umzug stattgefunden. Lediglich die schriftlichen Bestätigungen habe er auf Wunsch des SG von Herrn R. erst nachträglich ausstellen lassen, und zwar zweifach, weil die erste Ausfertigung missverständlich gewesen sei. Der Kläger hat im Verfahren S 2 AS 454/14 ER ein Schreiben des Herrn R. vom 25. Februar 2014 vorgelegt, in dem dieser dem Kläger bestätigt, im Dezember 2013 in seiner "Lokalität BioL." als Aushilfe im Service gearbeitet zu haben. Weiter heißt es in diesem Schreiben: "Es war in dieser Zeit im Gespräch, Sie ggf. in eine Teilzeitbeschäftigung, Anfang des Jahres 2014, aufzunehmen, jedoch hängt diese, wie gesagt, von den getätigten Umsätzen ab. Derzeit bedanke ich mich für Ihre gute Arbeitsleistung im Dezember 2013 und werde zur gegebenen Zeit wieder auf Sie zukommen." Der Kläger hat im Verfahren S 2 AS 454/14 ER ferner ein Schreiben des Herrn R. vom 7. März 2014 vorgelegt, laut dem der Kläger aufgrund des Stellenangebotes (Aushang im Fenster) wegen einer Tätigkeit in "unserem" Lokal vorgesprochen habe, ca. Ende Oktober. Es sei ein sehr angenehmes Gespräch gewesen, bei dem sie die Möglichkeiten einer Tätigkeit erörtert hätten. Da der Kläger über entsprechende Erfahrungen in der Gastronomie verfügt habe, habe er sein Interesse an einer Arbeitsaufnahme ca. im Dezember ausgesprochen. Der Kläger habe dann im Dezember im Biol. als Aushilfe im Service gearbeitet. Schließlich hat der Kläger im Verfahren S 2 AS 454/14 ER ein Schreiben des Herrn R. vom 19. März 2014 vorgelegt, in dem dieser ausführt, dass er im Gespräch mit dem Kläger Ende Oktober/Anfang November (2013) nicht nur Interesse angemeldet habe, sondern mit dem Kläger "definitiv vereinbart" habe, dass er ab Dezember (2013) erst einmal als Aushilfe im Service bei ihm anfangen könne. Zu dieser Zeit sei besprochen und zugesagt worden, dass bei ausreichendem Umsatz und persönlicher Eignung eine Einstellung z.B. als Koch oder als Servicekraft, ggf. mit leitender Funktion, in Teil- oder Vollzeit möglich sei.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. Mai 2015 abgewiesen. Der Klageantrag sei dahingehend auszulegen, dass unmittelbar die Übernahme der anfallenden Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten begehrt werde. Wenn der Umzug bereits erfolgt sei, wäre eine Zusicherung bzw. ein Antrag auf Erteilung einer Zusicherung ein überflüssiger Zwischenschritt. Der Umzug sei aber nicht notwendig oder erforderlich gewesen. Ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund hierfür läge nicht vor. Auch ein Nichtleistungsberechtigter hätte wegen einer auf einen Monat befristeten geringfügigen Beschäftigung und nur vager Aussicht auf eine Anschlussbeschäftigung die Kosten der Wohnungssuche und des Umzuges sowie der doppelten Mietzahlung nicht auf sich genommen. Vor Abschluss des Mietvertrages habe kein hinreichender Anlass bestanden, die mit einem Umzug regelmäßig einhergehenden erheblichen Kosten in Kauf zu nehmen. Entscheidend sei insoweit, dass der Kläger nach den Angaben des Herrn R. im Vorfeld der Unterzeichnung des Mietvertrages weder von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis noch von einem auf Dauer angelegten geringfügigen Beschäftigungsverhältnis habe ausgehen können oder ausgehen dürfen. Der Arbeitsvertrag mit der Firma RiAl A. GmbH sei nur für Dezember 2013, also gerade nicht zunächst mit der Vereinbarung einer Probezeit abgeschlossen worden, was zu erwarten gewesen wäre, wenn die Beteiligten von einem längerfristigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen wären, und er habe zudem in § 7 den ausdrücklichen Vermerk enthalten, dass eine Beschäftigungszusage über den Monat Dezember 2013 hinaus nicht gegeben werde. Unabhängig von den klaren vertraglichen Regelungen mit eindeutiger Befristung im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung sei darauf hinzuweisen, dass weitergehende – mündliche – Absprachen, nämlich die Ausweitung der Tätigkeit auf weitere Monate und die Fortführung als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach den Angaben des Herrn R. in dessen Schreiben vom 25. Februar 2014 erst im Dezember 2013 stattgefunden hätten, also zu einem Zeitpunkt, als der Mietvertrag bereits unterschrieben gewesen sei, der Umzug dadurch bereits festgestanden und der Kläger dort gearbeitet habe. Die Einlassungen des Herrn R. in dem vom Kläger vorgelegten Fax vom 20. März 2014 (Schreiben vom 19. März 2014) belegten keine andere Ausgangslage und widersprächen der tatsächlichen Vereinbarung in dem am 30. November 2013 geschlossenen Arbeitsvertrag. Darüber hinaus lasse sich auch rückblickend nicht erkennen, dass der Umzug – etwa durch die zeitnahe Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung – als notwendig angesehen werden könnte. Andere Gründe, die den Ortswechsel hätten notwendig machen können, lägen nicht vor. Insoweit schieden die geltend gemachten gesundheitlichen Gründe, für die es für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses zumindest für den Zeitpunkt der Anmietung der Wohnung in Stuttgart an einer ärztlichen Bestätigung fehle, und die angeblich besseren Arbeitsplatzchancen aus. Auch der gegenüber dem Jobcenter S. erwähnte Grund, in der Nähe seines Freundes zu wohnen, der aber nicht sein Lebenspartner sein solle, mit dem er schon in L. zusammen in einer Wohngemeinschaft gelebt habe, und der sich aus gesundheitlichen Gründen längere Zeit in S. aufhalte, rechtfertige es nicht, die Erforderlichkeit des Umzuges anzuerkennen. Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, dass der Kläger eine Zusicherung zur Übernahme der Kosten der in S. angemieteten Wohnung nicht beantragt habe. Für die Notwendigkeit des Umzuges genüge nicht allein, dass der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig sei, es sei auch auf die konkrete künftige Wohnsituation und die hierdurch verursachten Kosten abzustellen. Denn der Umzug in eine unangemessene Wohnung könne regelmäßig nicht als notwendig angesehen werden, weil die dauerhafte Finanzierung der neuen Wohnung nicht sicher gestellt wäre. Deshalb müsse sich eine Zusicherung auf eine konkrete in Aussicht stehende Wohnung beziehen. Umzugskosten seien daher nur dann notwendig im Sinne des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II, wenn auch die anzumietende oder angemietete Wohnung angemessen sei. Nach den Feststellungen des Jobcenter S. habe der Kläger den Mietvertrag vom 4. November 2013 in S. ohne vorherige Zustimmung des Beklagten unterschrieben. Untervermietung und Gebrauchsüberlassung an Dritte sei ihm nur nach vorheriger Zustimmung des Vermieters erlaubt. Für die 50 qm große Wohnung liege die Kaltmiete nach den Feststellungen des Jobcenters S. mit 449,50 EUR oberhalb der Mietobergrenze für eine Person, weshalb von einer Angemessenheit der angemieteten Wohnung ebenfalls nicht ausgegangen werden könne. Soweit der Kläger vortrage, Herr L. wolle sich an der Miete in Höhe von 200,00 EUR bis 265,00 EUR beteiligen, ergebe sich hieraus nichts anderes, da dieser nicht Mietvertragspartei sei und sich für längere Zeit in der Rehabilitationseinrichtung aufhalte.

Gegen den ihn am 6. Mai 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. Mai 2015 Berufung eingelegt. Er habe eine Zusage von Herrn R. von der RiAl GmbH für eine weitergehende Beschäftigung über die Aushilfstätigkeit hinaus gehabt, was dieser auch schriftlich bestätigt habe. Als Nichtleistungsberechtigter wäre er vielleicht nicht nach S. umgezogen. Aber als Leistungsbezieher seit fünf Jahren mit etwa 200 Absagen habe er das Angebot als Chance gesehen, die er unbedingt habe ergreifen wollen. Dass Herr R. in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei, habe er damals nicht erkennen können. Er habe sich gefreut, von einem von Bioland anerkannten zertifizierten Betrieb eine Zusage erhalten zu haben.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Mai 2015 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 13. Januar 2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. März 2014 zu verurteilen, ihm Umzugs- und Wohnungsbeschaffungskosten in Höhe von 2.217,75 EUR sowie die Kosten der Unterkunft in L. für Dezember 2013 bis März 2014 in Höhe von 2.120,00 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.

Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 31. März 2017 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtakten beider Rechtzüge sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger Leistungen von mehr als 750,00 EUR begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

Der Senat konnte trotz Abwesenheit der Beteiligten entscheiden, nachdem diese in der Ladung, die ihnen ausweislich der zur Akte gelangten Postzustellungsurkunde bzw. des Empfangsbekenntnisses am 12. April 2017 zugestellt worden ist, hierauf hingewiesen worden sind (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Die Berufung des Klägers ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die ursprünglich als Untätigkeitsklage erhobene Klage ist nach Umstellung auf eine Anfechtungs- und Leistungsklage zwar zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens sind beide Bescheide des Beklagten vom 13. Januar 2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. März 2014, denn in beiden Bescheiden vom 13. Januar 2014 hat der Beklagte (auch) über die Zusicherung nach § 22 Abs. 6 SGB II in der vom 1. April 2011 bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung (a.F.) bezüglich der Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten und im zweiten Bescheid vom 18. März 2014 zudem ausdrücklich auch über die Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten entschieden.

Die Bescheide des Beklagten vom 13. Januar 2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. März 2014 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm geltend gemachten, im Zusammenhang mit seinem Umzug von L. nach S. entstandenen Kosten. Bei diesen Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 10. August 2016 – B 14 AS 58/15 R – juris Rdnr. 15 m.wN.). Nachdem die – zunächst begehrte – Zusicherung bezüglich der Übernahme dieser Kosten nicht erteilt worden ist, die Kosten aber inzwischen entstanden sind, richtet sich das Begehren des Klägers nun zulässigerweise auf Kostenerstattung (vgl. BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 37/13 R – juris Rdnr. 10 f.; LSG Bayern, Beschluss vom 21. Juli 2010 – L 7 AS 233/10 B ER – juris Rdnr. 12; Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22 Rdnr. 211).

a) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II a.F. bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (§ 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II a.F.).

Umzugskosten sind nur solche Kosten, die unmittelbar durch den Umzug verursacht werden und nicht solche, die damit lediglich in Zusammenhang stehen (BSG, Urteil vom 10. August 2016 – B 14 AS 58/15 R – juris Rdnr. 18 – auch zum Folgenden). Berücksichtigungsfähige Umzugskosten im Sinne des § 22 Abs. 6 SGB II a.F. sind etwa Transportkosten, Kosten für eine Hilfskraft, Benzinkosten und Verpackungsmaterial sowie für den Fall, dass der Leistungsberechtigte den Umzug wegen einer Behinderung nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug (BSG, Urteil vom 10. Agust 2016 – B 14 AS 58/15 R – juris Rdnr. 18). Ob auch die Übernahme doppelter Mietzahlungen für die alte Wohnung als Umzugskosten grundsätzlich erstattungsfähig sind (so Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22 Rdnr. 216 m.w.N.), kann dahinstehen, da der Umzug jedenfalls nicht notwendig war (dazu sogleich).

Notwendig in diesem Sinne ist ein Umzug, wenn die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen nicht (mehr) zu decken vermag (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 107/10 R – juris Rdnr. 15). Hierunter können vor allem gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen, fallen (BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 107/10 R – juris Rdnr. 15). Ein Umzug kann (auch) dann als erforderlich angesehen werden, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 107/10 R – juris Rdnr. 17 ).

b) Nach diesen Maßstäben war der Umzug des Klägers von L. nach Stuttgart nicht notwendig. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den vom Kläger im Berufungsverfahren allein noch geltend gemachten Aspekt einer Verbesserung seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Der Kläger hatte weder zum Zeitpunkt des Abschlusses des Wohnungsmietvertrages für die Wohnung in S. (am 4. November 2013) noch zum Zeitpunkt des tatsächlichen Umzuges nach S. vom 1. bis 3. April 2014 Aussicht auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Er verfügte ursprünglich lediglich über einen Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von 12 Wochenstunden, der zudem auf die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 2013 befristet war. Zwar ist dieser Vertrag dann nach klägerischer Darstellung bis Ende März 2014 jeweils monatlich erneuert worden. Eine Perspektive für eine hinsichtlich ihres zeitlichen Umfang und ihrer Dauer nachhaltige Beschäftigung bestand indes zu keinem Zeitpunkt. Zum Zeitpunkt der tatsächlichen Durchführung des Umzuges Anfang April 2014 war der Kläger sogar ohne jede Perspektive für eine konkrete Beschäftigung, nachdem der bisherige Beschäftigungsbetrieb zum 31. März 2014 geschlossen worden war. Die bloße Annahme des Klägers, in S. eine versicherungspflichtige Beschäftigung, die ihm gefällt, eher zu finden als in L., reicht für die Bejahung der Notwendigkeit des Umzuges nicht aus. Dies gilt auch und gerade, wenn man die Perspektive eines Nichtleistungsberechtigten, der die Kosten für den Umzug selbst tragen muss, zugrundelegt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger bereits im Verfahren S 2 AS 454/14 ER vor dem SG vorgelegten, vom Kläger veranlassten, inhaltlich durchaus divergierenden Schreiben des Herrn R. vom 25. Februar, 7. März und 19. März 2014. Selbst im letzten, aus Sicht des Kläger weitestgehendem Schreiben vom 19. März 2014 ist lediglich davon die Rede, dass besprochen und zugesagt worden sei, dass bei ausreichendem Umsatz und persönlicher Eignung eine Einstellung z.B. als Koch oder Servicekraft in Teilzeit oder Vollzeit möglich sei. Auch hieraus ergibt sich nicht mehr als dass der Kläger Ende des Jahres 2013 nur eine äußerst vage Aussicht auf eine dauerhafte Beschäftigung hatte. Dies deckt sich mit § 7 des für Dezember 2013 geschlossenen Arbeitsvertrages, wonach eine Beschäftigungszusage über den Monat Dezember 2013 hinaus nicht gegeben werde. Damit lag auch insofern nicht zuletzt aus der Perspektive eines Nichtleistungsberechtigten, der die Kosten für den Umzug selbst tragen muss, kein vernünftiger Grund für einen Umzug vor.

Auch andere, vom Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemachte Gründe können die Notwendigkeit des Umzuges nicht begründen. Die ursprünglich geltend gemachten gesundheitlichen Gründe sind äußerst vage geblieben. Arbeitsunfähigkeitszeiten in der seit Mai 2012 ausgeübten Tätigkeit sind nicht ersichtlich. Das Gleiche gilt für das Vorbringen, in der Nachbarschaft in L. sei "ein sehr lautes Schreikind" bei sehr hellhöriger 70 Jahre alter Bautechnik gewesen. Beides erklärt auch nicht den Umzug nach S., sondern allenfalls einen (kostengünstigeren) Umzug innerhalb L.s. Auch der Umstand, dass sein früher WG-Mitbewohner jedenfalls vorübergehend nach S. verzogen ist, kann die Notwendigkeit eines Umzuges nicht begründen.

c) Wenn wie hier kein Regelfall des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II a.F. vorliegt, ist den Leistungsträgern durch § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II a.F. allgemein die Möglichkeit eröffnet, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten sowie eine Mietkaution auch dann zu übernehmen, wenn der Umzug nicht vom Leistungsträger veranlasst oder sonst erforderlich ist und/oder die Mietaufwendungen für die neue Unterkunft die abstrakte Angemessenheitsgrenze überschreiten (vgl. BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 37/13 R – juris Rdnr. 28). Der Anspruch des Klägers ist in diesem Fall auf einen Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessensentscheidung gerichtet.

Auch dieser Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessensentscheidung ist indes nicht verletzt. Den Widerspruchsbescheiden vom 18. März 2014 lässt sich in einer Gesamtschau noch hinreichend entnehmen, dass der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Die Ermessensausübung kommt im ersten Widerspruchsbescheid vom 18. März 2014 dadurch zum Ausdruck, dass der Beklagte ausführt, die vom Kläger im Widerspruchsverfahren und auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG dargelegten Gründe hätten auch bei rechtzeitiger Mitteilung zu keinem anderen Ergebnis geführt. Eine Ermessensentscheidung im zweiten Widerspruchsbescheid war nicht erforderlich, da bereits über die Zusicherung (ablehnend) entschieden war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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