Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VG 1129/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 4601/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Öffentliche Urkunden über Wahrnehmungen der Urkundsperson zu abgelaufenen Geschehnissen begründen nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis für das beurkundete Geschehen. Der Gegenbeweis ist nach § 418 Abs. 2 ZPO grundsätzlich möglich, die Voraussetzungen einer Widerlegung der beurkundeten Tatsachen setzen aber voraus, dass der Kläger seine abweichenden Behauptungen beweisen kann.
2. Zu den zulässigen, nicht rechtswidrigen iSd § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG Maßnahmen eines Justizwachtmeisters gehört es, einen Gerichtsbesucher aus dem Gebäude zu verbringen, wenn dies auf Grund einer Anweisung des Gerichtsleiters geschieht, die auch in einem Hausverbot liegen kann.
3. Maßnahmen der Festnahme, der Fixierung und des Verbringens in eine Gewahrsamszelle sind als Unterbindungsgewahrsam nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des PolG-BW gerechtfertigt, wenn sie notwendig sind, um eine andauernde Störung der öffentlichen Sicherheit (hier fortgesetzte Beleidigungen und mehrfache Versuche des Hausfriedensbruchs) zu verhindern.
2. Zu den zulässigen, nicht rechtswidrigen iSd § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG Maßnahmen eines Justizwachtmeisters gehört es, einen Gerichtsbesucher aus dem Gebäude zu verbringen, wenn dies auf Grund einer Anweisung des Gerichtsleiters geschieht, die auch in einem Hausverbot liegen kann.
3. Maßnahmen der Festnahme, der Fixierung und des Verbringens in eine Gewahrsamszelle sind als Unterbindungsgewahrsam nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des PolG-BW gerechtfertigt, wenn sie notwendig sind, um eine andauernde Störung der öffentlichen Sicherheit (hier fortgesetzte Beleidigungen und mehrfache Versuche des Hausfriedensbruchs) zu verhindern.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) wegen einer behaupteten Gewalttat am 5. März 2013.
Bei dem 1965 geborenen Kläger war im Jahre 2009 auf Grund einer Untersuchung seiner Schuldfähigkeit im Rahmen eines Strafverfahren die Diagnose einer "paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung" gestellt worden (amtsärztliches Zeugnis von Dr. St. vom 29. Juli 2009). In der Folgezeit fanden weitere Strafverfahren gegen den Kläger statt, auch wurde seine Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein musste beschlagnahmt werden. In einem Unterbringungsverfahren ordnete das Amtsgericht Heilbronn - Betreuungsgericht - mit Beschluss vom 29. Juli 2010 seine vorläufige Unterbringung im Klinikum am W. in W. an. W.l er sich der Unterbringung widersetzte und wie mehrfach zuvor gewalttägig wurde, wurde der Kläger am selben Tage von vier Polizeibeamten festgenommen und unter Anwendung unmittelbaren Zwangs in das Klinikum verbracht. Von dort wurde er am 13. August 2010 entlassen. Danach, am 28. August 2010, wurden bei ihm Verletzungen im Schulterbereich festgestellt.
Erstmals am 10. November 2010 beantragte der Kläger bei dem Beklagten eine Versorgung nach dem OEG. Er trugt vor, er habe bei dem polizeilichen Einsatz während seiner Verbringung in das Klinikum am W. am 29. Juli 2010 die Ende August 2010 diagnostizierte Schulterverletzung erlitten. Dieser Antrag blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 19. Januar 2011, Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2011, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn - SG - vom 26. August 2011 in dem Verfahren S 2 VG 773/11, Urteil des erkennenden Senats vom 19. April 2012 in dem Verfahren L 6 VG 4103/11).
Am 8. August 2011 beantragte der Kläger erneut Versorgung. Nunmehr machte er geltend, Polizeibeamte hätten ihn bei einem polizeilichen Einsatz in seiner Wohnung am 23. März 2011 an der Hand verletzt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. September 2011, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2011, ab. Klage wurde deswegen nicht erhoben.
Bei dem Kläger wurde erstmals mit Bescheid vom 9. Januar 2012 ein Grad der Behinderung von 30 wegen orthopädischer Beeinträchtigungen festgestellt. Die Berücksichtigung psychischer Beeinträchtigungen hat der Kläger, der sich selbst für gesund hält, in den Verwaltungsverfahren durchgängig ausgeschlossen. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2013 stellte der Beklagte den GdB mit 100 fest, im Wesentlichen wegen einer Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung. Diese Feststellung wurde mit Bescheid vom 13. April 2015 bestätigt. Wegen geltend gemachter schwerbehindertenrechtlicher Fragen ist parallel das Berufungsverfahren L 6 SB 1590/16 anhängig, in dem der erkennende Senat ebenfalls mit Urteil vom gleichen Tag entschieden hat.
Wie schon mehrere andere Behörden im Umfeld des Klägers hatte ihm auch das Amtsgericht Heilbronn Hausverbot erteilt. Die entsprechende Verfügung der Präsidentin des Amtsgerichts vom 9. Januar 2008 war dem Kläger zugestellt worden. Als Grund dafür war angegeben, dass der Kläger bei einer Akteneinsicht am 7. Januar 2008 unter Anwendung von Gewalt gegen Mitarbeiter des Amtsgerichts versucht hatte, Akten zu stehlen, und dass deshalb polizeiliche Hilfe zur Entfernung des Klägers aus dem Gebäude in Anspruch genommen werden musste.
Der Kläger erschien am 5. März 2013 unangemeldet im Amtsgericht Heilbronn. Er betrat unaufgefordert das Dienstzimmer des Rechtspflegers H., Zwangsversteigerungsgericht, und nahm Platz. Der Rechtspfleger wies ihn auf das bestehende Hausverbot hin und forderte ihn auf zu gehen. Nachdem der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, wurden zwei Gerichtswachtmeister herbeigerufen, die ihn erneut zum Gehen aufforderten und, nachdem sie keinen Erfolg hatten, unter Anwendung unmittelbaren Zwangs aus dem Gebäude schafften. Sobald sich der Kläger beruhigt hatte, wurde der unmittelbare Zwang beendet. In dem hierüber angefertigten Aktenvermerk vom selben Tage hielt der Rechtspfleger fest, er habe heftige Gegenwehr geübt. Der Kläger begab sich, nachdem er die Justizwachtmeister mehrfach beleidigt hatte, von dem Amtsgericht aus zum Polizeiposten Innenstadt, um Anzeige gegen die beiden Wachtmeister zu erstatten. Hierbei beleidigte und bedrohte er die anwesenden Polizeibeamten. Er verließ dann zwar den Posten, um zu rauchen, versuchte aber wieder in das Gebäude hineinzugelangen, wobei er gegen die Tür schlug, aggressiv schrie und die Beamten erneut beleidigte. Diese nahmen ihn daraufhin fest und verbrachten ihn in einen Haftraum, wobei wegen erheblicher Gegenwehr ein Kreuzfesselgriff angewandt werden musste. Wegen einer akuten paranoiden explosiven Persönlichkeitsstörung (Dr. A.) wurde der Kläger sodann für 72 Stunden in das Klinikum W. eingewiesen, wobei er den Beamten bei Transportbeginn drohte, ihnen eine Kugel in den Kopf zu verpassen.
Gegen den Kläger wurde ein Strafverfahren eingeleitet, zunächst wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auf dem Polizeiposten, später auf Grund von Strafanzeigen und Strafanträgen des Präsidenten des Amtsgerichts erweitert auf Hausfriedensbruch und Beleidigung in mehreren Fällen. Eine Erweiterung erfolgte wegen massiver Bedrohungen des Vizepräsidenten des Amtsgerichts (Morddrohungen vom 19. März 2013 auf dem privaten Anrufbeantworter, "Du Drecksau gehörst eigentlich abgeknallt "). Nach den späteren Ermittlungen des Beklagten hielt im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens die Staatsanwaltschaft den Kläger, auch auf Grund des Gutachtens vom 29. Juli 2009, für schuldunfähig, und beantragte, nachdem der Kläger kurz vor dem Zwangsversteigerungstermin seines elterlichen Wohnhauses durch die Miterben 2013 gedroht hatte, sein Haus mit Blut zu übergießen, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das Landgericht Heilbronn ordnete im Herbst 2013 eine vorläufige Unterbringung an. In dem Hauptsacheverfahren lehnte es jedoch eine dauerhafte Unterbringung ab und ordnete die Freilassung an. Es bestehe zwar eine wahnhafte psychische Störung, aber es gebe keine ausreichenden Hinweise dafür, dass der Kläger in Zukunft erhebliche Straftaten begehen werde.
Auf die von ihm erstatteten Strafanzeigen wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Straf-vereitelung im Amt, Rechtsbeugung etc. gegen die Justizwachtmeister und Beamte des Polizeipostens Heilbronn-Innenstadt hin lehnte die Staatsanwaltschaft Heilbronn mit Verfügung vom 29. August 2013 die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) wegen fehlender tatsächlicher Anhaltspunkte ab.
Am 3. Juli 2013 beantragte der Kläger wiederum Beschädigtenversorgung. Er verwies auf die Vorfälle am 5. März 2013 und führte aus, auf dem Polizeiposten Innenstadt hätten die dort eingesetzten Polizeibeamten Körperverletzungen zu seinem Nachteil begangen. Er habe - nach der erstmaligen Verletzung im Juli 2010 - eine erneute Ruptur der Supraspinatussehne sowie - nach der entsprechenden Verletzung im März 2011 - wiederum einen Knochenbruch an der rechten Hand erlitten. In dem Antrag verwies der Kläger auch auf die Vorfälle am 29. Juli 2010 und am 23. März 2011. Er legte den Befundbericht des Radiologen Prof. Dr. G. vom 4. April 2013 vor, wonach eine MRT-Untersuchung an jenem Tag einen Zustand nach Refixation der Supraspinatussehne am Tuberculum majus, eine komplette Ruptur mit Retraktion des ruptierten freien Sehnenendes, einen Hämarthros- und Humeruskopfhochstand, eine partiell fettige Atrophie des Musculus supraspinatus um etwa 20 % und eine AC-Gelenksarthrose ergeben habe. Der Beklagte zog die Akten der Ermittlungsverfahren (12 Js 19954/13) gegen den Kläger, gegen die von ihm angezeigten Gerichtswachtmeister und Polizeibeamten sowie eines weiteren Verfahrens gegen mehrere Richter des Amtsgerichts und des Landgerichts Heilbronn wegen Rechtsbeugung und wegen Körperverletzung bei und wertete sie aus.
Mit Bescheid vom 17. März 2013 lehnte der Beklagte die Gewährung einer Versorgung nach dem OEG ab. Der Kläger sei bereits nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden. Die Gerichtswachtmeister hätten das bestehende Hausverbot durchgesetzt, die Polizeibeamten hätten ihn wegen seines hochgradigen Erregungszustandes mit akuter Fremdgefährdung zu Recht in Gewahrsam genommen, die dabei angewandte körperliche Gewalt sei rechtmäßig gewesen. Ferner seien Leistungen nach dem OEG zu versagen, weil der Kläger die etwaigen Schädigungen selbst verursacht habe, in dem er gegen das Hausverbot im Amtsgericht verstoßen habe und in dem Polizeiposten hochgradig aggressiv aufgetreten sei. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015 zurück, denn er müsse sich alle Folgen zurechnen lassen, die aus seinem Fehlverhalten und seiner heftigen Gegenwehr resultierten.
Hiergegen hat der Kläger bereits am 4. April 2015 erneut Klage beim SG erhoben. Er hat eine "lebenslange Rente" begehrt. Er hat vorgetragen, er werde seit Jahren verfolgt und habe mehrfach rechtswidrige Übergriffe durch die Polizei und eine Vielzahl weiterer Behörden, die er zum Teil benannt hat, erlitten. Insbesondere das Landratsamt Heilbronn (wohl in seiner Eigenschaft als Betreuungsbehörde gemeint) habe bereits die Körperverletzung vom 29. Juli 2010 verursacht. Im den zahlreichen weiteren Schriftsätzen im Verfahren hat der Kläger unterschiedliche weitere Begehren formuliert, darunter die Rückgabe seines Führerscheins, die Änderung seines Schwerbehindertenausweises und die Zahlung einer "Entschädigung" in Höhe von EUR 63.000,00. Im weiteren Verlauf hat er mehrfach auf der Geschäftsstelle des SG angerufen und die dortigen Mitarbeiter angeschrieen, bedroht und massiv beleidigt ("du dumme Fotze", vgl. Aktenvermerk vom 28. Mai 2015, Bl. 31 SG-Akte).
Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Kläger begehre - allein - die Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2015 und des dazu gehörenden Widerspruchsbescheides sowie die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung einer "Entschädigung" nach dem OEG. Mit diesem Inhalt sei die Klage unbegründet. Zur Begründung hat das SG auf die Ausführungen des Beklagten in dem Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015 verwiesen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. November 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Er trägt vor, das SG habe nicht schriftlich entscheiden dürfen, sondern hätte mündlich verhandeln müssen. Ferner seien die Akten gefälscht. Der erkennende Richter erster Instanz habe das Recht gebeugt und sei schon seit Jahren an vorsätzlicher Strafvereitelung im Amt beteiligt.
Der Kläger beantragt bei sachgerechter Auslegung seines Vorbringens,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Oktober 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Heilbronn zurückzuverweisen, hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 zu verurteilen, ihm wegen der Vorfälle vom 5. März 2013 Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen.
Nach Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Vorsitzende des erkennenden Senats abgelehnt. Dieses Gesuch hat der Senat ohne Beteiligung der abgelehnten Richterin mit Beschluss vom 17. März 2017 abgewiesen (L 6 SF 910/17 AB).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obwohl für den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 6. April 2017 niemand erschienen ist. Auf diese Möglichkeit war er in der ihm am 2. März 2017 zugestellten Ladung hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da der Kläger laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Zunächst kann der Kläger keine Aufhebung des angegriffenen Gerichtsbescheids verbunden mit einer Zurückverweisung des Verfahrens an das SG verlangen. Die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG liegen ersichtlich nicht vor. Das SG hat die Klage als unbegründet, aber nicht als unzulässig, abgewiesen und daher in der Sache entschieden. Ein wesentlicher Verfahrensfehler, der eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme nötig machen würde, liegt ebenfalls nicht vor. Das SG durfte nach § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden. Insbesondere war auf Grund der vorliegenden Beweismittel, nämlich der öffentlichen Urkunden aus den verschiedenen Verfahren, hier insbesondere aus den Strafverfahren, die Sachlage geklärt. Die Verweisung auf die Ausführungen des Beklagten in dem angegriffenen Widerspruchsbescheid konnte sich auf § 136 Abs. 3 SGG stützen. Dass keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist zwingende Folge einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Aus diesem Grunde steht den Beteiligten in diesen Fällen in zweiter Instanz ein Anspruch auf mündliche Verhandlung zu (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG). Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) enthält keine weiter gehenden Anforderungen, vielmehr ist hiernach sogar ein völliger Verzicht auf eine mündliche Verhandlung denkbar. Den Anforderungen aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist ebenfalls genügt, die nur eine mündliche Verhandlung in einem gesamten Gerichtsverfahren verlangt.
Auch in der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen.
Dabei hat der Senat den Antrag des Klägers so aufgefasst wie im Tatbestand genannt. Aus den Schriftsätzen in erster Instanz ist erkennbar, dass es dem Kläger um eine "lebenslange Rente" geht, also wohl eine Beschädigtengrund- oder eine Beschädigtenausgleichsrente. Diese sind die wesentliche Teile der Versorgungsleistungen, die das OEG und das BVG vorsehen. Die weiteren zwischenzeitlich vorgetragenen Begehren des Klägers waren ersichtlich nicht als Verurteilungsanträge in diesem Verfahren aufzufassen. Dies gilt zunächst für die unbezifferte "Entschädigung". Ein solcher Antrag im Bereich des Versorgungsrechts wäre unzulässig gewesen, weil eine begehrte Leistung genau bezeichnet werden muss (BSG Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a VS 5/06 R -, juris, Rz. 15) und eine Leistung mit der Bezeichnung "Entschädigung" im Recht des OEG und des BVG nicht vorgesehen ist (vgl. § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. § 9 BVG). Und sofern der Kläger mit "Entschädigung" einen Schadensersatzanspruch (Amtshaftungsanspruch) nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG gemeint haben sollte, wäre schon der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet (vgl. § 51 Abs. 1 SGG, § 71 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]). Das Gleiche gilt für die zwischenzeitlichen Ausführungen des Klägers zu seinem beschlagnahmten Führerschein.
Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Insbesondere hat der Beklagte in dem angegriffenen Bescheid über Versorgungsleistungen entschieden (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), und dieser Anspruch war daher auch Inhalt des Widerspruchsverfahrens nach § 78 Abs. 1 SGG.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der geltend gemachte Anspruch auf eine Versorgung besteht nicht.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält, wer - wie der Kläger - im Geltungsbereich des OEG in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs ist zunächst unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung in den §§ 113, 121 StGB auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 9 VG 1/09 R – juris, Rz. 25 ff. und vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 1/13 R -, juris, Rz. 19 f.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB (Nötigung) zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein. Dies entspricht in etwa dem strafrechtlichen Begriffsverständnis der Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB (BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VG 2/10 R -, juris, Rz. 37 f.). Dieser tätliche Angriff setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung hinaus eine "feindselige Willensrichtung" voraus. Dieses - einem Angriff im Wortsinn immanente - Merkmal dient dem Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung sozialadäquaten bzw. gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters (BSG, Urteil vom 23. Oktober 1985 - 9a RVg 5/84 -, juris, Rz. 10 f.). Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden, ob der Täter eine mit Gewaltanwendung verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1995 - 9 RVg 7/93 -, juris, Rz. 10). Anstelle einer feindseligen Absicht ist dann die Rechtsfeindlichkeit des Täters entscheidend, dokumentiert durch einen willentlichen Bruch der Rechtsordnung. Die einem Angriff innewohnende Feindseligkeit manifestiert sich insoweit durch die vorsätzliche Verwirklichung der Straftat (BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VG 2/10 R -, juris, Rz. 35 ff.). Ein solcher Angriff ist indes auch im Recht der Opferentschädigung nur rechtswidrig, wenn keine ausreichenden Rechtfertigungsgründe wie z.B. Notwehr (§ 32 StGB), rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) oder andere vorliegen.
Grundsätzlich müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 OEG voll bewiesen sein (Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 VG 2096/13 -, juris, Rz. 37 ff. m.w.N.). Die (materielle) Beweislast, also der Nachteil aus der Unaufklärbarkeit der tatsächlichen Voraussetzungen, liegt hierbei nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen bei dem Antragsteller, der eine Begünstigung erstrebt (vgl. Leitherer, a.a.O., § 103 Rz. 19a). Dies gilt z.B. auch für den erforderlichen Vorsatz des tätlichen Angriffs; eine fahrlässige Schädigung genügt nämlich außer in den Fällen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 OEG nicht. Ebenso muss die Rechtswidrigkeit des Angriffs festgestellt werden. Daher muss mit dem Maßstab des Vollbeweises auch erwiesen sein, dass keine Rechtfertigungsgründe vorliegen (ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 17. August 2011 – L 15 VG 21/10 -, juris, Rz. 41). Beweisregeln wie jene, dass ein bei einem vorsätzlichen Angriff die Rechtswidrigkeit indiziert sei und deshalb die Versorgungsverwaltung das Fehlen von Rechtfertigungsgründen zu beweisen habe, existiert nicht, insbesondere nicht in der Form des Anscheinsbeweises (hierzu im Einzelnen LSG Hamburg, Urteil vom 31. Mai 2016 – L 3 VE 6/14 –, juris, Rz. 25), auch weil sich der Anscheinsbeweis, der an allgemeine Erfahrungssätze anknüpft, zur Feststellung individueller, willensgesteuerter Verhaltensweisen nicht eignet (BSG, Urteil vom 22. Juni 1988 – 9/9a RVg 3/87 –, juris, Rz. 14).
Nach § 6 Abs. 3 OEG ist allerdings auch im Anwendungsbereich des OEG das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) mit Ausnahme der §§ 3 bis 5 KOVVfG anzuwenden, insbesondere auch die für Kriegsopfer geschaffene spezielle Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG. Nach § 15 Satz 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Glaubhaftmachung in diesem Sinne bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, d. h. der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 V 1/12 R -, juris, Rz. 35 m.w.N.). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht aus, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den Übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache genügt jedoch nicht, die Beweisanforderungen zu erfüllen. Ob das Gericht die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht, obliegt nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG seiner freien richterlichen Beweiswürdigung.
Vor diesem Hintergrund kann der Senat offen lassen, ob das Beweismaß des Vollbeweises nötig wäre, also der Kläger seine Behauptungen zu einer an Sicherheit grenzenden Gewissheit des Gerichts beweisen müsste, oder ob eine Glaubhaftmachung ausreichen würde. Der Senat ist nach dem Ergebnis des Verfahrens und der Beweisaufnahme - der Verwertung der vom Beklagten beigezogenen Urkunden - mit an Sicherheit grenzender Gewissheit vom Gegenteil überzeugt. Der Kläger ist am 5. März 2013 nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden. Diese Überzeugung könnte rechtlich auch dann nicht erschüttert werden, wenn für die positive Feststellung einer solchen Tat hier eine Glaubhaftmachung ausreichen würde.
Die Urkunden aus den Akten des Beklagten sind allesamt öffentliche Urkunden über Wahrnehmungen der Urkundsperson zu abgelaufenen Geschehnissen. Diese Urkunden begründen nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 418 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vollen Beweis für das beurkundete Geschehen. Der Gegenbeweis ist grundsätzlich möglich (vgl. § 418 Abs. 2 ZPO), jedoch sind die Voraussetzungen einer Widerlegung der beurkundeten Tatsachen hier nicht zu erkennen, der Kläger hat seine abweichenden Behauptungen nicht beweisen können.
Hiernach gab es am 5. März 2013 zunächst in den Räumen des Amtsgerichts Heilbronn keinen rechtswidrigen Angriff auf den Kläger.
Dieser hatte dort Hausverbot. Dies ergibt sich aus der Verfügung vom 9. Januar 2008. Am 5. März 2013 betrat er gleichwohl das Gebäude und entfernte sich auch nach einer Aufforderung durch den zuständigen Rechtspfleger nicht. Dies entnimmt der Senat dem Aktenvermerk von jenem Tage. Sofern der Kläger dann, als er von den Gerichtswachtmeistern unter Anwendung unmittelbaren Zwangs aus dem Gebäude gebracht wurde, Verletzungen erlitten haben sollte - woran der Senat zweifelt, weil solche zeitnah nicht gesichert wurden, insbesondere auch nicht durch das MRT vom 4. April 2013, also einen Monat nach dem angeschuldigten Ereignis, belegt werden - wäre er nicht Opfer eines vorsätzlichen rechtswidrigen Angriffs gewesen. Vielmehr war andersherum der Kläger der Angreifer und das Verhalten der beiden Gerichtswachtmeister gerechtfertigt.
Diese Rechtfertigung ergibt sich zum einen aus § 2 und § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes (JWBG) vom 16. April 2013 (GBl S. 53 ff.). Hiernach hat der Justizwachtmeisterdienst zur Wahrnehmung sei¬ner Aufgaben im Einzelfall diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihm nach pflichtgemäßem Ermessen erfor¬derlich erscheinen, insbesondere darf er die in den §§ 26 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 2, § 27a Abs. 1, § 29 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4, § 30 Nrn. 1, 3 und 5, § 32, § 33 Abs. 1, 3 und 4 und - mit Einschränkungen - in § 28 Abs. 1 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg (PolG) geregelten Standardmaßnahmen durchführen. Hierbei darf er unter anderem unmittelbaren Zwang anwenden (vgl. 8 JWBG). Zu den hiernach zulässigen Maßnahmen gehört es, einen Gerichtsbesucher aus dem Gebäude zu verbringen, wenn dies auf Grund einer Anweisung des Gerichtsleiters geschieht, die - wie hier - auch in einem Hausverbot liegen kann. Die Grenzen der Verhältnismäßigkeit wurden in jedem Falle eingehalten, denn die Gerichtswachtmeister haben zu körperlichen Zwangsmitteln erst dann gegriffen, als der Kläger der verbalen Aufforderung nicht nachgekommen ist, zunächst diesen Zwang auf das Ziehen am Arm beschränkt und den Kläger erst dann - vorübergehend - in den Schwitzkasten genommen, bis dies ab dem 2. Obergeschoss nicht mehr erforderlich war. Demnach kam körperliche Gewalt nur im absolut minimal vertretbaren Umfang zur Anwendung, was der Senat den glaubhaften Zeugenaussagen der Wachtmeister entnimmt.
Zum anderen hatte sich der Kläger durch sein Eindringen und aufforderungswidriges Verweilen in dem Gebäude beider Varianten des Hausfriedensbruchs nach § 123 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) schuldig gemacht. Insoweit hätte er auch bestraft werden können, weil der nach § 123 Abs. 2 StGB notwendige Strafantrag gestellt war, ohne dass dies für die Einstufung seiner Tat als eines vorsätzlichen rechtswidrigen Angriffs relevant wäre. Die beiden Gerichtswachtmeister wären demnach, sofern es zu einer Verletzung des Klägers gekommen sein sollte, durch Nothilfe nach § 32 Abs. 1 StGB gerechtfertigt gewesen, weil sie ihrerseits den Angriff des Klägers auf das Hausrecht der Behördenleitung (vgl. Angermaier/Kujath, DRiZ 2012, S. 338 ff.) beenden wollten. Diese Aufgabe obliegt ihnen nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 JWBG ebenfalls.
Ebenso war der Kläger im Anschluss auf dem Polizeiposten Innenstadt nicht Opfer eines rechtswidrigen Angriffs durch die Polizisten.
Aus den Berichten in den beigezogenen Ermittlungsakten, zum Beispiel von PHM R. vom 6. März 2013 und von PHK F. vom 8. April 2013, ergibt sich, dass sich der Kläger auf der Wache äußerst cholerisch und aggressiv verhielt, die anwesenden Beamten anschrie, beleidigte und bedrohte. Ferner verließ er zwar auf die Aufforderung von PHK F. hin zunächst den Posten, um außerhalb zu rauchen, dann aber begann er, wiederholt zu klingeln und gegen die Fensterscheibe zu schlagen, um wieder hineinzugelangen. Als dann PHK F. hinausging, um den Kläger zu beruhigen, beleidigte dieser weiter die anwesenden Beamten und versuchte, obwohl er sich weisungswidrig noch nicht beruhigt hatte, weiterhin in das Gebäude zu gelangen.
Vor diesem Hintergrund durften die Polizeibeamten den Kläger durch unmittelbaren Zwang festnehmen, fixieren und in eine Gewahrsamszelle verbringen. Diese Maßnahmen waren als Unterbindungsgewahrsam nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des PolG gerechtfertigt, weil sie notwendig waren, um eine andauernde Störung der öffentlichen Sicherheit zu verhindern. Diese Störung lag in den fortgesetzten Beleidigungen und den mehrfachen Versuchen des Hausfriedensbruchs, die sich aus dem Verhalten des Klägers ergaben (§§ 123 Abs. 1, 22, 23 StGB und § 185 StGB). Dass die Beamten unmittelbaren Zwang einsetzen durften, ergibt sich aus § 49 Abs. 2 i.V.m. § 51 PolG. Auch bei ihren Maßnahmen sind die Grenzen der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 1, 3 PolG) ohne Weiteres eingehalten worden. Unabhängig hiervon waren die Maßnahmen der Polizeivollzugsbeamten durch Notwehr gerechtfertigt (§ 32 Abs. 1 StGB).
Da hiernach bereits ein rechtswidriger Angriff auf den Kläger am 5. März 2013 ausgeschlossen werden kann, weist der Senat nur darauf hin, dass etwaige Ansprüche gegen den Beklagten im Hinblick auf das Verhalten des Klägers im Vorfeld der jeweiligen Auseinandersetzungen auch wegen Selbstverursachung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 OEG ausgeschlossen sind.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) wegen einer behaupteten Gewalttat am 5. März 2013.
Bei dem 1965 geborenen Kläger war im Jahre 2009 auf Grund einer Untersuchung seiner Schuldfähigkeit im Rahmen eines Strafverfahren die Diagnose einer "paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung" gestellt worden (amtsärztliches Zeugnis von Dr. St. vom 29. Juli 2009). In der Folgezeit fanden weitere Strafverfahren gegen den Kläger statt, auch wurde seine Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein musste beschlagnahmt werden. In einem Unterbringungsverfahren ordnete das Amtsgericht Heilbronn - Betreuungsgericht - mit Beschluss vom 29. Juli 2010 seine vorläufige Unterbringung im Klinikum am W. in W. an. W.l er sich der Unterbringung widersetzte und wie mehrfach zuvor gewalttägig wurde, wurde der Kläger am selben Tage von vier Polizeibeamten festgenommen und unter Anwendung unmittelbaren Zwangs in das Klinikum verbracht. Von dort wurde er am 13. August 2010 entlassen. Danach, am 28. August 2010, wurden bei ihm Verletzungen im Schulterbereich festgestellt.
Erstmals am 10. November 2010 beantragte der Kläger bei dem Beklagten eine Versorgung nach dem OEG. Er trugt vor, er habe bei dem polizeilichen Einsatz während seiner Verbringung in das Klinikum am W. am 29. Juli 2010 die Ende August 2010 diagnostizierte Schulterverletzung erlitten. Dieser Antrag blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 19. Januar 2011, Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2011, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn - SG - vom 26. August 2011 in dem Verfahren S 2 VG 773/11, Urteil des erkennenden Senats vom 19. April 2012 in dem Verfahren L 6 VG 4103/11).
Am 8. August 2011 beantragte der Kläger erneut Versorgung. Nunmehr machte er geltend, Polizeibeamte hätten ihn bei einem polizeilichen Einsatz in seiner Wohnung am 23. März 2011 an der Hand verletzt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. September 2011, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2011, ab. Klage wurde deswegen nicht erhoben.
Bei dem Kläger wurde erstmals mit Bescheid vom 9. Januar 2012 ein Grad der Behinderung von 30 wegen orthopädischer Beeinträchtigungen festgestellt. Die Berücksichtigung psychischer Beeinträchtigungen hat der Kläger, der sich selbst für gesund hält, in den Verwaltungsverfahren durchgängig ausgeschlossen. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2013 stellte der Beklagte den GdB mit 100 fest, im Wesentlichen wegen einer Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung. Diese Feststellung wurde mit Bescheid vom 13. April 2015 bestätigt. Wegen geltend gemachter schwerbehindertenrechtlicher Fragen ist parallel das Berufungsverfahren L 6 SB 1590/16 anhängig, in dem der erkennende Senat ebenfalls mit Urteil vom gleichen Tag entschieden hat.
Wie schon mehrere andere Behörden im Umfeld des Klägers hatte ihm auch das Amtsgericht Heilbronn Hausverbot erteilt. Die entsprechende Verfügung der Präsidentin des Amtsgerichts vom 9. Januar 2008 war dem Kläger zugestellt worden. Als Grund dafür war angegeben, dass der Kläger bei einer Akteneinsicht am 7. Januar 2008 unter Anwendung von Gewalt gegen Mitarbeiter des Amtsgerichts versucht hatte, Akten zu stehlen, und dass deshalb polizeiliche Hilfe zur Entfernung des Klägers aus dem Gebäude in Anspruch genommen werden musste.
Der Kläger erschien am 5. März 2013 unangemeldet im Amtsgericht Heilbronn. Er betrat unaufgefordert das Dienstzimmer des Rechtspflegers H., Zwangsversteigerungsgericht, und nahm Platz. Der Rechtspfleger wies ihn auf das bestehende Hausverbot hin und forderte ihn auf zu gehen. Nachdem der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, wurden zwei Gerichtswachtmeister herbeigerufen, die ihn erneut zum Gehen aufforderten und, nachdem sie keinen Erfolg hatten, unter Anwendung unmittelbaren Zwangs aus dem Gebäude schafften. Sobald sich der Kläger beruhigt hatte, wurde der unmittelbare Zwang beendet. In dem hierüber angefertigten Aktenvermerk vom selben Tage hielt der Rechtspfleger fest, er habe heftige Gegenwehr geübt. Der Kläger begab sich, nachdem er die Justizwachtmeister mehrfach beleidigt hatte, von dem Amtsgericht aus zum Polizeiposten Innenstadt, um Anzeige gegen die beiden Wachtmeister zu erstatten. Hierbei beleidigte und bedrohte er die anwesenden Polizeibeamten. Er verließ dann zwar den Posten, um zu rauchen, versuchte aber wieder in das Gebäude hineinzugelangen, wobei er gegen die Tür schlug, aggressiv schrie und die Beamten erneut beleidigte. Diese nahmen ihn daraufhin fest und verbrachten ihn in einen Haftraum, wobei wegen erheblicher Gegenwehr ein Kreuzfesselgriff angewandt werden musste. Wegen einer akuten paranoiden explosiven Persönlichkeitsstörung (Dr. A.) wurde der Kläger sodann für 72 Stunden in das Klinikum W. eingewiesen, wobei er den Beamten bei Transportbeginn drohte, ihnen eine Kugel in den Kopf zu verpassen.
Gegen den Kläger wurde ein Strafverfahren eingeleitet, zunächst wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auf dem Polizeiposten, später auf Grund von Strafanzeigen und Strafanträgen des Präsidenten des Amtsgerichts erweitert auf Hausfriedensbruch und Beleidigung in mehreren Fällen. Eine Erweiterung erfolgte wegen massiver Bedrohungen des Vizepräsidenten des Amtsgerichts (Morddrohungen vom 19. März 2013 auf dem privaten Anrufbeantworter, "Du Drecksau gehörst eigentlich abgeknallt "). Nach den späteren Ermittlungen des Beklagten hielt im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens die Staatsanwaltschaft den Kläger, auch auf Grund des Gutachtens vom 29. Juli 2009, für schuldunfähig, und beantragte, nachdem der Kläger kurz vor dem Zwangsversteigerungstermin seines elterlichen Wohnhauses durch die Miterben 2013 gedroht hatte, sein Haus mit Blut zu übergießen, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das Landgericht Heilbronn ordnete im Herbst 2013 eine vorläufige Unterbringung an. In dem Hauptsacheverfahren lehnte es jedoch eine dauerhafte Unterbringung ab und ordnete die Freilassung an. Es bestehe zwar eine wahnhafte psychische Störung, aber es gebe keine ausreichenden Hinweise dafür, dass der Kläger in Zukunft erhebliche Straftaten begehen werde.
Auf die von ihm erstatteten Strafanzeigen wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Straf-vereitelung im Amt, Rechtsbeugung etc. gegen die Justizwachtmeister und Beamte des Polizeipostens Heilbronn-Innenstadt hin lehnte die Staatsanwaltschaft Heilbronn mit Verfügung vom 29. August 2013 die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) wegen fehlender tatsächlicher Anhaltspunkte ab.
Am 3. Juli 2013 beantragte der Kläger wiederum Beschädigtenversorgung. Er verwies auf die Vorfälle am 5. März 2013 und führte aus, auf dem Polizeiposten Innenstadt hätten die dort eingesetzten Polizeibeamten Körperverletzungen zu seinem Nachteil begangen. Er habe - nach der erstmaligen Verletzung im Juli 2010 - eine erneute Ruptur der Supraspinatussehne sowie - nach der entsprechenden Verletzung im März 2011 - wiederum einen Knochenbruch an der rechten Hand erlitten. In dem Antrag verwies der Kläger auch auf die Vorfälle am 29. Juli 2010 und am 23. März 2011. Er legte den Befundbericht des Radiologen Prof. Dr. G. vom 4. April 2013 vor, wonach eine MRT-Untersuchung an jenem Tag einen Zustand nach Refixation der Supraspinatussehne am Tuberculum majus, eine komplette Ruptur mit Retraktion des ruptierten freien Sehnenendes, einen Hämarthros- und Humeruskopfhochstand, eine partiell fettige Atrophie des Musculus supraspinatus um etwa 20 % und eine AC-Gelenksarthrose ergeben habe. Der Beklagte zog die Akten der Ermittlungsverfahren (12 Js 19954/13) gegen den Kläger, gegen die von ihm angezeigten Gerichtswachtmeister und Polizeibeamten sowie eines weiteren Verfahrens gegen mehrere Richter des Amtsgerichts und des Landgerichts Heilbronn wegen Rechtsbeugung und wegen Körperverletzung bei und wertete sie aus.
Mit Bescheid vom 17. März 2013 lehnte der Beklagte die Gewährung einer Versorgung nach dem OEG ab. Der Kläger sei bereits nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden. Die Gerichtswachtmeister hätten das bestehende Hausverbot durchgesetzt, die Polizeibeamten hätten ihn wegen seines hochgradigen Erregungszustandes mit akuter Fremdgefährdung zu Recht in Gewahrsam genommen, die dabei angewandte körperliche Gewalt sei rechtmäßig gewesen. Ferner seien Leistungen nach dem OEG zu versagen, weil der Kläger die etwaigen Schädigungen selbst verursacht habe, in dem er gegen das Hausverbot im Amtsgericht verstoßen habe und in dem Polizeiposten hochgradig aggressiv aufgetreten sei. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015 zurück, denn er müsse sich alle Folgen zurechnen lassen, die aus seinem Fehlverhalten und seiner heftigen Gegenwehr resultierten.
Hiergegen hat der Kläger bereits am 4. April 2015 erneut Klage beim SG erhoben. Er hat eine "lebenslange Rente" begehrt. Er hat vorgetragen, er werde seit Jahren verfolgt und habe mehrfach rechtswidrige Übergriffe durch die Polizei und eine Vielzahl weiterer Behörden, die er zum Teil benannt hat, erlitten. Insbesondere das Landratsamt Heilbronn (wohl in seiner Eigenschaft als Betreuungsbehörde gemeint) habe bereits die Körperverletzung vom 29. Juli 2010 verursacht. Im den zahlreichen weiteren Schriftsätzen im Verfahren hat der Kläger unterschiedliche weitere Begehren formuliert, darunter die Rückgabe seines Führerscheins, die Änderung seines Schwerbehindertenausweises und die Zahlung einer "Entschädigung" in Höhe von EUR 63.000,00. Im weiteren Verlauf hat er mehrfach auf der Geschäftsstelle des SG angerufen und die dortigen Mitarbeiter angeschrieen, bedroht und massiv beleidigt ("du dumme Fotze", vgl. Aktenvermerk vom 28. Mai 2015, Bl. 31 SG-Akte).
Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Kläger begehre - allein - die Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2015 und des dazu gehörenden Widerspruchsbescheides sowie die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung einer "Entschädigung" nach dem OEG. Mit diesem Inhalt sei die Klage unbegründet. Zur Begründung hat das SG auf die Ausführungen des Beklagten in dem Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015 verwiesen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. November 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Er trägt vor, das SG habe nicht schriftlich entscheiden dürfen, sondern hätte mündlich verhandeln müssen. Ferner seien die Akten gefälscht. Der erkennende Richter erster Instanz habe das Recht gebeugt und sei schon seit Jahren an vorsätzlicher Strafvereitelung im Amt beteiligt.
Der Kläger beantragt bei sachgerechter Auslegung seines Vorbringens,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Oktober 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Heilbronn zurückzuverweisen, hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 zu verurteilen, ihm wegen der Vorfälle vom 5. März 2013 Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen.
Nach Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Vorsitzende des erkennenden Senats abgelehnt. Dieses Gesuch hat der Senat ohne Beteiligung der abgelehnten Richterin mit Beschluss vom 17. März 2017 abgewiesen (L 6 SF 910/17 AB).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obwohl für den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 6. April 2017 niemand erschienen ist. Auf diese Möglichkeit war er in der ihm am 2. März 2017 zugestellten Ladung hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da der Kläger laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Zunächst kann der Kläger keine Aufhebung des angegriffenen Gerichtsbescheids verbunden mit einer Zurückverweisung des Verfahrens an das SG verlangen. Die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG liegen ersichtlich nicht vor. Das SG hat die Klage als unbegründet, aber nicht als unzulässig, abgewiesen und daher in der Sache entschieden. Ein wesentlicher Verfahrensfehler, der eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme nötig machen würde, liegt ebenfalls nicht vor. Das SG durfte nach § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden. Insbesondere war auf Grund der vorliegenden Beweismittel, nämlich der öffentlichen Urkunden aus den verschiedenen Verfahren, hier insbesondere aus den Strafverfahren, die Sachlage geklärt. Die Verweisung auf die Ausführungen des Beklagten in dem angegriffenen Widerspruchsbescheid konnte sich auf § 136 Abs. 3 SGG stützen. Dass keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist zwingende Folge einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Aus diesem Grunde steht den Beteiligten in diesen Fällen in zweiter Instanz ein Anspruch auf mündliche Verhandlung zu (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG). Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) enthält keine weiter gehenden Anforderungen, vielmehr ist hiernach sogar ein völliger Verzicht auf eine mündliche Verhandlung denkbar. Den Anforderungen aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist ebenfalls genügt, die nur eine mündliche Verhandlung in einem gesamten Gerichtsverfahren verlangt.
Auch in der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen.
Dabei hat der Senat den Antrag des Klägers so aufgefasst wie im Tatbestand genannt. Aus den Schriftsätzen in erster Instanz ist erkennbar, dass es dem Kläger um eine "lebenslange Rente" geht, also wohl eine Beschädigtengrund- oder eine Beschädigtenausgleichsrente. Diese sind die wesentliche Teile der Versorgungsleistungen, die das OEG und das BVG vorsehen. Die weiteren zwischenzeitlich vorgetragenen Begehren des Klägers waren ersichtlich nicht als Verurteilungsanträge in diesem Verfahren aufzufassen. Dies gilt zunächst für die unbezifferte "Entschädigung". Ein solcher Antrag im Bereich des Versorgungsrechts wäre unzulässig gewesen, weil eine begehrte Leistung genau bezeichnet werden muss (BSG Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a VS 5/06 R -, juris, Rz. 15) und eine Leistung mit der Bezeichnung "Entschädigung" im Recht des OEG und des BVG nicht vorgesehen ist (vgl. § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. § 9 BVG). Und sofern der Kläger mit "Entschädigung" einen Schadensersatzanspruch (Amtshaftungsanspruch) nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG gemeint haben sollte, wäre schon der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet (vgl. § 51 Abs. 1 SGG, § 71 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]). Das Gleiche gilt für die zwischenzeitlichen Ausführungen des Klägers zu seinem beschlagnahmten Führerschein.
Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Insbesondere hat der Beklagte in dem angegriffenen Bescheid über Versorgungsleistungen entschieden (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), und dieser Anspruch war daher auch Inhalt des Widerspruchsverfahrens nach § 78 Abs. 1 SGG.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der geltend gemachte Anspruch auf eine Versorgung besteht nicht.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält, wer - wie der Kläger - im Geltungsbereich des OEG in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs ist zunächst unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung in den §§ 113, 121 StGB auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 9 VG 1/09 R – juris, Rz. 25 ff. und vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 1/13 R -, juris, Rz. 19 f.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB (Nötigung) zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein. Dies entspricht in etwa dem strafrechtlichen Begriffsverständnis der Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB (BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VG 2/10 R -, juris, Rz. 37 f.). Dieser tätliche Angriff setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung hinaus eine "feindselige Willensrichtung" voraus. Dieses - einem Angriff im Wortsinn immanente - Merkmal dient dem Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung sozialadäquaten bzw. gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters (BSG, Urteil vom 23. Oktober 1985 - 9a RVg 5/84 -, juris, Rz. 10 f.). Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden, ob der Täter eine mit Gewaltanwendung verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1995 - 9 RVg 7/93 -, juris, Rz. 10). Anstelle einer feindseligen Absicht ist dann die Rechtsfeindlichkeit des Täters entscheidend, dokumentiert durch einen willentlichen Bruch der Rechtsordnung. Die einem Angriff innewohnende Feindseligkeit manifestiert sich insoweit durch die vorsätzliche Verwirklichung der Straftat (BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VG 2/10 R -, juris, Rz. 35 ff.). Ein solcher Angriff ist indes auch im Recht der Opferentschädigung nur rechtswidrig, wenn keine ausreichenden Rechtfertigungsgründe wie z.B. Notwehr (§ 32 StGB), rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) oder andere vorliegen.
Grundsätzlich müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 OEG voll bewiesen sein (Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 VG 2096/13 -, juris, Rz. 37 ff. m.w.N.). Die (materielle) Beweislast, also der Nachteil aus der Unaufklärbarkeit der tatsächlichen Voraussetzungen, liegt hierbei nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen bei dem Antragsteller, der eine Begünstigung erstrebt (vgl. Leitherer, a.a.O., § 103 Rz. 19a). Dies gilt z.B. auch für den erforderlichen Vorsatz des tätlichen Angriffs; eine fahrlässige Schädigung genügt nämlich außer in den Fällen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 OEG nicht. Ebenso muss die Rechtswidrigkeit des Angriffs festgestellt werden. Daher muss mit dem Maßstab des Vollbeweises auch erwiesen sein, dass keine Rechtfertigungsgründe vorliegen (ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 17. August 2011 – L 15 VG 21/10 -, juris, Rz. 41). Beweisregeln wie jene, dass ein bei einem vorsätzlichen Angriff die Rechtswidrigkeit indiziert sei und deshalb die Versorgungsverwaltung das Fehlen von Rechtfertigungsgründen zu beweisen habe, existiert nicht, insbesondere nicht in der Form des Anscheinsbeweises (hierzu im Einzelnen LSG Hamburg, Urteil vom 31. Mai 2016 – L 3 VE 6/14 –, juris, Rz. 25), auch weil sich der Anscheinsbeweis, der an allgemeine Erfahrungssätze anknüpft, zur Feststellung individueller, willensgesteuerter Verhaltensweisen nicht eignet (BSG, Urteil vom 22. Juni 1988 – 9/9a RVg 3/87 –, juris, Rz. 14).
Nach § 6 Abs. 3 OEG ist allerdings auch im Anwendungsbereich des OEG das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) mit Ausnahme der §§ 3 bis 5 KOVVfG anzuwenden, insbesondere auch die für Kriegsopfer geschaffene spezielle Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG. Nach § 15 Satz 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Glaubhaftmachung in diesem Sinne bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, d. h. der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 V 1/12 R -, juris, Rz. 35 m.w.N.). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht aus, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den Übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache genügt jedoch nicht, die Beweisanforderungen zu erfüllen. Ob das Gericht die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht, obliegt nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG seiner freien richterlichen Beweiswürdigung.
Vor diesem Hintergrund kann der Senat offen lassen, ob das Beweismaß des Vollbeweises nötig wäre, also der Kläger seine Behauptungen zu einer an Sicherheit grenzenden Gewissheit des Gerichts beweisen müsste, oder ob eine Glaubhaftmachung ausreichen würde. Der Senat ist nach dem Ergebnis des Verfahrens und der Beweisaufnahme - der Verwertung der vom Beklagten beigezogenen Urkunden - mit an Sicherheit grenzender Gewissheit vom Gegenteil überzeugt. Der Kläger ist am 5. März 2013 nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden. Diese Überzeugung könnte rechtlich auch dann nicht erschüttert werden, wenn für die positive Feststellung einer solchen Tat hier eine Glaubhaftmachung ausreichen würde.
Die Urkunden aus den Akten des Beklagten sind allesamt öffentliche Urkunden über Wahrnehmungen der Urkundsperson zu abgelaufenen Geschehnissen. Diese Urkunden begründen nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 418 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vollen Beweis für das beurkundete Geschehen. Der Gegenbeweis ist grundsätzlich möglich (vgl. § 418 Abs. 2 ZPO), jedoch sind die Voraussetzungen einer Widerlegung der beurkundeten Tatsachen hier nicht zu erkennen, der Kläger hat seine abweichenden Behauptungen nicht beweisen können.
Hiernach gab es am 5. März 2013 zunächst in den Räumen des Amtsgerichts Heilbronn keinen rechtswidrigen Angriff auf den Kläger.
Dieser hatte dort Hausverbot. Dies ergibt sich aus der Verfügung vom 9. Januar 2008. Am 5. März 2013 betrat er gleichwohl das Gebäude und entfernte sich auch nach einer Aufforderung durch den zuständigen Rechtspfleger nicht. Dies entnimmt der Senat dem Aktenvermerk von jenem Tage. Sofern der Kläger dann, als er von den Gerichtswachtmeistern unter Anwendung unmittelbaren Zwangs aus dem Gebäude gebracht wurde, Verletzungen erlitten haben sollte - woran der Senat zweifelt, weil solche zeitnah nicht gesichert wurden, insbesondere auch nicht durch das MRT vom 4. April 2013, also einen Monat nach dem angeschuldigten Ereignis, belegt werden - wäre er nicht Opfer eines vorsätzlichen rechtswidrigen Angriffs gewesen. Vielmehr war andersherum der Kläger der Angreifer und das Verhalten der beiden Gerichtswachtmeister gerechtfertigt.
Diese Rechtfertigung ergibt sich zum einen aus § 2 und § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes (JWBG) vom 16. April 2013 (GBl S. 53 ff.). Hiernach hat der Justizwachtmeisterdienst zur Wahrnehmung sei¬ner Aufgaben im Einzelfall diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihm nach pflichtgemäßem Ermessen erfor¬derlich erscheinen, insbesondere darf er die in den §§ 26 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 2, § 27a Abs. 1, § 29 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4, § 30 Nrn. 1, 3 und 5, § 32, § 33 Abs. 1, 3 und 4 und - mit Einschränkungen - in § 28 Abs. 1 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg (PolG) geregelten Standardmaßnahmen durchführen. Hierbei darf er unter anderem unmittelbaren Zwang anwenden (vgl. 8 JWBG). Zu den hiernach zulässigen Maßnahmen gehört es, einen Gerichtsbesucher aus dem Gebäude zu verbringen, wenn dies auf Grund einer Anweisung des Gerichtsleiters geschieht, die - wie hier - auch in einem Hausverbot liegen kann. Die Grenzen der Verhältnismäßigkeit wurden in jedem Falle eingehalten, denn die Gerichtswachtmeister haben zu körperlichen Zwangsmitteln erst dann gegriffen, als der Kläger der verbalen Aufforderung nicht nachgekommen ist, zunächst diesen Zwang auf das Ziehen am Arm beschränkt und den Kläger erst dann - vorübergehend - in den Schwitzkasten genommen, bis dies ab dem 2. Obergeschoss nicht mehr erforderlich war. Demnach kam körperliche Gewalt nur im absolut minimal vertretbaren Umfang zur Anwendung, was der Senat den glaubhaften Zeugenaussagen der Wachtmeister entnimmt.
Zum anderen hatte sich der Kläger durch sein Eindringen und aufforderungswidriges Verweilen in dem Gebäude beider Varianten des Hausfriedensbruchs nach § 123 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) schuldig gemacht. Insoweit hätte er auch bestraft werden können, weil der nach § 123 Abs. 2 StGB notwendige Strafantrag gestellt war, ohne dass dies für die Einstufung seiner Tat als eines vorsätzlichen rechtswidrigen Angriffs relevant wäre. Die beiden Gerichtswachtmeister wären demnach, sofern es zu einer Verletzung des Klägers gekommen sein sollte, durch Nothilfe nach § 32 Abs. 1 StGB gerechtfertigt gewesen, weil sie ihrerseits den Angriff des Klägers auf das Hausrecht der Behördenleitung (vgl. Angermaier/Kujath, DRiZ 2012, S. 338 ff.) beenden wollten. Diese Aufgabe obliegt ihnen nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 JWBG ebenfalls.
Ebenso war der Kläger im Anschluss auf dem Polizeiposten Innenstadt nicht Opfer eines rechtswidrigen Angriffs durch die Polizisten.
Aus den Berichten in den beigezogenen Ermittlungsakten, zum Beispiel von PHM R. vom 6. März 2013 und von PHK F. vom 8. April 2013, ergibt sich, dass sich der Kläger auf der Wache äußerst cholerisch und aggressiv verhielt, die anwesenden Beamten anschrie, beleidigte und bedrohte. Ferner verließ er zwar auf die Aufforderung von PHK F. hin zunächst den Posten, um außerhalb zu rauchen, dann aber begann er, wiederholt zu klingeln und gegen die Fensterscheibe zu schlagen, um wieder hineinzugelangen. Als dann PHK F. hinausging, um den Kläger zu beruhigen, beleidigte dieser weiter die anwesenden Beamten und versuchte, obwohl er sich weisungswidrig noch nicht beruhigt hatte, weiterhin in das Gebäude zu gelangen.
Vor diesem Hintergrund durften die Polizeibeamten den Kläger durch unmittelbaren Zwang festnehmen, fixieren und in eine Gewahrsamszelle verbringen. Diese Maßnahmen waren als Unterbindungsgewahrsam nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 des PolG gerechtfertigt, weil sie notwendig waren, um eine andauernde Störung der öffentlichen Sicherheit zu verhindern. Diese Störung lag in den fortgesetzten Beleidigungen und den mehrfachen Versuchen des Hausfriedensbruchs, die sich aus dem Verhalten des Klägers ergaben (§§ 123 Abs. 1, 22, 23 StGB und § 185 StGB). Dass die Beamten unmittelbaren Zwang einsetzen durften, ergibt sich aus § 49 Abs. 2 i.V.m. § 51 PolG. Auch bei ihren Maßnahmen sind die Grenzen der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 1, 3 PolG) ohne Weiteres eingehalten worden. Unabhängig hiervon waren die Maßnahmen der Polizeivollzugsbeamten durch Notwehr gerechtfertigt (§ 32 Abs. 1 StGB).
Da hiernach bereits ein rechtswidriger Angriff auf den Kläger am 5. März 2013 ausgeschlossen werden kann, weist der Senat nur darauf hin, dass etwaige Ansprüche gegen den Beklagten im Hinblick auf das Verhalten des Klägers im Vorfeld der jeweiligen Auseinandersetzungen auch wegen Selbstverursachung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 OEG ausgeschlossen sind.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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