Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 28/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 634/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Januar 2017 aufgehoben und der Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2017, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe ohne Anrechnung von Einkommen des Herrn A. A. zu zahlen.
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Januar 2017 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide vom 18. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. März 2017 angeordnet.
Der Antragsgegner hat die Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die zulässigen Beschwerden sind im tenorierten Umfang begründet.
Den Antragstellern sind im Wege der Folgenabwägung die tenorierten Leistungen zuzusprechen (vgl. 1.) und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.01.2017 gegen die Aufhebungs- und Änderungsbescheide vom 18.01.2017 anzuordnen (vgl. 2.)
1. Die Antragsteller haben im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung von Einkommen des Herrn A.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht der Fall des Absatzes 1 des § 86b SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz eine Abweichung nur dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es – wie hier – im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines Verfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927, 928). Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich einen Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.07.2003, BvR 311/03, Juris). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind nach der Rechtsprechung des BVerfG (Kammerbeschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Juris) die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt. Diese Pflicht besteht unabhängig von den Gründen der Hilfebedürftigkeit. Hieraus folgt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller geht, nur auf die gegenwärtige Lage abgestellt werden darf. Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Anspruchstellers ermöglichen. Dies gilt sowohl für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit selbst als auch für die Überprüfung einer Obliegenheitsverletzung nach §§ 60, 66 SGB I, wenn über den Anspruch anhand eines dieser Kriterien entschieden werden soll. Aus diesen Gründen dürfen existenzsichernde Leistungen nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn sich diese auf vergangene Umstände stützen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 , a. a. O., Juris).
Eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts ist im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung nicht möglich. Der Sachverhalt ist nach Überzeugung des Senats auch noch nicht abschließend geklärt, was den Ermittlungen im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.
Die Antragsteller haben sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) genannten Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II sind erfüllt. Danach erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die im Jahr 1975 geborene Antragstellerin hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist erwerbsfähig. Der Antragsteller ist als minderjähriger, dem Haushalt der Antragstellerin angehörender Sohn der Antragstellerin leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 3 Ziff. 4 SGB II.
Die Antragsteller haben auch ihre Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II glaubhaft gemacht. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Die Antragsteller verfügen über das Einkommen des Antragstellers in Form von Unterhaltsvorschuss in Höhe von 297,00 EUR, welcher seit Februar 2017 direkt an die Antragstellerin ausgezahlt wird, und Kindergeld in Höhe von 192,00 EUR hinaus, das nicht zur Bedarfsdeckung ausreicht, nicht über anzurechnendes Erwerbseinkommen. Insbesondere ist - jedenfalls vorläufig - das Einkommen des Herrn Aster nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.
Gemäß § 9 Abs. 2 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht. In Fällen des § 7 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen, unter denen von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen Partnern i. S. d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II (idF v. 20. Dezember 2011) auszugehen ist, hat das BSG in seinem Urteil vom 23.08.2012 (B 4 AS 34/12 R, Juris) bereits ausdrücklich dargelegt. Danach müssen für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
"Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle, die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen (§ 20 SGB X bzw. § 103 SGG), allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden (BT-Drucks. 16/1410, Seite 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann."
Somit müssen zunächst die benannten objektiven Voraussetzungen gegeben sein, sodann gilt es, den Einstehens- und Verantwortungswillen der Partner festzustellen (Spellbrink/Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7 Rdnr. 94 m.w.N.). Zu den objektiven Kriterien führt das BSG u. a. Folgendes aus (Urteil vom 23.08.2012, a.a.O., Juris Rdnr. 20 ff.):
"Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von BVerfG und BSG auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt." ( ) Unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes "Zusammenwohnen", wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. ( ) Zusätzlich bedarf es zum zweiten des gemeinsamen Wirtschaftens. Entscheidend insoweit ist, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen ( )."
Die Prüfung, ob die genannten Voraussetzungen zur Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft berechtigen, ist durch das Tatsachengericht anhand von Indizien im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen; die Würdigung bezieht sich auch auf subjektive Tatsachen (BSG, Urteil vom 12.10.2016, B 4 AS 60/15 R, Rdnr. 26). Entscheidend ist nach einheitlicher Auffassung in Rechtsprechung und Literatur das Gesamtbild, welches sich aus der Würdigung sämtlicher Hinweistatsachen im Einzelfall ergibt (vgl. z. B. Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7 Rdnr. 183, m.w.N.).
Der Senat konnte sich auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht abschließend vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft überzeugen und hält es daher im Rahmen der Folgenabwägung, bei der zu berücksichtigen ist, dass existenzsichernde Leistungen (auch) für ein minderjähriges Kind im Streit stehen, für geboten, den Antragstellern vorläufig Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens des Herrn Aster zuzusprechen. Eine abschließende Aufklärung muss dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben.
Der Senat hat bereits Zweifel am Vorliegen einer Partnerschaft, die, wie dargelegt, objektiv vorliegen muss. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG ist von dem Bestehen einer Partnerschaft auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Sowohl die Antragstellerin als auch der als Zeuge gehörte Herr A. bestreiten das Vorliegen einer solchen partnerschaftlichen Verbindung, bestreiten aber nicht eine seit 20 Jahren bestehende Freundschaft und ein besonderes Näheverhältnis. So gab die Antragstellerin an, der Zeuge sei ihr bester Freund. Dies zeigt sich u.a. auch darin, dass die Antragstellerin den Zeugen A. in ihre Wohnung aufgenommen hat, nachdem er nach der Trennung von der damaligen Lebenspartnerin vorübergehend obdachlos war. Allerdings erfolgte diese Aufnahme nach den glaubwürdigen Einlassungen der Antragstellerin vor allem zu dem Zweck, die Betreuung für den Antragsteller sicherzustellen, während sie selbst gearbeitet hat. Gegen eine Partnerschaft, die eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung erfordert und keine vergleichbaren Lebenspartnerschaften daneben zulässt, könnte auch das Verhältnis des Zeugen zu Frau D. H. sprechen. Diese Beziehung dauerte zumindest über mehrere Monate an und war auch der Antragstellerin bekannt. Nicht maßgeblich ist aus Sicht des Senats, dass, wie der Antragsgegner vorträgt, die Beziehung zwischen dem Zeugen und Frau H. an den Maßstäben des § 7 Abs. 3 Ziff. 3 c), Abs. 3a SGB II gemessen, keine Bedarfsgemeinschaft sein dürfte. Entscheidend ist allein, dass diese, nach den glaubhaften Einlassungen des Zeugen und der Antragstellerin nicht nur vorübergehende Beziehung, Zweifel hinsichtlich der "Ausschließlichkeit" einer Beziehung zwischen der Antragstellerin und dem Zeugen aufkommen lässt. Der Senat verkennt nicht, dass der "Facebook-Eintrag" des Zeugen "in einer Beziehung mit D. W.", den Rückschluss auf eine - auf gewisse Ausschließlichkeit ausgelegte - partnerschaftliche Beziehung zur Antragstellerin nahe legt. Anderseits haben die Antragstellerin und der Zeuge erläutert, dass dieser Eintrag erfolgte, um Frau H. eifersüchtig zu machen. Wenngleich gegen diese Einlassung spricht, dass der Facebook-Eintrag von Juli 2016 datiert, während der Zeuge Frau H. erst im September/Oktober 2016 kennengelernt haben will, ist ohne eine - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gebotene - Befragung der Frau H. eine weitere Aufklärung insoweit nicht möglich. Nicht entscheidend ist, dass der Zeuge, wie das SG dargelegt hat, auf der Homepage des Fußballvereins als Kontaktadresse die Anschrift der Antragstellerin angegeben hat. Dass der Zeuge dort seinen Wohnsitz hat, wird nicht bestritten und wurde gegenüber dem Antragsgegner auch angegeben. U.a. wurden Stromrechnungen vorgelegt, die allein an den Zeugen adressiert waren. Konkrete Hinweise oder Nachweise für ein partnerschaftliches Zusammenleben fanden sich auch bei dem durch den Antragsgegner durchgeführten Hausbesuch nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Hausbesuch unangekündigt erfolgte und nicht der Überprüfung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern der Notwendigkeit einer neuen Waschmaschine diente. Eine Partnerschaft zwischen der Antragstellerin und dem Zeugen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht objektiv nachgewiesen.
Der Senat hat auch Zweifel an einer gemeinsamen Haushaltsführung. Die Antragstellerin und der Zeuge haben glaubwürdig dargelegt, dass ein gemeinsames Wirtschaften "aus einem Topf" nicht erfolgt. Weder werden gemeinsam Lebensmittel oder sonstige Produkte des täglichen Bedarfs erworben, noch gibt es eine gemeinsame Haushaltskasse oder ähnliches. Anhaltspunkt für eine gemeinsame Haushaltsführung ist allerdings die Vollmacht der Antragstellerin für das Konto des Zeugen. Gegenseitige Vollmachten wurden nach den insoweit glaubwürdigen und übereinstimmenden Angaben der Antragstellerin und des Zeugen hingegen nicht eingerichtet. Die Erklärung der Antragstellerin, sie habe die Leistungen nicht auf ihr Konto überweisen lassen, um eine Pfändung zu verhindern, ist zumindest nachvollziehbar, auch wenn die Konstellation ungewöhnlich erscheint.
Nachdem bereits Zweifel am Vorliegen einer Partnerschaft bestehen, bleibt für die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II, die allein hinsichtlich der dritten Voraussetzung für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft, dem Vorliegen eines Einstehens- und Verantwortungswillens greift, kein Raum. Auch wenn die Antragstellerin und der Zeuge länger als ein Jahr in einer Wohnung wohnen - und in diese gemeinsam umgezogen sind - ist die Voraussetzung des § 7 Abs. 3a Ziff. 1 SGB II nur dann erfüllt, wenn dieses Zusammenleben ein partnerschaftliches war. Ein Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft etwa würde insoweit nicht ausreichen. Dies gilt auch für die Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a Ziff. 3 SGB II, der Versorgung von Kindern oder Angehörigen im Haushalt. Der Senat verkennt nicht, dass Anhaltspunkte für die gemeinsame Betreuung des Antragstellers durch die Antragstellerin und den Zeugen A. bestehen. So hat der Zeuge jedenfalls in der Vergangenheit den Antragsteller abends versorgt, wenn die Antragstellerin gearbeitet hat, und nimmt ihn auch mit zum Fußballverein, wo der Zeuge zugleich Trainer der Jugendmannschaft ist, in der der Antragsteller spielt. Voraussetzung wäre aber auch insoweit das objektive Vorliegen einer Partnerschaft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3a Ziff. 4 SGB II sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil allein die Antragstellerin verfügungsberechtigt über das Konto des Zeugen ist, nicht aber umgekehrt.
Den Antragstellern sind daher vorläufig Leistungen ohne Anrechnung des Einkommen des Zeugen zu gewähren. Als Bedarf sind insoweit für den Antragsteller und die Antragstellerin neben dem Sozialgeld und der Regelleistung jeweils ein Drittel der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Bedarfsmindernd sind Kindergeld in Höhe von 192,00 EUR, ab Februar 2017 der Unterhaltsvorschuss in Höhe von 297,00 EUR sowie etwaiges Erwerbseinkommen der Antragstellerin, über das dem Senat aktuell keine Angaben vorliegen, abzüglich der gesetzlichen Freibeträge in Abzug zu bringen.
2. Mit den Änderungsbescheiden vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2017 hat der Antragsgegner zu Recht ab Februar 2017 Unterhaltsvorschuss in Höhe von monatlich 297,00 EUR bedarfsmindernd berücksichtigt; insoweit sowie zu den Voraussetzungen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird, um Wiederholungen zu vermeiden auf den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.01.2017 Bezug genommen; da zugleich die Leistungen aber unter Berücksichtigung des Einkommens des Zeugen berechnet wurden, war klarstellend die aufschiebende Wirkung der Klage gegen diese Bescheide anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Januar 2017 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide vom 18. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. März 2017 angeordnet.
Der Antragsgegner hat die Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die zulässigen Beschwerden sind im tenorierten Umfang begründet.
Den Antragstellern sind im Wege der Folgenabwägung die tenorierten Leistungen zuzusprechen (vgl. 1.) und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.01.2017 gegen die Aufhebungs- und Änderungsbescheide vom 18.01.2017 anzuordnen (vgl. 2.)
1. Die Antragsteller haben im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung von Einkommen des Herrn A.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht der Fall des Absatzes 1 des § 86b SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz eine Abweichung nur dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es – wie hier – im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines Verfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927, 928). Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich einen Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.07.2003, BvR 311/03, Juris). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind nach der Rechtsprechung des BVerfG (Kammerbeschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Juris) die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt. Diese Pflicht besteht unabhängig von den Gründen der Hilfebedürftigkeit. Hieraus folgt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller geht, nur auf die gegenwärtige Lage abgestellt werden darf. Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Anspruchstellers ermöglichen. Dies gilt sowohl für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit selbst als auch für die Überprüfung einer Obliegenheitsverletzung nach §§ 60, 66 SGB I, wenn über den Anspruch anhand eines dieser Kriterien entschieden werden soll. Aus diesen Gründen dürfen existenzsichernde Leistungen nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn sich diese auf vergangene Umstände stützen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 , a. a. O., Juris).
Eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts ist im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung nicht möglich. Der Sachverhalt ist nach Überzeugung des Senats auch noch nicht abschließend geklärt, was den Ermittlungen im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.
Die Antragsteller haben sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) genannten Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II sind erfüllt. Danach erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die im Jahr 1975 geborene Antragstellerin hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist erwerbsfähig. Der Antragsteller ist als minderjähriger, dem Haushalt der Antragstellerin angehörender Sohn der Antragstellerin leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 3 Ziff. 4 SGB II.
Die Antragsteller haben auch ihre Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II glaubhaft gemacht. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Die Antragsteller verfügen über das Einkommen des Antragstellers in Form von Unterhaltsvorschuss in Höhe von 297,00 EUR, welcher seit Februar 2017 direkt an die Antragstellerin ausgezahlt wird, und Kindergeld in Höhe von 192,00 EUR hinaus, das nicht zur Bedarfsdeckung ausreicht, nicht über anzurechnendes Erwerbseinkommen. Insbesondere ist - jedenfalls vorläufig - das Einkommen des Herrn Aster nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.
Gemäß § 9 Abs. 2 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht. In Fällen des § 7 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen, unter denen von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen Partnern i. S. d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II (idF v. 20. Dezember 2011) auszugehen ist, hat das BSG in seinem Urteil vom 23.08.2012 (B 4 AS 34/12 R, Juris) bereits ausdrücklich dargelegt. Danach müssen für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
"Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle, die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen (§ 20 SGB X bzw. § 103 SGG), allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden (BT-Drucks. 16/1410, Seite 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann."
Somit müssen zunächst die benannten objektiven Voraussetzungen gegeben sein, sodann gilt es, den Einstehens- und Verantwortungswillen der Partner festzustellen (Spellbrink/Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7 Rdnr. 94 m.w.N.). Zu den objektiven Kriterien führt das BSG u. a. Folgendes aus (Urteil vom 23.08.2012, a.a.O., Juris Rdnr. 20 ff.):
"Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von BVerfG und BSG auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt." ( ) Unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes "Zusammenwohnen", wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. ( ) Zusätzlich bedarf es zum zweiten des gemeinsamen Wirtschaftens. Entscheidend insoweit ist, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen ( )."
Die Prüfung, ob die genannten Voraussetzungen zur Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft berechtigen, ist durch das Tatsachengericht anhand von Indizien im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen; die Würdigung bezieht sich auch auf subjektive Tatsachen (BSG, Urteil vom 12.10.2016, B 4 AS 60/15 R, Rdnr. 26). Entscheidend ist nach einheitlicher Auffassung in Rechtsprechung und Literatur das Gesamtbild, welches sich aus der Würdigung sämtlicher Hinweistatsachen im Einzelfall ergibt (vgl. z. B. Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7 Rdnr. 183, m.w.N.).
Der Senat konnte sich auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht abschließend vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft überzeugen und hält es daher im Rahmen der Folgenabwägung, bei der zu berücksichtigen ist, dass existenzsichernde Leistungen (auch) für ein minderjähriges Kind im Streit stehen, für geboten, den Antragstellern vorläufig Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens des Herrn Aster zuzusprechen. Eine abschließende Aufklärung muss dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben.
Der Senat hat bereits Zweifel am Vorliegen einer Partnerschaft, die, wie dargelegt, objektiv vorliegen muss. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG ist von dem Bestehen einer Partnerschaft auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Sowohl die Antragstellerin als auch der als Zeuge gehörte Herr A. bestreiten das Vorliegen einer solchen partnerschaftlichen Verbindung, bestreiten aber nicht eine seit 20 Jahren bestehende Freundschaft und ein besonderes Näheverhältnis. So gab die Antragstellerin an, der Zeuge sei ihr bester Freund. Dies zeigt sich u.a. auch darin, dass die Antragstellerin den Zeugen A. in ihre Wohnung aufgenommen hat, nachdem er nach der Trennung von der damaligen Lebenspartnerin vorübergehend obdachlos war. Allerdings erfolgte diese Aufnahme nach den glaubwürdigen Einlassungen der Antragstellerin vor allem zu dem Zweck, die Betreuung für den Antragsteller sicherzustellen, während sie selbst gearbeitet hat. Gegen eine Partnerschaft, die eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung erfordert und keine vergleichbaren Lebenspartnerschaften daneben zulässt, könnte auch das Verhältnis des Zeugen zu Frau D. H. sprechen. Diese Beziehung dauerte zumindest über mehrere Monate an und war auch der Antragstellerin bekannt. Nicht maßgeblich ist aus Sicht des Senats, dass, wie der Antragsgegner vorträgt, die Beziehung zwischen dem Zeugen und Frau H. an den Maßstäben des § 7 Abs. 3 Ziff. 3 c), Abs. 3a SGB II gemessen, keine Bedarfsgemeinschaft sein dürfte. Entscheidend ist allein, dass diese, nach den glaubhaften Einlassungen des Zeugen und der Antragstellerin nicht nur vorübergehende Beziehung, Zweifel hinsichtlich der "Ausschließlichkeit" einer Beziehung zwischen der Antragstellerin und dem Zeugen aufkommen lässt. Der Senat verkennt nicht, dass der "Facebook-Eintrag" des Zeugen "in einer Beziehung mit D. W.", den Rückschluss auf eine - auf gewisse Ausschließlichkeit ausgelegte - partnerschaftliche Beziehung zur Antragstellerin nahe legt. Anderseits haben die Antragstellerin und der Zeuge erläutert, dass dieser Eintrag erfolgte, um Frau H. eifersüchtig zu machen. Wenngleich gegen diese Einlassung spricht, dass der Facebook-Eintrag von Juli 2016 datiert, während der Zeuge Frau H. erst im September/Oktober 2016 kennengelernt haben will, ist ohne eine - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gebotene - Befragung der Frau H. eine weitere Aufklärung insoweit nicht möglich. Nicht entscheidend ist, dass der Zeuge, wie das SG dargelegt hat, auf der Homepage des Fußballvereins als Kontaktadresse die Anschrift der Antragstellerin angegeben hat. Dass der Zeuge dort seinen Wohnsitz hat, wird nicht bestritten und wurde gegenüber dem Antragsgegner auch angegeben. U.a. wurden Stromrechnungen vorgelegt, die allein an den Zeugen adressiert waren. Konkrete Hinweise oder Nachweise für ein partnerschaftliches Zusammenleben fanden sich auch bei dem durch den Antragsgegner durchgeführten Hausbesuch nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Hausbesuch unangekündigt erfolgte und nicht der Überprüfung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern der Notwendigkeit einer neuen Waschmaschine diente. Eine Partnerschaft zwischen der Antragstellerin und dem Zeugen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht objektiv nachgewiesen.
Der Senat hat auch Zweifel an einer gemeinsamen Haushaltsführung. Die Antragstellerin und der Zeuge haben glaubwürdig dargelegt, dass ein gemeinsames Wirtschaften "aus einem Topf" nicht erfolgt. Weder werden gemeinsam Lebensmittel oder sonstige Produkte des täglichen Bedarfs erworben, noch gibt es eine gemeinsame Haushaltskasse oder ähnliches. Anhaltspunkt für eine gemeinsame Haushaltsführung ist allerdings die Vollmacht der Antragstellerin für das Konto des Zeugen. Gegenseitige Vollmachten wurden nach den insoweit glaubwürdigen und übereinstimmenden Angaben der Antragstellerin und des Zeugen hingegen nicht eingerichtet. Die Erklärung der Antragstellerin, sie habe die Leistungen nicht auf ihr Konto überweisen lassen, um eine Pfändung zu verhindern, ist zumindest nachvollziehbar, auch wenn die Konstellation ungewöhnlich erscheint.
Nachdem bereits Zweifel am Vorliegen einer Partnerschaft bestehen, bleibt für die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II, die allein hinsichtlich der dritten Voraussetzung für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft, dem Vorliegen eines Einstehens- und Verantwortungswillens greift, kein Raum. Auch wenn die Antragstellerin und der Zeuge länger als ein Jahr in einer Wohnung wohnen - und in diese gemeinsam umgezogen sind - ist die Voraussetzung des § 7 Abs. 3a Ziff. 1 SGB II nur dann erfüllt, wenn dieses Zusammenleben ein partnerschaftliches war. Ein Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft etwa würde insoweit nicht ausreichen. Dies gilt auch für die Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a Ziff. 3 SGB II, der Versorgung von Kindern oder Angehörigen im Haushalt. Der Senat verkennt nicht, dass Anhaltspunkte für die gemeinsame Betreuung des Antragstellers durch die Antragstellerin und den Zeugen A. bestehen. So hat der Zeuge jedenfalls in der Vergangenheit den Antragsteller abends versorgt, wenn die Antragstellerin gearbeitet hat, und nimmt ihn auch mit zum Fußballverein, wo der Zeuge zugleich Trainer der Jugendmannschaft ist, in der der Antragsteller spielt. Voraussetzung wäre aber auch insoweit das objektive Vorliegen einer Partnerschaft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3a Ziff. 4 SGB II sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil allein die Antragstellerin verfügungsberechtigt über das Konto des Zeugen ist, nicht aber umgekehrt.
Den Antragstellern sind daher vorläufig Leistungen ohne Anrechnung des Einkommen des Zeugen zu gewähren. Als Bedarf sind insoweit für den Antragsteller und die Antragstellerin neben dem Sozialgeld und der Regelleistung jeweils ein Drittel der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Bedarfsmindernd sind Kindergeld in Höhe von 192,00 EUR, ab Februar 2017 der Unterhaltsvorschuss in Höhe von 297,00 EUR sowie etwaiges Erwerbseinkommen der Antragstellerin, über das dem Senat aktuell keine Angaben vorliegen, abzüglich der gesetzlichen Freibeträge in Abzug zu bringen.
2. Mit den Änderungsbescheiden vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2017 hat der Antragsgegner zu Recht ab Februar 2017 Unterhaltsvorschuss in Höhe von monatlich 297,00 EUR bedarfsmindernd berücksichtigt; insoweit sowie zu den Voraussetzungen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird, um Wiederholungen zu vermeiden auf den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.01.2017 Bezug genommen; da zugleich die Leistungen aber unter Berücksichtigung des Einkommens des Zeugen berechnet wurden, war klarstellend die aufschiebende Wirkung der Klage gegen diese Bescheide anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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