Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 KA 199/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1545/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.03.2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen.
Der Streitwert wird endgültig auf 35.364,07 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auszahlung des unbudgetierten Honorars für die Quartale 3/2010 und 4/2010, hilfsweise die Neubescheidung ihrer Honoraransprüche. Die klagenden Ärzte nehmen in der Rechtsform einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG; nachfolgend einheitlich Klägerin), die im streitbefangenen Zeitraum aus drei Fachärzten für Innere Medizin bestand, mit Praxissitz in N. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheid vom 20.08.2010 wies die Beklagte der klägerischen Gemeinschaftspraxis Regelleistungsvolumen (RLV) und qualifikationsgebundene Zusatzvolumen (QZV) für das Quartal 3/2010 i.H.v. insg. 88.087,15 EUR zu. Hiergegen erhob die Klägerin am 21.09.2010 Widerspruch. Mit Honorarbescheid vom 13.01.2011 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 3/2010 auf insg. 1.050.140,97 EUR fest. Wegen Überschreitung des RLV und der QZV wurden abgerechnete Leistungen i.H.v. 22.095,40 EUR mit 3.751,80 EUR quotiert vergütet. Hiergegen erhob die Klägerin am 04.02.2011 Widerspruch. Mit Bescheid vom 14.09.2010 wies die Beklagte der Klägerin ein RLV und QZV für das Quartal 4/2010 i.H.v. insg. 91.914,19 EUR zu. Hiergegen erhob die Klägerin am 12.10.2010 Widerspruch. Mit Honorarbescheid vom 15.04.2011 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 4/2010 auf insg. 1.126.631,02 EUR fest. Wegen Überschreitung des RLV und der QZV wurden abgerechnete Leistungen i.H.v. 20.749,05 EUR mit 3.728,58 EUR quotiert vergütet. Hiergegen erhob die Klägerin am 16.05.2011 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2013 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die RLV-Zuweisungen und die Honorarbescheide betreffend die Quartale 3/2010 und 4/2010 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 09.01.2014 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung der Klage trug die Klägerin vor, sie habe aufgrund einer Überschreitung der RLV und der QZV in den streitbefangenen Quartalen Honorarkürzungen hinnehmen müssen. Dies hätte seinen Hintergrund darin, dass nach § 87b Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.2007 (a.F.)) die Werte für die RLV morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen festzulegen gewesen seien. § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V habe hierzu vorgesehen, dass die Morbidität mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen sei. Diese Vorgaben habe der (erweiterte) Bewertungsausschuss (EBewA) in Teil F seines Beschlusses vom 27./28.08.2008 nicht berücksichtigt und das Kriterium des Geschlechts als irrelevant betrachtet. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der EBewA zwingende gesetzgeberische Vorgaben missachte und hierbei außer Betracht lasse, dass die längere Lebenserwartung von Frauen zu einer längeren und intensiveren ärztlichen Betreuung führe. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 11.12.2013 (- B 6 KA 4/13 R -, in juris) davon ausgehe, dass keine signifikante Abweichung zwischen den Geschlechtern bestehe, könne dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber sehe in § 87 Absatz 2f SGB V a.F. ferner zwingend vor, dass der EBewA bis 31.08. eines Jahres Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur vorgebe. Auch dies habe der Bewertungsausschuss in Teil C des Beschlusses nicht umgesetzt. Die fehlerhafte Umsetzung der gesetzgeberischen Vorgaben durch den EBewA perpetuiere sich auch in der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten geltenden Honorarverteilungsvereinbarung (HVV). Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht" habe das BSG entschieden, dass der EBewA seinem gesetzlichen Auftrag nachgekommen sei; der Gesetzgeber könne nicht vorgeben, dass die Realität anders sei, als sie sich tatsächlich darstelle. Mit Urteil vom 11.03.2015 wies das SG die Klage ab. Hierzu führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin dies wegen der Nichtberücksichtigung des Morbiditätsgesichtspunkts "Geschlecht" in Frage stelle, könne dem nicht gefolgt werden. Der EBewA habe aufgrund einer genauen Analyse des Datenmaterials festgestellt, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eigne, da das abgerechnete Leistungsvolumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst werde. Dies habe das BSG in seiner Entscheidung vom 11.12.2013 (a.a.O.) bestätigt. Soweit klägerseits die fehlende Festlegung regionaler Indikatoren und die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des EBewA bemängelt werde, führe dies nicht zu einer Rechtsverletzung der Klägerin, da die Indikatoren für die regionalen Besonderheiten ausschließlich im Rahmen der Bildung der Euro-Gebührenwerte eine Rolle spielten. Gegen das am 18.03.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.04.2015, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat sie auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen verwiesen, die vom SG nicht richtig bewertet worden seien.
Die Klägerin beantragt (zweckdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des RLV-/QZV-Zuweisungsbescheides für das Quartal 3/2010 vom 20.08.2010, des RLV-/QZV-Zuweisungsbescheides für das Quartal 4/2010 vom 14.09.2010 und unter Abänderung des Honorarbescheides für das Quartal 3/2010 vom 13.01.2011 und des Honorarbescheides für das Quartal 4/2010 vom 15.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 zu verurteilen, die von ihr in den Quartalen 3/2010 und 4/2010 abgerechneten vertragsärztlichen Leistungen unbudgetiert zur Auszahlung zu bringen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihre Honoraransprüche zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 27.04.2016 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Ferner wurde mitgeteilt, dass der Senat erwäge, über die Berufung im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Den Beteiligten ist Gelegenheit eingeräumt worden, sich hierzu zu äußern. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführten Akten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
II. Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, da die geltend gemachten höheren Honoraransprüche der Quartale 3/2010 und 4/2010 den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR übersteigen. Da die Berufung auch form- und unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 SGG fristgerecht eingelegt wurde (vgl. § 151 SGG), ist sie zulässig. Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden von den Beteiligten nicht mitgeteilt und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich. Die Berufung führt für die Klägerin inhaltlich nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen. Die Bescheide betr. die Zuweisung des RLV für die Quartale 3/2010 und 4/2010 sowie die Honorarbescheide vom 13.01.2011 und vom 15.04.2011 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.1013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin kann für die Quartale 3/2010 und 4/2010 ein höheres vertragsärztliches Honorar nicht beanspruchen. Die Beklagte ist auch nicht zu verurteilen, über die Honoraransprüche der Klägerin neu zu entscheiden. Der Senat verweist zur Begründung seiner Entscheidung auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des SG in dessen Urteil vom 11.03.2015 und sieht von einer Begründung seiner Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG ab. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin mit ihren - ersichtlich im Vordergrund stehenden - Einwendungen gegen die hier maßgeblichen EBewA-Beschlüsse, insb. betr. die Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht" und der regionalen Besonderheiten sowie die Perpetuierung dieser Fehler in den nachrangigen Regelungen des HVV nicht durchdringt. Zwar sollte der EBewA nach § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V a.F. bei der Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung auch das Kriterium "Geschlecht" berücksichtigen. Der EBewA hat jedoch in seinem Beschluss vom 27./28.8.2008 in Teil F Nr. 3.2.2 festgestellt, dass durch dieses Kriterium eine signifikante Beeinflussung des abgerechneten Leistungsvolumens - bezogen auf die Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen - nicht aufgezeigt werde. Dies stellt, anders als die Klägerin vorbringt, keine Verletzung gesetzlicher Vorgaben dar. Das BSG hat hierzu in seinem Urteil vom 11.12.2013 (a.a.O.) ausgeführt, dass es in § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V a.F. nicht pauschal darum gehe, ob die Krankenkassen insgesamt statistisch für eine Versicherte mehr Geld aufwenden als für einen Versicherten, sondern darum, ob sich in der vertragsärztlichen Versorgung bezogen auf alle Arztgruppen und alle Altersstufen von Versicherten bei Frauen eine höhere Morbidität messen lasse als bei Männern. Das bedürfe statistischer Ermittlungen. Wenn die dem EBewA vorliegenden Abrechnungsdaten insoweit keine signifikanten Abweichungen ergeben, die auf eine geschlechtsspezifisch messbar abweichende Morbidität hindeuteten, sei der EBewA seinem Auftrag nachgekommen. Der Gesetzgeber könne nicht vorgeben, dass die Realität anders sei, als sie sich tatsächlich darstelle. Er könne allenfalls normativ bestimmen, dass die Morbidität weiblicher Versicherter um einen bestimmten Faktor höher zu gewichten sei, als bei männlichen. Dies sei in § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V a.F. jedoch nicht geschehen. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung auch im vorliegenden Verfahren an (vgl. schon Urteil des erkennenden Senats vom 16.03.2016 - L 5 KA 359/14 -; sowie Beschlüsse des erkennenden Senats vom 24.05.2016 - L 5 KA 2374/14 -, vom 25.10.2016 - L 5 KA 894/15 -, vom 10.01.2017 - L 5 KA 2440/14 -, vom 24.01.2017 - L 5 KA 3163/14 - und vom 21.02.2017 - KL 5 KA 332/15 - jew. n.v.). Auch soweit klägerseits geltend gemacht wird, der EBewA habe den zwingenden gesetzlichen Auftrag zur Vorgabe von Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nicht umgesetzt, greift dies vorliegend nicht durch. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 21.03.2012 (- B 6 KA 21/11 R - in juris) hierzu ausgeführt, dass die fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA die Vertragspartner auf regionaler Ebene nicht gehindert habe, nach eigener Entscheidung Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten zu vereinbaren. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 16.03.2016 sowie Beschlüsse des erkennenden Senats vom 24.05.2016, vom 25.10.2016, vom 10.01.2017, vom 24.01.2017 und vom 21.02.2017 jew. a.a.O.). Auch im vorliegenden Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für die Partner der Gesamtverträge Anlass bestand, aus Gründen regionaler Besonderheiten innerhalb des Bezirks der Beklagten für einzelne Städte oder Kreise Zuschläge zu den Orientierungswerten zu vereinbaren. Für die Gemeinde N., in der die Klägerin ihren Sitz hat, liegt diese Annahme besonders fern, weil nicht ansatzweise erkennbar ist, weshalb dort im Vergleich zu größeren Städten in Baden-Württemberg wie bspw. St., K. oder M. eine signifikant abweichende, höhere Kostenstruktur hinsichtlich der für ihre Praxis relevanten Faktoren gegeben sein könnte. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 11.03.2015 ist zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 3 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt das für die streitbefangenen Quartalen zusätzlich begehrte Honorar i.H.v. 18.343,60 EUR und 17.020,47 EUR. Für eine Erhöhung im Hinblick auf die gleichfalls streitgegenständlichen RLV-Zuweisungen um jeweils 5.000,- EUR ist daneben kein Raum, da sich das Interesse der Klägerin auf den Betrag erschöpft, der ihr nicht ausbezahlt worden ist.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen.
Der Streitwert wird endgültig auf 35.364,07 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auszahlung des unbudgetierten Honorars für die Quartale 3/2010 und 4/2010, hilfsweise die Neubescheidung ihrer Honoraransprüche. Die klagenden Ärzte nehmen in der Rechtsform einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG; nachfolgend einheitlich Klägerin), die im streitbefangenen Zeitraum aus drei Fachärzten für Innere Medizin bestand, mit Praxissitz in N. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheid vom 20.08.2010 wies die Beklagte der klägerischen Gemeinschaftspraxis Regelleistungsvolumen (RLV) und qualifikationsgebundene Zusatzvolumen (QZV) für das Quartal 3/2010 i.H.v. insg. 88.087,15 EUR zu. Hiergegen erhob die Klägerin am 21.09.2010 Widerspruch. Mit Honorarbescheid vom 13.01.2011 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 3/2010 auf insg. 1.050.140,97 EUR fest. Wegen Überschreitung des RLV und der QZV wurden abgerechnete Leistungen i.H.v. 22.095,40 EUR mit 3.751,80 EUR quotiert vergütet. Hiergegen erhob die Klägerin am 04.02.2011 Widerspruch. Mit Bescheid vom 14.09.2010 wies die Beklagte der Klägerin ein RLV und QZV für das Quartal 4/2010 i.H.v. insg. 91.914,19 EUR zu. Hiergegen erhob die Klägerin am 12.10.2010 Widerspruch. Mit Honorarbescheid vom 15.04.2011 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 4/2010 auf insg. 1.126.631,02 EUR fest. Wegen Überschreitung des RLV und der QZV wurden abgerechnete Leistungen i.H.v. 20.749,05 EUR mit 3.728,58 EUR quotiert vergütet. Hiergegen erhob die Klägerin am 16.05.2011 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2013 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die RLV-Zuweisungen und die Honorarbescheide betreffend die Quartale 3/2010 und 4/2010 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 09.01.2014 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung der Klage trug die Klägerin vor, sie habe aufgrund einer Überschreitung der RLV und der QZV in den streitbefangenen Quartalen Honorarkürzungen hinnehmen müssen. Dies hätte seinen Hintergrund darin, dass nach § 87b Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.2007 (a.F.)) die Werte für die RLV morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen festzulegen gewesen seien. § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V habe hierzu vorgesehen, dass die Morbidität mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen sei. Diese Vorgaben habe der (erweiterte) Bewertungsausschuss (EBewA) in Teil F seines Beschlusses vom 27./28.08.2008 nicht berücksichtigt und das Kriterium des Geschlechts als irrelevant betrachtet. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der EBewA zwingende gesetzgeberische Vorgaben missachte und hierbei außer Betracht lasse, dass die längere Lebenserwartung von Frauen zu einer längeren und intensiveren ärztlichen Betreuung führe. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 11.12.2013 (- B 6 KA 4/13 R -, in juris) davon ausgehe, dass keine signifikante Abweichung zwischen den Geschlechtern bestehe, könne dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber sehe in § 87 Absatz 2f SGB V a.F. ferner zwingend vor, dass der EBewA bis 31.08. eines Jahres Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur vorgebe. Auch dies habe der Bewertungsausschuss in Teil C des Beschlusses nicht umgesetzt. Die fehlerhafte Umsetzung der gesetzgeberischen Vorgaben durch den EBewA perpetuiere sich auch in der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten geltenden Honorarverteilungsvereinbarung (HVV). Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht" habe das BSG entschieden, dass der EBewA seinem gesetzlichen Auftrag nachgekommen sei; der Gesetzgeber könne nicht vorgeben, dass die Realität anders sei, als sie sich tatsächlich darstelle. Mit Urteil vom 11.03.2015 wies das SG die Klage ab. Hierzu führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin dies wegen der Nichtberücksichtigung des Morbiditätsgesichtspunkts "Geschlecht" in Frage stelle, könne dem nicht gefolgt werden. Der EBewA habe aufgrund einer genauen Analyse des Datenmaterials festgestellt, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eigne, da das abgerechnete Leistungsvolumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst werde. Dies habe das BSG in seiner Entscheidung vom 11.12.2013 (a.a.O.) bestätigt. Soweit klägerseits die fehlende Festlegung regionaler Indikatoren und die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des EBewA bemängelt werde, führe dies nicht zu einer Rechtsverletzung der Klägerin, da die Indikatoren für die regionalen Besonderheiten ausschließlich im Rahmen der Bildung der Euro-Gebührenwerte eine Rolle spielten. Gegen das am 18.03.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.04.2015, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat sie auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen verwiesen, die vom SG nicht richtig bewertet worden seien.
Die Klägerin beantragt (zweckdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des RLV-/QZV-Zuweisungsbescheides für das Quartal 3/2010 vom 20.08.2010, des RLV-/QZV-Zuweisungsbescheides für das Quartal 4/2010 vom 14.09.2010 und unter Abänderung des Honorarbescheides für das Quartal 3/2010 vom 13.01.2011 und des Honorarbescheides für das Quartal 4/2010 vom 15.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 zu verurteilen, die von ihr in den Quartalen 3/2010 und 4/2010 abgerechneten vertragsärztlichen Leistungen unbudgetiert zur Auszahlung zu bringen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihre Honoraransprüche zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 27.04.2016 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Ferner wurde mitgeteilt, dass der Senat erwäge, über die Berufung im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Den Beteiligten ist Gelegenheit eingeräumt worden, sich hierzu zu äußern. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführten Akten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
II. Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, da die geltend gemachten höheren Honoraransprüche der Quartale 3/2010 und 4/2010 den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR übersteigen. Da die Berufung auch form- und unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 SGG fristgerecht eingelegt wurde (vgl. § 151 SGG), ist sie zulässig. Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden von den Beteiligten nicht mitgeteilt und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich. Die Berufung führt für die Klägerin inhaltlich nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen. Die Bescheide betr. die Zuweisung des RLV für die Quartale 3/2010 und 4/2010 sowie die Honorarbescheide vom 13.01.2011 und vom 15.04.2011 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.1013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin kann für die Quartale 3/2010 und 4/2010 ein höheres vertragsärztliches Honorar nicht beanspruchen. Die Beklagte ist auch nicht zu verurteilen, über die Honoraransprüche der Klägerin neu zu entscheiden. Der Senat verweist zur Begründung seiner Entscheidung auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des SG in dessen Urteil vom 11.03.2015 und sieht von einer Begründung seiner Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG ab. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin mit ihren - ersichtlich im Vordergrund stehenden - Einwendungen gegen die hier maßgeblichen EBewA-Beschlüsse, insb. betr. die Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht" und der regionalen Besonderheiten sowie die Perpetuierung dieser Fehler in den nachrangigen Regelungen des HVV nicht durchdringt. Zwar sollte der EBewA nach § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V a.F. bei der Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung auch das Kriterium "Geschlecht" berücksichtigen. Der EBewA hat jedoch in seinem Beschluss vom 27./28.8.2008 in Teil F Nr. 3.2.2 festgestellt, dass durch dieses Kriterium eine signifikante Beeinflussung des abgerechneten Leistungsvolumens - bezogen auf die Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen - nicht aufgezeigt werde. Dies stellt, anders als die Klägerin vorbringt, keine Verletzung gesetzlicher Vorgaben dar. Das BSG hat hierzu in seinem Urteil vom 11.12.2013 (a.a.O.) ausgeführt, dass es in § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V a.F. nicht pauschal darum gehe, ob die Krankenkassen insgesamt statistisch für eine Versicherte mehr Geld aufwenden als für einen Versicherten, sondern darum, ob sich in der vertragsärztlichen Versorgung bezogen auf alle Arztgruppen und alle Altersstufen von Versicherten bei Frauen eine höhere Morbidität messen lasse als bei Männern. Das bedürfe statistischer Ermittlungen. Wenn die dem EBewA vorliegenden Abrechnungsdaten insoweit keine signifikanten Abweichungen ergeben, die auf eine geschlechtsspezifisch messbar abweichende Morbidität hindeuteten, sei der EBewA seinem Auftrag nachgekommen. Der Gesetzgeber könne nicht vorgeben, dass die Realität anders sei, als sie sich tatsächlich darstelle. Er könne allenfalls normativ bestimmen, dass die Morbidität weiblicher Versicherter um einen bestimmten Faktor höher zu gewichten sei, als bei männlichen. Dies sei in § 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V a.F. jedoch nicht geschehen. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung auch im vorliegenden Verfahren an (vgl. schon Urteil des erkennenden Senats vom 16.03.2016 - L 5 KA 359/14 -; sowie Beschlüsse des erkennenden Senats vom 24.05.2016 - L 5 KA 2374/14 -, vom 25.10.2016 - L 5 KA 894/15 -, vom 10.01.2017 - L 5 KA 2440/14 -, vom 24.01.2017 - L 5 KA 3163/14 - und vom 21.02.2017 - KL 5 KA 332/15 - jew. n.v.). Auch soweit klägerseits geltend gemacht wird, der EBewA habe den zwingenden gesetzlichen Auftrag zur Vorgabe von Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nicht umgesetzt, greift dies vorliegend nicht durch. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 21.03.2012 (- B 6 KA 21/11 R - in juris) hierzu ausgeführt, dass die fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA die Vertragspartner auf regionaler Ebene nicht gehindert habe, nach eigener Entscheidung Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten zu vereinbaren. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 16.03.2016 sowie Beschlüsse des erkennenden Senats vom 24.05.2016, vom 25.10.2016, vom 10.01.2017, vom 24.01.2017 und vom 21.02.2017 jew. a.a.O.). Auch im vorliegenden Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für die Partner der Gesamtverträge Anlass bestand, aus Gründen regionaler Besonderheiten innerhalb des Bezirks der Beklagten für einzelne Städte oder Kreise Zuschläge zu den Orientierungswerten zu vereinbaren. Für die Gemeinde N., in der die Klägerin ihren Sitz hat, liegt diese Annahme besonders fern, weil nicht ansatzweise erkennbar ist, weshalb dort im Vergleich zu größeren Städten in Baden-Württemberg wie bspw. St., K. oder M. eine signifikant abweichende, höhere Kostenstruktur hinsichtlich der für ihre Praxis relevanten Faktoren gegeben sein könnte. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 11.03.2015 ist zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 3 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt das für die streitbefangenen Quartalen zusätzlich begehrte Honorar i.H.v. 18.343,60 EUR und 17.020,47 EUR. Für eine Erhöhung im Hinblick auf die gleichfalls streitgegenständlichen RLV-Zuweisungen um jeweils 5.000,- EUR ist daneben kein Raum, da sich das Interesse der Klägerin auf den Betrag erschöpft, der ihr nicht ausbezahlt worden ist.
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