Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 35/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4101/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt (zuletzt) die Erstattung der Kosten für ambulant durchgeführte Liposuktionen in Höhe von insgesamt EUR 13.111,55.
Die Klägerin ist am 1989 geboren und bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet an einem Lipödem Stadium II der Extremitäten sowie einer heterozygoten Faktor-V-Leiden-Mutation mit Zustand nach Lungenembolie im August 2015.
Am 29. September 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für Liposuktionen an beiden Beinen und Armen. Seit der Diagnose des Lipödems im Mai 2015 nutze sie Kompressionskleidung und nehme Lymphdrainage in Anspruch. Obwohl sie auf ihre Ernährung achte und wegen ihrer Blutgerinnungsstörung viel Sport treibe, würden ihre Beine und Arme immer dicker. Durch die konservativen Methoden könnten zwar die Schmerzen zeitweise gelindert werden. Das Wachstum der Fettmassen könne aber nicht gestoppt werden. Diese beeinträchtigten sie zunehmend in ihrer Mobilität. Ihrem Antrag fügte die Klägerin ein "fachärztliches Gutachten zur Vorlage beim Medizinischen Dienst" des Chirurgen Dr. H., der in E. eine Privatpraxis für Lipödem-Chirurgie betreibt, vom 23. September 2015 bei. Er führte aus, dass eine Therapie durch Liposuktionen bei der Klägerin indiziert sei. Die Kriterien des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris) seien erfüllt. Es liege eine die Lebensqualität zerstörende Erkrankung vor. Die Liposuktion biete als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode eine erhebliche Aussicht auf wesentliche Besserung oder gar Heilung. Eine vergleichbar wirkungsvolle Therapiealternative gebe es nicht. Dem Antrag war außerdem eine CD beigefügt.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Erstattung eines Gutachtens. Unter dem 7. Oktober 2015 teilte dieser der Beklagten mit, die beigefügte CD sei nicht lesbar. Mit Schreiben vom 4. November 2015 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Unterlagen in Papierform einzureichen. Mit Schreiben vom 11. November 2015 berief sich die Klägerin auf den Ablauf der Frist nach § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Am 18. November 2015 gingen die Unterlagen in Papierform bei der Beklagten ein. Mit Schreiben gleichen Datums beauftragte die Beklagte nochmals den MDK mit der Erstattung eines Gutachtens.
Mit Gutachten vom 30. November 2015 führte Dr. d. R.-W., MDK, aus, die Liposuktion bei Lipödem befinde sich noch immer im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung. Die Vorgaben an Qualität, Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit seien nicht erfüllt. Eine Möglichkeit der Abrechnung bestünde für den vertragsärztlichen Bereich nicht, weil die Leistung nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzte (EBM) enthalten sei. Eine positive Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) liege nicht vor. Ein Beratungsverfahren sei zwar eingeleitet worden, eine Methodenbewertung sei aber bislang nicht erfolgt. Die vom BVerfG aufgestellten Kriterien für einen Ausnahmefall seien nicht erfüllt. Eine akut lebensbedrohliche notstandsähnliche Situation liege eindeutig nicht vor. Außerdem liege ein Wirksamkeitsnachweis anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken bisher für die beantragte Methode nicht vor. Überlegenheit, medizinischer Nutzen und Wirtschaftlichkeit gegenüber den konservativen Methoden (Lymphdrainage, Kompression in der Entstauungsphase und Kompressionsverbände in der Erhaltungsphase, Bewegungstherapie, Hautpflege), die in den Leitlinien der Fachgesellschaften empfohlen würden, sei bisher nicht belegt. Für den Einsatz der Liposuktion fehlten Langzeituntersuchungen, die belegten, dass die Liposuktion eine eigenständige und nachhaltige Therapie ist, dass bei erfolgreicher Reduktion der Fettgewebemassen nicht doch zusätzliche Korrekturen am Hautmantel erforderlich würden und dass nicht nach kurzer Zeit erneut wieder eine Fettgewebsvermehrung entstehe.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Mangels Empfehlung durch den GBA dürfe die Methode in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 30. Dezember 2015 Widerspruch ein und berief sich zur Begründung auf den Ablauf der Frist des § 13 Abs. 3a SGB V. Außerdem fügte sie eine weitere ärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 16. Dezember 2015 bei. Er führte darin aus, dass die krankhafte Fettgewebsvermehrung durch die konservativen Maßnahmen, welche die Klägerin konsequent anwende, nicht beeinflusst werden könne. Die vom BVerfG aufgestellten Ausnahmekriterien seien erfüllt. Die Wirksamkeit der neuen Therapiemethode habe zudem hinlänglich in Studien nachgewiesen werden können.
Am 5. Januar 2016 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage und beantragte festzustellen, dass ihr Antrag auf Gewährung einer Liposuktionsbehandlung an den Beinen und Armen als Sachleistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt. Die Beklagte habe die Fünf-Wochen-Frist nicht eingehalten. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten an sie, dass die Frist nicht eingehalten werden könne, sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Als Folge hiervon sei die Genehmigungsfiktion eingetreten. Eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit habe nicht mehr stattzufinden.
Im Auftrag der Beklagten erstatte Dr. P. vom MDK ein weiteres sozialmedizinisches Gutachten. Im Gutachten vom 21. Januar 2016 listete er die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten im Einzelnen auf und wiederholte im Übrigen die Ausführungen von Dr. d. R.-W. im Gutachten vom 30. November 2015.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2016 hob die Beklagte die fingierte Genehmigung des Antrags auf Liposuktionsbehandlung der Arme und Beine nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2016 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, bei der Liposuktion handele es sich nicht um ein anerkanntes Behandlungsverfahren. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften erst dann zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden, wenn der GBA sie als zweckmäßig anerkannt habe. Die Liposuktion werde vom GBA gerade überprüft. Eine Entscheidung sei bislang nicht ergangen. Eine Kostenübernahme komme deshalb nicht in Betracht. Auch aus der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V folge nichts anderes. Die fingierte Genehmigung sei mit Schreiben vom 27. Januar 2016 wieder aufgehoben worden. Die Ermessensabwägung werde hiermit nachgeholt. Das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überwiege das Individualinteresse an der materiell-rechtlich unberechtigten Leistung.
Die Klägerin stellte daraufhin ihre Klage um und beantragte, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 8. Dezember 2015 und 27. Januar 2016 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2016 zu verurteilen, ihr eine mehrzeitige ambulante Liposuktionsbehandlung der Arme und Beine zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, der materielle Sachleistungsanspruch folge aus der Genehmigungsfiktion. Medizinische Fragen seien nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen ausgeschlossen. Die streitgegenständliche Leistung liege nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung und sie (die Klägerin) habe die Leistung aufgrund der Einschätzung der behandelnden Ärzte auch für erforderlich halten dürfen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 12. Oktober 2016 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2016 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Liposuktionsbehandlung. Ein Anspruch ergebe sich weder aus § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V noch aus § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V. Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Liposuktionsbehandlung stehe entgegen, dass es keine Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V gebe. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn der GBA eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben habe. Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Weder sei die Krankheit der Klägerin selten, noch liege eine regelmäßig tödlich verlaufende bzw. wertungsgemäß vergleichbare Erkrankung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V vor. Auch ein Systemversagen sei nicht gegeben. Der GBA habe inzwischen die Einleitung eines Verfahrens beschlossen; schon diese Tatsache stünde der Annahme eines Systemversagens entgegen. Ein Anspruch der Klägerin folge auch nicht aus § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V. Zwar habe die Beklagte den hinreichend bestimmten Antrag der Klägerin vom 29. September 2015 erst mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 abgelehnt. Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V sei aber inhaltlich nicht eröffnet. Die Vorschrift greife nur, wenn sich der Antrag auf Leistungen beziehe, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Dies folge zunächst aus der Ratio der Regelung, die (nur) die Beschleunigung der Bewilligungsverfahrens bei den Krankenkassen bezwecken solle, nicht aber den Leistungskatalog erweitern. Auch der Wortlaut der Norm spreche für eine entsprechende Auslegung ("erforderliche Leistung"). Bestätigt werde dieses Verständnis durch die systematische Stellung der Regelung innerhalb des § 13 SGB V, der ausschließlich sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche regele. Schließlich habe sich der Gesetzgeber an der Regelung des § 15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) orientiert, der das Bestehen eines Sachleistungsanspruchs voraussetze. Auch dies spreche für die vorgenommene Auslegung des § 13 Abs. 3a SGB V.
Gegen das ihr am 17. Oktober 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. November 2016 Berufung eingelegt. Die konservativen Behandlungsmethoden des Lipödems hätten nur vorübergehende Linderung verschafft, aber den progredienten Krankheitsverlauf nicht verhindern können. Die Kosten für die lebenslang durchzuführenden konservativen Behandlungen seien im Vergleich zu den Operationskosten um ein Vielfaches höher. Sie habe sich die Leistung mittlerweile selbst beschafft und habe für die drei ambulanten Operationen am 7. März 2016, 4. Juli 2016 und 15. August 2016 nebst präoperativer Leistungen, Laboruntersuchungen und Arzneimitteln insgesamt EUR 13.111,55 bezahlt. Zudem lägen mittlerweile Entscheidungen anderer Gerichte vor, die den Eintritt der Genehmigungsfiktion bei der Liposuktion bejahten.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2016 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 8. Dezember 2015 und 27. Januar 2016 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2016 zu verurteilen, ihr EUR 13.111,55 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Der Berichterstatterin hat die Rechts- und Sachlage mit den Beteiligten erörtert und die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
II.
A. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten.
B. Die gemäß § 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als EUR 750,00 begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich einen Betrag von EUR 13.111,55.
C. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2016 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die Gewährung der Liposuktion als ambulante Sachleistung zu Recht abgelehnt. Der Klägerin steht nach Durchführung der ambulanten Operationen auch kein Anspruch auf Erstattung der von ihr geltend gemachten Kosten zu. Dies gilt mit Blick sowohl auf § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var SGB V (dazu unter 1.) als auch auf § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V (dazu unter 2.).
1. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin folgt nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var. SGB V.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var. SGB V sind dem Versicherten die für eine von ihm selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn die Krankenkasse diese Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, die Leistung notwendig und die Ablehnung für die Entstehung der Kosten ursächlich war.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine Liposuktion der Beine und Arme zu gewähren. Deshalb kann die Klägerin auch nicht beanspruchen, dass ihr die Kosten, die durch die selbstbeschaffte Leistung entstanden sind, von der Beklagten erstattet werden. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 16/07 R – juris, und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hatte keinen entsprechenden Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte.
a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Der Anspruch eines Versicherten auf (ambulante) Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 3/03 R –, 28. September 2010 – B 1 KR 5/10 R – und 11. September 2012 – B 1 KR 9/12 R – alle juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R – und 6. März 2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris; Urteil des Senats vom 26. Juni 2009 – L 4 KR 3386/08 – nicht veröffentlicht; Hessisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 15. April 2013 – L 1 KR 119/11 – juris).
b) Bei der Klägerin bestand eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie litt an einem Lipödem Stadium II der unteren Extremitäten. Dies ergibt sich aus den Gutachten von Dr. d. R.-W. und Dr. P ... Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand war mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der einer körperlichen Behandlung bedurfte.
c) Die Klägerin hatte jedoch keinen Anspruch auf eine Behandlung ihrer Erkrankung mittels ambulanter Liposuktion.
aa) Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – alle juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für den ambulanten Bereich ist insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch nur dann zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R –, 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R –, 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, alle juris). Die entsprechende Richtlinie ist seit 1. April 2006 die Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), zuvor die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien). An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R –, 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – alle juris).
Eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode in diesem Sinne ist die auf einem theoretisch-wissenschaftlichen Konzept beruhende systematische Vorgehensweise der Untersuchung und Behandlung einer Krankheit (BSG, Urteile vom 23. Juli 1998 – B 1 KR 19/96 R – und 28. März 2000 – B 1 KR 11/98 R – beide juris). Neu in diesem Sinne ist eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode dann, wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung im EBM aufgeführt wird und somit nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 12/06 R – juris).
bb) Bei der Liposuktion handelt es sich um eine eigenständige Behandlungsmethode. Diese Behandlungsmethode ist auch neu. Denn sie ist im EBM nicht als abrechnungsfähige Leistung erfasst. Eine Empfehlung des GBA für die Liposuktion liegt nicht vor. In der hier maßgeblichen Methoden-Richtlinie in der Fassung vom 17. Januar 2006 (zuletzt geändert am 15. September 2016) ist eine Prüfung und positive Bewertung der Liposuktion nicht enthalten. Als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode ohne positive Empfehlung des GBA unterliegt die Liposuktion somit dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V und darf im vertragsärztlichen Bereich nicht erbracht werden (vgl. z.B. Urteil des Senats vom 12. Februar 2014 – L 4 KR 4163/11 – nicht veröffentlicht und Beschluss des Senats vom 25. Januar 2016 – L 4 KR 3825/15 – nicht veröffentlicht; Beschluss des Senats vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris; Urteil des Senats vom 12. Mai 2017 – L 4 KR 2743/16 – nicht veröffentlicht; vgl. auch Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 – juris).
cc) Ein Systemversagen liegt nicht vor. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse kann ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R –, 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, a.a.O.).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (ebenso etwa LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris). Das BSG hatte in seinem Urteil vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R – juris) und in seinem Beschluss vom 10. Mai 2012 (B 1 KR 78/11 B – juris) keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles gesehen. Inzwischen hat der GBA mit Beschluss vom 22. Mai 2014 die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens beschlossen; auch dies steht der Annahme eines Systemversagens entgegen (ebenso LSG Thüringen, Beschluss vom 20. April 2015 – L 6 KR 1935/12 B – juris). Im Übrigen könnte sich die Klägerin auf eine Positivempfehlung des GBA nicht stützen, denn maßgeblich ist, ob ein Anspruch zum Zeitpunkt der Behandlung - im März, Juli und August 2016 - bestanden hat (LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris, m.w.N.).
dd) Auch um einen sogenannten Seltenheitsfall, in dem sich eine Krankheit und ihre Behandlung einer systematischen Erforschung entzieht und bei dem eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 17/06 R –juris), handelt es sich vorliegend nicht. Die bei der Klägerin vorliegende Krankheit (Lipödem Stadium II) ist keine seltene Erkrankung.
ee) Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 2 Abs. 1a SGB V, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) mit Wirkung vom 1. Januar 2012, berufen.
Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Vorschrift setzt die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R – und Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – alle juris) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R –, vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – und vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – alle juris). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG a.a.O.). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten.
Einen solchen Schweregrad erreichte die Lipödem-Erkrankung der Klägerin nicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – juris). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob konservative Therapien für die Klägerin als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgsversprechend zur Verfügung gestanden haben.
2. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V.
Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V, der mit Wirkung zum 26. Februar 2013 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 277) eingefügt worden ist, hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs. 3a Satz 3 SGB V). Kann die Krankenkasse die Frist nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
a) Ein Antrag der Klägerin im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V lag der Beklagten am 29. September 2015 vor. Die Übersendung der zunächst in Form einer CD eingereichten Befundunterlagen in Papierform ist für eine Antragstellung im Sinne der Vorschrift nicht erforderlich. Zwar muss der Antrag als solcher hinreichend bestimmt sein, um eine hinreichende Grundlage für die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zu bilden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER – juris, Rn. 27). Dies bedeutet aber nicht, dass damit bereits bei Antragstellung alle Einzelheiten der begehrten Leistung feststehen müssen (Beschluss des Senats vom 29. April 2016 – L 4 KR 4368/15 – juris).
Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V begann damit spätestens am 30. September 2015 zu laufen (§ 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] i.V.m. § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER –juris, Rn. 6; Noftz, in: Hauck/Noftz [Hrsg.], § 13 SGB V Rn. 58i [März 2014]). Die fünfwöchige Frist endete damit am 4. November 2016 (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB). Die (ablehnende) Entscheidung erfolgte mit Bescheid vom 8. Dezember 2015. Der Senat lässt offen, ob das Schreiben der Beklagten vom 4. November 2015 mit der Aufforderung an die Klägerin, die Befunde in Papierform einzureichen, eine dem § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V genügende Mitteilung der Beklagten war, sie könne die Frist nach Satz 1 nicht einhalten.
b) Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V ist indes nicht eröffnet (vgl. Beschluss des Senats vom 29. April 2016 – L 4 KR 4368/15 – juris, Rn. 46 ff; Beschluss des Senats vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris, Rn. 52 ff).
aa) § 13 Abs. 3a SGB V greift nicht bei jeglichen Leistungsanträgen ein, sondern nur dann, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, von den Krankenkassen also allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen ist (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 16 KR 154/14 B ER u.a. – juris, Rn. 26 ff.; Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 31. Januar 2014 – S 28 KR 1/14 ER – juris, Rn. 22 ff.; Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 19 ff.; Knispel, SGb 2014, 374 [375 f.]; Rieker, NZS 2015, 294 [297] m.w.N. auch zur Gegenansicht; in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris, Rn. 26, wo darauf abgestellt wird, dass die dort begehrte Therapie nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung liegt; offen gelassen von LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER – juris, Rn. 10; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Dezember 2016 – L 1 KR 680/15 – juris-Rn. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. März 2017 – L 1 KR 623/25, juris-Rn. 27; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. März 2017 – L 5 KR 217/16, juris-Rn. 14; Sozialgericht Mannheim, Urteil vom 3. Juni 2014 – S 9 KR 3174/13 – juris, Rn. 27 ff.). Dies folgt zum einen aus der Ratio der Regelung. Die Vorschrift soll nämlich (nur) die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren bei den Krankenkassen bezwecken (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfes auf Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32), nicht aber den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erweitern. Hierfür streitet auch der Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V, der den Kostenerstattungsanspruch auf die "erforderliche" Leistung begrenzt. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Genehmigungsfiktion in § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V, es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm "zustehende Leistung" zeitnah zu beschaffen (Bundestags-Drucksache 17/11710, S. 30). Der Versicherte soll so gestellt werden, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt (Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32). Rechtzeitig zur Verfügung stellen kann eine Krankenkasse nur die Sachleistung, die sie zu erbringen hat. Die Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs nach Satz 7 auf die "erforderlichen" Leistungen wäre zudem wenig sinnvoll, wenn die Genehmigungsfiktion nach Satz 6 keinerlei materiellen Anforderungen unterläge.
Der eingeschränkte Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V wird auch durch ein systematisches Argument untermauert (hierzu auch Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 20). Denn grundsätzlich regeln die Vorschriften des § 13 SGB V nur Kostenerstattungsansprüche für selbst beschaffte Leistungen, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören (BSG, Urteil vom 25. September 2000 – B 1 KR 5/99 R – juris, Rn. 11; BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris, Rn. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 19/08 R – juris, Rn. 10); eine Ausnahme bildet lediglich ein Teil des Anwendungsbereiches des § 13 Abs. 3 SGB V; nur in engen Grenzen kommt ein Kostenerstattungsanspruch für Leistungen außerhalb des Leistungskataloges in Betracht (dazu etwa Helbig, in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 13 Rn. 40 m.w.N.). Es handelt sich um eine enge und abschließende Ausnahmevorschrift. Es lässt sich weder dem Wortlaut des § 13 Abs. 3a SGB V noch den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzgeber dies durch die Einfügung des Abs. 3a erweitern wollte (so auch Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 20; Knispel, SGb 2014, 374 [376]).
Dies gilt zumal, wenn man berücksichtigt, dass der Gesetzgeber sich bei der Schaffung des § 13 Abs. 3a SGB V an der Regelung des § 15 SGB IX als Vorbild orientierte (Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32). Bei § 15 SGB IX ist indes anerkannt, dass die Norm das Bestehen eines Sachleistungsanspruchs voraussetzt (BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 12/12 R – juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 53/12 R – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – L 13 R 2947/12 – juris, Rn. 28).
bb) Liposuktionen sind nach dem oben Dargelegten nicht vom Sachleistungsanspruch gegen die Krankenkassen umfasst, so dass sie auch nicht Gegenstand einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V werden können (so schon Beschluss des Senats vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris).
Die begehrten Leistungen lagen vorliegend auch deshalb offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV, weil die Leistungen von einem nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer durchgeführt werden sollten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2016 – L 11 KR 5297/15, juris-Rn. 31). Die Klägerin beantragte die Durchführung von Liposuktionen in einer privatärztlichen Praxis. Sie hat damit von vornherein Leistungen außerhalb des GKV-Leistungskatalogs begehrt.
c) Mangels Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ging die Entscheidung der Beklagten mit Bescheid vom 27. Januar 2016, die fingierte Genehmigung nach § 45 SGB X aufzuheben, ins Leere. Der Bescheid entfaltet keine Rechtswirkungen und verletzt die Klägerin deshalb auch nicht in ihren Rechten. Ob die Beklagte zu einer Aufhebung nach § 45 SGB X berechtigt gewesen wäre, kann offen bleiben.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
E. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt (zuletzt) die Erstattung der Kosten für ambulant durchgeführte Liposuktionen in Höhe von insgesamt EUR 13.111,55.
Die Klägerin ist am 1989 geboren und bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet an einem Lipödem Stadium II der Extremitäten sowie einer heterozygoten Faktor-V-Leiden-Mutation mit Zustand nach Lungenembolie im August 2015.
Am 29. September 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für Liposuktionen an beiden Beinen und Armen. Seit der Diagnose des Lipödems im Mai 2015 nutze sie Kompressionskleidung und nehme Lymphdrainage in Anspruch. Obwohl sie auf ihre Ernährung achte und wegen ihrer Blutgerinnungsstörung viel Sport treibe, würden ihre Beine und Arme immer dicker. Durch die konservativen Methoden könnten zwar die Schmerzen zeitweise gelindert werden. Das Wachstum der Fettmassen könne aber nicht gestoppt werden. Diese beeinträchtigten sie zunehmend in ihrer Mobilität. Ihrem Antrag fügte die Klägerin ein "fachärztliches Gutachten zur Vorlage beim Medizinischen Dienst" des Chirurgen Dr. H., der in E. eine Privatpraxis für Lipödem-Chirurgie betreibt, vom 23. September 2015 bei. Er führte aus, dass eine Therapie durch Liposuktionen bei der Klägerin indiziert sei. Die Kriterien des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris) seien erfüllt. Es liege eine die Lebensqualität zerstörende Erkrankung vor. Die Liposuktion biete als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode eine erhebliche Aussicht auf wesentliche Besserung oder gar Heilung. Eine vergleichbar wirkungsvolle Therapiealternative gebe es nicht. Dem Antrag war außerdem eine CD beigefügt.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Erstattung eines Gutachtens. Unter dem 7. Oktober 2015 teilte dieser der Beklagten mit, die beigefügte CD sei nicht lesbar. Mit Schreiben vom 4. November 2015 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Unterlagen in Papierform einzureichen. Mit Schreiben vom 11. November 2015 berief sich die Klägerin auf den Ablauf der Frist nach § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Am 18. November 2015 gingen die Unterlagen in Papierform bei der Beklagten ein. Mit Schreiben gleichen Datums beauftragte die Beklagte nochmals den MDK mit der Erstattung eines Gutachtens.
Mit Gutachten vom 30. November 2015 führte Dr. d. R.-W., MDK, aus, die Liposuktion bei Lipödem befinde sich noch immer im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung. Die Vorgaben an Qualität, Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit seien nicht erfüllt. Eine Möglichkeit der Abrechnung bestünde für den vertragsärztlichen Bereich nicht, weil die Leistung nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzte (EBM) enthalten sei. Eine positive Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) liege nicht vor. Ein Beratungsverfahren sei zwar eingeleitet worden, eine Methodenbewertung sei aber bislang nicht erfolgt. Die vom BVerfG aufgestellten Kriterien für einen Ausnahmefall seien nicht erfüllt. Eine akut lebensbedrohliche notstandsähnliche Situation liege eindeutig nicht vor. Außerdem liege ein Wirksamkeitsnachweis anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken bisher für die beantragte Methode nicht vor. Überlegenheit, medizinischer Nutzen und Wirtschaftlichkeit gegenüber den konservativen Methoden (Lymphdrainage, Kompression in der Entstauungsphase und Kompressionsverbände in der Erhaltungsphase, Bewegungstherapie, Hautpflege), die in den Leitlinien der Fachgesellschaften empfohlen würden, sei bisher nicht belegt. Für den Einsatz der Liposuktion fehlten Langzeituntersuchungen, die belegten, dass die Liposuktion eine eigenständige und nachhaltige Therapie ist, dass bei erfolgreicher Reduktion der Fettgewebemassen nicht doch zusätzliche Korrekturen am Hautmantel erforderlich würden und dass nicht nach kurzer Zeit erneut wieder eine Fettgewebsvermehrung entstehe.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Mangels Empfehlung durch den GBA dürfe die Methode in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 30. Dezember 2015 Widerspruch ein und berief sich zur Begründung auf den Ablauf der Frist des § 13 Abs. 3a SGB V. Außerdem fügte sie eine weitere ärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 16. Dezember 2015 bei. Er führte darin aus, dass die krankhafte Fettgewebsvermehrung durch die konservativen Maßnahmen, welche die Klägerin konsequent anwende, nicht beeinflusst werden könne. Die vom BVerfG aufgestellten Ausnahmekriterien seien erfüllt. Die Wirksamkeit der neuen Therapiemethode habe zudem hinlänglich in Studien nachgewiesen werden können.
Am 5. Januar 2016 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage und beantragte festzustellen, dass ihr Antrag auf Gewährung einer Liposuktionsbehandlung an den Beinen und Armen als Sachleistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt. Die Beklagte habe die Fünf-Wochen-Frist nicht eingehalten. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten an sie, dass die Frist nicht eingehalten werden könne, sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Als Folge hiervon sei die Genehmigungsfiktion eingetreten. Eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit habe nicht mehr stattzufinden.
Im Auftrag der Beklagten erstatte Dr. P. vom MDK ein weiteres sozialmedizinisches Gutachten. Im Gutachten vom 21. Januar 2016 listete er die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten im Einzelnen auf und wiederholte im Übrigen die Ausführungen von Dr. d. R.-W. im Gutachten vom 30. November 2015.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2016 hob die Beklagte die fingierte Genehmigung des Antrags auf Liposuktionsbehandlung der Arme und Beine nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2016 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, bei der Liposuktion handele es sich nicht um ein anerkanntes Behandlungsverfahren. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften erst dann zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden, wenn der GBA sie als zweckmäßig anerkannt habe. Die Liposuktion werde vom GBA gerade überprüft. Eine Entscheidung sei bislang nicht ergangen. Eine Kostenübernahme komme deshalb nicht in Betracht. Auch aus der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V folge nichts anderes. Die fingierte Genehmigung sei mit Schreiben vom 27. Januar 2016 wieder aufgehoben worden. Die Ermessensabwägung werde hiermit nachgeholt. Das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überwiege das Individualinteresse an der materiell-rechtlich unberechtigten Leistung.
Die Klägerin stellte daraufhin ihre Klage um und beantragte, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 8. Dezember 2015 und 27. Januar 2016 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2016 zu verurteilen, ihr eine mehrzeitige ambulante Liposuktionsbehandlung der Arme und Beine zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, der materielle Sachleistungsanspruch folge aus der Genehmigungsfiktion. Medizinische Fragen seien nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen ausgeschlossen. Die streitgegenständliche Leistung liege nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung und sie (die Klägerin) habe die Leistung aufgrund der Einschätzung der behandelnden Ärzte auch für erforderlich halten dürfen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 12. Oktober 2016 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2016 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Liposuktionsbehandlung. Ein Anspruch ergebe sich weder aus § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V noch aus § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V. Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Liposuktionsbehandlung stehe entgegen, dass es keine Empfehlung des GBA nach § 135 SGB V gebe. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn der GBA eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben habe. Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Weder sei die Krankheit der Klägerin selten, noch liege eine regelmäßig tödlich verlaufende bzw. wertungsgemäß vergleichbare Erkrankung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V vor. Auch ein Systemversagen sei nicht gegeben. Der GBA habe inzwischen die Einleitung eines Verfahrens beschlossen; schon diese Tatsache stünde der Annahme eines Systemversagens entgegen. Ein Anspruch der Klägerin folge auch nicht aus § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V. Zwar habe die Beklagte den hinreichend bestimmten Antrag der Klägerin vom 29. September 2015 erst mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 abgelehnt. Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V sei aber inhaltlich nicht eröffnet. Die Vorschrift greife nur, wenn sich der Antrag auf Leistungen beziehe, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Dies folge zunächst aus der Ratio der Regelung, die (nur) die Beschleunigung der Bewilligungsverfahrens bei den Krankenkassen bezwecken solle, nicht aber den Leistungskatalog erweitern. Auch der Wortlaut der Norm spreche für eine entsprechende Auslegung ("erforderliche Leistung"). Bestätigt werde dieses Verständnis durch die systematische Stellung der Regelung innerhalb des § 13 SGB V, der ausschließlich sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche regele. Schließlich habe sich der Gesetzgeber an der Regelung des § 15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) orientiert, der das Bestehen eines Sachleistungsanspruchs voraussetze. Auch dies spreche für die vorgenommene Auslegung des § 13 Abs. 3a SGB V.
Gegen das ihr am 17. Oktober 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. November 2016 Berufung eingelegt. Die konservativen Behandlungsmethoden des Lipödems hätten nur vorübergehende Linderung verschafft, aber den progredienten Krankheitsverlauf nicht verhindern können. Die Kosten für die lebenslang durchzuführenden konservativen Behandlungen seien im Vergleich zu den Operationskosten um ein Vielfaches höher. Sie habe sich die Leistung mittlerweile selbst beschafft und habe für die drei ambulanten Operationen am 7. März 2016, 4. Juli 2016 und 15. August 2016 nebst präoperativer Leistungen, Laboruntersuchungen und Arzneimitteln insgesamt EUR 13.111,55 bezahlt. Zudem lägen mittlerweile Entscheidungen anderer Gerichte vor, die den Eintritt der Genehmigungsfiktion bei der Liposuktion bejahten.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2016 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 8. Dezember 2015 und 27. Januar 2016 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2016 zu verurteilen, ihr EUR 13.111,55 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Der Berichterstatterin hat die Rechts- und Sachlage mit den Beteiligten erörtert und die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
II.
A. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten.
B. Die gemäß § 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als EUR 750,00 begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich einen Betrag von EUR 13.111,55.
C. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2016 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die Gewährung der Liposuktion als ambulante Sachleistung zu Recht abgelehnt. Der Klägerin steht nach Durchführung der ambulanten Operationen auch kein Anspruch auf Erstattung der von ihr geltend gemachten Kosten zu. Dies gilt mit Blick sowohl auf § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var SGB V (dazu unter 1.) als auch auf § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V (dazu unter 2.).
1. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin folgt nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var. SGB V.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var. SGB V sind dem Versicherten die für eine von ihm selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn die Krankenkasse diese Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, die Leistung notwendig und die Ablehnung für die Entstehung der Kosten ursächlich war.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine Liposuktion der Beine und Arme zu gewähren. Deshalb kann die Klägerin auch nicht beanspruchen, dass ihr die Kosten, die durch die selbstbeschaffte Leistung entstanden sind, von der Beklagten erstattet werden. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 16/07 R – juris, und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hatte keinen entsprechenden Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte.
a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Der Anspruch eines Versicherten auf (ambulante) Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 3/03 R –, 28. September 2010 – B 1 KR 5/10 R – und 11. September 2012 – B 1 KR 9/12 R – alle juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R – und 6. März 2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris; Urteil des Senats vom 26. Juni 2009 – L 4 KR 3386/08 – nicht veröffentlicht; Hessisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 15. April 2013 – L 1 KR 119/11 – juris).
b) Bei der Klägerin bestand eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie litt an einem Lipödem Stadium II der unteren Extremitäten. Dies ergibt sich aus den Gutachten von Dr. d. R.-W. und Dr. P ... Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand war mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der einer körperlichen Behandlung bedurfte.
c) Die Klägerin hatte jedoch keinen Anspruch auf eine Behandlung ihrer Erkrankung mittels ambulanter Liposuktion.
aa) Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – alle juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für den ambulanten Bereich ist insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch nur dann zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R –, 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R –, 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, alle juris). Die entsprechende Richtlinie ist seit 1. April 2006 die Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), zuvor die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien). An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R –, 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – alle juris).
Eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode in diesem Sinne ist die auf einem theoretisch-wissenschaftlichen Konzept beruhende systematische Vorgehensweise der Untersuchung und Behandlung einer Krankheit (BSG, Urteile vom 23. Juli 1998 – B 1 KR 19/96 R – und 28. März 2000 – B 1 KR 11/98 R – beide juris). Neu in diesem Sinne ist eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode dann, wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung im EBM aufgeführt wird und somit nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 12/06 R – juris).
bb) Bei der Liposuktion handelt es sich um eine eigenständige Behandlungsmethode. Diese Behandlungsmethode ist auch neu. Denn sie ist im EBM nicht als abrechnungsfähige Leistung erfasst. Eine Empfehlung des GBA für die Liposuktion liegt nicht vor. In der hier maßgeblichen Methoden-Richtlinie in der Fassung vom 17. Januar 2006 (zuletzt geändert am 15. September 2016) ist eine Prüfung und positive Bewertung der Liposuktion nicht enthalten. Als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode ohne positive Empfehlung des GBA unterliegt die Liposuktion somit dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V und darf im vertragsärztlichen Bereich nicht erbracht werden (vgl. z.B. Urteil des Senats vom 12. Februar 2014 – L 4 KR 4163/11 – nicht veröffentlicht und Beschluss des Senats vom 25. Januar 2016 – L 4 KR 3825/15 – nicht veröffentlicht; Beschluss des Senats vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris; Urteil des Senats vom 12. Mai 2017 – L 4 KR 2743/16 – nicht veröffentlicht; vgl. auch Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 – juris).
cc) Ein Systemversagen liegt nicht vor. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse kann ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R –, 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, a.a.O.).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (ebenso etwa LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris). Das BSG hatte in seinem Urteil vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R – juris) und in seinem Beschluss vom 10. Mai 2012 (B 1 KR 78/11 B – juris) keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles gesehen. Inzwischen hat der GBA mit Beschluss vom 22. Mai 2014 die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens beschlossen; auch dies steht der Annahme eines Systemversagens entgegen (ebenso LSG Thüringen, Beschluss vom 20. April 2015 – L 6 KR 1935/12 B – juris). Im Übrigen könnte sich die Klägerin auf eine Positivempfehlung des GBA nicht stützen, denn maßgeblich ist, ob ein Anspruch zum Zeitpunkt der Behandlung - im März, Juli und August 2016 - bestanden hat (LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris, m.w.N.).
dd) Auch um einen sogenannten Seltenheitsfall, in dem sich eine Krankheit und ihre Behandlung einer systematischen Erforschung entzieht und bei dem eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 17/06 R –juris), handelt es sich vorliegend nicht. Die bei der Klägerin vorliegende Krankheit (Lipödem Stadium II) ist keine seltene Erkrankung.
ee) Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 2 Abs. 1a SGB V, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) mit Wirkung vom 1. Januar 2012, berufen.
Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Vorschrift setzt die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R – und Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – alle juris) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R –, vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – und vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – alle juris). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG a.a.O.). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten.
Einen solchen Schweregrad erreichte die Lipödem-Erkrankung der Klägerin nicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – juris). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob konservative Therapien für die Klägerin als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgsversprechend zur Verfügung gestanden haben.
2. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V.
Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V, der mit Wirkung zum 26. Februar 2013 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 277) eingefügt worden ist, hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs. 3a Satz 3 SGB V). Kann die Krankenkasse die Frist nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
a) Ein Antrag der Klägerin im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V lag der Beklagten am 29. September 2015 vor. Die Übersendung der zunächst in Form einer CD eingereichten Befundunterlagen in Papierform ist für eine Antragstellung im Sinne der Vorschrift nicht erforderlich. Zwar muss der Antrag als solcher hinreichend bestimmt sein, um eine hinreichende Grundlage für die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zu bilden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER – juris, Rn. 27). Dies bedeutet aber nicht, dass damit bereits bei Antragstellung alle Einzelheiten der begehrten Leistung feststehen müssen (Beschluss des Senats vom 29. April 2016 – L 4 KR 4368/15 – juris).
Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V begann damit spätestens am 30. September 2015 zu laufen (§ 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] i.V.m. § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER –juris, Rn. 6; Noftz, in: Hauck/Noftz [Hrsg.], § 13 SGB V Rn. 58i [März 2014]). Die fünfwöchige Frist endete damit am 4. November 2016 (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB). Die (ablehnende) Entscheidung erfolgte mit Bescheid vom 8. Dezember 2015. Der Senat lässt offen, ob das Schreiben der Beklagten vom 4. November 2015 mit der Aufforderung an die Klägerin, die Befunde in Papierform einzureichen, eine dem § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V genügende Mitteilung der Beklagten war, sie könne die Frist nach Satz 1 nicht einhalten.
b) Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V ist indes nicht eröffnet (vgl. Beschluss des Senats vom 29. April 2016 – L 4 KR 4368/15 – juris, Rn. 46 ff; Beschluss des Senats vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris, Rn. 52 ff).
aa) § 13 Abs. 3a SGB V greift nicht bei jeglichen Leistungsanträgen ein, sondern nur dann, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, von den Krankenkassen also allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen ist (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 16 KR 154/14 B ER u.a. – juris, Rn. 26 ff.; Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 31. Januar 2014 – S 28 KR 1/14 ER – juris, Rn. 22 ff.; Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 19 ff.; Knispel, SGb 2014, 374 [375 f.]; Rieker, NZS 2015, 294 [297] m.w.N. auch zur Gegenansicht; in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris, Rn. 26, wo darauf abgestellt wird, dass die dort begehrte Therapie nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung liegt; offen gelassen von LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER – juris, Rn. 10; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Dezember 2016 – L 1 KR 680/15 – juris-Rn. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. März 2017 – L 1 KR 623/25, juris-Rn. 27; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. März 2017 – L 5 KR 217/16, juris-Rn. 14; Sozialgericht Mannheim, Urteil vom 3. Juni 2014 – S 9 KR 3174/13 – juris, Rn. 27 ff.). Dies folgt zum einen aus der Ratio der Regelung. Die Vorschrift soll nämlich (nur) die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren bei den Krankenkassen bezwecken (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfes auf Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32), nicht aber den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erweitern. Hierfür streitet auch der Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V, der den Kostenerstattungsanspruch auf die "erforderliche" Leistung begrenzt. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Genehmigungsfiktion in § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V, es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm "zustehende Leistung" zeitnah zu beschaffen (Bundestags-Drucksache 17/11710, S. 30). Der Versicherte soll so gestellt werden, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt (Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32). Rechtzeitig zur Verfügung stellen kann eine Krankenkasse nur die Sachleistung, die sie zu erbringen hat. Die Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs nach Satz 7 auf die "erforderlichen" Leistungen wäre zudem wenig sinnvoll, wenn die Genehmigungsfiktion nach Satz 6 keinerlei materiellen Anforderungen unterläge.
Der eingeschränkte Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V wird auch durch ein systematisches Argument untermauert (hierzu auch Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 20). Denn grundsätzlich regeln die Vorschriften des § 13 SGB V nur Kostenerstattungsansprüche für selbst beschaffte Leistungen, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören (BSG, Urteil vom 25. September 2000 – B 1 KR 5/99 R – juris, Rn. 11; BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris, Rn. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 19/08 R – juris, Rn. 10); eine Ausnahme bildet lediglich ein Teil des Anwendungsbereiches des § 13 Abs. 3 SGB V; nur in engen Grenzen kommt ein Kostenerstattungsanspruch für Leistungen außerhalb des Leistungskataloges in Betracht (dazu etwa Helbig, in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 13 Rn. 40 m.w.N.). Es handelt sich um eine enge und abschließende Ausnahmevorschrift. Es lässt sich weder dem Wortlaut des § 13 Abs. 3a SGB V noch den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzgeber dies durch die Einfügung des Abs. 3a erweitern wollte (so auch Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 20; Knispel, SGb 2014, 374 [376]).
Dies gilt zumal, wenn man berücksichtigt, dass der Gesetzgeber sich bei der Schaffung des § 13 Abs. 3a SGB V an der Regelung des § 15 SGB IX als Vorbild orientierte (Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32). Bei § 15 SGB IX ist indes anerkannt, dass die Norm das Bestehen eines Sachleistungsanspruchs voraussetzt (BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 12/12 R – juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 53/12 R – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – L 13 R 2947/12 – juris, Rn. 28).
bb) Liposuktionen sind nach dem oben Dargelegten nicht vom Sachleistungsanspruch gegen die Krankenkassen umfasst, so dass sie auch nicht Gegenstand einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V werden können (so schon Beschluss des Senats vom 13. September 2016 – L 4 KR 320/16 – juris).
Die begehrten Leistungen lagen vorliegend auch deshalb offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV, weil die Leistungen von einem nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer durchgeführt werden sollten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2016 – L 11 KR 5297/15, juris-Rn. 31). Die Klägerin beantragte die Durchführung von Liposuktionen in einer privatärztlichen Praxis. Sie hat damit von vornherein Leistungen außerhalb des GKV-Leistungskatalogs begehrt.
c) Mangels Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ging die Entscheidung der Beklagten mit Bescheid vom 27. Januar 2016, die fingierte Genehmigung nach § 45 SGB X aufzuheben, ins Leere. Der Bescheid entfaltet keine Rechtswirkungen und verletzt die Klägerin deshalb auch nicht in ihren Rechten. Ob die Beklagte zu einer Aufhebung nach § 45 SGB X berechtigt gewesen wäre, kann offen bleiben.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
E. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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