L 12 SF 4320/14 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SF 2159/14 E
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SF 4320/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Im Verfahren L 12 SF 4322/14 B wird die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.09.2014 - S 4 SF 2232/14 E - (betreffend die Kostenfestsetzung im Verfahren S 4 SO 2241/13 ER) als unzulässig verworfen.

2. Im Verfahren L 12 SF 4320/14 B wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.09.2014 - S 4 SF 2159/14 E - und der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.08.2014 geändert. Die im Verfahren S 4 SO 3101/13 der Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf 877,51 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Im Verfahren L 12 SF 4321/14 B wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.09.2014 - S 4 SF 2160/14 E - und der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.08.2014 geändert. Die im Verfahren S 4 SO 3102/13 der Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf 452,20 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegenstand der Verfahren L 12 SF 4320/14 B, L 12 SF 4321/14 B und L 12 SF 4322/14 B ist jeweils die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das der Beschwerdeführerin nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdegegner) zusteht.

Die Beschwerdeführerin vertrat den Kläger/Antragsteller G.M. in mehreren vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) geführten Klageverfahren und Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Streitgegenstand waren Ansprüche auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII); es ging dabei, inhaltlich zusammenhängend, um die Hilfebedürftigkeit des G.M. und die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft. Im Einzelnen:

1. S 6 SO 2761/12 ER: Mit dem am 05.10.2012 eingegangenen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurden vorläufige Leistungen der Grundsicherung begehrt. Das Verfahren wurde durch gerichtlichen Vergleich vom 23.01.2013 beendet. Der Sozialhilfeträger verpflichtete sich zur darlehensweisen Gewährung von Sozialhilfeleistungen für die Zeit von Januar bis Juli 2013; verschiedene Einzelheiten zur Berechnung wurden festgelegt; G.M. verpflichtete sich, eine günstigere Wohnung zu suchen. Inhalt des Vergleichs war ferner, dass im Verfahren S 6 SO 2762/12 über die ebenfalls am 05.10.2012 erhobene Klage, die (endgültige) Leistungen der Grundsicherung betraf, das Ruhen des Verfahrens beantragt wurde. Nach der im Vergleich getroffenen Kostenregelung hatte der Sozialhilfeträger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen. Durch Beschluss vom 29.01.2013 bewilligte das SG dem Antragsteller PKH und ordnete ihm die Beschwerdeführerin bei. Unter Angabe beider Aktenzeichen (S 6 SO 2761/12 ER und S 6 SO 2762/12) beantragte die Beschwerdeführerin am 23.09.2013 die Festsetzung und Erstattung ihrer Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt (753,27: 2 =) 376,64 EUR auf der Basis einer Verfahrensgebühr von 170 EUR, einer Terminsgebühr von 200 EUR und einer Einigungsgebühr von 190 EUR. Die Kosten wurden wie beantragt am 27.09.2013 festgesetzt.

2. S 6 SO 2762/12, später S 4 SO 2741/13: Entsprechend dem Ruhensantrag im Vergleich vom 23.01.2013 (siehe oben unter 1.) wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Es wurde am 19.08.2013 als aktenmäßig erledigt ausgetragen. Durch Beschluss vom 21.08.2013 bewilligte das SG PKH unter Beiordnung der Beschwerdeführerin. Nach Wiederanrufung im Oktober 2013 wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 4 SO 2741/13 fortgeführt. Am 20.12.2013 bestimmte das SG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 13.02.2014. Am 12.02.2014 ging beim SG eine von der Beschwerdeführerin verfasste Klagebegründung unter Angabe des Aktenzeichens S 4 SO 2241/13 ER (siehe unten unter 3.) ein, die das SG dem Verfahren S 4 SO 2741/13 zuordnete. In der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2014 wurden die - nicht verbundenen - Verfahren S 4 SO 2741/13, S 4 SO 3101/13 und S 4 SO 3102/13 (siehe unten unter 4. und 5.) verhandelt und durch einen Vergleich erledigt, der Leistungen der Grundsicherung ab Februar 2014 vorsah und dazu verschiedene Einzelheiten regelte. Eine Kostenregelung wurde nicht getroffen. - Über den oben unter 1 beschriebenen Kostenantrag hinaus hat die Beschwerdeführerin ein speziell auf das Verfahren S 4 SO 2741/13 bezogenes Honorar nicht geltend gemacht.

3. S 4 SO 2241/13 ER: Mit diesem am 22.08.2013 beim SG eingegangenen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurden unter Bezugnahme auf den Vergleich vom 23.01.2013 und einen bisher erfolglos gebliebenen Weitergewährungsantrag vorläufige Leistungen nach dem SGB XII über den Juli 2013 hinaus geltend gemacht. Das SG machte am 24.09.2013 einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, der entsprechend dem Vergleich vom 23.01.2013 eine Verlängerung der darlehensweisen Sozialhilfegewährung bis 31.01.2014 und hinsichtlich der Prozesskosten eine Erstattung der Hälfte der Kosten des Antragstellers vorsah; diesen Vorschlag nahmen beide Beteiligten zur Erledigung des Verfahrens an. Durch Beschluss ebenfalls vom 24.09.2013 bewilligte das SG dem Antragssteller PKH unter Beiordnung der Beschwerdeführerin. Diese beantragte im Rahmen der PKH am 17.03.2014 die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen in Höhe von (737,80 EUR: 2 =) 368,90 EUR auf der Grundlage einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 Vergütungsverzeichnis (VV) RVG in Höhe von 300 EUR und einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1005, 1006 VV RVG in Höhe von 300 EUR, zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte am 15.08.2014 die PKH-Vergütung auf (559,30 EUR: 2 =) 279,65 EUR fest. Die Verfahrens- und Einigungsgebühr seien unbillig und auf jeweils 225 EUR zu kürzen, da das Verfahren als wiederholter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unterdurchschnittlich gewesen sei.

4. S 4 SO 3101/13: Mit der am 18.11.2013 eingegangenen Klage wurden unter Anfechtung mehrerer Bescheide, zuletzt Widerspruchsbescheid vom 11.10.2013, Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe geltend gemacht. Abgesehen vom Schriftsatz vom 12.12.2014 (siehe oben unter 2.) erfolgte keine weitere Klagebegründung. Eine Terminierung erfolgte ebenfalls am 20.12.2013 auf den 13.02.2014. Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich erledigt (siehe oben unter 2.). In der mündlichen Verhandlung bewilligte das SG vor dem Vergleichsschluss PKH und ordnete dem Kläger G.M. die Beschwerdeführerin bei. Am 17.03.2014 beantragte die Beschwerdeführerin im Rahmen der PKH die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen in Höhe von 960,81 EUR. Dabei setzte sie eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300 EUR, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 280 EUR und eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1005, 1006 VV RVG in Höhe von 300 EUR an. Sodann zog sie 150 EUR wegen "Anrechnung außergerichtliche Geschäftsgebühr" ab. Zuzüglich Auslagenpauschale (20 EUR), Fahrkosten (32,40 EUR), Abwesenheitsgeld (25 EUR) und Umsatzsteuer (153,41 EUR) errechnet sich die Summe von 960,81 EUR. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle kürzte die drei genannten Gebühren auf jeweils 150 EUR. Der Ansatz jeweils der Mittelgebühr sei unbillig, was er im Wesentlichen mit dem geringen Aufwand angesichts der Vertretung in mehreren Verfahren mit gleichen Inhalten und nur einer knappen Klagebegründung sowie der Erledigung mehrerer Verfahren in einem Verhandlungstermin begründete. Bei unverändertem Ansatz der weiteren Rechnungspositionen und nach Anpassung der Umsatzsteuer errechnete er ein Honorar von 449,11 EUR und setzte die aus der Staatskasse an die Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten am 07.08.2014 in dieser Höhe fest.

5. S 4 SO 3102/13: Die ebenfalls am 18.11.2013 eingegangene Klage richtete sich gegen den Bescheid vom 26.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2013; geltend gemacht wurden Leistungen der Grundsicherung in gesetzlicher Höhe. Der weitere Verfahrensverlauf war der gleiche wie im Verfahren S 4 SO 3101/13, auch hier wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Vergleichsschluss PKH bewilligt. Mit dem Kostenantrag vom 17.03.2014 machte die Beschwerdeführerin Gebühren und Auslagen in Höhe von 892,50 EUR geltend. Wie im Verfahren S 4 SO 3101/13 setzte sie drei Gebühren in Höhe von 300 EUR, 280 EUR und 300 EUR an, abzüglich "Anrechnung außergerichtliche Geschäftsgebühr" in Höhe von 150 EUR, zuzüglich Auslagenpauschale (20 EUR) und Umsatzsteuer (142,50 EUR), ergibt 892,50 EUR. Aus den gleichen Gründen wie im Verfahren S 4 SO 3101/13 kürzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die drei Gebühren auf jeweils 150 EUR und errechnete zu erstattende Kosten in Höhe von 380,80 EUR, die er in dieser Höhe am 11.08.2014 festsetzte.

Die Beschwerdeführerin hat gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 07.08.2014 und vom 11.08.2014 am 26.08.2014 mit gleichlautenden Begründungen Erinnerung eingelegt (S 4 SF 2159/14 E zu S 4 SO 3101/13 sowie S 4 SF 2160/14 E zu S 4 SO 3102/13). Gegen die Kostenfestsetzung vom 15.08.2014 im Verfahren S 4 SO 2241/13 ER hat sie am 29.08.2014 Erinnerung eingelegt (S 4 SF 2232/14 E) und zur Begründung in vollem Umfang auf die in den beiden vorgenannten Verfahren vorgelegten Begründungen verwiesen. Sie hat ausgeführt, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in den Verfahren über die jeweils am 18.11.2013 erhobenen und am 12.02.2014 begründeten Klagen sei weit überdurchschnittlich gewesen; die Unterlagen seien umfangreich und hätten in mehreren Mandantengesprächen erörtert werden müssen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei ebenfalls deutlich überdurchschnittlich gewesen. Für den Kläger bzw. Antragsteller sei es um seine Existenzgrundlage gegangen. Somit sei bei der Verfahrensgebühr und der Erledigungsgebühr der Ansatz in Höhe der Mittelgebühr gerechtfertigt. Gleiches gelte für die Terminsgebühr, nachdem im Termin am 13.02.2014 über einen Zeitraum von 75 Minuten intensiv verhandelt worden sei.

Das SG hat durch Beschluss vom 24.09.2014 die Erinnerungen zurückgewiesen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle habe die von der Beschwerdeführerin angesetzten Gebühren zu Recht gekürzt. Zwar seien die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente hinsichtlich Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit nachvollziehbar. Indessen sei der anwaltliche Aufwand im Verfahren S 4 SO 2241/13 ER, bei dem es sich um einen wiederholten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei weitgehend gleichem Sachverhalt wie im vorangegangenen Verfahren S 6 SO 2761/12 ER gehandelt habe, sowie in den Verfahren S 4 SO 3101/13 und S 4 SO 3102/13 gering gewesen. Synergieeffekte auf Grund des Betreibens mehrerer (hier fünf) Verfahren seien zu berücksichtigen. Die Unterschreitung der Mittelgebühren sei beim Vergleich mit den Gebühren, die der Beschwerdeführerin insgesamt in den fünf Verfahren zugesprochen worden seien, gerechtfertigt.

Die Beschwerdeführerin hat gegen alle drei Entscheidungen im Beschluss vom 24.09.2014 mit am 13.10.2014 beim SG eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Ihrer Auffassung nach hat sich das SG nicht hinreichend mit den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 RVG auseinander gesetzt. Immerhin habe das SG ihre Ausführungen zu Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache nicht bezweifelt. Unzulässig - da mit dem Gebührenrecht nicht vereinbar - sei die vom SG vorgenommene "Generalabrechnung" unter Einbeziehung sämtlicher, auch bereits abgeschlossener Verfahren aus dem Jahre 2013 - nämlich der Verfahren S 6 SO 2761/12 ER und S 4 SO 2741/13, die beide bereits abgeschlossen worden seien - und Messung der addierten Gebühren an der Höchstgebühr für ein sozialgerichtliches Verfahren. Es werde "mit zweierlei Maß gemessen", wenn in den Verfahren S 4 SO 3101/13 und S 4 SO 3102/13 jeweils nur eine Verfahrensgebühr in Höhe von 150 EUR festgesetzt worden sei, diese aber sodann wieder um die außergerichtliche Geschäftsgebühr in Höhe von 150 EUR gekürzt worden sei.

Der Beschwerdegegner hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten beider Rechtszüge und der ebenfalls beigezogenen Verfahrensakten des SG in den weiteren oben genannten Klage- bzw. Antragsverfahren Bezug genommen.

II.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Vorliegend hat indessen der Einzelrichter (Berichterstatter) die Verfahren gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat übertragen, weshalb dieser als Gesamtspruchkörper entscheidet.

Verfahrensrechtlich handelt es sich um drei Beschwerden gegen drei Entscheidungen des SG in drei Erinnerungsverfahren, da das SG diese Verfahren nicht verbunden hat, sondern die jeweiligen Beschlüsse nur formal in dem Beschluss vom 24.09.2014 zusammengefasst hat. Somit sind Zulässigkeit und Begründetheit jeder Beschwerde gesondert zu prüfen.

In allen drei Verfahren kommen die Regelungen des RVG in der ab 01.08.2013 geltenden Fassung nach dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586) zur Anwendung. Nach der Übergangsvorschrift des § 60 RVG finden die bisherigen Vorschriften des RVG Anwendung, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit bis zum 31.07.2013 erteilt worden ist, oder der Rechtsanwalt bis zum 31.07.2013 gerichtlich beigeordnet worden ist. Die Beiordnungen erfolgten in allen drei SG-Verfahren nach dem 31.07.2013. In den Verfahren S 4 SO 3101/13 und S 4 SO 3102/13 datieren sowohl die angefochtenen Widerspruchsbescheide als auch die Prozessvollmachten von Zeitpunkten nach dem 31.07.2013. Auch im Verfahren S 4 SO 2241/13 ER ging der Antrag auf einstweilige Anordnung am 22.08.2013 beim SG ein, so dass für alle Verfahren eine Auftragserteilung nach dem 31.07.2013 anzunehmen ist.

1. L 12 SF 4222/14 B

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht statthaft ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG kann gegen die Entscheidung über die Erinnerung Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt. Maßgebend für den Wert des Beschwerdegegenstands ist allein die Entscheidung des SG im Verfahren S 4 SF 2232/14 E über die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung vom 15.08.2014 im Verfahren S 4 SO 2241/13 ER (siehe oben). Mit dem Kostenerstattungsantrag vom 17.03.2014 machte die Beschwerdeführerin Kosten in Höhe von 368,90 EUR geltend. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die zu erstattenden Kosten in Höhe von 279,65 EUR fest. Diesen Betrag hat das SG mit seinem Beschluss vom 24.09.2014 bestätigt. Die Differenz von 89,25 EUR entspricht dem Wert des Beschwerdegegenstands, der somit 200 EUR nicht übersteigt.

Die Beschwerde ist auch nicht nach § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zulässig, da das SG sie nicht zugelassen hat.

2. L 12 SF 4320/14 B und L 12 SF 4321/14 B

Die Beschwerden sind nach § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdegegenstand übersteigt in beiden Verfahren jeweils den Betrag von 200 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) ist eingehalten; der Beschluss vom 24.09.2014 wurde der Beschwerdeführerin am 29.09.2014 zugestellt, die Beschwerden gingen am 10.10.2014 beim SG ein.

Die Beschwerden sind teilweise begründet.

Nach § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt gemäß § 45 Abs. 1 RVG aus der Landeskasse zu erstatten sind. In beiden Verfahren vor dem SG (S 4 SO 3101/13 und S 4 SO 3102/13) sind jeweils eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG und eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1005 VV RVG angefallen. Das war und ist auch gar nicht streitig; umstritten ist allein die Höhe der Gebühren. Angefallen sind ferner die von der Beschwerdeführerin angesetzten Auslagen nach Nr. 7002, 7003 und 7005 VV RVG, die auch der Höhe nach unstrittig sind.

Die Höhe der Gebühren richtet sich nach den §§ 3, 14 RVG. Dabei wird die konkrete Höhe einer Gebühr gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG durch den Rechtsanwalt unter Berücksichtigung aller Umstände, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen bestimmt. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wird im Wesentlichen durch die zeitliche Inanspruchnahme bestimmt. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist anhand der Intensität der Tätigkeit zu bewerten. Die Bedeutung der Angelegenheit ist zu bestimmen anhand der konkreten Bedeutung für den Mandanten. Zusätzlich sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers maßgeblich. Dabei ist in der Praxis grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen (siehe dazu ausführlich BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R -, BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr. 2). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG), wobei ihm nach allgemeiner Meinung ein Spielraum (sog. Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (BSG a.a.O.). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet; dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.

Namentlich bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sind Synergieeffekte auf Grund inhaltlicher Parallelen mehrerer vom Rechtsanwalt betriebener Verfahren (desselben Auftragsgebers) zu berücksichtigen. Das ist soweit ersichtlich in der Rechtsprechung anerkannt (z.B.Thüringer LSG, Beschluss vom 23.12.2015 - L 6 SF 1226/15 B -, juris; vgl. allgemein zur Berücksichtigung von Synergieeffekten Straßfeld, SGb 2008, 705, 708). Dabei ist nach Auffassung des Senats in der Regel - jedenfalls wenn wie hier bei der Bearbeitung mehrerer aufeinander folgender Verfahren gleicher Beteiligter mit (teilweise) gleichem Gegenstand ganz oder teilweise auf die Vorarbeiten aus dem vorangegangenen Verfahren zurückgegriffen werden kann - so vorzugehen, dass die Gebühr für eines der Verfahren wie bei einem Einzelverfahren festzusetzen ist und anschließend bei der Festsetzung für das weitere oder die weiteren Verfahren neben den sonstigen Bemessungskriterien insbesondere auch zu berücksichtigen ist, ob und ggf. in welchem Umfang sich nun im konkreten Einzelfall Synergieeffekte auf Grund mehr oder weniger großer inhaltlicher Parallelen eingestellt haben (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2015 - L 20 SO 466/14 B -, juris).

Davon ausgehend ergibt sich hier für die Höhe der zu erstattenden Gebühren:

a.) Verfahrensgebühr

Im Ansatz kann - mit dem SG - den Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, zur Bedeutung der Angelegenheit sowie zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Auftraggebers gefolgt werden; erstere liegen im überdurchschnittlichen Bereich, die unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers werden durch die hohe Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber kompensiert (vgl. dazu BSG a.a.O.). Im Vordergrund der Beurteilung steht hier vielmehr - wozu die Beschwerdeführerin allerdings wenig vorträgt - die Berücksichtigung von Synergieeffekten auf Grund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin teils kurz nacheinander, teils parallel mehrere Klagen und Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für den selben Auftraggeber betrieben hat, in denen es um gleiche tatsächliche und rechtliche Probleme ging. Ausgehend von obigen Grundsätzen ist der Ansatz der Mittelgebühr für das erste abgerechnete Verfahren nicht zu beanstanden. Welches dieses "erste" Verfahren ist, ist hier allerdings deshalb nicht ganz einfach zu beantworten, weil parallel zu den Verfahren S 4 SO 3101/13 und S 4 SO 3102/13 auch das Verfahren S 4 SO 2741/13 betrieben und in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2014 erledigt wurde, dieses letztgenannte Verfahren aber schon länger - zunächst unter dem Aktenzeichen S 6 SO 2762/12 - anhängig war und von der Beschwerdeführerin als durch den Kostenantrag vom 23.09.2013 und den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.09.2013 bereits abgeschlossen und abgerechnet angesehen wird (vgl. die Beschwerdebegründung: Das SG vermische in unzulässiger Weise "die streitgegenständlichen Kostenanträge mit den bereits abgeschlossenen Verfahren aus dem Jahre 2013 S 6 SO 2761/12 ER und S 4 SO 2741/13"). Da jedoch das Verfahren S 4 SO 2741/13 (früher S 6 SO 2762/12) nicht gesondert, sondern nur mit dem Kostenantrag vom 23.09.2013 zusammen mit dem Verfahren S 6 SO 2761/12 ER mit einer jeweils nur einmal angesetzten Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr abgerechnet wurde, geht der Senat davon aus, dass hier - ausnahmsweise wegen der hier gegebenen besonderen Umstände - für das Verfahren S 4 SO 3101/13 als "erstem" Verfahren die Verfahrensgebühr noch ohne Berücksichtigung von Synergieeffekten in Höhe der Mittelgebühr angemessen ist. Die Mittelgebühr beträgt ([50 + 550]: 2 =) 300 EUR, wie von der Beschwerdeführerin angesetzt.

Dagegen sind in dem weiteren Verfahren S 4 SO 3102/13 auf Grund inhaltlicher Überschneidungen mit dem Verfahren S 4 SO 3101/13 (und auch den anderen bereits früher anhängig gewordenen Verfahren des Klägers/Antragstellers G.M.), die die Beschwerdeführerin auch gar nicht bestreitet, erhebliche Synergieeffekte mit einem dadurch bedingten erheblich geringeren Arbeits- und Zeitaufwand anzunehmen und zu berücksichtigen. Der Ansatz der Verfahrensgebühr wiederum in Höhe der Mittelgebühr ist daher unbillig. Billig erscheint eine Gebühr in Höhe der halben Mittelgebühr, die entsprechende Kürzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist daher gerechtfertigt.

b.) Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr

Nach der amtlichen Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wird, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 (d.h. eine nach den Nummern 2300 bis 2303 VV RVG) entsteht, diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet; bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungshöchstbetrag 175 EUR. Allerdings ist im Rahmen der Festsetzung der Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts die Geschäftsgebühr auf die entstandene Verfahrensgebühr nur dann anzurechnen, wenn sie tatsächlich bezahlt worden ist (Senatsbeschluss vom 04.04.2016 - L 12 SF 3641/14 E-B -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 02.12.2015 - L 15 SF 133/15 - juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 03.02.2015 - L 2 AS 605/14 B -, juris; aus der Rechtsprechung anderer Gerichtsbarkeiten z.B. OLG Celle, Beschluss vom 07.11.2013 - 2 W 235/13 -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 03.04.2013 - 13 OA 276/12 -, juris). Vorliegend hat die Beschwerdeführerin in den Kostenerstattungsanträgen beider Verfahren jeweils eine außergerichtliche Geschäftsgebühr in Höhe von 150 EUR angerechnet und abgezogen. Darüber hinausgehende Angaben zur tatsächlichen Zahlung hat sie nicht gemacht, sie hat lediglich jeweils angegeben, Vorschüsse und sonstige Zahlungen oder Gebühren für Beratungshilfe seien nicht geleistet worden. Indessen ist von den Angaben im Kostenerstattungsantrag jedenfalls so lange auszugehen, als der Anrechnungsbetrag nicht zu niedrig ist, zumal es einem Rechtsanwalt freisteht, welche der beiden Gebühren - Geschäftsgebühr oder Verfahrensgebühr - er in voller Höhe geltend macht; er darf lediglich nicht insgesamt mehr als den Betrag verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrags ergibt (z.B. Bayerisches LSG a.a.O.). Das Ergebnis, dass im Verfahren S 4 SO 3102/13 der Anrechnungsbetrag von 150 EUR gleich hoch ist wie die Verfahrensgebühr von 150 EUR und somit nach der Anrechnung für die Verfahrensgebühr nichts übrig bleibt, ist nicht zu beanstanden, denn der Anrechnungsbetrag bestimmt sich nach der Geschäftsgebühr und nicht nach der Verfahrensgebühr.

c.) Terminsgebühr

Bei der Bewertung der Terminsgebühr ist nach Auffassung des Senats die Dauer des Termins das wesentliche Kriterium, denn damit wird der Aufwand des Rechtsanwalts in zeitlicher Hinsicht unmittelbar erfasst, den er für seine Anwesenheit bei dem Termin hat (Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.09.2015 - L 15 SF 273/14 E -, juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 28.04.2014 - L 2 AS 708/13 B -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2015 - L 19 AS 1475/15 B -, juris). Daneben sind allerdings alle anderen Kriterien des § 14 RVG ebenfalls zu berücksichtigen; die Dauer des Termins ist das wesentliche, aber nicht das allein wesentliche Bemessungskriterium.

Vorliegend wurden in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2014 drei Klageverfahren verhandelt und erledigt, nämlich S 4 SO 3101/13 und S 4 SO 3102/13, wofür die Beschwerdeführerin die hier strittigen Gebühren abgerechnet hat, sowie S 4 SO 2741/13. Die Verhandlung dieser drei "formlos verbundenen" Verfahren dauerte insgesamt 75 Minuten. Dem Protokoll ist nicht zu entnehmen, welche Verhandlungsdauer auf welches Verfahren entfiel, wahrscheinlich war auf Grund der Überschneidungen auch gar keine Unterscheidung möglich. Dieser Umstand und die besondere Bedeutung des Kriteriums der Dauer des Termins führen gegenüber der Behandlung von Synergieeffekten bei der Verfahrensgebühr (siehe oben) zu einer modifizierten Verfahrensweise.

In der Rechtsprechung finden sich zur Bestimmung der Gebührenhöhe von in einem Termin gemeinsam aufgerufenen Verfahren ohne Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung unterschiedliche Entscheidungen (siehe die Nachweise im Beschluss des Hessischen LSG a.a.O.). Der Senat folgt der Auffassung, dass grundsätzlich die Gesamtdauer des Termins durch die Anzahl der verhandelten Streitsachen zu teilen und der errechnete Zeitaufwand an einer durchschnittlichen Terminsdauer vor den Sozialgerichten zu messen ist (Bayerisches LSG a.a.O., Hessisches LSG a.a.O., m.w.N.). Dieses Vorgehen entspricht am ehesten dem Umstand, dass eine konkrete Zuordnung nicht möglich ist, und der wesentlichen Bedeutung der Dauer des Termins für den "Umfang" der anwaltlichen Tätigkeit; speziell für dieses Kriterium kann auch nicht von der bei der Verfahrensgebühr maßgebenden Erfahrung ausgegangen werden, dass in ein erstes Verfahren eine normale Einarbeitung erforderlich ist und sich für weitere Verfahren die sog. Synergieeffekte ergeben. Die durchschnittliche Terminsdauer vor den Sozialgerichten nimmt der Senat mit etwa 30 bis 50 Minuten an (vgl. Hessisches LSG, Bayerisches LSG und LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.).

Bei dieser Vorgehensweise ergibt sich hier für jedes Verfahren eine Verhandlungsdauer von 25 Minuten, d.h. eine knapp unterdurchschnittliche Dauer. Unter Berücksichtigung dessen hält der Senat den Ansatz einer Gebühr für jedes Verfahren in Höhe von drei Viertel der Mittelgebühr, d.h. in Höhe von 210 EUR, für angemessen; dass die Beschwerdeführerin in dem Verfahren S 4 SO 2741/13 für die Wahrnehmung des Termins am 13.02.2014 nichts abgerechnet hat, ist für die Bestimmung der Gebühr in den beiden anderen Verfahren unerheblich.

d.) Einigungsgebühr

Die Gebühr nach Nrn. 1006, 1005 VV RVG entsteht "in Höhe der Verfahrensgebühr", ist also (seit 01.08.2013) unmittelbar an die konkret angefallene Verfahrensgebühr gekoppelt. Die Gebühr beträgt somit im Verfahren S 4 SO 3101/13 300 EUR und im Verfahren S 4 SO 3102/13 150 EUR.

e.) Für das Verfahren S 4 SO 3101/13 erhält die Beschwerdeführerin somit:

Verfahrensgebühr 300 EUR Terminsgebühr 210 EUR Einigungsgebühr 300 EUR Anrechnung Geschäftsgebühr - 150 EUR Post- und Telekommunikation 20 EUR Fahrkosten 32,40 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld 25 EUR Zwischensumme 737,40 EUR 19 % Umsatzsteuer 140,11 EUR - insgesamt 877,51 EUR

Für das Verfahren S 4 SO 3102/13 beträgt die Vergütung:

Verfahrensgebühr 150 EUR Terminsgebühr 210 EUR Einigungsgebühr 150 EUR Anrechnung Geschäftsgebühr - 150 EUR Post- und Telekommunikation 20 EUR Zwischensumme 380 EUR 19 % Umsatzsteuer 72,20 EUR - insgesamt 452,20 EUR

Die Verfahren sind gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Diese Beschlüsse sind unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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