L 10 R 702/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 970/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 702/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.02.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der am 1967 geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Seit seiner Beschäftigungsaufnahme im Jahr 1984 übte er zahlreiche verschiedene Tätigkeiten aus, u.a. als Maschinenbediener und Hilfsarbeiter in unterschiedlichen Berufsbereichen. Zuletzt war er als Dachdeckerhelfer beschäftigt. In dieser Tätigkeit trat am 28.11.2011 Arbeitsunfähigkeit ein. Nachfolgend war der Kläger mit Ausnahme einer viermonatigen Beschäftigung in einem Schotterwerk Ende 2014/Anfang 2015 arbeitslos.

Im Jahr 2003 wurde beim Kläger eine Epilepsie diagnostiziert, die zunächst erfolgreich medikamentös behandelt wurde. Trotz Absetzen der Medikamente im Jahr 2006 blieb der Kläger auch nachfolgend über mehrere Jahre hinweg anfallsfrei. Im November 2011 trat ein erneuter Anfall auf, worauf die behandelnden Ärzte eine medikamentöse Behandlung einleiteten und eine erneute Medikamenteneinstellung versuchten.

Am 02.11.2012 beantragte der Kläger wegen seines Anfallsleidens die Gewährung einer Rente wegen Erwerbminderung. Auf Veranlassung der Beklagte erstattete die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. ein Gutachten auf Grund Untersuchung des Klägers im Dezember 2012, in dem sie eine generalisierte idiopathische Epilepsie (derzeit Medikamenteneinstellung) beschrieb und eine Leistungsminderung verneinte. Es sei davon auszugehen, dass mit der derzeitigen medikamentösen Einstellung die Anfälle reduziert werden könnten, zumal der Kläger unter Therapie schon zehn Jahre anfallsfrei gewesen sei. Allerdings könne der Kläger als Dachdecker nicht mehr arbeiten. Er könne mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr verrichten, wobei Tätigkeiten mit Klettern oder Steigen und an laufenden ungeschützten Maschinen nicht mehr leidensgerecht seien. Mit Bescheid vom 14.12.2012 und Widerspruchsbescheid vom 21.03.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, er könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei im Sinne des § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) daher nicht erwerbsgemindert.

Am 05.04.2013 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, es komme in regelmäßigen Abständen von vier bis sechs Wochen ohne Vorankündigung zu schweren epileptischen Anfällen, die ca. zehn Minuten andauerten. Die Medikamenteneinstellung sei bis heute unzureichend; zudem führten die Medikamente zu heftigen Nebenwirkungen, wie Schwindel, Kopfschmerzen und verschwommenes Sehen bzw. Doppeltsehen. Dadurch habe sich eine erhebliche depressive Reaktion entwickelt. Zudem seien erhebliche HWS- und LWS-Blockierungen mit erheblichen Bewegungseinschränkungen zu berücksichtigen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Facharzt für Neurologie Dr. P. hat über die bekannte idiopathische Epilepsie und einen regelrechten neurologischen Status berichtet. Zur Leistungsfähigkeit des Klägers hat er sich nicht geäußert. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. hat von einer schwierigen Einstellung der idiopathischen Epilepsie berichtet, wobei trotz hoher Dosen Antiepileptika noch ca. alle vier Wochen Krampfanfälle aufträten. Andererseits führten die Antiepileptika zu extremen Nebenwirkungen, wobei der Kläger über einen anhaltenden Tremor (extrem starkes Händezittern), insbesondere nach der morgendlichen Lamotrigin-Einnahme, klage. Im Laufe des Tages würden diese Nebenwirkung abklingen. Begleitend zur epileptischen Erkrankung bestünden anhaltende depressive Störungen, derentwegen eine Gesprächstherapie durchgeführt werde. Wegen rezidivierenden Wirbelsäulen-Syndromen würden immer wieder kurzzeitige Therapien durchgeführt. Eine Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich könne der Kläger nicht verrichten, da die Krampfanfälle unvorhergesehen aufträten, ihn stark belasteten und ihn selbst und andere Menschen gefährdeten. Eine konzentrierte Arbeit über sechs Stunden hinweg sei nicht möglich. Zudem bestehe der beschriebene deutliche Tremor. Die Fachärztin für Neurologie W. hat berichtet, im Dezember 2011 eine antiepileptische Behandlung mit Lamotrigin eingeleitet zu haben, wobei der Kläger sich zu den angeratenen Verlaufsuntersuchungen nicht mehr vorgestellt habe. Angesichts der seinerzeit dokumentierten unauffälligen Befunde hat sie keine Bedenken hinsichtlich der Ausübung einer leichten Tätigkeit in Vollzeit gehabt. Auf Grund der Epilepsie seien jedoch Tätigkeiten mit Personenbeförderung in Kraftfahrzeugen, das Bedienen von potentiell gefährdenden Maschinen und das Besteigen von Gerüsten nicht leidensgerecht.

Das SG hat sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin/Psychotherapie Dr. S. auf Grund Untersuchung des Klägers im Februar 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat eine Epilepsie mit generalisierten Anfällen diagnostiziert und eine Alkoholabhängigkeit beschrieben. Nach sachgerechter Klärung der Anfallsursache und entsprechender Behandlung sei in vergleichsweise kurzer Zeit eine deutlich bessere Anfallskontrolle zu erreichen. Aus epileptischen Anfällen resultiere keine quantitative Leistungsminderung, weshalb der Kläger in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich an einem für Epileptiker geeigneten Arbeitsplatz tätig zu sein. Entsprechende Tätigkeiten seien ohne Absturzgefahr, ohne Klettern auf Leitern und Gerüsten, nicht an ungeschützten Maschinen und beinhalteten nicht das Führen eines Kraftfahrzeugs oder Gabelstaplers sowie Überwachungsaufgaben, bei denen ein plötzlicher Ausfall zur Gefährdung anderer führen würde. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das Gutachten des Chefarztes der Neurologischen Abteilung im V. Hospital R. und Facharzt für Neurologie Dr. N. mit ergänzender Stellungnahme eingeholt. Der Sachverständige hat auf Grund Untersuchung des Klägers im Juni 2014 neben einem cerebralen Anfallsleiden mit Grand-Mal-Anfällen einen chronischen Alkoholabusus, einen behindernden Ruhe- und Aktionstremor, eine Lumbalgie sowie eine ängstlich depressive Anpassungsstörung diagnostiziert und das Leistungsvermögen des Klägers mit weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Epilepsiebehandlung sei eine Alkoholabstinenz, da Schwankungen des Alkoholspiegels immer wieder Anfälle auslösten. Das SG hat sodann Dr. S. ergänzend, insbesondere zu dem Tremorleiden, befragt und darüber hinaus den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. S. hat keine Angaben zur aktuellen Medikation und Anfallsfrequenz machen können und ausgeführt, dass ihr ein Tremorleiden nicht aufgefallen sei. Dr. R. hat von fünf Vorstellungen im Jahr 2013 sowie von stark schwankenden Leberwerten und einem extrem stark schwankenden Medikamentenspiegel berichtet, weshalb er die Angaben des Klägers zur der eigehaltenen Alkoholkarenz und der Medikamenteneinnahme angezweifelt und auf eine fehlende Bereitschaft zur Mitwirkung an einer effektiven Behandlung geschlossen hat. Das SG hat sodann eine ergänzende Stellungnahme bei dem Sachverständigen Dr. S. eingeholt, der die Auffassung vertreten hat, dass die Alkoholabhängigkeit des Klägers in einem Zeitraum von sechs Monaten zu bessern sei, wodurch dann auch eine Besserung des Anfallsleidens und des Zitterns, das im Zusammenhang mit der Alkoholproblematik stehe, zu erwarten sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.02.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. S. gestützt und die Leistungsbeurteilung des Dr. N. nicht für überzeugend erachtet.

Am 26.02.2015 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, ohne diese zu begründen. Zu den anberaumten Erörterungsterminen am 16.12.2015 und 29.06.2016 ist der Kläger nicht erschienen. Zuletzt hat er das Schreiben des Jobcenters des Landkreises R. vom 09.03.2017 vorgelegt, wonach davon auszugehen sei, dass er für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.02.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.03.2013 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu dem dem Schreiben des Jobcenters des Landkreises R. vom 09.03.2017 zu Grunde liegenden und vom Senat beigezogenen Gutachten der Gutachterin der Agentur für Arbeit T. vom 20.01.2017 hat die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. H.-Z. vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 14.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.03.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Reglungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) im Einzelnen dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erfüllt, weil ihm zumindest leichte berufliche Tätigkeiten bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (ohne Tätigkeiten mit Absturzgefahr, Klettern auf Leitern und Gerüsten, an ungeschützten Maschinen, ohne Fahrertätigkeiten, ohne Tätigkeiten mit Überwachungsaufgaben, die bei plötzlichem Ausfall zu einer Gefährdung führen) täglich sechs Stunden und mehr zumutbar sind und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Der Senat sieht insoweit deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass im Vordergrund der - relevanten (zur Frage der Alkoholabhängigkeit später) - Beeinträchtigungen des Klägers eine Epilepsie mit generalisierten Anfällen steht, die bisher nicht ausreichend behandelt ist, und die mit der vom Kläger angegebenen Anfallshäufigkeit (alle vier bis sechs Wochen) für sich betrachtet der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich nicht entgegensteht. Soweit der Kläger auf eine depressive Reaktion und Wirbelsäulenbeschwerden verweist, hat keiner der Gutachter - weder die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. noch Dr. S. und auch Dr. N. nicht - hieraus eine Leistungsminderung abgeleitet. In Bezug auf die Epilepsie hat der Sachverständige Dr. S. überzeugend dargelegt, dass die Möglichkeit des Auftretens eines Anfalls während der beruflichen Tätigkeit lediglich die Verrichtung solcher Tätigkeiten ausschließt, die mit einer Gefährdung des Versicherten oder anderen Personen verbunden sind und daher die Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen erfordert, die in Rede stehende Erkrankung jedoch nicht die Annahme rechtfertigt, dass der Versicherte berufliche Tätigkeiten lediglich noch in einem zeitlich reduzierten Umfang auszuüben vermag bzw. ein gänzlich aufgehobenes Leistungsvermögen vorliegt.

Über die epileptische Erkrankung hinaus besteht beim Kläger - insoweit sind die Ausführungen des SG zu ergänzen - ein chronischer Alkoholabusus, was der Senat den Gutachten des Dr. S. und des Dr. N. sowie den Ausführungen des Dr. R. in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge entnimmt. Übereinstimmend haben diese auf die im Rahmen der Laboruntersuchungen ermittelten erhöhten Leberwerte hingewiesen, die für einen erhöhten Alkoholkonsum - so Dr. S. - bzw. einen chronischen Alkoholabusus - so Dr. N. - sprechen. Auch dieser erhöhte bzw. schädliche Alkoholkonsum bedingt für sich betrachtet keine quantitative Leistungsminderung. Insoweit hat der Sachverständige Dr. S. überzeugend dargelegt, dass sich entsprechendes nur unter seltenen sozialmedizinischen Umständen begründen lässt, wie dies etwa bei einer sog. Abstinenzunfähigkeit oder beim Vorliegen schwerer Alkoholfolgeschäden (z.B. alkoholische Demenz) in Betracht kommt. Hinweise auf das Vorliegen einer derartigen Fallgestaltung liegen nicht vor. So ist der Sachverständige Dr. S. zwar von einem erhöhten Alkoholkonsum ausgegangen, allerdings hat er sich nicht in der Lage gesehen, eine Alkoholabhängigkeit zu diagnostizieren. Von einer Abstinenzunfähigkeit kann daher erst recht nicht ausgegangen werden. Auch Dr. N. hat lediglich einen chronischen Alkoholabusus beschrieben, nicht aber eine Abstinenzunfähigkeit. Für das Vorliegen schwerer Alkoholfolgeschäden ist ohnehin nichts ersichtlich.

Aber selbst unter der Annahme einer Alkoholabhängigkeit ist nicht von einer rentenrelevanten Leistungsminderung auszugehen. Insoweit hat der Sachverständige Dr. S. darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine grundsätzlich in einem überschaubaren Zeitraum behandelbare Erkrankung handelt. Er hat deutlich gemacht, dass innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mit einer Besserung gerechnet werden kann. Seelisch bedingte Störungen - hierzu gehört auch eine Alkoholabhängigkeit - scheiden aber für die Begründung einer Erwerbsminderung aus, wenn sie der Betroffene bei der ihm zumutbaren Willensanstrengung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe (BSG, Urteil vom 21.10.1969, 11 RA 219/66 in SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO) sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann (BSG, Urteil vom 01.07.1964, 11/1 RA 158/61 in SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO), wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Ausgehend hiervon sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass das Leistungsvermögen des Klägers in einem quantitativen und damit rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt sein könnte. Entsprechend überzeugt den Senat auch nicht die Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. N. , der das Leistungsvermögen des Klägers mit weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt hat. Eine Begründung für diese Annahme hat der Sachverständige nicht gegeben. Schon deshalb überzeugt seine Beurteilung nicht.

Darüber hinaus steht der Einschätzung von Dr. N. entgegen, dass der Kläger - wie er anlässlich des Erörterungstermins vor dem SG am 29.01.2015 angegeben hat - über vier Monate hinweg trotz der Erkrankungen im Schotterwerk G. in Empfingen beschäftigt gewesen ist.

Der Beurteilung von Dr. N. kann auch nicht deshalb gefolgt werden, weil der Sachverständige von einem Tremor ausgegangen ist. Denn auch dieser Tremor steht der Ausübung einer zumindest sechsstündigen Tätigkeit nicht entgegen steht. Hierzu hat der Kläger anlässlich des erwähnten Erörterungstermins angegeben, das Zittern trete morgens nach der Medikamenteneinnahme für ca. zwei bis drei Stunden auf. Er habe das Medikament deshalb morgens früh eingenommen und habe dadurch arbeiten können. Diese Angaben des Klägers relativieren auch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. , der im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem SG auf Grund der Äußerungen des Klägers davon ausgegangen ist, dass sich der Tremor in den letzten vier bis fünf Jahren entwickelt und der Schweregrad im Laufe der Zeit zugenommen hat. Soweit er seiner Beurteilung daher einen ausgeprägten Ruhe- und Aktionstremor im Bereich der oberen Extremitäten, wie er ihn anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung objektiviert hat, zu Grunde gelegt hat, überzeugt dies nicht. Denn von einem Dauerzustand vermag der Senat insoweit schon deshalb nicht auszugehen, weil weder der Sachverständige Dr. S. anlässlich seiner nur wenige Monate zuvor erfolgten Untersuchung einen entsprechenden Befund erhoben hat, noch der behandelnden Ärztin Dr. S.- so ihre nachfolgend gegenüber dem SG gemachten Angaben - ein Tremorleiden aufgefallen ist. In Einklang damit stehen auch ihre gegenüber dem SG in ihrer ersten Auskunft als sachverständige Zeugin gemachten Angaben, wonach der Kläger im Zusammenhang mit der morgendlichen Lamotrigin-Einnahme über einen Tremor berichtet habe, der im Tagesverlauf abklinge.

Soweit Dr. N. die Leistungsbeurteilung des Dr. S. dahingehend kritisiert, dass jener ausschließlich das Anfallsleiden berücksichtigt habe, ohne neben dem Tremorleiden auch die Auswirkungen der Alkoholkrankheit einzubeziehen, lässt sich hieraus keine abweichende Beurteilung herleiten. Insbesondere trifft nicht zu, dass Dr. S. den Alkoholkonsum nicht berücksichtigt habe. Bereits in seinem Gutachten hat er auf den erhöhten Alkoholkonsum und dessen ungünstige Auswirkungen auf die Behandlung der Epilepsie hingewiesen und in der ergänzenden Stellungnahme hat er dann ausführlich erläutert, aus welchen Gründen hieraus keine Leistungsminderung folgt.

Nach übereinstimmender Einschätzung der Sachverständigen wirkt sich der chronische Alkoholabusus zwar nachteilig auf die Behandlung des Anfallsleidens aus, da Schwankungen des Alkoholpegels immer wieder Anfälle auslösen können, weshalb eine zufriedenstellende medikamentöse Behandlung selbst bei regelmäßiger Medikation nicht zu erwarten ist. Allerdings lässt sich aus diesem Zusammenspiel von Anfallserkrankung und Alkoholkonsum gerade kein rentenrelevant aufgehobenes Leistungsvermögen herleiten. Denn die beschriebene Situation führt im Wesentlichen lediglich dazu, dass das Anfallsleiden, das für sich betrachtet keine rentenbegründende Leistungsminderung bedingt, keine adäquate Behandlung erfährt und damit ein Behandlungserfolg, nämlich das Auftreten weiterer Anfälle möglichst zu verhindern und einen Zustand zu erreichen, wie er früher bereits über Jahre hinweg, selbst ohne Einnahme von Medikamenten, bestand, nicht in Aussicht steht. Dieser Zustand mit Anfällen im Abstand von vier bis sechs Wochen bzw. - so die zuletzt erfolgten Angaben des Klägers im Erörterungstermin des SG am 29.01.2015 - sechs bis acht Wochen begründet - wie bereits dargelegt - nämlich keine rentenrelevante Leistungsminderung.

Letztlich lässt sich auch aus dem zuletzt beigezogenen, für die Agentur für Arbeit erstatteten Gutachten der Arbeitsamtsärztin T. vom 20.01.2017, wonach der Kläger wegen seiner Alkoholerkrankung lediglich noch weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig sei, keine rentenbegründende Leistungsminderung herleiten. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die seitens des Zentrums für Psychiatrie Rottenmünster nach stationärer Behandlung mit Entgiftung im Mai/Juni 2016 diagnostizierte Alkoholabhängigkeit tatsächlich - wie von der Arbeitsamtsärztin T. angenommen - eine regelmäßige berufliche Tätigkeit im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich nicht mehr zulässt. Denn entsprechend den obigen Ausführungen gilt weiterhin, dass die Erkrankung des Klägers unter ärztlicher Mithilfe und ihm zumutbarer Willensanstrengung innerhalb eines halben Jahres gebessert werden kann und daher - selbst bei einem aktuell ggf. bestehenden aufgehobenen Leistungsvermögen (hierauf weisen die Ausführungen im Entlassungsbericht des Zentrums für Psychiatrie Rottenmünster allerdings nicht hin) - nicht von einer rentenrelevanten Leistungsminderung auszugehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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