Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 3921/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2420/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach den Ziffern 2108 und 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1975 geborene Kläger war von 1991 bis Mai 2005 u.a. als Bauhelfer, Maurer, Pflasterer und Betonfertigteilproduktionshelfer bei verschiedenen Betrieben beschäftigt. Mit Schreiben vom 29.04.2013 übersandte er der Beklagten eine Anzeige seines behandelnden Orthopäden Dr. L., worin dieser den Verdacht auf eine BK der Wirbelsäule äußerte. Zu den näheren Einzelheiten befragt, gab der Kläger an, seit ca. fünf Jahren unter ständig stechenden Schmerzen der Brustwirbelsäule zu leiden.
Nachdem die Beklagte den behandelnden Orthopäden Dr. L., den Facharzt für Chirurgie Dr. S. sowie den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. von M. im Einzelnen zu den Beschwerden des Klägers befragt und darüber hinaus noch weitere ärztliche Unterlagen beigezogen hatte, erfolgte eine Befragung der bisherigen Arbeitgeber des Klägers zu Inhalt und Schwere der jeweils zu verrichtenden Tätigkeiten. Unter Einbeziehung dieser Unterlagen gelangte der Präventionsdienst der Beklagten im Bericht vom 13.11.2013 zu dem Ergebnis, dass sich aus den Erhebungsdaten eine berufliche Gesamtdosis des Versicherten für den Zeitraum vom 01.03.1991 bis 31.05.2011 in Höhe von 26,9 x 106 Nh ergebe. Dies entspreche einem prozentualen Anteil von 108 Prozent des Orientierungswertes von 25 x 106 Nh für Männer nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodel (MDD). Auch die BG Bau bejahte in ihrem Bericht des Präventionsdienstes vom 19.02.2014 für die Zeit von März 1991 bis Mai 2005 eine kumulative Belastungsdosis von 1,25 MNh und damit die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK Ziff. 2108.
Im Anschluss an die Ermittlungen ihres Präventionsdienstes veranlasste die Beklagte die Erstellung eines Gutachtens durch Dr. H., der darin am 12.02.2014 nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis kam, dass dieser unter einer adoleszenten Kyphose (Morbus Scheuermann) leide und nicht unter einer berufsbedingten Erkrankung. Bandscheibenschäden, die durch eine Berufserkrankung hätten ausgelöst werden können, zeigten sich nicht.
Mit Bescheid vom 30.04.2014 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden als BK nach Ziff. 2108 bzw. 2110 und 2109 der BK-Liste ab. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien nicht zu erbringen. Zwar habe der Präventionsdienst die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer BK nach Ziff. 2108 der BK-Liste bejaht, doch habe der Gutachter Dr. H. lediglich eine außerberuflich erworbene Brustwirbelsäulensymptomatik in Form einer Krümmung der Brustwirbelsäule im Sinne eines Morbus Scheuermann feststellen können und keine Bandscheibenschäden, die durch berufliche Belastungen ausgelöst worden seien.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und ließ vortragen, der Gutachter Dr. H. habe die in seinem Gutachten beschriebenen Untersuchungen tatsächlich nicht durchgeführt. Der Kläger habe weder seine Kleidung noch seine Schuhe und Socken ausgezogen, habe weder den Zehenspitzen- noch Hackengang durchgeführt, sich weder hingekniet noch hingehockt und auch sonstige vom Sachverständigen geschilderte Bewegungen nicht durchgeführt. Der Gutachter habe auch die von ihm - näher aufgelisteten - behaupteten Befunde nicht erhoben. Zu diesen Vorwürfen befragt, führte der Gutachter Dr. H. mit Schreiben vom 09.09.2014 aus, dass beim Kläger nach körperlicher und röntgenologischer Untersuchung, wie sie bei einem solchen Gutachten üblich sei, ein eindeutiges Ergebnis vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Wiederholung der bisherigen Begründung zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 20.11.2014 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben unter Vorlage einer fachärztlichen Bescheinigung des behandelnden Chirurgen Dr. S. vom 21.04.2015, worin dieser ausgeführt hat, die ersten Kernspintomographien der Wirbelsäule seien bereits im Jahr 2010 erfolgt und hätten hier neben der relativ belanglosen Diagnose einer Scheuermannschen Erkrankung doch schon eine Abnutzung der Gelenke der Wirbelsäule (Facettengelenke) gezeigt. Es sei hier die Rede von multisegmentalen Costovertebralarthrosen, die über das normale altersentsprechende Maß hinausgingen und definitiv nicht angeboren seien. Gleiche abnutzungsbedingte Erkrankungen fänden sich über das normale Altersmaß hinaus im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die Feststellung einer Scheuermannschen Erkrankung hinsichtlich der Brustwirbelsäule bleibe nebenbefundlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.05.2015 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, unter bandscheibenbedingten Erkrankungen seien solche Erkrankungen der Bewegungssegmente der LWS zu verstehen, die ursächlich auf eine Bandscheibenschädigung zurückzuführen seien oder mit einer solchen in einer kausalen Wechselbeziehung stünden. Als morphologische Veränderungen kämen u.a. die Osteochondrose, die Spondylarthrose, die Spondylose sowie Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenprolax in Betracht. Daneben müsste ein korrespondierendes klinisches Beschwerdebild mit Funktionseinschränkung vorliegen. Gemessen hieran ließe sich eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK Ziff. 2108 nicht nachweisen. Die von Dr. H. durchgeführte bildgebende Untersuchung der Brust- und Lendenwirbelsäule belege keine bandscheibenbedingten Veränderungen der LWS. Dr. L. habe lediglich BWS-Befunde beschrieben. Hiermit stünden in Übereinstimmung die im Entlassungsbericht der R.-Klinik Bad W. vom 21.05.2013 beschriebenen Befunde sowie die Beurteilung des Lendenwirbelsäulenbefundes durch den Radiologen Dr. R. vom 28.11.2005, der ebenfalls ausgeführt habe, dass die Kontur und Struktur der Lendenwirbelkörper unauffällig, die Zwischenwirbelräume erhalten seien und degenerative Veränderungen nicht vorlägen. Auch habe der Kläger ausschließlich über Brustwirbelsäulenbeschwerden berichtet. Aufgrund dessen erachte die Kammer die Darlegungen des Dr. S. in der Bescheinigung vom 21.04.2015 nicht als ausreichend begründet.
Hiergegen hat der Kläger am 08.06.2015 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, die Entscheidung des SG sei für ihn nicht nachvollziehbar. Er halte daran fest, dass bei ihm eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliege. Zum Nachweis seiner Erkrankungen hat der Kläger einen Bericht von Prof. Dr. N. (Radiologie Zentrums M.) vom 02.06.2015 über eine Magnetresonanztomographie der Lendenwirbelsäule vorgelegt, worin dieser keinen Nachweis einer Wirbelkörperfraktur erbringen konnte und allenfalls minimale Bandscheibenprotrusionen ohne neurokompressiven Effekt festgestellt hat.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Mai 2015 sowie den Bescheid vom 30. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach Ziffern 2108 und 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Bescheid vom 30.04.2014 verwiesen und erneut dargelegt, Dr. H. habe keine für eine berufliche Belastung typische Veränderung im Bereich der Lendenwirbelsäule feststellen können.
Nachdem zunächst in einer nichtöffentlichen Sitzung am 22.03.2016 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden war, hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den behandelnden Chirurgen Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens betraut. Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.02.2017 ausgeführt, beim Kläger bestehe ein nahezu altersentsprechender Zustand der Halswirbelsäule als auch der Lendenwirbelsäule. Im Bereich der Brustwirbelsäule fänden sich Zeichen eines sogenannten Morbus Scheuermann, die nicht als degenerative Erkrankung zu werten sei. Bandscheibenschäden, die durch eine Berufserkrankung hätten ausgelöst werden können, hätten sich in keiner der vielfältig durchgeführten Kernspintomographien gezeigt. Es hätten sich auch keine anderweitigen degenerativen Schäden gezeigt, die auf eine berufsbedingte Erkrankung schließen ließen. Die Arthrose der Zwischenwirbelgelenke sei als schicksalhaft zu werten. Würde man hier eine Bandscheibensymptomatik voraussetzen, dann würde die Facettengelenkarthose als Folge dieser Bandscheibenerkrankung einhergehen mit einer entsprechenden abnutzungsbedingten Erkrankung der Wirbelkörperdeckplatten. Auch in einer neurologischen Mitbeurteilung vom 29.06.2016 durch Dr. R. hätten bandscheibenbedingte neurologische Störungen ausgeschlossen werden können und habe sich der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung bei anamnestischer mittelgradig depressiver Episode ergeben. Festzuhalten bleibe, dass die Bandscheiben des Klägers im LWS- und HWS Bereich weitestgehend unauffällig und spondylotische Reaktionen an keinem Abschnitt der Wirbelsäule zu erkennen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2014 nicht zu beanstanden ist.
Die erhobenen Klagen sind als Anfechtungsklage gegen die ablehnenden Entscheidungen verbunden mit der auf Feststellung einer BK gerichteten Feststellungsklage zulässig.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung der streitigen BKen ist § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Hiernach sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt. Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R; Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 10/14 R; Juris). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 23.04.2015 a.a.O. m.w.N.).
Vorliegend fehlt es schon an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule, die sowohl die BK Ziff. 2108 der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) als auch die BK Ziffer 2110 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) voraussetzen. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung in diesem Sinne setzt nach den Konsensempfehlungen den bildgebenden Nachweis eines altersuntypischen Bandscheibenschadens im Sinne einer Höhenminderung (Chondrose) und/oder einen Bandscheibenvorfall einerseits und eine korrelierende klinische Symptomatik andererseits voraus (vgl. Konsensempfehlungen 1.3/ 1.4 - S. 215 f. sowie zur Berechnung der Bandscheibenhöhen Anhang 3 - S. 224 ff.; vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.10.2014, L 4 U 398/14; Hessisches LSG, Urteil vom 23.01.2017, L 9 U 111/14, jeweils in Juris). In seinen Urteilen vom 23.04.2015 (B 2 U 6/ 13 R, B 2 U 20/14 und B 2 U 10/14 R, Juris) hat das BSG bestätigt, dass diese Konsensempfehlungen weiterhin den aktuellen Erkenntnisstand abbilden.
Beim Kläger liegen nach Überzeugung des Senats indes weder ein Bandscheibenvorfall noch eine Chondrose vor. Bereits der von der Beklagten mit der Erstellung eines Gutachtens betraute Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 12.02.2014 aus, weder an der Lendenwirbelsäule noch an der Brustwirbelsäule zeigten sich Veränderungen in den Zwischenwirbelräumen, d.h. Bandscheibenfächern. Ebenso wenig seien spondylotische Reaktionen erkennbar. Die nativen Aufnahmen zeigten lediglich eine verstärkte Kyphose der Brustwirbelsäule im Sinne eines Morbus Scheuermann. Gleiches ergibt sich auch aus dem Entlassbericht vom 21.05.2013, worin Chefarzt Dr. J. der R.klinik nach einer stationären Behandlung des Klägers vom 07.05. bis 17.05.2013 u.a. die Diagnosen eines ambulant therapierefraktären BWS-Syndroms auf dem Boden eines flachen mediolateral links betonten NPP BWK 7/8, einer Bandscheibenprotrusion BWK 11/12 sowie eines abgelaufenen Morbus Scheuermann der mittleren und unteren BWS diagnostiziert hat, nicht jedoch Beschwerden an der Lendenwirbelsäule. So trat bei der körperlichen Untersuchung spinös/interspinös keine Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit der LWS auf. Reklination, Inklination als auch Seitneigung waren problemlos durchführbar. Der behandelnde Facharzt Dr. L. erwähnte sowohl in seiner Stellungnahme vom 11.07.2013 als auch in der vom 18.09.2013 Erkrankungen an der Brustwirbelsäule, nicht hingegen an der LWS. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Klägers, der gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 20.06.2013 angab, die Beschwerden der Wirbelsäule seien im Bereich der Brustwirbelsäule aufgetreten. Der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. von M. erwähnte in seinen Ausführungen vom 08.08.2013 gegenüber der Beklagten zwar Schmerzen auch im Lumbalbereich, ohne aber eine Bandscheibenerkrankung zu diagnostizieren. Bezüglich der Einzelheiten verwies Dr. von M. auf beigefügte Befundunterlagen anderer Ärzte, denen sich indes wiederum ausschließlich Beschwerden der Brust- und Halswirbelsäule entnehmen ließen. So wird im beigefügten Bericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 07.02.2012 ausdrücklich ausgeführt, der Kläger beklagte massive Schmerzen im Rücken, Brust- und Halswirbelbereich, im Kreuz und in den Beinen sei er beschwerdefrei. Eine bildgebende Diagnostik an der Lendenwirbelsäule ergab am 25.11.2005 eine unauffällige Kontur und Struktur der LWK, erhaltene Zwischenräume, keine degenerativen Veränderungen (Radiologische Gemeinschaftspraxis Dr. R., Bericht vom 28.11.2005). Im Bericht des Radiologiezentrums M. vom 02.06.2015 findet sich kein Anhalt für eine neurale Kompression LWK4/5 und am LWK5/SWK1 bzw. am BWK12/LWK 1 allenfalls eine minimale breitbasige Bandscheibenprotrusion, jedoch ohne dass eine Chondrose beschrieben wäre. Zuletzt hat auch der nach § 109 SGG auf Kosten des Klägers mit der Erstellung eines Gutachtens betraute Dr. S. in seinem Gutachten vom 27.02.2017 bestätigt, dass im Bereich der Lendenwirbelsäule keine bandscheibenbedingte Erkrankung vorliegt. Hierbei hat der Gutachter auf die zu unterschiedlichen Zeitpunkten über viele Jahre hinweg objektivierbaren bildgebenden Verfahren einschließlich Röntgen und MRT hingewiesen. Zwar hatte der Gutachter selbst in einer fachärztlichen Bescheinigung vom 21.04.2015 noch angeführt, die Facettengelenke der Wirbelsäule zeigten multisegmentale Costovertebralarthrosen, die über das normale altersentsprechende Maß hinausgingen. Hierzu hat er jedoch im genannten Gutachten nun ergänzt, diese Facettengelenksarthrose wäre nur dann Folge einer Bandscheibenerkrankung, wenn auch entsprechende degenerative Veränderungen des umliegenden Gewebes, insbesondere der Deckplatten im Sinne einer Osteochondrose, zu finden seien. Die Bandscheiben des Klägers im LWS-und HWS-Bereich seien jedoch weitestgehend unauffällig und auch spondylotische Reaktionen seien an keinem Abschnitt der Wirbelsäule zu erkennen. Ebenso wenig hat der Gutachter einen Bandscheibenvorfall oder eine Chondrose diagnostiziert.
Da vorliegend somit bereits keine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule festzustellen ist, liegt weder eine BK Ziff. 2108 noch Ziff. 2110 der Anlage 1 zur BKV vor. Hinsichtlich der BK Ziff. 2110 ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass der Kläger Ganzkörperschwingungen in nennenswertem Umfang ausgesetzt gewesen wäre, so dass auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen fehlen (vgl. Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten vom 13.11.2013 sowie Bericht des Präventionsdienstes der BG Bau vom 19.02.2014).
Mangels Vorliegens der BKen nach den Ziffern 2108 bzw. 2110 war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch in der Berufungsinstanz erfolglos geblieben ist.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach den Ziffern 2108 und 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1975 geborene Kläger war von 1991 bis Mai 2005 u.a. als Bauhelfer, Maurer, Pflasterer und Betonfertigteilproduktionshelfer bei verschiedenen Betrieben beschäftigt. Mit Schreiben vom 29.04.2013 übersandte er der Beklagten eine Anzeige seines behandelnden Orthopäden Dr. L., worin dieser den Verdacht auf eine BK der Wirbelsäule äußerte. Zu den näheren Einzelheiten befragt, gab der Kläger an, seit ca. fünf Jahren unter ständig stechenden Schmerzen der Brustwirbelsäule zu leiden.
Nachdem die Beklagte den behandelnden Orthopäden Dr. L., den Facharzt für Chirurgie Dr. S. sowie den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. von M. im Einzelnen zu den Beschwerden des Klägers befragt und darüber hinaus noch weitere ärztliche Unterlagen beigezogen hatte, erfolgte eine Befragung der bisherigen Arbeitgeber des Klägers zu Inhalt und Schwere der jeweils zu verrichtenden Tätigkeiten. Unter Einbeziehung dieser Unterlagen gelangte der Präventionsdienst der Beklagten im Bericht vom 13.11.2013 zu dem Ergebnis, dass sich aus den Erhebungsdaten eine berufliche Gesamtdosis des Versicherten für den Zeitraum vom 01.03.1991 bis 31.05.2011 in Höhe von 26,9 x 106 Nh ergebe. Dies entspreche einem prozentualen Anteil von 108 Prozent des Orientierungswertes von 25 x 106 Nh für Männer nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodel (MDD). Auch die BG Bau bejahte in ihrem Bericht des Präventionsdienstes vom 19.02.2014 für die Zeit von März 1991 bis Mai 2005 eine kumulative Belastungsdosis von 1,25 MNh und damit die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK Ziff. 2108.
Im Anschluss an die Ermittlungen ihres Präventionsdienstes veranlasste die Beklagte die Erstellung eines Gutachtens durch Dr. H., der darin am 12.02.2014 nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis kam, dass dieser unter einer adoleszenten Kyphose (Morbus Scheuermann) leide und nicht unter einer berufsbedingten Erkrankung. Bandscheibenschäden, die durch eine Berufserkrankung hätten ausgelöst werden können, zeigten sich nicht.
Mit Bescheid vom 30.04.2014 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden als BK nach Ziff. 2108 bzw. 2110 und 2109 der BK-Liste ab. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien nicht zu erbringen. Zwar habe der Präventionsdienst die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer BK nach Ziff. 2108 der BK-Liste bejaht, doch habe der Gutachter Dr. H. lediglich eine außerberuflich erworbene Brustwirbelsäulensymptomatik in Form einer Krümmung der Brustwirbelsäule im Sinne eines Morbus Scheuermann feststellen können und keine Bandscheibenschäden, die durch berufliche Belastungen ausgelöst worden seien.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und ließ vortragen, der Gutachter Dr. H. habe die in seinem Gutachten beschriebenen Untersuchungen tatsächlich nicht durchgeführt. Der Kläger habe weder seine Kleidung noch seine Schuhe und Socken ausgezogen, habe weder den Zehenspitzen- noch Hackengang durchgeführt, sich weder hingekniet noch hingehockt und auch sonstige vom Sachverständigen geschilderte Bewegungen nicht durchgeführt. Der Gutachter habe auch die von ihm - näher aufgelisteten - behaupteten Befunde nicht erhoben. Zu diesen Vorwürfen befragt, führte der Gutachter Dr. H. mit Schreiben vom 09.09.2014 aus, dass beim Kläger nach körperlicher und röntgenologischer Untersuchung, wie sie bei einem solchen Gutachten üblich sei, ein eindeutiges Ergebnis vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Wiederholung der bisherigen Begründung zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 20.11.2014 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben unter Vorlage einer fachärztlichen Bescheinigung des behandelnden Chirurgen Dr. S. vom 21.04.2015, worin dieser ausgeführt hat, die ersten Kernspintomographien der Wirbelsäule seien bereits im Jahr 2010 erfolgt und hätten hier neben der relativ belanglosen Diagnose einer Scheuermannschen Erkrankung doch schon eine Abnutzung der Gelenke der Wirbelsäule (Facettengelenke) gezeigt. Es sei hier die Rede von multisegmentalen Costovertebralarthrosen, die über das normale altersentsprechende Maß hinausgingen und definitiv nicht angeboren seien. Gleiche abnutzungsbedingte Erkrankungen fänden sich über das normale Altersmaß hinaus im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die Feststellung einer Scheuermannschen Erkrankung hinsichtlich der Brustwirbelsäule bleibe nebenbefundlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.05.2015 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, unter bandscheibenbedingten Erkrankungen seien solche Erkrankungen der Bewegungssegmente der LWS zu verstehen, die ursächlich auf eine Bandscheibenschädigung zurückzuführen seien oder mit einer solchen in einer kausalen Wechselbeziehung stünden. Als morphologische Veränderungen kämen u.a. die Osteochondrose, die Spondylarthrose, die Spondylose sowie Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenprolax in Betracht. Daneben müsste ein korrespondierendes klinisches Beschwerdebild mit Funktionseinschränkung vorliegen. Gemessen hieran ließe sich eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK Ziff. 2108 nicht nachweisen. Die von Dr. H. durchgeführte bildgebende Untersuchung der Brust- und Lendenwirbelsäule belege keine bandscheibenbedingten Veränderungen der LWS. Dr. L. habe lediglich BWS-Befunde beschrieben. Hiermit stünden in Übereinstimmung die im Entlassungsbericht der R.-Klinik Bad W. vom 21.05.2013 beschriebenen Befunde sowie die Beurteilung des Lendenwirbelsäulenbefundes durch den Radiologen Dr. R. vom 28.11.2005, der ebenfalls ausgeführt habe, dass die Kontur und Struktur der Lendenwirbelkörper unauffällig, die Zwischenwirbelräume erhalten seien und degenerative Veränderungen nicht vorlägen. Auch habe der Kläger ausschließlich über Brustwirbelsäulenbeschwerden berichtet. Aufgrund dessen erachte die Kammer die Darlegungen des Dr. S. in der Bescheinigung vom 21.04.2015 nicht als ausreichend begründet.
Hiergegen hat der Kläger am 08.06.2015 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, die Entscheidung des SG sei für ihn nicht nachvollziehbar. Er halte daran fest, dass bei ihm eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliege. Zum Nachweis seiner Erkrankungen hat der Kläger einen Bericht von Prof. Dr. N. (Radiologie Zentrums M.) vom 02.06.2015 über eine Magnetresonanztomographie der Lendenwirbelsäule vorgelegt, worin dieser keinen Nachweis einer Wirbelkörperfraktur erbringen konnte und allenfalls minimale Bandscheibenprotrusionen ohne neurokompressiven Effekt festgestellt hat.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Mai 2015 sowie den Bescheid vom 30. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach Ziffern 2108 und 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Bescheid vom 30.04.2014 verwiesen und erneut dargelegt, Dr. H. habe keine für eine berufliche Belastung typische Veränderung im Bereich der Lendenwirbelsäule feststellen können.
Nachdem zunächst in einer nichtöffentlichen Sitzung am 22.03.2016 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden war, hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den behandelnden Chirurgen Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens betraut. Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.02.2017 ausgeführt, beim Kläger bestehe ein nahezu altersentsprechender Zustand der Halswirbelsäule als auch der Lendenwirbelsäule. Im Bereich der Brustwirbelsäule fänden sich Zeichen eines sogenannten Morbus Scheuermann, die nicht als degenerative Erkrankung zu werten sei. Bandscheibenschäden, die durch eine Berufserkrankung hätten ausgelöst werden können, hätten sich in keiner der vielfältig durchgeführten Kernspintomographien gezeigt. Es hätten sich auch keine anderweitigen degenerativen Schäden gezeigt, die auf eine berufsbedingte Erkrankung schließen ließen. Die Arthrose der Zwischenwirbelgelenke sei als schicksalhaft zu werten. Würde man hier eine Bandscheibensymptomatik voraussetzen, dann würde die Facettengelenkarthose als Folge dieser Bandscheibenerkrankung einhergehen mit einer entsprechenden abnutzungsbedingten Erkrankung der Wirbelkörperdeckplatten. Auch in einer neurologischen Mitbeurteilung vom 29.06.2016 durch Dr. R. hätten bandscheibenbedingte neurologische Störungen ausgeschlossen werden können und habe sich der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung bei anamnestischer mittelgradig depressiver Episode ergeben. Festzuhalten bleibe, dass die Bandscheiben des Klägers im LWS- und HWS Bereich weitestgehend unauffällig und spondylotische Reaktionen an keinem Abschnitt der Wirbelsäule zu erkennen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2014 nicht zu beanstanden ist.
Die erhobenen Klagen sind als Anfechtungsklage gegen die ablehnenden Entscheidungen verbunden mit der auf Feststellung einer BK gerichteten Feststellungsklage zulässig.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung der streitigen BKen ist § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Hiernach sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt. Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R; Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 10/14 R; Juris). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 23.04.2015 a.a.O. m.w.N.).
Vorliegend fehlt es schon an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule, die sowohl die BK Ziff. 2108 der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) als auch die BK Ziffer 2110 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) voraussetzen. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung in diesem Sinne setzt nach den Konsensempfehlungen den bildgebenden Nachweis eines altersuntypischen Bandscheibenschadens im Sinne einer Höhenminderung (Chondrose) und/oder einen Bandscheibenvorfall einerseits und eine korrelierende klinische Symptomatik andererseits voraus (vgl. Konsensempfehlungen 1.3/ 1.4 - S. 215 f. sowie zur Berechnung der Bandscheibenhöhen Anhang 3 - S. 224 ff.; vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.10.2014, L 4 U 398/14; Hessisches LSG, Urteil vom 23.01.2017, L 9 U 111/14, jeweils in Juris). In seinen Urteilen vom 23.04.2015 (B 2 U 6/ 13 R, B 2 U 20/14 und B 2 U 10/14 R, Juris) hat das BSG bestätigt, dass diese Konsensempfehlungen weiterhin den aktuellen Erkenntnisstand abbilden.
Beim Kläger liegen nach Überzeugung des Senats indes weder ein Bandscheibenvorfall noch eine Chondrose vor. Bereits der von der Beklagten mit der Erstellung eines Gutachtens betraute Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 12.02.2014 aus, weder an der Lendenwirbelsäule noch an der Brustwirbelsäule zeigten sich Veränderungen in den Zwischenwirbelräumen, d.h. Bandscheibenfächern. Ebenso wenig seien spondylotische Reaktionen erkennbar. Die nativen Aufnahmen zeigten lediglich eine verstärkte Kyphose der Brustwirbelsäule im Sinne eines Morbus Scheuermann. Gleiches ergibt sich auch aus dem Entlassbericht vom 21.05.2013, worin Chefarzt Dr. J. der R.klinik nach einer stationären Behandlung des Klägers vom 07.05. bis 17.05.2013 u.a. die Diagnosen eines ambulant therapierefraktären BWS-Syndroms auf dem Boden eines flachen mediolateral links betonten NPP BWK 7/8, einer Bandscheibenprotrusion BWK 11/12 sowie eines abgelaufenen Morbus Scheuermann der mittleren und unteren BWS diagnostiziert hat, nicht jedoch Beschwerden an der Lendenwirbelsäule. So trat bei der körperlichen Untersuchung spinös/interspinös keine Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit der LWS auf. Reklination, Inklination als auch Seitneigung waren problemlos durchführbar. Der behandelnde Facharzt Dr. L. erwähnte sowohl in seiner Stellungnahme vom 11.07.2013 als auch in der vom 18.09.2013 Erkrankungen an der Brustwirbelsäule, nicht hingegen an der LWS. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Klägers, der gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 20.06.2013 angab, die Beschwerden der Wirbelsäule seien im Bereich der Brustwirbelsäule aufgetreten. Der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. von M. erwähnte in seinen Ausführungen vom 08.08.2013 gegenüber der Beklagten zwar Schmerzen auch im Lumbalbereich, ohne aber eine Bandscheibenerkrankung zu diagnostizieren. Bezüglich der Einzelheiten verwies Dr. von M. auf beigefügte Befundunterlagen anderer Ärzte, denen sich indes wiederum ausschließlich Beschwerden der Brust- und Halswirbelsäule entnehmen ließen. So wird im beigefügten Bericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 07.02.2012 ausdrücklich ausgeführt, der Kläger beklagte massive Schmerzen im Rücken, Brust- und Halswirbelbereich, im Kreuz und in den Beinen sei er beschwerdefrei. Eine bildgebende Diagnostik an der Lendenwirbelsäule ergab am 25.11.2005 eine unauffällige Kontur und Struktur der LWK, erhaltene Zwischenräume, keine degenerativen Veränderungen (Radiologische Gemeinschaftspraxis Dr. R., Bericht vom 28.11.2005). Im Bericht des Radiologiezentrums M. vom 02.06.2015 findet sich kein Anhalt für eine neurale Kompression LWK4/5 und am LWK5/SWK1 bzw. am BWK12/LWK 1 allenfalls eine minimale breitbasige Bandscheibenprotrusion, jedoch ohne dass eine Chondrose beschrieben wäre. Zuletzt hat auch der nach § 109 SGG auf Kosten des Klägers mit der Erstellung eines Gutachtens betraute Dr. S. in seinem Gutachten vom 27.02.2017 bestätigt, dass im Bereich der Lendenwirbelsäule keine bandscheibenbedingte Erkrankung vorliegt. Hierbei hat der Gutachter auf die zu unterschiedlichen Zeitpunkten über viele Jahre hinweg objektivierbaren bildgebenden Verfahren einschließlich Röntgen und MRT hingewiesen. Zwar hatte der Gutachter selbst in einer fachärztlichen Bescheinigung vom 21.04.2015 noch angeführt, die Facettengelenke der Wirbelsäule zeigten multisegmentale Costovertebralarthrosen, die über das normale altersentsprechende Maß hinausgingen. Hierzu hat er jedoch im genannten Gutachten nun ergänzt, diese Facettengelenksarthrose wäre nur dann Folge einer Bandscheibenerkrankung, wenn auch entsprechende degenerative Veränderungen des umliegenden Gewebes, insbesondere der Deckplatten im Sinne einer Osteochondrose, zu finden seien. Die Bandscheiben des Klägers im LWS-und HWS-Bereich seien jedoch weitestgehend unauffällig und auch spondylotische Reaktionen seien an keinem Abschnitt der Wirbelsäule zu erkennen. Ebenso wenig hat der Gutachter einen Bandscheibenvorfall oder eine Chondrose diagnostiziert.
Da vorliegend somit bereits keine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule festzustellen ist, liegt weder eine BK Ziff. 2108 noch Ziff. 2110 der Anlage 1 zur BKV vor. Hinsichtlich der BK Ziff. 2110 ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass der Kläger Ganzkörperschwingungen in nennenswertem Umfang ausgesetzt gewesen wäre, so dass auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen fehlen (vgl. Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten vom 13.11.2013 sowie Bericht des Präventionsdienstes der BG Bau vom 19.02.2014).
Mangels Vorliegens der BKen nach den Ziffern 2108 bzw. 2110 war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch in der Berufungsinstanz erfolglos geblieben ist.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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