Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 1524/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5209/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von mehr als 50.
Der 1975 geborene Kläger beantragte erstmals am 27. März 2013 die Feststellung eines GdB. Zu jenem Zeitpunkt war er Staatsangehöriger der Republik S. und hielt sich auf Grund einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis dauerhaft in Deutschland auf. Er hatte am 12. Januar 2013 einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem er mit dem linken Bein in ein Becken mit 70 bis 80° heißem Phosphat geraten war und erhebliche Verbrennungen bzw. Verätzungen erlitten hatte. Im Anschluss an diese Beinverletzung, die nur langsam abheilte, war auch eine depressive Erkrankung angegeben worden. Ferner bestanden bei ihm degenerative Veränderungen der Wirbelsäule. Eine Hepatitis B, die bei dem Kläger sechs Jahre zuvor diagnostiziert worden war, gaben die behandelnden Ärzte als zurzeit kompensiert an. Bescheide des zuständigen Unfallversicherungsträgers lagen nicht vor.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2013 stellte der Beklagte einen GdB von 40 seit Antragstellung fest. Ausweislich der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Sch. lagen dem eine Gebrauchseinschränkung des linken Beins (Teil-GdB 30) und eine Depression mit chronischem Schmerzsyndrom (20), beide als "BG-Leiden" bezeichnet, sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (20) zu Grunde.
Im Widerspruchsverfahren übersandte der Unfallversicherungsträger weitere medizinische Unterlagen, aus denen sich ein verzögerter Heilverlauf am Bein mit einer Partialnekrose der Muskulatur ergab und in denen der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert wurde. Die nunmehr eingeholte versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. M.-T. schlug vor, die Teil-GdB für die Depression (nunmehr 30) und die Beinverletzung (nunmehr 20) zu vertauschen und insgesamt die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch anzuerkennen. Dar¬aufhin erließ der Beklagte den Teil-Abhilfe-Bescheid vom 30. Januar 2014, mit dem er den GdB mit 50 seit Antragstellung feststellte. Den weiterhin aufrecht erhaltenen Widerspruch im Übrigen wies er mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2014 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 3. März 2014 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, er könne weder einer geregelten Tätigkeit nachgehen noch festes Schuhwerk anziehen, weswegen ein GdB von 100 zuzuerkennen sei. Weiterer, konkreter Vortrag ist auch auf Nachfrage des SG nicht erfolgt bzw. wurde mit Schriftsatz vom 7. Mai 2014 ausdrücklich verweigert.
Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 9. Dezember 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Klageerwiderung des Beklagten bezogen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Er trägt vor, er leide an einer schweren Depression und einem chronischen Schmerzsyndrom. Es liege ein GdB von wenigstens 70 vor.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 9. Dezember 2015 aufzuheben, den Bescheid vom 11. Oktober 2013 in Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 30. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 2014 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm einen Grad der Behinderung von mehr als 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, der zuständige Unfallversicherungsträger habe den Kläger mit angepassten orthopädischen Straßen- und Sicherheitsschuhen versorgt. Die ehemaligen Verätzungsareale seien inzwischen vollständig abgeheilt. Es bestehe nur noch eine endgradige Beweglichkeitseinschränkung am linken oberen Sprunggelenk. Der Unfallversicherungsträger habe die Unfallfolgen inzwischen - befristet - mit einer MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) von nur 20 bewertet. Daher sei davon auszugehen, dass die bisherige GdB-Bewertung zu hoch ausgefallen sei.
Auf Anforderung hat die B. der B. (BG Bau) Auszüge aus ihren Akten übersandt. Daraus ergibt sich, dass die zuvor zuständige B. H. und M. (BGHM) dem Kläger mit Bescheid vom 15. Mai 2014 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. zugesprochen hatte. Als Unfallfolgen anerkannt worden waren Hautveränderungen und weitere Beeinträchtigungen am linken Bein, jedoch keine Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet, nachdem der von der BGHM beauftragte Neurologe und Psychiater Dr. H. in dem Ersten Rentengutachten vom 5. März 2014 insbesondere keine PTBS hatte feststellen können. Hiergegen hatte der Kläger Widerspruch eingelegt und sodann Klage zum SG erhoben (S 1 U 4186/14), das - auf Antrag des Klägers - die Nervenärztin Dr. O. mit dem Gutachten vom 11. November 2014 beauftragt hatte. Die BGHM hatte das Zweite Rentengutachten vom 2. Juli 2015 bei Prof. Dr. Sch. eingeholt, der eine MdE unter 10 v.H. vorgeschlagen hatte. Daraufhin hatte die BGHM mit Bescheid vom 27. August 2015 eine Dauerrente versagt und die Rente als vorläufige Entschädigung entzogen, weil keine MdE von wenigstens 20 v.H. mehr vorliege.
Der Senat hat die behandelnde Ärztin für Psychiatrie Dr. A. schriftlich als sachverständige Zeugin vernommen. Diese hat als Diagnosen eine reaktive Depression, eine Anpassungsstörung und eine somatoforme Störung bekundet.
Der Kläger hat sich unter dem 5. Mai 2016, die Beklagte mit Schriftsatz vom 24. Mai 2016 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Nachdem dem Senat bekannt geworden ist, dass der Kläger zurzeit am SG ein weiteres Streitverfahren gegen die BGHM führt (S 1 U 6501/15), hat er die dortigen Akten beigezogen. In jenem Verfahren hat das SG das Gutachten des Chirurgen Dr. L. vom 20. Juni 2016 eingeholt. Aus diesem ergibt sich, dass bei dem Kläger eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter mit einer Abduktion von 150° und einer Anteversion von 170° sowie einer Außenrotation von 90° sowie am linken Bein eine eingeschränkte Beweglichkeit des OSG (Heben/Senken 10/0/30° gegenüber rechts 20/0/45°) und eine USG-Steifigkeit links mit "fast keiner Beweglichkeit", nämlich 0/0/15° für Pronation/Supination vorlägen. Daneben bestehe "ebenfalls" eine Einschränkung rechts (S. 9 f. GA ). Im Messblatt hat Dr. L. dann allerdings bei den unteren Sprunggelenken die Beweglichkeit von 0/0/15° rechts angegeben, während sie links bei 15/0/40° liege. Im Übrigen hat der Sachverständige unauffällige Verhältnisse beschrieben. Auch psychische Probleme hat er orientierend nicht festgestellt. Er hat aber auf die Schmerzen hingewiesen, die von den Narben und den verätzten Hautarealen ausgehen und den Kläger belasteten. In Bezug hierauf hat er neben der MdE für die orthopädischen Beeinträchtigungen von 10 v.H. für die Folgen der Hautverätzung, die etwa 11 % der Körperoberfläche umfasse und die sich in Kälteempfindlichkeit, Verletzlichkeit der Haut, Taubheitsgefühl und Gelenk- und Gliederschmerzen äußere, eine weitere MdE von 10 v.H. vorgeschlagen, woraus sich eine Gesamt-MdE von 20 v.H. für die Unfallfolgen ergebe. An dieser Einschätzung hat Dr. L. auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 19. September 2016 festgehalten.
Der Senat hat den Beteiligten das beigezogene Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme von Dr. L. übersandt. Er hat dabei mitgeteilt, er gehe von einem Fortbestand der Einverständniserklärungen aus. Der Kläger hat sich unter dem 14. März 2017 ausdrücklich erneut mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers. Er hat sein Einverständnis nach Übersendung der noch beigezogenen Unterlagen aus dem unfallversicherungsrechtlichen Verfahren vor dem SG erneuert. Hinsichtlich des Beklagten geht der Senat von einem Fortbestehen seiner Einverständniserklärung vom 24. Mai 2016 aus, zumal der Senat die Berufung des Klägers zurückweist und der Beklagte daher nicht beschwert ist.
Die nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch sonst zulässige (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung eines höheren GdB als 50 abgewiesen.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10-er-Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers keinesfalls einen höheren GdB als 40 begründen, sondern dass eher dieser deutlich überhöht festgestellt worden ist.
Voranzuschicken ist, dass der Beklagte bei seiner Feststellung des GdB nicht an die Entscheidungen der zuständigen Unfallversicherungsträger gebunden war oder ist. Als der Beklagte in den angegriffenen Bescheiden über den GdB entschied, war noch gar keine Entscheidung der BGHM ergangen, die unter Umständen nach § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX Auswirkungen auf das behindertenrechtliche Verfahren haben konnte. Hinzu kommt, dass bei dem Kläger weitere Behinderungen berücksichtigt worden sind, vor allem die Wirbelsäulenschäden, die nicht Gegenstand des berufsgenossenschaftlichen Verfahrens sind. In diesen Fällen entscheidet der Beklagte nach § 69 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 SGB IX ohne Bindung an die anderweitigen Feststellungen.
Das Funktionssystem der unteren Gliedmaßen des Klägers bedingt nicht mehr, wie von dem Beklagten unter Zugrundelegung der unfallversicherungsrechtlichen Einstufung angenommen, einen GdB von 30, sondern nur noch einen solchen von 10, allenfalls unter Einbeziehung der sekundären Funktionseinschränkungen, vor allem der Schmerzen, sowie der diagnostizierten somatoformen Schmerzfehlverarbeitung einen GdB von 20.
Auf rein orthopädischem Gebiet bedingen die Einbußen am Sprunggelenk links einen GdB von 10. Bereits nach der Funktionsbeurteilung in der Orthopädischen Klinik M. vom 10. September 2013 zeigte sich ein sicheres Gangbild ohne Hinken, die verschiedenen Gangarten konnten durchgeführt werden, die Reflexe waren normgerecht, der Kraftgrad auch der Beine beiderseits normgerecht (5). Von einer größeren Muskelatrophie ist nichts mehr berichtet worden. Ebenso ergibt sich aus dem Zweiten Rentengutachten von Prof. Dr. Sch. vom 2. Juli 2015, dass keine wesentlichen Einbußen zurückgeblieben sind. Es waren dort alle Gelenke frei beweglich, sowohl die Hüft- als auch die Kniegelenke waren in der Beugung nicht eingeschränkt und sogar um 5° überstreckbar. Nur am linken oberen Sprunggelenk ist eine geringfügige Bewegungseinschränkung zurückgeblieben. Es wurde dort eine Hebung/Senkung von 35/0/10° (gegenüber 40/0/20° rechts) gemessen. Das untere Sprunggelenk war frei. Nur ganz leicht verschlechterte Werte ergeben sich auch aus dem aktuellen Gutachten von Dr. L. vom 19. September 2016, das vom SG in dem unfallversicherungsrechtlichen Verfahren eingeholt worden ist und das der Senat nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411a Zivilprozessordnung (ZPO) als Sachverständigenbeweis verwertet. Dr. L. hat am oberen Sprunggelenk eine Beweglichkeit von 30/0/10° gemessen und am unteren Sprunggelenk eine solche von 0/0/15° (gegenüber 15/0/40°). Der Senat geht hierbei davon aus, dass bei der Angabe der Bewegungsmaße für das untere Sprunggelenk im Messblatt eine Seitenverwechselung vorliegt. Aus dem schriftlichen Gutachten ergibt sich, welche Seite Dr. L. meint; im Übrigen war bei dem Unfall das linke Bein betroffen. Nach den VG, Teil B Nr. 18.14, ist ein GdB von 10 für das obere Sprunggelenk erst bei einer restlichen Hebung/Senkung von 0/0/30° anzunehmen. Die Senkung des oberen Sprunggelenks ist bei dem Kläger mit 10° noch vorhanden, sodass hieraus allein kein GdB von 10 folgt. Hinzu kommt jedoch die von Dr. L. nunmehr beschriebene Einschränkung des unteren Sprunggelenks, die recht erheblich ist. Da Bewegungseinschränkungen des unteren Sprunggelenks allein einen GdB von 0 bis 10 ergeben, kann für das gesamte Sprunggelenk der genannte GdB von 10 angenommen werden.
Daneben liegen an den unteren Gliedmaßen des Klägers Hautveränderungen und Narben vor. Dr. L. hat die hieraus folgenden sensiblen Störungen beschrieben, vor allem die Schmerzen im Bereich des Fußrückens und die Kälteempfindlichkeit an den verätzten Arealen, und insoweit eine weitere MdE von 10 v.H. vorgeschlagen. Dieser Einschätzung kann für den GdB gefolgt werden, da es sich hierbei um Funktionseinbußen handelt, die nicht allein durch die Bewertung der Bewegungseinschränkung abgegolten sind. Hierbei stützt sich der Senat auf die Regelung in den VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe j Satz 3, wonach bei einer nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen über das übliche Maß hinausgehenden Schmerzhaftigkeit, die gesonderte Behandlung erfordert - hier die Behandlung der Haut und die Schmerzmedikation -, ein höherer Wert möglich ist.
Insofern kann für die unteren Gliedmaßen insgesamt ein GdB von 20 angenommen werden.
Diese Einbeziehung der Schmerzen und der daraus folgenden seelischen Belastung in die Bewertung des Funktionssystems der unteren Gliedmaßen führt aber dazu, dass für eine psychische Erkrankung kein GdB mehr bzw. höchstens ein GdB von 10 anzuerkennen ist. Nach den VG, Teil B Nr. 3.7, ist für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen im Falle leichterer psychovegetativer oder psychischer Störungen der GdB 0 bis 20. Bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) beträgt der GdB 30 bis 40. Bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdB 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten 80 bis 100. Bei dem Kläger kann nur von leichteren psychischen bzw. psychovegetativen Störungen ausgegangen werden. Dass bei ihm keine PTBS vorliegt, hatte schon Dr. H. in seinem Gutachten vom 5. März 2014 überzeugend herausgearbeitet. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt die psychotherapeutische Behandlung abgebrochen und seinen früheren Arbeitgeber verklagt, war aber - in einer anderen Beschäftigung - wieder vollschichtig berufstätig. Die letzten Befundberichte des damals behandelnden Psychotherapeuten Sch. zuvor hatten ergeben, dass keine Depression mehr vorhanden war, sondern nur noch eine Kränkungsneigung und eine leichtgradige Intrusion. Auch in der Folgezeit hat sich der psychische Gesundheitszustand des Klägers nicht wieder verschlechtert. Bereits bei der Begutachtung durch Dr. O. war nunmehr die Schmerzkomponente in den Vordergrund gestellt worden, während die Einbußen insbesondere auf der sozialen Ebene auch von ihr als geringfügig beschrieben wurden, zumal er weiterhin berufstätig war, auf dem vorbestehenden niedrigen Niveau über einen strukturierten Tagesablauf verfügte und keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung stattfand. Ein ähnliches, jedenfalls kein verschlimmertes Bild ergibt sich aus der aktuellen Zeugenaussage von Dr. A. vom 11. März 2016. Dort hatte sich der Kläger zuletzt am 13. Oktober 2015 vorgestellt. Auch aus den weiteren Behandlungsdaten ergibt sich eine sehr weitmaschige Behandlung, die nicht auf einen erhöhten Leidensdruck hinweist. Die nunmehr gestellten Diagnosen waren geringfügig, auch hierbei rückt das Schmerzempfinden (somatoforme Störung) in den Vordergrund, das aber auch organische Ursachen hat. In ganz ähnlicher Weise hat Dr. L. in seinem Gutachten keine eigenständige psychische Erkrankung mehr gesehen, sondern lediglich auf die Schmerzverarbeitung und die Belastung durch die Folgen der Hautverätzung hingewiesen.
Die - nicht unfallbedingte - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Funktionssystem Rumpf) hat der Beklagte nach den VG, Teil B Nr. 18.9, zutreffend mit einem GdB von 20 belegt. Nach den Feststellungen z.B. von Dr. O. und auch aus der Klinik M. liegen Beeinträchtigungen letztlich nur an einem WS-Abschnitt, nämlich der Halswirbelsäule (HWS), vor. Die Brustwirbelsäule wird nirgends erwähnt, für die Lendenwirbelsäule hat Dr. O. nur eine Hypalgesie (Sensibilitätsstörung) auf der Höhe L4/5 angegeben. An der HWS sind insgesamt drei Segmente versteift worden (C4-6). In der Folge bestehen eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beim Beugen und Drehen nach rechts und ein Druckschmerz der Nackenmuskulatur. Die Spinalkanalstenose, die der Beklagte berücksichtigt hat, war in M. nur als Verdachtsdiagnose genannt worden. Nach dieser Beschreibung erscheint es zutreffend, wenn der Beklagte hier mittelgradige funktionelle Auswirkungen an einem WS-Abschnitt angenommen hat. An dieser Einschätzung ändern auch die Feststellungen des Sachverständigen Dr. L. nichts. Dieser hatte nur den Auftrag, die unteren Gliedmaßen zu untersuchen, weil die Frage der Unfallfolgen betroffen war. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule hat er nicht im Einzelnen gemessen. Insofern kann aus seiner knappen Aussage, orientierend sei die Wirbelsäule des Klägers frei beweglich und lokale Beschwerden würden zumindest aktuell nicht angegeben (S. 10 Gutachten), nicht der Schluss gezogen werden, auch die Beeinträchtigungen in dieser Körperregion seien zurückgegangen.
Eine Funktionsbeeinträchtigung auf internistischem Gebiet liegt nicht vor, nachdem die vor Jahren aufgetretene Hepatitis kompensiert ist.
Vor dem Hintergrund der insoweit anzunehmenden Teil-GdB-Werte von 20 für die unteren Gliedmaßen (BG-Leiden), 20 für den Rumpf und bis zu 10 für die Psyche ist der vom Beklagten anerkannte Gesamt-GdB von 50 nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig festgesetzt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von mehr als 50.
Der 1975 geborene Kläger beantragte erstmals am 27. März 2013 die Feststellung eines GdB. Zu jenem Zeitpunkt war er Staatsangehöriger der Republik S. und hielt sich auf Grund einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis dauerhaft in Deutschland auf. Er hatte am 12. Januar 2013 einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem er mit dem linken Bein in ein Becken mit 70 bis 80° heißem Phosphat geraten war und erhebliche Verbrennungen bzw. Verätzungen erlitten hatte. Im Anschluss an diese Beinverletzung, die nur langsam abheilte, war auch eine depressive Erkrankung angegeben worden. Ferner bestanden bei ihm degenerative Veränderungen der Wirbelsäule. Eine Hepatitis B, die bei dem Kläger sechs Jahre zuvor diagnostiziert worden war, gaben die behandelnden Ärzte als zurzeit kompensiert an. Bescheide des zuständigen Unfallversicherungsträgers lagen nicht vor.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2013 stellte der Beklagte einen GdB von 40 seit Antragstellung fest. Ausweislich der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Sch. lagen dem eine Gebrauchseinschränkung des linken Beins (Teil-GdB 30) und eine Depression mit chronischem Schmerzsyndrom (20), beide als "BG-Leiden" bezeichnet, sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (20) zu Grunde.
Im Widerspruchsverfahren übersandte der Unfallversicherungsträger weitere medizinische Unterlagen, aus denen sich ein verzögerter Heilverlauf am Bein mit einer Partialnekrose der Muskulatur ergab und in denen der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert wurde. Die nunmehr eingeholte versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. M.-T. schlug vor, die Teil-GdB für die Depression (nunmehr 30) und die Beinverletzung (nunmehr 20) zu vertauschen und insgesamt die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch anzuerkennen. Dar¬aufhin erließ der Beklagte den Teil-Abhilfe-Bescheid vom 30. Januar 2014, mit dem er den GdB mit 50 seit Antragstellung feststellte. Den weiterhin aufrecht erhaltenen Widerspruch im Übrigen wies er mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2014 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 3. März 2014 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, er könne weder einer geregelten Tätigkeit nachgehen noch festes Schuhwerk anziehen, weswegen ein GdB von 100 zuzuerkennen sei. Weiterer, konkreter Vortrag ist auch auf Nachfrage des SG nicht erfolgt bzw. wurde mit Schriftsatz vom 7. Mai 2014 ausdrücklich verweigert.
Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 9. Dezember 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Klageerwiderung des Beklagten bezogen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Er trägt vor, er leide an einer schweren Depression und einem chronischen Schmerzsyndrom. Es liege ein GdB von wenigstens 70 vor.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 9. Dezember 2015 aufzuheben, den Bescheid vom 11. Oktober 2013 in Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 30. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 2014 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm einen Grad der Behinderung von mehr als 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, der zuständige Unfallversicherungsträger habe den Kläger mit angepassten orthopädischen Straßen- und Sicherheitsschuhen versorgt. Die ehemaligen Verätzungsareale seien inzwischen vollständig abgeheilt. Es bestehe nur noch eine endgradige Beweglichkeitseinschränkung am linken oberen Sprunggelenk. Der Unfallversicherungsträger habe die Unfallfolgen inzwischen - befristet - mit einer MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) von nur 20 bewertet. Daher sei davon auszugehen, dass die bisherige GdB-Bewertung zu hoch ausgefallen sei.
Auf Anforderung hat die B. der B. (BG Bau) Auszüge aus ihren Akten übersandt. Daraus ergibt sich, dass die zuvor zuständige B. H. und M. (BGHM) dem Kläger mit Bescheid vom 15. Mai 2014 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. zugesprochen hatte. Als Unfallfolgen anerkannt worden waren Hautveränderungen und weitere Beeinträchtigungen am linken Bein, jedoch keine Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet, nachdem der von der BGHM beauftragte Neurologe und Psychiater Dr. H. in dem Ersten Rentengutachten vom 5. März 2014 insbesondere keine PTBS hatte feststellen können. Hiergegen hatte der Kläger Widerspruch eingelegt und sodann Klage zum SG erhoben (S 1 U 4186/14), das - auf Antrag des Klägers - die Nervenärztin Dr. O. mit dem Gutachten vom 11. November 2014 beauftragt hatte. Die BGHM hatte das Zweite Rentengutachten vom 2. Juli 2015 bei Prof. Dr. Sch. eingeholt, der eine MdE unter 10 v.H. vorgeschlagen hatte. Daraufhin hatte die BGHM mit Bescheid vom 27. August 2015 eine Dauerrente versagt und die Rente als vorläufige Entschädigung entzogen, weil keine MdE von wenigstens 20 v.H. mehr vorliege.
Der Senat hat die behandelnde Ärztin für Psychiatrie Dr. A. schriftlich als sachverständige Zeugin vernommen. Diese hat als Diagnosen eine reaktive Depression, eine Anpassungsstörung und eine somatoforme Störung bekundet.
Der Kläger hat sich unter dem 5. Mai 2016, die Beklagte mit Schriftsatz vom 24. Mai 2016 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Nachdem dem Senat bekannt geworden ist, dass der Kläger zurzeit am SG ein weiteres Streitverfahren gegen die BGHM führt (S 1 U 6501/15), hat er die dortigen Akten beigezogen. In jenem Verfahren hat das SG das Gutachten des Chirurgen Dr. L. vom 20. Juni 2016 eingeholt. Aus diesem ergibt sich, dass bei dem Kläger eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter mit einer Abduktion von 150° und einer Anteversion von 170° sowie einer Außenrotation von 90° sowie am linken Bein eine eingeschränkte Beweglichkeit des OSG (Heben/Senken 10/0/30° gegenüber rechts 20/0/45°) und eine USG-Steifigkeit links mit "fast keiner Beweglichkeit", nämlich 0/0/15° für Pronation/Supination vorlägen. Daneben bestehe "ebenfalls" eine Einschränkung rechts (S. 9 f. GA ). Im Messblatt hat Dr. L. dann allerdings bei den unteren Sprunggelenken die Beweglichkeit von 0/0/15° rechts angegeben, während sie links bei 15/0/40° liege. Im Übrigen hat der Sachverständige unauffällige Verhältnisse beschrieben. Auch psychische Probleme hat er orientierend nicht festgestellt. Er hat aber auf die Schmerzen hingewiesen, die von den Narben und den verätzten Hautarealen ausgehen und den Kläger belasteten. In Bezug hierauf hat er neben der MdE für die orthopädischen Beeinträchtigungen von 10 v.H. für die Folgen der Hautverätzung, die etwa 11 % der Körperoberfläche umfasse und die sich in Kälteempfindlichkeit, Verletzlichkeit der Haut, Taubheitsgefühl und Gelenk- und Gliederschmerzen äußere, eine weitere MdE von 10 v.H. vorgeschlagen, woraus sich eine Gesamt-MdE von 20 v.H. für die Unfallfolgen ergebe. An dieser Einschätzung hat Dr. L. auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 19. September 2016 festgehalten.
Der Senat hat den Beteiligten das beigezogene Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme von Dr. L. übersandt. Er hat dabei mitgeteilt, er gehe von einem Fortbestand der Einverständniserklärungen aus. Der Kläger hat sich unter dem 14. März 2017 ausdrücklich erneut mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers. Er hat sein Einverständnis nach Übersendung der noch beigezogenen Unterlagen aus dem unfallversicherungsrechtlichen Verfahren vor dem SG erneuert. Hinsichtlich des Beklagten geht der Senat von einem Fortbestehen seiner Einverständniserklärung vom 24. Mai 2016 aus, zumal der Senat die Berufung des Klägers zurückweist und der Beklagte daher nicht beschwert ist.
Die nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch sonst zulässige (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung eines höheren GdB als 50 abgewiesen.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10-er-Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers keinesfalls einen höheren GdB als 40 begründen, sondern dass eher dieser deutlich überhöht festgestellt worden ist.
Voranzuschicken ist, dass der Beklagte bei seiner Feststellung des GdB nicht an die Entscheidungen der zuständigen Unfallversicherungsträger gebunden war oder ist. Als der Beklagte in den angegriffenen Bescheiden über den GdB entschied, war noch gar keine Entscheidung der BGHM ergangen, die unter Umständen nach § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB IX Auswirkungen auf das behindertenrechtliche Verfahren haben konnte. Hinzu kommt, dass bei dem Kläger weitere Behinderungen berücksichtigt worden sind, vor allem die Wirbelsäulenschäden, die nicht Gegenstand des berufsgenossenschaftlichen Verfahrens sind. In diesen Fällen entscheidet der Beklagte nach § 69 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 SGB IX ohne Bindung an die anderweitigen Feststellungen.
Das Funktionssystem der unteren Gliedmaßen des Klägers bedingt nicht mehr, wie von dem Beklagten unter Zugrundelegung der unfallversicherungsrechtlichen Einstufung angenommen, einen GdB von 30, sondern nur noch einen solchen von 10, allenfalls unter Einbeziehung der sekundären Funktionseinschränkungen, vor allem der Schmerzen, sowie der diagnostizierten somatoformen Schmerzfehlverarbeitung einen GdB von 20.
Auf rein orthopädischem Gebiet bedingen die Einbußen am Sprunggelenk links einen GdB von 10. Bereits nach der Funktionsbeurteilung in der Orthopädischen Klinik M. vom 10. September 2013 zeigte sich ein sicheres Gangbild ohne Hinken, die verschiedenen Gangarten konnten durchgeführt werden, die Reflexe waren normgerecht, der Kraftgrad auch der Beine beiderseits normgerecht (5). Von einer größeren Muskelatrophie ist nichts mehr berichtet worden. Ebenso ergibt sich aus dem Zweiten Rentengutachten von Prof. Dr. Sch. vom 2. Juli 2015, dass keine wesentlichen Einbußen zurückgeblieben sind. Es waren dort alle Gelenke frei beweglich, sowohl die Hüft- als auch die Kniegelenke waren in der Beugung nicht eingeschränkt und sogar um 5° überstreckbar. Nur am linken oberen Sprunggelenk ist eine geringfügige Bewegungseinschränkung zurückgeblieben. Es wurde dort eine Hebung/Senkung von 35/0/10° (gegenüber 40/0/20° rechts) gemessen. Das untere Sprunggelenk war frei. Nur ganz leicht verschlechterte Werte ergeben sich auch aus dem aktuellen Gutachten von Dr. L. vom 19. September 2016, das vom SG in dem unfallversicherungsrechtlichen Verfahren eingeholt worden ist und das der Senat nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411a Zivilprozessordnung (ZPO) als Sachverständigenbeweis verwertet. Dr. L. hat am oberen Sprunggelenk eine Beweglichkeit von 30/0/10° gemessen und am unteren Sprunggelenk eine solche von 0/0/15° (gegenüber 15/0/40°). Der Senat geht hierbei davon aus, dass bei der Angabe der Bewegungsmaße für das untere Sprunggelenk im Messblatt eine Seitenverwechselung vorliegt. Aus dem schriftlichen Gutachten ergibt sich, welche Seite Dr. L. meint; im Übrigen war bei dem Unfall das linke Bein betroffen. Nach den VG, Teil B Nr. 18.14, ist ein GdB von 10 für das obere Sprunggelenk erst bei einer restlichen Hebung/Senkung von 0/0/30° anzunehmen. Die Senkung des oberen Sprunggelenks ist bei dem Kläger mit 10° noch vorhanden, sodass hieraus allein kein GdB von 10 folgt. Hinzu kommt jedoch die von Dr. L. nunmehr beschriebene Einschränkung des unteren Sprunggelenks, die recht erheblich ist. Da Bewegungseinschränkungen des unteren Sprunggelenks allein einen GdB von 0 bis 10 ergeben, kann für das gesamte Sprunggelenk der genannte GdB von 10 angenommen werden.
Daneben liegen an den unteren Gliedmaßen des Klägers Hautveränderungen und Narben vor. Dr. L. hat die hieraus folgenden sensiblen Störungen beschrieben, vor allem die Schmerzen im Bereich des Fußrückens und die Kälteempfindlichkeit an den verätzten Arealen, und insoweit eine weitere MdE von 10 v.H. vorgeschlagen. Dieser Einschätzung kann für den GdB gefolgt werden, da es sich hierbei um Funktionseinbußen handelt, die nicht allein durch die Bewertung der Bewegungseinschränkung abgegolten sind. Hierbei stützt sich der Senat auf die Regelung in den VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe j Satz 3, wonach bei einer nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen über das übliche Maß hinausgehenden Schmerzhaftigkeit, die gesonderte Behandlung erfordert - hier die Behandlung der Haut und die Schmerzmedikation -, ein höherer Wert möglich ist.
Insofern kann für die unteren Gliedmaßen insgesamt ein GdB von 20 angenommen werden.
Diese Einbeziehung der Schmerzen und der daraus folgenden seelischen Belastung in die Bewertung des Funktionssystems der unteren Gliedmaßen führt aber dazu, dass für eine psychische Erkrankung kein GdB mehr bzw. höchstens ein GdB von 10 anzuerkennen ist. Nach den VG, Teil B Nr. 3.7, ist für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen im Falle leichterer psychovegetativer oder psychischer Störungen der GdB 0 bis 20. Bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) beträgt der GdB 30 bis 40. Bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdB 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten 80 bis 100. Bei dem Kläger kann nur von leichteren psychischen bzw. psychovegetativen Störungen ausgegangen werden. Dass bei ihm keine PTBS vorliegt, hatte schon Dr. H. in seinem Gutachten vom 5. März 2014 überzeugend herausgearbeitet. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt die psychotherapeutische Behandlung abgebrochen und seinen früheren Arbeitgeber verklagt, war aber - in einer anderen Beschäftigung - wieder vollschichtig berufstätig. Die letzten Befundberichte des damals behandelnden Psychotherapeuten Sch. zuvor hatten ergeben, dass keine Depression mehr vorhanden war, sondern nur noch eine Kränkungsneigung und eine leichtgradige Intrusion. Auch in der Folgezeit hat sich der psychische Gesundheitszustand des Klägers nicht wieder verschlechtert. Bereits bei der Begutachtung durch Dr. O. war nunmehr die Schmerzkomponente in den Vordergrund gestellt worden, während die Einbußen insbesondere auf der sozialen Ebene auch von ihr als geringfügig beschrieben wurden, zumal er weiterhin berufstätig war, auf dem vorbestehenden niedrigen Niveau über einen strukturierten Tagesablauf verfügte und keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung stattfand. Ein ähnliches, jedenfalls kein verschlimmertes Bild ergibt sich aus der aktuellen Zeugenaussage von Dr. A. vom 11. März 2016. Dort hatte sich der Kläger zuletzt am 13. Oktober 2015 vorgestellt. Auch aus den weiteren Behandlungsdaten ergibt sich eine sehr weitmaschige Behandlung, die nicht auf einen erhöhten Leidensdruck hinweist. Die nunmehr gestellten Diagnosen waren geringfügig, auch hierbei rückt das Schmerzempfinden (somatoforme Störung) in den Vordergrund, das aber auch organische Ursachen hat. In ganz ähnlicher Weise hat Dr. L. in seinem Gutachten keine eigenständige psychische Erkrankung mehr gesehen, sondern lediglich auf die Schmerzverarbeitung und die Belastung durch die Folgen der Hautverätzung hingewiesen.
Die - nicht unfallbedingte - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Funktionssystem Rumpf) hat der Beklagte nach den VG, Teil B Nr. 18.9, zutreffend mit einem GdB von 20 belegt. Nach den Feststellungen z.B. von Dr. O. und auch aus der Klinik M. liegen Beeinträchtigungen letztlich nur an einem WS-Abschnitt, nämlich der Halswirbelsäule (HWS), vor. Die Brustwirbelsäule wird nirgends erwähnt, für die Lendenwirbelsäule hat Dr. O. nur eine Hypalgesie (Sensibilitätsstörung) auf der Höhe L4/5 angegeben. An der HWS sind insgesamt drei Segmente versteift worden (C4-6). In der Folge bestehen eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beim Beugen und Drehen nach rechts und ein Druckschmerz der Nackenmuskulatur. Die Spinalkanalstenose, die der Beklagte berücksichtigt hat, war in M. nur als Verdachtsdiagnose genannt worden. Nach dieser Beschreibung erscheint es zutreffend, wenn der Beklagte hier mittelgradige funktionelle Auswirkungen an einem WS-Abschnitt angenommen hat. An dieser Einschätzung ändern auch die Feststellungen des Sachverständigen Dr. L. nichts. Dieser hatte nur den Auftrag, die unteren Gliedmaßen zu untersuchen, weil die Frage der Unfallfolgen betroffen war. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule hat er nicht im Einzelnen gemessen. Insofern kann aus seiner knappen Aussage, orientierend sei die Wirbelsäule des Klägers frei beweglich und lokale Beschwerden würden zumindest aktuell nicht angegeben (S. 10 Gutachten), nicht der Schluss gezogen werden, auch die Beeinträchtigungen in dieser Körperregion seien zurückgegangen.
Eine Funktionsbeeinträchtigung auf internistischem Gebiet liegt nicht vor, nachdem die vor Jahren aufgetretene Hepatitis kompensiert ist.
Vor dem Hintergrund der insoweit anzunehmenden Teil-GdB-Werte von 20 für die unteren Gliedmaßen (BG-Leiden), 20 für den Rumpf und bis zu 10 für die Psyche ist der vom Beklagten anerkannte Gesamt-GdB von 50 nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig festgesetzt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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