Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 R 5423/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2152/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Streit.
Die 1971 geborene Klägerin hat den Beruf der Industrieschneiderin erlernt und anschließend ein Studium an einer Fachhochschule zur Diplom-Ingenieurin für Bekleidungsgestaltung absolviert. In der Folge war sie hauptsächlich freiberuflich als Modedesignerin tätig (Juli 2002 bis März 2008) und sodann für einen kurzen Zeitraum als solche versicherungspflichtig (April 2008 bis August 2008) erwerbstätig. Momentan ist sie in Teilzeit auf Honorarbasis als Fachlehrerin an einer Modeschule tätig. Die Klägerin bezieht aufstockend Leistungen nach dem SGB II.
Vom 30. Dezember 2009 bis 3. Februar 2010 befand sich die Klägerin zur stationären medizinischen Rehabilitation in der Rehabilitationseinrichtung W. PS in M. in der Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie. In dem Entlassbericht vom 9. Februar 2010 wurden folgende Diagnosen gestellt: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei Mischinkontinenz II.-III. Grades und nichtorganische Dyspareunie. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin hinsichtlich einer Tätigkeit als Modedesignerin wurde auf 3 bis unter 6 Stunden angegeben. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien jedoch noch 6 Stunden und mehr zumutbar. Einschränkungen bestünden in der Stressbelastbarkeit der Klägerin. Die Klägerin wurde arbeitsfähig aufgenommen und entlassen.
Am 22. Februar 2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Im Antrag führte sie aus, dass die Tätigkeit als Modedesignerin mit überwiegendem Stehen, zeitweisem Gehen, ständigem Sitzen und zeitweisem Bücken auszuführen sei. Sie müsse Versandkartons/Bündel mit Bekleidung von 30 kg bis gelegentlich 40 kg ohne technische Hilfsmittel tragen. Die Arbeitszeit würde 40 Stunden pro Woche betragen. Bei Auslandsaufenthalten sei sie Kälte, Zugluft, Nässe, Hitze und starker Staubentwicklung ausgesetzt. Außerdem gehe diese Tätigkeit mit Publikumsverkehr, häufiger Reisetätigkeit, Mitarbeiterführung, außerordentlicher Konzentration, überwiegender Bildschirmarbeit und besonderen Anforderungen an das Sehvermögen einher. Sie ermüde jedoch schnell und sei nicht mehr belastbar. Außerdem sei sie chronisch krank (immer wiederkehrende Fieberanfälle), leide an starker psychischer Belastung durch Existenz- und Zukunftsängste und an Schmerzen im Nieren- und Blasensystem. In den vergangenen 6 Monaten sei sie wiederholt aufgrund chronischer Blasenentzündungen (angeborene Fehlstellung des Harnsystems) arbeitsunfähig gewesen.
Mit Bescheid vom 24. August 2010 wurde der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei, weil sie in der Lage sei, eine Beschäftigung als Modedesignerin weiterhin auszuüben. Diese Beschäftigung sei für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit maßgebend. Somit lägen die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht vor. Für die Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes sei die Agentur für Arbeit zuständig. Es werde die Fortsetzung einer regelmäßigen ambulanten nervenärztlichen Mitbehandlung/Richtlinientherapie empfohlen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 28. September 2010 Widerspruch. Dieser wurde damit begründet, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin gemindert sei. Dies ergebe sich aus dem Rehaentlassbericht, in welchem festgestellt werde, dass die Klägerin für die Tätigkeit als Modedesignerin nur noch 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig sei. In dem erlernten Beruf als Modedesignerin sei somit durchaus von einer geminderten Erwerbsfähigkeit auszugehen. Im Rahmen des § 10 SGB VI komme es bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit an. Somit stehe die Fähigkeit, in einem anderen Beruf mehr als 6 Stunden arbeiten zu können, der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht entgegen. Außerdem seien in dem Tätigkeitsbereich der Modedesignerin wöchentliche Arbeitszeiten von bis zu 60 Stunden üblich. Teilzeitarbeitsplätze würden so gut wie gar nicht angeboten. Darüber hinaus sei diese Tätigkeit vermehrt mit körperlich anstrengenden Arbeitsabläufen – wie beispielsweise das Anheben schwerer Kisten – verbunden. Die Klägerin könne laut dem Rehaentlassbericht jedoch nur noch leichte körperliche Arbeiten ausüben. Danach seien der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Bewilligung der Kosten für eine pädagogische Weiterbildung zu gewähren. Diese Weiterbildung sei die Voraussetzung dafür, dass die Klägerin als Lehrkraft an einer örtlichen Modeschule arbeiten könne. Hierdurch könne sie in ihrem erlernten Berufsbild weiter tätig sein. Zudem würde durch die Tätigkeit als pädagogische Lehrkraft die körperlich anstrengenden Tätigkeiten wegfallen. Soweit Bedenken dahingehend bestünden, dass die Klägerin eine pädagogische Tätigkeit wegen ihrer psychischen Beschwerden nicht ausführen könne, so könne diesem Einwand entgegengehalten werden, dass eine Tätigkeit in einer "Fachschule" für Modedesign nicht mit einer Tätigkeit in einer normalen Schule zu vergleichen sei und somit auch keine übermäßige psychische Belastung darstelle. Alternativ könne sich die Klägerin auch eine qualifizierte Umschulung in einen anderen Beruf vorstellen, soweit bei der Auswahl des Berufes die gesundheitliche Situation der Klägerin ausreichend berücksichtigt werde.
Die Beklagte hat daraufhin einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. P. angefordert. Dieser teilte der Beklagten am 24. Januar 2011 mit, die Klägerin leide an einer Somatisierungsstörung und einem L1/L2 Syndrom rechts. Der mitgeteilte Befund war unauffällig. Außerdem hat die Beklagte eine berufskundliche Stellungnahme zum Berufsbild des Modedesigners seitens eines ihrer Rehabilitationsberaters eingeholt. Dieser teilte in seiner Stellungahme vom 22. Juni 2011 mit, dass Modedesigner Modelinien oder gesamte Kollektionen einer Firma konzipierten, entwickelten und entwerfen. Sie beobachteten Trends im In- und Ausland und gäben Anregungen für die Produktentwicklung. Sie wählten die wichtigen Materialien aus und beschäftigten sich mit Marktanalysen. Berufstypische Anforderungen würden an Mobilität, Teamgeist, Kreativität, Flexibilität und Einsatzbereitschaft gestellt. Sehfähigkeit, Tastsinn und die körperliche Funktionsfähigkeit fürs Zeichnen, Entwerfen, Schneidern sollten uneingeschränkt vorhanden sein. Es bestünden keine besonderen körperlichen Belastungsfaktoren. Das Heben von schweren Kleiderkisten sei kein berufstypisches Belastungsmerkmal. Eine solche Anforderung treffe auf Industrieschneiderinnen zu, zumal bei Arbeit in Akkord. Modedesigner könnten sich die Arbeit entsprechend ihrer selbständigen und individuellen Arbeitsweise so aufteilen, dass sie Ware in angemessenen Mengen bewegten. Im Übrigen seien Modedesigner nur gelegentlich damit beschäftigt, Waren hin- und herzuräumen. Auch die Behauptung, Modedesigner arbeiteten üblicherweise in 70-Stunden-Arbeitswochen sei eine unzulässige Generalisierung im Einzelfall entsprechend individueller Arbeitsorganisation möglicher Arbeitsumstände. Aus berufskundlicher Sicht seien die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei vorliegendem Vorgang nicht erfüllt. Es bestehe keine Diskrepanz von gesundheitlichen Einschränkungen und berufstypischen Anforderungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zurück. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei gegeben, wenn durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen innerhalb von drei Jahren mit einer (überdauernden) Änderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen sei, wobei auf den zuletzt ausgeübten Beruf mit berufstypischen Anforderungen abzustellen sei. Der Rehaentlassbericht habe ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen mit zeitweisem Gehen und Stehen bei reduzierter Stressbelastbarkeit bestätigt. Zwar sei dort die Belastbarkeit als Modedesignerin mit 3 bis unter 6 Stunden angegeben worden. Hierbei sei bei der Beschreibung der letzten beruflichen Tätigkeit von einem Heben und Tragen von schweren Kleiderbündeln beziehungsweise Anheben schwerer Kisten und extremen Arbeitszeiten während der Selbständigkeit ausgegangen worden, was jedoch nicht zu den berufstypischen Belastungsmerkmalen von Modedesignern gehörten. Unter Berücksichtigung der berufstypischen Belastungsmerkmale und der Beschreibung des allgemeinen Leistungsvermögens könne die Klägerin unter Fortsetzung einer regelmäßigen nervenärztlichen Behandlung/Richtlinienpsychotherapie eine Tätigkeit als Modedesignerin weiterhin ausüben, zumal vielfältige Einsatzmöglichkeiten mit unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten vorhanden seien. Ein Befund, der die Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben rechtfertige, könne nicht erhoben werden. Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung würden daher nicht aus behinderungsbedingten Gründen erforderlich. Für die Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes sei die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit gegeben.
Am 9. November 2011 hat die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 24. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 24 R 6311/11). Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin infolge ihrer Erkrankung gemindert, zumindest gefährdet sei. Die Beklagte gehe in tatsächlicher Hinsicht von unzutreffenden Annahmen aus. Den berufstypischen Anforderungen an eine Modedesignerin sei die Klägerin nicht mehr gewachsen. Hierzu gehörten Arbeitszeiten von bis zu 60 Stunden und das Heben bzw. Tragen schwerer Gegenstände. Auch aus dem ärztlichen Entlassbericht ergebe sich, dass die Klägerin eine Tätigkeit als Modedesignerin nur noch mit einer Leistungsfähigkeit von 3 bis unter 6 Stunden ausüben könne.
Die Beklagte hat auf die Klage hin erwidert, dass weder eine Gefährdung noch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege und im Übrigen die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz der für die Klägerin zuständige Kontoführer sei, weshalb eine Beiladung angeregt worden ist. Mit Beschluss vom 3. Juli 2012 hat das SG wegen des Antrags der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 15. März 2010 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2010 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht gemindert sei. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 Widerspruch. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2011 zurückgewiesen. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten, so dass keine Erwerbsminderung vorliege. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe daher nicht. Gegen die ablehnende Rentenentscheidung erhob die Klägerin am 21. April 2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (S 2 R 2449/11). Im Rahmen dieses Klageverfahrens gegen die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz wurden die die Klägerin behandelnden Ärzte Prof. Dr. S., Dr. M., Dr. S. und Dr. L. als sachverständige Zeugen befragt. Der Urologe Dr. S. teilte am 3. Februar 2012 mit, die Klägerin leide an einem Z. n. Vesikoureteraler Reflux bds., einer neurogenen Harnblasenträgheit, einer Restharnretention, rezidivierenden Harnwegsinfekten, einer Escherichia coli und anderen Enterobakteriazeen. Leichte körperliche Tätigkeiten in Toilettennähe seien täglich 6 Stunden angemessen. Der Facharzt für Psychosomatik/Psychotherapie Dr. M. hat in seiner Zeugenauskunft vom 5. Dezember 2011 mitgeteilt, die Klägerin leide an einer Depression schwerer Ausprägung. Eine Leistungseinschätzung gab er nicht ab. Der Urologe Dr. Seibold teilte am 15. Mai 2012 mit, die Klägerin leide an einer Blasenentleerungsstörung und rezidivierenden Harnblasenentzündungen, die eine rezidivierende antibiotische Therapie notwendig machten und die neurologischen Symptome zu einer beträchtlichen Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit führten. Die Leistungsfähigkeit sei auf 3 bis unter 6 Stunden festzulegen. Der Neurologe Dr. L. teilte am 27. November 2012 mit, die Klägerin habe über sensible Missempfindungen und wiederholt auftretende Schwächen in der rechten Hand geklagt, für welche er keine neurologische Erklärung habe finden können. Eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 6 Stunden und mehr seien seines Erachtens möglich. Darüber hinaus wurde Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. S ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 16. September 2013 auf seinem Fachgebiet eine depressive Verstimmung reaktiver Genese bei körperlichen Erkrankungen und belastender sozialer Situation im Sinne von Anpassungsstörungen. Einen Anhalt für eine relevante Erkrankung des neurologischen Formenkreises vermochte er nicht zu finden. Als sonstige Diagnosen teilte er eine neurogene Harnblasenträgheit mit Blasenschrittmacherimplantation 2009, eine Restharnretention, rezidivierende Harnwegsinfektionen, Kniegelenksbeschwerden sowie Rückenbeschwerden ohne motorische Ausfälle mit. Aus neurologischer, psychiatrischer und internistischer Sicht ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Hierfür seien primär die urologischen Erkrankungen limitierend. Entsprechend der Aktenlage könne die Klägerin aus urologischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten verrichten. Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Ein häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen sei ebenso nicht leidensgerecht. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht relevant eingeschränkt. Eine Nachtschichttätigkeit als psychogener Stressor sei zu vermeiden. Widrige klimatische Bedingungen seien weitestgehend auszuschließen. Das geistige Leistungsvermögen sei nicht eingeschränkt. Allerdings seien Tätigkeiten mit vermehrt psychischen Belastungen nicht leidensgerecht. Hierzu gehörten Tätigkeiten mit vermehrt emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential. Es bestehe ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden. Im Rahmen der am 26. Juni 2014 stattfindenden mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin die Klage S 2 R 2449/11 daraufhin zurück.
Am 2. Oktober 2014 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen. Dieses ist unter dem Aktenzeichen S 24 R 5423/14 fortgeführt worden. Mit Beschluss vom 3. März 2015 hat das die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz auf Mitteilung der Beklagten, dass jene zwischenzeitlich der zuständige Rentenversicherungsträger sei, gem. § 75 Abs. 1 SGG beigeladen. Aufgrund der Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, dass zwischenzeitlich die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg der zuständige Kontoführer sei, ist die Beiladung mit Beschluss vom 19. Mai 2015 wieder aufgehoben worden. Mit Beschluss vom selben Tage ist stattdessen die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg gem. § 75 Abs. 1 SGG beigeladen worden. Im Rahmen eines am 20. August 2015 vor dem SG stattfindenden Erörterungstermins hat die Klägerin erklärt, dass den im Rentenverfahren eingeholten Befundunterlagen im Wesentlichen die Diagnose einer Migräne (ohne Aura) fehle, an der sie zwei- bis dreimal im Monat leide. Aktuell arbeite sie in Teilzeit als Fachlehrerin an einer Modeschule. Damit komme sie sehr gut klar. In ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Modedesignerin habe sie des Öfteren Pakete mit Musterteilen aus Asien entgegennehmen und auspacken müssen. Hierbei habe es sich um schwere körperliche Arbeit gehandelt, welche sie aufgrund ihrer Blasenerkrankung nicht mehr ausüben könne. Bei ihr komme es zu häufigen Fehlzeiten, worauf Arbeitgeber in der Privatwirtschaft schlecht reagierten. Eine Tätigkeit an der Schule – bei einem öffentlichen Arbeitgeber – sei daher wünschenswert. Der Klägervertreter hat angekündigt, eine Stellungnahme des Verbandes der Deutschen Modedesigner bezüglich des Anforderungsprofils einer Modedesignerin einzuholen und vorzulegen. Unabhängig davon haben der Klägervertreter und die Beklagte in diesem Termin mitgeteilt, dass Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG bestehe.
Mit Schriftsatz vom 25. August 2015 hat der Klägervertreter mitgeteilt, sich an die Geschäftsführerin des Verbandes der Modedesigner e. V. gewandt zu haben. Diese habe ihm telefonisch erklärt, dass die Tätigkeit des Modedesigners viel Laufen beinhalten würde und Tätigkeiten im Sitzen weniger vorkämen. Es seien Arbeitszeiten von 10 bis 12 Stunden täglich üblich. Als Modedesigner stünde man unter einem extremen seelischen Druck. Man müsse mobil sein und im Rahmen von Terminen im In- und Ausland schwere Sachen "rumschleppen". Der Beruf des Modedesigners würde zu einem enormen körperlichen und seelischen Verschleiß führen. Dies sei ausnahmslos bei allen Anstellungsverhältnissen so. Mit über 40 bekäme man keine Anstellung mehr. Der Verschleiß als Modedesigner sei sowohl körperlicher als auch seelischer Art. Die Berufsbeschreibung unter "Berufenet" sei eine Unverschämtheit.
Mit Schriftsatz vom 20. April 2016 hat auch die Beigeladene ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG erteilt.
Mit Urteil vom 10. Mai 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin erfülle bereits die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 SGB VI nicht. Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10 Abs. 1 SGB VI sei als Fähigkeit zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder eine seiner Eignung, Neigung und bisherigen Tätigkeit angemessene Erwerbs- oder Berufstätigkeit dauernd auszuüben. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 SGB VI müsse die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung erheblich gefährdet sein. Von einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei dann auszugehen, wenn nach gutachterlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder behinderungsbedingter Funktionseinschränkungen damit gerechnet werden könne, dass ohne Teilhabeleistungen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintrete. Überdies müsse die Gefährdung erheblich sein, durch die Beeinträchtigungen müsse also in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen sein, wobei "absehbare Zeit" in entsprechender Anwendung des § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI ein Zeitraum von 3 Jahren sei. Bezugspunkt zur Feststellung der Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit sei dabei die letzte berufliche Tätigkeit, wobei die beruflichen Tätigkeiten der letzten Jahre in die Betrachtung einzubeziehen seien. Bei der Klägerin sei dies angesichts der vorgetragenen Erwerbsbiographie unstreitig der Beruf der Modedesignerin. Für deren Tätigkeitsinhalt werde von der Berufsbeschreibung aus der Datenbank "Berufenet" der Bundesagentur für Arbeit zum Berufsbild "Modedesigner/in (Tätigkeit nach Studium)" ausgegangen. Bei der Klägerin sei die Erwerbsfähigkeit für den Beruf der Modedesignerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert. Dies ergebe sich aus sämtlichen medizinischen Ermittlungen, insbesondere auch aus dem Gutachten des Dr. S ... Aus dem Gutachten des Dr. S. ergebe sich kein auffälliger psychischer Befund. Auch der das fachurologische Gutachten im Rentenverfahren erstellende Urologe Dr. L. sowie der als sachverständiger Zeuge befragte Prof. Dr. S. hätten eine Leistungsminderung aufgrund der urologischen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht erkennen können. Als Einschränkung sei von Prof. Dr. S. die Nähe zu einer Toilette genannt worden. Mit diesem Leistungsvermögen sei die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit als Modedesignerin nicht eingeschränkt. Sie könne sowohl Bildschirmarbeit als auch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten, was angesichts der Tätigkeitsbeschreibung als Modedesignerin genüge. Schwere Hebe- und Tragearbeiten oder sonstige besondere körperliche Belastungen würden dort nicht aufgezählt. Zwar gehörten auch "handwerkliche" Tätigkeiten wie bei einer Schneiderin zum Berufsbild. Den ganz überwiegenden Teil der Arbeitszeit handele es sich aber um kreative geistige Arbeit, so dass die Tätigkeit nicht als körperlich schwer einzustufen sei und die Klägerin sie durchaus bewältigen könne. Psychische Anforderungen bestünden insofern, als der Modedesigner mit einer Vielzahl unterschiedlicher Mitarbeiter und Geschäftspartner, auch im Ausland, in Kontakt stehe und insofern keine größeren kommunikativen Einschränkungen haben dürfe. Diese seien bei der Klägerin auch nicht ersichtlich. Sofern sich die Klägerin auf die Angaben der Geschäftsführerin des Verbandes der Modedesigner berufe, so könne dieser nicht darin zugestimmt werden, dass in allen Arbeitsverhältnissen als Modedesigner derart extreme Arbeitsbedingungen herrschten. Denn angesichts der auf "Berufenet" geschilderten Tätigkeitsmerkmale bestehe eine große Vielfalt an verschiedenen Aufgabenfeldern, die die Klägerin ausweislich ihres medizinisch ermittelten Leistungsvermögens für leichtere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne häufiges Bücken und Treppensteigen sowie ohne Nachtschicht und ohne widrige klimatische Bedingungen noch ausüben könne. Dass große Lasten wie Stoffbündel regelmäßig ohne Hilfsmittel bewegt werden müssten, halte die Kammer nach wie vor für eine unbewiesene und unwahrscheinliche Behauptung. Schließlich arbeite eine Modedesignerin – anders als ein Industrieschneider – in der Regel nur mit Stoffproben und Mustern, während die Großproduktion der Kleidung nicht in ihren Händen liege.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin 10. Juni 2016 Berufung eingelegt. Diese ist damit begründet worden, dass die vom SG zugrundegelegte Berufsbeschreibung aus dem Internetportal der Arbeitsagentur der Einschätzung der Geschäftsführerin des Verbands der Modedesigner e. V. zu dem Berufsbild der Modedesigner in wesentlichen Punkten widerspreche. Das SG sei der Anregung, zu der Frage der Anforderungen an den Berufsstand der Modedesigner Beweis zu erheben, nicht gefolgt. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne häufiges Bücken und Treppensteigen auszuführen. Nachtschichten, widrige klimatische Bedingungen und psychische Belastungen seien zu vermeiden. Nach der sachkundigen Einschätzung der Geschäftsführerin des Verbandes der Modedesigner e. V. gebe es solche Arbeitsplätze im Berufsfeld der Modedesigner nicht, so dass eine Gefährdung und/oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege, mithin entsprechende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Mai 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene, zu verurteilen, der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ihr schriftsätzliches Vorbringen aus der ersten Instanz verwiesen. Außerdem hat sie ausgeführt, dass die Berufsbeschreibungen der Bundesagentur für Arbeit erfahrungsgemäß umfassend seien und den Umständen entsprächen. Aus dem klägerischen Schriftsatz vom 25. August 2015 ergebe sich lediglich, dass der Beruf der Modedesignerin sehr stressig sei, über 40-jährige Menschen keine Anstellung mehr fänden und im Übrigen ständige Überstunden erforderlich seien. Dies werde klägerisch so dargelegt ohne Nachweis zur Quelle dieser Aussage. Die "sinngemäße Äußerung" des Geschäftsführers des Verbands der Modedesigner, einem Verein, bilde keine hinreichende Grundlage zur Beurteilung der Tätigkeitsmerkmale eines Berufs, welche im Übrigen aus dieser sinngemäßen Äußerung auch nicht hervorgingen. Die Berufsbeschreibung der Agentur für Arbeit sei wesentlich umfassender und enthalte genaue Angaben zur Art der ausgeübten Tätigkeiten als die klägerischen Angaben. Nach dieser Beschreibung und dem berücksichtigten Gutachten ergäben sich keine hinreichenden Hinweise dafür, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin bei Verbleib im bisherigen Berufsbereich als gefährdet anzusehen sei.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2017 ist der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht des Berufungsverfahrens abgelehnt worden.
Mit Schriftsatz vom 1. März 2017 hat die Klägerin darauf hingewiesen, die Agentur für Arbeit habe in ihrer Internetpräsenz die Anforderungen an das Berufsbild des Modedesigners geändert. Die Aufgaben würden nunmehr die Erstellung, Weiterentwicklung und detaillierte Ausarbeitung von Entwürfen einschließen, dabei auch materialbedingte, herstellungstechnische und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen, die Anfertigung von Modellschnitten bzw. die Abänderung oder Variation bereits erprobten Grundschnitten sowie das Verhandeln über Art, Qualität usw. der zu fertigenden Kleidungsstücke (häufig im Ausland) und die Festlegung von Fertigungsterminen umfassen. Nach dieser Beschreibung seien häufige Auslandsreisen erforderlich. Diese Anforderungen seien mit dem Leistungsvermögen der Klägerin nicht in Einklang zu bringen. Hierzu hat die Beklagte nochmals ausführlich Stellung genommen und u. a. ausgeführt, dass der Kontakt mit der Fertigung, die häufig - jedoch nicht zwangsläufig - im Ausland angesiedelt sei, ein mögliches Merkmal einer Tätigkeit als Modedesignerin darstelle. Diese könnten jedoch in unterschiedlichen Bereichen tätig sein (z. B. Entwurf, Produktion, Marketing, Beratung).
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten der Verfahrensakte des Rentenverfahrensverfahrens (S 2 R 2449/11) sowie der Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 10. Mai 2016 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Ablehnungsbescheid vom 24. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011, in dem die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe ablehnt.
Nach § 9 Abs. 1 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um
1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind, § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VI. Die Leistungen nach Absatz 1 können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte nach § 10 Abs. 1 S. 1 SGB VI erfüllt,
1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wieder hergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aa) der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder bb) ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.
Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist nur auf die bisherige Tätigkeit abzustellen. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 Rn 3a; BSG Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 15/05 R - juris Rn 17 f.; BSG Urteil vom 11. Mai 2011 - B 5 R 54/10 R - juris Rn 46). Vorliegend ist die Klägerin vor Beginn ihrer derzeitigen Lehrtätigkeit in einer Modeschule als Modedesignerin - sowohl freiberuflich als auch sozialversicherungspflichtig - tätig gewesen. Sie hat auch einen entsprechenden Studienabschluss vorzuweisen. Der Bezugsberuf ist damit derjenige einer Modedesignerin mit Studienabschluss.
Eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen damit zu rechnen ist, dass ohne Leistungen zur Teilhabe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintritt. Vorübergehende Erkrankungen (Akutfälle) reichen nicht aus; für diese sind die Krankenversicherungen zuständig. Es muss vielmehr die Gefahr einer "Ausgliederung" aus Arbeit, Beruf und Gesellschaft bestehen (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 SGB VI Rn 5; BSG Urteil vom 18. Februar 2981 - 1 RA 93/79 - juris Rn 30). Der Eintritt der Minderung darf hierbei nicht nur möglich sein. Vielmehr muss die begründete Aussicht bestehen, dass sie in absehbarer Zeit eintritt. Nicht erforderlich ist eine gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende akute Gefahr (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 SGB VI Rn 5). Hingegen ist die Erwerbsfähigkeit gemindert, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben. Die Minderung hat im Gegensatz zur Gefährdung bereits zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt. Eine Erwerbsminderung liegt nicht nur dann vor, wenn eine Erwerbsminderung gem. § 43 vorliegt (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 SGB VI Rn 7; Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 29. März 2017 - L 1 R 309/15 - juris Rn 39). Aus dem im Rentenverfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Schnütgen vom 16. September 2013 ergibt sich, dass die Klägerin an einer depressiven Verstimmung reaktiver Genese bei körperlicher Erkrankungen und belastender sozialer Situation im Sinne von Anpassungsstörungen, einer neurogenen Harnblasenträgheit mit Blasenschrittmacherimplantation 2009, einer Restharnretention, rezidivierenden Harnwegsinfektionen, Kniegelenksbeschwerden rechts sowie Rückenbeschwerden ohne motorische Ausfälle leidet. Er hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass sich aus neurologischer, psychiatrischer und internistischer Sicht keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin ergäben. Lediglich die urologische Erkrankung sei limitierend, was dazu führe, dass sie nur leichte körperliche Tätigkeiten verrichten könne. Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Ein häufiges Bücken oder Treppensteigen sei nicht leidensgerecht. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht relevant eingeschränkt. Nachtschichttätigkeiten als psychogener Stressor seien zu vermeiden, widrige klimatische Bedingungen weitestgehend auszuschließen. Eine Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit hat Dr. S. ausdrücklich nicht festgestellt, wenngleich er Tätigkeiten mit vermehrt psychischen Belastungen als ebenfalls nicht leidensgerecht eingestuft hat. Die Leistungseinschätzung von Dr. S. wird auch gestützt durch die sachverständigen Zeugenauskünfte des Prof. Dr. S. und des Dr. L ... Beide gehen von einem vollschichtigen Leistungsvermögen aus. Prof. Dr. S. empfiehlt lediglich Toilettennähe. Sofern Dr. Seibold von einem eingeschränkten Leistungsvermögen ausgeht, so ist diese Einschätzung nicht nachvollziehbar, sofern er entsprechende Befunde auch nicht mitgeteilt hat. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nach Überzeugung des Senats weder gefährdet noch gemindert. Der Senat stützt sich hierbei ebenso wie das SG auf die Tätigkeitsbeschreibung eines Modedesigners mit Hochschulabschluss auf der Internetseite "Berufenet" der Agentur für Arbeit (s. a. Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 23. März 2015 - L 1 R 138/15 B ER - juris Rn 45; Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 14. März 2012 - L 13 R 1049/09, L 13 R 92/11 - juris Rn 68). Danach gehören zu den Aufgaben und Tätigkeiten im Einzelnen:
• Entwürfe erstellen, weiterentwickeln und detailliert ausarbeiten, dabei auch materialbedingte, herstellungstechnische und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen • Modellschnitte anfertigen bzw. bereits erprobte Grundschnitte abändern oder variieren • mit der Fertigung (häufig im Ausland) über Art, Qualität usw. der zu fertigenden Kleidungsstücke verhandeln und Fertigungstermine festlegen
Auf "Berufenet" wird die Tätigkeit als sehr vielfältig beschrieben. Sofern Modedesigner/innen als Trendscouts arbeiten, analysieren sie Trends in Mode und Lifestyle und beobachten und erspüren Änderungen im Verbraucherverhalten. Sie können Modehäuser sowie Garn oder Stoff produzierende Unternehmen beraten, journalistisch tätig werden oder bei Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen als Modeberater/in arbeiten. An Hochschulen und Akademien konzipieren sie Vorlesungen, bereiten Seminare, Übungen und Praktika vor und erarbeiten Lehrmaterialien. Ferner haben sie Studien- und Prüfungsarbeiten zu entwerfen, durchzuführen und zu korrigieren. Ggfs. werben sie Gelder für Forschungsprojekte bei staatlichen Institutionen und der Industrie ein, führen Projekte durch und veröffentlichen die Ergebnisse in Büchern oder Fachzeitschriften. Auf Tagungen und Kongressen referieren sie über ihre Erkenntnisse. Als Arbeitsorte finden sich unter "Berufenet" Musterateliers, Büroräume, Ausstellungsräume, Messehallen und Hörsäle. Die Klägerin ist gesundheitlich nicht gehindert, die in "Berufenet" beschriebenen Arbeitsbedingungen im Einzelnen, Verantwortung für Personen zu tragen (z.B. Studierende unterrichten und betreuen), in Kundenkontakt treten (z.B. mit Einkäufern über die Kollektion und die Modelle auf Modemessen verhandeln), Bildschirmarbeit verrichten (Modellschnitte und Schnittkonstruktionen aus- und einarbeiten), Handarbeit ausüben (Entwurfsskizzen und Werkzeichnungen per Hand anfertigen), zu erfüllen. Mit dem seitens Dr. Schnütgens beschriebenen bei der Klägerin bestehenden Leistungsvermögens ist diese in der Lage, derartige Tätigkeiten in den genannten Räumlichkeiten auszuüben. Die Klägerin ist somit in der Lage, den typischen Anforderungen des Berufs des Modedesigners nachzukommen (Kater in KassKomm, Juni 2015, EL 86, Sozialversicherungsrecht, § 10 SGB VI, Rn 3b). Im Übrigen ist festzustellen, dass die Klägerin aktuell auch eine derartige Tätigkeit in Form als Lehrkraft auf Honorarbasis an einer Modeschule ausübt und somit einer berufstypischen Tätigkeit nachgeht. Für den Senat ist daher nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit als Modedesignerin eingeschränkt sein soll. Hieran ändert auch der klägerische Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren nichts, wonach die Geschäftsführerin des Verbands der Modedesigner e. V. - eine Frau Michel - dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber telefonisch ausgeführt habe, dass die Tätigkeit als Modedesigner viel Laufen beinhalte, mit Arbeitszeiten von 10 bis 12 Stunden täglich und folglich mit hohem seelischen Druck verbunden sei sowie vielen Reisen im In- und Ausland und schwerem Heben und Tragen. Der Senat streitet nicht ab, dass es Arbeitsplätze als Modedesigner geben mag, die diese Anforderungen stellen. Aus der Beschreibung auf "Berufenet" - an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt - ergibt sich jedoch, dass die Einsatzmöglichkeiten als Modedesigner sehr vielfältig sind. Gerade im Bereich der Lehre, in der Beratung Stoff oder Garn produzierender Unternehmen oder im journalistischen Bereich ist nicht ersichtlich, inwiefern schwere Lasten gehoben oder getragen werden müssten, ein ständiges Reisen erforderlich ist und permanent Überstunden gemacht werden müssten. Der Senat ist daher der Auffassung, dass bei der Klägerin hinsichtlich ihres Bezugsberufs "Modedesigner" weder eine Gefährdung der Erwerbsminderung vorliegt noch bereits eine Minderung eingetreten ist. Vielmehr teilt der Senat die Einschätzung des SG in seinem wegweisenden Urteil vom 10. Mai 2016.
Da bereits die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht vorliegen, kann offen bleiben, welcher Rententräger - die Deutsche Rentenversicherung Bund oder Baden-Württemberg - für das vorliegende Verfahren zuständig ist.
Die Berufung gegen dieses Urteil ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8 erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Streit.
Die 1971 geborene Klägerin hat den Beruf der Industrieschneiderin erlernt und anschließend ein Studium an einer Fachhochschule zur Diplom-Ingenieurin für Bekleidungsgestaltung absolviert. In der Folge war sie hauptsächlich freiberuflich als Modedesignerin tätig (Juli 2002 bis März 2008) und sodann für einen kurzen Zeitraum als solche versicherungspflichtig (April 2008 bis August 2008) erwerbstätig. Momentan ist sie in Teilzeit auf Honorarbasis als Fachlehrerin an einer Modeschule tätig. Die Klägerin bezieht aufstockend Leistungen nach dem SGB II.
Vom 30. Dezember 2009 bis 3. Februar 2010 befand sich die Klägerin zur stationären medizinischen Rehabilitation in der Rehabilitationseinrichtung W. PS in M. in der Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie. In dem Entlassbericht vom 9. Februar 2010 wurden folgende Diagnosen gestellt: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei Mischinkontinenz II.-III. Grades und nichtorganische Dyspareunie. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin hinsichtlich einer Tätigkeit als Modedesignerin wurde auf 3 bis unter 6 Stunden angegeben. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien jedoch noch 6 Stunden und mehr zumutbar. Einschränkungen bestünden in der Stressbelastbarkeit der Klägerin. Die Klägerin wurde arbeitsfähig aufgenommen und entlassen.
Am 22. Februar 2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Im Antrag führte sie aus, dass die Tätigkeit als Modedesignerin mit überwiegendem Stehen, zeitweisem Gehen, ständigem Sitzen und zeitweisem Bücken auszuführen sei. Sie müsse Versandkartons/Bündel mit Bekleidung von 30 kg bis gelegentlich 40 kg ohne technische Hilfsmittel tragen. Die Arbeitszeit würde 40 Stunden pro Woche betragen. Bei Auslandsaufenthalten sei sie Kälte, Zugluft, Nässe, Hitze und starker Staubentwicklung ausgesetzt. Außerdem gehe diese Tätigkeit mit Publikumsverkehr, häufiger Reisetätigkeit, Mitarbeiterführung, außerordentlicher Konzentration, überwiegender Bildschirmarbeit und besonderen Anforderungen an das Sehvermögen einher. Sie ermüde jedoch schnell und sei nicht mehr belastbar. Außerdem sei sie chronisch krank (immer wiederkehrende Fieberanfälle), leide an starker psychischer Belastung durch Existenz- und Zukunftsängste und an Schmerzen im Nieren- und Blasensystem. In den vergangenen 6 Monaten sei sie wiederholt aufgrund chronischer Blasenentzündungen (angeborene Fehlstellung des Harnsystems) arbeitsunfähig gewesen.
Mit Bescheid vom 24. August 2010 wurde der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei, weil sie in der Lage sei, eine Beschäftigung als Modedesignerin weiterhin auszuüben. Diese Beschäftigung sei für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit maßgebend. Somit lägen die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht vor. Für die Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes sei die Agentur für Arbeit zuständig. Es werde die Fortsetzung einer regelmäßigen ambulanten nervenärztlichen Mitbehandlung/Richtlinientherapie empfohlen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 28. September 2010 Widerspruch. Dieser wurde damit begründet, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin gemindert sei. Dies ergebe sich aus dem Rehaentlassbericht, in welchem festgestellt werde, dass die Klägerin für die Tätigkeit als Modedesignerin nur noch 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig sei. In dem erlernten Beruf als Modedesignerin sei somit durchaus von einer geminderten Erwerbsfähigkeit auszugehen. Im Rahmen des § 10 SGB VI komme es bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit an. Somit stehe die Fähigkeit, in einem anderen Beruf mehr als 6 Stunden arbeiten zu können, der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht entgegen. Außerdem seien in dem Tätigkeitsbereich der Modedesignerin wöchentliche Arbeitszeiten von bis zu 60 Stunden üblich. Teilzeitarbeitsplätze würden so gut wie gar nicht angeboten. Darüber hinaus sei diese Tätigkeit vermehrt mit körperlich anstrengenden Arbeitsabläufen – wie beispielsweise das Anheben schwerer Kisten – verbunden. Die Klägerin könne laut dem Rehaentlassbericht jedoch nur noch leichte körperliche Arbeiten ausüben. Danach seien der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Bewilligung der Kosten für eine pädagogische Weiterbildung zu gewähren. Diese Weiterbildung sei die Voraussetzung dafür, dass die Klägerin als Lehrkraft an einer örtlichen Modeschule arbeiten könne. Hierdurch könne sie in ihrem erlernten Berufsbild weiter tätig sein. Zudem würde durch die Tätigkeit als pädagogische Lehrkraft die körperlich anstrengenden Tätigkeiten wegfallen. Soweit Bedenken dahingehend bestünden, dass die Klägerin eine pädagogische Tätigkeit wegen ihrer psychischen Beschwerden nicht ausführen könne, so könne diesem Einwand entgegengehalten werden, dass eine Tätigkeit in einer "Fachschule" für Modedesign nicht mit einer Tätigkeit in einer normalen Schule zu vergleichen sei und somit auch keine übermäßige psychische Belastung darstelle. Alternativ könne sich die Klägerin auch eine qualifizierte Umschulung in einen anderen Beruf vorstellen, soweit bei der Auswahl des Berufes die gesundheitliche Situation der Klägerin ausreichend berücksichtigt werde.
Die Beklagte hat daraufhin einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. P. angefordert. Dieser teilte der Beklagten am 24. Januar 2011 mit, die Klägerin leide an einer Somatisierungsstörung und einem L1/L2 Syndrom rechts. Der mitgeteilte Befund war unauffällig. Außerdem hat die Beklagte eine berufskundliche Stellungnahme zum Berufsbild des Modedesigners seitens eines ihrer Rehabilitationsberaters eingeholt. Dieser teilte in seiner Stellungahme vom 22. Juni 2011 mit, dass Modedesigner Modelinien oder gesamte Kollektionen einer Firma konzipierten, entwickelten und entwerfen. Sie beobachteten Trends im In- und Ausland und gäben Anregungen für die Produktentwicklung. Sie wählten die wichtigen Materialien aus und beschäftigten sich mit Marktanalysen. Berufstypische Anforderungen würden an Mobilität, Teamgeist, Kreativität, Flexibilität und Einsatzbereitschaft gestellt. Sehfähigkeit, Tastsinn und die körperliche Funktionsfähigkeit fürs Zeichnen, Entwerfen, Schneidern sollten uneingeschränkt vorhanden sein. Es bestünden keine besonderen körperlichen Belastungsfaktoren. Das Heben von schweren Kleiderkisten sei kein berufstypisches Belastungsmerkmal. Eine solche Anforderung treffe auf Industrieschneiderinnen zu, zumal bei Arbeit in Akkord. Modedesigner könnten sich die Arbeit entsprechend ihrer selbständigen und individuellen Arbeitsweise so aufteilen, dass sie Ware in angemessenen Mengen bewegten. Im Übrigen seien Modedesigner nur gelegentlich damit beschäftigt, Waren hin- und herzuräumen. Auch die Behauptung, Modedesigner arbeiteten üblicherweise in 70-Stunden-Arbeitswochen sei eine unzulässige Generalisierung im Einzelfall entsprechend individueller Arbeitsorganisation möglicher Arbeitsumstände. Aus berufskundlicher Sicht seien die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei vorliegendem Vorgang nicht erfüllt. Es bestehe keine Diskrepanz von gesundheitlichen Einschränkungen und berufstypischen Anforderungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zurück. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei gegeben, wenn durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen innerhalb von drei Jahren mit einer (überdauernden) Änderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen sei, wobei auf den zuletzt ausgeübten Beruf mit berufstypischen Anforderungen abzustellen sei. Der Rehaentlassbericht habe ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen mit zeitweisem Gehen und Stehen bei reduzierter Stressbelastbarkeit bestätigt. Zwar sei dort die Belastbarkeit als Modedesignerin mit 3 bis unter 6 Stunden angegeben worden. Hierbei sei bei der Beschreibung der letzten beruflichen Tätigkeit von einem Heben und Tragen von schweren Kleiderbündeln beziehungsweise Anheben schwerer Kisten und extremen Arbeitszeiten während der Selbständigkeit ausgegangen worden, was jedoch nicht zu den berufstypischen Belastungsmerkmalen von Modedesignern gehörten. Unter Berücksichtigung der berufstypischen Belastungsmerkmale und der Beschreibung des allgemeinen Leistungsvermögens könne die Klägerin unter Fortsetzung einer regelmäßigen nervenärztlichen Behandlung/Richtlinienpsychotherapie eine Tätigkeit als Modedesignerin weiterhin ausüben, zumal vielfältige Einsatzmöglichkeiten mit unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten vorhanden seien. Ein Befund, der die Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben rechtfertige, könne nicht erhoben werden. Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung würden daher nicht aus behinderungsbedingten Gründen erforderlich. Für die Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes sei die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit gegeben.
Am 9. November 2011 hat die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 24. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 24 R 6311/11). Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin infolge ihrer Erkrankung gemindert, zumindest gefährdet sei. Die Beklagte gehe in tatsächlicher Hinsicht von unzutreffenden Annahmen aus. Den berufstypischen Anforderungen an eine Modedesignerin sei die Klägerin nicht mehr gewachsen. Hierzu gehörten Arbeitszeiten von bis zu 60 Stunden und das Heben bzw. Tragen schwerer Gegenstände. Auch aus dem ärztlichen Entlassbericht ergebe sich, dass die Klägerin eine Tätigkeit als Modedesignerin nur noch mit einer Leistungsfähigkeit von 3 bis unter 6 Stunden ausüben könne.
Die Beklagte hat auf die Klage hin erwidert, dass weder eine Gefährdung noch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege und im Übrigen die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz der für die Klägerin zuständige Kontoführer sei, weshalb eine Beiladung angeregt worden ist. Mit Beschluss vom 3. Juli 2012 hat das SG wegen des Antrags der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 15. März 2010 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2010 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht gemindert sei. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 Widerspruch. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2011 zurückgewiesen. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten, so dass keine Erwerbsminderung vorliege. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe daher nicht. Gegen die ablehnende Rentenentscheidung erhob die Klägerin am 21. April 2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (S 2 R 2449/11). Im Rahmen dieses Klageverfahrens gegen die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz wurden die die Klägerin behandelnden Ärzte Prof. Dr. S., Dr. M., Dr. S. und Dr. L. als sachverständige Zeugen befragt. Der Urologe Dr. S. teilte am 3. Februar 2012 mit, die Klägerin leide an einem Z. n. Vesikoureteraler Reflux bds., einer neurogenen Harnblasenträgheit, einer Restharnretention, rezidivierenden Harnwegsinfekten, einer Escherichia coli und anderen Enterobakteriazeen. Leichte körperliche Tätigkeiten in Toilettennähe seien täglich 6 Stunden angemessen. Der Facharzt für Psychosomatik/Psychotherapie Dr. M. hat in seiner Zeugenauskunft vom 5. Dezember 2011 mitgeteilt, die Klägerin leide an einer Depression schwerer Ausprägung. Eine Leistungseinschätzung gab er nicht ab. Der Urologe Dr. Seibold teilte am 15. Mai 2012 mit, die Klägerin leide an einer Blasenentleerungsstörung und rezidivierenden Harnblasenentzündungen, die eine rezidivierende antibiotische Therapie notwendig machten und die neurologischen Symptome zu einer beträchtlichen Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit führten. Die Leistungsfähigkeit sei auf 3 bis unter 6 Stunden festzulegen. Der Neurologe Dr. L. teilte am 27. November 2012 mit, die Klägerin habe über sensible Missempfindungen und wiederholt auftretende Schwächen in der rechten Hand geklagt, für welche er keine neurologische Erklärung habe finden können. Eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 6 Stunden und mehr seien seines Erachtens möglich. Darüber hinaus wurde Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. S ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 16. September 2013 auf seinem Fachgebiet eine depressive Verstimmung reaktiver Genese bei körperlichen Erkrankungen und belastender sozialer Situation im Sinne von Anpassungsstörungen. Einen Anhalt für eine relevante Erkrankung des neurologischen Formenkreises vermochte er nicht zu finden. Als sonstige Diagnosen teilte er eine neurogene Harnblasenträgheit mit Blasenschrittmacherimplantation 2009, eine Restharnretention, rezidivierende Harnwegsinfektionen, Kniegelenksbeschwerden sowie Rückenbeschwerden ohne motorische Ausfälle mit. Aus neurologischer, psychiatrischer und internistischer Sicht ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Hierfür seien primär die urologischen Erkrankungen limitierend. Entsprechend der Aktenlage könne die Klägerin aus urologischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten verrichten. Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Ein häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen sei ebenso nicht leidensgerecht. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht relevant eingeschränkt. Eine Nachtschichttätigkeit als psychogener Stressor sei zu vermeiden. Widrige klimatische Bedingungen seien weitestgehend auszuschließen. Das geistige Leistungsvermögen sei nicht eingeschränkt. Allerdings seien Tätigkeiten mit vermehrt psychischen Belastungen nicht leidensgerecht. Hierzu gehörten Tätigkeiten mit vermehrt emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential. Es bestehe ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden. Im Rahmen der am 26. Juni 2014 stattfindenden mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin die Klage S 2 R 2449/11 daraufhin zurück.
Am 2. Oktober 2014 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen. Dieses ist unter dem Aktenzeichen S 24 R 5423/14 fortgeführt worden. Mit Beschluss vom 3. März 2015 hat das die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz auf Mitteilung der Beklagten, dass jene zwischenzeitlich der zuständige Rentenversicherungsträger sei, gem. § 75 Abs. 1 SGG beigeladen. Aufgrund der Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, dass zwischenzeitlich die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg der zuständige Kontoführer sei, ist die Beiladung mit Beschluss vom 19. Mai 2015 wieder aufgehoben worden. Mit Beschluss vom selben Tage ist stattdessen die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg gem. § 75 Abs. 1 SGG beigeladen worden. Im Rahmen eines am 20. August 2015 vor dem SG stattfindenden Erörterungstermins hat die Klägerin erklärt, dass den im Rentenverfahren eingeholten Befundunterlagen im Wesentlichen die Diagnose einer Migräne (ohne Aura) fehle, an der sie zwei- bis dreimal im Monat leide. Aktuell arbeite sie in Teilzeit als Fachlehrerin an einer Modeschule. Damit komme sie sehr gut klar. In ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Modedesignerin habe sie des Öfteren Pakete mit Musterteilen aus Asien entgegennehmen und auspacken müssen. Hierbei habe es sich um schwere körperliche Arbeit gehandelt, welche sie aufgrund ihrer Blasenerkrankung nicht mehr ausüben könne. Bei ihr komme es zu häufigen Fehlzeiten, worauf Arbeitgeber in der Privatwirtschaft schlecht reagierten. Eine Tätigkeit an der Schule – bei einem öffentlichen Arbeitgeber – sei daher wünschenswert. Der Klägervertreter hat angekündigt, eine Stellungnahme des Verbandes der Deutschen Modedesigner bezüglich des Anforderungsprofils einer Modedesignerin einzuholen und vorzulegen. Unabhängig davon haben der Klägervertreter und die Beklagte in diesem Termin mitgeteilt, dass Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG bestehe.
Mit Schriftsatz vom 25. August 2015 hat der Klägervertreter mitgeteilt, sich an die Geschäftsführerin des Verbandes der Modedesigner e. V. gewandt zu haben. Diese habe ihm telefonisch erklärt, dass die Tätigkeit des Modedesigners viel Laufen beinhalten würde und Tätigkeiten im Sitzen weniger vorkämen. Es seien Arbeitszeiten von 10 bis 12 Stunden täglich üblich. Als Modedesigner stünde man unter einem extremen seelischen Druck. Man müsse mobil sein und im Rahmen von Terminen im In- und Ausland schwere Sachen "rumschleppen". Der Beruf des Modedesigners würde zu einem enormen körperlichen und seelischen Verschleiß führen. Dies sei ausnahmslos bei allen Anstellungsverhältnissen so. Mit über 40 bekäme man keine Anstellung mehr. Der Verschleiß als Modedesigner sei sowohl körperlicher als auch seelischer Art. Die Berufsbeschreibung unter "Berufenet" sei eine Unverschämtheit.
Mit Schriftsatz vom 20. April 2016 hat auch die Beigeladene ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG erteilt.
Mit Urteil vom 10. Mai 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin erfülle bereits die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 SGB VI nicht. Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10 Abs. 1 SGB VI sei als Fähigkeit zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder eine seiner Eignung, Neigung und bisherigen Tätigkeit angemessene Erwerbs- oder Berufstätigkeit dauernd auszuüben. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 SGB VI müsse die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung erheblich gefährdet sein. Von einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei dann auszugehen, wenn nach gutachterlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder behinderungsbedingter Funktionseinschränkungen damit gerechnet werden könne, dass ohne Teilhabeleistungen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintrete. Überdies müsse die Gefährdung erheblich sein, durch die Beeinträchtigungen müsse also in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen sein, wobei "absehbare Zeit" in entsprechender Anwendung des § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI ein Zeitraum von 3 Jahren sei. Bezugspunkt zur Feststellung der Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit sei dabei die letzte berufliche Tätigkeit, wobei die beruflichen Tätigkeiten der letzten Jahre in die Betrachtung einzubeziehen seien. Bei der Klägerin sei dies angesichts der vorgetragenen Erwerbsbiographie unstreitig der Beruf der Modedesignerin. Für deren Tätigkeitsinhalt werde von der Berufsbeschreibung aus der Datenbank "Berufenet" der Bundesagentur für Arbeit zum Berufsbild "Modedesigner/in (Tätigkeit nach Studium)" ausgegangen. Bei der Klägerin sei die Erwerbsfähigkeit für den Beruf der Modedesignerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert. Dies ergebe sich aus sämtlichen medizinischen Ermittlungen, insbesondere auch aus dem Gutachten des Dr. S ... Aus dem Gutachten des Dr. S. ergebe sich kein auffälliger psychischer Befund. Auch der das fachurologische Gutachten im Rentenverfahren erstellende Urologe Dr. L. sowie der als sachverständiger Zeuge befragte Prof. Dr. S. hätten eine Leistungsminderung aufgrund der urologischen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht erkennen können. Als Einschränkung sei von Prof. Dr. S. die Nähe zu einer Toilette genannt worden. Mit diesem Leistungsvermögen sei die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit als Modedesignerin nicht eingeschränkt. Sie könne sowohl Bildschirmarbeit als auch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten, was angesichts der Tätigkeitsbeschreibung als Modedesignerin genüge. Schwere Hebe- und Tragearbeiten oder sonstige besondere körperliche Belastungen würden dort nicht aufgezählt. Zwar gehörten auch "handwerkliche" Tätigkeiten wie bei einer Schneiderin zum Berufsbild. Den ganz überwiegenden Teil der Arbeitszeit handele es sich aber um kreative geistige Arbeit, so dass die Tätigkeit nicht als körperlich schwer einzustufen sei und die Klägerin sie durchaus bewältigen könne. Psychische Anforderungen bestünden insofern, als der Modedesigner mit einer Vielzahl unterschiedlicher Mitarbeiter und Geschäftspartner, auch im Ausland, in Kontakt stehe und insofern keine größeren kommunikativen Einschränkungen haben dürfe. Diese seien bei der Klägerin auch nicht ersichtlich. Sofern sich die Klägerin auf die Angaben der Geschäftsführerin des Verbandes der Modedesigner berufe, so könne dieser nicht darin zugestimmt werden, dass in allen Arbeitsverhältnissen als Modedesigner derart extreme Arbeitsbedingungen herrschten. Denn angesichts der auf "Berufenet" geschilderten Tätigkeitsmerkmale bestehe eine große Vielfalt an verschiedenen Aufgabenfeldern, die die Klägerin ausweislich ihres medizinisch ermittelten Leistungsvermögens für leichtere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne häufiges Bücken und Treppensteigen sowie ohne Nachtschicht und ohne widrige klimatische Bedingungen noch ausüben könne. Dass große Lasten wie Stoffbündel regelmäßig ohne Hilfsmittel bewegt werden müssten, halte die Kammer nach wie vor für eine unbewiesene und unwahrscheinliche Behauptung. Schließlich arbeite eine Modedesignerin – anders als ein Industrieschneider – in der Regel nur mit Stoffproben und Mustern, während die Großproduktion der Kleidung nicht in ihren Händen liege.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin 10. Juni 2016 Berufung eingelegt. Diese ist damit begründet worden, dass die vom SG zugrundegelegte Berufsbeschreibung aus dem Internetportal der Arbeitsagentur der Einschätzung der Geschäftsführerin des Verbands der Modedesigner e. V. zu dem Berufsbild der Modedesigner in wesentlichen Punkten widerspreche. Das SG sei der Anregung, zu der Frage der Anforderungen an den Berufsstand der Modedesigner Beweis zu erheben, nicht gefolgt. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne häufiges Bücken und Treppensteigen auszuführen. Nachtschichten, widrige klimatische Bedingungen und psychische Belastungen seien zu vermeiden. Nach der sachkundigen Einschätzung der Geschäftsführerin des Verbandes der Modedesigner e. V. gebe es solche Arbeitsplätze im Berufsfeld der Modedesigner nicht, so dass eine Gefährdung und/oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege, mithin entsprechende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Mai 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene, zu verurteilen, der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ihr schriftsätzliches Vorbringen aus der ersten Instanz verwiesen. Außerdem hat sie ausgeführt, dass die Berufsbeschreibungen der Bundesagentur für Arbeit erfahrungsgemäß umfassend seien und den Umständen entsprächen. Aus dem klägerischen Schriftsatz vom 25. August 2015 ergebe sich lediglich, dass der Beruf der Modedesignerin sehr stressig sei, über 40-jährige Menschen keine Anstellung mehr fänden und im Übrigen ständige Überstunden erforderlich seien. Dies werde klägerisch so dargelegt ohne Nachweis zur Quelle dieser Aussage. Die "sinngemäße Äußerung" des Geschäftsführers des Verbands der Modedesigner, einem Verein, bilde keine hinreichende Grundlage zur Beurteilung der Tätigkeitsmerkmale eines Berufs, welche im Übrigen aus dieser sinngemäßen Äußerung auch nicht hervorgingen. Die Berufsbeschreibung der Agentur für Arbeit sei wesentlich umfassender und enthalte genaue Angaben zur Art der ausgeübten Tätigkeiten als die klägerischen Angaben. Nach dieser Beschreibung und dem berücksichtigten Gutachten ergäben sich keine hinreichenden Hinweise dafür, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin bei Verbleib im bisherigen Berufsbereich als gefährdet anzusehen sei.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2017 ist der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht des Berufungsverfahrens abgelehnt worden.
Mit Schriftsatz vom 1. März 2017 hat die Klägerin darauf hingewiesen, die Agentur für Arbeit habe in ihrer Internetpräsenz die Anforderungen an das Berufsbild des Modedesigners geändert. Die Aufgaben würden nunmehr die Erstellung, Weiterentwicklung und detaillierte Ausarbeitung von Entwürfen einschließen, dabei auch materialbedingte, herstellungstechnische und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen, die Anfertigung von Modellschnitten bzw. die Abänderung oder Variation bereits erprobten Grundschnitten sowie das Verhandeln über Art, Qualität usw. der zu fertigenden Kleidungsstücke (häufig im Ausland) und die Festlegung von Fertigungsterminen umfassen. Nach dieser Beschreibung seien häufige Auslandsreisen erforderlich. Diese Anforderungen seien mit dem Leistungsvermögen der Klägerin nicht in Einklang zu bringen. Hierzu hat die Beklagte nochmals ausführlich Stellung genommen und u. a. ausgeführt, dass der Kontakt mit der Fertigung, die häufig - jedoch nicht zwangsläufig - im Ausland angesiedelt sei, ein mögliches Merkmal einer Tätigkeit als Modedesignerin darstelle. Diese könnten jedoch in unterschiedlichen Bereichen tätig sein (z. B. Entwurf, Produktion, Marketing, Beratung).
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten der Verfahrensakte des Rentenverfahrensverfahrens (S 2 R 2449/11) sowie der Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 10. Mai 2016 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Ablehnungsbescheid vom 24. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011, in dem die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe ablehnt.
Nach § 9 Abs. 1 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um
1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind, § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VI. Die Leistungen nach Absatz 1 können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte nach § 10 Abs. 1 S. 1 SGB VI erfüllt,
1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wieder hergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aa) der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder bb) ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.
Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist nur auf die bisherige Tätigkeit abzustellen. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 Rn 3a; BSG Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 15/05 R - juris Rn 17 f.; BSG Urteil vom 11. Mai 2011 - B 5 R 54/10 R - juris Rn 46). Vorliegend ist die Klägerin vor Beginn ihrer derzeitigen Lehrtätigkeit in einer Modeschule als Modedesignerin - sowohl freiberuflich als auch sozialversicherungspflichtig - tätig gewesen. Sie hat auch einen entsprechenden Studienabschluss vorzuweisen. Der Bezugsberuf ist damit derjenige einer Modedesignerin mit Studienabschluss.
Eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen damit zu rechnen ist, dass ohne Leistungen zur Teilhabe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintritt. Vorübergehende Erkrankungen (Akutfälle) reichen nicht aus; für diese sind die Krankenversicherungen zuständig. Es muss vielmehr die Gefahr einer "Ausgliederung" aus Arbeit, Beruf und Gesellschaft bestehen (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 SGB VI Rn 5; BSG Urteil vom 18. Februar 2981 - 1 RA 93/79 - juris Rn 30). Der Eintritt der Minderung darf hierbei nicht nur möglich sein. Vielmehr muss die begründete Aussicht bestehen, dass sie in absehbarer Zeit eintritt. Nicht erforderlich ist eine gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende akute Gefahr (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 SGB VI Rn 5). Hingegen ist die Erwerbsfähigkeit gemindert, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben. Die Minderung hat im Gegensatz zur Gefährdung bereits zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt. Eine Erwerbsminderung liegt nicht nur dann vor, wenn eine Erwerbsminderung gem. § 43 vorliegt (Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Juni 2015, EL 86, § 10 SGB VI Rn 7; Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 29. März 2017 - L 1 R 309/15 - juris Rn 39). Aus dem im Rentenverfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Schnütgen vom 16. September 2013 ergibt sich, dass die Klägerin an einer depressiven Verstimmung reaktiver Genese bei körperlicher Erkrankungen und belastender sozialer Situation im Sinne von Anpassungsstörungen, einer neurogenen Harnblasenträgheit mit Blasenschrittmacherimplantation 2009, einer Restharnretention, rezidivierenden Harnwegsinfektionen, Kniegelenksbeschwerden rechts sowie Rückenbeschwerden ohne motorische Ausfälle leidet. Er hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass sich aus neurologischer, psychiatrischer und internistischer Sicht keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin ergäben. Lediglich die urologische Erkrankung sei limitierend, was dazu führe, dass sie nur leichte körperliche Tätigkeiten verrichten könne. Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Ein häufiges Bücken oder Treppensteigen sei nicht leidensgerecht. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht relevant eingeschränkt. Nachtschichttätigkeiten als psychogener Stressor seien zu vermeiden, widrige klimatische Bedingungen weitestgehend auszuschließen. Eine Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit hat Dr. S. ausdrücklich nicht festgestellt, wenngleich er Tätigkeiten mit vermehrt psychischen Belastungen als ebenfalls nicht leidensgerecht eingestuft hat. Die Leistungseinschätzung von Dr. S. wird auch gestützt durch die sachverständigen Zeugenauskünfte des Prof. Dr. S. und des Dr. L ... Beide gehen von einem vollschichtigen Leistungsvermögen aus. Prof. Dr. S. empfiehlt lediglich Toilettennähe. Sofern Dr. Seibold von einem eingeschränkten Leistungsvermögen ausgeht, so ist diese Einschätzung nicht nachvollziehbar, sofern er entsprechende Befunde auch nicht mitgeteilt hat. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nach Überzeugung des Senats weder gefährdet noch gemindert. Der Senat stützt sich hierbei ebenso wie das SG auf die Tätigkeitsbeschreibung eines Modedesigners mit Hochschulabschluss auf der Internetseite "Berufenet" der Agentur für Arbeit (s. a. Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 23. März 2015 - L 1 R 138/15 B ER - juris Rn 45; Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 14. März 2012 - L 13 R 1049/09, L 13 R 92/11 - juris Rn 68). Danach gehören zu den Aufgaben und Tätigkeiten im Einzelnen:
• Entwürfe erstellen, weiterentwickeln und detailliert ausarbeiten, dabei auch materialbedingte, herstellungstechnische und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen • Modellschnitte anfertigen bzw. bereits erprobte Grundschnitte abändern oder variieren • mit der Fertigung (häufig im Ausland) über Art, Qualität usw. der zu fertigenden Kleidungsstücke verhandeln und Fertigungstermine festlegen
Auf "Berufenet" wird die Tätigkeit als sehr vielfältig beschrieben. Sofern Modedesigner/innen als Trendscouts arbeiten, analysieren sie Trends in Mode und Lifestyle und beobachten und erspüren Änderungen im Verbraucherverhalten. Sie können Modehäuser sowie Garn oder Stoff produzierende Unternehmen beraten, journalistisch tätig werden oder bei Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen als Modeberater/in arbeiten. An Hochschulen und Akademien konzipieren sie Vorlesungen, bereiten Seminare, Übungen und Praktika vor und erarbeiten Lehrmaterialien. Ferner haben sie Studien- und Prüfungsarbeiten zu entwerfen, durchzuführen und zu korrigieren. Ggfs. werben sie Gelder für Forschungsprojekte bei staatlichen Institutionen und der Industrie ein, führen Projekte durch und veröffentlichen die Ergebnisse in Büchern oder Fachzeitschriften. Auf Tagungen und Kongressen referieren sie über ihre Erkenntnisse. Als Arbeitsorte finden sich unter "Berufenet" Musterateliers, Büroräume, Ausstellungsräume, Messehallen und Hörsäle. Die Klägerin ist gesundheitlich nicht gehindert, die in "Berufenet" beschriebenen Arbeitsbedingungen im Einzelnen, Verantwortung für Personen zu tragen (z.B. Studierende unterrichten und betreuen), in Kundenkontakt treten (z.B. mit Einkäufern über die Kollektion und die Modelle auf Modemessen verhandeln), Bildschirmarbeit verrichten (Modellschnitte und Schnittkonstruktionen aus- und einarbeiten), Handarbeit ausüben (Entwurfsskizzen und Werkzeichnungen per Hand anfertigen), zu erfüllen. Mit dem seitens Dr. Schnütgens beschriebenen bei der Klägerin bestehenden Leistungsvermögens ist diese in der Lage, derartige Tätigkeiten in den genannten Räumlichkeiten auszuüben. Die Klägerin ist somit in der Lage, den typischen Anforderungen des Berufs des Modedesigners nachzukommen (Kater in KassKomm, Juni 2015, EL 86, Sozialversicherungsrecht, § 10 SGB VI, Rn 3b). Im Übrigen ist festzustellen, dass die Klägerin aktuell auch eine derartige Tätigkeit in Form als Lehrkraft auf Honorarbasis an einer Modeschule ausübt und somit einer berufstypischen Tätigkeit nachgeht. Für den Senat ist daher nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit als Modedesignerin eingeschränkt sein soll. Hieran ändert auch der klägerische Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren nichts, wonach die Geschäftsführerin des Verbands der Modedesigner e. V. - eine Frau Michel - dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber telefonisch ausgeführt habe, dass die Tätigkeit als Modedesigner viel Laufen beinhalte, mit Arbeitszeiten von 10 bis 12 Stunden täglich und folglich mit hohem seelischen Druck verbunden sei sowie vielen Reisen im In- und Ausland und schwerem Heben und Tragen. Der Senat streitet nicht ab, dass es Arbeitsplätze als Modedesigner geben mag, die diese Anforderungen stellen. Aus der Beschreibung auf "Berufenet" - an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt - ergibt sich jedoch, dass die Einsatzmöglichkeiten als Modedesigner sehr vielfältig sind. Gerade im Bereich der Lehre, in der Beratung Stoff oder Garn produzierender Unternehmen oder im journalistischen Bereich ist nicht ersichtlich, inwiefern schwere Lasten gehoben oder getragen werden müssten, ein ständiges Reisen erforderlich ist und permanent Überstunden gemacht werden müssten. Der Senat ist daher der Auffassung, dass bei der Klägerin hinsichtlich ihres Bezugsberufs "Modedesigner" weder eine Gefährdung der Erwerbsminderung vorliegt noch bereits eine Minderung eingetreten ist. Vielmehr teilt der Senat die Einschätzung des SG in seinem wegweisenden Urteil vom 10. Mai 2016.
Da bereits die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht vorliegen, kann offen bleiben, welcher Rententräger - die Deutsche Rentenversicherung Bund oder Baden-Württemberg - für das vorliegende Verfahren zuständig ist.
Die Berufung gegen dieses Urteil ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8 erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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