Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AS 4864//15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 25.11.2015 in der Fassung des Widerspruchs-bescheides vom 09.12.2015 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung einer Leistungsbewilligung und eine Erstattungsforderung in Höhe von 5.696,52 Euro für die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 31.10.2015 wegen eines Leistungsausschlusses des Klägers gemäß § 7 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1978 geborene Kläger steht seit Juli 2014 bei dem Beklagten im Leistungsbezug. Zuletzt waren ihm mit Bescheid vom 04.12.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.02.2015 Leistungen vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2015 in Höhe von 708,18 Euro monatlich gewährt worden (Regelbedarf 399,00 Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 300,00 Euro, Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung 9,18 Euro). Vom 01.04.2015 bis zum 30.06.2015 erhielt der Kläger aufgrund einer festgestellten Sanktion von 30 % nur einen Regelbedarf von 279,30 Euro.
Der Kläger war vom 01.10.2000 bis zum 30.09.2007 an der Universität T im Studiengang Diplom FH Bauingenieurwesen immatrikuliert gewesen. Ausweislich eines Beratungsvermerks des Beklagten bekundete der Kläger am 09.10.2014 bei einer persönlichen Beratung gegenüber seinem Arbeitsvermittler, dem Zeugen S B, dass er plane, sein Studium wieder aufzunehmen. Er habe sich deshalb mit der Hochschule T in Verbindung gesetzt. Am 08.01.2015 äußerte der Kläger ausweislich eines weiteren Beratungsvermerks, dass er ab dem Sommersemester wieder studieren werde. Er gab an, dass er sich zum 16.01.2015 einschreiben werde. Beginn des Studiums sei dann der 15.04.2015.
Sein Antrag auf Bundesausbildungsförderungsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) vom 05.02.2015 wurde mit Bescheid vom 24.02.2025 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2015 abgelehnt, weil ein Zweitstudium nicht förderungsfähig sei. Die hiergegen beim Verwaltungsgericht Arnsberg erhobene Klage wurde mit Urteil vom 18.02.2016 abgewiesen (Az.:10 K 1242/15). Das Urteil ist rechtskräftig.
Am 12.03.2015 informierte der Kläger den Zeugen B laut eines weiteren Beratungsvermerks darüber, dass Leistungen nach dem BAföG abgelehnt worden seien. Er legte den Ablehnungsbescheid vor, woraus sich ergab, dass der Kläger bereits zum Wintersemester 2014/15 das Studium an der Universität T aufgenommen habe. Der Sachbearbeiter B notierte: "Kunde reicht die Ablehnung (vom 24.02.2015) des Antrags auf Bafög (vom 05.02.15) ein. Demnach studiert der Kunde seit dem Wintersemester 2014/2015 in der Fachrichtung Bachelor Bauingenieurswesen. Auf Rückfragen äußert der Kunde, dass er nicht eingeschrieben sei. Kontaktaufnahme mit dem Studentenwerk T ist erfolgt. Sachverhalt in Klärung."
Zum 01.04.2015 immatrikulierte sich der Kläger an der Universität T.
Bei der nächsten dokumentierten Vorsprache des Klägers bei dem Beklagten am 21.07.2015 gab der Kläger an, dass er ab dem 01.10.2015 in T wohnen werde, um dort ein Studium aufzunehmen. Er legte ein Bestätigungsschreiben über die Anmietung einer Wohnung in T ab dem 01.10.2015 vor. Zwischenzeitlich hatte ein Arbeitsvermittlerwechsel stattgefunden.
Mit Bescheid vom 19.08.2015 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen ab dem 01.10.2015 wegen des bevorstehenden Umzugs des Klägers auf. Hiergegen wandte sich der Kläger mit am 10.09.2015 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben, in dem er mitteilte, dass sich der Umzug nach T verschiebe. Er bat, die zum 01.10.2015 eingestellten Leistungen wieder aufzunehmen. Mit Bescheid vom 11.09.2015 hob der Beklagte den Bescheid vom 19.08.2015 daraufhin auf.
Am 15.10.2015 gab der Kläger bei einer weiteren persönlichen Vorsprache bei dem Beklagten an, dass er an der Universität T eingeschrieben sei, aber an keinen Kursen teilnehme. Er besitze allerdings einen Studentenausweis und ein NRW-Ticket. Die Arbeitsvermittlung kontaktierte daraufhin mit Einverständnis des Klägers die Universität T telefonisch und erhielt von dort die Auskunft, dass der Kläger bereits seit Beginn des Sommersemesters im April 2015 als Student eingeschrieben sei. Dem Kläger wurde daraufhin mitgeteilt, dass er als Student keinen Leistungsanspruch habe und deshalb keine Leistungen mehr erhalten werde, bis eine schriftliche Exmatrikulationsbescheinigung vorliege.
Mit Bescheid vom 23.10.2015 hob der Beklagte sodann die Leistungsbewilligung ab dem 01.11.2015 auf, da der Kläger als Studierender keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen habe. Der Kläger exmatrikulierte sich daraufhin zum 03.11.2015 und legte dem Beklagten am selben Tage die Exmatrikulationsbescheinigung vor. Daraufhin nahm der Beklagte die Zahlung von Leistungen wieder auf.
Mit Bescheid vom 25.11.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2015 hob der Beklagte sodann die an den Kläger gewährten Leistungen vom 01.04.2015 bis zum 31.10.2015 nach vorheriger Anhörung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 und 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf bzw. nahm diese gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 2 und 3 SGB X zurück und verlangte die Erstattung von 5.696,52 Euro gemäß § 50 Abs. 1 SGB X. Der Kläger sei als Student gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen gewesen, da seine Ausbildung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sei. Er habe somit für die Dauer seiner Immatrikulation von April 2015 bis Oktober 2015 keinen Anspruch auf Leistungen. Er habe seine Mitteilungspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt, indem er die Aufnahme des Studiums nicht mitgeteilt habe. Darüber hinaus habe er wissen müssen, dass ihm Leistungen nicht zugestanden haben. Er sei daher zur Erstattung des überzahlten Betrags verpflichtet.
Hiergegen hat der Kläger am 15.12.2015 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass er dem Leistungsausschluss nicht unterfalle, denn die Ausbildung sei nur dem Grunde nach, nicht aber tatsächlich förderungsfähig. BAföG habe er nicht erhalten. Außerdem sei seinem Arbeitsvermittler, dem Zeugen B, die Aufnahme des Studiums bekannt gewesen, dieser habe ihn hierzu sogar ermuntert. Jedenfalls habe er nicht gewusst, dass ihm während eines Studiums keine SGB-II-Leistungen zustehen. Sein Sachbearbeiter habe ihn hierüber nicht informiert. Im Übrigen habe er das Studium nicht aktiv betrieben. Er sei nur eingeschrieben gewesen, um einen BAföG-Antrag stellen zu können. Er habe keine Vorlesungen besucht. Mit dem Zeugen B sei besprochen gewesen, dass er erst versuche, BAföG-Leistungen zu erhalten und sich dann aus dem Leistungsbezug abmelden würde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 25.11.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält bis zuletzt daran fest, dass der Kläger die Aufnahme des Studiums nicht mitgeteilt habe.
Das Gericht hat das Merkblatt Arbeitslosengeld II/Sozialgeld der Bundesagentur für Arbeit beigezogen. Es hat sodann den Arbeitsvermittler des Klägers, Herrn S B, als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 16.03.2017, Blatt 109 f. der Gerichtakte, verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger ist beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Der Beklagte war zur Aufhebung der bewilligten Leistungen nicht berechtigt, denn der Kläger hat weder Mitteilungspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt, noch hat er erkennen können, dass ihm die gewährten Leistungen mit Immatrikulation an der Hochschule T nicht mehr zustanden.
Gemäß §§ 40 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar ist der Bewilligungsbescheid vom 04.12.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.02.2015, mit denen dem Kläger Leistungen vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2015 gewährt worden waren, mit Immatrikulation des Klägers an der Universität T zum 01.04.2015 rechtswidrig geworden, da der Kläger mit Aufnahme dieser dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II unterfiel. Nach der Einlassung des Klägers im Klageverfahren sowie der Vernehmung des Zeugen B konnte die Kammer jedoch insofern weder eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Mitteilungspflichtverletzung des Klägers feststellen, noch, dass der Kläger wusste, oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, weil der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass sein Leistungsanspruch durch die Immatrikulation an der Universität T weggefallen war.
Seine Mitteilungspflicht der unzweifelhaft wesentlichen für ihn nachteiligen Änderung der Verhältnisse durch die Immatrikulation an der Universität T hat der Kläger nicht verletzt. Nach seiner Einlassung im Klageverfahren, die sich im Wesentlichen mit den Beratungsvermerken des Beklagen deckt, hat der Kläger seinem Arbeitsvermittler, dem Zeugen B, die Aufnahme des Studiums an der Universität in T angezeigt. Bereits am 08.01.2015 teilte der Kläger dem Zeugen B mit, dass er sich zum Sommersemester 2015 einschreiben werde. Am 12.03.2015 legte er dem Zeugen B sodann den ablehnenden BAföG-Bescheid vor, aus dem sich ergab, dass er bereits immatrikuliert war. Zwar soll der Kläger laut des Beratungsvermerks des Beklagten in dem Gespräch gesagt haben, er sei nicht eingeschrieben. Dies widerspricht jedoch dem schriftlich vorgelegten BAföG-Bescheid, woraus sich die Einschreibung eindeutig ergibt. Das Gericht geht nach Befragung des Klägers im Termin daher vielmehr davon aus, dass der Kläger geäußert hat, dass er keine Vorlesungen besuche, also nicht aktiv studiere, was der Zeuge B so notiert hat, dass der Kläger gesagt habe, nicht eingeschrieben zu sein. Diese Annahme deckt sich mit der Aussage des Zeugen im Termin, wonach dieser eingeräumt hat, keinen Unterschied zwischen dem Einschreiben und der Studienaufnahme zu sehen. Im Rahmen seiner Vernehmung hat der Zeuge B darüber hinaus auch eingeräumt, dass der Kläger ihn über dessen Studienabsicht informiert hat und ihm auch die Mitteilung gemacht hat, dass er eingeschrieben sei. Dies habe er ihm jedoch nicht geglaubt, weil der Kläger ihm bis zuletzt keine Immatrikulationsbescheinigung vorgelegt habe.
Darüber hinaus konnte die Kammer auch nicht feststellen, dass der Kläger wusste, oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, weil der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass sein Leistungsanspruch durch die Immatrikulation an der Universität T weggefallen war. Der Kläger selbst hat im Klageverfahren überzeugend vorgetragen, dass er keine Kenntnis davon hatte, dass der Leistungsanspruch bereits ab Immatrikulation entfällt. Der Zeuge B konnte sich nicht daran erinnern, den Kläger hierüber informiert zu haben. Aus dem Merkblatt Arbeitslosengeld II/Sozialgeld, dessen Erhalt der Kläger bei Antragstellung durch seine Unterschrift bestätigt hat, ergibt sich zwar auf Seite 29, dass Studenten, die nicht im Haushalt der Eltern leben, keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger den Zeugen B über seine Immatrikulation jedoch in Kenntnis gesetzt. Er konnte daher darauf vertrauen, dass diese Information, sofern sie relevant für seinen Leistungsanspruch ist, von dem Beklagten umgesetzt werden würde. Darüber hinaus hat der Kläger glaubhaft vorgetragen, dass er davon ausgegangen sei, dass nicht bereits die Immatrikulation den Leistungsanspruch entfallen lässt, sondern erst die Gewährung von BAföG. Dieser Vortrag konnte auch durch die Vernehmung des Zeugen B nicht entkräftet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung einer Leistungsbewilligung und eine Erstattungsforderung in Höhe von 5.696,52 Euro für die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 31.10.2015 wegen eines Leistungsausschlusses des Klägers gemäß § 7 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1978 geborene Kläger steht seit Juli 2014 bei dem Beklagten im Leistungsbezug. Zuletzt waren ihm mit Bescheid vom 04.12.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.02.2015 Leistungen vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2015 in Höhe von 708,18 Euro monatlich gewährt worden (Regelbedarf 399,00 Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 300,00 Euro, Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung 9,18 Euro). Vom 01.04.2015 bis zum 30.06.2015 erhielt der Kläger aufgrund einer festgestellten Sanktion von 30 % nur einen Regelbedarf von 279,30 Euro.
Der Kläger war vom 01.10.2000 bis zum 30.09.2007 an der Universität T im Studiengang Diplom FH Bauingenieurwesen immatrikuliert gewesen. Ausweislich eines Beratungsvermerks des Beklagten bekundete der Kläger am 09.10.2014 bei einer persönlichen Beratung gegenüber seinem Arbeitsvermittler, dem Zeugen S B, dass er plane, sein Studium wieder aufzunehmen. Er habe sich deshalb mit der Hochschule T in Verbindung gesetzt. Am 08.01.2015 äußerte der Kläger ausweislich eines weiteren Beratungsvermerks, dass er ab dem Sommersemester wieder studieren werde. Er gab an, dass er sich zum 16.01.2015 einschreiben werde. Beginn des Studiums sei dann der 15.04.2015.
Sein Antrag auf Bundesausbildungsförderungsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) vom 05.02.2015 wurde mit Bescheid vom 24.02.2025 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2015 abgelehnt, weil ein Zweitstudium nicht förderungsfähig sei. Die hiergegen beim Verwaltungsgericht Arnsberg erhobene Klage wurde mit Urteil vom 18.02.2016 abgewiesen (Az.:10 K 1242/15). Das Urteil ist rechtskräftig.
Am 12.03.2015 informierte der Kläger den Zeugen B laut eines weiteren Beratungsvermerks darüber, dass Leistungen nach dem BAföG abgelehnt worden seien. Er legte den Ablehnungsbescheid vor, woraus sich ergab, dass der Kläger bereits zum Wintersemester 2014/15 das Studium an der Universität T aufgenommen habe. Der Sachbearbeiter B notierte: "Kunde reicht die Ablehnung (vom 24.02.2015) des Antrags auf Bafög (vom 05.02.15) ein. Demnach studiert der Kunde seit dem Wintersemester 2014/2015 in der Fachrichtung Bachelor Bauingenieurswesen. Auf Rückfragen äußert der Kunde, dass er nicht eingeschrieben sei. Kontaktaufnahme mit dem Studentenwerk T ist erfolgt. Sachverhalt in Klärung."
Zum 01.04.2015 immatrikulierte sich der Kläger an der Universität T.
Bei der nächsten dokumentierten Vorsprache des Klägers bei dem Beklagten am 21.07.2015 gab der Kläger an, dass er ab dem 01.10.2015 in T wohnen werde, um dort ein Studium aufzunehmen. Er legte ein Bestätigungsschreiben über die Anmietung einer Wohnung in T ab dem 01.10.2015 vor. Zwischenzeitlich hatte ein Arbeitsvermittlerwechsel stattgefunden.
Mit Bescheid vom 19.08.2015 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen ab dem 01.10.2015 wegen des bevorstehenden Umzugs des Klägers auf. Hiergegen wandte sich der Kläger mit am 10.09.2015 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben, in dem er mitteilte, dass sich der Umzug nach T verschiebe. Er bat, die zum 01.10.2015 eingestellten Leistungen wieder aufzunehmen. Mit Bescheid vom 11.09.2015 hob der Beklagte den Bescheid vom 19.08.2015 daraufhin auf.
Am 15.10.2015 gab der Kläger bei einer weiteren persönlichen Vorsprache bei dem Beklagten an, dass er an der Universität T eingeschrieben sei, aber an keinen Kursen teilnehme. Er besitze allerdings einen Studentenausweis und ein NRW-Ticket. Die Arbeitsvermittlung kontaktierte daraufhin mit Einverständnis des Klägers die Universität T telefonisch und erhielt von dort die Auskunft, dass der Kläger bereits seit Beginn des Sommersemesters im April 2015 als Student eingeschrieben sei. Dem Kläger wurde daraufhin mitgeteilt, dass er als Student keinen Leistungsanspruch habe und deshalb keine Leistungen mehr erhalten werde, bis eine schriftliche Exmatrikulationsbescheinigung vorliege.
Mit Bescheid vom 23.10.2015 hob der Beklagte sodann die Leistungsbewilligung ab dem 01.11.2015 auf, da der Kläger als Studierender keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen habe. Der Kläger exmatrikulierte sich daraufhin zum 03.11.2015 und legte dem Beklagten am selben Tage die Exmatrikulationsbescheinigung vor. Daraufhin nahm der Beklagte die Zahlung von Leistungen wieder auf.
Mit Bescheid vom 25.11.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2015 hob der Beklagte sodann die an den Kläger gewährten Leistungen vom 01.04.2015 bis zum 31.10.2015 nach vorheriger Anhörung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 und 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf bzw. nahm diese gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 2 und 3 SGB X zurück und verlangte die Erstattung von 5.696,52 Euro gemäß § 50 Abs. 1 SGB X. Der Kläger sei als Student gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen gewesen, da seine Ausbildung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sei. Er habe somit für die Dauer seiner Immatrikulation von April 2015 bis Oktober 2015 keinen Anspruch auf Leistungen. Er habe seine Mitteilungspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt, indem er die Aufnahme des Studiums nicht mitgeteilt habe. Darüber hinaus habe er wissen müssen, dass ihm Leistungen nicht zugestanden haben. Er sei daher zur Erstattung des überzahlten Betrags verpflichtet.
Hiergegen hat der Kläger am 15.12.2015 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass er dem Leistungsausschluss nicht unterfalle, denn die Ausbildung sei nur dem Grunde nach, nicht aber tatsächlich förderungsfähig. BAföG habe er nicht erhalten. Außerdem sei seinem Arbeitsvermittler, dem Zeugen B, die Aufnahme des Studiums bekannt gewesen, dieser habe ihn hierzu sogar ermuntert. Jedenfalls habe er nicht gewusst, dass ihm während eines Studiums keine SGB-II-Leistungen zustehen. Sein Sachbearbeiter habe ihn hierüber nicht informiert. Im Übrigen habe er das Studium nicht aktiv betrieben. Er sei nur eingeschrieben gewesen, um einen BAföG-Antrag stellen zu können. Er habe keine Vorlesungen besucht. Mit dem Zeugen B sei besprochen gewesen, dass er erst versuche, BAföG-Leistungen zu erhalten und sich dann aus dem Leistungsbezug abmelden würde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 25.11.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält bis zuletzt daran fest, dass der Kläger die Aufnahme des Studiums nicht mitgeteilt habe.
Das Gericht hat das Merkblatt Arbeitslosengeld II/Sozialgeld der Bundesagentur für Arbeit beigezogen. Es hat sodann den Arbeitsvermittler des Klägers, Herrn S B, als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 16.03.2017, Blatt 109 f. der Gerichtakte, verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger ist beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Der Beklagte war zur Aufhebung der bewilligten Leistungen nicht berechtigt, denn der Kläger hat weder Mitteilungspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt, noch hat er erkennen können, dass ihm die gewährten Leistungen mit Immatrikulation an der Hochschule T nicht mehr zustanden.
Gemäß §§ 40 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar ist der Bewilligungsbescheid vom 04.12.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.02.2015, mit denen dem Kläger Leistungen vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2015 gewährt worden waren, mit Immatrikulation des Klägers an der Universität T zum 01.04.2015 rechtswidrig geworden, da der Kläger mit Aufnahme dieser dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II unterfiel. Nach der Einlassung des Klägers im Klageverfahren sowie der Vernehmung des Zeugen B konnte die Kammer jedoch insofern weder eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Mitteilungspflichtverletzung des Klägers feststellen, noch, dass der Kläger wusste, oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, weil der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass sein Leistungsanspruch durch die Immatrikulation an der Universität T weggefallen war.
Seine Mitteilungspflicht der unzweifelhaft wesentlichen für ihn nachteiligen Änderung der Verhältnisse durch die Immatrikulation an der Universität T hat der Kläger nicht verletzt. Nach seiner Einlassung im Klageverfahren, die sich im Wesentlichen mit den Beratungsvermerken des Beklagen deckt, hat der Kläger seinem Arbeitsvermittler, dem Zeugen B, die Aufnahme des Studiums an der Universität in T angezeigt. Bereits am 08.01.2015 teilte der Kläger dem Zeugen B mit, dass er sich zum Sommersemester 2015 einschreiben werde. Am 12.03.2015 legte er dem Zeugen B sodann den ablehnenden BAföG-Bescheid vor, aus dem sich ergab, dass er bereits immatrikuliert war. Zwar soll der Kläger laut des Beratungsvermerks des Beklagten in dem Gespräch gesagt haben, er sei nicht eingeschrieben. Dies widerspricht jedoch dem schriftlich vorgelegten BAföG-Bescheid, woraus sich die Einschreibung eindeutig ergibt. Das Gericht geht nach Befragung des Klägers im Termin daher vielmehr davon aus, dass der Kläger geäußert hat, dass er keine Vorlesungen besuche, also nicht aktiv studiere, was der Zeuge B so notiert hat, dass der Kläger gesagt habe, nicht eingeschrieben zu sein. Diese Annahme deckt sich mit der Aussage des Zeugen im Termin, wonach dieser eingeräumt hat, keinen Unterschied zwischen dem Einschreiben und der Studienaufnahme zu sehen. Im Rahmen seiner Vernehmung hat der Zeuge B darüber hinaus auch eingeräumt, dass der Kläger ihn über dessen Studienabsicht informiert hat und ihm auch die Mitteilung gemacht hat, dass er eingeschrieben sei. Dies habe er ihm jedoch nicht geglaubt, weil der Kläger ihm bis zuletzt keine Immatrikulationsbescheinigung vorgelegt habe.
Darüber hinaus konnte die Kammer auch nicht feststellen, dass der Kläger wusste, oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, weil der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass sein Leistungsanspruch durch die Immatrikulation an der Universität T weggefallen war. Der Kläger selbst hat im Klageverfahren überzeugend vorgetragen, dass er keine Kenntnis davon hatte, dass der Leistungsanspruch bereits ab Immatrikulation entfällt. Der Zeuge B konnte sich nicht daran erinnern, den Kläger hierüber informiert zu haben. Aus dem Merkblatt Arbeitslosengeld II/Sozialgeld, dessen Erhalt der Kläger bei Antragstellung durch seine Unterschrift bestätigt hat, ergibt sich zwar auf Seite 29, dass Studenten, die nicht im Haushalt der Eltern leben, keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger den Zeugen B über seine Immatrikulation jedoch in Kenntnis gesetzt. Er konnte daher darauf vertrauen, dass diese Information, sofern sie relevant für seinen Leistungsanspruch ist, von dem Beklagten umgesetzt werden würde. Darüber hinaus hat der Kläger glaubhaft vorgetragen, dass er davon ausgegangen sei, dass nicht bereits die Immatrikulation den Leistungsanspruch entfallen lässt, sondern erst die Gewährung von BAföG. Dieser Vortrag konnte auch durch die Vernehmung des Zeugen B nicht entkräftet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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