L 5 KR 90/15

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 27 KR 36/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 90/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Pflegekräfte können ihre Tätigkeit in Pflegeheimen grundsätzlich in abhängiger Beschäftigung oder als Selbstständige erbringen.

Die für die Abgrenzung allgemein anerkannten Indizien der betrieblichen Eingliederung und des Unternehmerrisikos haben im Bereich der Pflege nur eine begrenzte Aussagekraft, weil eine gewisse betriebliche Eingliederung für den reibungslosen Ablauf der Pflege unvermeidbar ist und nennenswerte betriebliche Investitionen für die Ausübung der Tätigkeit nicht erforderlich sind.

Besonderes Gewicht für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit hat vor diesem Hintergrund, ob die Pflegekraft für mehrere Auftraggeber tätig ist und ob die Vergütung deutlich über dem Bruttolohn für eine entsprechende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozial- gerichts Itzehoe vom 21. April 2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 24.265,84 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 21. April bis 12. November 2007, 22. Februar bis 30. Dezember 2008 und 3. Januar bis 28. Februar 2009 als Pflegefachkraft bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und die Beklagte zu Recht Beiträge in Höhe von 24.265,84 Euro nachfordert.

Die Beklagte führte bei der Seniorenresidenz L , die mittlerweile unter W firmiert, im Zeitraum vom 24. August 2009 bis 29. Januar 2010 eine Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch. Nach vorheriger Anhörung stellte sie mit Bescheid vom 1. Februar 2010 (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2010) fest, dass diverse Pflegefach- und Hilfskräfte, die bei der Klägerin als freie Mitarbeiter geführt worden waren, als Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlägen. Die Beklagte forderte insgesamt Beiträge in Höhe von 158.292,40 Euro nach, wovon auf den Beigeladenen zu 1) 24.265,84 Euro entfielen.

Die Klägerin hat am 3. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Schwerin erhoben und geltend gemacht, die rechtliche Bewertung der Beklagten sei fehlerhaft. Die betroffenen Pflegekräfte seien in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit frei gewesen. Vor Aufstellung des Dienstplanes sei angefragt worden, ob Bereitschaft bestünde, an einem bestimmten Tag tätig zu sein. Erst wenn eine Einigung über den Einsatz am betreffenden Tag erzielt worden sei, sei die jeweilige Person in den Dienstplan eingeplant worden. Es sei immer wieder vorgekommen, dass die Pflegekraft keine Zeit gehabt und deswegen eine Arbeitsübernahme abgelehnt habe. Negative Auswirkungen hätten sich dadurch nicht ergeben. In diesem Fall habe die Geschäftsleitung bei einem anderen freiberuflich Tätigen nach dessen Interesse nachgefragt. Es habe darüber hinaus auch die Möglichkeit bestanden, einmal vereinbarte Termine wieder aufzuheben, wenn den freiberuflichen Pflegekräften etwas anderes dazwischengekommen sei. Die Aufnahme in den Dienstplan sei aus heimordnungsrechtlichen Gründen notwendig gewesen. Damit habe der Heimaufsicht nachgewiesen werden können, dass eine ausreichende Anzahl von Pflegekräften in der Einrichtung vorhanden gewesen sei. Insoweit sei rechtlich allerdings unerheblich, ob die Pflegekräfte auf selbständiger Basis oder in einem Arbeitsverhältnis eingesetzt würden. Entscheidend sei allein die Qualifikation. Der Dienstplan habe mithin im Hinblick auf die freiberuflich tätigen Pflegekräfte nicht der Festlegung der Lage der Arbeitszeit gedient, sondern dem Nachweis der ordnungsgemäßen Erfüllung der Fachpersonalquote der Einrichtung. Auch hinsichtlich der Art und Weise der Pflegeleistungen seien die betroffenen Mitarbeiter nicht von Vorgaben abhängig gewesen. Ihnen seien lediglich bestimmte Bewohner zur Pflege zugeordnet worden. Sie hätten dann die Pflegeleistungen der Grund- und Behandlungspflege nach den üblichen fachlichen Standards erbringen müssen. Die Modalitäten der Erbringung der Leistung hätten sich aus den beruflichen Vorgaben ergeben. Insoweit unterscheide sich ein selbständiger examinierter Krankenpfleger nicht von einem sonst selbständig Tätigen, der die Standards seines Berufes zu beachten habe wie z.B. ein Elektromeister, der die einschlägigen DIN-Normen und technischen Vorschriften zu beachten habe. Konkrete Anweisungen zur Durchführung der übertragenen Aufgaben seien nicht erteilt worden. Mit den Pflegekräften sei die Vergütung nach entsprechenden Verhandlungen vereinbart worden. Die vereinbarten Honorare hätten deutlich über den üblichen Arbeitsentgelten für abhängig beschäftigte Pflegekräfte gelegen. Die Pflegekräfte hätten keinem Direktionsrecht eines Arbeitgebers unterlegen. Sie seien auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie hätten ihre eigene Dienstkleidung getragen. Diese habe sich von der bei der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmern unterschieden. Durch Namensschilder und entsprechende Bezeichnungen als selbständige Pflegekräfte sei nach außen hin kenntlich gemacht worden, dass es sich nicht um Beschäftigte der Klägerin gehandelt habe. Sie seien auch nicht – wie es für Arbeitnehmer in diesem Bereich üblich sei – in der sogenannten Bezugspflege, also unter Zuordnung zu bestimmten Bewohnern tätig geworden. Eine Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern der Klägerin sei vermieden worden. Den freiberuflich tätigen Personen seien jeweils einzelne Bereiche zur Pflege übertragen worden. Die pflegerischen Leistungen hätten sie dort allein wahrgenommen. Die vom angefochtenen Bescheid betroffenen Personen seien werbend am Markt aufgetreten und hätten gezielt andere Auftraggeber akquiriert. Sie seien auch bei diversen anderen Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen tätig geworden und hätten ein Unternehmerrisiko getragen. Es seien eigene Betriebsmittel angeschafft worden, wie z.B. die Dienstkleidung, Werbemittel etc. Es habe für sie das Risiko bestanden, Aufträge akquirieren zu können, bei denen möglichst hohe Erlöse gewährleistet gewesen seien. Der Umstand, dass sie Stundenzettel erstellt hätten, nach denen abgerechnet worden sei, stünde einem Unternehmerrisiko nicht entgegen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 insoweit aufzuheben, als für den Beigeladenen zu 1) das Vorliegen einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 21. April 2007 bis 12. November 2007, 22. Februar 2008 bis 30. Dezember 2008 sowie 3. Januar 2009 bis 28. Februar 2009 festgestellt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 24.265,84 Euro nachgefordert werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgebracht, im vorliegenden Rechtsstreit sei vorrangig zu klären, ob die als freie Mitarbeiter geführten Pflegekräfte in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen seien, wie sich die Tätigkeit von den abhängig beschäftigten Pflegekräften unterschieden und ob ein tatsächliches Unternehmerrisiko bestanden habe. Das Vorbringen der Klägerin spreche aus ihrer Sicht nicht für ein Unternehmerrisiko, da lediglich die eigene Arbeitskraft verwertet worden sei. Das Risiko, die eigene Arbeitskraft zu verwerten, treffe auch Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen und Teilzeitbeschäftigungen. Zudem spreche nichts dafür, dass die Pflegekräfte tatsächlich ein Risiko zu tragen gehabt hätten, für die zu erbringenden Leistungen keine Vergütung zu erhalten, eine schlechte Leistung auf eigene Kosten nachbessern zu müssen oder für ihre Tätigkeit einem Haftungsrisiko ausgesetzt zu sein, welches sich von dem Risiko eines Arbeitnehmers für Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit unterschieden habe. Die Eintragung in Dienstpläne der Klägerin sei ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung.

Das Sozialgericht Schwerin hat sich mit Beschluss vom 22. Februar 2011 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Itzehoe verwiesen.

Das Sozialgericht Itzehoe hat mit Beschluss vom 12. Februar 2015 die Verfahren hinsichtlich der betroffenen Pflegekräfte getrennt und den Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung am 21. April 2015 gehört. Dieser hat sich wie folgt eingelassen: Er habe den Beruf des Krankenpflegers erlernt und im Zeitraum von Oktober 2005 bis November 2006 bei der Klägerin abhängig beschäftigt gearbeitet. Danach sei er als freier Mitarbeiter freiberuflich tätig gewesen. Sein Ziel sei es gewesen, zurück ins Krankenhaus zu kommen. Das sei damals aber nicht möglich gewesen, weil der Pflegebedarf nicht so hoch gewesen sei. Letztlich sei ihm dies aber gelungen. Er sei heute freiberuflich im Krankenhaus tätig. Daneben mache er auch Pflegedienst, wie z.B. Beatmungspflegedienste in der Intensivkrankenpflege. Er habe sich zu Beginn seiner Tätigkeit von anderen Freiberuflern beraten lassen, die über einen Pflegedienst an Pflegeeinrichtungen vermittelt würden. Er habe das ganz interessant gefunden und deshalb auch damit angefangen. Er sei von der Pflegedienstleiterin der Klägerin, Frau E , angerufen worden, weil diese gehört habe, dass er freiberuflich tätig sei. Sie hätten dann über den Umfang der möglichen Tätigkeit und das Honorar von 20,00 EUR gesprochen. Das sei damals so der übliche Satz für Freiberufler gewesen. Er habe sich selber überlegt, dass der Stundensatz zwischen 18,00 Euro und 22,00 Euro liegen sollte. Mit Frau E sei keine Absprache bezüglich einer von ihm zu leistenden festen Stundenzahl getroffen worden. Sie habe ihn angerufen und gefragt, ob er z.B. eine Spätschicht übernehmen könne. Er habe dann überlegt, ob es in den von ihm selber gesteckten Dienstplan hineinpasse und habe jeweils ganz individuell mit ihr vereinbart, wann er arbeite. Es sei durchaus auch so gewesen, dass er einmal eine Schicht abgesagt bzw. von vornherein gesagt habe, dass er an diesem Tag nicht arbeiten könne. Er habe sie auch selber angerufen, um ihr mitzuteilen, wann er arbeiten könne und um ihr zu sagen, dass sie sich melden könne, wenn sie zu diesem Zeitpunkt Bedarf habe. Wenn sie dann angerufen habe, sei es vorgekommen, dass er schon bei einer anderen Einrichtung eine Schicht übernommen hatte. Er habe in der streitigen Zeit für etwa zehn bis vierzehn Einrichtungen gearbeitet, u.a. das Bundeswehrkrankenhaus, das U , die K , das H und noch weitere Häuser. Wenn er einen Dienst bei der Klägerin übernommen habe, habe er Grund- und Behandlungspflege verrichtet und seine eigene Arbeitskleidung getragen. Er habe einen blauen Kittel angehabt und ein Namensschild getragen, auf dem gestanden habe, dass er Freiberufler sei. Die Pflegemittel seien immer von der Klägerin gestellt worden. Die eigentliche Pflegetätigkeit habe er nach seinem Ermessen verrichtet. Hinsichtlich der Pflege habe er genau die gleichen Tätigkeiten verrichtet wie die der Festangestellten. Allerdings habe er keine Pflegeplanung betrieben. Das sei zu sehr in die Struktur der Klägerin gegangen. Soweit in seiner Rechnung vom 25. Juli 2008 auch die Position "Dienstplangestaltung" aufgenommen worden sei, sei dies deshalb geschehen, weil ein relativ frischer Kollege die kommissarische Wohnbereichsleitung übernommen gehabt und er ihn bei der Dienstplangestaltung unterstützt habe. Das treffe auch auf die Rechnung vom 31. August 2009 zu. In der Rechnung vom 1. März 2009 habe er die Position "WB5 Angehörigenabend" abgerechnet, weil damals ein Fachkräftemangel geherrscht habe und die Angehörigen um einen Informationsabend gebeten hätten. Er sei dann gefragt worden, ob er teilnehmen und Auskunft geben könne zu einzelnen Personen, die er gepflegt habe. In der Bezugspflege sei er nicht tätig gewesen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21. April 2015 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt:

"Die zulässige Klage ist begründet.

Zu Unrecht hat die Beklagte für den Beigeladenen zu 1) das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 21. April 2007 bis 12. November 2007, 22. Februar 2008 bis 30. Dezember 2008 sowie 3. Januar 2009 bis 28. Februar 2009 festgestellt und betreffend den Beigeladenen zu 1. Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 24.265,84 Euro nachgefordert.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGBV, § 24 Abs. 1 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, B 12 13/13 R, in juris Rn. 25 m.w.N.).

Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) überwiegen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Der Beigeladene zu 1. hat mit der Klägerin keine schriftliche Vereinbarung bezüglich der von ihm zu leistenden Tätigkeit geschlossen. Vielmehr wurde mündlich vereinbart, dass ein Stundensatz von 20,00 Euro gezahlt wird. Der Beigeladene zu 1) hatte einen Stundensatz zwischen 18,00 Euro und 22,00 Euro angestrebt, daher einigte er sich mit der damaligen Pflegedienstleiterin der Klägerin, Frau E , auf 20,00 Euro. Eine feste Stundenzahl wurde nicht vereinbart. Zu leistende Schichten wurden abgesprochen, der Beigeladene zu 1) arbeitete bei der Klägerin so, wie es in seinen Plan passte. Er hatte zu der streitigen Zeit etwa zehn bis vierzehn Einrichtungen, für die er tätig war. Dabei waren z. B. das Bundeswehrkrankenhaus sowie das U , die K sowie das H. Er verrichtete seine Tätigkeiten bei der Klägerin in einem selbst bezahlten blauen Kittel mit einem Namensschild, auf dem ganz klar zu ersehen war, dass er Freiberufler war. Die Pflegetätigkeiten waren genau die gleichen wie diejenigen der Festangestellten. Pflegeplanung hat der Beigeladene zu 1) nicht betrieben. Einmalig hat der Beigeladene zu 1) an einem Angehörigenabend teilgenommen, an dem die Angehörigen um Informationen baten. Er war nicht in der Bezugspflege tätig, d. h., er hatte nicht nur eine oder zwei Personen zu pflegen. Einmal hat er auch eine Dienstplangestaltung mit vorgenommen, da ein neuer Kollege die kommissarische Wohnbereichsleitung übernommen hatte. Der Beigeladene zu 1) unterstützte ihn bei der Erstellung des Dienstplans, ansonsten wurde diese Tätigkeit nicht vom Beigeladenen zu 1) wahrgenommen.

Nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung überwiegen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Es fehlt ein schriftlicher Arbeitsvertrag, in dem etwa auch Regelungen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, zum Urlaub oder zur Zahlung von Urlaubsgeld enthalten wären. Außerdem war keine Stundenzahl vereinbart. Der Beigeladene zu 1) hat demnach Dienstleitungen für die Klägerin ausgeführt, daneben jedoch auch noch für andere Auftraggeber gearbeitet. Er hat nur dann Schichten für die Klägerin übernommen, wenn er dazu Zeit hatte. Diese Gegebenheiten lassen nicht erkennen, dass der Beigeladene zu 1) sich in einer persönlichen Abhängigkeit zur Klägerin befand und in deren Betrieb eingegliedert war. Entscheidend ist, dass die Klägerin über die Arbeitszeit des Beigeladenen zu 1) nicht frei verfügen konnte. Sie war vielmehr darauf angewiesen, dass der Beigeladene zu 1) die ihm angebotenen Dienste im Falle der zeitlichen Verfügbarkeit auch annahm. Sie konnte den Beigeladenen zu 1) nicht nach ihrem Willen zu verschiedenen Schichten einsetzen. Damit konnte sie sich nicht auf eine konstante Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 1) verlassen. Gerade dies wäre aber typisch für eine persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin.

Auch nach außen hin ist der Beigeladene zu 1) als Freiberufler aufgetreten. So war aus seinem Namensschild eindeutig ersichtlich, dass er nicht bei der Klägerin angestellt war. Außerdem hatte er im streitigen Zeitraum mehrere Auftraggeber.

Demgegenüber treten die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, entgegen der Auffassung der Beklagten in den Hintergrund. Dazu gehört vor allem die Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung, die Erbringung der gleichen Arbeitsleistung für diejenige von angestellten Pflegekräften, der fehlende Kapitaleinsatz sowie die Vorgabe von Art und Weise der durchzuführenden Pflegetätigkeiten. Für sich genommen sprechen diese Merkmale für eine abhängige Beschäftigung, treten jedoch in den Hintergrund, weil eine Eingliederung in Betrieb der Klägerin fehlt. Die Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) unterstand nicht der Verfügungsgewalt der Klägerin. Dass der Beigeladene zu 1) während der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit hinsichtlich der Art und Weise des Arbeitens nicht völlig frei war, ergibt sich aus den Notwendigkeiten, die Pflegetätigkeiten mit sich bringen. Dass der Beigeladene zu 1) in den Dienstplänen der Klägerin geführt wurde, spricht für eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin nur insoweit, als die Klägerin mit einer tatsächlichen Arbeitsleistung durch den Beigeladenen zu 1) erst dann rechnen konnte, als dieser den ihm vorgeschlagenen Dienst zugestimmt bzw. er selbst seine Arbeit zu bestimmten Zeiten angeboten hatte. Entscheidend ist jedoch, dass die Klägerin keine Verfügungsgewalt über die Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) in dem Sinne hatte, dass sie - die Klägerin - den Beigeladene zu 1) auf der Grundlage etwa eines Arbeitsvertrages nach den von ihr gesehenen Notwendigkeiten in bestimmten Schichten hätte einsetzen können, ohne dass es auf die Zustimmung des Beigeladenen zu 1) angekommen wäre. Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB lV als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deshalb gerade nicht zu bejahen.

Demnach ergibt sich aus der Gesamtschau, dass diejenigen Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung qualitativ verdrängen. Der Beigeladene zu 1) war kein verlässlicher Bestandteil des Arbeitsprozesses der Klägerin."

Gegen das ihr am 30. Juli 2015 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die am 17. August 2015 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie macht geltend, die vom Sozialgericht vorgenommene Gewichtung der festgestellten Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, sei mit den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätzen nicht vereinbar. Das BSG messe beispielsweise der Gleichartigkeit der Leistungen von Angestellten und freien Kräften erheblichen Indizcharakter zu. Das gelte auch für das Fehlen eines rechtlich relevanten Unternehmerrisikos. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, wie die festgestellten Vorgaben zu Art und Weise der Tätigkeiten ohne Eingliederung in den (stationären) Betrieb realisierbar seien. Die Klägerin sei eine zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), so dass für die Statusqualifikation von Mitarbeitern § 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI beachtlich sei. Sie stütze sich auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hamburg im Urteil vom 20. Juni 2012 – L 2 R 120/10 , mit der die betriebliche Eingliederung von Pflegekräften bejaht worden sei. Grundsätzlich seien Pflegepersonen hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes, der Arbeitsdauer und der Arbeitsausführung weisungsgebunden in ein Alten- oder Pflegeheim eingegliedert. Sie müssten sich an die dortigen Gepflogenheiten anpassen und den Weisungen der Haus- oder Pflegedienstleitung Folge leisten. Ihre Arbeitsleistung unterscheide sich nicht von der festangestellter Pflegepersonen. Sie würden häufig sogar mit diesen Hand in Hand zusammenarbeiten. Selbst bei Fachkräften stehe die Tätigkeit unter der Kontrolle des jeweiligen Alten- oder Pflegeheimes. Auch der Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsfrei für die Klägerin tätig gewesen. Er habe als Pflegeperson seine Tätigkeit nur unter Einhaltung der von der Klägerin vorgegebenen Leistungsstandards zu den vereinbarten und von der Klägerin in den Dienstplänen vorgegebenen Schichten ausgerichtet am personellen Bedarf der Klägerin – verrichten können. Da Pflegeverträge ausschließlich zwischen der Klägerin und den zu pflegenden Personen geschlossen worden seien, habe die Klägerin im Außenverhältnis für eventuelle Pflegemängel gehaftet. Deshalb habe sie die Verantwortung für das Qualitätsmanagement gehabt. Diese Aufgabe habe die Klägerin nur erfüllen können, wenn sie alle Arbeitsabläufe – etwa durch verbindliche Pflegepläne – verantwortlich steuere und die Umsetzung kontrolliere. Das setze notwendig Weisungen gegenüber dem Pflegepersonal und auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1) voraus. Es hätte hinsichtlich der Pflegedokumentation konkretisierende Weisungen seitens der Klägerin bedurft. Eine Pflegeeinrichtung habe ihrerseits genaue Vorgaben bei der Pflegedokumentation zu beachten, da sie aufgrund eines geschlossenen Versorgungsvertrages (§§ 72, 112 SGB XI) gegenüber dem jeweiligen Kostenträger auch für die Pflegequalität verantwortlich sei. Sofern die Einrichtung keine Weisungen an die Pflegekräfte erteilen sollte, würde sie aufgrund eines strukturellen Defizits bei der Qualität die Kündigung des Versorgungsvertrages riskieren. Der Beigeladene zu 1) sei in die Betriebsorganisation der Klägerin insoweit eingegliedert gewesen, als er seine Tätigkeit in Teamarbeit mit dem abhängig beschäftigten Stammpersonal und unter Beachtung der fachlichen und organisatorischen Vorgaben der Klägerin zu erbringen gehabt habe. Erbringe eine Person keine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung, sondern sei Mitglied eines Teams, welches eine Gesamtleistung erbringe, bedinge dieser Umstand notwendig die Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation und damit eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers, der dann die Funktion habe, die Leistungen der einzelnen Teammitglieder zu steuern. Demgegenüber sei unerheblich, ob der Beigeladene zu 1) die Möglichkeit gehabt habe, einzelne Aufträge abzulehnen, denn für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen sei auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrages abzustellen. Der Beigeladene zu 1) habe auch kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen, denn er habe insbesondere nicht seine Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Ein für eine selbständige Tätigkeit sprechendes Nutzungsentgelt für die von der Klägerin bereitgestellten Ressourcen (Arbeitsmittel, Infrastruktur) habe der Beigeladene zu 1) nicht entrichtet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 21. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene zu 1) hat sein Vorbringen anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht nochmals bestätigt und diverse Rechnungen vorgelegt, die erbrachte Leistungen von Grund- und Behandlungspflege für weitere Auftraggeber in den streitbefangenen Zeiträumen betreffen.

Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht. Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 aufgehoben, soweit für den Beigeladenen zu 1) eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Zeitraum vom 21. April bis 12. November 2007, 22. Februar bis 30. Dezember 2008 und 3. Januar bis 28. Februar 2009 festgestellt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 24.265,84 Euro nachgefordert werden.

Ausgehend von den hier maßgeblichen Grundsätzen für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung führt das Sozialgericht zutreffend aus, dass die Gesamtwürdigung aller Merkmale, die bei der Statusfeststellung zu berücksichtigen sind, hier dazu führt, dass der Beigeladene zu 1) in den streitbefangenen Zeiträumen als selbständige Pflegekraft tätig war.

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist die Beschäftigung als Grundlage der Beitragspflicht die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für die Beschäftigung einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beschäftigter ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Weisungsrecht kann zwar erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Die Beschäftigung setzt eine fremd bezogene Tätigkeit voraus, die Dienstleistung muss also zumindest in einer von anderer Stelle vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Dies hat vor allem bei der Verrichtung von Diensten höherer Art Bedeutung und bei solchen Tätigkeiten, die weitgehend eigenverantwortlich ausgeübt werden. Hier wandelt sich die Weisungsunterworfenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit um in eine sogenannte funktionsgerecht dienende Teilnahme am fremd vorgegebenen Arbeitsprozess. Die Arbeitnehmereigenschaft der Pflegekräfte bestimmt sich also danach, ob sie in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert waren. Um diese Feststellung zu treffen, bedarf es einer Interpretation unter Berücksichtigung der gesamten individuellen Umstände. Nur wenn ein Weisungsrecht in diesem Sinne nicht vorhanden ist, die Pflegekraft ihre Tätigkeit im Rahmen einer selbst vorgegebenen Arbeitsorganisation verrichten kann oder wenn sie sich nur in die von ihr selbst vorgegebene Ordnung des Betriebes einfügt, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist.

Die Abgrenzung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorgelegen hat, ist ausgehend von der Rechtslage vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses bestanden hat. Maßgeblich sind die Vertragsvereinbarungen oder, wenn solche nicht getroffen worden sind, der weitere rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Arbeiten verrichtet worden sind. Eine im Widerspruch hierzu stehende tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses gehen der insoweit nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine formale Abbedingung rechtlich möglich ist. Andererseits ist es unerheblich, wenn eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgelebt worden ist, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Entscheidend hierbei ist auf die jeweilige Rechtsmacht der am Arbeitsprozess Beteiligten abzustellen.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Senat bereits mehrere Entscheidungen (vgl. Urteil vom 26. Mai 2011 – L 5 KR 41/10 ; 24. März 2011 – L 5 KR 48/09 , 29. Oktober 2008 – L 5 KR 35/08 ; 5. September 2013 – L 5 KR 124/11 ) darüber getroffen, ob Pflegekräfte in Pflegeeinrichtungen beitragspflichtig oder selbständig tätig waren. Beides ist grundsätzlich möglich und hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Dabei hat der Senat die dargestellten Indizien, die für oder gegen eine selbständige bzw. abhängige Beschäftigung sprechen, jeweils gegeneinander abgewogen, allerdings auch dem Umstand, ob die Pflegekraft für weitere Auftraggeber tätig war, ein besonderes Gewicht beigemessen. Denn bei Dienstleistungen der vorliegenden Art erlauben häufig weder das Merkmal der betrieblichen Eingliederung noch das Fehlen eines typischen Unternehmerrisikos eine überzeugende Abgrenzung im Rahmen der Statusfeststellung. Pflegekräfte sind in Fallkonstellationen der vorliegenden Art nach Zusage des Pflegeeinsatzes notwendigerweise in einem gewissen Ausmaß in den Arbeitsprozess bzw. Dienstzeitplan der Pflegeeinrichtung eingegliedert, weil nur so eine qualitätsgesicherte Pflege gewährleistet und Störungen im Ablauf der Versorgung vermieden werden können. Das traf auch im Falle des Beigeladenen zu 1) zu. Hier gab es zwar keine schriftliche Arbeitsvereinbarung mit der Klägerin. Nach jeder einzelnen Auftragsannahme hatte er jedoch im Rahmen der von der Klägerin vorgegebenen betrieblichen Organisation die ihm als Pflegefachkraft übertragenen Aufgabenbereiche zu erledigen. Dabei war eine sinnvolle Auftragserledigung nur möglich, wenn er sich an die Struktur des Betriebes anpasste, der vorgegebenen Dokumentationspflicht nachkam, Essenszeiten der Heimbewohner berücksichtigte etc. Allerdings ist es häufig so, dass Dienstleistungen für Auftraggeber auch im Verhältnis einer freien Mitarbeit sich Zwängen der vom Auftraggeber vorgegebenen betrieblichen Ordnung unterwerfen müssen, ohne dass dies die Tätigkeit zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung macht. Deshalb stellt bei Dienstleistungen, die sich naturgemäß an die Struktur des Betriebes anpassen müssen, indem sie verrichtet werden, die Eingliederung in die betriebliche Organisation nur dann ein wesentliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar, wenn sich die Eingebundenheit durch weitere Umstände manifestiert, wie z.B. eine Weisungsgebundenheit des Auftraggebers bei der jeweiligen Durchführung der Pflegeleistung, Nebenpflichten in Form der Teilnahme an Dienstbesprechungen und Qualitätszirkeln oder besondere Anweisungen hinsichtlich der Dokumentation oder der Übergabe bei Schichtwechseln.

Auch das Unternehmerrisiko stellt bei freiberuflichen Dienstleistungen, die ohne nennenswerte betriebliche Investitionen ausgeübt werden können, nicht das sonst so wesentliche Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar. Grundsätzlich ist ein Unternehmerrisiko nicht bereits darin zu sehen, dass Folgeaufträge nach Abschluss einer Tätigkeit ausbleiben können. Einem solchen Risiko ist auch der Arbeitnehmer nach Beendigung einer Beschäftigung ausgesetzt. Unternehmerrisiko bedeutet vielmehr, dass der Auftragnehmer sich der Gefahr aussetzt, nicht nur keine Einnahmen zu erzielen, sondern mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn eingesetztes Kapital nicht durch eine entsprechende Einnahme kompensiert wird. Im Bereich der Pflege ist dies von untergeordneter Bedeutung, weil pflegerische Tätigkeiten keinen oder jedenfalls einen nur sehr geringen Kapitaleinsatz erfordern. Sie werden durch die persönliche Dienstleistung geprägt. Ein Unternehmerrisiko kann darüber hinaus auch darin liegen, dass durch vertragliche Bestimmungen ein erhöhtes Kostenrisiko entsteht. Das war bei dem Beigeladenen zu 1) jedoch nicht der Fall.

Deshalb stellt der Senat in Fällen der vorliegenden Art zur Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung wesentlich darauf ab, ob die Pflegekräfte neben der streitgegenständlichen Tätigkeit auch für andere Auftraggeber in nicht geringem Umfang tätig waren. An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin fest. Denn dieses Indiz hatte der Gesetzgeber für die Zeit von 1999 bis 2003 in § 7 Abs. 4 Nr. 2 SGB IV ausdrücklich aufgenommen. Es ist auch ein maßgebliches Indiz dafür, ob die Pflegekraft wirtschaftlich allein von Arbeitsangeboten eines Auftraggebers abhängig ist. Denn dann ist sie, wenn die übrigen Indizien, die in die Gesamtabwägung einzustellen sind, keine zuverlässige Abgrenzung erlauben, eher einem Arbeitnehmer in unständiger Beschäftigung vergleichbar als einem selbstständig Tätigen.

Der Beigeladene zu 1) war in den streitbefangenen Zeiträumen für diverse Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime als qualifizierte Fachkraft tätig und ist es auch weiterhin. Er akquiriert seit mehr als 10 Jahren seine Auftraggeber entweder selbst oder nimmt professionelle Vermittlungsdienste in Anspruch, wie z.B. den Pflegedienst B , , die Firma T , oder die B. Er hat sein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin im Jahr 2006 bewusst aufgegeben, um als freiberuflicher Mitarbeiter, Arbeitsumfang und Arbeitszeiten nach seinen individuellen Bedürfnissen frei bestimmen und insbesondere unangenehme Schichtdienste vermeiden zu können. Der Beigeladene zu 1) war in den hier streitbefangenen Zeiträumen wirtschaftlich nicht allein abhängig von Aufträgen der Klägerin, weil seine Arbeitskraft aufgrund seiner beruflichen Qualifikation, u.a. als Beatmungspfleger, von vielen Einrichtungen nachgefragt wurde und auch weiterhin wird, so dass er Arbeitszeiten selbst festlegen und dennoch seine Existenz dauerhaft sichern kann. Dass der Beigeladene zu 1) auch in persönlicher Hinsicht nicht wie ein Arbeitnehmer einem Weisungsrecht der Klägerin unterworfen war, wird an dem Umstand deutlich, dass er weder zu einem Informationsabend für Angehörige noch zur Dienstplangestaltung verpflichtet werden konnte. Es gab keine schriftlichen oder mündlichen Vereinbarungen, die die Klägerin berechtigt hätten, die Erfüllung von Zusatzaufgaben zu fordern. Wenn der Beigeladene zu 1) entsprechende Aufgabenbereiche übernahm, handelte es sich um eine freiwillige Unterstützungsleistungen, die gesondert nach Zeitaufwand abrechenbar waren.

Auch die Höhe der Vergütung, die nach der Pressemitteilung 14/2017 des 12. Senats des BSG hinsichtlich seiner Rechtsprechung im Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R – als gewichtiges Indiz bei Statusfeststellungen vergleichbarer Art zu berücksichtigen ist, spricht für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Er hatte mit der Klägerin einen Stundenlohn von 20,00 Euro vereinbart und dabei wie ein Unternehmer berücksichtigt, dass eine Vergütung zwischen 18,00 EUR und 22,00 EUR bei verschiedenen Auftraggebern neben der Existenzsicherung auch eine angemessene Eigenvorsorge für die Wechselfälle des Lebens zulassen würde. Nach der zitierten Rechtsprechung des BSG ist maßgeblich darauf abzustellen, ob das Honorar deutlich über der üblichen Vergütung eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers liegt und dadurch angemessene Eigenvorsorge zulässt. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an, denn sie ermöglicht neben dem Kriterium, ob eine Tätigkeit für weitere Auftraggeber ausgeübt wurde, ebenfalls eine zuverlässige und damit rechtssichere Abgrenzung. Außerdem trägt die Berücksichtigung der Höhe der Vergütung der sich wandelnden Arbeitswelt Rechnung, in der einerseits die Tendenz der Unternehmen besteht, immer mehr Arbeitsbereiche an vermeintlich freiberufliche Mitarbeiter zu vergeben und nur unter dieser Voraussetzung Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass in bestimmten Branchen, wie z.B. der Pflege, offensichtlich ein Arbeitskräftemangel vorherrscht, der es erfordert, den Wunsch der Pflegekraft nach einer freiberuflichen Tätigkeit zu akzeptieren, um ausreichend qualifiziertes Personal im Betrieb einsetzen zu können. Letzteres trifft hier zu. Im Falle des Beigeladenen zu 1) stellt die im Vergleich zu angestellten Pflegekräften höhere Vergütung daher ebenfalls ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar.

Vor diesem Hintergrund ist das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass bei Würdigung der Gesamtumstände die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen, überwiegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz. Danach ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers – wie hier – eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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