L 5 KR 73/15

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 27 KR 247/14
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 73/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Pflegekräfte können ihre Tätigkeit in Pflegeheimen grundsätzlich in abhängiger Beschäftigung oder als Selbstständige erbringen.

Die für die Abgrenzung allgemein anerkannten Indizien der betrieblichen Eingliederung und des Unternehmerrisikos haben im Bereich der Pflege nur eine begrenzte Aussagekraft, weil eine gewisse betriebliche Eingliederung für den reibungslosen Ablauf der Pflege unvermeidbar ist und nennenswerte betriebliche Investitionen für die Ausübung der Tätigkeit nicht erforderlich sind.

Besonderes Gewicht für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit hat vor diesem Hintergrund, ob die Pflegekraft für mehrere Auftraggeber tätig ist und ob die Vergütung deutlich über dem Bruttolohn für eine entsprechende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 21. April 2015 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 wird aufgehoben, soweit Sozialversicherungsbeiträge für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 23. Januar bis 31. März 2007 nacherhoben werden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt 1/3, die Klägerin 2/3 der Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 10.245,21 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 23. Januar bis 30. September 2007 bei der Klägerin als Pflegekraft sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und die Beklagte deshalb zu Recht Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 10.245,21 EUR nachfordert.

Die Beklagte führte bei der Seniorenresidenz L E GmbH, die mittlerweile unter W Z Verwaltungs GmbH firmiert, im Zeitraum vom 24. August 2009 bis 29. Januar 2010 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch. Nach vorheriger Anhörung stellte sie mit Bescheid vom 1. Februar 2010 (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2010) fest, dass diverse Pflegefach- und Pflegehilfskräfte, die bei der Klägerin als freie Mitarbeiter geführt worden waren, als Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlägen. Die Beklagte forderte Beiträge in Höhe von 158.292,40 EUR nach, wovon auf die Beigeladene zu 1) 10.254,21 EUR entfielen.

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die erbrachten Pflege- bzw. Arbeitsleistungen seien ausschließlich in den einzelnen Stationen bzw. Wohnbereichen der Klägerin erfolgt. Die Beigeladene sei in deren Betriebsabläufe eingegliedert gewesen, habe einem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen und selbst kein relevantes Unternehmerrisiko getragen. Am 22. März 2007 hätten die Beigeladene zu 1) und die Klägerin zudem eine schriftliche Vereinbarung getroffen, aus der hervorgehe, dass die Beigeladene zu 1) ab 1. April 2007 die Stelle als Wohnbereichsleitung mit 40 Wochenstunden im Wohnbereich 4 habe besetzen sollen. Es hätten Stundenzettel geführt und eventuell anfallende Mehrstunden in den Folgewochen ausgeglichen werden sollen. Dafür sei ein Pauschalentgelt von monatlich 2.500,00 EUR gezahlt worden. Die Beigeladene zu 1) sei in den Dienstplänen der Klägerin geführt worden und habe auch in der Zeit vor der schriftlichen Vereinbarung nach Annahme eines Arbeitsauftrages weder die Arbeitszeit, den Arbeitsort oder die Art und Weise der Pflegetätigkeit selbst bestimmen können.

Die Klägerin hat am 3. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Schwerin erhoben. Das Sozialgericht Schwerin hat sich mit Beschluss vom 22. Februar 2011 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Itzehoe verwiesen. Das Sozialgericht Itzehoe hat mit Beschluss vom 12. Februar 2015 die Verfahren hinsichtlich der betroffenen 11 Pflegekräfte getrennt.

Die Klägerin hat in allen Verfahren gleichlautend vorgebracht, die Pflegekräfte seien hinsichtlich der Gestaltung ihrer Arbeitszeit frei gewesen. Vor Aufstellung des Dienstplanes sei angefragt worden, ob diese bereit seien, an einem Tag tätig zu sein. Erst wenn eine Einigung über die Einsatzzeit erzielt worden sei, seien die Personen in den Dienstplan aufgenommen worden. Bei Ablehnung der Arbeitsübernahme hätten sich keine negativen Konsequenzen für die Pflegekräfte ergeben. Die Aufnahme in den Dienstplan sei aus rein ordnungsrechtlichen Gründen notwendig gewesen, damit von ihr habe nachgewiesen werden können, dass eine ausreichende Anzahl von Pflegekräften in der Einrichtung vorhanden sei. Aus heimordnungsrechtlicher Sicht komme es nicht darauf an, ob die Pflegekräfte auf selbstständiger Basis oder in einem Arbeitsverhältnis eingesetzt würden. Entscheidend sei allein die Qualifikation. Maßgeblich sei die ordnungsgemäße Erfüllung der Fachpersonalquote der Einrichtung. Den Pflegekräften seien keine Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung zur Pflegeleistung gemacht worden. Ihnen seien lediglich bestimmte Bewohner zur Pflege zugeordnet worden. Sie hätten dann die Pflegeleistungen der Grund- und Behandlungspflege nach den üblichen fachlichen Standards der Pflege erbringen müssen. Mit den 11 Pflegekräften habe sie die Vergütung nach entsprechenden Verhandlungen vereinbart. Die Honorare hätten deutlich höher gelegen als die üblichen Arbeitsentgelte für Pflegekräfte. Die Pflegekräfte seien auch nicht in die betriebliche Organisation der Pflegeeinrichtung eingegliedert gewesen. Sie hätten andere Dienstkleidung getragen als die beschäftigten Arbeitnehmer. Sie hätten sich darüber hinaus durch Namenschilder und entsprechende Bezeichnungen als selbstständige Pflegekräfte kenntlich gemacht. Sie seien auch nicht, wie es für Arbeitnehmer in diesem Bereich üblich sei, in der so genannten Bezugspflege, also unter Zuordnung zu bestimmten Bewohnern tätig geworden. Eine Zusammenarbeit mit beschäftigten Arbeitnehmern sei vermieden worden, um dadurch nicht eine organisatorische Eingliederung zu erzeugen. Die freiberuflich tätigen Pflegekräfte seien werbend am Markt aufgetreten und hätten gezielt nach anderen Auftraggebern gesucht. Ihr Unternehmerrisiko habe darin gelegen, Kunden für ihre Tätigkeit zu finden. Außerdem hätten sie auch eigene Betriebsmittel angeschafft, so z. B. ihre Dienstkleidung, Werbemittel, eine eigene (allerdings kleine) Verwaltungsorganisation oder ähnliches.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 insoweit aufzuheben, als für die Beigeladene zu 1) das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 23. Januar 2007 bis 30. September 2007 festgestellt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 10.254,21 EUR nachgefordert werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgebracht, dass vorrangig zu klären sei, ob die als freie Mitarbeiter geführten Pflegekräfte in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen seien, wie sich die Tätigkeit von den abhängig beschäftigten Pflegekräften unterschieden und ob ein tatsächliches Unternehmerrisiko bestanden habe.

Die Beigeladene zu 1) hat sich in der mündlichen Verhandlung wie folgt geäußert:

"Ich bin ausgebildete Altenpflegehelferin. Meine Ausbildung habe ich im Jahre 2001 abgeschlossen. Ich war danach noch abhängig beschäftigt im Haus an der S. Das war bis 2006. Danach bin ich dann in die Freiberuflichkeit gegangen. Das kam daher, dass eine Freundin mich ansprach, ob ich mal in einem Haus arbeiten wolle, in dem freiberufliche Mitarbeiter tätig seien. Ich habe daraufhin verschiedene Häuser kennengelernt und gesehen, dass ich so auch selbst bestimmen konnte, wie ich in der Pflege tätig sein wollte.

In dem hier streitigen Zeitraum vom 23. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 bin ich eigentlich auch für andere Heime tätig geworden.

Seinerzeit ist der L durch eine MDK-Prüfung durchgefallen. Deshalb wollten die Kassen die Verträge kündigen, wenn nicht die erneute MDK-Prüfung positiv ausfällt. Zu der Zeit war es dann so, dass die Wohnbereichsleitung des Wohnbereichs IV kündigte bzw. gekündigt wurde. Bis zur MDK-Prüfung musste jemand Neues als Wohnbereichsleiter da sein. Da ich den PDL-Schein hatte, kam ich dafür in Betracht. Deshalb habe ich mich seinerzeit beworben, das wollten die so. So kam es zu der Vereinbarung vom 22. März 2007 ab dem 1. April 2007. An meiner eigentlichen Arbeit allerdings hat sich nichts geändert. Das heißt, ich bin immer in meiner eigenen Arbeitskleidung morgens um 6.00 Uhr in die Pflege gegangen, d. h. Medikamentenzuteilung, Waschen, Grundversorgung, Küchendienst usw ... Die Dienstplanerstellung hat die Pflegedienstleiterin, Frau E , gemacht. Ich durfte nur den nicht originalen Dienstplan verändern, wenn es z. B. darum ging, die Zeiten abzudecken. Ich habe dann Kollegen gefragt, wenn z. B. Ausfälle wegen Krankheit da waren, ob Schichten übernommen werden können. Dazu erfolgte immer eine Rücksprache mit der Pflegedienstleitung, d. h. Frau E. Es waren nicht, wie in der Arbeitsvereinbarung vorgesehen, lediglich 40 Stunden, die ich in der Woche gearbeitet habe. Es waren mehr. Ich habe monatlich ab dem 1. April 2007 immer 2.500,00 EUR verdient. Die geleisteten Mehrstunden wurden immer in den Folgemonat übertragen, letztlich vergütet wurden sie jedoch nicht. "

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21. April 2015 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt:

"Die zulässige Klage ist begründet. Zu Unrecht hat die Beklagte für die Beigeladene zu 1) das Vorliegen einer abhängi¬gen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 23. Januar 2007 bis 30. September 2007 festgestellt und betreffend die Beigeladene zu 1) Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 10.245,21 EUR nachgefordert.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Abs. 1 SGB 111, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäfti¬gungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nicht selbstständige Arbeit, insbeson¬dere in einem Arbeitsverhältnis, § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb ein¬gegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann ¬vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht die¬nenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbst¬ständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhanden¬sein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Ar-beitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekenn¬zeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, B 12 R 13/13 R, in juris Rn. 25 m.w.N.).

Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. überwiegen die Merkma¬le, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Festzustellen ist, dass die Beigela¬dene zu 1) im streitigen Zeitraum zunächst ab 23. Januar 2007 offenbar ohne eine schriftliche Arbeitsvereinbarung bei der Klägerin als Altenpflegerin tätig wurde. Es gab keine Regelung über Urlaub oder eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) und den in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Rechnungen der Beigeladenen zu 1) an die Klägerin aus dem streitigen Zeitraum berechnete die Beigeladene zu 1) einen Stundensatz von 22,00 EUR. Entge¬gen der Auffassung der Beklagten war dieser Stundensatz zwischen der Beigelade¬nen zu 1) und der Klägerin vereinbart worden. Die Beigeladene zu 1) hat dazu aus-geführt, dass sie den verlangten Stundensatz von 22,00 EUR zusammen mit ihrem Mann errechnet habe auf der Grundlage dessen, was sie zum Leben gebraucht ha¬be. Damals seien wohl 25,00 EUR für eine examinierte Pflegekraft üblich gewesen, je¬doch habe sie nicht den vollen Bereich abgedeckt, sodass ihr 22,00 EUR richtig erschie¬nen seien. Sie sei ausgebildete Altenpflegerin, nach ihrer Ausbildung, die sie 2001 abgeschlossen habe, sei sie noch bis zum Jahr 2006 im Haus an der S in I abhängig beschäftigt gewesen. Danach sei sie dann in die Freiberuflichkeit gegangen.

Während ihrer Tätigkeit für die Klägerin war die Beigeladene zu 1) außerdem noch beim Alten- und Pflegeheim Sa zu einem Stundensatz von 20,00 EUR tätig. Das habe daran gelegen, dass die Heime unterschiedlich bezahlt hätten. Außerdem war die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum noch für das C Sb Senioren¬zentrum in I tätig. Im Zeitraum vom 23. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 bestand zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) eine Vereinbarung hin¬sichtlich der wöchentlich zu leistenden Stundenanzahl. Dies änderte sich erst mit der Arbeitsvereinbarung vom 22. März 2007, die ab dem 1. April 2007 galt, nach der die Beigeladene zu 1) als Wohnbereichsleitung mit 40 Stunden pro Woche auf dem Wohnbereich 4 als freie Mitarbeiterin eingesetzt wurde. Es sollte ein Stundenzettel geführt, Mitte des Monats eine Rechnung über 2.500,00 EUR gestellt werden. Weitere Regelungen bezüglich einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubs enthält die Vereinbarung nicht. Auch der Stundensatz ist in dieser Arbeitsvereinbarung nicht geregelt.

Die Beigeladene zu 1) hat dazu erklärt, dass diese Arbeitsvereinbarung auf das Drängen ihres Ehemannes zustande gekommen sei. Die Klägerin selber habe nur die Bewerbung und die Zeugnisse für den MDK haben wollen. Ihr Mann habe jedoch auf etwas Schriftlichem bestanden. Nach ihrer Angabe habe sie nach wie vor sagen können, wenn sie an einem Tag nicht habe arbeiten können, sie sei dann auch nicht gekommen. Sie habe jedoch darauf geachtet, die vorgegebene Stundenzahl zu er¬reichen, wenn nicht in der einen Woche, dann jedoch in dem Monat. Zuviel geleistete Stunden seien im Nachhinein tatsächlich vergütet worden. Zu der ganzen Vereinba¬rung hinsichtlich der Wohnbereichsleitung sei es aufgrund der MDK-Prüfung ge-kommen, für die jemand Neues als Wohnbereichsleitung gebraucht worden sei. Auf¬grund ihrer Ausbildung sei sie dafür in Betracht gekommen. Die Klägerin habe ge¬wollt, dass die Beigeladene zu 1) sich bewerbe. An der eigentlichen Arbeit habe sich damit jedoch nichts geändert. Die Beigeladene zu 1) sei immer in ihrer eigenen Ar¬beitskleidung morgens um sechs Uhr in die Pflege gegangen. Die Dienstplanerstellung sei von der Pflegedienstleiterin, Frau E , gemacht worden. Die Beigeladene zu 1) habe den Dienstplan nur dann verändern dürfen, wenn es z. B. darum gegangen sei, fehlende Zeiten abzudecken. Sie habe nicht lediglich 40 Stunden in der Woche gearbeitet, sondern mehr.

Diese auch von der Klägerin bestätigten tatsächlichen Umstände der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) lassen nicht erkennen, dass diese sich in einer persönlichen Abhängigkeit zur Klägerin befand und in deren Betrieb eingegliedert war. Denn die Klä¬gerin konnte nicht über die Arbeitszeit der Beigeladenen zu 1) frei verfügen. Sie war vielmehr darauf angewiesen, dass die Beigeladene zu 1) Schichten auch tatsächlich übernahm. Die Klägerin konnte die Beigeladene zu 1) nicht nach ihrem Willen zu be¬stimmten Zeiten verlässlich einsetzen. Sie konnte sich nicht auf eine konstante Ar¬beitsleistung der Beigeladenen zu 1) verlassen. Dies zeigt sich auch daran, dass zum Beispiel im August 2007 die Zeit bis zum 15. August nicht gearbeitet wurde. Die Beigeladene zu 1) konnte insoweit nicht mehr sagen, ob dies wegen Urlaubs oder Krankheit der Fall war. Daran ändert auch nichts, dass in der Arbeitsvereinbarung vom 22. März 2007 40 Wochenstunden für die Wohnbereichsleitung vereinbart wur¬den. Eine tägliche Arbeitszeit wurde nicht vereinbart, die Klägerin konnte sich nicht darauf verlassen, dass die Beigeladene zu 1. an jedem Tag der Woche in ihrem Hause anwesend war. Darüber hinaus fehlen weitere Anhaltspunkte für die Annahme einer persönlichen Abhängigkeit in Gestalt einer Urlaubsregelung oder der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle. Dementsprechend hatten die Vertragsparteien auch formuliert, dass die Beigeladene zu 1) "als freie Mitarbeiterin" eingesetzt werden sollte.

Daneben ist die Beigeladene zu 1) als Freiberuflerin in der Altenpflege aufgetreten. Sie hat in dem streitigen Zeitraum zumindest für zwei weitere Pflegeheime als Altenpflegerin freiberuflich gearbeitet. Im Hause der Klägerin ist die Beigeladene zu 1) immer als Freiberuflerin aufgetreten. So hatte sie eigene Arbeitskleidung an und trug ein Namensschild, auf dem "Freiberuflicher" vermerkt war.

Demgegenüber treten die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, entgegen der Auffassung der Beklagten in den Hintergrund. Dazu gehören vor allem die Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung, die Erbringung der gleichen Arbeitsleistung wie diejenige von angestellten Pflegekräften, der fehlende Kapitaleinsatz sowie die Vorgabe von Art und Weise der durchzuführenden Pflegetätigkeiten. Für sich genommen sprechen diese Merkmale für eine abhängige Beschäftigung, treten jedoch in den Hintergrund, weil eine Eingliederung in Betrieb der Klägerin fehlt. Die Arbeitskraft der Beigeladenen zu 1) unterstand nicht der Verfügungsgewalt der Klägerin. Dass die Beigeladene zu 1) während der tatsächlichen Ausübung der Tä¬tigkeit hinsichtlich der Art und Weise des Arbeitens nicht völlig frei war, ergibt sich aus den Notwendigkeiten, die Pflegetätigkeiten mit sich bringen. Dass die Beigela¬dene zu 1) in den Dienstplänen der Klägerin geführt wurde, spricht für eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin nur insoweit, als die Klägerin mit einer tatsächlichen Arbeitsleistung durch die Beigeladene zu 1) erst dann rechnen konnte, als diese dem ihr vorgeschlagenen Dienst zugestimmt bzw. sie selbst ihre Arbeit zu bestimmten Zeiten angeboten hatte. Entscheidend ist jedoch, dass die Klägerin keine Verfü¬gungsgewalt über die Arbeitskraft der Beigeladenen zu 1) in dem Sinne hatte, dass sie - die Klägerin - die Beigeladene zu 1) auf der Grundlage etwa eines Arbeitsver¬trages nach den von ihr gesehenen Notwendigkeiten in bestimmten Schichten hätte einsetzen können, ohne dass es auf die Zustimmung der Beigeladenen zu 1) ange¬kommen wäre. Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung , ist deshalb gerade nicht zu bejahen.

Demnach ergibt sich aus der Gesamtschau, dass diejenigen Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung qualitativ verdrängen. Die Beigeladene zu 1) war kein verlässlicher Bestandteil des Arbeitsprozesses der Klägerin."

Gegen das ihr am 14. Juli 2015 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die am 3. August 2015 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie macht geltend, die vom Sozialgericht vorgenommene Gewichtung der festgestellten Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, sei mit den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätzen nicht vereinbar. So messe das BSG beispielsweise einer Gleichartigkeit der Leistungen bei angestellten und freien Kräften erheblichen Indizcharakter zu. Das gelte auch für das Fehlen eines rechtlich relevanten Unternehmerrisikos. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, wie die festgestellten Vorgaben zur Art und Weise der Tätigkeiten ohne eine Eingliederung in den (stationären) Betrieb realisierbar seien. Die Klägerin sei eine zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI), so dass für die Statusqualifikation von Mitarbeitern § 72 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XI beachtlich sei. In diesem Zusammenhang werde auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hamburg im Urteil vom 20. Juni 2012 – L 2 R 120/10 – verwiesen, das die betriebliche Eingliederung von Pflegekräften bejaht habe. Grundsätzlich seien Pflegepersonen hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes, der Arbeitsdauer und der Arbeitsausführung weisungsgebunden in ein Alten- oder Pflegeheim eingegliedert. Sie müssten sich an die dortigen Gepflogenheiten anpassen und den Weisungen der Haus- oder Pflegedienstleitung Folge leisten. Ihre Arbeitsleistung unterscheide sich nicht von der festangestellter Pflegepersonen. Sie würden sogar häufig mit diesen Hand in Hand zusammen arbeiten. Selbst bei Fachkräften stehe die Tätigkeit unter der Kontrolle des jeweiligen Alten- oder Pflegeheimes. Auch die Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsfrei für die Klägerin tätig gewesen. Sie habe als Pflegeperson ihre Tätigkeit nur unter Einhaltung der von der Klägerin vorgegebenen Leistungsstandards zu den vereinbarten und von der Klägerin in den Dienstplänen vorgegebenen Schichten – ausgerichtet am personellen Bedarf der Klägerin – verrichten können. Dies gelte insbesondere für die Zeit ab 1. April 2007, für die eine so genannte Arbeitsvereinbarung getroffen worden sei, nach der die Beigeladene zu 1) eine Tätigkeit als Wohnbereichsleitung für 40 Stunden die Woche gegen eine Pauschalvergütung von 2.500,00 EUR monatlich auszuüben gehabt habe. Diese Arbeitsvereinbarung regle eindeutig Art, Ort und zeitlichen Umfang der Tätigkeit und sei ein deutliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Da Pflegeverträge ausschließlich zwischen der Klägerin und den zu pflegenden Personen geschlossen worden seien, habe die Klägerin im Außenverhältnis für eventuelle Pflegemängel gehaftet. Deshalb habe sie die Verantwortung für das Qualitätsmanagement gehabt. Diese Aufgabe habe sie nur erfüllen können, wenn sie alle Arbeitsabläufe – etwa durch verbindliche Pflegepläne – verantwortlich steuere und die Umsetzung kontrolliere. Das setze denknotwendig Weisungen gegenüber dem Pflegepersonal und damit auch gegenüber der Beigeladenen zu 1) voraus. Es hätte auch hinsichtlich der Pflegedokumentation konkretisierender Weisungen seitens der Klägerin bedurft. Eine Pflegeeinrichtung habe ihrerseits genaue Vorgaben bei der Pflegedokumentation zu beachten, da sie aufgrund eines Versorgungsvertrages, den sie mit dem jeweiligen Kostenträger geschlossen habe, auch für die Pflegequalität verantwortlich sei. Sofern die Einrichtung keine Weisungen an die Pflegekräfte erteile, würde sie aufgrund eines strukturellen Defizits bei der Qualität die Kündigung des Versorgungsvertrages riskieren. Die Beigeladene zu 1) sei in die Betriebsorganisation der Klägerin insoweit eingegliedert gewesen, als ihre Tätigkeit in Teamarbeit mit dem fest angestellten Stammpersonal und unter Beachtung der fachlichen und organisatorischen Vorgaben der Klägerin zu erbringen gehabt habe. Demgegenüber sei unerheblich, ob sie die Möglichkeit gehabt habe, einzelne Aufträge abzulehnen, denn für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen sei auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrages abzustellen. Die Beigeladene zu 1) habe auch kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen. Sie habe insbesondere nicht ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 21. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es sei unzutreffend, dass die Beigeladene zu 1) in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Sie habe ihre Arbeitszeit frei wählen können. Selbst wenn sie einen Arbeitseinsatz übernommen habe, habe sie hinsichtlich der Arbeitsausführung keinen inhaltlichen Vorgaben unterlegen. Sie habe lediglich die Leistung in der Pflege nach dem fachlichen Standard ihres Berufes erbringen müssen. Das gelte auch für die Dokumentation. Die Behauptung der Beklagten, die Beigeladene zu 1) habe in Teamarbeit mit dem abhängig beschäftigten Stammpersonal arbeiten müssen, sei unzutreffend. Die Beigeladene zu 1) habe auch ein Unternehmerrisiko getragen. Sie habe ihre Dienstleistungen am Markt angeboten, habe Werbung betrieben, die Vergütung jeweils individuell ausgehandelt und das Risiko getragen, Folgeaufträge nicht akquirieren zu können. Die Haftungssituation, dass im Außenverhältnis bei eventuellen Behandlungsfehlern die Klägerin in Anspruch genommen worden wäre, sei bei Subunternehmern wie die Beigeladene zu 1) typisch. Sie – die Klägerin – hätte gegebenenfalls ein Rückgriffs- bzw. Freihalteanspruch gegen die Beigeladene zu 1) gehabt. Im Verhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) habe bei Vertragspflichtverletzungen die Beigeladene zu 1) Schäden zu tragen gehabt. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) habe sich wesentlich von der des Stammpersonals unterschieden. Sie habe im gesamten Bereich der Pflegeplanung und Dokumentation keine Leistungen erbringen müssen. Auch sonstige Tätigkeiten, die über die rein pflegerische Leistung gegenüber den Bewohnern hinausgegangen sei und ein Bezug zur Organisation der Klägerin gehabt hätten, habe die Beigeladene zu 1) nicht ausgeübt. Hierzu hätten z. B. Tätigkeiten in der Verwaltung, der Arbeitsorganisation, der Planung etc. gehört. Soweit die Beigeladene zu 1) auf die Vorschrift des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI verweise, sei einzuwenden, dass diese Norm keine Auswirkungen auf die Auslegung des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gehabt habe. Insbesondere ergebe sich aus dieser Norm nicht, dass in einem Alten- und Pflegeheim nur sozialversicherungspflichtig beschäftigte Personen eingesetzt werden dürften.

Die Beigeladene zu 1) hat sich auf Befragung durch den Senat dahingehend eingelassen, dass Grund für die Arbeitsvereinbarung vom 22. März 2007 gewesen sei, praktische Erfahrungen im Bereich der Pflegedienstleitung zu sammeln, nachdem sie gerade ihre Prüfung erfolgreich absolviert und den PDL-Schein erworben hatte. Vor diesem Hintergrund habe sie auch in Kauf genommen, dass ihre Tätigkeit mit einem geringeren Stundenlohn als zuvor vergütet worden sei. Im Übrigen habe die Arbeitsvereinbarung auch einer Reduzierung ihrer Arbeitsstunden gedient und ihr insoweit eine gewisse Sicherheit gegeben. Ihre Tätigkeit ab 1. April 2007 habe im Wesentlichen der Tätigkeit davor entsprochen. Allerdings habe die Dokumentation nicht unerheblich zugenommen.

Die übrigen Beigeladenen äußern sich zur Sache nicht. Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet, soweit das Sozialgericht der Klage hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. April bis 30. September 2007 stattgegeben hat, in dem die Beigeladene zu 1) auf der Grundlage der Arbeitsvereinbarung vom 22. März 2007 für die Klägerin tätig war. In diesem Zeitraum war die Beigeladene zu 1) entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Deshalb war das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 21. April 2015 entsprechend abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Letzteres ist zwar nicht ausdrücklich tenoriert worden, folgt jedoch zwangsläufig aus dem verkündeten Urteilstenor im Übrigen.

Demgegenüber schließt sich der Senat bezüglich der Zeit vom 23. Januar bis 31. März 2007 der Rechtsauffassung der Klägerin und ihr folgend des Sozialgerichts an, dass die Pflegetätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin als freiberufliche Tätigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag. Von den hier einschlägigen Normen ausgehend hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt, dass die Beigeladene zu 1) bis einschließlich März 2007 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist lediglich ergänzend auszuführen, dass der Senat sich bereits in mehreren Verfahren mit der Statusfeststellung von Pflegekräften befasst hat (vgl. Urteile vom 28. Oktober 2008 – L 5 KR 35/08 –, vom 24. März 2011 – L 5 KR 48/09 –, vom 28. Mai 2011 – L 5 KR 41/10 –, vom 5. September 2013 – L 5 KR 124/11 –). Er geht davon aus, dass es grundsätzlich möglich ist, als Pflegekraft in einer Pflegeeinrichtung beitragspflichtig oder selbstständig tätig zu werden. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Dabei hat der Senat die vom Sozialgericht zutreffend dargestellten Indizien, die für oder gegen eine selbsständige bzw. abhängige Beschäftigung sprechen, jeweils gegeneinander abgewogen, allerdings auch dem Umstand, ob die Pflegekraft für weitere Auftraggeber tätig war, ein besonderes Gewicht beigemessen. Denn bei Dienstleistungen der vorliegenden Art erlauben häufig weder das Merkmal der betrieblichen Eingliederung noch das Fehlen eines typischen Unternehmerrisikos eine überzeugende Abgrenzung im Rahmen der Statusfeststellung. Pflegekräfte sind in Fallkonstellationen der vorliegenden Art nach Zusage des Pflegeeinsatzes notwendigerweise in einem gewissen Ausmaß in den Arbeitsprozess bzw. Dienstzeitplan der Pflegeeinrichtung eingegliedert, weil nur so eine qualitätsgesicherte Pflege gewährleistet und Störungen im Ablauf der Versorgung vermieden werden können. Es sind Essenszeiten der Heimbewohner zu beachten, Dokumentationspflichten zu erfüllen und Pflegestandards zu berücksichtigen. Nach Schichtende hat eine Übergabe zu erfolgen, die gewährleistet, dass besondere Vorkommnisse kommuniziert werden. Im Notfall muss auf die Mithilfe von anderen Pflegekräften zurückgegriffen werden. Eine Pflegekraft arbeitet in einer Einrichtung nicht völlig isoliert und unabhängig von betrieblichen Organisationsstrukturen.

Auch die Beigeladene zu 1) hatte im Zeitraum vom 23. Januar bis 31. März 2007, in dem noch keine schriftliche Arbeitsvereinbarung Basis der Tätigkeit war, den ihr übertragenen Aufgabenbereich nach jeder einzelnen Auftragsannahme im Rahmen der von der Klägerin vorgegebenen betrieblichen Organisation zu erfüllen. Allerdings ist es häufig so, dass Dienstleistungen für Auftraggeber auch im Verhältnis einer freien Mitarbeit sich Zwängen der vom Auftraggeber vorgegebenen betrieblichen Ordnung unterwerfen müssen, ohne dass dies die Tätigkeit zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung macht. Deshalb stellt bei Dienstleistungen, die sich naturgemäß an die Struktur des Betriebes anpassen müssen, in dem sie verrichtet werden, die Eingliederung in die betriebliche Ordnung nur dann ein wesentliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar, wenn sich die Eingebundenheit durch weitere Umstände manifestiert, wie z.B. eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers bei der jeweiligen Durchführung der Pflegeleistung, Nebenpflichten in Form der Teilnahme an Dienstbesprechungen und Qualitätszirkeln oder Anweisungen hinsichtlich der Dokumentation oder der Übergabe bei Schichtwechsel.

Auch das Unternehmerrisiko stellt bei freiberuflichen Dienstleistungen, die ohne nennenswerte betriebliche Investitionen ausgeübt werden können, nicht das sonst so wesentliche Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar. Grundsätzlich ist ein Unternehmerrisiko nicht bereits darin zu sehen, dass Folgeaufträge nach Abschluss einer Tätigkeit ausbleiben können. einem solchen Risiko ist auch der Arbeitnehmer nach Beendigung einer Beschäftigung ausgesetzt. Unternehmerrisiko bedeutet vielmehr, dass der Auftragnehmer sich der Gefahr aussetzt, nicht nur keine Einnahmen zu erzielen, sondern mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn eingesetztes Kapital nicht durch eine entsprechende Einnahme kompensiert wird. Im Bereich der Pflege ist dies von untergeordneter Bedeutung, weil pflegerische Tätigkeiten keinen oder jedenfalls einen nur geringen Kapitaleinsatz erfordern. Sie werden durch die persönliche Dienstleistung geprägt. Ein Unternehmerrisiko kann darüber hinaus auch darin liegen, dass durch vertragliche Bestimmungen ein erhöhtes Kostenrisiko entsteht. Das war bei der Beigeladenen zu 1) jedoch im gesamten streitbefangenen Zeitraum nicht der Fall.

Deshalb stellt der Senat in Fällen der vorliegenden Art zur Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung wesentlich darauf ab, ob die Pflegekräfte neben der streitgegenständlichen Tätigkeit auch für andere Auftraggeber in nicht geringem Umfang tätig waren. An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin fest. Denn dieses Indiz hatte der Gesetzgeber für die Zeit von 1999 bis 2003 in § 7 Abs. 4 Nr. 2 SGB IV ausdrücklich aufgenommen. Es ist auch ein maßgebliches Indiz dafür, ob die Pflegekraft wirtschaftlich allein von Arbeitsangeboten eines Auftraggebers abhängig ist. Denn dann ist sie, wenn die übrigen Indizien, die in die Gesamtabwägung einzustellen sind, keine zuverlässige Abgrenzung erlauben, eher einem Arbeitnehmer in unständiger Beschäftigung vergleichbar, als einem selbstständig Tätigen. Das trifft auf die Beigeladene zu 1) für die Zeit vor 1. April 2007 allerdings nicht zu. Sie war bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausschließlich für die Klägerin tätig, sondern arbeitete auch für andere Pflegeheime zu ähnlichen Konditionen, die im Verhältnis zur Klägerin galten. So hatte sie mit dem Alten- und Pflegeheim Sc eine Arbeitsvereinbarung getroffen, nach der ein Stundenlohn von 20,00 EUR gezahlt werden sollte. Diesen Betrag hat die Beigeladene zu 1) auch mit Rechnung vom 3. Februar 2007 für insgesamt 18 Stunden Pflegetätigkeit am 1. und 2. Februar 2007 jeweils liquidiert.

Auch die Höhe der Vergütung ist nach der Pressemitteilung 14/2017 des 12. Senats des BSG hinsichtlich seiner Rechtsprechung im Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R – als gewichtiges Indiz bei Statusfeststellungen vergleichbarer Art zu berücksichtigen. Danach ist maßgeblich darauf abzustellen, ob das Honorar deutlich über der üblichen Vergütung eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers liegt und dadurch angemessene Eigenvorsorge zulässt. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an, denn sie ermöglicht neben dem Kriterium, ob eine Tätigkeit für weitere Auftraggeber ausgeübt wurde, ebenfalls eine zuverlässige und damit rechtssichere Abgrenzung. Außerdem trägt die Berücksichtigung der Höhe der Vergütung der sich wandelnden Arbeitswelt Rechnung, in der einerseits die Tendenz der Unternehmen besteht, immer mehr Arbeitsbereiche an vermeintlich freiberufliche Mitarbeiter zu vergeben und nur unter dieser Voraussetzung Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass in bestimmten Branchen, wie zum Beispiel auch der Pflege offensichtlich ein Arbeitskräftemangel vorherrscht, der es erfordert, den Wunsch der Pflegekraft nach einer freiberuflichen Tätigkeit zu akzeptieren, um ausreichend qualifiziertes Personal im Betrieb einsetzen zu können.

Im Fall der Beigeladenen zu 1) lag die Vergütung in der Zeit bis zum 1. April 2007 bei einem Stundenlohn von 22,00 EUR deutlich über der Vergütung einer vergleichbaren sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pflegefachkraft und ließ durchaus eine angemessene Eigenvorsorge für die Wechselfälle des Lebens zu. Deshalb stellt die Höhe der Vergütung hier ebenfalls ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar. Das änderte sich allerdings in der Folgezeit, als die zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin getroffene Arbeitsvereinbarung vom 22. März 2007 galt. Danach war die Beigeladene zu 1) verpflichtet, wöchentlich 40 Stunden zu arbeiten und erhielt hierfür eine deutlich geringere Pauschalvergütung von 2.500,00 EUR monatlich. Sie arbeitete auch nicht mehr für andere Pflegeeinrichtungen, weil sie ihre Arbeitszeit aus familiären Gründen einschränken wollte. Diese Umstände führen nach Ansicht des Senats dazu, dass die Beigeladene zu 1) rechtlich als Arbeitnehmerin zu qualifizieren ist. Wirtschaftlich war sie jetzt allein von der Klägerin abhängig. Ihre Vergütung entsprach der einer sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pflegekraft. Die Beigeladene zu 1) hat trotz vertraglich vereinbarter qualifizierterer Tätigkeit bewusst eine geringere Vergütung in Kauf genommen, um – wie sie in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen hat – mehr praktische Erfahrungen in der Pflegedienstleistung sammeln und weiter lernen zu können. Dass sich die Erwartungen der Beigeladenen zu 1) insoweit nicht erfüllten und sie im Wesentlichen die Tätigkeiten zu verrichten hatte, die auch bereits zuvor zu ihrem Aufgabenbereich gehört, ist für die Beurteilung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status irrelevant. Denn im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung fällt allein ins Gewicht, dass jetzt die Gesichtspunkte, die zuvor maßgeblich für die Einstufung als freie Mitarbeiterin waren, entfielen und das Gesamtbild der von der Beigeladenen zu 1) verrichteten Tätigkeit mit einer selbständigen Tätigkeit nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Das hat das Sozialgericht nicht hinreichend gewürdigt.

Vor diesem Hintergrund kann der Senat dahingestellt lassen, ob die schriftliche Vereinbarung eines Einsatzes als Wohnbereichsleistung auch deshalb erfolgte, weil die Klägerin wegen des zu erfüllenden Personalschlüssels und einer bevorstehenden MDK-Prüfung den Nachweis der Beschäftigung einer weiteren qualifizierten Fachkraft benötigte. Denn auf den tatsächlichen Einsatz in einer Leitungsfunktion kommt es bei der Beurteilung ihres sozialversicherungspflichtigen Status nicht streitentscheidend an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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