Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 27 KR 37/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 74/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Pflegekräfte können ihre Tätigkeit in Pflegeheimen grundsätzlich in abhängiger Beschäftigung oder als Selbstständige erbringen.
Die für die Abgrenzung allgemein anerkannten Indizien der betrieblichen Eingliederung und des Unternehmerrisikos haben im Bereich der Pflege nur eine begrenzte Aussagekraft, weil eine gewisse betriebliche Eingliederung für den reibungslosen Ablauf der Pflege unvermeidbar ist und nennenswerte betriebliche Investitionen für die Ausübung der Tätigkeit nicht erforderlich sind.
Besonderes Gewicht für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit hat vor diesem Hintergrund, ob die Pflegekraft für mehrere Auftraggeber tätig ist und ob die Vergütung deutlich über dem Bruttolohn für eine entsprechende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt.
Die für die Abgrenzung allgemein anerkannten Indizien der betrieblichen Eingliederung und des Unternehmerrisikos haben im Bereich der Pflege nur eine begrenzte Aussagekraft, weil eine gewisse betriebliche Eingliederung für den reibungslosen Ablauf der Pflege unvermeidbar ist und nennenswerte betriebliche Investitionen für die Ausübung der Tätigkeit nicht erforderlich sind.
Besonderes Gewicht für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit hat vor diesem Hintergrund, ob die Pflegekraft für mehrere Auftraggeber tätig ist und ob die Vergütung deutlich über dem Bruttolohn für eine entsprechende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 21. April 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.208,41 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 17. Juli 2007 bis 26. März 2008 als ungelernte Pflegekraft bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und die Beklagte zu Recht Beiträge in Höhe von 9.208,41 EUR nachfordert.
Die Beklagte führte bei der Seniorenresidenz L E GmbH, die mittlerweile unter Wohnpark Z Verwaltungs GmbH firmiert, im Zeitraum vom 24. August 2009 bis 29. Januar 2010 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch. Nach vorheriger Anhörung stellte sie mit Bescheid vom 1. Februar 2010 (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2010) fest, dass diverse Pflegefach- und -hilfskräfte, die bei der Klägerin als freie Mitarbeiter geführt worden waren, als Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlägen. Die Beklagte forderte insgesamt Beiträge in Höhe von 158.292,40 EUR nach, wovon auf die Beigeladene zu 1) 9.208,41 EUR entfielen.
Die Klägerin hat am 3. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Schwerin erhoben und geltend gemacht, die rechtliche Bewertung der Beklagten sei fehlerhaft. Die betroffenen Pflegekräfte seien in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit frei gewesen. Vor Aufstellung des Dienstplanes sei angefragt worden, ob Bereitschaft bestünde, an einem bestimmten Tag tätig zu sein. Erst wenn eine Einigung über den Einsatz am betreffenden Tag erzielt worden sei, sei die jeweilige Person in den Dienstplan eingeplant worden. Es sei immer wieder vorgekommen, dass die Pflegekraft keine Zeit gehabt und deswegen eine Arbeitsübernahme abgelehnt habe. Negative Auswirkungen hätten sich dadurch nicht ergeben. In diesem Fall habe die Geschäftsleitung bei einem anderen freiberuflich Tätigen nach dessen Interesse nachgefragt. Es habe darüber hinaus auch die Möglichkeit bestanden, einmal vereinbarte Termine wieder aufzuheben, wenn den freiberuflichen Pflegekräften etwas anderes dazwischengekommen sei. Die Aufnahme in den Dienstplan sei aus heimordnungsrechtlichen Gründen notwendig gewesen. Damit habe der Heimaufsicht nachgewiesen werden können, dass eine ausreichende Anzahl von Pflegekräften in der Einrichtung vorhanden gewesen sei. Insoweit sei rechtlich allerdings unerheblich, ob die Pflegekräfte auf selbstständiger Basis oder in einem Arbeitsverhältnis eingesetzt würden. Entscheidend sei allein die Qualifikation. Der Dienstplan habe mithin im Hinblick auf die freiberuflich tätigen Pflegekräfte nicht der Festlegung der Lage der Arbeitszeit gedient, sondern dem Nachweis der ordnungsgemäßen Erfüllung der Fachpersonalquote der Einrichtung. Auch hinsichtlich der Art und Weise der Pflegeleistungen seien die betroffenen Mitarbeiter nicht von Vorgaben abhängig gewesen. Ihnen seien lediglich bestimmte Bewohner zur Pflege zugeordnet worden. Sie hätten dann die Pflegeleistungen der Grund- und Behandlungspflege nach den üblichen fachlichen Standards erbringen müssen. Die Modalitäten der Erbringung der Leistung hätten sich aus den beruflichen Vorgaben ergeben. Insoweit unterscheide sich ein selbstständiger examinierter Krankenpfleger nicht von einem sonst selbstständig Tätigen, der die Standards seines Berufes zu beachten habe wie z. B. ein Elektromeister, der die einschlägigen DIN-Normen und technischen Vorschriften zu beachten habe. Konkrete Anweisungen zur Durchführung der übertragenen Aufgaben seien nicht erteilt worden. Mit den Pflegekräften sei die Vergütung nach entsprechenden Verhandlungen vereinbart worden. Die vereinbarten Honorare hätten deutlich über den üblichen Arbeitsentgelten für abhängig beschäftigte Pflegekräfte gelegen. Die Pflegekräfte hätten keinem Direktionsrecht eines Arbeitgebers unterlegen. Sie seien auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie hätten ihre eigene Dienstkleidung getragen. Diese habe sich von der bei der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmern unterschieden. Durch Namensschilder und entsprechende Bezeichnungen als selbstständige Pflegekräfte sei nach außen hin kenntlich gemacht worden, dass es sich nicht um Beschäftigte der Klägerin gehandelt habe. Sie seien auch nicht – wie es für Arbeitnehmer in diesem Bereich üblich sei – in der so genannten Bezugspflege, also unter Zuordnung zu bestimmten Bewohnern tätig geworden. Eine Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern der Klägerin sei vermieden worden. Den freiberuflich tätigen Personen seien jeweils einzelne Bereiche zur Pflege übertragen worden. Die pflegerischen Leistungen hätten sie dort allein wahrgenommen. Die vom angefochtenen Bescheid betroffenen Personen seien werbend am Markt aufgetreten und hätten gezielt andere Auftraggeber akquiriert. Sie seien auch bei diversen anderen Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen tätig geworden und hätten ein Unternehmerrisiko getragen. Es seien eigene Betriebsmittel angeschafft worden, wie z. B. die Dienstkleidung, Werbemittel etc ... Es habe für sie das Risiko bestanden, Aufträge akquirieren zu können, bei denen möglichst hohe Erlöse gewährleistet gewesen seien. Der Umstand, dass sie Stundenzettel erstellt hätten, nach denen abgerechnet worden sei, stünde einem Unternehmerrisiko nicht entgegen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 insoweit aufzuheben, als für die Beigeladene zu 1) das Vorliegen einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 17. Juli 2007 bis 26. März 2008 festgestellt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 9.208,41 EUR nachgefordert werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie hat vorgebracht, im vorliegenden Rechtsstreit sei vorrangig zu klären, ob die als freie Mitarbeiter geführten Pflegekräfte in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen seien, wie sich die Tätigkeit von den abhängig beschäftigten Pflegekräften unterschieden und ob ein tatsächliches Unternehmerrisiko bestanden habe. Das Vorbringen der Klägerin spreche aus ihrer Sicht nicht für ein Unternehmerrisiko, da lediglich die eigene Arbeitskraft verwertet worden sei. Das Risiko, die eigene Arbeitskraft zu verwerten, treffe auch Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen und Teilzeitbeschäftigungen. Zudem spreche nichts dafür, dass die Pflegekräfte tatsächlich ein Risiko zu tragen gehabt hätten, für die zu erbringenden Leistungen keine Vergütung zu erhalten, eine Schlechtleistung auf eigene Kosten nachbessern zu müssen oder für ihre Tätigkeit einem Haftungsrisiko ausgesetzt zu sein, welches sich von dem Risiko eines Arbeitnehmers für Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit unterschieden habe. Die Eintragung in Dienstpläne der Klägerin sei ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung.
Das Sozialgericht Schwerin hat sich mit Beschluss vom 22. Februar 2011 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Itzehoe verwiesen.
Das Sozialgericht Itzehoe hat mit Beschluss vom 12. Februar 2015 die Verfahren hinsichtlich der betroffenen Pflegekräfte getrennt und die Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung am 21. April 2015 gehört. Diese hat sich wie folgt eingelassen: Sie habe den Beruf der Altenpflegerin nicht erlernt. Sie sei 20 Jahre als Altenpflegehelferin in der Seniorenpflege am H tätig gewesen. Das Heim sei von ihren Exschwiegereltern betrieben worden. Im Juni 2007 sei die Trennung von ihrem damaligen Ehemann erfolgt. Daraufhin sei sie als freie Mitarbeiterin tätig geworden, und zwar nur bei der Klägerin. Sie habe erst einmal ihr Leben wieder auf die Reihe kriegen müssen. Sie sei froh gewesen, dass sie Arbeit gehabt habe. Ihr sei das aber zu viel geworden. Sie habe deshalb im März 2008 ganz aufgehört mit der freiberuflichen Tätigkeit. Danach sei sie ein Jahr lang krank gewesen und habe dann als Festangestellte im DRK-Heim Eb in E angefangen. Mit der Klägerin habe sie keine schriftliche Arbeitsvereinbarung getroffen. Sie sei einfach zu der Klägerin hingegangen und habe nach Arbeit gefragt. Dort sei ihr gesagt worden, sie könne morgen anfangen. Sie brauche auch gar keine Unterlagen vorzulegen. Ihr seien 13,00 EUR pro Stunde von der Pflegedienstleiterin Frau Ea angeboten worden. Für sie sei das viel Geld gewesen. Sie habe das angenommen und sei froh gewesen, dass sie habe arbeiten können und auch abgelenkt gewesen sei von der Trennung. Die Pflegedienstleiterin habe sie gefragt, ob sie bestimmte Schichten übernehmen könne. Sie habe dann entweder "ja" oder "nein" gesagt. Sie habe zunächst sehr viel gearbeitet. Im Januar seien es dann weniger Stunden gewesen. Sie habe auch gemerkt, dass sie nicht mehr konnte. Wenn sie mal zehn oder zwölf Tage Doppelschicht gefahren und gesagt habe, dass sie nicht mehr könne und eine freien Tag benötige, sei das zwar gegangen. Begeistert sei Frau Ea allerdings nicht gewesen. Sie habe sich von der Pflegedienstleiterin auch ein bisschen unter Druck gesetzt gefühlt. Diese habe ja auch ihren Exmann gekannt. Wenn sie mal gesagt habe: "Nein Frau Ea , ich kann heute nicht mehr!", dann habe sie gesagt: "Wollen Sie Geld verdienen, Sie brauchen sonst nicht wiederkommen!". Das sei auch ein Streitpunkt zwischen ihr und der Pflegedienstleiterin im März 2008 gewesen, weshalb sie – die Beigeladene zu 1) – gesagt habe, dass sie nicht mehr könne und nicht mehr komme. Sie habe Grundpflegetätigkeiten verrichtet wie Waschen, Anziehen, Essen reichen, Toilettengänge etc., das, was die Festangestellten auch gemacht hätten. Wenn es sich um bettlägerige oder schwere Patienten gehandelt habe, habe sie diese zusammen mit einer anderen Pflegekraft, ob nun festangestellt oder freiberuflich, versorgt. Arbeitskleidung sei von ihr nicht gestellt worden. Man hätte auch in Privatkleidung tätig sein können. Sie habe ein Namensschild bekommen. Darauf habe ihr Name und die Bezeichnung Pflegehelferin gestanden. Sie könne nicht erinnern, dass Freiberuflerin oder ähnliches auf den Schild gestanden habe. Sie glaube es nicht, aber die Festangestellten hätten gleich gewusst, dass sie zu den Freiberuflern gehört habe. Wenn sie gefragt worden sei, ob sie eine neue Kollegin sei, habe sie gleich gesagt, dass sie nur freiberuflich tätig sei. Als sie angefangen habe, habe Frau Ea zu ihr gesagt, dass sie nur auf freiberuflicher Basis arbeiten könne.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21. April 2015 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) würden die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprächen, überwiegen. Die Beigeladene zu 1) habe sich nicht in einer persönlichen Abhängigkeit zur Klägerin befunden und sei nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen. Die Klägerin habe über ihre Arbeitszeit nicht frei verfügen können, sondern sei darauf angewiesen gewesen, dass die Beigeladene zu 1) die ihr angebotenen Dienste im Falle der zeitlichen Verfügbarkeit auch angenommen habe. Die Klägerin habe die Beigeladene zu 1) nicht nach ihrem Willen in einer bestimmten Abteilung zu verschiedenen Schichten einsetzen und sich nicht auf eine konstante Arbeitsleistung der Beigeladenen zu 1) verlassen können. Gerade dies sei aber typisch für eine persönliche Abhängigkeit bei Arbeitnehmern. Demgegenüber träten die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, in den Hintergrund. Dazu gehörten vor allem die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, die Erbringung der gleichen Arbeitsleistung wie diejenige von angestellten Pflegekräften, der fehlende Kapitaleinsatz sowie die Vorgaben von Art und Weise der durchzuführenden Pflegetätigkeiten. Für sich genommen sprächen diese Merkmale für eine abhängige Beschäftigung. Sie träten jedoch in den Hintergrund, weil eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin fehle. Dass die Beigeladene zu 1) während der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit hinsichtlich der Art und Weise des Arbeitens nicht völlig frei gewesen sei, ergebe sich aus den Notwendigkeiten, die Pflegetätigkeiten mit sich brächten. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum nicht für andere Auftraggeber tätig gewesen sei, spreche nicht für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Entscheidend sei vielmehr, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin weder eine Weisungsgebundenheit noch eine Eingliederung in den Betrieb erkennen lasse.
Gegen das ihr am 14. Juli 2015 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die am 3. August 2015 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie macht geltend, die vom Sozialgericht vorgenommene Gewichtung der festgestellten Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, sei mit den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätzen nicht vereinbar. Das BSG messe beispielsweise der Gleichartigkeit der Leistungen von angestellten und freien Kräften erheblichen Indizcharakter zu. Das gelte auch für das Fehlen eines rechtlich relevanten Unternehmerrisikos. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, wie die festgestellten Vorgaben zu Art und Weise der Tätigkeiten ohne Eingliederung in den (stationären) Betrieb realisierbar seien. Die Klägerin sei eine zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), so dass für die Statusqualifikation von Mitarbeitern § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI beachtlich sei. Sie stütze sich auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hamburg im Urteil vom 20. Juni 2012 – L 2 R 120/10 –, mit der die betriebliche Eingliederung von Pflegekräften bejaht worden sei. Grundsätzlich seien Pflegepersonen hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes, der Arbeitsdauer und der Arbeitsausführung weisungsgebunden in ein Alten- oder Pflegeheim eingegliedert. Sie müssten sich an die dortigen Gepflogenheiten anpassen und den Weisungen der Haus- oder Pflegedienstleitung Folge leisten. Ihre Arbeitsleistung unterscheide sich nicht von der festangestellter Pflegepersonen. Sie würden häufig sogar mit diesen Hand in Hand zusammenarbeiten. Selbst bei Fachkräften stehe die Tätigkeit unter der Kontrolle des jeweiligen Alten- oder Pflegeheimes. Auch die Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsfrei für die Klägerin tätig gewesen. Sie habe als Pflegeperson ihre Tätigkeit nur unter Einhaltung der von der Klägerin vorgegebenen Leistungsstandards zu den vereinbarten und von der Klägerin in den Dienstplänen vorgegebenen Schichten – ausgerich¬tet am personellen Bedarf der Klägerin – verrichten können. Da Pflegeverträge ausschließlich zwischen der Klägerin und den zu pflegenden Personen geschlossen worden seien, habe die Klägerin im Außenverhältnis für eventuelle Pflegemängel gehaftet. Deshalb habe sie die Verantwortung für das Qualitätsmanagement gehabt. Diese Aufgabe habe die Klägerin nur erfüllen können, wenn sie alle Arbeitsabläufe etwa durch verbindliche Pflegepläne – verantwortlich steuere und die Umsetzung kontrolliere. Das setze denknotwendig Weisungen gegenüber dem Pflegepersonal und damit auch gegenüber der Beigeladenen zu 1) voraus. Es hätte hinsichtlich der Pflegedokumentation konkretisierende Weisungen seitens der Klägerin bedurft. Eine Pflegeeinrichtung habe ihrerseits genaue Vorgaben bei der Pflegedokumentation zu beachten, da sie aufgrund eines geschlossenen Versorgungsvertrages (§§ 72, 112 SGB XI) gegenüber dem jeweiligen Kostenträger auch für die Pflegequalität verantwortlich sei. Sofern die Einrichtung keine Weisungen an die Pflegekräfte erteilen sollte, würde sie aufgrund eines strukturellen Defizits bei der Qualität die Kündigung des Versorgungsvertrages riskieren. Die Beigeladene zu 1) sei in die Betriebsorganisation der Klägerin insoweit eingegliedert gewesen, als sie ihre Tätigkeit in Teamarbeit mit dem abhängig beschäftigten Stammpersonal und unter Beachtung der fachlichen und organisatorischen Vorgaben der Klägerin zu erbringen gehabt habe. Erbringe eine Person keine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung, sondern sei Mitglied eines Teams, welches eine Gesamtleitung erbringe, bedinge dieser Umstand notwendig die Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation und damit eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers, der dann die Funktion habe, die Leistungen der einzelnen Teammitglieder zu steuern. Demgegenüber sei unerheblich, ob die Beigeladene zu 1) die Möglichkeit gehabt habe, einzelne Aufträge abzulehnen, denn für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen sei auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrages abzustellen. Die Beigeladene zu 1) habe auch kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen, denn sie habe insbesondere nicht ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Itzehoe vom 21. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) hat ihr Vorbringen anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht nochmals bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass sie neben der Tätigkeit bei der Klägerin keine weiteren Auftraggeber gehabt habe. Dafür habe sie aufgrund des Umfanges der Tätigkeit bei der Klägerin keine Zeit gehabt.
Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht. Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. Februar 2010 zu Recht das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im Zeitraum vom 23. Januar 2007 bis 30. September 2007 festgestellt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 9.208,41 EUR nachgefordert.
Die rechtlichen Grundsätze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung stellt das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zwar zutreffend dar, die Gewichtung der Indizien, die hier für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als ungelernte Altenpflegehelferin im streitbefangenen Zeitraum sprechen sollen, vermag der Senat jedoch nicht zu teilen.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist die Beschäftigung als Grundlage der Beitragspflicht die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für die Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beschäftigter ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Weisungsrecht kann zwar erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Die Beschäftigung setzt eine fremdbezogene Tätigkeit voraus, die Dienstleistung muss also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Dies hat vor allem bei der Verrichtung von Diensten höherer Art Bedeutung und bei solchen Tätigkeiten, die weitgehend eigenverantwortlich ausgeübt werden. Hier wandelt sich die Weisungsunterworfenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit um in eine so genannte funktionsgerecht dienende Teilnahme am fremd vorgegebenen Arbeitsprozess. Die Arbeitnehmereigenschaft der Pflegekräfte bestimmt sich also danach, ob sie in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert waren. Um diese Feststellung zu treffen, bedarf es einer Interpretation unter Berücksichtigung der gesamten individuellen Umstände. Nur wenn ein Weisungsrecht in diesem Sinne nicht vorhanden ist, die Pflegekraft ihre Tätigkeit im Rahmen einer selbst vorgegebenen Arbeitsorganisation verrichten kann oder wenn sie sich nur in die von ihr selbst vorgegebene Ordnung des Betriebes einfügt, liegt keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, die regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist.
Die Abgrenzung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorgelegen hat, ist ausgehend von der Rechtslage vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses bestanden hat. Maßgeblich sind die Vertragsvereinbarungen oder, wenn solche nicht getroffen worden sind, der weitere rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Arbeiten verrichtet worden sind. Eine im Widerspruch hierzu stehende tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses gehen der insoweit nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Andererseits ist es unerheblich, wenn eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgelebt worden ist, solange sich nicht wirksam abbedungen ist. Entscheidend ist hierbei auf die jeweilige Rechtsmacht der am Arbeitsprozess Beteiligten abzustellen.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Senat bereits mehrere Entscheidungen (vgl. Urteil vom 26. Mai 2011 – L 5 KR 41/10 –; 24. März 2011 – L 5 KR 48/09 –; 29. Okto¬ber 2008 – L 5 KR 35/08 –; 5. September 2013 – L 5 KR 124/11 –) darüber getroffen, ob Pflegekräfte in Pflegeeinrichtungen beitragspflichtig oder selbstständig tätig waren. Beides ist grundsätzlich möglich und hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Dabei hat der Senat die dargestellten Indizien, die für oder gegen eine selbstständige bzw. abhängige Beschäftigung sprechen, jeweils gegeneinander abgewogen, allerdings auch dem Umstand, ob die Pflegekraft für weitere Auftraggeber tätig war, ein besonderes Gewicht beigemessen. Denn bei Dienstleistungen der vorliegenden Art erlauben häufig weder das Merkmal der betrieblichen Eingliederung noch das Fehlen eines typischen Unternehmerrisikos eine überzeugende Abgrenzung im Rahmen der Statusfeststellung. Pflegekräfte sind in Fallkonstellationen der vorliegenden Art nach Zusage des Pflegeeinsatzes notwendigerweise in einem gewissen Ausmaß in den Arbeitsprozess bzw. Dienstzeitplan der Pflegeeinrichtung eingegliedert, weil nur so eine qualitätsgesicherte Pflege gewährleistet und Störungen im Ablauf der Versorgung vermieden werden können. Das traf auch im Fall der Beigeladenen zu 1) zu. Zwar gab es keine schriftliche Arbeitsvereinbarung mit der Klägerin. Nach jeder einzelnen Auftragsannahme hatte sie jedoch im Rahmen der von der Klägerin vorgegebenen betrieblichen Organisation die ihr als ungelernte Pflegekraft übertragenen Aufgabenbereiche zu erledigen. Dabei hatte sie beispielsweise Essenszeiten der Heimbewohner zu berücksichtigen, denn andernfalls wäre eine sinnvolle Auftragserledigung im Hinblick auf die Hilfestellung bei der Nahrungsaufnahme überhaupt nicht möglich gewesen. Allerdings ist es häufig so, dass Dienstleistungen für Auftraggeber auch im Verhältnis einer freien Mitarbeit sich Zwängen der vom Auftraggeber vorgegebenen betrieblichen Ordnung unterwerfen müssen, ohne dass dies die Tätigkeit zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung macht. Deshalb stellt bei Dienstleistungen, die sich naturgemäß an die Struktur des Betriebes anpassen müssen, in dem sie verrichtet werden, die Eingliederung in die betriebliche Organisation nur dann ein wesentliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar, wenn sich die Eingebundenheit durch weitere Umstände manifestiert, wie z. B. eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers bei der jeweiligen Durchführung der Pflegeleistung, Nebenpflichten in Form der Teilnahme an Dienstbesprechungen und Qualitätszirkeln oder Anweisungen hinsichtlich der Dokumentation oder der Übergabe bei Schichtwechsel.
Auch das Unternehmerrisiko stellt bei freiberuflichen Dienstleistungen, die ohne nennenswerte betriebliche Investitionen ausgeübt werden können, nicht das sonst so wesentliche Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar. Grundsätzlich ist ein Unternehmerrisiko nicht bereits darin zu sehen, dass Folgeaufträge nach Abschluss einer Tätigkeit ausbleiben können. Einem solchen Risiko ist auch der Arbeitnehmer nach Beendigung einer Beschäftigung ausgesetzt. Unternehmerrisiko bedeutet vielmehr, dass der Auftragnehmer sich der Gefahr aussetzt, nicht nur keine Einnahmen zu erzielen, sondern mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn eingesetztes Kapital nicht durch eine entsprechende Einnahme kompensiert wird. Im Bereich der Pflege ist dies von untergeordneter Bedeutung, weil pflegerische Tätigkeiten keinen oder jedenfalls einen nur sehr geringen Kapitaleinsatz erfordern. Sie werden durch die persönliche Dienstleistung geprägt. Ein Unternehmerrisiko kann darüber hinaus auch darin liegen, dass durch vertragliche Bestimmungen ein erhöhtes Kostenrisiko entsteht. Das war bei der Beigeladenen zu 1) jedoch nicht der Fall.
Deshalb stellt der Senat in Fällen der vorliegenden Art zur Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung wesentlich darauf ab, ob die Pflegekräfte neben der streitgegenständlichen Tätigkeit auch für andere Auftraggeber in nicht geringem Umfang tätig waren. An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin fest. Denn dieses Indiz hatte der Gesetzgeber für die Zeit von 1999 bis 2003 in § 7 Abs. 4 Nr. 2 SGB IV ausdrücklich aufgenommen. Es ist auch ein maßgebliches Indiz dafür, ob die Pflegekraft wirtschaftlich allein von Arbeitsangeboten eines Auftraggebers abhängig ist. Denn dann ist sie, wenn die übrigen Indizien, die in die Gesamtabwägung einzustellen sind, keine zuverlässige Abgrenzung erlauben, eher einem Arbeitnehmer in unständiger Beschäftigung vergleichbar, als einem selbstständig Tätigen. Das trifft auf die Beigeladene zu 1) zu.
Die Beigeladene zu 1) war im streitbefangenen Zeitraum ausschließlich für die Klägerin tätig. Sie hatte eine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung und noch nicht einmal die Wahl, die Umstände ihrer beruflichen Tätigkeit selbst zu bestimmen. Sie befand sich im Juli 2007 in einer Situation, in der sie nach der Trennung von ihrem damaligen Ehemann froh war, überhaupt wieder Arbeit zu haben, nachdem sie ihre frühere langjährige Beschäftigung als Altenpflegehelferin in einem Seniorenheim, dass von ihren Schwiegereltern betrieben worden war, aufgegeben hatte. Sie hat glaubhaft vorgebracht, die Pflegedienstleiterin Frau Ea habe ihr von vornherein zu verstehen gegeben, dass sie nur auf freiberuflicher Basis tätig sein könne. Anlass für Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussage bestehen beim Senat nicht. Sie ist von der Klägerin nicht bestritten worden. Die Klägerin verkennt bei der der Verfolgung ihres Klagebegehrens die individuellen und erheblich voneinander abweichenden Fallgestaltungen der vom angefochtenen Bescheid betroffenen Pflegekräfte. So musste die Beigeladene zu 1) selbst die Höhe der von der Klägerin angebotenen Vergütung akzeptieren, wenn sie bei ihr tätig werden wollte, obwohl ihr diese bei Zugrundelegung einer 40-Stunden-Wochen nicht die Möglichkeit bot, die ihr als vermeintlich freier Mitarbeiterin aufgebürdeten Vorsorgeaufwendungen zu finanzieren und daneben gleichzeitig ihre Existenz zu sichern. Die Klägerin hat der Beigeladenen zu 1) lediglich eine Vergütung von 13,00 EUR pro Stunde angeboten. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass ab Januar 2008 offenbar eine Vergütung von 15,00 EUR pro Stunde gezahlt wurde, entspricht das nicht einer Vergütung, die deutlich über dem Bruttolohn für eine entsprechende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt. Die Höhe der Vergütung ist jedoch nach der Pressemitteilung 14/2017 des 12. Senats des BSG hinsichtlich seiner Rechtsprechung im Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R - als gewichtiges Indiz bei Statusfeststellungen vergleichbarer Art zu berücksichtigen. Danach ist maßgeblich darauf abzustellen, ob das Honorar deutlich über der üblichen Vergütung eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers liegt und dadurch angemessene Eigenvorsorge zulässt. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an, denn sie ermöglicht neben dem Kriterium, ob eine Tätigkeit für weitere Auftraggeber ausgeübt wurde, ebenfalls eine zuverlässige und damit rechtssichere Abgrenzung. Außerdem trägt die Berücksichtigung der Höhe der Vergütung der sich wandelnden Arbeitswelt Rechnung, in der einerseits die Tendenz der Unternehmen besteht, immer mehr Arbeitsbereiche an vermeintlich freiberufliche Mitarbeiter zu vergeben und nur unter dieser Voraussetzung Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass in bestimmten Branchen, wie zum Beispiel auch der Pflege, offensichtlich ein Arbeitskräftemangel vorherrscht, der es erfordert, den Wunsch der Pflegekraft nach einer freiberuflichen Tätigkeit zu akzeptieren, um ausreichend qualifiziertes Personal im Betrieb einsetzen zu können.
Letztes trifft für die Beigeladene zu 1) jedoch nicht zu. In ihrem Fall stellt die Höhe der Vergütung vielmehr ein gewichtiges Indiz für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung dar, denn diese ließ eine angemessene Eigenvorsorge für die Wechselfälle des Lebens nur bei deutlichem Überschreiten der üblichen Arbeitszeiten zu. Nur weil die Beigeladene zu 1) auf Wunsch der Klägerin, den sie wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit selbst als Druck empfunden hat, von August bis Dezember 2007 häufig Doppelschichten geleistet und einen monatlichen Arbeitsumfang von bis zu 258,5 Stunden hatte, hat sie trotz ihrer geringen beruflichen Qualifikation teils hohe Verdienste erzielt. Die von ihr geleisteten Dienste hat sie wie folgt in Rechnung gestellt: Juli 2007 = 630,50 EUR, August 2007 = 2.775,50 EUR, September 2007 = 2.814,50 EUR, Oktober 2007 = 3.360,00 EUR, November 2007 = 2.424,50 EUR, Dezember 2007 2.248,00 EUR, Januar 2008 = 1.3995,00 EUR, Februar 2008 = 2.085,00 EUR + 1.297,00 EUR, März 2008 = 1.635,00 + 1.417,50 EUR. Dabei hat sie in der Zeit von Juli bis Dezember 2007 einen Stundenlohn von 13,00 EUR, für die Zeit ab Januar 2008 von 15,00 EUR zugrundegelegt und einmalig im Monat Dezember 2007 25,00 EUR Nachtzuschlag berechnet.
Vor dem Hintergrund der daraus ersichtlichen Arbeitsstunden bestand für die Beigeladene zu 1) zudem keine realistische Möglichkeit, weitere Auftraggeber zu akquirieren und für sie tätig zu sein. Diesen Versuch hat die Beigeladene zu 1) auch nicht unternommen. Sie war nach ihren überzeugenden Ausführungen vor dem Senat schon überlastet durch die häufigen Anfragen der Klägerin, die sie wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit meinte aus Sorge um den Arbeitsplatz bedienen zu müssen.
Diese Gesamtumstände belegen zur Überzeugung des Senats, dass sich hier nicht zwei Unternehmer gleichgeordnet gegenüber gestanden und ihre Rechtsbeziehung frei verhandelt haben. Der einzige Freiraum, der für die Beigeladene zu 1) bestand, lag darin, Arbeitsangebote der Klägerin abzulehnen. Das allein reicht für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Danach hat der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz. Danach ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers – wie hier - eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 17. Juli 2007 bis 26. März 2008 als ungelernte Pflegekraft bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und die Beklagte zu Recht Beiträge in Höhe von 9.208,41 EUR nachfordert.
Die Beklagte führte bei der Seniorenresidenz L E GmbH, die mittlerweile unter Wohnpark Z Verwaltungs GmbH firmiert, im Zeitraum vom 24. August 2009 bis 29. Januar 2010 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch. Nach vorheriger Anhörung stellte sie mit Bescheid vom 1. Februar 2010 (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2010) fest, dass diverse Pflegefach- und -hilfskräfte, die bei der Klägerin als freie Mitarbeiter geführt worden waren, als Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlägen. Die Beklagte forderte insgesamt Beiträge in Höhe von 158.292,40 EUR nach, wovon auf die Beigeladene zu 1) 9.208,41 EUR entfielen.
Die Klägerin hat am 3. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Schwerin erhoben und geltend gemacht, die rechtliche Bewertung der Beklagten sei fehlerhaft. Die betroffenen Pflegekräfte seien in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit frei gewesen. Vor Aufstellung des Dienstplanes sei angefragt worden, ob Bereitschaft bestünde, an einem bestimmten Tag tätig zu sein. Erst wenn eine Einigung über den Einsatz am betreffenden Tag erzielt worden sei, sei die jeweilige Person in den Dienstplan eingeplant worden. Es sei immer wieder vorgekommen, dass die Pflegekraft keine Zeit gehabt und deswegen eine Arbeitsübernahme abgelehnt habe. Negative Auswirkungen hätten sich dadurch nicht ergeben. In diesem Fall habe die Geschäftsleitung bei einem anderen freiberuflich Tätigen nach dessen Interesse nachgefragt. Es habe darüber hinaus auch die Möglichkeit bestanden, einmal vereinbarte Termine wieder aufzuheben, wenn den freiberuflichen Pflegekräften etwas anderes dazwischengekommen sei. Die Aufnahme in den Dienstplan sei aus heimordnungsrechtlichen Gründen notwendig gewesen. Damit habe der Heimaufsicht nachgewiesen werden können, dass eine ausreichende Anzahl von Pflegekräften in der Einrichtung vorhanden gewesen sei. Insoweit sei rechtlich allerdings unerheblich, ob die Pflegekräfte auf selbstständiger Basis oder in einem Arbeitsverhältnis eingesetzt würden. Entscheidend sei allein die Qualifikation. Der Dienstplan habe mithin im Hinblick auf die freiberuflich tätigen Pflegekräfte nicht der Festlegung der Lage der Arbeitszeit gedient, sondern dem Nachweis der ordnungsgemäßen Erfüllung der Fachpersonalquote der Einrichtung. Auch hinsichtlich der Art und Weise der Pflegeleistungen seien die betroffenen Mitarbeiter nicht von Vorgaben abhängig gewesen. Ihnen seien lediglich bestimmte Bewohner zur Pflege zugeordnet worden. Sie hätten dann die Pflegeleistungen der Grund- und Behandlungspflege nach den üblichen fachlichen Standards erbringen müssen. Die Modalitäten der Erbringung der Leistung hätten sich aus den beruflichen Vorgaben ergeben. Insoweit unterscheide sich ein selbstständiger examinierter Krankenpfleger nicht von einem sonst selbstständig Tätigen, der die Standards seines Berufes zu beachten habe wie z. B. ein Elektromeister, der die einschlägigen DIN-Normen und technischen Vorschriften zu beachten habe. Konkrete Anweisungen zur Durchführung der übertragenen Aufgaben seien nicht erteilt worden. Mit den Pflegekräften sei die Vergütung nach entsprechenden Verhandlungen vereinbart worden. Die vereinbarten Honorare hätten deutlich über den üblichen Arbeitsentgelten für abhängig beschäftigte Pflegekräfte gelegen. Die Pflegekräfte hätten keinem Direktionsrecht eines Arbeitgebers unterlegen. Sie seien auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie hätten ihre eigene Dienstkleidung getragen. Diese habe sich von der bei der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmern unterschieden. Durch Namensschilder und entsprechende Bezeichnungen als selbstständige Pflegekräfte sei nach außen hin kenntlich gemacht worden, dass es sich nicht um Beschäftigte der Klägerin gehandelt habe. Sie seien auch nicht – wie es für Arbeitnehmer in diesem Bereich üblich sei – in der so genannten Bezugspflege, also unter Zuordnung zu bestimmten Bewohnern tätig geworden. Eine Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern der Klägerin sei vermieden worden. Den freiberuflich tätigen Personen seien jeweils einzelne Bereiche zur Pflege übertragen worden. Die pflegerischen Leistungen hätten sie dort allein wahrgenommen. Die vom angefochtenen Bescheid betroffenen Personen seien werbend am Markt aufgetreten und hätten gezielt andere Auftraggeber akquiriert. Sie seien auch bei diversen anderen Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen tätig geworden und hätten ein Unternehmerrisiko getragen. Es seien eigene Betriebsmittel angeschafft worden, wie z. B. die Dienstkleidung, Werbemittel etc ... Es habe für sie das Risiko bestanden, Aufträge akquirieren zu können, bei denen möglichst hohe Erlöse gewährleistet gewesen seien. Der Umstand, dass sie Stundenzettel erstellt hätten, nach denen abgerechnet worden sei, stünde einem Unternehmerrisiko nicht entgegen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 insoweit aufzuheben, als für die Beigeladene zu 1) das Vorliegen einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 17. Juli 2007 bis 26. März 2008 festgestellt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 9.208,41 EUR nachgefordert werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie hat vorgebracht, im vorliegenden Rechtsstreit sei vorrangig zu klären, ob die als freie Mitarbeiter geführten Pflegekräfte in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen seien, wie sich die Tätigkeit von den abhängig beschäftigten Pflegekräften unterschieden und ob ein tatsächliches Unternehmerrisiko bestanden habe. Das Vorbringen der Klägerin spreche aus ihrer Sicht nicht für ein Unternehmerrisiko, da lediglich die eigene Arbeitskraft verwertet worden sei. Das Risiko, die eigene Arbeitskraft zu verwerten, treffe auch Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen und Teilzeitbeschäftigungen. Zudem spreche nichts dafür, dass die Pflegekräfte tatsächlich ein Risiko zu tragen gehabt hätten, für die zu erbringenden Leistungen keine Vergütung zu erhalten, eine Schlechtleistung auf eigene Kosten nachbessern zu müssen oder für ihre Tätigkeit einem Haftungsrisiko ausgesetzt zu sein, welches sich von dem Risiko eines Arbeitnehmers für Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit unterschieden habe. Die Eintragung in Dienstpläne der Klägerin sei ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung.
Das Sozialgericht Schwerin hat sich mit Beschluss vom 22. Februar 2011 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Itzehoe verwiesen.
Das Sozialgericht Itzehoe hat mit Beschluss vom 12. Februar 2015 die Verfahren hinsichtlich der betroffenen Pflegekräfte getrennt und die Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung am 21. April 2015 gehört. Diese hat sich wie folgt eingelassen: Sie habe den Beruf der Altenpflegerin nicht erlernt. Sie sei 20 Jahre als Altenpflegehelferin in der Seniorenpflege am H tätig gewesen. Das Heim sei von ihren Exschwiegereltern betrieben worden. Im Juni 2007 sei die Trennung von ihrem damaligen Ehemann erfolgt. Daraufhin sei sie als freie Mitarbeiterin tätig geworden, und zwar nur bei der Klägerin. Sie habe erst einmal ihr Leben wieder auf die Reihe kriegen müssen. Sie sei froh gewesen, dass sie Arbeit gehabt habe. Ihr sei das aber zu viel geworden. Sie habe deshalb im März 2008 ganz aufgehört mit der freiberuflichen Tätigkeit. Danach sei sie ein Jahr lang krank gewesen und habe dann als Festangestellte im DRK-Heim Eb in E angefangen. Mit der Klägerin habe sie keine schriftliche Arbeitsvereinbarung getroffen. Sie sei einfach zu der Klägerin hingegangen und habe nach Arbeit gefragt. Dort sei ihr gesagt worden, sie könne morgen anfangen. Sie brauche auch gar keine Unterlagen vorzulegen. Ihr seien 13,00 EUR pro Stunde von der Pflegedienstleiterin Frau Ea angeboten worden. Für sie sei das viel Geld gewesen. Sie habe das angenommen und sei froh gewesen, dass sie habe arbeiten können und auch abgelenkt gewesen sei von der Trennung. Die Pflegedienstleiterin habe sie gefragt, ob sie bestimmte Schichten übernehmen könne. Sie habe dann entweder "ja" oder "nein" gesagt. Sie habe zunächst sehr viel gearbeitet. Im Januar seien es dann weniger Stunden gewesen. Sie habe auch gemerkt, dass sie nicht mehr konnte. Wenn sie mal zehn oder zwölf Tage Doppelschicht gefahren und gesagt habe, dass sie nicht mehr könne und eine freien Tag benötige, sei das zwar gegangen. Begeistert sei Frau Ea allerdings nicht gewesen. Sie habe sich von der Pflegedienstleiterin auch ein bisschen unter Druck gesetzt gefühlt. Diese habe ja auch ihren Exmann gekannt. Wenn sie mal gesagt habe: "Nein Frau Ea , ich kann heute nicht mehr!", dann habe sie gesagt: "Wollen Sie Geld verdienen, Sie brauchen sonst nicht wiederkommen!". Das sei auch ein Streitpunkt zwischen ihr und der Pflegedienstleiterin im März 2008 gewesen, weshalb sie – die Beigeladene zu 1) – gesagt habe, dass sie nicht mehr könne und nicht mehr komme. Sie habe Grundpflegetätigkeiten verrichtet wie Waschen, Anziehen, Essen reichen, Toilettengänge etc., das, was die Festangestellten auch gemacht hätten. Wenn es sich um bettlägerige oder schwere Patienten gehandelt habe, habe sie diese zusammen mit einer anderen Pflegekraft, ob nun festangestellt oder freiberuflich, versorgt. Arbeitskleidung sei von ihr nicht gestellt worden. Man hätte auch in Privatkleidung tätig sein können. Sie habe ein Namensschild bekommen. Darauf habe ihr Name und die Bezeichnung Pflegehelferin gestanden. Sie könne nicht erinnern, dass Freiberuflerin oder ähnliches auf den Schild gestanden habe. Sie glaube es nicht, aber die Festangestellten hätten gleich gewusst, dass sie zu den Freiberuflern gehört habe. Wenn sie gefragt worden sei, ob sie eine neue Kollegin sei, habe sie gleich gesagt, dass sie nur freiberuflich tätig sei. Als sie angefangen habe, habe Frau Ea zu ihr gesagt, dass sie nur auf freiberuflicher Basis arbeiten könne.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21. April 2015 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) würden die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprächen, überwiegen. Die Beigeladene zu 1) habe sich nicht in einer persönlichen Abhängigkeit zur Klägerin befunden und sei nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen. Die Klägerin habe über ihre Arbeitszeit nicht frei verfügen können, sondern sei darauf angewiesen gewesen, dass die Beigeladene zu 1) die ihr angebotenen Dienste im Falle der zeitlichen Verfügbarkeit auch angenommen habe. Die Klägerin habe die Beigeladene zu 1) nicht nach ihrem Willen in einer bestimmten Abteilung zu verschiedenen Schichten einsetzen und sich nicht auf eine konstante Arbeitsleistung der Beigeladenen zu 1) verlassen können. Gerade dies sei aber typisch für eine persönliche Abhängigkeit bei Arbeitnehmern. Demgegenüber träten die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, in den Hintergrund. Dazu gehörten vor allem die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, die Erbringung der gleichen Arbeitsleistung wie diejenige von angestellten Pflegekräften, der fehlende Kapitaleinsatz sowie die Vorgaben von Art und Weise der durchzuführenden Pflegetätigkeiten. Für sich genommen sprächen diese Merkmale für eine abhängige Beschäftigung. Sie träten jedoch in den Hintergrund, weil eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin fehle. Dass die Beigeladene zu 1) während der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit hinsichtlich der Art und Weise des Arbeitens nicht völlig frei gewesen sei, ergebe sich aus den Notwendigkeiten, die Pflegetätigkeiten mit sich brächten. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum nicht für andere Auftraggeber tätig gewesen sei, spreche nicht für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Entscheidend sei vielmehr, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin weder eine Weisungsgebundenheit noch eine Eingliederung in den Betrieb erkennen lasse.
Gegen das ihr am 14. Juli 2015 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die am 3. August 2015 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie macht geltend, die vom Sozialgericht vorgenommene Gewichtung der festgestellten Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, sei mit den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätzen nicht vereinbar. Das BSG messe beispielsweise der Gleichartigkeit der Leistungen von angestellten und freien Kräften erheblichen Indizcharakter zu. Das gelte auch für das Fehlen eines rechtlich relevanten Unternehmerrisikos. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, wie die festgestellten Vorgaben zu Art und Weise der Tätigkeiten ohne Eingliederung in den (stationären) Betrieb realisierbar seien. Die Klägerin sei eine zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), so dass für die Statusqualifikation von Mitarbeitern § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI beachtlich sei. Sie stütze sich auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hamburg im Urteil vom 20. Juni 2012 – L 2 R 120/10 –, mit der die betriebliche Eingliederung von Pflegekräften bejaht worden sei. Grundsätzlich seien Pflegepersonen hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes, der Arbeitsdauer und der Arbeitsausführung weisungsgebunden in ein Alten- oder Pflegeheim eingegliedert. Sie müssten sich an die dortigen Gepflogenheiten anpassen und den Weisungen der Haus- oder Pflegedienstleitung Folge leisten. Ihre Arbeitsleistung unterscheide sich nicht von der festangestellter Pflegepersonen. Sie würden häufig sogar mit diesen Hand in Hand zusammenarbeiten. Selbst bei Fachkräften stehe die Tätigkeit unter der Kontrolle des jeweiligen Alten- oder Pflegeheimes. Auch die Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsfrei für die Klägerin tätig gewesen. Sie habe als Pflegeperson ihre Tätigkeit nur unter Einhaltung der von der Klägerin vorgegebenen Leistungsstandards zu den vereinbarten und von der Klägerin in den Dienstplänen vorgegebenen Schichten – ausgerich¬tet am personellen Bedarf der Klägerin – verrichten können. Da Pflegeverträge ausschließlich zwischen der Klägerin und den zu pflegenden Personen geschlossen worden seien, habe die Klägerin im Außenverhältnis für eventuelle Pflegemängel gehaftet. Deshalb habe sie die Verantwortung für das Qualitätsmanagement gehabt. Diese Aufgabe habe die Klägerin nur erfüllen können, wenn sie alle Arbeitsabläufe etwa durch verbindliche Pflegepläne – verantwortlich steuere und die Umsetzung kontrolliere. Das setze denknotwendig Weisungen gegenüber dem Pflegepersonal und damit auch gegenüber der Beigeladenen zu 1) voraus. Es hätte hinsichtlich der Pflegedokumentation konkretisierende Weisungen seitens der Klägerin bedurft. Eine Pflegeeinrichtung habe ihrerseits genaue Vorgaben bei der Pflegedokumentation zu beachten, da sie aufgrund eines geschlossenen Versorgungsvertrages (§§ 72, 112 SGB XI) gegenüber dem jeweiligen Kostenträger auch für die Pflegequalität verantwortlich sei. Sofern die Einrichtung keine Weisungen an die Pflegekräfte erteilen sollte, würde sie aufgrund eines strukturellen Defizits bei der Qualität die Kündigung des Versorgungsvertrages riskieren. Die Beigeladene zu 1) sei in die Betriebsorganisation der Klägerin insoweit eingegliedert gewesen, als sie ihre Tätigkeit in Teamarbeit mit dem abhängig beschäftigten Stammpersonal und unter Beachtung der fachlichen und organisatorischen Vorgaben der Klägerin zu erbringen gehabt habe. Erbringe eine Person keine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung, sondern sei Mitglied eines Teams, welches eine Gesamtleitung erbringe, bedinge dieser Umstand notwendig die Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation und damit eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers, der dann die Funktion habe, die Leistungen der einzelnen Teammitglieder zu steuern. Demgegenüber sei unerheblich, ob die Beigeladene zu 1) die Möglichkeit gehabt habe, einzelne Aufträge abzulehnen, denn für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen sei auf die Verhältnisse nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrages abzustellen. Die Beigeladene zu 1) habe auch kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen, denn sie habe insbesondere nicht ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Itzehoe vom 21. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) hat ihr Vorbringen anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht nochmals bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass sie neben der Tätigkeit bei der Klägerin keine weiteren Auftraggeber gehabt habe. Dafür habe sie aufgrund des Umfanges der Tätigkeit bei der Klägerin keine Zeit gehabt.
Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht. Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. Februar 2010 zu Recht das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im Zeitraum vom 23. Januar 2007 bis 30. September 2007 festgestellt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 9.208,41 EUR nachgefordert.
Die rechtlichen Grundsätze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung stellt das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zwar zutreffend dar, die Gewichtung der Indizien, die hier für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als ungelernte Altenpflegehelferin im streitbefangenen Zeitraum sprechen sollen, vermag der Senat jedoch nicht zu teilen.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist die Beschäftigung als Grundlage der Beitragspflicht die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für die Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beschäftigter ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Weisungsrecht kann zwar erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Die Beschäftigung setzt eine fremdbezogene Tätigkeit voraus, die Dienstleistung muss also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Dies hat vor allem bei der Verrichtung von Diensten höherer Art Bedeutung und bei solchen Tätigkeiten, die weitgehend eigenverantwortlich ausgeübt werden. Hier wandelt sich die Weisungsunterworfenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit um in eine so genannte funktionsgerecht dienende Teilnahme am fremd vorgegebenen Arbeitsprozess. Die Arbeitnehmereigenschaft der Pflegekräfte bestimmt sich also danach, ob sie in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert waren. Um diese Feststellung zu treffen, bedarf es einer Interpretation unter Berücksichtigung der gesamten individuellen Umstände. Nur wenn ein Weisungsrecht in diesem Sinne nicht vorhanden ist, die Pflegekraft ihre Tätigkeit im Rahmen einer selbst vorgegebenen Arbeitsorganisation verrichten kann oder wenn sie sich nur in die von ihr selbst vorgegebene Ordnung des Betriebes einfügt, liegt keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, die regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist.
Die Abgrenzung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorgelegen hat, ist ausgehend von der Rechtslage vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses bestanden hat. Maßgeblich sind die Vertragsvereinbarungen oder, wenn solche nicht getroffen worden sind, der weitere rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Arbeiten verrichtet worden sind. Eine im Widerspruch hierzu stehende tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses gehen der insoweit nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Andererseits ist es unerheblich, wenn eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgelebt worden ist, solange sich nicht wirksam abbedungen ist. Entscheidend ist hierbei auf die jeweilige Rechtsmacht der am Arbeitsprozess Beteiligten abzustellen.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Senat bereits mehrere Entscheidungen (vgl. Urteil vom 26. Mai 2011 – L 5 KR 41/10 –; 24. März 2011 – L 5 KR 48/09 –; 29. Okto¬ber 2008 – L 5 KR 35/08 –; 5. September 2013 – L 5 KR 124/11 –) darüber getroffen, ob Pflegekräfte in Pflegeeinrichtungen beitragspflichtig oder selbstständig tätig waren. Beides ist grundsätzlich möglich und hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Dabei hat der Senat die dargestellten Indizien, die für oder gegen eine selbstständige bzw. abhängige Beschäftigung sprechen, jeweils gegeneinander abgewogen, allerdings auch dem Umstand, ob die Pflegekraft für weitere Auftraggeber tätig war, ein besonderes Gewicht beigemessen. Denn bei Dienstleistungen der vorliegenden Art erlauben häufig weder das Merkmal der betrieblichen Eingliederung noch das Fehlen eines typischen Unternehmerrisikos eine überzeugende Abgrenzung im Rahmen der Statusfeststellung. Pflegekräfte sind in Fallkonstellationen der vorliegenden Art nach Zusage des Pflegeeinsatzes notwendigerweise in einem gewissen Ausmaß in den Arbeitsprozess bzw. Dienstzeitplan der Pflegeeinrichtung eingegliedert, weil nur so eine qualitätsgesicherte Pflege gewährleistet und Störungen im Ablauf der Versorgung vermieden werden können. Das traf auch im Fall der Beigeladenen zu 1) zu. Zwar gab es keine schriftliche Arbeitsvereinbarung mit der Klägerin. Nach jeder einzelnen Auftragsannahme hatte sie jedoch im Rahmen der von der Klägerin vorgegebenen betrieblichen Organisation die ihr als ungelernte Pflegekraft übertragenen Aufgabenbereiche zu erledigen. Dabei hatte sie beispielsweise Essenszeiten der Heimbewohner zu berücksichtigen, denn andernfalls wäre eine sinnvolle Auftragserledigung im Hinblick auf die Hilfestellung bei der Nahrungsaufnahme überhaupt nicht möglich gewesen. Allerdings ist es häufig so, dass Dienstleistungen für Auftraggeber auch im Verhältnis einer freien Mitarbeit sich Zwängen der vom Auftraggeber vorgegebenen betrieblichen Ordnung unterwerfen müssen, ohne dass dies die Tätigkeit zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung macht. Deshalb stellt bei Dienstleistungen, die sich naturgemäß an die Struktur des Betriebes anpassen müssen, in dem sie verrichtet werden, die Eingliederung in die betriebliche Organisation nur dann ein wesentliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar, wenn sich die Eingebundenheit durch weitere Umstände manifestiert, wie z. B. eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers bei der jeweiligen Durchführung der Pflegeleistung, Nebenpflichten in Form der Teilnahme an Dienstbesprechungen und Qualitätszirkeln oder Anweisungen hinsichtlich der Dokumentation oder der Übergabe bei Schichtwechsel.
Auch das Unternehmerrisiko stellt bei freiberuflichen Dienstleistungen, die ohne nennenswerte betriebliche Investitionen ausgeübt werden können, nicht das sonst so wesentliche Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar. Grundsätzlich ist ein Unternehmerrisiko nicht bereits darin zu sehen, dass Folgeaufträge nach Abschluss einer Tätigkeit ausbleiben können. Einem solchen Risiko ist auch der Arbeitnehmer nach Beendigung einer Beschäftigung ausgesetzt. Unternehmerrisiko bedeutet vielmehr, dass der Auftragnehmer sich der Gefahr aussetzt, nicht nur keine Einnahmen zu erzielen, sondern mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn eingesetztes Kapital nicht durch eine entsprechende Einnahme kompensiert wird. Im Bereich der Pflege ist dies von untergeordneter Bedeutung, weil pflegerische Tätigkeiten keinen oder jedenfalls einen nur sehr geringen Kapitaleinsatz erfordern. Sie werden durch die persönliche Dienstleistung geprägt. Ein Unternehmerrisiko kann darüber hinaus auch darin liegen, dass durch vertragliche Bestimmungen ein erhöhtes Kostenrisiko entsteht. Das war bei der Beigeladenen zu 1) jedoch nicht der Fall.
Deshalb stellt der Senat in Fällen der vorliegenden Art zur Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung wesentlich darauf ab, ob die Pflegekräfte neben der streitgegenständlichen Tätigkeit auch für andere Auftraggeber in nicht geringem Umfang tätig waren. An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin fest. Denn dieses Indiz hatte der Gesetzgeber für die Zeit von 1999 bis 2003 in § 7 Abs. 4 Nr. 2 SGB IV ausdrücklich aufgenommen. Es ist auch ein maßgebliches Indiz dafür, ob die Pflegekraft wirtschaftlich allein von Arbeitsangeboten eines Auftraggebers abhängig ist. Denn dann ist sie, wenn die übrigen Indizien, die in die Gesamtabwägung einzustellen sind, keine zuverlässige Abgrenzung erlauben, eher einem Arbeitnehmer in unständiger Beschäftigung vergleichbar, als einem selbstständig Tätigen. Das trifft auf die Beigeladene zu 1) zu.
Die Beigeladene zu 1) war im streitbefangenen Zeitraum ausschließlich für die Klägerin tätig. Sie hatte eine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung und noch nicht einmal die Wahl, die Umstände ihrer beruflichen Tätigkeit selbst zu bestimmen. Sie befand sich im Juli 2007 in einer Situation, in der sie nach der Trennung von ihrem damaligen Ehemann froh war, überhaupt wieder Arbeit zu haben, nachdem sie ihre frühere langjährige Beschäftigung als Altenpflegehelferin in einem Seniorenheim, dass von ihren Schwiegereltern betrieben worden war, aufgegeben hatte. Sie hat glaubhaft vorgebracht, die Pflegedienstleiterin Frau Ea habe ihr von vornherein zu verstehen gegeben, dass sie nur auf freiberuflicher Basis tätig sein könne. Anlass für Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussage bestehen beim Senat nicht. Sie ist von der Klägerin nicht bestritten worden. Die Klägerin verkennt bei der der Verfolgung ihres Klagebegehrens die individuellen und erheblich voneinander abweichenden Fallgestaltungen der vom angefochtenen Bescheid betroffenen Pflegekräfte. So musste die Beigeladene zu 1) selbst die Höhe der von der Klägerin angebotenen Vergütung akzeptieren, wenn sie bei ihr tätig werden wollte, obwohl ihr diese bei Zugrundelegung einer 40-Stunden-Wochen nicht die Möglichkeit bot, die ihr als vermeintlich freier Mitarbeiterin aufgebürdeten Vorsorgeaufwendungen zu finanzieren und daneben gleichzeitig ihre Existenz zu sichern. Die Klägerin hat der Beigeladenen zu 1) lediglich eine Vergütung von 13,00 EUR pro Stunde angeboten. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass ab Januar 2008 offenbar eine Vergütung von 15,00 EUR pro Stunde gezahlt wurde, entspricht das nicht einer Vergütung, die deutlich über dem Bruttolohn für eine entsprechende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt. Die Höhe der Vergütung ist jedoch nach der Pressemitteilung 14/2017 des 12. Senats des BSG hinsichtlich seiner Rechtsprechung im Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R - als gewichtiges Indiz bei Statusfeststellungen vergleichbarer Art zu berücksichtigen. Danach ist maßgeblich darauf abzustellen, ob das Honorar deutlich über der üblichen Vergütung eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers liegt und dadurch angemessene Eigenvorsorge zulässt. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an, denn sie ermöglicht neben dem Kriterium, ob eine Tätigkeit für weitere Auftraggeber ausgeübt wurde, ebenfalls eine zuverlässige und damit rechtssichere Abgrenzung. Außerdem trägt die Berücksichtigung der Höhe der Vergütung der sich wandelnden Arbeitswelt Rechnung, in der einerseits die Tendenz der Unternehmen besteht, immer mehr Arbeitsbereiche an vermeintlich freiberufliche Mitarbeiter zu vergeben und nur unter dieser Voraussetzung Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass in bestimmten Branchen, wie zum Beispiel auch der Pflege, offensichtlich ein Arbeitskräftemangel vorherrscht, der es erfordert, den Wunsch der Pflegekraft nach einer freiberuflichen Tätigkeit zu akzeptieren, um ausreichend qualifiziertes Personal im Betrieb einsetzen zu können.
Letztes trifft für die Beigeladene zu 1) jedoch nicht zu. In ihrem Fall stellt die Höhe der Vergütung vielmehr ein gewichtiges Indiz für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung dar, denn diese ließ eine angemessene Eigenvorsorge für die Wechselfälle des Lebens nur bei deutlichem Überschreiten der üblichen Arbeitszeiten zu. Nur weil die Beigeladene zu 1) auf Wunsch der Klägerin, den sie wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit selbst als Druck empfunden hat, von August bis Dezember 2007 häufig Doppelschichten geleistet und einen monatlichen Arbeitsumfang von bis zu 258,5 Stunden hatte, hat sie trotz ihrer geringen beruflichen Qualifikation teils hohe Verdienste erzielt. Die von ihr geleisteten Dienste hat sie wie folgt in Rechnung gestellt: Juli 2007 = 630,50 EUR, August 2007 = 2.775,50 EUR, September 2007 = 2.814,50 EUR, Oktober 2007 = 3.360,00 EUR, November 2007 = 2.424,50 EUR, Dezember 2007 2.248,00 EUR, Januar 2008 = 1.3995,00 EUR, Februar 2008 = 2.085,00 EUR + 1.297,00 EUR, März 2008 = 1.635,00 + 1.417,50 EUR. Dabei hat sie in der Zeit von Juli bis Dezember 2007 einen Stundenlohn von 13,00 EUR, für die Zeit ab Januar 2008 von 15,00 EUR zugrundegelegt und einmalig im Monat Dezember 2007 25,00 EUR Nachtzuschlag berechnet.
Vor dem Hintergrund der daraus ersichtlichen Arbeitsstunden bestand für die Beigeladene zu 1) zudem keine realistische Möglichkeit, weitere Auftraggeber zu akquirieren und für sie tätig zu sein. Diesen Versuch hat die Beigeladene zu 1) auch nicht unternommen. Sie war nach ihren überzeugenden Ausführungen vor dem Senat schon überlastet durch die häufigen Anfragen der Klägerin, die sie wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit meinte aus Sorge um den Arbeitsplatz bedienen zu müssen.
Diese Gesamtumstände belegen zur Überzeugung des Senats, dass sich hier nicht zwei Unternehmer gleichgeordnet gegenüber gestanden und ihre Rechtsbeziehung frei verhandelt haben. Der einzige Freiraum, der für die Beigeladene zu 1) bestand, lag darin, Arbeitsangebote der Klägerin abzulehnen. Das allein reicht für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Danach hat der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz. Danach ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers – wie hier - eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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