S 4 AL 446/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AL 446/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Höhe des der Klägerin zustehenden Arbeitslosengeldes.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist ausgebildete Arzthelferin, Kinderkrankenschwester und geprüfte Pharmareferentin.

Sie arbeitete zuletzt ab dem 01.10.1996 bei der O. O. Q. GmbH in dem letztgenannten Beruf. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag vom 09.03.2011 mit Ablauf des 30.04.2012. Danach war die Klägerin ab dem 01.05.2011 in Abwicklung dieses Vertrages von der Arbeitsleistung bei einer monatlichen Bruttovergütung von 5.280,22 EUR unwiderruflich freigestellt. Daneben stellte sie sich der früheren Arbeitgeberin während der Zeit der Freistellung unentgeltlich zur Beantwortung ihrer Fragen sowie zur Erstellung von Informationen jederzeit zur Verfügung. Die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erfolgte entsprechend dieser Vereinbarung. Neben dem vereinbarten Bruttoentgelt erhielt die Klägerin auch in der Freistellungsphase unentgeltlich einen PKW mit einem geldwerten Vorteil von monatlich 404,36 EUR zur Verfügung gestellt sowie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Prämien und Boni.

Am 26.01.2012 meldete sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit erstmals persönlich arbeitssuchend.

In der Folgezeit erkrankte sie und bezog vom 23.03.2012 bis 24.03.2013 Entgeltersatzleistungen von der H. AG.

Am 20.03.2013 meldete sie sich zum 25.03.2013 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 25.06.2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin diese Leistung ab dem 25.03.2013 nach einem Bemessungsentgelt von 71,78 EUR. Dies entspricht einem täglichen Leistungssatz von 28,72 EUR. Die Bewilligung erfolgte in Anwendung der Qualifikationsstufe 3 gemäß § 152 Abs. 2 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Dagegen legte die Klägerin am 12.07.2013 Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 03.08.2013 erhöhte die Beklagte den Leistungssatz auf 28,76 EUR unter Beibehaltung des genannten Bemessungsentgeltes und wies mit Bescheid vom 07.11.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 05.12.2013 erhobenen Klage.

Sie ist der Auffassung, bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes sei das bis zuletzt zum Ende der Freistellungsphase am 30.04.2012 bezogene Arbeitsentgelt heranzuziehen, da das versicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis erst mit Ablauf des 30.04.2012 geendet habe. Sie sei auch nicht unwiderruflich und absolut freigestellt worden. Ausweislich des Aufhebungsvertrages sei sie nämlich verpflichtet gewesen, dem Arbeitgeber für bestimmte Dinge weiterhin zur Verfügung zu stehen. Im Übrigen habe sie sich Anfang 2012 bereits einmal arbeitssuchend gemeldet, weil sie aus ihren Unterlagen gewusst habe, dass dies mindestens drei Monate vor Ablauf des Anstellungsverhältnisses geschehen müsse. Bei dieser Gelegenheit habe man ihr gesagt, sie solle erst zum 01. Mai wiederkommen, da sie ja noch in einem Arbeitsvertrag gestanden habe. Sie habe damals zwar nicht konkret nach einer Vermittlung zu einem bereits früheren Zeitpunkt gefragt. Grundsätzlich wäre sie allerdings auch bereit gewesen, ein entsprechendes annehmbares Arbeitsangebot anzunehmen, wenn ihr ein solches angeboten wäre.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 25.06.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.08.2013 sowie des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des zuletzt abgeführten Entgelts nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung war die vorgenommene fiktive Einstufung rechtmäßig, da das letzte berücksichtigungsfähige Gehalt im April 2011 erzielt worden sei.

Schriftlichen Auskünften der O. O. Q. GmbH zufolge ist der Aufhebungsvertrag korrekt geschlossen worden. Ihr sei nicht bekannt, dass die Klägerin trotz unwiderruflicher Freistellung gearbeitet habe. Sie könne lediglich nicht ausschließen, dass eventuell einzelne Rückfragen von ihr beantwortet worden seien. Sozialversicherungsbeiträge seien bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses abgeführt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.

Sie ist aber nicht begründet, denn die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, weil dieser nicht rechtswidrig ist. Zu Recht hat die Beklagte der Klägerin Leistungen ab dem 25.03.2013 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgeld von 71,78 EUR bewilligt.

Dabei war gemäß § 152, SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zulegen, da ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden kann.

Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen wird gemäß § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 auf zwei Jahre erweitetert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.

Entstanden ist der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld am 01.05.2013, nachdem sich die Klägerin im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 2 bei der Agentur für Arbeit arbetslos gemeldet und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen bei Arbeitslosigkeit erfüllt hat.

Insbesondere ist eine frühere Arbeitslosmeldung, etwa am 26.01.2012, nicht festzustellen. An diesem Tag hat sich die Klägerin nach ihrer Freistellung zwar erstmals bei der Agentur für Arbeit vorgestellt. Sie hat sich jedoch nicht arbeitslos im Sinne von § 138 Abs. 1 SGB III gemeldet. Arbeitslos nach dieser Vorschrift ist nämlich nur, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1.nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),

2.sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und

3.den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Zum genannten Zeitpunkt war die Klägerin zwar beschäftigungslos. Die übrigen Voraussetzungen (Eigenbemühungen und Verfügbarkeit) sind nach Erkenntnis der Kammer jedoch nicht gegeben gewesen, da die Klägerin sich in der Folgezeit weder selbst um eine neue versicherungspflichtige Arbeit bemüht noch gegenüber der Agentur für Arbeit zu erkennen gegeben hat, dass sie diese auch für die Zeit vor dem 01.05.2013 suche. Ihrem eigenen Vortrag ist zu entnehmen, dass sie mit dieser Vorsprache am 26.01.2012 lediglich ihrer Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung im Sinne von § 38 SGB III nachkommen wollte. Dass sie eventuell bereit gewesen wäre, auch bei einem vorzeitigen Arbeitsangebot dieses anzunehmen, ist bei der damaligen Situation zwar unwahrscheinlich, letztlich aber nicht von Bedeutung. Auch nicht erheblich ist in diesem Zusammenhang daher auch, dass die Klägerin im Januar 2012 keine dahingehende Belehrung erhalten hat, dass auch bereits eine vorherige Vermittlung infrage käme. Die Arbeitslosmeldung ist nämlich als Tatsachenerklärung nicht durch eine fiktive Erklärung zu ersetzen oder im Sinne eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu heilen.

In dem danach anzunehmenden Bemessungsrahmen vom 25.03.2011 bis 24.03.2013 sind auch lediglich die bis zum 30.04.2011 abgerechneten 37 Tage zu berücksichtigen.

Nicht für die Bemessung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen ist die folgende Zeit mit Anspruch auf Arbeitsentgelt während der Freistellungsphase ab dem 01.05.2011. Zwar hat das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis der Klägerin noch bis Ende April 2012 fortgedauert. Das für die Ermittlung des Arbeitslosengeldes maßgebliche leistungsrechtliche Versicherungsverhältnis war aber bereits mit dem 30.04.2011 beendet worden. Ab diesem Zeitpunkt war die Klägerin nämlich unwiderruflich nicht mehr zur Leistung der vorher geschuldeten Arbeit verpflichtet. Die Vertragsparteien hatten insofern eindeutig vereinbart, dass die Klägerin ihren Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht mehr nachzukommen hatte. Dabei ist unerheblich, dass sie noch in Abwicklung des Arbeitsverhältnisses eventuell nachgehende Auskunftspflichten behielt. Dies ändert nichts an der tatsächlichen Beendigung der Beschäftigung.

Die dem entsprechend vorgenommene Einstufung in die Qualifikationsgruppe nach § 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III ist im Übrigen aufgrund des vorangegangenen Berufslebens der Klägerin ebenfalls zutreffend. Dies wird auch von der Klägerin nicht (mehr) bestritten.

Von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG abgesehen, da das Gericht insoweit den Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2013 folgt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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