Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 4539/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1940/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt nur noch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits vom 1. Dezember 2007 bis zur Gewährung dieser Rente ab 1. Januar 2010, nachdem sie die Berufung wegen der Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor dem 1. Juli 2009 mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 zurückgenommen hat.
Die 1948 geborene Klägerin absolvierte nach der Schule eine Lehre als Industriekauffrau und war anschließend versicherungspflichtig als Sekretärin bzw. kaufmännische Angestellte bis 1975 beschäftigt. Von 1976 bis 1993 war sie als Kosmetikerin selbständig tätig, wobei sie ab 1977 freiwillige Beiträge bis 30. Juni 2009 zahlte (s. Versicherungsverlauf vom 30. November 2010). Am 5. Dezember 2007 fand eine Hüft-TEP-Implantation links und am 16. Juni 2008 eine Hüft-TEP-Implantation rechts statt. Vom 9. bis 26. Juli 2008 befand sich die Klägerin zur Anschluss-Rehabilitation in der Theresienklinik B. K ... Im Entlassungsbericht vom 31. Juli 2008 gelangten die behandelnden Ärzte zu der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Nicht empfehlenswert seien Arbeiten mit Knien, im Hocken, mit Absturzgefahr, auf Tritten und Leitern. Auch ihre letzte Tätigkeit als Hausverwalterin -sie verwalte eine eigene Immobilie- könne sie vollschichtig verrichten. Am 6. Dezember 2010 fand eine Revisions-OP an der linken Hüfte statt.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Juni 2009 die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres in allen erdenklichen Varianten sowie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste die Begutachtung durch den Orthopäden Dr. K., der im Gutachten vom 12. November 2009 einen Zustand nach Hüft-TEP beidseits sowie chronische rezidivierende Lumbalgien bei mäßiger Osteochondrose L5/S1 diagnostizierte. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Heben und Tragen von schweren Lasten (maximal acht bis zehn kg), ohne Besteigen von Leitern und ohne Besteigen von Gerüsten vollschichtig verrichten. Auch die erlernte und langjährig ausgeübte Tätigkeit als Industriekauffrau könne die Klägerin noch vollschichtig ausüben. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und die Gewährung einer Altersrente nach § 236a SGB VI ab, da die Klägerin weder erwerbsgemindert noch berufs- oder erwerbsunfähig sei. Am 23. Dezember 2009 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch mit dem Antrag, Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen. Die Reha-Anträge seien in einen Rentenantrag umzudeuten. Entgegen der Auffassung des Gutachters sei die Gesamtsituation nach erfolgten zwei Hüftoperationen immer noch unbefriedigend. Nach dem Befundbericht der Dr. S. habe sich ein Verdacht auf eine Somatisierungsstörung sowie auf eine Polyneuropathie ergeben, sodass ein neurologisches Gutachten hätte eingeholt werden müssen. Vom behandelnden Facharzt für Orthopädie Dr. S. wurde ein Befundbericht vom 26. Mai 2010 eingeholt. Dr. S. hat als Funktionseinschränkung eine eingeschränkte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule und eine Reklinationseinschränkung beschrieben; sensomotorische Ausfälle seien nicht vorhanden. Die Beklagte hat eine Begutachtung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. veranlasst. Im Gutachten vom 1. Juli 2010 fand der Gutachter psychopathologisch einen unauffälligen Befund sowie neurologisch einen weitestgehend unauffälligen Befund. Die angegebenen starken diffusen Leistenschmerzen links mit Ausstrahlung ins gesamte linke Bein beruhten am Wahrscheinlichsten auf Nervenreizungen nach einem stumpfen Leistentrauma mit massivem Hämatom im Jahre 2000. Zudem hat der Gutachter einen Verdacht auf ein ISG-Syndrom links geäußert. Eine Schreibtischtätigkeit könne die Klägerin uneingeschränkt für sechs und mehr Stunden am Tag ausüben. Eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit auf unter 6 Stunden sei durch die eingeschränkte Wegefähigkeit und durch die zeitliche Inanspruchnahme durch Aktivitäten des täglichen Lebens bedingt. Mit Bescheid vom 19. November 2010 bewilligte die Beklagte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juli 2009 aufgrund eines Versicherungsfalles am 10. Juni 2009. Die Rente werde bis Ende 2009 gezahlt. Der Anspruch bestehe längstens bis zum Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze 31. Januar 2014. Im Anschluss bestehe ein Anspruch auf eine Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 30. November 2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013. Die Anspruchsvoraussetzungen seien ab dem 10. Juni 2009 erfüllt. Der Rentenanspruch sei zeitlich begrenzt, weil die volle Erwerbsminderung nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand beruhe. Deshalb beginne die Rente erst ab dem siebten Kalendermonat. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. November 2010 wegen des Rentenbeginns und eventuell der Rentenart und mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 wegen der Berechnungsweise.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Juli 2009. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11. Februar 2011 Widerspruch. Es sei immer noch ein Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung im Gange. Zudem sei noch zu prüfen, ob der Rentenbeginn wegen der Anschlussheilbehandlung früher sein müsste. Mit Schreiben vom 28. Februar 2011 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie aus der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme als arbeitsfähig entlassen worden sei, weshalb eine Umdeutung des Reha-Antrages in einen Rentenantrag nicht erfolgt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2011 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 30. November 2010 und 11. Januar 2011 als unbegründet zurück.
Am 17. August 2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 22 R 4491/11) erhoben und sich gegen den Bescheid vom 11. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2011 gewandt und beantragt, die Altersrente für Schwerbehinderte bereits früher zu gewähren. Die Klägerin hat vorgetragen, ihre volle bzw. teilweise Erwerbsminderung sei entgegen der Auffassung der Beklagten bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten, sodass die Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres hätte beginnen können. Der Rehabilitationsantrag hätte umgedeutet werden müssen, da die Maßnahme erfolglos gewesen sei. Das SG hat den ärztlichen Entlassungsbericht der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 sowie den Gerichtsbescheid des SG vom 18. Februar 2014, S 3 SB 724/12, beigezogen, wonach die Klage auf Feststellung eines GdB von 50 ab 1. Februar 2007 abgewiesen worden ist.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein früherer Rentenbeginn komme wegen § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur in Betracht, wenn die Erwerbsminderung bzw. die Schwerbehinderteneigenschaft im April oder Mai 2009 eingetreten wäre. Hierfür würden sich keine Anhaltspunkte ergeben, auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin. Schließlich sei auch eine Schwerbehinderteneigenschaft ab April bzw. Mai 2009 nicht festgestellt worden. Ein früherer Rentenbeginn könne auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung einer Hinweispflicht im Wege sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gestützt werden. Die Beklagte hätte die Klägerin aufgrund des Entlassungsberichts vom 31. Juli 2008 nicht auf eine Rentenantragstellung hinweisen müssen. Gegen den der Klägerin am 5. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 5. Mai 2014 Berufung eingelegt und damit begründet, dass das Schwerbehindertenverfahren abzuwarten sei.
Nachdem mit Beschluss vom 23. Juni 2014 das Ruhen des Verfahrens L 13 R 1971/14 angeordnet worden ist, ist das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen worden und wird unter dem Aktenzeichen L 13 R 1718/17 fortgeführt. Der Senat hat die Akte des Landessozialgerichts Baden-Württemberg L 8 SB 1265/14 beigezogen, wonach die Klägerin am 28. Oktober 2015 die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2014 für erledigt erklärt hat. Mit Beschluss vom 1. Juni 2017 hat der Senat das Verfahren mit dem Verfahren L 13 R 1940/14 verbunden. Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 hat die Klägerin diese Berufung zurückgenommen.
Am 19. August 2011 hat die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2011 Klage zum SG (S 22 R 4539/11) erhoben und sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2009 zu gewähren. Die Klägerin sei seit einem deutlich früheren Zeitpunkt voll erwerbsgemindert. Zudem sei der Reha-Antrag in einen Rentenantrag umzudeuten, da die Rehabilitation erfolglos geblieben sei. Die Beklagte hat vorgetragen, angesichts des orthopädischen Gutachtens sei die Leistungsbeurteilung der Reha-Einrichtung schlüssig gewesen. Ein früherer Leistungsfall sei nicht belegt. Das SG hat den ärztlichen Entlassungsbericht der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 beigezogen. Mit Gerichtsbescheid vom 2. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage habe sich nur auf Gewährung einer früheren Rente wegen Erwerbsminderung bezogen und habe sich nicht gegen die Rentenhöhe gewandt. Wegen § 99 SGB VI komme ein früherer Rentenbeginn nur in Frage, wenn die Erwerbsminderung im April oder Mai 2009 eingetreten wäre, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gebe. Ein früherer Rentenbeginn für eine volle Erwerbsminderungsrente komme auch nicht insoweit in Betracht, als eine Dauerrente zu leisten wäre. Die Voraussetzungen hierfür seien nämlich nicht erfüllt. Nach dem Gutachten des Dr. K. sei eine Besserung nicht unwahrscheinlich. Ferner habe er lediglich ein Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden angenommen, weshalb ohnehin nur eine befristete Rente in Betracht komme (§102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI). Schließlich sei überhaupt fraglich, ob ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen vorliege, da Dr. K. dies lediglich mit der fehlenden Wegefähigkeit und den Aktivitäten des täglichen Lebens begründet habe, weshalb die Klägerin mehr Zeit als üblich benötige. Schließlich begründe auch eine unterstellte Wegeunfähigkeit keinen Anspruch auf Dauerrente, da die Verfügbarkeit eines Kfz, gegebenenfalls durch Kfz-Hilfe, die Wegeunfähigkeit beheben würde. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente wegen Verletzung einer Hinweispflicht im Wege sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Beklagte habe aufgrund des ärztlichen Entlassungsberichts vom 31. Juli 2008 nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin erwerbsgemindert gewesen sei. Es seien auch keine Ermittlungen dahingehend vorzunehmen, ob der Klägerin mittlerweile aufgrund eines verschlechterten Gesundheitszustandes eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren wäre. Denn der Klägerin sei eine Rente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2009 bewilligt worden, sodass ein Wechsel der Rentenart gemäß § 34 SGB VI ausgeschlossen sei.
Gegen den der Klägerin am 5. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 30. April 2014 Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass die Erwerbsminderung auf Dauer schon früher eingetreten sei. Der Entlassungsbericht sei falsch. Die Klägerin sei nicht arbeitsfähig gewesen, als sie aus der Reha-Maßnahme entlassen worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. April 2014, S 22 R 4539/11, aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2011 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auch vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend und hat eine ärztliche Stellungnahme des Dr. S. vom 28. August 2014 vorgelegt. Die Notwendigkeit einer erneuten Operation an der linken Hüfte am 6. Dezember 2010 spräche nicht gegen die Annahme eines Leistungsfalls im Juni 2009 und nicht für die Annahme eines noch früheren Leistungsfalles.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge beider Verfahren ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 2. April 2014 ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2009.
Die Klägerin konnte vor dem 10. Juni 2009 den Eintritt einer vollen Erwerbsminderung nicht nachweisen. Hinsichtlich der Voraussetzungen hinsichtlich dieses Rentenanspruchs verweist der Senat auf den zutreffenden angefochtenen Gerichtsbescheid und nimmt hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie bis dahin nicht in der Lage war, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig, d.h. 6 Stunden täglich, zu verrichten. Die Begutachtung durch den Orthopäden Dr. K. hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten ergeben. Klinisch hat sich bei der Begutachtung eine befriedigende Beweglichkeit beider Hüftgelenke gezeigt, lediglich links hat sich röntgenologisch eine leichte periartikuläre Verknöcherung im Bereich des Trochanter major gezeigt. Die Minderbelastbarkeit der Rumpfwirbelsäule bei mäßiger Osteochondrose L5/S1 ohne Zeichen einer Wurzelreizsymptomatik war nur leicht ausgeprägt. Dr. K. hat hiernach überzeugend dargelegt, dass die Klägerin auch ihre erlernte und ausgeübte Tätigkeit als Industriekauffrau vollschichtig, d.h. sechs Stunden und mehr verrichten kann. Auch der zeitnäher zu den beiden Hüft-TEP-Implantationen (links am 5. Dezember 2007, rechts am 16. Juni 2008) liegende Entlassungsbericht der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 führt schlüssig und nachvollziehbar aus, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Zu vermeiden sind Arbeiten im Knien, im Hocken, mit Absturzgefahr, auf Tritten und Leitern, was als Industriekauffrau bzw. Sekretärin nicht abverlangt wird. Es ist auch nicht nachgewiesen, dass die Klägerin vor der Anschlussrehabilitation auf Dauer, d.h. für mindestens 6 Monate, rentenrelevant leistungsgemindert war. Wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 31. Juli 2008 ergibt, hatte die erfolgte -erste- Operation an der linken Hüfte -damals- ein gutes Ergebnis, die Klägerin war ohne Beschwerden. Es entwickelten sich aber postoperativ zunehmend Schmerzen rechts, weshalb dann dort operiert wurde; eine andauernde Leistungsminderung für mindestens 6 Monate ist damit nicht nachgewiesen. Schließlich hat auch die Klägerin keinen Anlass gesehen, nach der 1. oder 2. Operation oder im Anschluss an die Rehabilitation einen Rentenantrag zu stellen. Aus der Tatsache, dass die Klägerin im Dezember 2010 erneut an der linken Hüfte operiert worden ist, ergibt sich nicht, dass sie vor Juni 2009 voll erwerbsgemindert war. Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat im Befundbericht vom 26. Mai 2010 noch nicht einmal Befunde oder Funktionsbeeinträchtigungen bezüglich der Hüfte mitgeteilt, sondern lediglich hinsichtlich der LWS. Einen früheren als von der Beklagten angenommenen Leistungsfall ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Dr. K ... Zum Einen gibt er an, dass das Leistungsvermögen seit Rentenantragstellung bestehe, was die Beklagte gerade übernommen hat. Zum Anderen sind dessen Ausführungen zum Leistungsvermögen nicht überzeugend. Auf seinem Fachgebiet hat er einen psychopathologisch unauffälligen Befund und einen neurologisch weitestgehend unauffälligen Befund beschrieben. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung, die Klägerin könne drei bis unter sechs Stunden leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten verrichten, beruht auf einer -nicht näher beschriebenen- eingeschränkten Wegefähigkeit und einem erhöhten Zeitbedarf für die Aktivitäten des täglichen Lebens. Dies überzeugt nicht. Die Wegefähigkeit beschreibt die Klägerin noch bei Dr. K. derart, dass sie einen Kilometer laufen könne, wohingegen Dr. K. überhaupt keine Ausführungen zur Wegefähigkeit macht. Damit lässt sich auch nicht eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit vor der Antragstellung nicht feststellen. Die Berücksichtigung eines stärkeren Zeitaufwandes für Aktivitäten des täglichen Lebens sind bereits rechtlich irrelevant, da gem. § 43 SGB VI die Reduzierung des Leistungsvermögens auf einer Krankheit oder Behinderung beruhen muss und nicht auf den Aktivitäten des täglichen Lebens. Ob die Beklagte zu Recht überhaupt von einer vollen Erwerbsminderung am 10. Juni 2009 ausgegangen ist, bedarf keiner Überprüfung, da die Klägerin hiervon nicht in ihren Rechten beeinträchtigt, sondern begünstigt wäre. Die Klägerin hat auch nicht einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009, weil am 10. Juni 2009 eine volle Erwerbsminderung auf Dauer eingetreten ist. Diesbezüglich verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid. Zudem kann für diese Zeit ein Wechsel in eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI nicht mehr vorgenommen werden, da der Klägerin bereits ab 1. Juli 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden ist.
Die Klägerin hat auch deshalb keinen Anspruch auf Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente vor dem 1. Juli 2009, weil gem. § 99 SGB VI eine solche Gewährung einer Rente aus eigener Versicherung voraussetzt, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Zeitraum März bis Mai 2009 eingetreten wären, wofür es keinerlei Anhalt gibt. Gem. § 99 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird. Die Erwerbsminderungsrente ist eine Rente aus eigener Versicherung, so dass § 99 SGB VI anwendbar ist. Wären die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente im Februar 2009 eingetreten, so würde die Rente ab 1. März 2009 geleistet, da erst dann zu Beginn alle Voraussetzungen vorlägen; dies setzt aber voraus, dass die Klägerin bis Ende Mai 2009 - innerhalb dreier Monate nach Februar 2009- den Rentenantrag gestellt, was nicht der Fall war. Dies gilt auch für einen noch früheren Versicherungsfall. Da die Klägerin den Rentenantrag erst im Juni 2009 gestellt hat, besteht ein Anspruch auf eine Rente ab 1. April bzw. 1. Mai bzw. 1. Juni 2009, wenn die Anspruchsvoraussetzungen exakt im Zeitraum März bis Mai 2009 eingetreten wären. Hierfür gibt es aber keinerlei Anhaltspunkte. Auch die Klägerin macht den Eintritt der Erwerbsminderung in diesem Zeitraum nicht geltend, sondern im Zusammenhang der ersten Hüft-Operation im Dezember 2007.
Die Beklagte hat auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, da sie keine Hinweispflicht verletzt hat. Vor der Antragstellung am 10. Juni 2009 hat die Beklagte auch nicht anlässlich des Entlassungsberichts der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 darauf hinweisen müssen, dass die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente stellen kann. Denn eine volle Erwerbsminderung ergibt sich aus diesem Entlassungsbericht nicht.
Nachdem eine volle Erwerbsminderung vor dem 10. Juni 2009 nicht nachgewiesen ist, würde auch eine Umdeutung des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in einen Rentenantrag gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI keinen früheren Rentenanspruch erbringen. Zudem müsste gem. § 116 Abs. 2 Ziff. 2 SGB VI die Erwerbsminderung -Arbeitsunfähigkeit reicht nicht, vgl. BSG SozR 4-2600 § 116 Nr. 1- bei Abschluss (weiterhin) vorgelegen haben, was ebenfalls nicht erwiesen ist (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt nur noch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits vom 1. Dezember 2007 bis zur Gewährung dieser Rente ab 1. Januar 2010, nachdem sie die Berufung wegen der Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor dem 1. Juli 2009 mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 zurückgenommen hat.
Die 1948 geborene Klägerin absolvierte nach der Schule eine Lehre als Industriekauffrau und war anschließend versicherungspflichtig als Sekretärin bzw. kaufmännische Angestellte bis 1975 beschäftigt. Von 1976 bis 1993 war sie als Kosmetikerin selbständig tätig, wobei sie ab 1977 freiwillige Beiträge bis 30. Juni 2009 zahlte (s. Versicherungsverlauf vom 30. November 2010). Am 5. Dezember 2007 fand eine Hüft-TEP-Implantation links und am 16. Juni 2008 eine Hüft-TEP-Implantation rechts statt. Vom 9. bis 26. Juli 2008 befand sich die Klägerin zur Anschluss-Rehabilitation in der Theresienklinik B. K ... Im Entlassungsbericht vom 31. Juli 2008 gelangten die behandelnden Ärzte zu der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Nicht empfehlenswert seien Arbeiten mit Knien, im Hocken, mit Absturzgefahr, auf Tritten und Leitern. Auch ihre letzte Tätigkeit als Hausverwalterin -sie verwalte eine eigene Immobilie- könne sie vollschichtig verrichten. Am 6. Dezember 2010 fand eine Revisions-OP an der linken Hüfte statt.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Juni 2009 die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres in allen erdenklichen Varianten sowie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste die Begutachtung durch den Orthopäden Dr. K., der im Gutachten vom 12. November 2009 einen Zustand nach Hüft-TEP beidseits sowie chronische rezidivierende Lumbalgien bei mäßiger Osteochondrose L5/S1 diagnostizierte. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Heben und Tragen von schweren Lasten (maximal acht bis zehn kg), ohne Besteigen von Leitern und ohne Besteigen von Gerüsten vollschichtig verrichten. Auch die erlernte und langjährig ausgeübte Tätigkeit als Industriekauffrau könne die Klägerin noch vollschichtig ausüben. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und die Gewährung einer Altersrente nach § 236a SGB VI ab, da die Klägerin weder erwerbsgemindert noch berufs- oder erwerbsunfähig sei. Am 23. Dezember 2009 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch mit dem Antrag, Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen. Die Reha-Anträge seien in einen Rentenantrag umzudeuten. Entgegen der Auffassung des Gutachters sei die Gesamtsituation nach erfolgten zwei Hüftoperationen immer noch unbefriedigend. Nach dem Befundbericht der Dr. S. habe sich ein Verdacht auf eine Somatisierungsstörung sowie auf eine Polyneuropathie ergeben, sodass ein neurologisches Gutachten hätte eingeholt werden müssen. Vom behandelnden Facharzt für Orthopädie Dr. S. wurde ein Befundbericht vom 26. Mai 2010 eingeholt. Dr. S. hat als Funktionseinschränkung eine eingeschränkte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule und eine Reklinationseinschränkung beschrieben; sensomotorische Ausfälle seien nicht vorhanden. Die Beklagte hat eine Begutachtung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. veranlasst. Im Gutachten vom 1. Juli 2010 fand der Gutachter psychopathologisch einen unauffälligen Befund sowie neurologisch einen weitestgehend unauffälligen Befund. Die angegebenen starken diffusen Leistenschmerzen links mit Ausstrahlung ins gesamte linke Bein beruhten am Wahrscheinlichsten auf Nervenreizungen nach einem stumpfen Leistentrauma mit massivem Hämatom im Jahre 2000. Zudem hat der Gutachter einen Verdacht auf ein ISG-Syndrom links geäußert. Eine Schreibtischtätigkeit könne die Klägerin uneingeschränkt für sechs und mehr Stunden am Tag ausüben. Eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit auf unter 6 Stunden sei durch die eingeschränkte Wegefähigkeit und durch die zeitliche Inanspruchnahme durch Aktivitäten des täglichen Lebens bedingt. Mit Bescheid vom 19. November 2010 bewilligte die Beklagte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juli 2009 aufgrund eines Versicherungsfalles am 10. Juni 2009. Die Rente werde bis Ende 2009 gezahlt. Der Anspruch bestehe längstens bis zum Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze 31. Januar 2014. Im Anschluss bestehe ein Anspruch auf eine Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 30. November 2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013. Die Anspruchsvoraussetzungen seien ab dem 10. Juni 2009 erfüllt. Der Rentenanspruch sei zeitlich begrenzt, weil die volle Erwerbsminderung nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand beruhe. Deshalb beginne die Rente erst ab dem siebten Kalendermonat. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. November 2010 wegen des Rentenbeginns und eventuell der Rentenart und mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 wegen der Berechnungsweise.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Juli 2009. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11. Februar 2011 Widerspruch. Es sei immer noch ein Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung im Gange. Zudem sei noch zu prüfen, ob der Rentenbeginn wegen der Anschlussheilbehandlung früher sein müsste. Mit Schreiben vom 28. Februar 2011 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie aus der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme als arbeitsfähig entlassen worden sei, weshalb eine Umdeutung des Reha-Antrages in einen Rentenantrag nicht erfolgt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2011 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 30. November 2010 und 11. Januar 2011 als unbegründet zurück.
Am 17. August 2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 22 R 4491/11) erhoben und sich gegen den Bescheid vom 11. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2011 gewandt und beantragt, die Altersrente für Schwerbehinderte bereits früher zu gewähren. Die Klägerin hat vorgetragen, ihre volle bzw. teilweise Erwerbsminderung sei entgegen der Auffassung der Beklagten bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten, sodass die Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres hätte beginnen können. Der Rehabilitationsantrag hätte umgedeutet werden müssen, da die Maßnahme erfolglos gewesen sei. Das SG hat den ärztlichen Entlassungsbericht der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 sowie den Gerichtsbescheid des SG vom 18. Februar 2014, S 3 SB 724/12, beigezogen, wonach die Klage auf Feststellung eines GdB von 50 ab 1. Februar 2007 abgewiesen worden ist.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein früherer Rentenbeginn komme wegen § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur in Betracht, wenn die Erwerbsminderung bzw. die Schwerbehinderteneigenschaft im April oder Mai 2009 eingetreten wäre. Hierfür würden sich keine Anhaltspunkte ergeben, auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin. Schließlich sei auch eine Schwerbehinderteneigenschaft ab April bzw. Mai 2009 nicht festgestellt worden. Ein früherer Rentenbeginn könne auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung einer Hinweispflicht im Wege sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gestützt werden. Die Beklagte hätte die Klägerin aufgrund des Entlassungsberichts vom 31. Juli 2008 nicht auf eine Rentenantragstellung hinweisen müssen. Gegen den der Klägerin am 5. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 5. Mai 2014 Berufung eingelegt und damit begründet, dass das Schwerbehindertenverfahren abzuwarten sei.
Nachdem mit Beschluss vom 23. Juni 2014 das Ruhen des Verfahrens L 13 R 1971/14 angeordnet worden ist, ist das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen worden und wird unter dem Aktenzeichen L 13 R 1718/17 fortgeführt. Der Senat hat die Akte des Landessozialgerichts Baden-Württemberg L 8 SB 1265/14 beigezogen, wonach die Klägerin am 28. Oktober 2015 die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2014 für erledigt erklärt hat. Mit Beschluss vom 1. Juni 2017 hat der Senat das Verfahren mit dem Verfahren L 13 R 1940/14 verbunden. Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 hat die Klägerin diese Berufung zurückgenommen.
Am 19. August 2011 hat die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2011 Klage zum SG (S 22 R 4539/11) erhoben und sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2009 zu gewähren. Die Klägerin sei seit einem deutlich früheren Zeitpunkt voll erwerbsgemindert. Zudem sei der Reha-Antrag in einen Rentenantrag umzudeuten, da die Rehabilitation erfolglos geblieben sei. Die Beklagte hat vorgetragen, angesichts des orthopädischen Gutachtens sei die Leistungsbeurteilung der Reha-Einrichtung schlüssig gewesen. Ein früherer Leistungsfall sei nicht belegt. Das SG hat den ärztlichen Entlassungsbericht der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 beigezogen. Mit Gerichtsbescheid vom 2. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage habe sich nur auf Gewährung einer früheren Rente wegen Erwerbsminderung bezogen und habe sich nicht gegen die Rentenhöhe gewandt. Wegen § 99 SGB VI komme ein früherer Rentenbeginn nur in Frage, wenn die Erwerbsminderung im April oder Mai 2009 eingetreten wäre, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gebe. Ein früherer Rentenbeginn für eine volle Erwerbsminderungsrente komme auch nicht insoweit in Betracht, als eine Dauerrente zu leisten wäre. Die Voraussetzungen hierfür seien nämlich nicht erfüllt. Nach dem Gutachten des Dr. K. sei eine Besserung nicht unwahrscheinlich. Ferner habe er lediglich ein Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden angenommen, weshalb ohnehin nur eine befristete Rente in Betracht komme (§102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI). Schließlich sei überhaupt fraglich, ob ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen vorliege, da Dr. K. dies lediglich mit der fehlenden Wegefähigkeit und den Aktivitäten des täglichen Lebens begründet habe, weshalb die Klägerin mehr Zeit als üblich benötige. Schließlich begründe auch eine unterstellte Wegeunfähigkeit keinen Anspruch auf Dauerrente, da die Verfügbarkeit eines Kfz, gegebenenfalls durch Kfz-Hilfe, die Wegeunfähigkeit beheben würde. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente wegen Verletzung einer Hinweispflicht im Wege sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Beklagte habe aufgrund des ärztlichen Entlassungsberichts vom 31. Juli 2008 nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin erwerbsgemindert gewesen sei. Es seien auch keine Ermittlungen dahingehend vorzunehmen, ob der Klägerin mittlerweile aufgrund eines verschlechterten Gesundheitszustandes eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren wäre. Denn der Klägerin sei eine Rente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2009 bewilligt worden, sodass ein Wechsel der Rentenart gemäß § 34 SGB VI ausgeschlossen sei.
Gegen den der Klägerin am 5. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 30. April 2014 Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass die Erwerbsminderung auf Dauer schon früher eingetreten sei. Der Entlassungsbericht sei falsch. Die Klägerin sei nicht arbeitsfähig gewesen, als sie aus der Reha-Maßnahme entlassen worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. April 2014, S 22 R 4539/11, aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2011 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auch vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend und hat eine ärztliche Stellungnahme des Dr. S. vom 28. August 2014 vorgelegt. Die Notwendigkeit einer erneuten Operation an der linken Hüfte am 6. Dezember 2010 spräche nicht gegen die Annahme eines Leistungsfalls im Juni 2009 und nicht für die Annahme eines noch früheren Leistungsfalles.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge beider Verfahren ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 2. April 2014 ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2009.
Die Klägerin konnte vor dem 10. Juni 2009 den Eintritt einer vollen Erwerbsminderung nicht nachweisen. Hinsichtlich der Voraussetzungen hinsichtlich dieses Rentenanspruchs verweist der Senat auf den zutreffenden angefochtenen Gerichtsbescheid und nimmt hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie bis dahin nicht in der Lage war, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig, d.h. 6 Stunden täglich, zu verrichten. Die Begutachtung durch den Orthopäden Dr. K. hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten ergeben. Klinisch hat sich bei der Begutachtung eine befriedigende Beweglichkeit beider Hüftgelenke gezeigt, lediglich links hat sich röntgenologisch eine leichte periartikuläre Verknöcherung im Bereich des Trochanter major gezeigt. Die Minderbelastbarkeit der Rumpfwirbelsäule bei mäßiger Osteochondrose L5/S1 ohne Zeichen einer Wurzelreizsymptomatik war nur leicht ausgeprägt. Dr. K. hat hiernach überzeugend dargelegt, dass die Klägerin auch ihre erlernte und ausgeübte Tätigkeit als Industriekauffrau vollschichtig, d.h. sechs Stunden und mehr verrichten kann. Auch der zeitnäher zu den beiden Hüft-TEP-Implantationen (links am 5. Dezember 2007, rechts am 16. Juni 2008) liegende Entlassungsbericht der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 führt schlüssig und nachvollziehbar aus, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Zu vermeiden sind Arbeiten im Knien, im Hocken, mit Absturzgefahr, auf Tritten und Leitern, was als Industriekauffrau bzw. Sekretärin nicht abverlangt wird. Es ist auch nicht nachgewiesen, dass die Klägerin vor der Anschlussrehabilitation auf Dauer, d.h. für mindestens 6 Monate, rentenrelevant leistungsgemindert war. Wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 31. Juli 2008 ergibt, hatte die erfolgte -erste- Operation an der linken Hüfte -damals- ein gutes Ergebnis, die Klägerin war ohne Beschwerden. Es entwickelten sich aber postoperativ zunehmend Schmerzen rechts, weshalb dann dort operiert wurde; eine andauernde Leistungsminderung für mindestens 6 Monate ist damit nicht nachgewiesen. Schließlich hat auch die Klägerin keinen Anlass gesehen, nach der 1. oder 2. Operation oder im Anschluss an die Rehabilitation einen Rentenantrag zu stellen. Aus der Tatsache, dass die Klägerin im Dezember 2010 erneut an der linken Hüfte operiert worden ist, ergibt sich nicht, dass sie vor Juni 2009 voll erwerbsgemindert war. Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat im Befundbericht vom 26. Mai 2010 noch nicht einmal Befunde oder Funktionsbeeinträchtigungen bezüglich der Hüfte mitgeteilt, sondern lediglich hinsichtlich der LWS. Einen früheren als von der Beklagten angenommenen Leistungsfall ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Dr. K ... Zum Einen gibt er an, dass das Leistungsvermögen seit Rentenantragstellung bestehe, was die Beklagte gerade übernommen hat. Zum Anderen sind dessen Ausführungen zum Leistungsvermögen nicht überzeugend. Auf seinem Fachgebiet hat er einen psychopathologisch unauffälligen Befund und einen neurologisch weitestgehend unauffälligen Befund beschrieben. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung, die Klägerin könne drei bis unter sechs Stunden leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten verrichten, beruht auf einer -nicht näher beschriebenen- eingeschränkten Wegefähigkeit und einem erhöhten Zeitbedarf für die Aktivitäten des täglichen Lebens. Dies überzeugt nicht. Die Wegefähigkeit beschreibt die Klägerin noch bei Dr. K. derart, dass sie einen Kilometer laufen könne, wohingegen Dr. K. überhaupt keine Ausführungen zur Wegefähigkeit macht. Damit lässt sich auch nicht eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit vor der Antragstellung nicht feststellen. Die Berücksichtigung eines stärkeren Zeitaufwandes für Aktivitäten des täglichen Lebens sind bereits rechtlich irrelevant, da gem. § 43 SGB VI die Reduzierung des Leistungsvermögens auf einer Krankheit oder Behinderung beruhen muss und nicht auf den Aktivitäten des täglichen Lebens. Ob die Beklagte zu Recht überhaupt von einer vollen Erwerbsminderung am 10. Juni 2009 ausgegangen ist, bedarf keiner Überprüfung, da die Klägerin hiervon nicht in ihren Rechten beeinträchtigt, sondern begünstigt wäre. Die Klägerin hat auch nicht einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009, weil am 10. Juni 2009 eine volle Erwerbsminderung auf Dauer eingetreten ist. Diesbezüglich verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid. Zudem kann für diese Zeit ein Wechsel in eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI nicht mehr vorgenommen werden, da der Klägerin bereits ab 1. Juli 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden ist.
Die Klägerin hat auch deshalb keinen Anspruch auf Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente vor dem 1. Juli 2009, weil gem. § 99 SGB VI eine solche Gewährung einer Rente aus eigener Versicherung voraussetzt, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Zeitraum März bis Mai 2009 eingetreten wären, wofür es keinerlei Anhalt gibt. Gem. § 99 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird. Die Erwerbsminderungsrente ist eine Rente aus eigener Versicherung, so dass § 99 SGB VI anwendbar ist. Wären die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente im Februar 2009 eingetreten, so würde die Rente ab 1. März 2009 geleistet, da erst dann zu Beginn alle Voraussetzungen vorlägen; dies setzt aber voraus, dass die Klägerin bis Ende Mai 2009 - innerhalb dreier Monate nach Februar 2009- den Rentenantrag gestellt, was nicht der Fall war. Dies gilt auch für einen noch früheren Versicherungsfall. Da die Klägerin den Rentenantrag erst im Juni 2009 gestellt hat, besteht ein Anspruch auf eine Rente ab 1. April bzw. 1. Mai bzw. 1. Juni 2009, wenn die Anspruchsvoraussetzungen exakt im Zeitraum März bis Mai 2009 eingetreten wären. Hierfür gibt es aber keinerlei Anhaltspunkte. Auch die Klägerin macht den Eintritt der Erwerbsminderung in diesem Zeitraum nicht geltend, sondern im Zusammenhang der ersten Hüft-Operation im Dezember 2007.
Die Beklagte hat auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, da sie keine Hinweispflicht verletzt hat. Vor der Antragstellung am 10. Juni 2009 hat die Beklagte auch nicht anlässlich des Entlassungsberichts der Theresienklinik B. K. vom 31. Juli 2008 darauf hinweisen müssen, dass die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente stellen kann. Denn eine volle Erwerbsminderung ergibt sich aus diesem Entlassungsbericht nicht.
Nachdem eine volle Erwerbsminderung vor dem 10. Juni 2009 nicht nachgewiesen ist, würde auch eine Umdeutung des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in einen Rentenantrag gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI keinen früheren Rentenanspruch erbringen. Zudem müsste gem. § 116 Abs. 2 Ziff. 2 SGB VI die Erwerbsminderung -Arbeitsunfähigkeit reicht nicht, vgl. BSG SozR 4-2600 § 116 Nr. 1- bei Abschluss (weiterhin) vorgelegen haben, was ebenfalls nicht erwiesen ist (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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