Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1830/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4368/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Rentenbescheides vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011, mit dem die Beklagte eine mit Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligte Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von 36,21 EUR monatlich auf ihre Hinterbliebenenrente ab 1. März 2011 anrechnete.
Die 1948 geborene Klägerin ist die Witwe des am 16. Februar 1941 geborenen und am 3. Mai 2002 verstorbenen Hans Max T. (im Folgenden: Versicherter). Die Klägerin bezog seit 3. Mai 2002 eine große Witwenrente in Höhe von zuletzt 405,51 EUR monatlich einschließlich eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 27,59 EUR.
Mit Bescheid vom 30. November 2010 berechnete die Beklagte die Witwenrente der Klägerin unter Berücksichtigung der ihr mit Bescheid vom 19. November 2010 ab 1. Juli 2009 bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung neu und stellte fest, dass sich keine Änderung des Zahlbetrags ergebe. Mit Bescheid vom 12. Januar 2011 berechnete die Beklagte die Witwenrente ab 1. Januar 2011 neu unter Berücksichtigung der der Klägerin mit Bescheid vom 30. November 2010 ab 1. Januar 2010 bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung und bewilligte nunmehr unter Anrechnung von Einkommen in Höhe von 39,25 EUR monatlich einen Zahlbetrag von 363,40 EUR.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2009 in Höhe von 924,69 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 stellte die Beklagte die große Witwenrente ab 1. März 2011 neu fest und bewilligte nunmehr 366,66 EUR monatlich einschließlich eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 24,95 EUR. Die Beklagte rechnete die gewährte Altersrente in Höhe von 36,21 EUR monatlich an. Dabei ging sie von einer Altersrente in Höhe von 924,69 EUR aus und zog davon 7,9% für Beiträge zur Krankenversicherung und 1,95% für Beiträge zur Pflegeversicherung sowie weitere 3% ab und ermittelte so eine zu berücksichtigende Rente in Höhe von 808,60 EUR. Davon ließ sie das 26,4-Fache des aktuellen Rentenwertes, also 718,08 EUR, anrechnungsfrei und rechnete von dem übersteigenden Betrag (90,52 EUR) 40% (36,21 EUR) an. Am 11. Februar 2011 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 26. Januar 2011 Widerspruch, der sich gegen die Minderung um 36,21 EUR wandte. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei eine Anrechnung allenfalls im Umfang der Pflichtbeiträge zulässig. Es könne nichts anderes gelten als bei Verletztenrenten, bei denen es nicht zum Ruhen kommen dürfe, wenn aufgrund freiwilliger Beitragszahlung eine Verletztenrente gezahlt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf die Renten wegen Todes seien die Renten aus eigener Versicherung anzurechnen, auch soweit sie auf freiwilligen Beiträgen beruhten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht.
Am 7. April 2011 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2011 aufzuheben. Die eigene Rente basiere, wie auch die Hinterbliebenenrente, auf freiwilliger Beitragsleistung. Wäre klar gewesen, dass eine Einkommensanrechnung erfolge, wären die freiwilligen Zahlungen wohl kaum erfolgt. Dies stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in Art. 14 Grundgesetz (GG) dar. Ferner liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor im Verhältnis zu Beziehern von Verletztenrenten, die ausschließlich auf freiwilliger Beitragsentrichtung beruhten, die nicht zu einem Ruhen in der gesetzlichen Rentenversicherung führten. Im Umkehrschluss dürfe eine Rente, die fast ausschließlich auf freiwilliger Beitragsentrichtung beruhe, auch nicht zu einem Ruhen bei der Hinterbliebenenrente herangezogen werden, soweit sie auf freiwilliger Beitragsentrichtung beruhe.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klageantrag der Klägerin sei so auszulegen, dass die Klägerin auch die Anrechnung der vollen Erwerbsminderungsrente auf die Hinterbliebenenrente anfechte. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die Anrechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen entspreche den gesetzlichen Vorschriften der §§ 97 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), 18a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Die Anrechnung verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die Witwenrente unterliege nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG. Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung gegenüber Beziehern von Unfallrenten vortrage, bleibe unklar, welche Vorschrift sie meine. Soweit Unfallrenten in Höhe eines bestimmten an der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz orientierten Betrags anrechnungsfrei bleibe, sei ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht erkennbar.
Gegen den der Klägerin am 18. Oktober 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 21. Oktober 2014 Berufung eingelegt und ausdrücklich den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 angefochten und die Ausführungen vertieft. Zu diskutieren sei auch, ob Art. 6 GG tangiert sei. Soweit das SG die Ausführungen zu Ungleichbehandlungen nicht so recht verstanden habe, bleibe auszuführen, dass eine Verletztenrente, die auf einer freiwilligen Beitragszahlung beruhe, auf die eigene Rente wegen Erwerbsminderung oder wegen Alters nicht angerechnet werde. Die Altersrente der Klägerin beruhe fast überwiegend auf freiwilliger Beitragszahlung und es sei gar nicht nachvollziehbar, warum diese Rente, die auf freiwilliger Beitragsleistung beruhe, im Gegensatz zu einer Verletztenrente, die auf freiwilliger Beitragsleistung beruhe, angerechnet werde auf die Hinterbliebenenrente, als wenn sie auf Pflichtbeiträgen beruhen würde. Es sei der Maßstab anzuwenden, der bei freiwillig eingegangenen Rechtsverhältnissen zu gelten habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klage ist entgegen der Auffassung des SG aber bereits unzulässig.
Die rechtskundig vertretene Klägerin hat mit ihrer Berufung ausdrücklich nur beantragt, den die Altersrente anrechnenden Bescheid vom 26. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2011 aufzuheben. Nach Auffassung des Senates kann dann nicht mehr die zweckmäßige Antragstellung unterstellt werden, die das SG angenommen hat. Zweckmäßigerweise hätte die Klägerin auch gegen den Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 Widerspruch und Anfechtungsklage erheben können, da dann der Rentenbescheid vom 30. November 2010 Geltung erhielte, der keinerlei Anrechnung einer eigenen Rente auf die Hinterbliebenenrente enthielt. Die rechtskundig vertretene Klägerin hat aber ausdrücklich nur gegen den Altersrente anrechnenden Rentenbescheid vom 26. Januar 2011 Widerspruch eingelegt und auch nur gegen diesen Anfechtungsklage erhoben. Ob das SG noch zutreffend gemäß § 123 SGG diese ausdrücklichen Anträge einer rechtskundig vertretenen Versicherten entgegen dem Wortlaut derart auslegen durfte, dass auch ein anderer Verwaltungsakt mit Widerspruch und Klage angefochten ist, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls kann nach den ausführlichen Darlegungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die rechtskundig vertretene Klägerin auch mit der Berufung einen falschen Antrag stellen wollte. Der Senat muss daher davon ausgehen, dass lediglich der Rentenbescheid vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 angefochten ist. Für die insoweit als solche statthafte Anfechtungsklage ist aber ein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar. Denn dieser Rentenbescheid führt im Verfügungssatz zu einer Verbesserung gegenüber dem Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 insoweit, als nur noch 36,21 EUR anstatt 39,25 EUR einer eigenen Rente auf die Hinterbliebenenrente angerechnet wird. Mit der Aufhebung des Rentenbescheids vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 würde der Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 Geltung erhalten, der zu einer Rechtsverschlechterung der Klägerin führen würde. Hierfür ist ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin nicht vorhanden.
Sollte die Antragstellung der Klägerin derart auszulegen sein, dass sie sowohl den Bescheid vom 12. Januar 2011 als auch den Bescheid vom 26. Januar 2011 mit Widerspruch und Klage sowie Berufung angefochten hat, so wäre die Berufung zurückzuweisen, weil die Klage ohne Erfolg ist. Sowohl der eine volle Erwerbsminderungsrente anrechnende Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 als auch der die Altersrente für schwerbehinderte Menschen anrechnende Rentenbescheid vom 26. Januar 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte war berechtigt, gemäß § 48 SGB X den Rentenbescheid vom 30. November 2010 abzuändern, weil die volle Erwerbsminderungsrente und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bedeutet.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat ab 3. Mai 2002 eine Hinterbliebenenrente bezogen, was aufgrund eines Dauerverwaltungsaktes geschah, zuletzt durch Bescheid vom 30. November 2010. Mit der Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente ab Januar 2010 sowie mit der durch Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligten Altersrente für schwerbehinderte Menschen hat sich nach dem Bescheid vom 30. November 2010 eine rechtlich wesentliche Änderung ereignet. Die Beklagte hat zutreffend die volle Erwerbsminderungsrente und die Altersrente gemäß § 97 SGB VI angerechnet. Nach § 97 SGB VI wird Einkommen gemäß §18a SGB IV von Berechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, angerechnet. Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich das 26,4-Fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt (Abs. 2 Satz 1). Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 v.H. angerechnet (Abs. 2 Satz 3). Hiernach hat die Beklagte zutreffend die Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 933,37 EUR (siehe Rentenbescheid vom 30. November 2010, Bl. 137 der Verwaltungsakten der Beklagten) zutreffend angerechnet. Die Beklagte hat von dieser Rente den Beitragsanteil zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen sowie weitere 3% und von der hiernach zu berücksichtigenden Rente in Höhe von 816,20 EUR den Freibetrag von 26,4 x 27,20 EUR (718,08 EUR) abgezogen, sodass das Einkommen in Höhe von 98,12 EUR den Freibetrag übersteigt. Hiervon sind 40 % anrechenbar, was 39,25 EUR sind. Die Beklagte hat auch die mit Rentenbescheid vom 11. Januar 2011 gewährte Altersrente für schwerbehinderte Menschen in - geringerer - Höhe (924,69 EUR) zutreffend bei der Hinterbliebenenrente berücksichtigt. Sie hat von den 924,69 EUR die Beitragsanteile zur Kranken-und Pflegeversicherung sowie weitere 3% abgezogen und von der hiernach zu berücksichtigenden Rente in Höhe von 808,60 EUR den Freibetrag von 718,08 EUR abgezogen, was zu einem den Freibetrag übersteigenden Einkommen von 90,52 EUR führt. Hiervon sind 40 % nur noch 36,21 EUR. Zu Lasten der Klägerin gereichende Fehler bei der Anrechnung der Renten auf die Hinterbliebenenrente sind nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Die gesetzlich vorgeschriebene Anrechnung eigener Renten auf die Hinterbliebenenrente ist auch nicht verfassungswidrig. Der Senat hat keinerlei Zweifel daran, dass die Anrechnung einer eigenen Rente von über 900,00 EUR mit unter 40,00 EUR monatlich nicht verfassungswidrig ist. Einen Grund, freiwillige Beiträge gegenüber Pflichtbeiträgen zu privilegieren, erkennt der Senat nicht. Im Gegenteil kann sich der freiwillig Versicherte die Zahlung dieser Beiträge überlegen und sich nach entsprechender Beratung dafür und dagegen entscheiden, wohingegen Pflichtversicherte keine Wahlmöglichkeit haben. Jemanden gegenüber Pflichtversicherten zu privilegieren, obwohl er die freie Wahl hatte, Beiträge zu leisten oder nicht, ist jedenfalls aus der Verfassung nicht abzuleiten. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin meint, eine Verletztenrente, die auf freiwilliger Beitragsleistung beruhe, werde auf die eigene Altersrente nicht angerechnet, meint er offenbar § 93 Abs. 5 Nr. 2 SGB VI. Hiernach wird ausnahmsweise eine Rente wegen einer Verletztenrente nicht gekürzt, wenn die Rente aus der Unfallversicherung ausschließlich nach dem Arbeitseinkommen des Unternehmers oder nach einem festen Betrag, der für den Unternehmer bestimmt ist, berechnet wird. Hier geht es aber nicht um eine Anrechnung einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung auf die Rente aus eigener Versicherung, sondern um die Anrechnung von Einkommen auf eine unterhaltsersetzende, fürsorgerisch motivierte Sozialleistung (vgl. Kasseler Kommentar, § 97 SGB VI Rdnr. 2), sodass der Senat verfassungsrechtliche Ausführungen hierzu für entbehrlich hält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Rentenbescheides vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011, mit dem die Beklagte eine mit Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligte Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von 36,21 EUR monatlich auf ihre Hinterbliebenenrente ab 1. März 2011 anrechnete.
Die 1948 geborene Klägerin ist die Witwe des am 16. Februar 1941 geborenen und am 3. Mai 2002 verstorbenen Hans Max T. (im Folgenden: Versicherter). Die Klägerin bezog seit 3. Mai 2002 eine große Witwenrente in Höhe von zuletzt 405,51 EUR monatlich einschließlich eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 27,59 EUR.
Mit Bescheid vom 30. November 2010 berechnete die Beklagte die Witwenrente der Klägerin unter Berücksichtigung der ihr mit Bescheid vom 19. November 2010 ab 1. Juli 2009 bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung neu und stellte fest, dass sich keine Änderung des Zahlbetrags ergebe. Mit Bescheid vom 12. Januar 2011 berechnete die Beklagte die Witwenrente ab 1. Januar 2011 neu unter Berücksichtigung der der Klägerin mit Bescheid vom 30. November 2010 ab 1. Januar 2010 bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung und bewilligte nunmehr unter Anrechnung von Einkommen in Höhe von 39,25 EUR monatlich einen Zahlbetrag von 363,40 EUR.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2009 in Höhe von 924,69 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 stellte die Beklagte die große Witwenrente ab 1. März 2011 neu fest und bewilligte nunmehr 366,66 EUR monatlich einschließlich eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 24,95 EUR. Die Beklagte rechnete die gewährte Altersrente in Höhe von 36,21 EUR monatlich an. Dabei ging sie von einer Altersrente in Höhe von 924,69 EUR aus und zog davon 7,9% für Beiträge zur Krankenversicherung und 1,95% für Beiträge zur Pflegeversicherung sowie weitere 3% ab und ermittelte so eine zu berücksichtigende Rente in Höhe von 808,60 EUR. Davon ließ sie das 26,4-Fache des aktuellen Rentenwertes, also 718,08 EUR, anrechnungsfrei und rechnete von dem übersteigenden Betrag (90,52 EUR) 40% (36,21 EUR) an. Am 11. Februar 2011 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 26. Januar 2011 Widerspruch, der sich gegen die Minderung um 36,21 EUR wandte. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei eine Anrechnung allenfalls im Umfang der Pflichtbeiträge zulässig. Es könne nichts anderes gelten als bei Verletztenrenten, bei denen es nicht zum Ruhen kommen dürfe, wenn aufgrund freiwilliger Beitragszahlung eine Verletztenrente gezahlt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf die Renten wegen Todes seien die Renten aus eigener Versicherung anzurechnen, auch soweit sie auf freiwilligen Beiträgen beruhten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht.
Am 7. April 2011 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2011 aufzuheben. Die eigene Rente basiere, wie auch die Hinterbliebenenrente, auf freiwilliger Beitragsleistung. Wäre klar gewesen, dass eine Einkommensanrechnung erfolge, wären die freiwilligen Zahlungen wohl kaum erfolgt. Dies stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in Art. 14 Grundgesetz (GG) dar. Ferner liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor im Verhältnis zu Beziehern von Verletztenrenten, die ausschließlich auf freiwilliger Beitragsentrichtung beruhten, die nicht zu einem Ruhen in der gesetzlichen Rentenversicherung führten. Im Umkehrschluss dürfe eine Rente, die fast ausschließlich auf freiwilliger Beitragsentrichtung beruhe, auch nicht zu einem Ruhen bei der Hinterbliebenenrente herangezogen werden, soweit sie auf freiwilliger Beitragsentrichtung beruhe.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klageantrag der Klägerin sei so auszulegen, dass die Klägerin auch die Anrechnung der vollen Erwerbsminderungsrente auf die Hinterbliebenenrente anfechte. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die Anrechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen entspreche den gesetzlichen Vorschriften der §§ 97 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), 18a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Die Anrechnung verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die Witwenrente unterliege nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG. Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung gegenüber Beziehern von Unfallrenten vortrage, bleibe unklar, welche Vorschrift sie meine. Soweit Unfallrenten in Höhe eines bestimmten an der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz orientierten Betrags anrechnungsfrei bleibe, sei ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht erkennbar.
Gegen den der Klägerin am 18. Oktober 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 21. Oktober 2014 Berufung eingelegt und ausdrücklich den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 angefochten und die Ausführungen vertieft. Zu diskutieren sei auch, ob Art. 6 GG tangiert sei. Soweit das SG die Ausführungen zu Ungleichbehandlungen nicht so recht verstanden habe, bleibe auszuführen, dass eine Verletztenrente, die auf einer freiwilligen Beitragszahlung beruhe, auf die eigene Rente wegen Erwerbsminderung oder wegen Alters nicht angerechnet werde. Die Altersrente der Klägerin beruhe fast überwiegend auf freiwilliger Beitragszahlung und es sei gar nicht nachvollziehbar, warum diese Rente, die auf freiwilliger Beitragsleistung beruhe, im Gegensatz zu einer Verletztenrente, die auf freiwilliger Beitragsleistung beruhe, angerechnet werde auf die Hinterbliebenenrente, als wenn sie auf Pflichtbeiträgen beruhen würde. Es sei der Maßstab anzuwenden, der bei freiwillig eingegangenen Rechtsverhältnissen zu gelten habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klage ist entgegen der Auffassung des SG aber bereits unzulässig.
Die rechtskundig vertretene Klägerin hat mit ihrer Berufung ausdrücklich nur beantragt, den die Altersrente anrechnenden Bescheid vom 26. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2011 aufzuheben. Nach Auffassung des Senates kann dann nicht mehr die zweckmäßige Antragstellung unterstellt werden, die das SG angenommen hat. Zweckmäßigerweise hätte die Klägerin auch gegen den Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 Widerspruch und Anfechtungsklage erheben können, da dann der Rentenbescheid vom 30. November 2010 Geltung erhielte, der keinerlei Anrechnung einer eigenen Rente auf die Hinterbliebenenrente enthielt. Die rechtskundig vertretene Klägerin hat aber ausdrücklich nur gegen den Altersrente anrechnenden Rentenbescheid vom 26. Januar 2011 Widerspruch eingelegt und auch nur gegen diesen Anfechtungsklage erhoben. Ob das SG noch zutreffend gemäß § 123 SGG diese ausdrücklichen Anträge einer rechtskundig vertretenen Versicherten entgegen dem Wortlaut derart auslegen durfte, dass auch ein anderer Verwaltungsakt mit Widerspruch und Klage angefochten ist, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls kann nach den ausführlichen Darlegungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die rechtskundig vertretene Klägerin auch mit der Berufung einen falschen Antrag stellen wollte. Der Senat muss daher davon ausgehen, dass lediglich der Rentenbescheid vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 angefochten ist. Für die insoweit als solche statthafte Anfechtungsklage ist aber ein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar. Denn dieser Rentenbescheid führt im Verfügungssatz zu einer Verbesserung gegenüber dem Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 insoweit, als nur noch 36,21 EUR anstatt 39,25 EUR einer eigenen Rente auf die Hinterbliebenenrente angerechnet wird. Mit der Aufhebung des Rentenbescheids vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 würde der Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 Geltung erhalten, der zu einer Rechtsverschlechterung der Klägerin führen würde. Hierfür ist ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin nicht vorhanden.
Sollte die Antragstellung der Klägerin derart auszulegen sein, dass sie sowohl den Bescheid vom 12. Januar 2011 als auch den Bescheid vom 26. Januar 2011 mit Widerspruch und Klage sowie Berufung angefochten hat, so wäre die Berufung zurückzuweisen, weil die Klage ohne Erfolg ist. Sowohl der eine volle Erwerbsminderungsrente anrechnende Rentenbescheid vom 12. Januar 2011 als auch der die Altersrente für schwerbehinderte Menschen anrechnende Rentenbescheid vom 26. Januar 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte war berechtigt, gemäß § 48 SGB X den Rentenbescheid vom 30. November 2010 abzuändern, weil die volle Erwerbsminderungsrente und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bedeutet.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat ab 3. Mai 2002 eine Hinterbliebenenrente bezogen, was aufgrund eines Dauerverwaltungsaktes geschah, zuletzt durch Bescheid vom 30. November 2010. Mit der Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente ab Januar 2010 sowie mit der durch Bescheid vom 11. Januar 2011 bewilligten Altersrente für schwerbehinderte Menschen hat sich nach dem Bescheid vom 30. November 2010 eine rechtlich wesentliche Änderung ereignet. Die Beklagte hat zutreffend die volle Erwerbsminderungsrente und die Altersrente gemäß § 97 SGB VI angerechnet. Nach § 97 SGB VI wird Einkommen gemäß §18a SGB IV von Berechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, angerechnet. Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich das 26,4-Fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt (Abs. 2 Satz 1). Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 v.H. angerechnet (Abs. 2 Satz 3). Hiernach hat die Beklagte zutreffend die Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 933,37 EUR (siehe Rentenbescheid vom 30. November 2010, Bl. 137 der Verwaltungsakten der Beklagten) zutreffend angerechnet. Die Beklagte hat von dieser Rente den Beitragsanteil zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen sowie weitere 3% und von der hiernach zu berücksichtigenden Rente in Höhe von 816,20 EUR den Freibetrag von 26,4 x 27,20 EUR (718,08 EUR) abgezogen, sodass das Einkommen in Höhe von 98,12 EUR den Freibetrag übersteigt. Hiervon sind 40 % anrechenbar, was 39,25 EUR sind. Die Beklagte hat auch die mit Rentenbescheid vom 11. Januar 2011 gewährte Altersrente für schwerbehinderte Menschen in - geringerer - Höhe (924,69 EUR) zutreffend bei der Hinterbliebenenrente berücksichtigt. Sie hat von den 924,69 EUR die Beitragsanteile zur Kranken-und Pflegeversicherung sowie weitere 3% abgezogen und von der hiernach zu berücksichtigenden Rente in Höhe von 808,60 EUR den Freibetrag von 718,08 EUR abgezogen, was zu einem den Freibetrag übersteigenden Einkommen von 90,52 EUR führt. Hiervon sind 40 % nur noch 36,21 EUR. Zu Lasten der Klägerin gereichende Fehler bei der Anrechnung der Renten auf die Hinterbliebenenrente sind nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Die gesetzlich vorgeschriebene Anrechnung eigener Renten auf die Hinterbliebenenrente ist auch nicht verfassungswidrig. Der Senat hat keinerlei Zweifel daran, dass die Anrechnung einer eigenen Rente von über 900,00 EUR mit unter 40,00 EUR monatlich nicht verfassungswidrig ist. Einen Grund, freiwillige Beiträge gegenüber Pflichtbeiträgen zu privilegieren, erkennt der Senat nicht. Im Gegenteil kann sich der freiwillig Versicherte die Zahlung dieser Beiträge überlegen und sich nach entsprechender Beratung dafür und dagegen entscheiden, wohingegen Pflichtversicherte keine Wahlmöglichkeit haben. Jemanden gegenüber Pflichtversicherten zu privilegieren, obwohl er die freie Wahl hatte, Beiträge zu leisten oder nicht, ist jedenfalls aus der Verfassung nicht abzuleiten. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin meint, eine Verletztenrente, die auf freiwilliger Beitragsleistung beruhe, werde auf die eigene Altersrente nicht angerechnet, meint er offenbar § 93 Abs. 5 Nr. 2 SGB VI. Hiernach wird ausnahmsweise eine Rente wegen einer Verletztenrente nicht gekürzt, wenn die Rente aus der Unfallversicherung ausschließlich nach dem Arbeitseinkommen des Unternehmers oder nach einem festen Betrag, der für den Unternehmer bestimmt ist, berechnet wird. Hier geht es aber nicht um eine Anrechnung einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung auf die Rente aus eigener Versicherung, sondern um die Anrechnung von Einkommen auf eine unterhaltsersetzende, fürsorgerisch motivierte Sozialleistung (vgl. Kasseler Kommentar, § 97 SGB VI Rdnr. 2), sodass der Senat verfassungsrechtliche Ausführungen hierzu für entbehrlich hält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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