L 13 R 4419/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 230/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4419/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. November 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1963 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Maschinenbediener versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2013 bezog er bis zur Aussteuerung Krankengeld, danach war er arbeitslos.

Am 6. März 2014 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag begründete er mit Beschwerden nach einer Schulteroperation. Die Beklagte zog daraufhin den Entlassungsbericht der Rehaklinik S. über die vom 18. November 2013 bis 6. Dezember 2013 absolvierte medizinische Rehabilitationsmaßnahme bei. Danach diagnostizierten die dortigen Ärzte ein Impingementsyndrom der Schulter links mit Partialruptur der Supraspinatussehne, ein BWS-Syndrom bei Haltungsinsuffizienz, einen chronischen Nikotinkonsum und eine Hyperlipidämie. Dem Kläger sei es möglich, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Hierauf lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 7. April 2014 ab. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch (er könne seinen linken Arm kaum noch einsetzen [hierzu vorgelegtes Attest des Internisten Dr. Dietrich vom 24. April 2014, der linke Arm könne praktisch nicht benutzt werden] und könne deshalb seinen Haushalt nur noch mit der Einlegung langer Pausen und regelmäßigen Unterstützung seiner Familienangehörigen bewältigen) veranlasste die Beklagte die Untersuchung und Begutachtung durch die Chirurgin Dr. E ... Diese diagnostizierte eine Schultersteife links bei Zustand nach subacromialer Dekompression bei Impingementsyndrom und einen chronischen Nikotinabusus. Die Gutachterin empfahl eine erneute stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Daraufhin absolvierte der Kläger vom 10. August bis 21. August 2015 eine erneute medizinische Rehabilitation in der Rehaklinik Sonnhalde. Die dortigen Ärzte führten in dem Entlassungsbericht vom 25. August 2015 aus, die Reha-Maßnahme sei auf ärztliche Veranlassung vorzeitig wegen mangelnder Mitarbeit und wiederholtem Fehlen bei den verordneten Therapien beendet worden. Bei der Abschlussuntersuchung habe die Schulterbeweglichkeit links in Ante-/Retroversion 100-0-20 betragen. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden einsetzbar. Es sollte eine intensive Physiotherapie durchgeführt werden. Daraufhin veranlasste die Beklagte die erneute Untersuchung und Begutachtung durch die Chirurgin Dr. E ... Diese führte in ihrem Gutachten aus, eine weitere Behandlung sei offenbar nach der Reha-Maßnahme nicht erfolgt. Es fänden sich die bereits vorgeschriebenen Einschränkungen im Schultergelenk links mit deutlicher Einschränkung der Beweglichkeit in allen Ebenen und verminderter Kraft. Die Leistungsbeurteilung der Rehaklinik Sonnhalde sei nicht nachvollziehbar. Es bestünden qualitative Leistungseinschränkungen, eine quantitative Leistungsminderung könne nicht festgestellt werden. Der Kläger könne vollschichtig leichte körperliche Tätigkeiten ausüben. Vermieden werden sollten Tätigkeiten, regelmäßige Arbeiten über Schulterhöhe, mit besonderer Anforderung an die psychische Belastbarkeit und die eine Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge erforderten. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2016 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück.

Wegen der ablehnenden Entscheidungen der Beklagten hat der Kläger am 21. Januar 2016 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er auf den Entlassungsbericht der Rehaklinik Sonnhalde vom 25. August 2015 verwiesen. Das SG hat durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H. weiter Beweis erhoben. In seinem Gutachten vom 7. Juli 2016 hat er eine Degeneration der linken Supraspinatussehne oder weiterer Teile der linken Rotatorenmanschette sowie geringe HWS-Verschleißerscheinungen diagnostiziert. Der Kläger sei in der Lage, an fünf Tagen in der Woche sechs Stunden und mehr zu arbeiten. Relevante Abweichungen zu den gutachterlichen Ausführungen der Chirurgin Dr. E. bestünden nicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 21. November 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die beantragte Rente wegen Erwerbsminderung. Er sei nicht erwerbsgemindert. Der Kläger sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aus dem schlüssigen, nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten des Orthopäden Dr. H. ergebe sich, dass als maßgebliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter aufgrund einer Degeneration der linken Supraspinatussehne und gegebenenfalls weiterer Teile der linken Rotatorenmanschette vorlägen. Diese bedinge eine Einschränkung der Bewegungs- und Belastungsfähigkeit des linken Armes. So sei eine Vorhebung nur bis ca. 100° und eine Abspreizung bis 40° möglich. Im Hinblick auf die Fähigkeit des Klägers, eine Abspreizung bis auf 90° zumindest kurzzeitig zu halten, weise darauf hin, dass eine über 40° hinausgehende Abspreizung zumindest in einem gewissen Umfang möglich sei. Diese Limitierung ergebe sich im Wesentlichen ebenso aus dem hier als Urkundenbeweis vertretbaren Gutachten der Dr. E. im Verwaltungsverfahren sowie auch aus dem Entlassungsbericht der Rehaklinik S. vom 25. August 2015. Darüber hinausgehende Leistungseinschränkungen hätten nicht festgestellt werden können. Die bestehenden Einschränkungen im Wirbelsäulenbereich seien als geringgradig einzustufen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungseinschränkung liege nicht vor; eine mit der funktionellen Einarmigkeit vergleichbare Situation bestehe bei dem Kläger nicht.

Gegen den am 24. November 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 28. November 2016 eingelegte Berufung des Klägers. Unter Hinweis auf die Einschätzung der Ärzte der Rehaklinik S. im Entlassungsbericht vom 25 August 2015, wonach der Kläger wegen einer Schultersteife links mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung nur noch drei bis unter sechs Stunden leistungsfähig sei, gehe er davon aus, dass bei ihm die Voraussetzungen für die Zuerkennung der beantragten Rente wegen Erwerbsminderung vorlägen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. November 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. März 2014 auf Zeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 21. November 2016 ist gemäß §§ 143, 151 SGG zulässig, aber nicht begründet.

Der die Rentengewährung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 7. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und damit auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert ist und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt, die die Benennung einer möglichen Tätigkeit erforderlich machen würde. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Mitberücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Aus der Begründung der Berufung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beweiswürdigung des SG fehlerhaft sein könnte. Soweit der Kläger auf den Entlassungsbericht der Rehaklinik Sonnhalde verweist, hat hierzu bereits das SG in dem angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt, dass sowohl das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten der Chirurgin Dr. E., als auch der Gerichtsgutachter Dr. H. eine zeitlich nicht eingeschränkte Leistungsfähigkeit bestätigt haben. Dr. H. hat in seinem Gutachten ausdrücklich dargestellt, dass eine quantitative Leistungseinschränkung durch die Beeinträchtigung des linken Schultergelenkes mit dem vorhandenen Funktionsdefizit nicht begründbar ist. Die qualitativen Einschränkungen, wonach der Sachverständige Dr. H. Schmerzen ab einer Abspreizung des linken Armes von 20-40° zu erwarten seien, hat das SG zutreffend gewürdigt und zu Recht ausgeführt, dass diese Situation nicht mit einer "Einarmigkeit", die einer zu einer Benennungspflicht konkreter Verweisungstätigkeiten führen würde, zu vergleichen ist. Im Übrigen hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass die fehlende Umfangsdifferenz des linken Armes gegenüber dem rechten Arm darauf hindeute, dass die Gebrauchsfähigkeit des linken Armes in eher marginalem Ausmaß im Alltag herabgesetzt ist.

Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass der Kläger bereits deshalb keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) hat, weil er nicht vor dem 2. Januar 1961 (maßgeblicher Stichtag) geboren ist.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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