Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 7/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 29/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 8/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 16. März 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entziehung der Zulassung des Klägers als hausärztlich tätigem Internisten wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Der 1953 geborene Kläger ist seit 1. Oktober 1993 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Dezember 2005 ruhte die Zulassung mit einem vollen Versorgungsauftrag.
Die Beigeladene zu 1) beantragte unter dem 16. September 2014 beim Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung des Klägers. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei seit dem Quartal I/06 nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen. Zudem habe er seit dem Quartal II/11 keine Abrechnung mehr erstellt. Bereits im Mai 2014 habe sie den Kläger hierauf hingewiesen und in der Folgezeit an die Einreichung der angekündigten Abrechnungen erinnert.
Der Kläger führte hierzu mit Schreiben vom 4. Oktober 2014 aus, er habe seine Praxis vormittags von 8:00 - 12:00 Uhr, Dienstag/Donnerstag von 17:00 - 18:00 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung und Voranmeldung geöffnet. Es müssten lokale und individuelle Besonderheiten berücksichtigt werden. Er sei zudem als Heimarzt tätig. Die Praxis liege in einer ländlichen Region (Rhön). Die Ortsgemeinde habe erfolglos die Ansiedelung weiterer Ärzte versucht. Er reichte u.a. eine Stellungnahme des Herrn D., Mitglied des Hessischen Landtags, vom 20. Oktober 2014, zur Verwaltungsakte, in der dieser sich für den Erhalt der Praxis aussprach.
Mit Beschluss vom 28. Oktober 2014 entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen dem Kläger von Amts wegen die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit. Dieser übe seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr aus.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger mit Schreiben vom 15. August 2015 am 17. August 2014 Widerspruch ein. Seit dem Quartal III/13 erstelle er regelmäßig Abrechnungen mit Tendenz zu höheren Fallzahlen. Er führe Hausbesuche durch. Er betreue umfangreich ein Altenheim. Eine Vorschrift über die Zahl der abzurechnenden Patienten sei ihm nicht bekannt. Seine Praxis sei in der Region unverzichtbar.
Die Beigeladene zu 1) führte mit Schreiben vom 26. Oktober 2014 aus, es sei keine vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers ersichtlich, die einen wenigstens hälftigen Versorgungsauftrag rechtfertigen würde. Der Kläger habe entweder gar keine Abrechnungen eingereicht bzw. im Quartal III/14 10 Arztfälle, im Quartal IV/14 17 Arztfälle, im Quartal I/15 8 Arztfälle und im Quartal II/15 9 Arztfälle. Eine Tätigkeit im Ärztlichen Bereitschaftsdienst begründe keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Mit Beschluss vom 11. November 2015, ausgefertigt am 7. Dezember 2015, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung verwies er auf die Feststellungen des Zulassungsausschusses und der Beigeladenen zu 1) im Schreiben vom 26. Oktober 2014. Damit stehe fest, dass der Kläger vertragsärztliche Tätigkeit in den letzten Jahren entweder nicht mehr oder in so geringem Umfang ausgeübt habe, dass eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr angenommen werden könne. In der mündlichen Verhandlung vor ihm habe der Kläger eingeräumt, in den letzten Jahren habe der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darin bestanden, einen gewerblichen Betrieb zu führen. Diese gewerbliche Tätigkeit habe einen solchen Umfang angenommen, dass für eine weitere vertragsärztliche Tätigkeit kein bzw. sehr wenig Raum geblieben sei. Dies führe gem. § 95 Abs. 5 SGB V zu einem Verlust der vertragsärztlichen Zulassung.
Der Kläger hat am 8. Januar 2016 beim Sozialgericht Marburg Klage erhoben und auf die von der Beigeladenen zu 1) aufgeführten Arztfälle in den Quartalen III/14 bis II/15 verwiesen. Die Annahme des Beklagten, er habe in den letzten Jahren keine vertragsärztliche Tätigkeit mehr ausgeübt, sei zu keiner Zeit unstreitig gewesen. Er bestreite die geringen Abrechnungen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nicht. Allerdings beschränke sich seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht auf die abgerechneten Fälle. Er betreue und behandle Patienten einer Behinderteneinrichtung sowie des Seniorenheimes E. in E-Stadt. Er betreue und behandle insbesondere ältere, überwiegend multimorbide Patienten, die aufgrund haus- und fachärztlicher Verordnung eine Vielzahl von Medikamenten zeitgleich einnähmen (Polypharmakotherapie). Hier bestehe u.a. das Problem der Interaktion verschiedenster Wirkstoffe, welche ihrerseits den Patienten schädigten. Hier gelte es für den Arzt nach gründlicher Untersuchung und in Gesprächen mit dem Patienten, die Medikamente zu bestimmen, auf die der Patient am ehesten verzichten könne (Priorisieren) und die Medikamenteneinnahme zu reduzieren. Die Diagnostik, Beratung, Aufklärung und Behandlung der Patienten sei sehr zeitaufwendig, hinzu komme das Studium wissenschaftlicher Untersuchungen über das Zusammenwirken verschiedenster Wirkstoffe. Der Aufwand, den er für jeden einzelnen seiner multimorbiden Patienten leiste, sei für den "normalen" hausärztlichen Vertragsarzt in aller Regel gar nicht leistbar. Er nehme sich, wenn erforderlich, auch mehrere Stunden Zelt für die umfassenden Untersuchungen, Gespräche mit seinen Patienten und Recherchen. Er komme insgesamt auf deutlich mehr Arbeitsstunden pro Woche, als seine Abrechnungen und Patientenzahlen vermuten ließen. Er arbeite, wenn auch nicht durchgehend, so doch oftmals 10 Stunden wöchentlich ärztlich und stehe mehr als 10 Stunden für vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung. Dies entspreche den Erfordernissen eines halben Versorgungsauftrages. Er bestreite nicht, dass in der Vergangenheit die Befassung mit der Entwicklung und Vermarktung eines Produktes seine vertragsärztliche Tätigkeit in den Hintergrund gedrängt habe. Er habe ein Verfahren entwickelt, Abfallfette so aufzubereiten, dass diese, insbesondere auch im Hinblick auf die die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung hervorrufenden BSE-Erreger, gesundheitlich unbedenklich seien. Aus den aufbereiteten Fetten stelle das von ihm gegründete Unternehmen F. GmbH u. Co KG Kerzen her und vermarkte diese. Er habe sich in 2015 entschlossen, sein Unternehmen zu veräußern. Mittlerweile habe er einen Kaufinteressenten gefunden. Er rechne damit, noch in diesem Jahr das Unternehmen verkauft und auf den Interessenten übertragen zu haben. Ab 2017 werde er wieder in vollem Umfang für seine vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung stehen. Es müsse das Ruhen, jedenfalls einer Hälfte der Zulassung, bis dahin angeordnet werden. Der Entzug der Zulassung verstoße gegen Art. 12 GG. § 95 Abs. 6 SGB V wolle Unterversorgung vermeiden, mit der Entziehung seiner Zulassung werde jedoch das Gegenteil erreicht. In A-Stadt mit rund 4.500 Einwohnern - hinzugekommen seien ca. 300 Flüchtlinge - gebe es nur einen weiteren Arzt. A-Stadt sei bereits jetzt unterversorgt. Das Problem liege allenfalls in der Sperrung des Planungsbereichs Fulda. Der Entzug der Zulassung komme einer rein disziplinarischen Maßnahme gleich.
Mit Beschluss vom 11. Januar 2016 hat das Sozialgericht die jetzigen Beigeladenen zu dem Verfahren beigeladen.
Mit Urteil vom 16. März 2016 hat das Gericht dann die Klage abgewiesen.
Die Kammer habe in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handele (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG). Sie habe dies trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 7) tun können, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sei (§ 110 Abs. 1 SGG).
Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 11. November 2015 sei rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Entziehung des Zulassung sei § 95 Abs. 6 SGB V. Danach sei die Zulassung u. a. zu entziehen, wenn der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübe. Der Zulassungsausschuss könne in diesen Fällen statt einer vollständigen auch eine hälftigen Entziehung der Zulassung beschließen (§ 95 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V). Der Zulassungsausschuss habe von Amts wegen über die vollständige oder hälftige Entziehung der Zulassung zu beschließen, wenn die Voraussetzungen nach § 95 Abs. 6 SGB V gegeben seien. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen könnten die Entziehung der Zulassung beim Zulassungsausschuss unter Angabe der Gründe beantragen (§ 27 Ärzte-ZV).
Ein Nichtmehrausüben liege vor, wenn der Vertragsarzt zwar seine Vertragsarzttätigkeit aufgenommen habe, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt einstelle. Von einer Ausübung der Tätigkeit könne dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Arzt nicht mehr den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der Versorgung habe. Dieser Wille dokumentiere sich insbesondere darin, dass der Vertragsarzt die ihm obliegenden Hauptpflichten wie Behandlung der Versicherten, Abhalten und Anbieten von Sprechstunden sowie Bestellung eines Vertreters bei Abwesenheit über einer Woche erfülle. Für die Annahme der Ausübung genüge es nicht, dass der Vertragsarzt noch in geringem Umfang Verordnungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstelle (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 1984 - 6 RKa 34/83 - juris Rdnr. 9; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. April 1999 - L 11 KA 16/99 -, juris Rdnr. 20). Die Entziehung der Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erfordere die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Dauer der Untätigkeit anhand aller bekannter Umstände des Einzelfalls (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Dezember 2009 - L 3 KA 117/08 - juris Rdnr. 36). Bei einer Vollzulassung müsse eine mehr als zwanzigstündige wöchentliche Verfügbarkeit in eigener Praxis gefordert werden. Die vertragsärztliche Tätigkeit müsse zweifelsfrei den Hauptberuf ausmachen bzw. das Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit bilden und ihr das Gepräge geben (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2004 - L 5 KA 4212/03).
Der Beklagte habe hinreichend dargelegt, dass der Kläger seinen Versorgungsauftrag über Jahre hinweg nicht mehr erfüllt habe. Nach § 17 Abs. 1a Satz 1 BMV-Ä sei der sich aus der Zulassung des Vertragsarztes ergebene Versorgungsauftrag dadurch zu erfüllen, dass der Vertragsarzt an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehe. Für einen Teilversorgungsauftrag nach § 19a Ärzte-ZV gälten die in Satz 1 festgelegten Sprechstundenzeiten entsprechend auf der Grundlage von 10 Stunden wöchentlich für den Vertragsarztsitz (Satz 2). Es könne hier dahinstehen, ob der Kläger die von ihm behaupteten Sprechzeiten tatsächlich angeboten habe. Maßgeblich komme es darauf an, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich eine vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt habe, und hierbei auf die von ihm bei der Beklagten eingereichten Unterlagen (Abrechnung).
Nach den Feststellungen der Beigeladenen zu 1) sei der Kläger seit dem Quartal I/06 nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen und habe für die Quartale II/11 bis II/14 keine Abrechnung mehr erstellt. So habe (jeweils gerundet) im Jahr 2006 die durchschnittliche Fallzahl im Quartal 43, dann 59 im Jahr 2007, 44 im Jahr 2008, 14 im Jahr 2009 bzw. 27, da im Quartal IV/09 keine Abrechnung eingereicht wurde, und 6 im Jahr 2010 betragen. Im Quartal I/11 seien 9 Behandlungsfälle abgerechnet worden. Für die Quartale II/11 bis I/14 habe der Kläger keine Abrechnung mehr erstellt. Für das Quartal II/14 habe er 6 Behandlungsfälle nachgereicht. 10 Arztfälle lägen dann im Quartal III/14, 17 Arztfälle im Quartal IV/14, 8 Arztfälle im Quartal I/15, 9 Arztfälle im Quartal II/15 und 15 Fälle im Quartal III/14 vor. Damit habe der Kläger seit 2006 seinen vollen Versorgungsauftrag nicht mehr ausgefüllt. Es sei schon zweifelhaft, ob der Kläger im Zeitraum I/06 bis IV/08 wenigstens noch die Hälfte des Versorgungsauftrags ausgefüllt habe. Nach der instanzgerichtlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließe, nehme ein Hausarzt, der laufend weniger als 10% des Fachgruppendurchschnitts an Patienten behandele, nicht in nennenswertem Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teil (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 2010 - L 5 KA 2155/09 - juris; SG München, Urteil vom 11. Oktober 2011 - S 38 KA 1338/08 - juris). Diese Grenze könne keinesfalls niedriger angesetzt werden. Bei ca. 1.100 Behandlungsfällen pro Hausarzt und Quartal sei die Grenze für einen vollen Versorgungsauftrag bei etwa 110 Behandlungsfällen im Quartal, für einen hälftigen Versorgungsauftrag bei etwa 55 Behandlungsfällen im Quartal anzusetzen. Jedenfalls in den 6 ¾ Jahren 2009 bis September 2015 habe der Kläger nicht mehr Patienten in nennenswertem Umfang behandelt.
Die Betreuung und Behandlung von Patienten einer Behinderteneinrichtung sowie des Seniorenheimes sei vertragsarztrechtlich nur von Bedeutung, als sie sich in der Abrechnung niedergeschlagen habe. Die vom Kläger geschilderte umfangreiche Tätigkeit bei seinen Patienten entspreche der alltäglichen Arbeit eines Hausarztes. Sie deute auf keinerlei Spezialisierung auf ein besonderes Patientenklientel hin, das bei weit geringeren Fallzahlen zu einer Auslastung der Praxis führe. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit offensichtlich die Führung eines gewerblichen Betriebs gestanden habe.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Der Kläger könne weiterhin als Arzt tätig sein, nur nicht mehr als Vertragsarzt. Angesichts des geringen Umfangs seiner vertragsärztlichen Tätigkeit handele es sich um keinen schweren Eingriff. Angesichts des lang zurückliegenden Zeitraums der nur geringen bzw. Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit komme ein Ruhen nicht in Betracht. Im Hinblick auf die lang und weiterhin anhaltende geringe vertragsärztliche Tätigkeit sei auch keine vorübergehende Anordnung des Ruhens als weniger belastender Eingriff in Betracht gekommen. Im Übrigen habe der Kläger lediglich angekündigt, die vertragsärztliche Tätigkeit im nächsten Jahr wieder voll aufnehmen zu wollen. Nehme ein Vertragsarzt rechtswidrig die Tätigkeit nicht auf, könne er nicht nach mehreren Jahren das Ruhen dieser Zulassung beantragen, weil er angeblich die Tätigkeit in angemessener Zeit aufnehmen werde, um einen Entzug der Zulassung zu verhindern (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 16. Dezember 2015 - L 12 KA 52/15 - juris Rdnr. 20 ff.).
Die Kostenentscheidung beruhe auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trage die Kosten des Verfahrens.
In den Quartalen III/2014 bis II/2015 rechneten die Hausärzte in Hessen durchschnittlich 1.091, 1.108, 1.155 bzw. 1.062 Fälle pro Quartal ab. Die entsprechenden Abrechnungszahlen für das Quartal III/15 waren erst ab Ende Dezember 2015 bekannt.
Gegen das ihm am 31. März 2016 zugestellte sozialgerichtliche Urteil hat der Kläger am 28. April 2016 Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtswidrig.
Es sei schon zweifelhaft, ob das alleinige Abstellen auf die Zahl der abgerechneten Fälle rechtmäßig sei, denn es sei denkbar, dass diese Zahl nicht den tatsächlichen Arbeitsumfang widerspiegele, unvollständig sei oder Patienten (noch) ausblieben. Auch bei einer geringen Anzahl an abgerechneten Fällen könne somit der Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gegeben sein. So sei es auch bei ihm. Er habe in seiner Praxis und im Seniorenheim gesetzlich krankenversicherte Patienten behandelt, die er zu einem großen Teil nicht abgerechnet habe, weil er die Vergütung der Hausärzte der Heimbewohner nicht habe schmälern wollen und die Behandlung quasi als "Serviceleistung" des Heims angeboten habe. In erster Linie habe es sich um Akutbehandlungen sowie die Überprüfung der Medikationspläne gehandelt. Auch hätten die Erlöse in vielen Fällen kaum den Mehraufwand der Rechnungsstellung gerechtfertigt. Zudem habe er lange Zeit Sprechstunden in einem Umfang, wie für einen vollen Versorgungsauftrag gefordert, angeboten. Dieses Angebot habe er erst nach einer Fehlinformation durch eine Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung, die ihm gesagt habe, er dürfe während des Rechtsstreits nicht mehr als Vertragsarzt tätig sein, vorläufig eingestellt. Als er erfahren habe, dass die Auskunft unrichtig gewesen sei, habe er wieder reduzierte Sprechstunden angeboten, nun seien jedoch die Patienten ausgeblieben. Nur deswegen habe er sein Sprechstundenangebot nicht ausgeweitet. Nach der Verhandlung vor dem Sozialgericht habe er seine Bemühungen weiter intensiviert und biete nunmehr montags, mittwochs und donnerstags Sprechstunden von 8 bis 12 Uhr sowie nach Vereinbarung an. Darüber hinaus habe er zur Bekanntmachung seiner Sprechstundenzeiten eine Anzeige in der örtlichen Presse geschaltet und es stünden Gespräche mit den Ärzten vor Ort und aus der Umgebung an. Im Quartal III/16 habe er bereits 30 Fälle abgerechnet, im Quartal IV/16 hoffe er, 60 Fälle zu erreichen. Er renoviere gerade seine Praxisräume und beabsichtige, künftig spezielle Leistungen anzubieten. Zudem habe das Sozialgericht verkannt, dass er ein besonderes Patientenklientel, das eine Auslastung bei einer geringeren Fallzahl nahelege, betreue, nämlich Senioren und multimorbide Patienten. Deren Behandlung sei besonders auswendig, was auch im Rahmen von Richtgrößenprüfungen anerkannt werde. Er nehme sich für einen Patienten regelmäßig mehrere Stunden Zeit, insbesondere, um die Einstellung der eingenommenen Medikamente umfassend zu überprüfen. Der Zulassungsentzug stelle einen Eingriff in Art. 12 GG dar, der nicht gerechtfertigt sei. Der Eingriff sei erheblich. Privat Versicherte machten nur einen sehr geringen Anteil der Patienten aus. A-Stadt sei bereits jetzt vertragsärztlich unterversorgt. Diese Unterversorgung würde durch einen Wegfall seiner Zulassung verstärkt. Schließlich sei auch die Möglichkeit eines Ruhens seiner Zulassung nicht ausreichend geprüft worden. Weil ein Ruhen nur für die Zukunft angeordnet werden könne, stehe auch der Zwei-Jahres-Zeitraum einer Anordnung nicht entgegen, denn er wolle Anfang 2017 wieder den vollen Versorgungsauftrag erfüllen. Jedenfalls ein halber Versorgungsauftrag sei ihm zu belassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 16. März 2016 sowie den Beschluss des Beklagten vom 11. November 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtmäßig.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehung komme es nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Az. B 6 KA 49/11 R) auf die Sachlage im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses an. Danach liegende Umstände seien erst in einem eventuellen Verfahren auf Wiederzulassung relevant. Auf die aktuellen Bemühungen des Klägers komme es für die Rechtmäßigkeit der Entziehung daher nicht an. Soweit der Kläger behaupte, ihm sei eine Falschauskunft erteilt worden, und er habe deswegen zeitweise seine Sprechstunden eingestellt, sei sein Vortrag völlig unsubstantiiert. Im Übrigen sei die Einstellung der Sprechstunden nicht der Grund für die Entziehung. Maßgeblich für den Entzug sei vielmehr gewesen, dass der Kläger mehrere Jahre lang gar keine Patienten vertragsärztlich behandelt und in den Jahren 2014 und 2015 nur eine Anzahl von weit unter 10 % der Fälle des Landesdurchschnitts eines hausärztlichen Vertragsarztes zur Abrechnung gebracht habe. Insoweit sei es auch nicht zu beanstanden, dass für die Beurteilung des Umfangs der Tätigkeit ausschließlich die Anzahl der abgerechneten Fälle herangezogen worden sei. Der Kläger sei als Arzt berufsrechtlich zur Abrechnung seiner ärztlichen Tätigkeit verpflichtet. Er als Beklagter könne alleine anhand der Abrechnungen den Umfang der Tätigkeit eines Vertragsarztes bemessen. Auf den klägerseits behaupteten Zeitaufwand pro Patient komme es nicht an, zudem sei das diesbezügliche Vorbringen des Klägers völlig unsubstantiiert. Der Wille des Klägers zur Patientenversorgung habe sich jedenfalls nicht hinreichend in der tatsächlich abgerechneten Patientenbehandlung konkretisiert. Es liege auch nur ein geringfügiger Eingriff in Art. 12 GG vor, weil der Kläger vor der Entzugsentscheidung nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen sei. Die Anordnung des Ruhens der Zulassung komme nicht in Betracht. Das Ruhen sei kein minus gegenüber der Zulassungsentziehung, denn es handele sich um jeweils unterschiedliche Maßnahmen. Ob der Kläger einen Anspruch auf ein Ruhen seiner Zulassung habe, sei daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Hiervon abgesehen sei bei der Frage, ob die Voraussetzungen für ein Ruhen vorlägen, selbstverständlich auch zu berücksichtigen, über welchen Gesamtzeitraum die vertragsärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt worden sei. Dies seien hier 14 Jahre, weil auch der Ruhenszeitraum von Oktober 2003 bis Dezember 2005 miteinbezogen werden müsse. Die Zwei-Jahres-Grenze würde somit bei weitem überschritten.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstand wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtakte sowie der Behördenvorgänge. Sämtliche dieser Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung war zurückzuweisen.
Sie ist zwar zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des sozialgerichtlichen Urteils sowie des Beschlusses vom 11. November 2015. Sowohl die erstinstanzliche Entscheidung als auch der Beschluss sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem Urteil des Sozialgerichts Bezug genommen. Ergänzend hierzu gilt:
Das erstinstanzliche Gericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne von § 95 Abs. 6 S. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vorliegt.
Zur Beurteilung der Frage, ob die vertragsärztliche Tätigkeit noch ausgeübt wird, ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung – hier also auf den 11. November 2015 – abzustellen (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 – B 6 KA 49/11 R – juris, Rn. 19 ff.; Beschluss vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 36/15 B – juris, Rn. 16f.; Beschluss vom 22. März 2016 B 6 KA 69/15 B – juris, Rn. 13). Dabei hat die zuständige Behörde, von diesem Zeitpunkt ausgehend, eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob aufgrund aller bekannten tatsächlichen Umstände auch in Zukunft von einer Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit auszugehen ist (zum Ruhen so schon, Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. März 2006 – L 4 KA 29/05 –, juris, Rn. 20; vgl. auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 09. Dezember 2009 – L 3 KA 117/08 –, juris, Rn. 36). Dass der Beklagte dies in Bezug auf den Kläger im Rahmen seiner – rechtlich voll überprüfbaren – Prognose bejaht hat, ist nicht zu beanstanden.
Unbedenklich ist zunächst, dass der Beklagte für die Bewertung des Umfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers ausschließlich auf die von diesem gegenüber der Beigeladenen zu 1) abgerechneten Fälle abgestellt hat. Denn erst durch die Abrechnung erbrachter Leistungen ist die Leistungserbringung quantitativ und qualitativ für Dritte überprüfbar und nachvollziehbar. Es gehört zudem gerade zu den Pflichten eines Vertragsarztes, seine Leistungen auch abzurechnen (in diesem Sinne auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. April 1999 L 11 KA 16/99 –, juris, Rn. 21 m.w.N.). Es kann daher offen bleiben, ob das (wenig konkrete) Vorbringen des Klägers, er habe einen Teil der von ihm gegenüber Patienten erbrachte Leistungen nicht abgerechnet, zutrifft oder nicht.
Für die Vergangenheit haben der Beklagte und das Sozialgericht zu Recht angenommen, dass der Umfang, in dem der Kläger sich in den letzten Jahren vertragsärztlich betätigt hat, einer Nichtausübung gleichkommt. Der Senat hält es, ebenso wie das erstinstanzliche Gericht, für unbedenklich, ab einer Fallmenge pro Quartal, die unter 10 % des Fachgruppendurchschnitts liegt, von einer Nichtausübung der Vertragsarzttätigkeit auszugehen (vgl. auch bereits - ohne Festlegung auf konkrete Prozentzahlen - Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Juli 2008 – L 4 KA 15/08 –, juris, Rn. 19). Selbst diese Grenze hat der Kläger jedoch in den letzten 5 Jahren seiner Tätigkeit bei weitem nicht erreicht. Zwischen den Quartalen II/2011 und I/2014 hat er gar keine Fälle abgerechnet. In den Quartalen II/2014 bis II/2015 hat er zwischen 6 und 15 Fällen pro Quartal abgerechnet. Dies entspricht, bezogen auf die von der Fachgruppe abgerechneten Fallzahlen, einem Anteil zwischen 0,69 (Quartal I/2015) und 1,53 % (Quartal IV/2014). Auch in dem Zeitraum vor dem Quartal II/2011 war die Zahl der von ihm abgerechneten Fälle extrem niedrig (6 Fälle in 2010, 9 Behandlungsfälle in I/2011), in den Jahren davor immer noch erheblich unterdurchschnittlich.
Angesichts dieses geringen Abrechnungsumfangs kommt es weder auf das Maß der vom Kläger angebotenen Sprechstundenzeiten an noch greift dessen Einwand, er habe ein besonderes Patientenklientel zu betreuen, dessen Behandlung überdurchschnittlich viel Zeit in Anspruch nehme, durch. Denn selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, er habe vorwiegend Rentner und chronisch Kranke behandelt und hierdurch einen größeren Zeitaufwand pro Patient gehabt, ergibt sich bei realistischer Betrachtung kein Tätigkeitsumfang, der der Wahrnehmung eines wenigstens hälftigen Versorgungsauftrags entspricht.
Der Beklagte hat aus den langjährig niedrigen bzw. nicht existenten Abrechnungszahlen weiter zutreffend gefolgert, der Kläger werde seinen Tätigkeitsumfang auch zukünftig nicht in einem Maße steigern, dass wieder ein hälftiger Versorgungsauftrag (oder mehr) erreicht werde. So lassen die in 2014 und 2015 abgerechneten Fälle schon keine Steigerung erkennen, aus der man auf eine weitere Zunahme der abgerechneten Behandlungsfälle für zukünftige Zeiträume schließen könnte. Soweit der Kläger sich auf die Falschauskunft durch eine Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1) beruft und meint, auf diese Weise die geringen Zahlen begründen zu können, ergibt sich hieraus keine andere Bewertung. Denn das Vorbringen des Klägers ist so pauschal, dass sich nicht einmal ansatzweise beurteilen lässt, ob überhaupt eine solche fehlerhafte Auskunft vorlag und, falls ja, inwieweit diese für die geringen Abrechnungsumfang ursächlich war.
Im Übrigen hat der Kläger selbst nichts genügend Konkretes vorgebracht, das die Annahme zugelassen hätte, er werde in Zukunft wieder in erheblich höherem Ausmaß vertragsärztlich tätig werden. Dass die Vertragsarzttätigkeit entsprechend zunehmen wird, muss jedenfalls hinreichend wahrscheinlich sein, und zwar grundsätzlich bezogen auf die unmittelbare Zukunft, hier also das Quartal I/2016. Mit Schreiben vom 27. September 2015 hat der Kläger lediglich allgemein erklärt, mittlerweile habe sich aufgrund komplettierter Aufgaben und seines Alters die Situation geändert und er sei jetzt in der Lage, die Praxis 24 Stunden pro Woche, zuzüglich Hausbesuche, zu versorgen. Bei der Sitzung vor dem Beklagten am 11. November 2015 hat er dann zwar mitgeteilt, er stehe nunmehr in Verkaufsverhandlungen bezüglich des von ihm betriebenen Gewerbes, welche nach seiner Einschätzung in ca. einem halben Jahr abgeschlossen sein dürften. Danach wolle er sich wieder verstärkt seiner vertragsärztlichen Tätigkeit widmen. Bereits hieraus folgt aber, dass für das Quartal I/2016 gerade noch nicht mit einer Steigerung des Tätigkeitsumfangs gerechnet werden konnte, zumal sich aus der weiteren Bitte des Klägers, ihm durch Ruhen eine weitere Frist bis Ende 2016 einzuräumen, ergibt, dass er selbst offenbar erst für die Zeit ab 2017 von einer Vermehrung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit ausging. Diese Angaben werden durch die Ausführungen in dem klägerischen Schriftsatz vom 23. Februar 2016 bestätigt. Abgesehen hiervon war jedenfalls im November 2015 noch unklar, ob die Verkaufsverhandlungen tatsächlich zum Erfolg führen würden, so dass auch aus diesem Grunde nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden konnte, der Kläger werde seinen gewerblichen Betrieb zeitnah veräußern, um sich anschließend wieder "mit voller Kraft" seiner Tätigkeit als Vertragsarzt widmen zu können.
Aufgrund der gleichen Erwägungen kam auch ein Ruhen der Zulassung nach § 95 Abs. 5 S. 1 SGB V als das gegenüber dem Zulassungsentzug mildere Mittel nicht in Betracht. Denn ein Ruhen darf nur angeordnet werden, wenn die (Wieder-)aufnahme der Tätigkeit in "angemessener Frist" zu erwarten ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Was im Sinne der Norm "angemessen" ist, kann zwar nicht schematisch, sondern nur unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Zulassungsinhabers und der Verzögerungsgründe, auf die dieser sich beruft, beantwortet werden (s. nur Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, 05/16, § 95 SGB V Rn. 167). Zu berücksichtigen sind zudem alle Umstände des Einzelfalls. Auch hiervon ausgehend war die Wiederaufnahme aber schon nicht, wie bereits dargelegt, mit hinreichender Sicherheit zu erwarten. Überdies fehlt es am Merkmal der "angemessenen Frist", da der Kläger selbst davon ausging, erst 2017 also mehr als ein Jahr später – nach Durchführung des Verkaufs seines Gewerbebetriebes wieder in entsprechenden Umfang für eine vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung zu stehen. Eine Zeitspanne von mehr als einem Jahr ist, gerade auch unter Berücksichtigung der bis dahin bestehenden viele Jahre umfassenden Dauer der Untätigkeit, nicht mehr als angemessen anzusehen.
Wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, ist der angegriffene Beschluss auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar liegt ein Eingriff in Art. 12 GG vor, dieser ist aber gerechtfertigt. Denn nimmt ein zugelassener Arzt seinen Versorgungsauftrag nicht wahr, kommt er also seiner Aufgabe, den gesetzlich Krankenversicherten als Arzt zur Verfügung zu stehen, nicht hinreichend nach, gebieten es Gründe des Allgemeinwohls, ihm die Zulassung zu entziehen.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es ebenfalls unbedenklich, für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für einen Entzug der Zulassung gegeben sind, auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen und das nachfolgende Verhalten des Arztes nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. September 2016 – 1 BvR 1326/15 – juris, Rn. 45, zur verfassungsrechtlich zulässigen Aufgabe der Wohlverhaltensrechtsprechung durch das Bundessozialgericht). Denn Art. 12 Abs. 1 GG garantiert nicht den Bestand eines einmal gewählten Arbeitsplatzes (BVerfG, a.a.O., Rn. 45).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat, da seine Berufung keinen Erfolg hatte, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nicht zu übernehmen hatte er die Kosten der Beigeladenen zu 1 bis 7, da diese keine Anträge gestellt haben.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entziehung der Zulassung des Klägers als hausärztlich tätigem Internisten wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Der 1953 geborene Kläger ist seit 1. Oktober 1993 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Dezember 2005 ruhte die Zulassung mit einem vollen Versorgungsauftrag.
Die Beigeladene zu 1) beantragte unter dem 16. September 2014 beim Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung des Klägers. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei seit dem Quartal I/06 nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen. Zudem habe er seit dem Quartal II/11 keine Abrechnung mehr erstellt. Bereits im Mai 2014 habe sie den Kläger hierauf hingewiesen und in der Folgezeit an die Einreichung der angekündigten Abrechnungen erinnert.
Der Kläger führte hierzu mit Schreiben vom 4. Oktober 2014 aus, er habe seine Praxis vormittags von 8:00 - 12:00 Uhr, Dienstag/Donnerstag von 17:00 - 18:00 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung und Voranmeldung geöffnet. Es müssten lokale und individuelle Besonderheiten berücksichtigt werden. Er sei zudem als Heimarzt tätig. Die Praxis liege in einer ländlichen Region (Rhön). Die Ortsgemeinde habe erfolglos die Ansiedelung weiterer Ärzte versucht. Er reichte u.a. eine Stellungnahme des Herrn D., Mitglied des Hessischen Landtags, vom 20. Oktober 2014, zur Verwaltungsakte, in der dieser sich für den Erhalt der Praxis aussprach.
Mit Beschluss vom 28. Oktober 2014 entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen dem Kläger von Amts wegen die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit. Dieser übe seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr aus.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger mit Schreiben vom 15. August 2015 am 17. August 2014 Widerspruch ein. Seit dem Quartal III/13 erstelle er regelmäßig Abrechnungen mit Tendenz zu höheren Fallzahlen. Er führe Hausbesuche durch. Er betreue umfangreich ein Altenheim. Eine Vorschrift über die Zahl der abzurechnenden Patienten sei ihm nicht bekannt. Seine Praxis sei in der Region unverzichtbar.
Die Beigeladene zu 1) führte mit Schreiben vom 26. Oktober 2014 aus, es sei keine vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers ersichtlich, die einen wenigstens hälftigen Versorgungsauftrag rechtfertigen würde. Der Kläger habe entweder gar keine Abrechnungen eingereicht bzw. im Quartal III/14 10 Arztfälle, im Quartal IV/14 17 Arztfälle, im Quartal I/15 8 Arztfälle und im Quartal II/15 9 Arztfälle. Eine Tätigkeit im Ärztlichen Bereitschaftsdienst begründe keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Mit Beschluss vom 11. November 2015, ausgefertigt am 7. Dezember 2015, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung verwies er auf die Feststellungen des Zulassungsausschusses und der Beigeladenen zu 1) im Schreiben vom 26. Oktober 2014. Damit stehe fest, dass der Kläger vertragsärztliche Tätigkeit in den letzten Jahren entweder nicht mehr oder in so geringem Umfang ausgeübt habe, dass eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr angenommen werden könne. In der mündlichen Verhandlung vor ihm habe der Kläger eingeräumt, in den letzten Jahren habe der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darin bestanden, einen gewerblichen Betrieb zu führen. Diese gewerbliche Tätigkeit habe einen solchen Umfang angenommen, dass für eine weitere vertragsärztliche Tätigkeit kein bzw. sehr wenig Raum geblieben sei. Dies führe gem. § 95 Abs. 5 SGB V zu einem Verlust der vertragsärztlichen Zulassung.
Der Kläger hat am 8. Januar 2016 beim Sozialgericht Marburg Klage erhoben und auf die von der Beigeladenen zu 1) aufgeführten Arztfälle in den Quartalen III/14 bis II/15 verwiesen. Die Annahme des Beklagten, er habe in den letzten Jahren keine vertragsärztliche Tätigkeit mehr ausgeübt, sei zu keiner Zeit unstreitig gewesen. Er bestreite die geringen Abrechnungen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nicht. Allerdings beschränke sich seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht auf die abgerechneten Fälle. Er betreue und behandle Patienten einer Behinderteneinrichtung sowie des Seniorenheimes E. in E-Stadt. Er betreue und behandle insbesondere ältere, überwiegend multimorbide Patienten, die aufgrund haus- und fachärztlicher Verordnung eine Vielzahl von Medikamenten zeitgleich einnähmen (Polypharmakotherapie). Hier bestehe u.a. das Problem der Interaktion verschiedenster Wirkstoffe, welche ihrerseits den Patienten schädigten. Hier gelte es für den Arzt nach gründlicher Untersuchung und in Gesprächen mit dem Patienten, die Medikamente zu bestimmen, auf die der Patient am ehesten verzichten könne (Priorisieren) und die Medikamenteneinnahme zu reduzieren. Die Diagnostik, Beratung, Aufklärung und Behandlung der Patienten sei sehr zeitaufwendig, hinzu komme das Studium wissenschaftlicher Untersuchungen über das Zusammenwirken verschiedenster Wirkstoffe. Der Aufwand, den er für jeden einzelnen seiner multimorbiden Patienten leiste, sei für den "normalen" hausärztlichen Vertragsarzt in aller Regel gar nicht leistbar. Er nehme sich, wenn erforderlich, auch mehrere Stunden Zelt für die umfassenden Untersuchungen, Gespräche mit seinen Patienten und Recherchen. Er komme insgesamt auf deutlich mehr Arbeitsstunden pro Woche, als seine Abrechnungen und Patientenzahlen vermuten ließen. Er arbeite, wenn auch nicht durchgehend, so doch oftmals 10 Stunden wöchentlich ärztlich und stehe mehr als 10 Stunden für vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung. Dies entspreche den Erfordernissen eines halben Versorgungsauftrages. Er bestreite nicht, dass in der Vergangenheit die Befassung mit der Entwicklung und Vermarktung eines Produktes seine vertragsärztliche Tätigkeit in den Hintergrund gedrängt habe. Er habe ein Verfahren entwickelt, Abfallfette so aufzubereiten, dass diese, insbesondere auch im Hinblick auf die die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung hervorrufenden BSE-Erreger, gesundheitlich unbedenklich seien. Aus den aufbereiteten Fetten stelle das von ihm gegründete Unternehmen F. GmbH u. Co KG Kerzen her und vermarkte diese. Er habe sich in 2015 entschlossen, sein Unternehmen zu veräußern. Mittlerweile habe er einen Kaufinteressenten gefunden. Er rechne damit, noch in diesem Jahr das Unternehmen verkauft und auf den Interessenten übertragen zu haben. Ab 2017 werde er wieder in vollem Umfang für seine vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung stehen. Es müsse das Ruhen, jedenfalls einer Hälfte der Zulassung, bis dahin angeordnet werden. Der Entzug der Zulassung verstoße gegen Art. 12 GG. § 95 Abs. 6 SGB V wolle Unterversorgung vermeiden, mit der Entziehung seiner Zulassung werde jedoch das Gegenteil erreicht. In A-Stadt mit rund 4.500 Einwohnern - hinzugekommen seien ca. 300 Flüchtlinge - gebe es nur einen weiteren Arzt. A-Stadt sei bereits jetzt unterversorgt. Das Problem liege allenfalls in der Sperrung des Planungsbereichs Fulda. Der Entzug der Zulassung komme einer rein disziplinarischen Maßnahme gleich.
Mit Beschluss vom 11. Januar 2016 hat das Sozialgericht die jetzigen Beigeladenen zu dem Verfahren beigeladen.
Mit Urteil vom 16. März 2016 hat das Gericht dann die Klage abgewiesen.
Die Kammer habe in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handele (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG). Sie habe dies trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 7) tun können, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sei (§ 110 Abs. 1 SGG).
Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 11. November 2015 sei rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Entziehung des Zulassung sei § 95 Abs. 6 SGB V. Danach sei die Zulassung u. a. zu entziehen, wenn der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübe. Der Zulassungsausschuss könne in diesen Fällen statt einer vollständigen auch eine hälftigen Entziehung der Zulassung beschließen (§ 95 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V). Der Zulassungsausschuss habe von Amts wegen über die vollständige oder hälftige Entziehung der Zulassung zu beschließen, wenn die Voraussetzungen nach § 95 Abs. 6 SGB V gegeben seien. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen könnten die Entziehung der Zulassung beim Zulassungsausschuss unter Angabe der Gründe beantragen (§ 27 Ärzte-ZV).
Ein Nichtmehrausüben liege vor, wenn der Vertragsarzt zwar seine Vertragsarzttätigkeit aufgenommen habe, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt einstelle. Von einer Ausübung der Tätigkeit könne dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Arzt nicht mehr den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der Versorgung habe. Dieser Wille dokumentiere sich insbesondere darin, dass der Vertragsarzt die ihm obliegenden Hauptpflichten wie Behandlung der Versicherten, Abhalten und Anbieten von Sprechstunden sowie Bestellung eines Vertreters bei Abwesenheit über einer Woche erfülle. Für die Annahme der Ausübung genüge es nicht, dass der Vertragsarzt noch in geringem Umfang Verordnungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstelle (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 1984 - 6 RKa 34/83 - juris Rdnr. 9; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. April 1999 - L 11 KA 16/99 -, juris Rdnr. 20). Die Entziehung der Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erfordere die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Dauer der Untätigkeit anhand aller bekannter Umstände des Einzelfalls (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Dezember 2009 - L 3 KA 117/08 - juris Rdnr. 36). Bei einer Vollzulassung müsse eine mehr als zwanzigstündige wöchentliche Verfügbarkeit in eigener Praxis gefordert werden. Die vertragsärztliche Tätigkeit müsse zweifelsfrei den Hauptberuf ausmachen bzw. das Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit bilden und ihr das Gepräge geben (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2004 - L 5 KA 4212/03).
Der Beklagte habe hinreichend dargelegt, dass der Kläger seinen Versorgungsauftrag über Jahre hinweg nicht mehr erfüllt habe. Nach § 17 Abs. 1a Satz 1 BMV-Ä sei der sich aus der Zulassung des Vertragsarztes ergebene Versorgungsauftrag dadurch zu erfüllen, dass der Vertragsarzt an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehe. Für einen Teilversorgungsauftrag nach § 19a Ärzte-ZV gälten die in Satz 1 festgelegten Sprechstundenzeiten entsprechend auf der Grundlage von 10 Stunden wöchentlich für den Vertragsarztsitz (Satz 2). Es könne hier dahinstehen, ob der Kläger die von ihm behaupteten Sprechzeiten tatsächlich angeboten habe. Maßgeblich komme es darauf an, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich eine vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt habe, und hierbei auf die von ihm bei der Beklagten eingereichten Unterlagen (Abrechnung).
Nach den Feststellungen der Beigeladenen zu 1) sei der Kläger seit dem Quartal I/06 nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen und habe für die Quartale II/11 bis II/14 keine Abrechnung mehr erstellt. So habe (jeweils gerundet) im Jahr 2006 die durchschnittliche Fallzahl im Quartal 43, dann 59 im Jahr 2007, 44 im Jahr 2008, 14 im Jahr 2009 bzw. 27, da im Quartal IV/09 keine Abrechnung eingereicht wurde, und 6 im Jahr 2010 betragen. Im Quartal I/11 seien 9 Behandlungsfälle abgerechnet worden. Für die Quartale II/11 bis I/14 habe der Kläger keine Abrechnung mehr erstellt. Für das Quartal II/14 habe er 6 Behandlungsfälle nachgereicht. 10 Arztfälle lägen dann im Quartal III/14, 17 Arztfälle im Quartal IV/14, 8 Arztfälle im Quartal I/15, 9 Arztfälle im Quartal II/15 und 15 Fälle im Quartal III/14 vor. Damit habe der Kläger seit 2006 seinen vollen Versorgungsauftrag nicht mehr ausgefüllt. Es sei schon zweifelhaft, ob der Kläger im Zeitraum I/06 bis IV/08 wenigstens noch die Hälfte des Versorgungsauftrags ausgefüllt habe. Nach der instanzgerichtlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließe, nehme ein Hausarzt, der laufend weniger als 10% des Fachgruppendurchschnitts an Patienten behandele, nicht in nennenswertem Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teil (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 2010 - L 5 KA 2155/09 - juris; SG München, Urteil vom 11. Oktober 2011 - S 38 KA 1338/08 - juris). Diese Grenze könne keinesfalls niedriger angesetzt werden. Bei ca. 1.100 Behandlungsfällen pro Hausarzt und Quartal sei die Grenze für einen vollen Versorgungsauftrag bei etwa 110 Behandlungsfällen im Quartal, für einen hälftigen Versorgungsauftrag bei etwa 55 Behandlungsfällen im Quartal anzusetzen. Jedenfalls in den 6 ¾ Jahren 2009 bis September 2015 habe der Kläger nicht mehr Patienten in nennenswertem Umfang behandelt.
Die Betreuung und Behandlung von Patienten einer Behinderteneinrichtung sowie des Seniorenheimes sei vertragsarztrechtlich nur von Bedeutung, als sie sich in der Abrechnung niedergeschlagen habe. Die vom Kläger geschilderte umfangreiche Tätigkeit bei seinen Patienten entspreche der alltäglichen Arbeit eines Hausarztes. Sie deute auf keinerlei Spezialisierung auf ein besonderes Patientenklientel hin, das bei weit geringeren Fallzahlen zu einer Auslastung der Praxis führe. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit offensichtlich die Führung eines gewerblichen Betriebs gestanden habe.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Der Kläger könne weiterhin als Arzt tätig sein, nur nicht mehr als Vertragsarzt. Angesichts des geringen Umfangs seiner vertragsärztlichen Tätigkeit handele es sich um keinen schweren Eingriff. Angesichts des lang zurückliegenden Zeitraums der nur geringen bzw. Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit komme ein Ruhen nicht in Betracht. Im Hinblick auf die lang und weiterhin anhaltende geringe vertragsärztliche Tätigkeit sei auch keine vorübergehende Anordnung des Ruhens als weniger belastender Eingriff in Betracht gekommen. Im Übrigen habe der Kläger lediglich angekündigt, die vertragsärztliche Tätigkeit im nächsten Jahr wieder voll aufnehmen zu wollen. Nehme ein Vertragsarzt rechtswidrig die Tätigkeit nicht auf, könne er nicht nach mehreren Jahren das Ruhen dieser Zulassung beantragen, weil er angeblich die Tätigkeit in angemessener Zeit aufnehmen werde, um einen Entzug der Zulassung zu verhindern (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 16. Dezember 2015 - L 12 KA 52/15 - juris Rdnr. 20 ff.).
Die Kostenentscheidung beruhe auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trage die Kosten des Verfahrens.
In den Quartalen III/2014 bis II/2015 rechneten die Hausärzte in Hessen durchschnittlich 1.091, 1.108, 1.155 bzw. 1.062 Fälle pro Quartal ab. Die entsprechenden Abrechnungszahlen für das Quartal III/15 waren erst ab Ende Dezember 2015 bekannt.
Gegen das ihm am 31. März 2016 zugestellte sozialgerichtliche Urteil hat der Kläger am 28. April 2016 Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtswidrig.
Es sei schon zweifelhaft, ob das alleinige Abstellen auf die Zahl der abgerechneten Fälle rechtmäßig sei, denn es sei denkbar, dass diese Zahl nicht den tatsächlichen Arbeitsumfang widerspiegele, unvollständig sei oder Patienten (noch) ausblieben. Auch bei einer geringen Anzahl an abgerechneten Fällen könne somit der Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gegeben sein. So sei es auch bei ihm. Er habe in seiner Praxis und im Seniorenheim gesetzlich krankenversicherte Patienten behandelt, die er zu einem großen Teil nicht abgerechnet habe, weil er die Vergütung der Hausärzte der Heimbewohner nicht habe schmälern wollen und die Behandlung quasi als "Serviceleistung" des Heims angeboten habe. In erster Linie habe es sich um Akutbehandlungen sowie die Überprüfung der Medikationspläne gehandelt. Auch hätten die Erlöse in vielen Fällen kaum den Mehraufwand der Rechnungsstellung gerechtfertigt. Zudem habe er lange Zeit Sprechstunden in einem Umfang, wie für einen vollen Versorgungsauftrag gefordert, angeboten. Dieses Angebot habe er erst nach einer Fehlinformation durch eine Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung, die ihm gesagt habe, er dürfe während des Rechtsstreits nicht mehr als Vertragsarzt tätig sein, vorläufig eingestellt. Als er erfahren habe, dass die Auskunft unrichtig gewesen sei, habe er wieder reduzierte Sprechstunden angeboten, nun seien jedoch die Patienten ausgeblieben. Nur deswegen habe er sein Sprechstundenangebot nicht ausgeweitet. Nach der Verhandlung vor dem Sozialgericht habe er seine Bemühungen weiter intensiviert und biete nunmehr montags, mittwochs und donnerstags Sprechstunden von 8 bis 12 Uhr sowie nach Vereinbarung an. Darüber hinaus habe er zur Bekanntmachung seiner Sprechstundenzeiten eine Anzeige in der örtlichen Presse geschaltet und es stünden Gespräche mit den Ärzten vor Ort und aus der Umgebung an. Im Quartal III/16 habe er bereits 30 Fälle abgerechnet, im Quartal IV/16 hoffe er, 60 Fälle zu erreichen. Er renoviere gerade seine Praxisräume und beabsichtige, künftig spezielle Leistungen anzubieten. Zudem habe das Sozialgericht verkannt, dass er ein besonderes Patientenklientel, das eine Auslastung bei einer geringeren Fallzahl nahelege, betreue, nämlich Senioren und multimorbide Patienten. Deren Behandlung sei besonders auswendig, was auch im Rahmen von Richtgrößenprüfungen anerkannt werde. Er nehme sich für einen Patienten regelmäßig mehrere Stunden Zeit, insbesondere, um die Einstellung der eingenommenen Medikamente umfassend zu überprüfen. Der Zulassungsentzug stelle einen Eingriff in Art. 12 GG dar, der nicht gerechtfertigt sei. Der Eingriff sei erheblich. Privat Versicherte machten nur einen sehr geringen Anteil der Patienten aus. A-Stadt sei bereits jetzt vertragsärztlich unterversorgt. Diese Unterversorgung würde durch einen Wegfall seiner Zulassung verstärkt. Schließlich sei auch die Möglichkeit eines Ruhens seiner Zulassung nicht ausreichend geprüft worden. Weil ein Ruhen nur für die Zukunft angeordnet werden könne, stehe auch der Zwei-Jahres-Zeitraum einer Anordnung nicht entgegen, denn er wolle Anfang 2017 wieder den vollen Versorgungsauftrag erfüllen. Jedenfalls ein halber Versorgungsauftrag sei ihm zu belassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 16. März 2016 sowie den Beschluss des Beklagten vom 11. November 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtmäßig.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehung komme es nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Az. B 6 KA 49/11 R) auf die Sachlage im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses an. Danach liegende Umstände seien erst in einem eventuellen Verfahren auf Wiederzulassung relevant. Auf die aktuellen Bemühungen des Klägers komme es für die Rechtmäßigkeit der Entziehung daher nicht an. Soweit der Kläger behaupte, ihm sei eine Falschauskunft erteilt worden, und er habe deswegen zeitweise seine Sprechstunden eingestellt, sei sein Vortrag völlig unsubstantiiert. Im Übrigen sei die Einstellung der Sprechstunden nicht der Grund für die Entziehung. Maßgeblich für den Entzug sei vielmehr gewesen, dass der Kläger mehrere Jahre lang gar keine Patienten vertragsärztlich behandelt und in den Jahren 2014 und 2015 nur eine Anzahl von weit unter 10 % der Fälle des Landesdurchschnitts eines hausärztlichen Vertragsarztes zur Abrechnung gebracht habe. Insoweit sei es auch nicht zu beanstanden, dass für die Beurteilung des Umfangs der Tätigkeit ausschließlich die Anzahl der abgerechneten Fälle herangezogen worden sei. Der Kläger sei als Arzt berufsrechtlich zur Abrechnung seiner ärztlichen Tätigkeit verpflichtet. Er als Beklagter könne alleine anhand der Abrechnungen den Umfang der Tätigkeit eines Vertragsarztes bemessen. Auf den klägerseits behaupteten Zeitaufwand pro Patient komme es nicht an, zudem sei das diesbezügliche Vorbringen des Klägers völlig unsubstantiiert. Der Wille des Klägers zur Patientenversorgung habe sich jedenfalls nicht hinreichend in der tatsächlich abgerechneten Patientenbehandlung konkretisiert. Es liege auch nur ein geringfügiger Eingriff in Art. 12 GG vor, weil der Kläger vor der Entzugsentscheidung nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen sei. Die Anordnung des Ruhens der Zulassung komme nicht in Betracht. Das Ruhen sei kein minus gegenüber der Zulassungsentziehung, denn es handele sich um jeweils unterschiedliche Maßnahmen. Ob der Kläger einen Anspruch auf ein Ruhen seiner Zulassung habe, sei daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Hiervon abgesehen sei bei der Frage, ob die Voraussetzungen für ein Ruhen vorlägen, selbstverständlich auch zu berücksichtigen, über welchen Gesamtzeitraum die vertragsärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt worden sei. Dies seien hier 14 Jahre, weil auch der Ruhenszeitraum von Oktober 2003 bis Dezember 2005 miteinbezogen werden müsse. Die Zwei-Jahres-Grenze würde somit bei weitem überschritten.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstand wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtakte sowie der Behördenvorgänge. Sämtliche dieser Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung war zurückzuweisen.
Sie ist zwar zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des sozialgerichtlichen Urteils sowie des Beschlusses vom 11. November 2015. Sowohl die erstinstanzliche Entscheidung als auch der Beschluss sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem Urteil des Sozialgerichts Bezug genommen. Ergänzend hierzu gilt:
Das erstinstanzliche Gericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne von § 95 Abs. 6 S. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vorliegt.
Zur Beurteilung der Frage, ob die vertragsärztliche Tätigkeit noch ausgeübt wird, ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung – hier also auf den 11. November 2015 – abzustellen (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 – B 6 KA 49/11 R – juris, Rn. 19 ff.; Beschluss vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 36/15 B – juris, Rn. 16f.; Beschluss vom 22. März 2016 B 6 KA 69/15 B – juris, Rn. 13). Dabei hat die zuständige Behörde, von diesem Zeitpunkt ausgehend, eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob aufgrund aller bekannten tatsächlichen Umstände auch in Zukunft von einer Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit auszugehen ist (zum Ruhen so schon, Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. März 2006 – L 4 KA 29/05 –, juris, Rn. 20; vgl. auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 09. Dezember 2009 – L 3 KA 117/08 –, juris, Rn. 36). Dass der Beklagte dies in Bezug auf den Kläger im Rahmen seiner – rechtlich voll überprüfbaren – Prognose bejaht hat, ist nicht zu beanstanden.
Unbedenklich ist zunächst, dass der Beklagte für die Bewertung des Umfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers ausschließlich auf die von diesem gegenüber der Beigeladenen zu 1) abgerechneten Fälle abgestellt hat. Denn erst durch die Abrechnung erbrachter Leistungen ist die Leistungserbringung quantitativ und qualitativ für Dritte überprüfbar und nachvollziehbar. Es gehört zudem gerade zu den Pflichten eines Vertragsarztes, seine Leistungen auch abzurechnen (in diesem Sinne auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. April 1999 L 11 KA 16/99 –, juris, Rn. 21 m.w.N.). Es kann daher offen bleiben, ob das (wenig konkrete) Vorbringen des Klägers, er habe einen Teil der von ihm gegenüber Patienten erbrachte Leistungen nicht abgerechnet, zutrifft oder nicht.
Für die Vergangenheit haben der Beklagte und das Sozialgericht zu Recht angenommen, dass der Umfang, in dem der Kläger sich in den letzten Jahren vertragsärztlich betätigt hat, einer Nichtausübung gleichkommt. Der Senat hält es, ebenso wie das erstinstanzliche Gericht, für unbedenklich, ab einer Fallmenge pro Quartal, die unter 10 % des Fachgruppendurchschnitts liegt, von einer Nichtausübung der Vertragsarzttätigkeit auszugehen (vgl. auch bereits - ohne Festlegung auf konkrete Prozentzahlen - Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Juli 2008 – L 4 KA 15/08 –, juris, Rn. 19). Selbst diese Grenze hat der Kläger jedoch in den letzten 5 Jahren seiner Tätigkeit bei weitem nicht erreicht. Zwischen den Quartalen II/2011 und I/2014 hat er gar keine Fälle abgerechnet. In den Quartalen II/2014 bis II/2015 hat er zwischen 6 und 15 Fällen pro Quartal abgerechnet. Dies entspricht, bezogen auf die von der Fachgruppe abgerechneten Fallzahlen, einem Anteil zwischen 0,69 (Quartal I/2015) und 1,53 % (Quartal IV/2014). Auch in dem Zeitraum vor dem Quartal II/2011 war die Zahl der von ihm abgerechneten Fälle extrem niedrig (6 Fälle in 2010, 9 Behandlungsfälle in I/2011), in den Jahren davor immer noch erheblich unterdurchschnittlich.
Angesichts dieses geringen Abrechnungsumfangs kommt es weder auf das Maß der vom Kläger angebotenen Sprechstundenzeiten an noch greift dessen Einwand, er habe ein besonderes Patientenklientel zu betreuen, dessen Behandlung überdurchschnittlich viel Zeit in Anspruch nehme, durch. Denn selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, er habe vorwiegend Rentner und chronisch Kranke behandelt und hierdurch einen größeren Zeitaufwand pro Patient gehabt, ergibt sich bei realistischer Betrachtung kein Tätigkeitsumfang, der der Wahrnehmung eines wenigstens hälftigen Versorgungsauftrags entspricht.
Der Beklagte hat aus den langjährig niedrigen bzw. nicht existenten Abrechnungszahlen weiter zutreffend gefolgert, der Kläger werde seinen Tätigkeitsumfang auch zukünftig nicht in einem Maße steigern, dass wieder ein hälftiger Versorgungsauftrag (oder mehr) erreicht werde. So lassen die in 2014 und 2015 abgerechneten Fälle schon keine Steigerung erkennen, aus der man auf eine weitere Zunahme der abgerechneten Behandlungsfälle für zukünftige Zeiträume schließen könnte. Soweit der Kläger sich auf die Falschauskunft durch eine Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1) beruft und meint, auf diese Weise die geringen Zahlen begründen zu können, ergibt sich hieraus keine andere Bewertung. Denn das Vorbringen des Klägers ist so pauschal, dass sich nicht einmal ansatzweise beurteilen lässt, ob überhaupt eine solche fehlerhafte Auskunft vorlag und, falls ja, inwieweit diese für die geringen Abrechnungsumfang ursächlich war.
Im Übrigen hat der Kläger selbst nichts genügend Konkretes vorgebracht, das die Annahme zugelassen hätte, er werde in Zukunft wieder in erheblich höherem Ausmaß vertragsärztlich tätig werden. Dass die Vertragsarzttätigkeit entsprechend zunehmen wird, muss jedenfalls hinreichend wahrscheinlich sein, und zwar grundsätzlich bezogen auf die unmittelbare Zukunft, hier also das Quartal I/2016. Mit Schreiben vom 27. September 2015 hat der Kläger lediglich allgemein erklärt, mittlerweile habe sich aufgrund komplettierter Aufgaben und seines Alters die Situation geändert und er sei jetzt in der Lage, die Praxis 24 Stunden pro Woche, zuzüglich Hausbesuche, zu versorgen. Bei der Sitzung vor dem Beklagten am 11. November 2015 hat er dann zwar mitgeteilt, er stehe nunmehr in Verkaufsverhandlungen bezüglich des von ihm betriebenen Gewerbes, welche nach seiner Einschätzung in ca. einem halben Jahr abgeschlossen sein dürften. Danach wolle er sich wieder verstärkt seiner vertragsärztlichen Tätigkeit widmen. Bereits hieraus folgt aber, dass für das Quartal I/2016 gerade noch nicht mit einer Steigerung des Tätigkeitsumfangs gerechnet werden konnte, zumal sich aus der weiteren Bitte des Klägers, ihm durch Ruhen eine weitere Frist bis Ende 2016 einzuräumen, ergibt, dass er selbst offenbar erst für die Zeit ab 2017 von einer Vermehrung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit ausging. Diese Angaben werden durch die Ausführungen in dem klägerischen Schriftsatz vom 23. Februar 2016 bestätigt. Abgesehen hiervon war jedenfalls im November 2015 noch unklar, ob die Verkaufsverhandlungen tatsächlich zum Erfolg führen würden, so dass auch aus diesem Grunde nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden konnte, der Kläger werde seinen gewerblichen Betrieb zeitnah veräußern, um sich anschließend wieder "mit voller Kraft" seiner Tätigkeit als Vertragsarzt widmen zu können.
Aufgrund der gleichen Erwägungen kam auch ein Ruhen der Zulassung nach § 95 Abs. 5 S. 1 SGB V als das gegenüber dem Zulassungsentzug mildere Mittel nicht in Betracht. Denn ein Ruhen darf nur angeordnet werden, wenn die (Wieder-)aufnahme der Tätigkeit in "angemessener Frist" zu erwarten ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Was im Sinne der Norm "angemessen" ist, kann zwar nicht schematisch, sondern nur unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Zulassungsinhabers und der Verzögerungsgründe, auf die dieser sich beruft, beantwortet werden (s. nur Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, 05/16, § 95 SGB V Rn. 167). Zu berücksichtigen sind zudem alle Umstände des Einzelfalls. Auch hiervon ausgehend war die Wiederaufnahme aber schon nicht, wie bereits dargelegt, mit hinreichender Sicherheit zu erwarten. Überdies fehlt es am Merkmal der "angemessenen Frist", da der Kläger selbst davon ausging, erst 2017 also mehr als ein Jahr später – nach Durchführung des Verkaufs seines Gewerbebetriebes wieder in entsprechenden Umfang für eine vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung zu stehen. Eine Zeitspanne von mehr als einem Jahr ist, gerade auch unter Berücksichtigung der bis dahin bestehenden viele Jahre umfassenden Dauer der Untätigkeit, nicht mehr als angemessen anzusehen.
Wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, ist der angegriffene Beschluss auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar liegt ein Eingriff in Art. 12 GG vor, dieser ist aber gerechtfertigt. Denn nimmt ein zugelassener Arzt seinen Versorgungsauftrag nicht wahr, kommt er also seiner Aufgabe, den gesetzlich Krankenversicherten als Arzt zur Verfügung zu stehen, nicht hinreichend nach, gebieten es Gründe des Allgemeinwohls, ihm die Zulassung zu entziehen.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es ebenfalls unbedenklich, für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für einen Entzug der Zulassung gegeben sind, auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen und das nachfolgende Verhalten des Arztes nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. September 2016 – 1 BvR 1326/15 – juris, Rn. 45, zur verfassungsrechtlich zulässigen Aufgabe der Wohlverhaltensrechtsprechung durch das Bundessozialgericht). Denn Art. 12 Abs. 1 GG garantiert nicht den Bestand eines einmal gewählten Arbeitsplatzes (BVerfG, a.a.O., Rn. 45).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat, da seine Berufung keinen Erfolg hatte, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nicht zu übernehmen hatte er die Kosten der Beigeladenen zu 1 bis 7, da diese keine Anträge gestellt haben.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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