S 34 KR 354/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
34
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 354/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Klage und Widerklage werden abgewiesen. Die Klägerin trägt drei Viertel und die Beklagte ein Viertel der Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.131,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung. Der bei der Klägerin krankenversicherte I1 T1 (im Folgenden Versicherter genannt) wurde in der Zeit vom 04.10.2010 bis zum 29.10.2010 stationär in dem von der Beklagten betriebenen, für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen (§ 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch –SGB V-) Krankenhaus in T2 behandelt. Die Klägerin bezahlte den ihr von der Beklagten für diese Krankenhausbehandlung in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 6.430,65 Euro. Der Rechnung lag unter anderem die DRGB17C zugrunde. Die Klägerin veranlasste ein Prüfverfahren. Aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz -MDK- ging die Klägerin davon aus, dass die Verweildauer um 16 Belegungstage hätte gekürzt werden können und diese Kürzung der Verweildauer zu einer Überzahlung von 3.757,84 Euro geführt hätte. Nachdem die Beklagte der Aufforderung zur Rückzahlung dieses Betrages nicht nachgekommen war, hat die Klägerin am 12.04.2012 Klage erhoben. Die Klägerin bestreitet die Erforderlichkeit der Dauer des stationären Krankenhausaufenthaltes. Die Klägerin hat während des Klageverfahrens die Rechnungen vom 11.11.2010 storniert und mit der Rechnung vom 08.05.2012 die DRGBO7Z unter Berücksichtigung der weiteren Nebendiagnose F13.7 nachkodiert. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und macht aufgrund des korrigierten Rechnungsbetrags in Höhe von 7.803,70 Euro einen Nachforderungsbetrag in Höhe von 1.373,05 Euro geltend. Die Klägerin ist der Meinung, dass die Beklagte nach § 242 BGB nach mehr als 18 Monaten mit einer Nachberechnung ausgeschlossen ist.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.757,84 Euro nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Klägerin im Wege der Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 1.373,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2012 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte macht nunmehr unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme geltend, dass sich auch unter Berücksichtigung Nebendiagnose F05.0 die DRGB07Z zu kodieren sei.

Das Gericht hat über die Frage der Erforderlichkeit der Dauer des stationären Krankenhausaufenthaltes des Versicherten sowie hinsichtlich der Frage, welche weitere Nebendiagnose kodiert werden kann, Beweis erhoben durch Einholung eines fachneurologischen Gutachtens von I2. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das unter dem 26.04.2015 erstellte Gutachten von I2 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 12.02.2016 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Krankenakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG- durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Erstattungsanspruch im Zusammenhang mit der stationären Krankenhausbehandlung des Versicherten im Oktober 2010 zu.

Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, den die Klägerin in zulässiger Weise im Wege der Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG geltend macht, ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt unter anderem voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 264 Nr. 3). Vorliegend geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass für den stationären streitigen Krankenhausaufenthalt die DRGB07Z hätte kodiert werden können, so dass der Beklagten grundsätzlich ursprünglich ein Vergütungsanspruch von 7.803,70 Euro zustand. Insofern korrespondiert der Zahlungsanspruch mit dem Sachleistungsanspruch des Versicherten (vgl. BSG SozR 3-2500 (112 Nr. 1).

Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der streitigen stationären Krankenhausbehandlung nicht die Nebendiagnose F13.7 "Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa und Hypnotika: Restzustand und verzögert auftretende psychische Störung sondern die Nebendiagnose F05.0 Delier ohne Demenz zugrunde zu legen war. Die insoweit gut begründete Feststellung von I2 ist von der Klägerin nicht in Frage gestellt worden. Unstreitig führt auch die Kodierung der Nebendiagnose F05.0 zur DRGB07Z. Da die obere Grenzverweildauer der DRGB07Z 33 Tage beträgt und die untere Grenzverweildauer 4 Tage, spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob entsprechend der Behauptung der Klägerin eine Verweildauer von nur 9 Tagen ausreichend gewesen wäre. Damit steht der Klägerin gegenüber der Beklagten kein Rückforderungsanspruch zu.

Soweit die Beklagte jedoch im Wege der Widerklage einen weiteren Betrag in Höhe von 1.373,05 Euro von der Klägerin nachfordert, besteht ein derartiger Anspruch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht. Zwar schließt die Schlussrechnung der Beklagten vom 11.11.2010 nicht umfassend und ausnahmslos Nachforderungen aus. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit von Nachforderungen mangels ausdrücklicher Regelung gemäß dem über § 69 Satz 3 SGB V auf die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse einwirkenden Rechtsgedanken des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch nach Treu und Glauben. Den Krankenhäusern ist bekannt, dass die Krankenkassen aufgrund des laufenden Ausgabenvolumens die Höhe ihrer Beiträge – grundsätzlich bezogen auf das Kalenderjahr – kalkulieren müssen, auch wenn inzwischen seit 2009 aufgrund der Einführung des Gesundheitsfonds nur noch geringere Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkassen bestehen. Fordert ein Krankenhaus nach Ablauf von mehr als einem vollen Geschäftsjahr wegen Unvollständigkeit seiner plausiblen Schlussrechnung von der Krankenkasse für die Behandlung eines Versicherten eine weitere Vergütung, verstößt dies regelmäßig gegen Treu- und Glauben (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 27, vgl. auch BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 28). Vorliegend war die Beklagte somit nicht zur Geltendmachung einer Nachforderung im übernächsten Jahr nach der ursprünglich vorbehaltslosen Schlussrechnung berechtigt. Insoweit ist die Situation der zusätzlichen Nachforderung durch die Beklagte eine wesentlich andere als die Situation der Rückforderung aufgrund einer ursprünglich durch die Krankenkasse bezahlten Schlussrechnung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 45 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1,3, 63 Abs. 2 GKG.
Rechtskraft
Aus
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