Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 24 KR 83/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.060,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer Krankenhausbehandlung.
Der bei der Beklagten versicherte U T-T1 (geb. am 00.00.1962, im Folgenden: Versicherter) wurde in der Zeit vom 24.03.2015 bis 27.03.2015 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Am 24.03.2015 erfolgten verschiedene diagnostische Maßnahmen. Am 25.03.2015 wurde eine Vorhofflimmerablation durchgeführt. Nach einer 36-stündigen Monitorüberwachung wurde der Versicherte am 27.03.2015 aus dem Krankenhaus entlassen.
Die Klägerin stellte für die Behandlung auf der Grundlage der DRG F50A (ablative Maßnahmen bei Tachyarrhythmie mit komplexer Ablation im linken Vorhof oder hochkomplexer Ablation oder Implantation eines Ereignisrekorders) am 02.04.2015 eine Rechnung in Höhe von 8.905,08 EUR aus, die am 03.04.2015 bei der Beklagten einging.
Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Einzelfallprüfung. Dieser zeigte der Klägerin mit einem Schreiben vom 21.04.2015 die Prüfung an.
Der MDK gelangte in einem Gutachten vom 24.06.2015 durch Frau C zu der Einschätzung, dass der Eingriff am Tag der Aufnahme und die Entlassung bei komplikationslosem Verlauf am nächsten Folgetag (25.03.2015) hätte erfolgen können.
Die Beklagte forderte die Klägerin zur Rückerstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 1.060,44 EUR auf. Nachdem diese darauf nicht reagiert hatte, verrechnete die Beklagte den Forderungsbetrag am 17.11.2015 mit einer unbestrittenen Forderung betreffend die stationäre Behandlung des Versicherten O X in Höhe von 1.060,44 EUR.
Am 26.01.2016 hat die Klägerin Zahlungsklage erhoben, mit der sie die Erstattung des verrechneten Betrages von 1.060,44 EUR geltend macht. Sie ist der Ansicht, dass die stationäre Behandlung nicht habe abgekürzt werden können. Es habe sich um eine hochkomplexe elektrophysiologische Prozedur gehandelt, bei der statistisch in 5% der Fälle Komplikationen aufträten. Deswegen sei nach der Ablation eine 36-stündüge Monitorüberwachung erfolgt, um im Bedarfsfall jederzeit eingreifen zu können. Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.060,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte führt aus, dass der Versicherte 368 km von der Klinik der Klägerin entfernt gewohnt habe. Dies sei wohl der Grund gewesen, weshalb eine prästationäre Abklärung nicht möglich gewesen sei. Es fänden sich jedoch keine medizinischen Gründe, warum eine wohnortnahe Behandlung in einer Kardiologie, etwa in S oder L, nicht möglich gewesen wäre. Es seien am 24.03.2015 und 25.03.2015 diagnostische Maßnahmen erfolgt. Der postoperative Verlauf sei komplikationslos verlaufen. Die Begründung der Klägerin, dass eine 36-stündige Überwachung erforderlich gewesen sei, sei nicht plausibel.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines nach Aktenlage erstellten Gutachtens des Kardiologen Prof. Dr. F. Einen von der Beklagten gegen den Sachverständigen gestellten Befangenheitsantrag hat das Gericht durch einen Beschluss vom 20.05.2016 abgelehnt.
Der Sachverständige führt in seinem Gutachten vom 23.08.2016 unter anderem Folgendes aus: Die stationäre Behandlung des Versicherten vom 24.03.2015 bis 27.03.2015 sei medizinisch erforderlich gewesen, weil nach einer ersten Ablation am 29.09.2014 ein Rezidiv des Vorhofflimmerns aufgetreten sei. Zur Therapie sei eine Kryoisolation der Pulomanalvenen, d.h. der rechten und linken oberen und unteren Lungenvene am 25.03.2015 erfolgt. Am 24.03.2015 sie die Vorbereitung erfolgt, und zwar durch ein EKG, Langzeit-EKG und die Aufzeichnung eines transthorokalen und transösophagealen Echokardiogramms. Der Eingriff sei nach korrekter Aufklärung und Einwilligung des Versicherten am 25.03.2015 durchgeführt worden. Wichtig erscheine im Protokoll der Hinweis des Operateurs auf die Notwendigkeit der 36-stündigen Monitorüberwachung nach zweiter transseptaler Punktion und Nachweis eines Vorhofseptumdefektes und offenem Foramen ovale. Aus diesem Grund sei vom 25.03.2015 bis 27.03.2015 eine telemetrische Überwachung erfolgt. Außerdem sei bei Verdacht auf Diabetes mellitus ein oraler Glukosetoleranztest erforderlich gewesen, der am 26.03.2015 durchgeführt worden sei. Zu bedenken sei, dass der Versicherte vier Autostunden von der Klinik entfernt gewohnt habe. Bedenke man, dass zusätzlich einige Untersuchungen als Vorbereitung notwendig gewesen seien, unter anderem auch transösophageale Untersuchungen, das Langzeit-EKG, das Schluck-Echo und die Testung auf Hospitalkeime (MRSA), sei die prästationäre Untersuchung als ambulante Untersuchung nicht möglich gewesen. Zudem sei noch am selben Tag das Langzeit-EKG angelegt worden, um entsprechende Vorbefunde ganz aktuell zu besitzen. Dies sei auch wichtig gewesen, weil eine Tachykardie aufgezeichnet und die Notwendigkeit des Eingriffs unterstrichen worden sei. Für die behandelnden Ärzte sei eine Verkürzung der Nachbobachtung nicht möglich gewesen, denn der Operateur habe angeordnet, dass der Versicherte 36 Stunden nach dem Eingriff überwacht werden müsse. Wäre er früher entlassen worden und wären Komplikationen aufgetreten, hätten die Ärzte gegen diese Anweisung verstoßen und sich sicherlich strafbar gemacht. In die Beurteilung des Krankenhausarztes gehe die hohe Komplikationsrate ein, die bei den Eingriffen beobachtet werde und nicht nur als Komplikation, sondern als lebensbedrohliche Komplikation auftreten könne und dabei eine sofortige Handlung erforderlich mache. Der Versicherte habe in der Eifel gewohnt, in einer Umgebung, wo sicherlich keine sofortige kurzfristige fachgerechte Behandlung möglich gewesen wäre. Selbst kurze Transportwege hätten ihm dann nicht geholfen. Dies habe sicherlich der Operateur auch im Blick gehabt, wenn er eine Behandlung über 36 Stunden als notwendig erachtet habe.
In einem von der Beklagten eingereichten Gutachten führt Frau C vom MDK aus, dass weder aus der Patientendokumentation noch aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F hervorgehe, dass es nach dem Eingriff zu einer Komplikation gekommen sei. Der orale Glukosetoleranztest hätte auch im ambulanten Bereich durchgeführt werden können. Nach der im Sachverständigengutachten aufgeführten Literatur schwankten die theoretisch möglichen Komplikationen im Zusammenhang mit Pulmonalvenenisolation bei Vorhofflimmern, je nach Begleiterkrankung zwischen 1% und 4,5%. Laut Recherche im Internet entlasse sowohl das Herzzentrum Brandenburg bei Berlin als auch das Herzzentrum Dresden Patienten bei komplikationslosem Verlauf am ersten Tag nach dem Eingriff. Im vorliegenden Fall sei der Eingriff wie auch der Verlauf stets komplikationsfrei verlaufen, deshalb habe der Versicherte am Tag des Eingriffs entlassen werden können; die Distanz zu seinem Wohnort sei kein medizinscher Grund.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogene Patientendokumentation über den stationären Aufenthalt des Versicherten U T-T1 vom 24.03.2015 bis 27.03.2015. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die (unstreitige) Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des bei der Beklagten versicherten O X im Krankenhaus der Klägerin. Streitgegenstand ist nicht die stationäre Behandlung des Versicherten U T-T1 vom 24.03.2015 bis 27.03.2015, sondern die Frage, ob die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bzgl. dieses Behandlungsfalles aufrechnen durfte.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unmittelbar zulässig, denn es geht bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten für einen Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (st. Rspr. des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. etwa Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R -, juris Rn. 13).
Die Klage ist auch begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 1.066,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 verlangen.
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der sich die Kammer anschließt, § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung festgelegt wird (vgl. BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 4/10 R -, juris Rn. 9 f.; BSG Urteil vom 29.04.2010 - B 3 KR 11/09 R -, juris Rn. 7; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R -, juris Rn. 10). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch einen Versicherten. Da der Zahlungsanspruch des zugelassenen Krankenhauses jedoch in aller Regel mit dem Naturalleistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung korrespondiert, müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhauspflegebedürftigkeit vorliegen (Landessozialgericht Niedersachsen Urteil vom 30.01.2002 - L 4 KR 110/00 -, juris Rn. 22). Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Leistungsumfang umfasst gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch Krankenhausbehandlung, die vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht wird. Der Sachleistungsanspruch des Versicherten umfasst vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Nach einem Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007 (Az.: GS 1/06) richtet sich die Entscheidung, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative" kommt dem Krankenhausarzt dabei nicht zu (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007 - GS 1/06 -, juris Rn. 29).
Die Erforderlichkeit der stationären Behandlung des Versicherten O X und die ordnungsgemäße Abrechnung sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Dieser Vergütungsanspruch erlosch nicht dadurch, dass die Beklagte wirksam mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten U T-T1 analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Aufrechnung erklärte.
Denn die Aufrechnung war in Höhe des seitens der Klägerin geltend gemachten Betrages von 1.066,40 EUR unbegründet. Die Gegenforderung, mit der die Beklagte aufgerechnet hat, ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Dieses aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsinstitut setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis liegt hier vor, denn die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus sind öffentlich-rechtlich geprägt. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung - §§ 812 ff. BGB -, mit der der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Diesbezüglich ist allgemein anerkannt, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, zurückgefordert werden können (vgl. BSG Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R -, juris Rn. 15 ff.). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die ihr in Rechnung gestellten und bezahlten Kosten des stationären Aufenthalts ihres Versicherten T-T1 im Krankenhaus der Klägerin auch in Höhe der streitigen 1.066,40 EUR mit Rechtsgrund geleistet.
Denn die stationäre Behandlung des Versicherten T-T1 war gemessen an den o.g. Maßstäben auch für den hier streitigen Zeitraum vom 25.03.2015 bis 27.03.2015 medizinisch erforderlich. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F fest.
Der Sachverständige führt zunächst überzeugend aus, dass die umfangreichen diagnostischen Maßnahmen, wie etwa transösophageale Untersuchungen, das Langzeit-EKG, das Schluck-Echo und die Testung auf Hospitalkeime (MRSA), nicht im ambulanten Bereich durchführbar waren. Dies gilt vor allem wegen des Langzeit-EKG vom 24.03.2015 bis 25.03.2015, das aktuelle Befunde für den geplanten Eingriff lieferte. Ferner geht das Gericht davon aus, dass auch die 36-stündige Monitorüberwachung medizinisch notwendig war. Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht nicht an die Entscheidung des Operateurs, der diese Überwachung angeordnet hat, gebunden ist. Ihm steht - wie oben bereits erwähnt - keine Einschätzungsprärogative zu. Dessen Entscheidung war jedoch medizinisch begründet aufgrund der Komplikationsrate, die mit Eingriffen dieser Art zusammenhängt. Entscheidend ist insofern, dass bei etwa fünf Prozent aller Eingriffe lebensbedrohliche Komplikationen auftreten können, bei denen ein sofortiges Eingreifen erforderlich ist. Selbst kurze Transportwege wären dann keine Garantie mehr für eine rechtzeitige Hilfe. Insofern war die 36-stündige Beobachtung im Falle des Versicherten medizinisch erforderlich. Es ist unerheblich, ob tatsächlich an anderen Krankenhäusern eine Entlassung bereits am Tag des Eingriffs erfolgt, wie der MDK ausführt. Die nicht unwesentliche Komplikationsrate war aus Sicht der Kammer jedenfalls Grund genug, um den Versicherten nicht am 25.03.2015 zu entlassen.
Die Kammer geht davon aus, dass der orale Glukosetoleranztest, der am 26.03.2015 durchgeführt wurde, im ambulanten Bereich möglich gewesen wäre. Ferner geht die Kammer davon aus, dass die Strecke vom Wohnort des Versicherten zum Krankenhaus der Klägerin keine medizinische Notwendigkeit für eine Krankenhausbehandlung begründen konnte, weil es sich um eine organisatorische Frage handelt. Darauf kam es jedoch wegen der oben genannten Umstände, die eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit für den gesamten Streitzeitraum bestätigen, nicht mehr an.
Der Zinsanspruch folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 4 des nordrhein-westfälischen Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in Verbindung mit §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer Krankenhausbehandlung.
Der bei der Beklagten versicherte U T-T1 (geb. am 00.00.1962, im Folgenden: Versicherter) wurde in der Zeit vom 24.03.2015 bis 27.03.2015 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Am 24.03.2015 erfolgten verschiedene diagnostische Maßnahmen. Am 25.03.2015 wurde eine Vorhofflimmerablation durchgeführt. Nach einer 36-stündigen Monitorüberwachung wurde der Versicherte am 27.03.2015 aus dem Krankenhaus entlassen.
Die Klägerin stellte für die Behandlung auf der Grundlage der DRG F50A (ablative Maßnahmen bei Tachyarrhythmie mit komplexer Ablation im linken Vorhof oder hochkomplexer Ablation oder Implantation eines Ereignisrekorders) am 02.04.2015 eine Rechnung in Höhe von 8.905,08 EUR aus, die am 03.04.2015 bei der Beklagten einging.
Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Einzelfallprüfung. Dieser zeigte der Klägerin mit einem Schreiben vom 21.04.2015 die Prüfung an.
Der MDK gelangte in einem Gutachten vom 24.06.2015 durch Frau C zu der Einschätzung, dass der Eingriff am Tag der Aufnahme und die Entlassung bei komplikationslosem Verlauf am nächsten Folgetag (25.03.2015) hätte erfolgen können.
Die Beklagte forderte die Klägerin zur Rückerstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 1.060,44 EUR auf. Nachdem diese darauf nicht reagiert hatte, verrechnete die Beklagte den Forderungsbetrag am 17.11.2015 mit einer unbestrittenen Forderung betreffend die stationäre Behandlung des Versicherten O X in Höhe von 1.060,44 EUR.
Am 26.01.2016 hat die Klägerin Zahlungsklage erhoben, mit der sie die Erstattung des verrechneten Betrages von 1.060,44 EUR geltend macht. Sie ist der Ansicht, dass die stationäre Behandlung nicht habe abgekürzt werden können. Es habe sich um eine hochkomplexe elektrophysiologische Prozedur gehandelt, bei der statistisch in 5% der Fälle Komplikationen aufträten. Deswegen sei nach der Ablation eine 36-stündüge Monitorüberwachung erfolgt, um im Bedarfsfall jederzeit eingreifen zu können. Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.060,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte führt aus, dass der Versicherte 368 km von der Klinik der Klägerin entfernt gewohnt habe. Dies sei wohl der Grund gewesen, weshalb eine prästationäre Abklärung nicht möglich gewesen sei. Es fänden sich jedoch keine medizinischen Gründe, warum eine wohnortnahe Behandlung in einer Kardiologie, etwa in S oder L, nicht möglich gewesen wäre. Es seien am 24.03.2015 und 25.03.2015 diagnostische Maßnahmen erfolgt. Der postoperative Verlauf sei komplikationslos verlaufen. Die Begründung der Klägerin, dass eine 36-stündige Überwachung erforderlich gewesen sei, sei nicht plausibel.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines nach Aktenlage erstellten Gutachtens des Kardiologen Prof. Dr. F. Einen von der Beklagten gegen den Sachverständigen gestellten Befangenheitsantrag hat das Gericht durch einen Beschluss vom 20.05.2016 abgelehnt.
Der Sachverständige führt in seinem Gutachten vom 23.08.2016 unter anderem Folgendes aus: Die stationäre Behandlung des Versicherten vom 24.03.2015 bis 27.03.2015 sei medizinisch erforderlich gewesen, weil nach einer ersten Ablation am 29.09.2014 ein Rezidiv des Vorhofflimmerns aufgetreten sei. Zur Therapie sei eine Kryoisolation der Pulomanalvenen, d.h. der rechten und linken oberen und unteren Lungenvene am 25.03.2015 erfolgt. Am 24.03.2015 sie die Vorbereitung erfolgt, und zwar durch ein EKG, Langzeit-EKG und die Aufzeichnung eines transthorokalen und transösophagealen Echokardiogramms. Der Eingriff sei nach korrekter Aufklärung und Einwilligung des Versicherten am 25.03.2015 durchgeführt worden. Wichtig erscheine im Protokoll der Hinweis des Operateurs auf die Notwendigkeit der 36-stündigen Monitorüberwachung nach zweiter transseptaler Punktion und Nachweis eines Vorhofseptumdefektes und offenem Foramen ovale. Aus diesem Grund sei vom 25.03.2015 bis 27.03.2015 eine telemetrische Überwachung erfolgt. Außerdem sei bei Verdacht auf Diabetes mellitus ein oraler Glukosetoleranztest erforderlich gewesen, der am 26.03.2015 durchgeführt worden sei. Zu bedenken sei, dass der Versicherte vier Autostunden von der Klinik entfernt gewohnt habe. Bedenke man, dass zusätzlich einige Untersuchungen als Vorbereitung notwendig gewesen seien, unter anderem auch transösophageale Untersuchungen, das Langzeit-EKG, das Schluck-Echo und die Testung auf Hospitalkeime (MRSA), sei die prästationäre Untersuchung als ambulante Untersuchung nicht möglich gewesen. Zudem sei noch am selben Tag das Langzeit-EKG angelegt worden, um entsprechende Vorbefunde ganz aktuell zu besitzen. Dies sei auch wichtig gewesen, weil eine Tachykardie aufgezeichnet und die Notwendigkeit des Eingriffs unterstrichen worden sei. Für die behandelnden Ärzte sei eine Verkürzung der Nachbobachtung nicht möglich gewesen, denn der Operateur habe angeordnet, dass der Versicherte 36 Stunden nach dem Eingriff überwacht werden müsse. Wäre er früher entlassen worden und wären Komplikationen aufgetreten, hätten die Ärzte gegen diese Anweisung verstoßen und sich sicherlich strafbar gemacht. In die Beurteilung des Krankenhausarztes gehe die hohe Komplikationsrate ein, die bei den Eingriffen beobachtet werde und nicht nur als Komplikation, sondern als lebensbedrohliche Komplikation auftreten könne und dabei eine sofortige Handlung erforderlich mache. Der Versicherte habe in der Eifel gewohnt, in einer Umgebung, wo sicherlich keine sofortige kurzfristige fachgerechte Behandlung möglich gewesen wäre. Selbst kurze Transportwege hätten ihm dann nicht geholfen. Dies habe sicherlich der Operateur auch im Blick gehabt, wenn er eine Behandlung über 36 Stunden als notwendig erachtet habe.
In einem von der Beklagten eingereichten Gutachten führt Frau C vom MDK aus, dass weder aus der Patientendokumentation noch aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F hervorgehe, dass es nach dem Eingriff zu einer Komplikation gekommen sei. Der orale Glukosetoleranztest hätte auch im ambulanten Bereich durchgeführt werden können. Nach der im Sachverständigengutachten aufgeführten Literatur schwankten die theoretisch möglichen Komplikationen im Zusammenhang mit Pulmonalvenenisolation bei Vorhofflimmern, je nach Begleiterkrankung zwischen 1% und 4,5%. Laut Recherche im Internet entlasse sowohl das Herzzentrum Brandenburg bei Berlin als auch das Herzzentrum Dresden Patienten bei komplikationslosem Verlauf am ersten Tag nach dem Eingriff. Im vorliegenden Fall sei der Eingriff wie auch der Verlauf stets komplikationsfrei verlaufen, deshalb habe der Versicherte am Tag des Eingriffs entlassen werden können; die Distanz zu seinem Wohnort sei kein medizinscher Grund.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogene Patientendokumentation über den stationären Aufenthalt des Versicherten U T-T1 vom 24.03.2015 bis 27.03.2015. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die (unstreitige) Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des bei der Beklagten versicherten O X im Krankenhaus der Klägerin. Streitgegenstand ist nicht die stationäre Behandlung des Versicherten U T-T1 vom 24.03.2015 bis 27.03.2015, sondern die Frage, ob die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bzgl. dieses Behandlungsfalles aufrechnen durfte.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unmittelbar zulässig, denn es geht bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten für einen Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (st. Rspr. des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. etwa Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R -, juris Rn. 13).
Die Klage ist auch begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 1.066,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 verlangen.
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der sich die Kammer anschließt, § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung festgelegt wird (vgl. BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 4/10 R -, juris Rn. 9 f.; BSG Urteil vom 29.04.2010 - B 3 KR 11/09 R -, juris Rn. 7; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R -, juris Rn. 10). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch einen Versicherten. Da der Zahlungsanspruch des zugelassenen Krankenhauses jedoch in aller Regel mit dem Naturalleistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung korrespondiert, müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhauspflegebedürftigkeit vorliegen (Landessozialgericht Niedersachsen Urteil vom 30.01.2002 - L 4 KR 110/00 -, juris Rn. 22). Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Leistungsumfang umfasst gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch Krankenhausbehandlung, die vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht wird. Der Sachleistungsanspruch des Versicherten umfasst vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Nach einem Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007 (Az.: GS 1/06) richtet sich die Entscheidung, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative" kommt dem Krankenhausarzt dabei nicht zu (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007 - GS 1/06 -, juris Rn. 29).
Die Erforderlichkeit der stationären Behandlung des Versicherten O X und die ordnungsgemäße Abrechnung sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Dieser Vergütungsanspruch erlosch nicht dadurch, dass die Beklagte wirksam mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten U T-T1 analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Aufrechnung erklärte.
Denn die Aufrechnung war in Höhe des seitens der Klägerin geltend gemachten Betrages von 1.066,40 EUR unbegründet. Die Gegenforderung, mit der die Beklagte aufgerechnet hat, ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Dieses aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsinstitut setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis liegt hier vor, denn die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus sind öffentlich-rechtlich geprägt. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung - §§ 812 ff. BGB -, mit der der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Diesbezüglich ist allgemein anerkannt, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, zurückgefordert werden können (vgl. BSG Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R -, juris Rn. 15 ff.). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die ihr in Rechnung gestellten und bezahlten Kosten des stationären Aufenthalts ihres Versicherten T-T1 im Krankenhaus der Klägerin auch in Höhe der streitigen 1.066,40 EUR mit Rechtsgrund geleistet.
Denn die stationäre Behandlung des Versicherten T-T1 war gemessen an den o.g. Maßstäben auch für den hier streitigen Zeitraum vom 25.03.2015 bis 27.03.2015 medizinisch erforderlich. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F fest.
Der Sachverständige führt zunächst überzeugend aus, dass die umfangreichen diagnostischen Maßnahmen, wie etwa transösophageale Untersuchungen, das Langzeit-EKG, das Schluck-Echo und die Testung auf Hospitalkeime (MRSA), nicht im ambulanten Bereich durchführbar waren. Dies gilt vor allem wegen des Langzeit-EKG vom 24.03.2015 bis 25.03.2015, das aktuelle Befunde für den geplanten Eingriff lieferte. Ferner geht das Gericht davon aus, dass auch die 36-stündige Monitorüberwachung medizinisch notwendig war. Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht nicht an die Entscheidung des Operateurs, der diese Überwachung angeordnet hat, gebunden ist. Ihm steht - wie oben bereits erwähnt - keine Einschätzungsprärogative zu. Dessen Entscheidung war jedoch medizinisch begründet aufgrund der Komplikationsrate, die mit Eingriffen dieser Art zusammenhängt. Entscheidend ist insofern, dass bei etwa fünf Prozent aller Eingriffe lebensbedrohliche Komplikationen auftreten können, bei denen ein sofortiges Eingreifen erforderlich ist. Selbst kurze Transportwege wären dann keine Garantie mehr für eine rechtzeitige Hilfe. Insofern war die 36-stündige Beobachtung im Falle des Versicherten medizinisch erforderlich. Es ist unerheblich, ob tatsächlich an anderen Krankenhäusern eine Entlassung bereits am Tag des Eingriffs erfolgt, wie der MDK ausführt. Die nicht unwesentliche Komplikationsrate war aus Sicht der Kammer jedenfalls Grund genug, um den Versicherten nicht am 25.03.2015 zu entlassen.
Die Kammer geht davon aus, dass der orale Glukosetoleranztest, der am 26.03.2015 durchgeführt wurde, im ambulanten Bereich möglich gewesen wäre. Ferner geht die Kammer davon aus, dass die Strecke vom Wohnort des Versicherten zum Krankenhaus der Klägerin keine medizinische Notwendigkeit für eine Krankenhausbehandlung begründen konnte, weil es sich um eine organisatorische Frage handelt. Darauf kam es jedoch wegen der oben genannten Umstände, die eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit für den gesamten Streitzeitraum bestätigen, nicht mehr an.
Der Zinsanspruch folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 4 des nordrhein-westfälischen Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in Verbindung mit §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
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