L 6 SF 251/16 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 38 SF 83/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 251/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 10. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Altenburg (Az.: S 38 AS 3414/10).

Mit der am 9. September 2010 erhobenen Klage begehrten die von der Beschwerdegegnerin vertretenen Klägerinnen zu 1. und 2. die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens W 501/10. Dem zu Grunde lag ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15. Januar 2010 mit dem die Beklagte gegenüber den Klägerinnen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen Umzugs am 14. April 2009 und Zuständigkeit eines anderen Trägers für die Zeit vom 1. bis 30. April 2009 teilweise aufgehoben und von ihnen Erstattung in Höhe von 217,80 EUR verlangt hat. Auf den Widerspruch der Klägerinnen, dass lediglich für den Zeitraum vom 14. bis 30. April 2009 eine Überzahlung erfolgt sei, änderte die Beklagte den Bescheid dahingehend ab, dass sie den Aufhebungszeitraum auf die Zeit vom 14. bis 30. April 2009 änderte und gegen die Klägerinnen die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 205,63 EUR geltend machte. Die Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung der außergerichtlichen Kosten. Die Beschwerdegegnerin berechnete Kosten in Höhe von 395,08 EUR (Geschäftsgebühr 240,00 EUR, Erhöhung für mehrere Auftraggeber 72,00 EUR, Auslagenpauschale 20 EUR, Umsatzsteuer 63,08 EUR). Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. April 2010 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten für das Widerspruchsverfahren auf 147,56 EUR fest. Der Widerspruch der Klägerinnen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 4. August 2010). Im Klageverfahren führte die Beschwerdegegnerin aus, die Mittelgebühr in Höhe von 240,00 EUR sei gerechtfertigt. Mit Beschluss vom 5. Oktober 2010 bewilligte das SG den Klägerinnen Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete die Beschwerdegegnerin bei. Am 29. Dezember 2010 erhielt die Beschwerdegegnerin durch die Staatskasse einen Vorschuss auf die PKH in Höhe von 286,79 EUR. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2012 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide, den Klägerinnen für das Widerspruchsverfahren Kosten in Höhe von 240,38 EUR zu erstatten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu 40 v.H. zu tragen.

Unter dem 26. Juli 2012 beantragte die Beschwerdegegnerin die Festsetzung folgender Gebühren gegen die Beklagte nach § 197 Nr. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für das Klageverfahren: Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV-RVG, Nr. 1008 VV-RVG 312,00 EUR - zwei weitere Auftraggeber - Verfahrensgebühr Nr. 3102, 3103 VV-RVG , Nr. 1008 VV-RVG 221,00 EUR - zwei weitere Auftraggeber - Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 40,00 EUR Abzug vom netto (60 v.H.) - 343,80 EUR Zwischensumme 229,20 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 43,55 EUR Summe 272,75 EUR

Die Beklagte teilte mit, sie habe Kosten in Höhe von 85,68 EUR erstattet (40 v.H. von 214,20 EUR).

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Januar 2014 nach § 197 Abs. 1 SGG i.V.m. § 3 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) die von der Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen auf 158,03 EUR (Vorverfahren: Geschäftsgebühr Nr. 2400/2401 VV-RVG 240,00 EUR, Auslagenpauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR; Klageverfahren: Verfahrensgebühr Nr. 3102/3103 VV-RVG 170,00 EUR, Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV-RVG 51,00 EUR, Auslagenpauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR, Zwischensumme 573,00 EUR, abzüglich 60 v.H. 343,80 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 43,55 EUR, Gesamtsumme: 272,75 EUR, abzüglich des Vorschusses in Höhe von 114,72 EUR fest. Die Beklagte trage auch 40 v.H. des Vorschusses, dieser sei an die Staatskasse zu leisten, weil sie die Zahlung geleistet habe.

Mit Kostennachricht nach § 59 RVG vom 10. Januar 2014 forderte die UdG die Beklagte auf, den Betrag in Höhe von 114,72 EUR einzuzahlen.

Dagegen hat die Beklagte am 29. Januar 2014 insoweit Erinnerung eingelegt, als die Verfah-rensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 170,00 EUR zuzüglich Erhöhungsgebühr von 51,00 EUR für einen weiteren Auftraggeber festgesetzt wurden. Der Umfang und die Schwierigkeiten der anwaltlichen Tätigkeit innerhalb des Klageverfahrens, in dem lediglich die Kostenentscheidung angefochten worden sei, sei als gering einzuschätzen und entspreche in etwa dem Aufwand eines anwaltlichen Auskunfts- /Beratungsgespräches, sodass die doppelte Mindestgebühr (40 EUR) angemessen erscheine.

Die Beschwerdegegnerin hat am 27. Februar 2014 Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungs-beschluss vom 10. Januar 2014 eingelegt mit der Begründung, bei der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV-RVG seien 72,00 EUR bei der Geschäftsgebühr nicht mit berücksichtigt worden. Tatsächlich hätten diese aber laut Begründung zum Kostenfestsetzungsbeschluss mit festgesetzt werden sollen.

Unter dem 11. November 2015 hat der Beschwerdeführer gegen die Zahlung des Vorschusses vom 29. Dezember 2010 Erinnerung eingelegt. Er beanstande die Erstattung einer Verfah-rensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG in Höhe von 221,00 EUR. Gründe, die die Festsetzung einer Mittelgebühr rechtfertigten, seien vorliegend nicht gegeben. Der Beschwerdegegnerin hat hierzu ausgeführt, grundsätzlich sei eine Nach- oder Rückforderung von Anwaltsgebühren dann nicht mehr möglich, wenn die Geltendmachung so lange verzögert werde, dass die Kostenberechnung längst abgewickelt sei und sich alle Beteiligten hierauf eingestellt hätten. Das Änderungsrecht der Staatskasse erlösche in entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) mit Ablauf des auf die Kostenfestsetzung folgenden Kalenderjahres. Darüber hinaus werde die Einrede der Verjährung erhoben.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2016 hat das SG unter Ziffer 4. seines Beschlusses die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung nach § 55 Abs. 1 RVG auf insgesamt 286,79 EUR festge-setzt. Das Erinnerungsrecht der Staatskasse sei im vorliegenden Fall nicht verwirkt. Grund-sätzlich ergebe sich als nach § 55 Abs. 1 RVG im Rahmen der PKH festzusetzende Vergütung der Beschwerdegegnerin ein Betrag in Höhe von insgesamt 395,68 EUR (Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV-RVG 140,00 EUR, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 42,00 EUR, Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 EUR, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 25,50 EUR, Pauschale für Post-und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 40,00 EUR (2 x 20,00 EUR), Umsatzsteuer 63,18 EUR), wobei nach § 58 RVG Vorschüsse und Zahlungen anzurechnen seien. Da die Beschwerdegegnerin gegenüber der Staatskasse aber nur die Auszahlung von 286,79 EUR beantragt und diesen Betrag auch tatsächlich im Dezember 2010 erhalten habe, verbleibe es hierbei.

Gegen den am 15. Februar 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. Februar 2016 Beschwerde eingelegt und die Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstatten-den Vergütung unter Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages von 62,12 EUR auf 79,89 EUR beantragt. Aufgrund der Unterdurchschnittlichkeit des Verfahrens sei lediglich eine Festsetzung in Höhe von 45 v.H. der Mittelgebühr angemessen. Zudem werde in dem angefochtenen Beschluss nicht zwischen der Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse (§ 55 RVG), der Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs auf die Staatskasse (§ 59 RVG) und der Festsetzung zwischen den Beteiligten (§§ 197, 193 SGG) unterschieden. Die Vermengung sei unzulässig. Soweit das Gericht die vom Beklagten an die Klägerinnen nach §§ 197 SGG zu erstattenden Kosten für das Widerspruchs- und Klageverfahren in Höhe von 40 v.H. von 395,68 Euro, mithin 158,27 EUR festgesetzt habe, sei diese Festsetzung unanfechtbar. In diesem Betrag seien 62,12 EUR für das Klageverfahren enthalten, welche auf die Vergütung nach § 55 RVG anzurechnen seien.

Das SG hat der Beschwerde des Beschwerdeführers nicht abgeholfen (Verfügung vom 23. Februar 2016) und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 6. Senats die Berichterstatterin des Senats.

Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013, denn die Beiordnung der Be-schwerdegegnerin ist vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. August 2013 (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) erfolgt. Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft, jedoch unzulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 Euro nicht; die Beschwerde wurde auch nicht durch die Vorinstanz wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 und 2 RVG).

Der Beschwerdewert errechnet sich aus dem Unterschied zwischen den von der Vorinstanz festgesetzten und die mit der Beschwerde erstrebten Vergütung einschließlich der Umsatzsteuer. Das SG hat die zu erstattende Vergütung auf 286,79 EUR festgesetzt. Der Beschwerdeführer beantragt die Festsetzung der Vergütung auf 142,01 EUR. Die nach § 58 Abs. 2 RVG anzurechnende Vergütung entsprechend der Festsetzung nach § 197 SGG (62,12 EUR) kann bei der Prüfung, ob der Beschwerdewert erreicht wird, nicht berücksichtigt werden. Eine Anrechnung erfolgt erst, wenn die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung bzw. hier der Vorschuss nach § 55 Abs. 1 RVG festgesetzt ist.

Insoweit bedarf es keines weiteren Eingehens auf die geltend gemachte Verfahrensfehlerhaf-tigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses (vgl. hierzu: Senatsbeschluss vom 10. April 2014 - Az.: L 6 SF 193/14 B, nach juris) und Ausführungen dazu, ob die Erinnerung des Beschwerdeführers gegen die Höhe der Vorschussfestsetzung nach Abschluss des Rechtsstreits (Az.: S 38 AS 3414/10) zulässig war, oder vielmehr eine Endabrechnung des Verfahrens hätte erfolgen müssen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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