L 6 KR 1870/13

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 41 KR 7379/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1870/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 20. November 2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Vergütung von Zusatzentgelten für zwei stationäre Kranken-hausbehandlungen streitig.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelas-senes Krankenhaus, in dem der bei der Beklagten versicherte C. B. (im Folgenden: Versicherter) vom 12. bis 18. November 2009 und vom 15. bis 18. Dezember 2009 wegen chronisch inflammatorischer demyelisierender Polyneuropathie (CIDP) stationär behandelt wurde. Die Klägerin stellte der Beklagten mit Endabrechnung vom 23. November 2009 für die Behandlung vom 12. bis 17. November 2009 12.741,42 EUR (Fallpauschale - German Diagnosis Realatad Group Version 2009 (G-DRG) B71D (Erkrankungen an Hirnnerven und peripheren Nerven ohne komplexe Diagnose, ohne Komplexbehandlung der Hand, ohne äußerst schwere oder schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie)) in Rechnung. Darin enthalten war das Zusatzentgelt ZE93.16 in Höhe von 10.614,84 EUR. Mit Endabrechnung vom 22. Dezember 2009 stellte die Klägerin der Beklagten für die Behandlung vom 15. bis 17. Dezember 2009 11.401,64 EUR (G-DRG B17C (Erkrankungen an Hirn- und peripheren Nerven ohne Komplexbehandlung der Hand oder mit komplexer Diagnose, ohne schwere CC oder außer bei Para-/Tetraplegie oder ohne komplexe Diagnose mit äußerst schwerer oder schwerer CC, außer bei Para-/Tetraplegie oder ohne schwere CC, bei Para-/Tetraplegie)) in Rechnung; darin enthalten war das ZE93.14 in Höhe von 8.365,64 EUR. Die Beklagte zahlte die in Rechnung gestellten Beträge und beauftragte den M. D. der K. Thüringen ... (MDK) mit der Überprüfung der Behandlungsfälle. In seiner Stellungnahme vom 24. Februar 2010 führte er aus, die Behandlung (vom 12. bis 18. November 2009) sei mit Sandoglobulin® durchgeführt worden. Dieses sei für die Behandlung der vorliegenden Erkrankung nicht zugelassen. Die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use lägen nicht vor, weil für die Diagnose CIPD Gamunex® zugelassen sei. In weiteren Stellungnahmen vom 26. März 2010 wies der MDK wieder auf die Zulassung von Gamunex® hin. Am 11. Mai 2010 verrechnete die Beklagte überzahlte Beträge in Höhe von 10.733,73 EUR und 8.459,34 EUR.

Am 3. November 2011 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und ausgeführt, die Textdefinitionen für die Zusatzentgelte ZE93.16 und ZE93.14 und die sonstigen Vorgaben für die Berechnung der Zusatzentgelte seien unstreitig erfüllt. Der Abrechnung stehe nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Behandlung das Human-Immunglobulin Sandoglobulin® nicht ausdrücklich für die Behandlung der CIPD zugelassen war. Für Sandoglobulin® bestehe eine Zulassung für die Substitutionstherapie bei primären Immunmangelkrankheiten, ferner für anderweitige Anwendungsgebiete wie die chronische lymphatische Leukämie oder die Behandlung des Guillian-Barré-Syndroms. Es sei fachlicher Konsens, dass die Gabe von Sandoglobulin® im Rahmen einer intravenösen Immunglobulin-Therapie (IVIG-Therapie) eine Standardtherapie bei der Behandlung der CIDP sei. Es werde in den Fachkreisen und den geltenden Leitlinien in der Regel nicht zwischen unterschiedlichen Formen der Human-Immunglobuline unterschieden. Das Zusatzentgelt vergüte die Gabe von Human-Immunglobulinen. Das von der Beklagten und dem MDK angeführte Gamunex® werde daher völlig identisch angewandt und sei von der Beklagten ebenso zu vergüten. Diese verkenne, dass die Anwendung von Arzneimitteln außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung für das Indikationsgebiet nicht per se vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgenommen sei. Es sei zunächst zwischen dem vertragsärztlichen und dem stationären Bereich zu unterscheiden. Im stationären Bereich richte sich der Vergütungsanspruch nach anderen Grundsätzen. Die nach § 39 SGB V notwendige stationäre Krankenhausbehandlung sei nach § 7 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) mit den Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog, den danach vereinbarten Zusatzentgelten, ergänzenden Entgelten und den jeweiligen Zuschlägen abzurechnen. Auf den Einsatz einzelner sächlicher oder personeller Mittel komme es grundsätzlich nicht an, weil die Klassifizierung diagnoseorientiert erfolge. Ein Ausschluss komme allenfalls für solche Behandlungen in Betracht, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nach § 137c Abs. 1 SGB V ausgeschlossen wurden. Unabhängig davon könne sich die Beklagte ihrer Leistungspflicht nicht dadurch entziehen, dass sie auf die mögliche Gabe eines anderen Immunglobulins verweise. Die Zulassung des Immunglobulins Gamunex® sei erst im Laufe des Jahres 2009 erfolgt. Bis dahin sei keines der Immunglobuline für die nach den Fachkreisen und der medizinischen Wissenschaft anerkannte Standardtherapie zugelassen gewesen. Die Mitteilung über die Zulassung von Gamunex® im Arzneimittelverzeichnis sei erst in der Ausgabe 2010 der sogenannten "Roten Liste" erfolgt. Zum Zeitpunkt der stationären Behandlung im November und Dezember 2009 habe noch keine seriöse Information zur zwischenzeitlichen Zulassung bestanden. Die Beklagte hat eingewandt, die Regelung des § 137c Abs. 1 SGB V dürfe nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden. Insoweit verweise sie auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Juli 2008 - Az.: B 1 KR 5/08 R. Der Einsatz des Präparates Sandoglobulin® sei nicht indikations- und damit auch nicht qualitätsgerecht erfolgt und auch nicht entsprechend der Grundsätze für einen Off-Label-Use. Insoweit verweise sie auf die eingeholte ergänzende Stellungnahme des MDK vom 12. Januar 2012. Dieser hat dort u.a. ausgeführt, sowohl Sandoglobulin® als auch Gamunex® enthielten als Wirkstoff humane Immunglobuline. Die einzelnen Präparate unterschieden sich jedoch bezüglich ihrer Herstellung und der sonstigen Bestandteile. Daher sei es auch nicht sicher belegt, dass intravenöse Immunglobuline untereinander austauschbar seien.

Mit Urteil vom 20. November 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen weiteren Anspruch auf Vergütung der Behandlungsfälle nach § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG sowie § 17b Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) i.V.m. § 39 Abs. 1 SGB V, § 1 Abs. 1 Satz 1 und Anlage 1 Teil a der Fallpauschalen-Verordnung 2009 (FPV 2009). Die Abrechnung der streitigen Zusatzentgelte sei insoweit nicht gerechtfertigt gewesen. Die Leistungspflicht der GKV bestehe nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung; alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, müssten vielmehr den in §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V für die gesamte GKV festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien genügen. § 137c SGB V sei nach der Rechtsprechung des BSG nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebiger Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt auszulegen. Die Vorschrift setze die Geltung der Qualitätsprüfung auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use von Sandoglobulin® hätten nicht vorgelegen.

Im Berufungsverfahren hält die Klägerin an ihrer Ansicht fest. Die Entscheidung des SG würde im Ergebnis dazu führen, dass die spätere Zulassung eines einzigen Medikaments für eine Indikation jeglichen leitliniengerechten Off-Label-Use anderer Arzneimittel im Rahmen stationärer Behandlung faktisch ausschließe. Dies sei weder aus medizinischer noch aus abrech-nungsrechtlicher Sicht gerechtfertigt. Die Rechtsprechung zum Off-Label-Use eines Arzneimittels sei ausschließlich für den vertragsärztlichen Bereich ergangen und nicht für die stationäre Krankenhausbehandlung. Dort könnten auch Medikamente außerhalb ihres Zulassungsbereichs verabreicht werden. Das Arzneimittelgesetz (AMG) lasse einen zulassungsüberschreitenden Einsatz von Arzneimitteln grundsätzlich zu.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 20. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.193,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Mai 2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Ansicht fest und verweist auf die Entscheidungen des BSG vom 21. März 2013 - Az.: B 3 KR 2/12 R und 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 70/12 R. Gegen die Auffassung der Klägerin spreche auch der Umstand, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Vergütungsanspruch des Krankenhauses mit dem Leistungsanspruch des Versicherten korrespondiere. § 137c SGB V räume den Krankenhäuser nicht die Berechtigung ein, Arzneimittel außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung einzusetzen, wenn und soweit nicht die besonderen Voraussetzungen des Off-Label-Use gegeben seien.

Auf Anfrage des Senats hat das P.-E.-Institut L. unter dem 24. Januar 2017 mitgeteilt, das Präparat Gamunex® sei seit dem 12. Juni 2009 für die Indikation CIDP zugelassen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist zulässig. Die Klage eines Krankenhausträgers - wie der Klägerin - auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 KR R m.w.N., nach juris). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch mit 19.193,07 EUR beziffert.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst ein Anspruch auf die abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats ist daher nicht erforderlich (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 - Az.: B 1 KR 16/11 R, nach juris). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes (§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 57/12 R m.w.N., nach juris). Die Krankenhausvergütung bemisst sich nach den in Rechnung gestellten vertraglichen Fallpauschalen einschließlich Zusatzentgelten und sonstiger Entgelte auf gesetzlicher Grundlage (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - Az.: B 1 KR 8/11 R, nach juris).

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung des Versicherten der Beklagten erlosch dadurch in Höhe von 19.193,07 EUR, dass sie wirksam mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufrechnete. Der Vergü-tungsanspruch und der aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch waren fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 19.193,07 EUR waren erfüllt, weil die von der Beklagten bezahlte Rechnung über die Behandlung des Versicherten um diesen Betrag überhöht war und sie diesen ohne Rechtsgrund an die Klägerin zahlte. Dieser stand kein Anspruch auf die Vergütung der Zusatzentgelte ZE93.14 und ZE93.16 nach der Anlage 1 zum DRG 2009 zu.

Rechtsgrundlage des von der Klägerin abgerechneten und von der Beklagten durch Zahlung erfüllten Vergütungsanspruchs aus den im Jahr 2009 erfolgten stationären Behandlung des Versicherten ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 74 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007 - BGBl. I 2007, Seite 378 ff) i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (i.d.F. durch Art. 2 Nr. 5 des Zweiten Fallpauschalenände-rungsgesetzes (2. FPÄndG) vom 15. Dezember 2004, BGBl. I, Seite 3429) sowie § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG, i.d.F. durch Art. 18 Nr. 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl. I, Seite 378). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträ-ge/Fallpauschalenverordnungen) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung vereinbaren gemeinsam nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbarten sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (hier: Ver-einbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2009 (FPV 2009)).

Das Krankenhaus hat entgegen der Auffassung der Klägerin bei der Vergütung der Kranken-hausbehandlung durch Fallpauschalen und Zusatzentgelte einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der GKV nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Kran-kenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 70/12 R, Rn. 12 m.w.N., nach juris). Die vom 1. Senat entwickelte Rechtsprechung zu den Grundlagen und Grenzen des Anspruchs auf Arzneimittelversorgung gilt nicht nur für den Bereich der vertragsärztlichen sondern auch für den Bereich der stationären Versorgung (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 1/16 R, nach juris). Hat der Versicherte keinen Anspruch auf die durchgeführte Behandlung, besteht auch kein Vergütungsanspruch des Krankenhauses. Dem schließt sich der Senat an.

Die Klägerin erfüllte die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 12. bis 18. November und 15. bis 18. Dezember 2009 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes (§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 10. März 2015 - Az.: B 1 KR 3/15 R m.w.N., nach juris). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG sind allgemeine Krankenhausleistungen, solche, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet. Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht not-wendige Leistungen zu vergüten (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2013 a.a.O., m.w.N.). Dies gilt auch für Leistungen, die aus anderen Gründen nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Ein Anspruch des Versicherten auf die durchgeführte Behandlung hätte mangels indikations-bezogener Zulassung des Präparates Sandoglobulin® für die Behandlung der CIDP auch nicht bei stationärer Behandlung - wie hier erfolgt - bestanden. Im Bereich der ambulanten Versorgung können Versicherte die Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV grundsätzlich nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 31 Abs.1 Satz 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV umfasst, wenn ihnen die erforderliche Zulassung nach § 21 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 1/16 R, Rn. 11, nach juris). Das zulassungspflichtige Präparat Sandoglobulin® hatte keine Zulassung für eine IVIG zur Behandlung einer CIDP oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet, das die CIPD mit umfasst. Dies behauptet die Klägerin nicht und ist auch nicht ersichtlich. Bei dem Präparat Gamunex® 10 %, das seit Juni 2009 für die Behandlung der CIPD zugelassen ist, wird die CIPD beim An-wendungsgebiet "Immunmodulation" ausdrücklich neben den Erkrankungen, für die auch das Präparat Sandoglobulin® zugelassen war - idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) bei Erwachsenen und Kindern, Guillain-Barré-Syndrom, Kawasaki-Syndrom -, genannt.

Eine Versorgung des Versicherten hätte auch nicht nach den Grundsätzen des Off-Label-Use auf Kosten der GKV nach § 35c SGB V, der die zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln aufgrund von Empfehlungen des G-BA und im Falle von klinischen Studien regelt, noch nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung bestanden (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 1/16 R, Rn. 13, nach juris). Bei der streitigen IVIG-Therapie zur Behandlung einer CIDP hätte es sich im ambulanten Bereich um keinen durch § 35 c Abs. 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use gehandelt. Die Arzneimittelrichtlinien (AM-RL vom 18. Dezember 2008/2 20. Januar 2009, Bundesanzeiger 2009, Nr. 49a (Beilage)) des G-BA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nennen intravenös zu applizierende Immunglobuline (hier: Sandoglobulin®) bei CIDP nicht. Es hätte damit an der erforderlichen expliziten Regelungen der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckten Indikationen gefehlt. Der Versicherte wurde auch nicht innerhalb einer klinischen Studie behandelt (§ 35c Abs. 2 SGB V). Die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use von Sandoglobulin® hätten ebenfalls nicht vorgelegen. Es kommt nur in Betracht, wenn es (1) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, (2) keine andere Therapie verfügbar ist und (3) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 1/16 R, Rn. 15, nach juris). Ein Off-Label-Use scheitert hier schon daran, dass mit der intravenösen Applikation von Gamunex® 10% eine andere Therapie objektiv zur Verfügung stand. Dass der Klägerin diese Therapie mit dem für die Erkrankung zugelassenen Präparat Gamunex® zum Zeitpunkt der Behandlung des Versicherten nicht bekannt war, erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Off-Label-Use bzw. eines Vergütungsanspruchs gegen die Beklagte.

Der Versicherte hätte im ambulanten Bereich die IVIG-Therapie auch nicht als neue Behand-lungsmethode beanspruchen können. Die Therapie ist im Rechtssinne keine neue Behand-lungsmethode sondern betrifft lediglich den zulassungsfremden Einsatz eines Arzneimittels. Die intravenöse Applikation von Arzneimitteln durch Injektionen in den menschlichen Körper ist als wissenschaftliches Konzept schon lange bekannt (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 1/16 R, Rn. 23, 24, nach juris). Insoweit hätte der Versicherte nach den oben genannten Grundsätzen auch keinen Anspruch auf die durchgeführte Therapie im Rahmen der hier tatsächlich durchgeführten stationären Krankenhausbehandlung nach §§ 27 Abs. 1, 39 Abs. 1, SGB V i.V.m. § 137c Abs. 3 SGB V gehabt. Zur Begründung führt das BSG aus, dass der Schutz Versicherter durch das materielle Arzneimittelzulassungsrecht nicht vor dem Krankenhaus halt mache. Die Patienten in stationärer Behandlung seien nicht weniger schutzbedürftig als jene in vertragsärztlicher Versorgung. Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus daher grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe. Aus § 137c Abs. 3 SGB V ergibt sich auch in diesem Rechtsstreit - ungeachtet der Reichweite und des Anwendungsbereichs - vorliegend nichts Abweichendes. Hier geht es im Kern um den Anspruch auf die zulassungsüberschreitende Arzneimittelversorgung, nicht um eine Arzneimittelapplikationsform im Sinne einer neuen Behandlungsmethode.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i. V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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