L 8 R 528/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1443/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 528/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.12.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Kläger trägt die Kosten des im Berufungsverfahren auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. V. vom 20.03.2017 sowie seine baren Auslagen endgültig selbst.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusteht.

Der Kläger ist 1965 geboren. Der Kläger ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Bei ihm wurde 1979 ein Hirntumor links festgestellt, der mit Strahlentherapie und operativ behandelt wurde. (Bericht des Kinderkrankenhauses S. N. R. vom 31.07.1979). Postoperativ traten generalisierte Krampfanfälle auf (Bericht des Kinderkrankenhauses S. N. vom 31.07.1979), die sich unter Medikation besserten, ohne dass Anfallsfreiheit bestand (Berichte Dr. R. vom 12.08.1983 bis 08.03.1996, Dr. B. vom 12.08.2013 und Dr. Ra. vom 18.07.2013 und 21.10.2013, Befund: Aktuell anfallsfrei). Der Kläger besuchte die Grundschule, nach der Hirnoperation die Sonderschule für Lernbehinderte mit anschließendem Erwerb des Hauptschulabschlusses in einer Förderungseinrichtung. Daran anschließend absolvierte er eine Berufsausbildung im Metallbereich / zum Metallfachwerker (1982 bis 1985 im Berufsbildungswerk in R. ). In diesem Beruf war der Kläger anschließend über 12 Jahre bei einer Firma beschäftigt, die landwirtschaftliche Maschinen hergestellte. Anschließend war der Kläger ein Jahr arbeitslos (01.02.1995 bis 30.01.1996). Seit 1996 ist der Kläger bei der Gemeinde H. angestellt und (zuletzt) im Bauhof der Gemeinde in Vollzeit tätig. Dabei hat der Kläger vor allem Gartenarbeiten und andere Tätigkeiten im Freien zu verrichten. Vom Versorgungsamt R. wurde beim Kläger der Grad der Behinderung mit 50 seit 02.09.1985 festgestellt.

Am 05.11.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 12.11.2013 entsprach die Beklagte dem Antrag nicht, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Hiergegen legte der Kläger am 06.12.2013 (durch seinen Prozessbevollmächtigten ohne Begründung) Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2014 zurückgewiesen wurde.

Hiergegen erhob der Kläger am 16.05.2014 (durch seinen Prozessbevollmächtigten) Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Der Kläger machte zur Begründung geltend, er leide an epileptischen Anfällen nach einer 1975 erforderlichen Hirnoperation. Einhergehend damit sei eine erhebliche Auffassungserschwernis und stark verlangsamte Arbeitsweise, was eine Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließe. Er habe zwar aktuell einen Arbeitsplatz inne, mit schweren, körperlich anstrengenden Tätigkeiten, denen er nicht mehr gerecht zu werden vermöge. Soweit aktuell noch eine Arbeitsleistung erbracht habe, erfolge dies unter absoluter Gefährdung der restlichen Gesundheit.

Das SG hörte vom Kläger benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Arzt für Allgemeinmedizin H. teilte in seiner Aussage vom 26.09.2014 mit, seines Erachtens sei eine leichte Tätigkeit 3 bis 6-stündig zumutbar. Wegen eines Anfalles in Januar 2013 dürfe der Kläger ein Jahr kein Auto führen. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ra. teilte in seiner Aussage vom 08.10.2014 mit, die Leistungsfähigkeit des Klägers sei auf unter drei Stunden täglich einzustufen.

Das SG holte - entsprechend einer Anregung der Beklagten - das nervenärztliche Gutachten des Dr. S. vom 29.06.2015 ein. Dr. S. diagnostizierte eine symptomatische Epilepsie (Anfälle infolge der Hirnoperation) mit Anfallsfreiheit seit zwei Jahren. Er gelangte zu der Beurteilung, der Kläger sei nach wie vor in der Lage, ohne Gefährdung der Gesundheit seine bisherige Tätigkeit als Gemeindearbeiter sowie auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Vermieden werden sollten Arbeiten, die mit Absturzgefahr auf Leitern und Gerüsten verbunden seien, Tätigkeiten im Drei-Schicht-Betrieb und Arbeiten an ungeschützten Maschinen. Zudem sei an einfachere Arbeiten zu denken, die der Kläger bis heute ausübe. Eine quantitative Leistungsminderung sei nicht erkennbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.12.2015 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, da dieser unter Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen in der Lage sei, wenigstens leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden im Rahmen einer 5-Tage-Woche arbeitstäglich auszuüben. Die Aussagen der als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte Dr. H. und Dr. Ra. führten zu keiner anderen Beurteilung. Sonstige schwerwiegende spezifische Leistungseinschränkungen, die ausnahmsweise die Annahme eines verschlossenen Arbeitsmarktes trotz 6-stündiger Leistungsfähigkeit bedingten, seien nicht ersichtlich. Auch lägen keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit oder für das Erfordernis betriebsunüblicher Pausen vor. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit stehe dem Kläger nicht zu, weil er nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 11.02.2016 eingelegte Berufung. Er hat zur Begründung die sozialmedizinische Beurteilung des Dr. S. in Abrede gestellt, die völlig unkritische Übernahme der Ausführungen des Gutachters durch das SG beanstandet und sich auf die Aussage von Dr. Ra. berufen. Dass er aktuell noch auf dem Bauhof der Gemeinde beschäftigt sei, sei für die Beurteilung des Rentenanspruches irrelevant. Er werde dort an seinem Arbeitsplatz "eben mit durchgezogen". Mit den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes habe das ganze jedenfalls nichts mehr zu tun.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.12.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.11.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2014 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung des bisherigen Standpunktes zuließen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. V. vom 20.03.2017 eingeholt. Dr. V. diagnostizierte ein hirnorganisches Psychosyndrom nach Operation eines Oligodendroglioms 1975 sowie eine symptomatische Epilepsie mit komplex-fokalen und generalisierten Anfällen als organische Erkrankung. Er gelangte zu der Beurteilung, der Kläger sei in der Lage, derzeit ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit über 6 Stunden und mehr an 5 Tagen in der Woche auszuüben. Der Kläger könne lediglich einfache, individuell nicht anspruchsvolle Tätigkeiten mit Anleitung absolvieren. Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen, mit Absturzgefahr, mit Nachtschichten und mit besonderer Verantwortung für Menschen oder Maschinen, mit geringen Anforderungen an Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnis, Stresstoleranz und Anpassungsfähigkeit könnten nicht bewältigt werden. Selbständiges Arbeiten sei nicht möglich.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Klägerschriftsatz vom 25.04.2017, Beklagte Schriftsatz vom 02.05.2017).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 12.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats gesundheitlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie die von ihm derzeit ausgeübte Tätigkeit im Bauhof der Gemeinde H. zumindest sechs Stunden arbeitstäglich (5 Tage pro Woche) zu verrichten und ist damit weder teilweise und noch voll erwerbsgemindert. Eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß ist jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht gegeben.

Das berufliche Leistungsvermögen des Klägers wird durch eine stattgehabte Hirntumorerkrankung mit anschließenden durch die Operation des Hirntumors aufgetretenen Anfällen eingeschränkt. Sonstige das berufliche Leistungsvermögen des Klägers bedeutsam einschränkende Gesundheitsstörungen sind nicht festzustellen.

Dass der Kläger durch die Tumorerkrankung sowie das anschließende Anfallsleiden quantitativ in seinem beruflichen Leistungsvermögen eingeschränkt ist, kann nicht festgestellt werden. Nach den von Dr. S. in seinem Gutachten vom 29.06.2015 beschriebenen Befunden zeigte die Befunderhebung sowie die Lebens- und Arbeitsgeschichte keine deutlichen Störungen bezogen auf Antrieb, Emotionalität, Sozialverhalten und intellektuellen Leistungsbreite. Eine fassbare psychomotorische Verlangsamung infolge der durchgeführten Hirnoperation hat Dr. S. nicht feststellen können. Anhaltspunkte für eine reduzierte Belastbarkeit oder ein geringes Durchhaltevermögen sowie eine drastisch reduzierten Konzentrationsfähigkeit waren bei der Untersuchung des Klägers nicht erkennbar, wie Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar beschrieben hat. Zwar hat Dr. V. in dem vom Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 20.03.2017 beschrieben, dass ein hirnorganisches Psychosyndrom nicht zu übersehen sei und dass sich bei ungestörter Konzentrationsfähigkeit während der Befragung des Klägers Hinweise für Gedächtnisstörungen hinsichtlich des Langzeitgedächtnisses zeigten. Hinweise für Zwänge, für eine Wahn- und Ichstörung oder eine Sinnestäuschung hat auch Dr. V. nicht feststellen können. Eine bedeutsame Einschränkung der Gestaltung des Tagesablaufes besteht beim Kläger nach den Beschreibungen von Dr. S. und Dr. V. in ihren Gutachten nicht. Vielmehr ist der Kläger neben der Verrichtung seiner täglichen Arbeit in der Lage, sich weitgehend selbst zu versorgen und anfallende häusliche Verrichtungen im Elternhaus, in dem er wohnt, wie Arbeiten am Haus und Grundstück an Wochenenden zu erledigen. Eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers auf unter sechs Stunden kann auch nicht aufgrund des Anfallsleidens festgestellt werden. Nach den Beschreibungen von Dr. S. in seinem Gutachten vom 29.06.2015 hatte der Kläger zwei Jahre vor der Begutachtung den letzten Anfall nach einer Behandlung im ZfP R. Abteilung für Epileptologie W. , wo sich der Kläger vom 19.07.2015 bis 07.08.2013 zur Optimierung der medikamentösen antikonvulsiven Behandlung bei unbefriedigender Anfallssituation zur stationären Behandlung befand (Bericht vom 12.08.2013). Nach den Beschreibungen von Dr. V. in seinem Gutachten bestand seit einer Umstellung der antiepileptischen Medikation im August 2013 beim Kläger weiterhin Anfallsfreiheit. Zwischenzeitlich führt der Kläger privat wieder ein eigenes Fahrzeug. Eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers durch ein Anfallsleiden liegt damit nicht vor.

Dass beim Kläger eine quantitative Einschränkung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit auf unter sechs Stunden vorliegt, kann damit nicht festgestellt werden. Hiervon gehen auch übereinstimmend Dr. S. und Dr. V. in ihren Gutachten aus, denen sich der Senat anschließt. Beide Gutachter erachten den Kläger für fähig, ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit regelmäßig einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie auch für die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit jeweils über sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Die beim Kläger bestehende Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit kann durch die von den Gutachtern beschriebene quantitativen Einschränkungen für einfache, leichte und individuell nicht anspruchsvolle Tätigkeiten mit Anleitung, ohne gefährdenden Maschinen, Absturzgefahr, Nachtschichten und ohne besondere Konzentrationsbelastung und besondere Verantwortung für Menschen oder Maschinen ausgeglichen werden, wie Dr. S. und Dr. V. in ihren Gutachten im Wesentlichen übereinstimmen nachvollziehbar und plausibel ausgeführt haben. Eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens resultiert hieraus nicht. Soweit Dr. V. in seinem Gutachten es für zweifelhaft erachtet, ob der Kläger seine geleistete Berufstätigkeit bis zum 65. Lebensjahr wird ausüben können, kommt es hierauf nicht entscheidungserheblich an. Maßgeblich ist, dass beim Kläger derzeit eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens nicht vorliegt, wovon auch Dr. V. in seinem Gutachten, in Übereinstimmung mit Dr. S. , ausgeht. Zudem hat der Kläger derzeit einen leidensgerechten Arbeitsplatz inne.

Soweit Dr. V. in seinem Gutachten davon ausgeht, dem Kläger sei ein selbständiges Arbeiten nicht möglich, ist dies für den Senat nicht überzeugend. Nach den Beschreibungen von Dr. V. in seinem Gutachten ist der Kläger in der Lage an Wochenenden ohne Anleitung Arbeiten im Haus und am Grundstück zu erledigen. Auch dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit im Bauhof zu selbständigem Tätigwerden nicht in der Lage ist, ist nicht ersichtlich. Damit kann entgegen der Ansicht von Dr. V. nicht festgestellt werden, dem Kläger sei ein Arbeiten ohne Anleitung nicht möglich. Entsprechendes gilt, soweit Dr. V. davon ausgeht, der Kläger könne geringe Anforderungen an Konzentration und Gedächtnis, an Stresstoleranz und Anpassungsfähigkeit nicht bewältigen. Gesichtspunkte, die seine Ansicht plausibel und nachvollziehbar machen, beschreibt Dr. V. in seinem Gutachten nicht. Soweit Dr. V. in der dargestellten Fremdanamnese des Freundes der Schwester des Klägers beschreibt, dem Kläger könnten keine drei Tätigkeiten gleichzeitig aufgetragen werden, der Kläger sei schwerfällig, er würde Aufträge vergessen und könne Sachverhalte nicht wirklich kommunizieren, erschließt sich dem Senat hieraus nicht, dass der Kläger nicht in der Lage sein soll, geringe Anforderungen an Stresstoleranz und Anpassungsfähigkeit zu bewältigen. Die Konzentrationsfähigkeit des Klägers während der Befragung beschreibt Dr. V. als nicht gestört, bei allerdings auffälligem Aufmerksamkeits-Belastungs-Testergebnis. Gedächtnisstörungen des Klägers beschreibt Dr. V. lediglich für Ereignisse in der Vergangenheit.

Soweit der Kläger geltend macht, er werde an seinem Arbeitsplatz "durchgezogen", d.h. er bekomme die groben, schweren und geistig wenig anspruchsvollen Tätigkeiten zugewiesen, wobei niemand merke, wenn er bei seiner Tätigkeit extrem langsam vorgehe und er auch einmal eine längere Pause mache, rechtfertigt dies keine andere Bewertung des beim Kläger festzustellenden beruflichen Leistungsvermögens. Nach der Beschreibung der vom Kläger angegebenen Beschwerden im Gutachten des Dr. V. trifft dies nicht zu. Vielmehr hat der Kläger angegeben, er habe an der Arbeitsstelle selten Probleme mit dem Vorarbeiter, fühle sich an seiner Arbeitsstelle sehr wohl und hat zudem für sich in Frage gestellt, ob er tatsächlich in Rente gehen wolle.

Der abweichenden Ansicht von Dr. Ra. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 08.10.2014 kann nicht gefolgt werden. Dass beim Kläger eine schwere Epilepsie vorliegt, trifft nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht zu. Ein schweres Anfallsleiden kann nicht festgestellt werden, worauf Dr. S. in seinem Gutachten hinsichtlich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Ra. zutreffend hinweist. Zudem ist der Kläger seit August 2013 anfallsfrei, was Dr. Ra. nicht berücksichtigt. Auch eine von Dr. Ra. genannte Schädigung durch Medikation oder eine Beeinträchtigung durch eine vermehrte Ermüdbarkeit liegen beim Kläger ebenso wenig vor, wie eine in den letzten zwei Jahren eingetretene wesentliche Verschlechterung des Zustandsbildes des Klägers, worauf Dr. V. in seinem Gutachten zu dem zutreffend hinweist. Der abweichenden Ansicht von Dr. Ra. kann deshalb nicht gefolgt werden. Entsprechendes gilt auch für die abweichende Bewertung des Arztes für Allgemeinmedizin H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 26.09.2014 an das SG, der keine Befunde beschreibt, die seine abweichende Bewertung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers plausibel macht.

Damit ist der Senat im Anschluss an die Gutachten - unter Betrachtung der Gesundheitsstörungen im Einzelnen und auch in deren Zusammenschau - zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen in der Lage ist, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie die von ihm ausgeübte Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Aus den genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - juris RdNr. 18 ff.) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, wie Dr. S. und Dr. V. in ihren Gutachten übereinstimmend bestätigen, die eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers verneint haben.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat sieht sich zu weiteren Ermittlungen nicht gedrängt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. V. vom 20.03.2017 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden Württemberg L 1 U 3854/06 KO B, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 - L 8 U 3868/11 -, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).

Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens von Dr. V. auf die Staatskasse zu übernehmen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und nicht zu seiner Erledigung beigetragen, wie sich aus dem oben Ausgeführten ergibt. Vielmehr hat Dr. V. , wie Dr. S. in seinem vom SG von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 29.06.2015, bestätigt, dass der Kläger in der Lage ist, derzeit ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit über sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, und damit eine volle oder teilweise Erwerbsminderung des Kläger verneint.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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