Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3335/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2486/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts R. vom 31.05.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten.
Der 1962 im Irak geborene Kläger lebt seit 1987 in der Bundesrepublik und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Er absolvierte in den achtziger Jahren am Institut für Architektur in B. (Rumänien) eine Ausbildung und erlangte den Grad eines "Master of Arts in Architecture and Planing". In der Bundesrepublik war er ua als Hilfsarbeiter und zuletzt als selbständiger Autohändler im Zeitraum 2001 bis 2003 tätig. Seit April 2003 ist der Kläger arbeitslos und bezieht derzeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 12.02.2013 beantragte er Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und veranlasste eine Begutachtung bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Frau V.-K. Im Gutachten vom 09.04.2013, erstellt nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 03.04.2013, stellte die Sachverständige folgende Diagnosen: - Somatisierungsstörung bei sozialen Belastungsfaktoren mit Angst- und narzisstischer Persönlichkeitsakzentuierung, - Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden und leichter Seitbiegung sowie leichtem Wirbelgleiten C4/5 und L1/2 mit leichter Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule ohne neurologisches Funktionsdefizit, - allergisch bedingtes Asthma bronchiale mit wiederkehrendem begleitendem allergischem Schnupfen, medikamentös behandelt bei fortgesetztem Inhalationsrauchen. Im Rahmen der Untersuchung sei er allseits orientiert, bewusstseinsklar und mit nur leicht eingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit gewesen, ohne Anhalt für inhaltliche oder formale Denkstörungen. Im geschilderten Tagesablauf sei keine höhergradige Depressivität erkennbar. Bei der Untersuchung sei die insgesamt sehr vorwurfsvolle Haltung des Versicherten aufgefallen. Dies sowie demonstrative Tendenzen während der Untersuchung sollten auch vor dem kulturellen Hintergrund des Versicherten beurteilt werden. Der Versicherte empfinde es als unter seiner Würde, andere Arbeiten auszuführen außer der erlernten Architektentätigkeit. Es erscheine so, als ob er sich mit der Situation des Bezugs von Sozialleistungen eingerichtet habe. Der Kläger könne sechs Stunden und mehr täglich mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Zeitdruck und Tätigkeiten unter Nässe oder Kälte.
Mit Bescheid vom 12.04.2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Es bestünden Angstzustände mit mehrfach erforderlicher stationärer Behandlung.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. Im Gutachten vom 27.08.2013 stellte der Sachverständige folgende Diagnosen: - Angststörung, F41.9, - Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule ohne erkennbares neurologisches Defizit, M51, - allergisch bedingtes Asthma bronchiale mit wiederkehrendem begleitendem allergischen Schnupfen, J45.0. Im Rahmen der psychiatrischen Untersuchung am 25.07.2013 habe sich keine schwerwiegende psychische Beeinträchtigung gezeigt. Der Kläger habe zwar anamnestisch über Angstzustände, insbesondere klaustrophobische Ängste berichtet, eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Alltags sei bei Schilderung der Tagesabläufe jedoch nicht erkennbar gewesen. Depressive Symptome, die in vorliegenden Arztberichten teilweise erwähnt worden seien, seien nicht erkennbar. Eindeutige Hinweise auf das Vorliegen einer Konversionsneurose bzw einer dissoziativen Störung würden nicht vorliegen. Das Konzentrationsvermögen, die Aufmerksamkeitssteuerung, Auffassung und Gedächtnisfunktionen hätten sich im Gespräch nicht erkennbar beeinträchtigt gezeigt. Die Stimmungslage sei leicht gedrückt gewesen, jedoch durchaus situationsadäquat. Die Schwingungsfähigkeit habe sich nur gering eingeschränkt gezeigt. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben seien nicht angezeigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie nahm insbesondere Bezug auf die Sachverständigengutachten der Frau V.-K. und des Dr. M. Mit den vorliegenden Gesundheitsstörungen (leichte Angststörung ohne wesentliche Beeinträchtigung der Lebensführung, degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne neurologisches Funktionsdefizit sowie allergisches Bronchialasthma und Heuschnupfen) könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Er könne Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne längere Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, ohne häufiges Überkopfarbeiten und ohne inhalative Reize verrichten.
Hiergegen hat der Kläger am 03.12.2013 Klage zum Sozialgericht R. (SG) erhoben. Die Beklagte habe den medizinischen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt bzw unzutreffend gewürdigt. Er sei nicht mehr in der Lage, auch körperlich leichte Tätigkeiten über drei Stunden täglich zu verrichten. Auch das Jobcenter Landkreis T. halte ihn aufgrund seiner Erkrankungen für nicht mehr vermittelbar. Es liege eine schon lange bestehende und damit chronifizierte Angststörung und dadurch resultierender depressiver Herabgestimmtheit vor. Er habe sich mehrfach in stationäre Behandlung in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik R. begeben, die ebenfalls den Rentenantrag befürwortet habe.
Er legte eine Bescheinigung des Jobcenters Landkreis T. vom 17.04.2014 vor, in welchem es heißt, dass der Kläger "aufgrund seiner lange zurückliegenden Ausbildung in Rumänien und aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen schwer vermittelbar ist".
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat mit Schreiben vom 12.06.2014 mitgeteilt, es sei wegen der Angststörung von einem untervollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auszugehen, zumal auch agoraphobische und klaustrophobische Symptome beschrieben worden seien. Der Orthopäde Dr. L. hat mit Schreiben vom 07.07.2014 mitgeteilt, im Vordergrund stehe eine Wirbelsäulensymptomatik mit ausstrahlenden Missempfindungen im Bereich des rechten Armes. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger noch sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten. Abzuklären sei aber der Zusammenhang mit einer somatoformen Schmerzverarbeitungsstörung. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. hat mit Schreiben vom 11.07.2014 mitgeteilt, es liege eine Angststörung, eine Konversionsneurose sowie eine Nadel-Phobie vor. Er gehe davon aus, dass keine durch bloße Willensanstrengung überwindbare Arbeitsunlust vorliege, sondern von einer multifaktoriell bedingten und sicher auch in der Persönlichkeitsstruktur liegenden Störung der Lebens-, Alltags- und Berufsbewältigung. Er halte eine Berentung für erforderlich. Der HNO-Facharzt H. hat mit Schreiben vom 07.09.2014 mitgeteilt, das maßgebliche Leiden liege aus seiner Sicht in psychologisch-psychiatrischen Fachgebiet.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ku., G ... Im Gutachten vom 23.01.2015 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - Panikstörung, F41.0 - Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Anteilen, F45.141. Im Gespräch habe der Kläger in der Beschwerdeschilderung sachlich gewirkt, habe keine Konzentrationsstörungen sowie keine vermehrte Ablenkbarkeit, gezeigt. Es habe eine nur mäßig depressive Herabgestimmtheit vorgelegen. Die Ergebnisse der Testuntersuchung des Ausprägungsgrad depressiver Symptome seien danach nicht voll nachvollziehbar gewesen. Eine schwerergradige Depressivität sei nicht festzustellen gewesen. Außerdem seien die therapeutischen Maßnahmen einschließlich einer möglichen psychosomatischen Rehabilitation nicht ausgeschöpft. Nach der Exploration hätten sich auch keine Hinweise für eine kriegsbedingte posttraumatische Belastungsstörung als Ursache der jetzt vorhandenen Ängste ergeben. Der Kläger habe sich nicht mehr genau an die Jahre erinnert, in denen der erste Irakkrieg belastend für ihn habe gewesen sein können; er sei wohl auch die meiste Zeit in diesen Jahren zum Studium in Rumänien gewesen. Im Vordergrund scheine die soziale Kränkung zu stehen, insbesondere die fehlende Anerkennung seiner Qualifikation als Architekt hier in der Bundesrepublik. Es handele sich insgesamt um eine über Jahre chronifizierte Symptomatik mit passiven Verhaltensmustern bei narzisstischen Persönlichkeitszügen bei allerdings eher mässiggradiger Depressivität. Schmerzen im Sinne einer Somatisierungsstörung stünden demgegenüber eher im Hintergrund. Angesichts der erhaltenen kognitiven Fähigkeiten sei ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben, zB seien Übersetzungstätigkeiten oder einfachere Bürotätigkeiten möglich. Arbeiten unter vermehrten Zeitdruck und Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten seien zu vermeiden, ebenso Arbeiten in Lärmsituationen. Hingegen sei eine verantwortungsvolle Tätigkeit durchaus möglich.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers ist gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. Ne. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden. Im Gutachten vom 30.09.2015 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - Kombinierte Angststörung mit Agoraphobie, Klaustrophobie, Panikstörung und hypochondrischen Ängsten (F41.8 G), - schwere Somatisierungsstörung mit Aspekten mit einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (F45.8 G), - kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dysthymen, narzisstischen und histrionischen Anteilen (F60.8 G). Bei der neurologischen Untersuchung seien deutliche Aggravations- und Verdeutlichungstendenzen aufgefallen. Während der Kläger sich zuvor in der Praxis noch relativ unauffällig bewegt habe, sei er bei der Durchführung der neurologischen Untersuchung sehr schwerfällig und schmerzgeplagt gelaufen. Auf Berührungen und Reflexauslösungen habe er mit heftigem Zusammenzucken reagiert. Im Rahmen der Untersuchungsgespräche sei eine mittelgradige reizbar-depressive Stimmungslage feststellbar gewesen. Die emotionale Resonanzfähigkeit sei deutlich eingeschränkt gewesen, hin zum depressiven Pol. Der Kläger habe leidend, klagsam, selbstbezogen und theatralisch gewirkt. Geschildert worden seien mehrfach wöchentlich auftretende panikartige Angstzustände mit ausgeprägten begleitenden psychovegetativem Angstkorrelat wie Atemnot, Herzklopfen, Schmerzen, Muskelverspannungen. Den psychischen Störungen komme ein erheblicher Krankheitswert zu. Unter den Belastungen und Anforderungen eines normalen Arbeitstags reagiere der Versicherte aufgrund seiner psychischen Verfassung innerhalb kurzer Zeit mit zu erwartender schwerster Somatisierung, Angstzuständen und schließlich einer neurotischen Blockade. Faktisch sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar und somit nicht mehr vermittelbar. Die geschilderten psychischen und psychosomatischen Phänomene seien subjektiv echt und nicht nur vorgetäuscht.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme bei Dr. Ku ... Dieser hat mit Schreiben vom 15.03.2016 darauf hingewiesen, der Kläger sei im ganzen Jahr 2013 nur sechs Mal in psychiatrischer Behandlung gewesen. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens durch Dr. Ne. sei eine Psychotherapie begonnen worden, der Kläger habe aber bislang lediglich an drei Sitzungen teilgenommen. Im Rahmen der Exploration vom Januar 2015 habe kein organisches Korrelat zu den geklagten Angstzuständen und dem geklagten Schmerzsyndrom gefunden werden können. Eine intensive Schmerztherapie habe bisher nicht stattgefunden. Die antidepressive Medikation des Klägers sei im Zeitpunkt der Begutachtung im Januar 2015 und wohl auch noch in der Gegenwart niedrig dosiert. Durchgehend werde lediglich Citalopram als Antidepressivum eingenommen. Dr. Ne. habe sich in seinem Gutachten auch nur wenig zur Plausibilität der geklagten Beschwerden geäußert.
Mit Urteil vom 31.05.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Das SG hat sich im Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten Dr. Ku.s gestützt.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 09.06.2016 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 04.07.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen vollumfänglich aufrechterhalten und weiter vertieft. Zu Unrecht gehe das Sozialgericht im Urteil vom 31.05.2016 davon aus, dass er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Dr. Ne. habe schlüssig und nachvollziehbar herausgearbeitet, dass er nicht mehr drei Stunden täglich arbeiten könne. Der Sachverständige habe insbesondere darauf hingewiesen, dass es nicht plausibel wäre, dass sich ein Mensch in psychotherapeutische Behandlung begebe, seit Jahren Psychopharmaka nehme, zwei Mal für mehrere Wochen in eine Tagesklinik gehe und im Laufe der Jahre weit über 200 fachärztliche Behandlungstermine wahrnehme, wenn nicht als Grundlage dieses Verhaltens ein ganz erheblicher krankheitswertiger Leidensdruck vorliegen würde. Seit Mitte April 2016 habe sich sein Gesundheitszustand außerdem verschlechtert. Im April 2016 sei er in seiner Wohnung gestürzt, es sei eine Gehirnblutung festgestellt worden. Seither häuften sich Schwindelanfälle.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts R. vom 31.05.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 12.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 01.02.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen des SG im Urteil vom 31.05.2016 und auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug. Sie hat eine Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Bu. vom 08.08.2016 vorgelegt (Bl 41 Senatsakte).
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, spezielle Schmerztherapie, Prof. Dr. Be., O. Klinik Ra. Im Gutachten vom 03.01.2017, erstellt nach ambulanter neurologischer und psychiatrischer Untersuchung am 13.12.2016 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - Angst und Depression gemischt (F41.2), - Verdacht auf Anpassungsstörung, - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, altersentsprechend, - Persönlichkeitsakzentuierung mit hypochondrisch-narzisstischen Zügen, - allergische Rhinitis und fragliches Asthma bronchiale, - Nikotinabusus. Die Diagnose Angst und Depression gemischt sei ein Diagnosekonstrukt, bei dem weder die Kriterien der depressiven Störung noch die der Angststörung erfüllt seien und Symptome beider Erkrankungen in abgemilderter Form parallel auftreten würden. In psychischer Hinsicht habe keine depressive Störung, auch keine generalisierte Angststörung vorgelegen. Bei der neurologischen Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer Erkrankung des zentralen oder peripheren Nervensystems gezeigt, insbesondere keine Hinweise auf das Vorliegen einer Wurzelkompressionssymptomatik bzw radikulären Symptomatik. Es habe eine erhebliche Verdeutlichungstendenz vorgelegen: Auffallend sei gewesen, dass der Kläger eine in seiner Tasche mitgebrachte Halskrause während des Explorationsgespräches und der Anamneseerhebung sich angelegt und Nackenschmerzen angegeben habe. Nachdem er sich ihm Vorfeld der Untersuchung völlig normal im Flur der Ambulanz bewegt habe, sei ein erschwertes Be- und Entkleiden aufgefallen, hierbei habe er gestöhnt. Auch das Hinlegen und Aufrichten von der Untersuchungsliege sei nur außerordentlich beschwerlich gelungen. Eine Blutabnahme zur Wirkspiegelanalytik der angegebenen Medikation sei vom Kläger mit Begründung einer Nadel-Phobie abgelehnt worden. Nach der Frage der Blutabnahme sei der Kläger buchstäblich von der Untersuchungsliege gesprungen und habe sich bei gutem, flüssigem und wendigen Bewegungen rasch angekleidet. Ein derartiges Verhalten sei mit einer objektiv begründbaren körperlichen Schmerzerkrankung nicht zu erklären. Auch bei der Untersuchung der Augenmodilität habe eine außerordentlich schlechte Kooperation imponiert. Der Kläger könne unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig eine berufliche Tätigkeit ausüben. Befunde, die eine quantitative Einschränkung und Leistungsfähigkeit begründen würden, hätten nicht erhoben werden können. Nicht mehr möglich seien dauerhaft schwere Tätigkeiten sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ebenso Tätigkeiten die ein hohes Maß an geistiger Flexibilität, Publikumsverkehr, Zeitdruck etc voraussetzten. Mit den Einschätzungen von Frau V.-K., Dr. M. und Dr. Ku. bestehe Übereinstimmung. Nicht nachvollziehbar sei die Einschätzung von Dr. Ne., der einerseits eine Aggravation und Verdeutlichung beschrieben habe, andererseits ein aufgehobenes Leistungsvermögen attestiere. Dr. Ne. habe jedoch keine Befunde dokumentiert, die ein aufgehobenes Leistungsvermögen begründen würden. Er habe seine Einschätzung lediglich damit begründet, dass nach den Schilderungen des Klägers unter den Belastungen und Anforderungen eines Arbeitsalltages eine schwere Somatisierung, Angstzustände sowie eine neurotische Blockade eintreten könnten.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat gemäß § 109 SGG weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Neurologie Dr. Neh., Ro. Im Gutachten vom 11.04.2017, erstellt nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 10.04.2017, hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - generalisierte Angststörung (F41.1), - Dysthymia (F34.1) und - somatoforme Schmerzstörung (F45.9). Bei der körperlichen Untersuchung sei aggravierendes Verhaltens nicht zu übersehen gewesen. Vor diesem Hintergrund seien auch die Angaben des Klägers zu den psychischen Beschwerden kritisch zu bewerten. Zumindest leichte körperliche und geistige Tätigkeiten könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Belastende Tätigkeiten, Zwangshaltungen mit häufigem Bücken, schwerem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, seien nicht mehr möglich. Denkbar seien leichte Montagetätigkeiten oder leichte Büroarbeiten oder wie von Dr. Ku. vorgeschlagen, Übersetzungsarbeiten. Mit einer Besserung der Beschwerden unter intensiver Behandlung könne durchaus gerechnet werden. Die derzeitige Behandlungsintensität auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet sei einer relevanten psychischen Störung nicht angemessen. Psychiatrische Konsultationen fänden nur alle zwei Monate statt. Eine psychotherapeutische Behandlung werde nicht durchgeführt. Mit den Ausführungen der Sachverständigen V.-K., Dr. M., Dr. Ku. und Prof. Dr. Be. bestehe im Wesentlichen Übereinstimmung. Der Beurteilung durch Dr. Ne. könne er sich nicht anschließen. Die von Dr. Ne. angenommene schwere Somatisierungsstörung könne er nicht bestätigen. Es seien zwar psychosomatische Beschwerden vorhanden, diese stünden aber nicht im Vordergrund. Auch habe er keine ausreichenden Hinweise für eine gravierende Persönlichkeitsstörung gefunden. Insbesondere stimme er der Annahme Dr. Ne.s nicht zu, wonach im normalen Arbeitsalltag mit schwerer Somatisierung, Angstzuständen und einer neurotischen Blockade gerechnet werden müsse. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Kläger mit zumutbarer Willensanspannung in der Lage sei, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, da er nicht erwerbsgemindert ist.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger nicht erwerbsgemindert, da er noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann. Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten des Dr. Ku., des Prof. Dr. Be. und des Dr. Neh.
Prof. Dr. Be. hat im Gutachten vom 03.01.2017, erstellt nach ambulanter neurologischer und psychiatrischer Untersuchung am 13.12.2016, folgende Diagnosen gestellt: - Angst und Depression gemischt (F41.2), - Verdacht auf Anpassungsstörung, - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, altersentsprechend, - Persönlichkeitsakzentuierung mit hypochondrisch-narzisstischen Zügen, - allergische Rhinitis und fragliches Asthma bronchiale, - Nikotinabusus. Der Sachverständige hat für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass weder die Kriterien der depressiven Störung noch die der Angststörung erfüllt sind, sondern Symptome beider Erkrankungen in abgemilderter Form parallel auftreten. Dies deckt sich mit den Feststellungen Dr. Ku.s, der nur eine mäßig depressive Herabgestimmtheit beschrieben und darauf hingewiesen hat, dass eine schwerergradige Depressivität nicht vorgelegen hat. Prof. Dr. Be. hat außerdem dargelegt, dass sich bei der neurologischen Untersuchung keine Hinweise auf das Vorliegen einer Erkrankung des zentralen oder peripheren Nervensystems, insbesondere keine Hinweise auf das Vorliegen einer Wurzelkompressionssymptomatik bzw radikulären Symptomatik gezeigt haben. Dr. Ku. und Dr. Neh. haben überdies ausgeführt, dass bei bestehenden Behandlungsressourcen die therapeutischen Maßnahmen nicht ausgeschöpft seien. Sämtliche Gutachter haben teils erhebliche Aggravations- und Verdeutlichungstendenzen beschrieben. Gerade vor diesem Hintergrund waren die Schlussfolgerungen Dr. Ne.s für den Senat nicht nachvollziehbar, der einerseits eine Aggravation und Verdeutlichung beschrieben und andererseits ein aufgehobenes Leistungsvermögen attestiert hat. Dr. Ne. hat jedoch, worauf Prof. Dr. Be. und Dr. Neh. für den Senat nachvollziehbar hingewiesen hat, keine Befunde dokumentiert, die ein aufgehobenes Leistungsvermögen begründen könnten. Eine eingehende Plausibilitätsprüfung der vom Kläger geklagten Beschwerden fehlt bei Dr. Ne., obgleich eine solche angesichts des aggravierenden Verhaltens, dh der Täuschungsversuche des Klägers, die auch Dr. Ne. erkannt hat, unverzichtbar gewesen ist.
Der Kläger kann nach den plausiblen Darlegungen der Sachverständigen Dr. Ku., Prof. Dr. Be. und Dr. Neh. unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig eine berufliche Tätigkeit ausüben. Nicht mehr möglich sind dauerhaft schwere Tätigkeiten sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ebenso Tätigkeiten die ein hohes Maß an geistiger Flexibilität, Publikumsverkehr, Zeitdruck etc voraussetzten. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen kann der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Besondere Ausgestaltungen des Arbeitsplatzes und/oder betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90). Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht. Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI hat der Kläger schon deshalb nicht, weil er nach dem Stichtag 02.01.1961 geboren ist.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die Gutachten von Dr. Ku., Prof. Dr. Be. und Dr. Neh. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten.
Der 1962 im Irak geborene Kläger lebt seit 1987 in der Bundesrepublik und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Er absolvierte in den achtziger Jahren am Institut für Architektur in B. (Rumänien) eine Ausbildung und erlangte den Grad eines "Master of Arts in Architecture and Planing". In der Bundesrepublik war er ua als Hilfsarbeiter und zuletzt als selbständiger Autohändler im Zeitraum 2001 bis 2003 tätig. Seit April 2003 ist der Kläger arbeitslos und bezieht derzeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 12.02.2013 beantragte er Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und veranlasste eine Begutachtung bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Frau V.-K. Im Gutachten vom 09.04.2013, erstellt nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 03.04.2013, stellte die Sachverständige folgende Diagnosen: - Somatisierungsstörung bei sozialen Belastungsfaktoren mit Angst- und narzisstischer Persönlichkeitsakzentuierung, - Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden und leichter Seitbiegung sowie leichtem Wirbelgleiten C4/5 und L1/2 mit leichter Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule ohne neurologisches Funktionsdefizit, - allergisch bedingtes Asthma bronchiale mit wiederkehrendem begleitendem allergischem Schnupfen, medikamentös behandelt bei fortgesetztem Inhalationsrauchen. Im Rahmen der Untersuchung sei er allseits orientiert, bewusstseinsklar und mit nur leicht eingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit gewesen, ohne Anhalt für inhaltliche oder formale Denkstörungen. Im geschilderten Tagesablauf sei keine höhergradige Depressivität erkennbar. Bei der Untersuchung sei die insgesamt sehr vorwurfsvolle Haltung des Versicherten aufgefallen. Dies sowie demonstrative Tendenzen während der Untersuchung sollten auch vor dem kulturellen Hintergrund des Versicherten beurteilt werden. Der Versicherte empfinde es als unter seiner Würde, andere Arbeiten auszuführen außer der erlernten Architektentätigkeit. Es erscheine so, als ob er sich mit der Situation des Bezugs von Sozialleistungen eingerichtet habe. Der Kläger könne sechs Stunden und mehr täglich mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Zeitdruck und Tätigkeiten unter Nässe oder Kälte.
Mit Bescheid vom 12.04.2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Es bestünden Angstzustände mit mehrfach erforderlicher stationärer Behandlung.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. Im Gutachten vom 27.08.2013 stellte der Sachverständige folgende Diagnosen: - Angststörung, F41.9, - Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule ohne erkennbares neurologisches Defizit, M51, - allergisch bedingtes Asthma bronchiale mit wiederkehrendem begleitendem allergischen Schnupfen, J45.0. Im Rahmen der psychiatrischen Untersuchung am 25.07.2013 habe sich keine schwerwiegende psychische Beeinträchtigung gezeigt. Der Kläger habe zwar anamnestisch über Angstzustände, insbesondere klaustrophobische Ängste berichtet, eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Alltags sei bei Schilderung der Tagesabläufe jedoch nicht erkennbar gewesen. Depressive Symptome, die in vorliegenden Arztberichten teilweise erwähnt worden seien, seien nicht erkennbar. Eindeutige Hinweise auf das Vorliegen einer Konversionsneurose bzw einer dissoziativen Störung würden nicht vorliegen. Das Konzentrationsvermögen, die Aufmerksamkeitssteuerung, Auffassung und Gedächtnisfunktionen hätten sich im Gespräch nicht erkennbar beeinträchtigt gezeigt. Die Stimmungslage sei leicht gedrückt gewesen, jedoch durchaus situationsadäquat. Die Schwingungsfähigkeit habe sich nur gering eingeschränkt gezeigt. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben seien nicht angezeigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie nahm insbesondere Bezug auf die Sachverständigengutachten der Frau V.-K. und des Dr. M. Mit den vorliegenden Gesundheitsstörungen (leichte Angststörung ohne wesentliche Beeinträchtigung der Lebensführung, degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne neurologisches Funktionsdefizit sowie allergisches Bronchialasthma und Heuschnupfen) könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Er könne Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne längere Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, ohne häufiges Überkopfarbeiten und ohne inhalative Reize verrichten.
Hiergegen hat der Kläger am 03.12.2013 Klage zum Sozialgericht R. (SG) erhoben. Die Beklagte habe den medizinischen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt bzw unzutreffend gewürdigt. Er sei nicht mehr in der Lage, auch körperlich leichte Tätigkeiten über drei Stunden täglich zu verrichten. Auch das Jobcenter Landkreis T. halte ihn aufgrund seiner Erkrankungen für nicht mehr vermittelbar. Es liege eine schon lange bestehende und damit chronifizierte Angststörung und dadurch resultierender depressiver Herabgestimmtheit vor. Er habe sich mehrfach in stationäre Behandlung in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik R. begeben, die ebenfalls den Rentenantrag befürwortet habe.
Er legte eine Bescheinigung des Jobcenters Landkreis T. vom 17.04.2014 vor, in welchem es heißt, dass der Kläger "aufgrund seiner lange zurückliegenden Ausbildung in Rumänien und aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen schwer vermittelbar ist".
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat mit Schreiben vom 12.06.2014 mitgeteilt, es sei wegen der Angststörung von einem untervollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auszugehen, zumal auch agoraphobische und klaustrophobische Symptome beschrieben worden seien. Der Orthopäde Dr. L. hat mit Schreiben vom 07.07.2014 mitgeteilt, im Vordergrund stehe eine Wirbelsäulensymptomatik mit ausstrahlenden Missempfindungen im Bereich des rechten Armes. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger noch sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten. Abzuklären sei aber der Zusammenhang mit einer somatoformen Schmerzverarbeitungsstörung. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. hat mit Schreiben vom 11.07.2014 mitgeteilt, es liege eine Angststörung, eine Konversionsneurose sowie eine Nadel-Phobie vor. Er gehe davon aus, dass keine durch bloße Willensanstrengung überwindbare Arbeitsunlust vorliege, sondern von einer multifaktoriell bedingten und sicher auch in der Persönlichkeitsstruktur liegenden Störung der Lebens-, Alltags- und Berufsbewältigung. Er halte eine Berentung für erforderlich. Der HNO-Facharzt H. hat mit Schreiben vom 07.09.2014 mitgeteilt, das maßgebliche Leiden liege aus seiner Sicht in psychologisch-psychiatrischen Fachgebiet.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ku., G ... Im Gutachten vom 23.01.2015 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - Panikstörung, F41.0 - Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Anteilen, F45.141. Im Gespräch habe der Kläger in der Beschwerdeschilderung sachlich gewirkt, habe keine Konzentrationsstörungen sowie keine vermehrte Ablenkbarkeit, gezeigt. Es habe eine nur mäßig depressive Herabgestimmtheit vorgelegen. Die Ergebnisse der Testuntersuchung des Ausprägungsgrad depressiver Symptome seien danach nicht voll nachvollziehbar gewesen. Eine schwerergradige Depressivität sei nicht festzustellen gewesen. Außerdem seien die therapeutischen Maßnahmen einschließlich einer möglichen psychosomatischen Rehabilitation nicht ausgeschöpft. Nach der Exploration hätten sich auch keine Hinweise für eine kriegsbedingte posttraumatische Belastungsstörung als Ursache der jetzt vorhandenen Ängste ergeben. Der Kläger habe sich nicht mehr genau an die Jahre erinnert, in denen der erste Irakkrieg belastend für ihn habe gewesen sein können; er sei wohl auch die meiste Zeit in diesen Jahren zum Studium in Rumänien gewesen. Im Vordergrund scheine die soziale Kränkung zu stehen, insbesondere die fehlende Anerkennung seiner Qualifikation als Architekt hier in der Bundesrepublik. Es handele sich insgesamt um eine über Jahre chronifizierte Symptomatik mit passiven Verhaltensmustern bei narzisstischen Persönlichkeitszügen bei allerdings eher mässiggradiger Depressivität. Schmerzen im Sinne einer Somatisierungsstörung stünden demgegenüber eher im Hintergrund. Angesichts der erhaltenen kognitiven Fähigkeiten sei ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben, zB seien Übersetzungstätigkeiten oder einfachere Bürotätigkeiten möglich. Arbeiten unter vermehrten Zeitdruck und Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten seien zu vermeiden, ebenso Arbeiten in Lärmsituationen. Hingegen sei eine verantwortungsvolle Tätigkeit durchaus möglich.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers ist gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. Ne. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden. Im Gutachten vom 30.09.2015 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - Kombinierte Angststörung mit Agoraphobie, Klaustrophobie, Panikstörung und hypochondrischen Ängsten (F41.8 G), - schwere Somatisierungsstörung mit Aspekten mit einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (F45.8 G), - kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dysthymen, narzisstischen und histrionischen Anteilen (F60.8 G). Bei der neurologischen Untersuchung seien deutliche Aggravations- und Verdeutlichungstendenzen aufgefallen. Während der Kläger sich zuvor in der Praxis noch relativ unauffällig bewegt habe, sei er bei der Durchführung der neurologischen Untersuchung sehr schwerfällig und schmerzgeplagt gelaufen. Auf Berührungen und Reflexauslösungen habe er mit heftigem Zusammenzucken reagiert. Im Rahmen der Untersuchungsgespräche sei eine mittelgradige reizbar-depressive Stimmungslage feststellbar gewesen. Die emotionale Resonanzfähigkeit sei deutlich eingeschränkt gewesen, hin zum depressiven Pol. Der Kläger habe leidend, klagsam, selbstbezogen und theatralisch gewirkt. Geschildert worden seien mehrfach wöchentlich auftretende panikartige Angstzustände mit ausgeprägten begleitenden psychovegetativem Angstkorrelat wie Atemnot, Herzklopfen, Schmerzen, Muskelverspannungen. Den psychischen Störungen komme ein erheblicher Krankheitswert zu. Unter den Belastungen und Anforderungen eines normalen Arbeitstags reagiere der Versicherte aufgrund seiner psychischen Verfassung innerhalb kurzer Zeit mit zu erwartender schwerster Somatisierung, Angstzuständen und schließlich einer neurotischen Blockade. Faktisch sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar und somit nicht mehr vermittelbar. Die geschilderten psychischen und psychosomatischen Phänomene seien subjektiv echt und nicht nur vorgetäuscht.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme bei Dr. Ku ... Dieser hat mit Schreiben vom 15.03.2016 darauf hingewiesen, der Kläger sei im ganzen Jahr 2013 nur sechs Mal in psychiatrischer Behandlung gewesen. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens durch Dr. Ne. sei eine Psychotherapie begonnen worden, der Kläger habe aber bislang lediglich an drei Sitzungen teilgenommen. Im Rahmen der Exploration vom Januar 2015 habe kein organisches Korrelat zu den geklagten Angstzuständen und dem geklagten Schmerzsyndrom gefunden werden können. Eine intensive Schmerztherapie habe bisher nicht stattgefunden. Die antidepressive Medikation des Klägers sei im Zeitpunkt der Begutachtung im Januar 2015 und wohl auch noch in der Gegenwart niedrig dosiert. Durchgehend werde lediglich Citalopram als Antidepressivum eingenommen. Dr. Ne. habe sich in seinem Gutachten auch nur wenig zur Plausibilität der geklagten Beschwerden geäußert.
Mit Urteil vom 31.05.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Das SG hat sich im Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten Dr. Ku.s gestützt.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 09.06.2016 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 04.07.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen vollumfänglich aufrechterhalten und weiter vertieft. Zu Unrecht gehe das Sozialgericht im Urteil vom 31.05.2016 davon aus, dass er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Dr. Ne. habe schlüssig und nachvollziehbar herausgearbeitet, dass er nicht mehr drei Stunden täglich arbeiten könne. Der Sachverständige habe insbesondere darauf hingewiesen, dass es nicht plausibel wäre, dass sich ein Mensch in psychotherapeutische Behandlung begebe, seit Jahren Psychopharmaka nehme, zwei Mal für mehrere Wochen in eine Tagesklinik gehe und im Laufe der Jahre weit über 200 fachärztliche Behandlungstermine wahrnehme, wenn nicht als Grundlage dieses Verhaltens ein ganz erheblicher krankheitswertiger Leidensdruck vorliegen würde. Seit Mitte April 2016 habe sich sein Gesundheitszustand außerdem verschlechtert. Im April 2016 sei er in seiner Wohnung gestürzt, es sei eine Gehirnblutung festgestellt worden. Seither häuften sich Schwindelanfälle.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts R. vom 31.05.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 12.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 01.02.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen des SG im Urteil vom 31.05.2016 und auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug. Sie hat eine Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Bu. vom 08.08.2016 vorgelegt (Bl 41 Senatsakte).
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, spezielle Schmerztherapie, Prof. Dr. Be., O. Klinik Ra. Im Gutachten vom 03.01.2017, erstellt nach ambulanter neurologischer und psychiatrischer Untersuchung am 13.12.2016 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - Angst und Depression gemischt (F41.2), - Verdacht auf Anpassungsstörung, - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, altersentsprechend, - Persönlichkeitsakzentuierung mit hypochondrisch-narzisstischen Zügen, - allergische Rhinitis und fragliches Asthma bronchiale, - Nikotinabusus. Die Diagnose Angst und Depression gemischt sei ein Diagnosekonstrukt, bei dem weder die Kriterien der depressiven Störung noch die der Angststörung erfüllt seien und Symptome beider Erkrankungen in abgemilderter Form parallel auftreten würden. In psychischer Hinsicht habe keine depressive Störung, auch keine generalisierte Angststörung vorgelegen. Bei der neurologischen Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer Erkrankung des zentralen oder peripheren Nervensystems gezeigt, insbesondere keine Hinweise auf das Vorliegen einer Wurzelkompressionssymptomatik bzw radikulären Symptomatik. Es habe eine erhebliche Verdeutlichungstendenz vorgelegen: Auffallend sei gewesen, dass der Kläger eine in seiner Tasche mitgebrachte Halskrause während des Explorationsgespräches und der Anamneseerhebung sich angelegt und Nackenschmerzen angegeben habe. Nachdem er sich ihm Vorfeld der Untersuchung völlig normal im Flur der Ambulanz bewegt habe, sei ein erschwertes Be- und Entkleiden aufgefallen, hierbei habe er gestöhnt. Auch das Hinlegen und Aufrichten von der Untersuchungsliege sei nur außerordentlich beschwerlich gelungen. Eine Blutabnahme zur Wirkspiegelanalytik der angegebenen Medikation sei vom Kläger mit Begründung einer Nadel-Phobie abgelehnt worden. Nach der Frage der Blutabnahme sei der Kläger buchstäblich von der Untersuchungsliege gesprungen und habe sich bei gutem, flüssigem und wendigen Bewegungen rasch angekleidet. Ein derartiges Verhalten sei mit einer objektiv begründbaren körperlichen Schmerzerkrankung nicht zu erklären. Auch bei der Untersuchung der Augenmodilität habe eine außerordentlich schlechte Kooperation imponiert. Der Kläger könne unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig eine berufliche Tätigkeit ausüben. Befunde, die eine quantitative Einschränkung und Leistungsfähigkeit begründen würden, hätten nicht erhoben werden können. Nicht mehr möglich seien dauerhaft schwere Tätigkeiten sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ebenso Tätigkeiten die ein hohes Maß an geistiger Flexibilität, Publikumsverkehr, Zeitdruck etc voraussetzten. Mit den Einschätzungen von Frau V.-K., Dr. M. und Dr. Ku. bestehe Übereinstimmung. Nicht nachvollziehbar sei die Einschätzung von Dr. Ne., der einerseits eine Aggravation und Verdeutlichung beschrieben habe, andererseits ein aufgehobenes Leistungsvermögen attestiere. Dr. Ne. habe jedoch keine Befunde dokumentiert, die ein aufgehobenes Leistungsvermögen begründen würden. Er habe seine Einschätzung lediglich damit begründet, dass nach den Schilderungen des Klägers unter den Belastungen und Anforderungen eines Arbeitsalltages eine schwere Somatisierung, Angstzustände sowie eine neurotische Blockade eintreten könnten.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat gemäß § 109 SGG weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Neurologie Dr. Neh., Ro. Im Gutachten vom 11.04.2017, erstellt nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 10.04.2017, hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - generalisierte Angststörung (F41.1), - Dysthymia (F34.1) und - somatoforme Schmerzstörung (F45.9). Bei der körperlichen Untersuchung sei aggravierendes Verhaltens nicht zu übersehen gewesen. Vor diesem Hintergrund seien auch die Angaben des Klägers zu den psychischen Beschwerden kritisch zu bewerten. Zumindest leichte körperliche und geistige Tätigkeiten könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Belastende Tätigkeiten, Zwangshaltungen mit häufigem Bücken, schwerem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, seien nicht mehr möglich. Denkbar seien leichte Montagetätigkeiten oder leichte Büroarbeiten oder wie von Dr. Ku. vorgeschlagen, Übersetzungsarbeiten. Mit einer Besserung der Beschwerden unter intensiver Behandlung könne durchaus gerechnet werden. Die derzeitige Behandlungsintensität auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet sei einer relevanten psychischen Störung nicht angemessen. Psychiatrische Konsultationen fänden nur alle zwei Monate statt. Eine psychotherapeutische Behandlung werde nicht durchgeführt. Mit den Ausführungen der Sachverständigen V.-K., Dr. M., Dr. Ku. und Prof. Dr. Be. bestehe im Wesentlichen Übereinstimmung. Der Beurteilung durch Dr. Ne. könne er sich nicht anschließen. Die von Dr. Ne. angenommene schwere Somatisierungsstörung könne er nicht bestätigen. Es seien zwar psychosomatische Beschwerden vorhanden, diese stünden aber nicht im Vordergrund. Auch habe er keine ausreichenden Hinweise für eine gravierende Persönlichkeitsstörung gefunden. Insbesondere stimme er der Annahme Dr. Ne.s nicht zu, wonach im normalen Arbeitsalltag mit schwerer Somatisierung, Angstzuständen und einer neurotischen Blockade gerechnet werden müsse. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Kläger mit zumutbarer Willensanspannung in der Lage sei, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, da er nicht erwerbsgemindert ist.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger nicht erwerbsgemindert, da er noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann. Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten des Dr. Ku., des Prof. Dr. Be. und des Dr. Neh.
Prof. Dr. Be. hat im Gutachten vom 03.01.2017, erstellt nach ambulanter neurologischer und psychiatrischer Untersuchung am 13.12.2016, folgende Diagnosen gestellt: - Angst und Depression gemischt (F41.2), - Verdacht auf Anpassungsstörung, - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, altersentsprechend, - Persönlichkeitsakzentuierung mit hypochondrisch-narzisstischen Zügen, - allergische Rhinitis und fragliches Asthma bronchiale, - Nikotinabusus. Der Sachverständige hat für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass weder die Kriterien der depressiven Störung noch die der Angststörung erfüllt sind, sondern Symptome beider Erkrankungen in abgemilderter Form parallel auftreten. Dies deckt sich mit den Feststellungen Dr. Ku.s, der nur eine mäßig depressive Herabgestimmtheit beschrieben und darauf hingewiesen hat, dass eine schwerergradige Depressivität nicht vorgelegen hat. Prof. Dr. Be. hat außerdem dargelegt, dass sich bei der neurologischen Untersuchung keine Hinweise auf das Vorliegen einer Erkrankung des zentralen oder peripheren Nervensystems, insbesondere keine Hinweise auf das Vorliegen einer Wurzelkompressionssymptomatik bzw radikulären Symptomatik gezeigt haben. Dr. Ku. und Dr. Neh. haben überdies ausgeführt, dass bei bestehenden Behandlungsressourcen die therapeutischen Maßnahmen nicht ausgeschöpft seien. Sämtliche Gutachter haben teils erhebliche Aggravations- und Verdeutlichungstendenzen beschrieben. Gerade vor diesem Hintergrund waren die Schlussfolgerungen Dr. Ne.s für den Senat nicht nachvollziehbar, der einerseits eine Aggravation und Verdeutlichung beschrieben und andererseits ein aufgehobenes Leistungsvermögen attestiert hat. Dr. Ne. hat jedoch, worauf Prof. Dr. Be. und Dr. Neh. für den Senat nachvollziehbar hingewiesen hat, keine Befunde dokumentiert, die ein aufgehobenes Leistungsvermögen begründen könnten. Eine eingehende Plausibilitätsprüfung der vom Kläger geklagten Beschwerden fehlt bei Dr. Ne., obgleich eine solche angesichts des aggravierenden Verhaltens, dh der Täuschungsversuche des Klägers, die auch Dr. Ne. erkannt hat, unverzichtbar gewesen ist.
Der Kläger kann nach den plausiblen Darlegungen der Sachverständigen Dr. Ku., Prof. Dr. Be. und Dr. Neh. unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig eine berufliche Tätigkeit ausüben. Nicht mehr möglich sind dauerhaft schwere Tätigkeiten sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ebenso Tätigkeiten die ein hohes Maß an geistiger Flexibilität, Publikumsverkehr, Zeitdruck etc voraussetzten. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen kann der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Besondere Ausgestaltungen des Arbeitsplatzes und/oder betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90). Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht. Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI hat der Kläger schon deshalb nicht, weil er nach dem Stichtag 02.01.1961 geboren ist.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die Gutachten von Dr. Ku., Prof. Dr. Be. und Dr. Neh. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BWB
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