Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 111/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 71/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.01.2014 wird verworfen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Regress wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln im Quartal IV/2006. Die Regresse betreffend die Quartale I bis III/2007 sind Gegenstand des Verfahrens L 11 KA 21/16.
Der Kläger ist praktischer Arzt und war im streitgegenständlichem Zeitraum in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Unter dem 13.12.2007 beantragte die zu 1) beigeladene AOK Rheinland/Hamburg bei der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein, die Verordnungen des Klägers im Quartal IV/2006 zu prüfen. Seine Zulassung sei auf 80 kassenübergreifende Fälle im Quartal beschränkt. Allein für sie habe er im Quartal IV/2006 jedoch bereits 69 Patienten substituiert. Aus ihren Unterlagen ergebe sich, dass er bei weiteren 101 Patienten Methadon, L-Polamidon oder Subutex verordnet habe, ohne dass die Substitutionen genehmigt gewesen und nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgerechnet worden seien. Es werde ein Regress in Höhe von 13.619,52 EUR beantragt. Alle Einzelfälle schlüsselte die Beigeladene zu 1) nach dem verordneten Medikament, dem vollständigen Namen des Versicherten, der Versicherungsnummer, Verordnungsdatum und -nummer sowie den Verordnungskosten auf. In der Folgezeit beantragte die Beigeladene zu 1) Prüfung der nachfolgenden Quartale. Sie unterschieden sich vom Quartal IV/2006 im Wesentlichen dadurch, dass Regresse nicht nur wegen der ungenehmigten Substitutionen beantragt wurden, sondern auch, weil der Kläger den Versicherten trotz Abhängigkeitsanamnese zusätzlich Benzodiazepine, d.h. Medikamente mit hohem eigenen Suchtpotential, verordnet hatte.
Die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein gab dem Kläger mit Schreiben vom 03. und 30.04. sowie vom 26.05.2008 Gelegenheit, zu den Anträgen Stellung zu nehmen. Davon machte er keinen Gebrauch.
Daraufhin setzte die Prüfungsstelle Regresse in Höhe von 13.619,52 EUR für das Quartal IV/2006, 14.729,76 EUR für das Quartal I/2007, 21.800,93 EUR für das Quartal II/2007 und 26.503,57 EUR für das Quartal III/2007 fest (Bescheid vom 07.07.2008). Zur Begründung führte sie aus, die Substitutionen der opiatabhängigen Versicherten seien wegen Verstößen gegen die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung - MVV-RL) rechtswidrig. Nach § 7 Abs. 2 der Anlage I MVV-RL seien Beginn und Beendigung einer Substitution durch den Arzt unverzüglich der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der leistungspflichtigen Krankenkasse anzuzeigen. Dies habe man überprüft. Danach habe der Kläger in acht von der Beigeladenen zu 1) beanstandeten Fälle die Substitution vorschriftsmäßig angezeigt; sie seien daher nicht regressiert worden. Weiter sei § 4 der Anlage I Ziffer 2 MVV-RL zu beachten gewesen. Danach dürfe nicht substituiert werden, wenn und solange der Substitution medizinisch allgemein anerkannte Ausschlussgründe entgegenstünden, beispielsweise eine primäre/hauptsächliche Abhängigkeit von anderen psychotropen Substanzen wie z.B. Benzodiazepinen. Gemäß § 8 der Anlage I Ziffer 2 MVV-RL sei die Substitution schließlich zu beenden, wenn eine Ausweitung und Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution vorliege. Daher hätte der Kläger Benzodiazepine wie Diazepam, Rivotril und Tranxilium nicht neben der Methadonsubstitution verordnen dürfen. Anders sei dies nur, wenn die Verordnung besonders begründet und dokumentiert werde. Das habe der Kläger nicht getan und hierzu auch im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht Stellung genommen.
Am 15.07.2008 hat der Kläger zunächst gegen die "Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein" und deren Bescheid vom 07.07.2008 Klage erhoben. Hierzu hat er vorgetragen, ihm sei die Genehmigung erteilt worden, 100 und nicht nur 80 opiatabhängige Versicherte zu substituieren. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladenen zu 1) durch die Verordnungen kein Schaden entstanden sei. Die Versicherten wären - wenn nicht durch ihn, dann durch andere Vertragsärzte - substituiert worden. Darüber hinaus bestreite er, rechtswidrig Benzodiazepine neben den Methadon-Substitutionen verordnet zu haben. Die Prüfungsstelle habe nicht geklärt, ob in den betroffenen Fällen eine entsprechende Indikation bestanden habe, was der Fall gewesen sei. Er habe die Medikamente verordnet, um Angstsyndrome zu behandeln und so den Drogenentzug zu unterstützen.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die AOK Rheinland/Hamburg sowie die KV Nordrhein zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 04.05.2009), dabei allerdings offengelassen, ob es sich um eine einfache oder notwendige Beiladung handelt. Die Beigeladenen haben die Regresse für zutreffend erachtet. Richtig sei zwar, dass Benzodiazepine in Ausnahmefällen auch an Substitutionspatienten verabreicht werden dürften. Bei den Regressen sei allerdings darauf abgestellt worden, dass für die konkreten Verordnungen die erforderlichen Begründungen und Dokumentationen fehlten. Im Übrigen solle die Verordnung von Benzodiazepinen gemäß Abschnitt J 36 der Arzneimittelrichtlinie (AMR) grundsätzlich nicht länger als vier Wochen andauern. Diesen Zeitraum habe der Kläger überschritten.
Das SG hat den Kläger aufgefordert mitzuteilen, ob ihm für weitere, bisher nicht berücksichtigte Versicherte die Substitution genehmigt worden sei. Darauf hat er nicht reagiert. Weiter hat das SG die den Kläger betreffenden Akten der Staatsanwaltschaft C - 920 Js 169/08 R - beigezogen und die Klage als Widerspruch gegen den Bescheid der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein vom 07.07.2008 gewertet. Nach Anhörung der Beteiligten hat es das Verfahren bis zur Entscheidung des Beklagten über diesen Widerspruch ausgesetzt (Beschluss vom 27.10.2011).
Der Beklagte hat den Widerspruch zurückgewiesen (Beschluss vom 13.02.2012 aus der Sitzung vom 22.11.2011). Zur Begründung hat er ausgeführt, die Regresse aufgrund der Verordnungen von Methadon, Methadicct, L-Polamidon und Subutex sowie Diazepam, Rivotril und Tranxilium seien zu bestätigen. Die nach der MVV-RL erforderlichen Anzeigen des Beginns und der Beendigung der jeweiligen Substitution lägen nur für acht Versicherte der Beigeladenen zu 1) vor. Darüber hinaus habe der Kläger auch durch die Verordnung von Medikamenten mit hohem Suchtpotential an substituierte Versicherte ohne entsprechende Begründung und Dokumentation sowie über vier Wochen hinaus gegen die MVV-RL und Abschnitt J 36 AMR verstoßen.
Der Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Er hat sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 13.02.2012 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Er hat auf den streitbefangenen Bescheid Bezug genommen.
Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.01.2014). Dabei ist es der Argumentation des Beklagten sowie der Beigeladenen gefolgt.
Gegen das am 05.06.2014, einem Donnerstag, zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.07.2014, einem Dienstag, Berufung eingelegt. Der Senat hat ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt (Beschluss vom 12.10.2015). Wegen der "Beiverordnung bei Opioid-Substitutionsbehandlung" führt der Kläger zur Begründung der Berufung aus, dass diese Verordnung nicht verboten sei, sondern eine geeignete Behandlungsmethode für psychische Begleiterkrankungen darstelle. Bezüglich der Substitution begehre er, die Revision unter "Umgehung des Berufungsinstanz" zuzulassen.
Der Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.04.2017 nicht erschienen. Er beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 15.01.2014 abzuändern und den Beschluss vom 13.02.2014 aufzuheben, soweit er wegen der "Beiverordnung" von Benzodiazepinen bei gleichzeitiger Opiatsubstitution regressiert worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Regress aufgrund der "Beiverordnung" von Benzodiazepinen sei rechtmäßig. Diese Verordnungen seien im konkreten Einzelfall nicht indiziert gewesen. Auf die entsprechenden Fachinformationen werde verwiesen. Etwas anderes lasse sich weder dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren noch aus anderen Quellen entnehmen. Soweit der Kläger die Zulassung der Sprungrevision anstrebe, sei nicht das Landessozialgericht (LSG) zuständig, sondern das SG. Im Übrigen habe er - der Beklagte - dem Antrag nicht zugestimmt.
Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Der Senat hat den Streit über die Quartale I-III/2007 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen L 11 KA 21/16 fortgeführt (Beschluss vom 20.04.2016). Zudem hat er die AOK Rheinland/Hamburg und die KV Nordrhein notwendig zum Verfahren beigeladen und den Antrag des Klägers auf Zulassung der Sprungrevision infolge Unzuständigkeit als unzulässig verworfen (Beschlüsse vom 05.04.2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann trotz Nichterscheinens des Klägers im Termin vom 05.04.2017 aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Der Kläger ist ordnungsgemäß geladen (§ 63 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 182 Zivilprozessordnung) und dabei auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG). Eine Berufung ist unstatthaft, wenn ihr Wert bei einer Klage, die eine Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Beschwerdewert bestimmt sich dabei allein nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat, soweit er vom Berufungsführer weiter verfolgt wird. Maßgebend ist dabei die Leistung, die bei Einlegung der Berufung im Streit steht (Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 27.07.2004 - B 7 AL 104/03 R - und 11.05.1999 - B 11/10 AL 1/98 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2013 - L 19 AS 1477/13 -; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, 2014, § 144 Rdn. 19; Frehse in: Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 144 Rdn. 9a m.w.N.).
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Beschluss vom 13.02.2014, mit dem der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Regressbescheid der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein vom 07.07.2008 zurückgewiesen hat. Diesen Beschluss hat der Kläger allerdings nicht vollumfänglich mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen, sondern nur soweit "Beiverordnungen" von Benzodiazepinen bei gleichzeitiger Opiatsubstitution regressiert wurden. Soweit es im Urteil des SG darüber hinaus um Regresse aufgrund von "Verordnungen von Substitutionsmitteln zur Behandlung von Opioidabhängigkeit" ging, hat der Kläger sich zwar ebenfalls an den Senat gewandt, jedoch ausdrücklich keine Entscheidung im Rahmen der Berufung beantragt, sondern die Zulassung der Sprungrevision unter "Umgehung der Berufungsinstanz". Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss als unzulässig verworfen (hierzu § 161 Abs. 1 und 3 SGG).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beläuft sich danach auf 0,00 EUR für das Quartal IV/2006 und unterschreitet damit die durch § 144 Abs. Satz 1 Ziffer 2 SGG bestimmte Grenze. Die notwendige Beschwer wurde im Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht erreicht. Das gilt auch dann, wenn man den damals noch nicht abgetrennten Verfahrensteil - jetzt L 11 KA 21/16 - mitberücksichtigt (vgl. hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144 Rdn. 18a), denn im dortigen Verfahren wurde der Kläger wegen der "Beiverordnung" von Benzodiazepinen auch "nur" i.H.v. 124,09 EUR für das Quartal I/2007, i.H.v. 179,64 EUR für das Quartal II/2007 und i.H.v. 330,98 EUR für das Quartal III/2007 regressiert, insgesamt also i.H.v. 634,71 EUR. Selbst bei Zusammenrechnung aller Regresse wird der Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR nicht überschritten.
Die Berufung ist auch nicht etwa vom SG zugelassen worden. Soweit die Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils den Hinweis auf das Rechtsmittel der Berufung enthält, ist dies zutreffend, weil es den Kläger in berufungsfähigem Umfang beschwert. Durch die vom Kläger nur sehr beschränkt eingelegte Berufung hat er sich jedoch selbst limitiert (vgl. zu dieser Fallgestaltung Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144 Rdn. 18a). An einer Zulassung der Berufung für seinen derart beschränkten Berufungsantrag fehlt es. Für eine Zulassung finden sich weder im Tenor des Urteils des SG noch in den Entscheidungsgründen Anhaltspunkte (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, 2014, § 144 Rdn. 40; vgl. auch Frehse in: Jansen, a.a.O., § 144 Rdn. 13).
Dem Senat ist es schließlich verwehrt, die Berufung selbst zuzulassen. Die Möglichkeit der Berufungszulassung ist nach §§ 144 Abs. 1 Satz 1, 145 Abs. 4 Satz 1 SGG auf das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beschränkt. An einem solchen Verfahren fehlt es hier. Die Umdeutung des Berufungsantrags des Klägers in einen Zulassungsantrag ist auch nicht etwa deshalb zulässig, weil der Kläger vorliegend nicht rechtskundig vertreten war (BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.08.2015 - L 7 AS 806/15 -). Abgesehen davon sind keine Zulassungsgründe ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG)."
Tatbestand:
Streitig ist ein Regress wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln im Quartal IV/2006. Die Regresse betreffend die Quartale I bis III/2007 sind Gegenstand des Verfahrens L 11 KA 21/16.
Der Kläger ist praktischer Arzt und war im streitgegenständlichem Zeitraum in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Unter dem 13.12.2007 beantragte die zu 1) beigeladene AOK Rheinland/Hamburg bei der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein, die Verordnungen des Klägers im Quartal IV/2006 zu prüfen. Seine Zulassung sei auf 80 kassenübergreifende Fälle im Quartal beschränkt. Allein für sie habe er im Quartal IV/2006 jedoch bereits 69 Patienten substituiert. Aus ihren Unterlagen ergebe sich, dass er bei weiteren 101 Patienten Methadon, L-Polamidon oder Subutex verordnet habe, ohne dass die Substitutionen genehmigt gewesen und nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgerechnet worden seien. Es werde ein Regress in Höhe von 13.619,52 EUR beantragt. Alle Einzelfälle schlüsselte die Beigeladene zu 1) nach dem verordneten Medikament, dem vollständigen Namen des Versicherten, der Versicherungsnummer, Verordnungsdatum und -nummer sowie den Verordnungskosten auf. In der Folgezeit beantragte die Beigeladene zu 1) Prüfung der nachfolgenden Quartale. Sie unterschieden sich vom Quartal IV/2006 im Wesentlichen dadurch, dass Regresse nicht nur wegen der ungenehmigten Substitutionen beantragt wurden, sondern auch, weil der Kläger den Versicherten trotz Abhängigkeitsanamnese zusätzlich Benzodiazepine, d.h. Medikamente mit hohem eigenen Suchtpotential, verordnet hatte.
Die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein gab dem Kläger mit Schreiben vom 03. und 30.04. sowie vom 26.05.2008 Gelegenheit, zu den Anträgen Stellung zu nehmen. Davon machte er keinen Gebrauch.
Daraufhin setzte die Prüfungsstelle Regresse in Höhe von 13.619,52 EUR für das Quartal IV/2006, 14.729,76 EUR für das Quartal I/2007, 21.800,93 EUR für das Quartal II/2007 und 26.503,57 EUR für das Quartal III/2007 fest (Bescheid vom 07.07.2008). Zur Begründung führte sie aus, die Substitutionen der opiatabhängigen Versicherten seien wegen Verstößen gegen die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung - MVV-RL) rechtswidrig. Nach § 7 Abs. 2 der Anlage I MVV-RL seien Beginn und Beendigung einer Substitution durch den Arzt unverzüglich der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der leistungspflichtigen Krankenkasse anzuzeigen. Dies habe man überprüft. Danach habe der Kläger in acht von der Beigeladenen zu 1) beanstandeten Fälle die Substitution vorschriftsmäßig angezeigt; sie seien daher nicht regressiert worden. Weiter sei § 4 der Anlage I Ziffer 2 MVV-RL zu beachten gewesen. Danach dürfe nicht substituiert werden, wenn und solange der Substitution medizinisch allgemein anerkannte Ausschlussgründe entgegenstünden, beispielsweise eine primäre/hauptsächliche Abhängigkeit von anderen psychotropen Substanzen wie z.B. Benzodiazepinen. Gemäß § 8 der Anlage I Ziffer 2 MVV-RL sei die Substitution schließlich zu beenden, wenn eine Ausweitung und Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution vorliege. Daher hätte der Kläger Benzodiazepine wie Diazepam, Rivotril und Tranxilium nicht neben der Methadonsubstitution verordnen dürfen. Anders sei dies nur, wenn die Verordnung besonders begründet und dokumentiert werde. Das habe der Kläger nicht getan und hierzu auch im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht Stellung genommen.
Am 15.07.2008 hat der Kläger zunächst gegen die "Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein" und deren Bescheid vom 07.07.2008 Klage erhoben. Hierzu hat er vorgetragen, ihm sei die Genehmigung erteilt worden, 100 und nicht nur 80 opiatabhängige Versicherte zu substituieren. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladenen zu 1) durch die Verordnungen kein Schaden entstanden sei. Die Versicherten wären - wenn nicht durch ihn, dann durch andere Vertragsärzte - substituiert worden. Darüber hinaus bestreite er, rechtswidrig Benzodiazepine neben den Methadon-Substitutionen verordnet zu haben. Die Prüfungsstelle habe nicht geklärt, ob in den betroffenen Fällen eine entsprechende Indikation bestanden habe, was der Fall gewesen sei. Er habe die Medikamente verordnet, um Angstsyndrome zu behandeln und so den Drogenentzug zu unterstützen.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die AOK Rheinland/Hamburg sowie die KV Nordrhein zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 04.05.2009), dabei allerdings offengelassen, ob es sich um eine einfache oder notwendige Beiladung handelt. Die Beigeladenen haben die Regresse für zutreffend erachtet. Richtig sei zwar, dass Benzodiazepine in Ausnahmefällen auch an Substitutionspatienten verabreicht werden dürften. Bei den Regressen sei allerdings darauf abgestellt worden, dass für die konkreten Verordnungen die erforderlichen Begründungen und Dokumentationen fehlten. Im Übrigen solle die Verordnung von Benzodiazepinen gemäß Abschnitt J 36 der Arzneimittelrichtlinie (AMR) grundsätzlich nicht länger als vier Wochen andauern. Diesen Zeitraum habe der Kläger überschritten.
Das SG hat den Kläger aufgefordert mitzuteilen, ob ihm für weitere, bisher nicht berücksichtigte Versicherte die Substitution genehmigt worden sei. Darauf hat er nicht reagiert. Weiter hat das SG die den Kläger betreffenden Akten der Staatsanwaltschaft C - 920 Js 169/08 R - beigezogen und die Klage als Widerspruch gegen den Bescheid der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein vom 07.07.2008 gewertet. Nach Anhörung der Beteiligten hat es das Verfahren bis zur Entscheidung des Beklagten über diesen Widerspruch ausgesetzt (Beschluss vom 27.10.2011).
Der Beklagte hat den Widerspruch zurückgewiesen (Beschluss vom 13.02.2012 aus der Sitzung vom 22.11.2011). Zur Begründung hat er ausgeführt, die Regresse aufgrund der Verordnungen von Methadon, Methadicct, L-Polamidon und Subutex sowie Diazepam, Rivotril und Tranxilium seien zu bestätigen. Die nach der MVV-RL erforderlichen Anzeigen des Beginns und der Beendigung der jeweiligen Substitution lägen nur für acht Versicherte der Beigeladenen zu 1) vor. Darüber hinaus habe der Kläger auch durch die Verordnung von Medikamenten mit hohem Suchtpotential an substituierte Versicherte ohne entsprechende Begründung und Dokumentation sowie über vier Wochen hinaus gegen die MVV-RL und Abschnitt J 36 AMR verstoßen.
Der Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Er hat sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 13.02.2012 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Er hat auf den streitbefangenen Bescheid Bezug genommen.
Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.01.2014). Dabei ist es der Argumentation des Beklagten sowie der Beigeladenen gefolgt.
Gegen das am 05.06.2014, einem Donnerstag, zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.07.2014, einem Dienstag, Berufung eingelegt. Der Senat hat ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt (Beschluss vom 12.10.2015). Wegen der "Beiverordnung bei Opioid-Substitutionsbehandlung" führt der Kläger zur Begründung der Berufung aus, dass diese Verordnung nicht verboten sei, sondern eine geeignete Behandlungsmethode für psychische Begleiterkrankungen darstelle. Bezüglich der Substitution begehre er, die Revision unter "Umgehung des Berufungsinstanz" zuzulassen.
Der Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.04.2017 nicht erschienen. Er beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 15.01.2014 abzuändern und den Beschluss vom 13.02.2014 aufzuheben, soweit er wegen der "Beiverordnung" von Benzodiazepinen bei gleichzeitiger Opiatsubstitution regressiert worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Regress aufgrund der "Beiverordnung" von Benzodiazepinen sei rechtmäßig. Diese Verordnungen seien im konkreten Einzelfall nicht indiziert gewesen. Auf die entsprechenden Fachinformationen werde verwiesen. Etwas anderes lasse sich weder dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren noch aus anderen Quellen entnehmen. Soweit der Kläger die Zulassung der Sprungrevision anstrebe, sei nicht das Landessozialgericht (LSG) zuständig, sondern das SG. Im Übrigen habe er - der Beklagte - dem Antrag nicht zugestimmt.
Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Der Senat hat den Streit über die Quartale I-III/2007 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen L 11 KA 21/16 fortgeführt (Beschluss vom 20.04.2016). Zudem hat er die AOK Rheinland/Hamburg und die KV Nordrhein notwendig zum Verfahren beigeladen und den Antrag des Klägers auf Zulassung der Sprungrevision infolge Unzuständigkeit als unzulässig verworfen (Beschlüsse vom 05.04.2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann trotz Nichterscheinens des Klägers im Termin vom 05.04.2017 aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Der Kläger ist ordnungsgemäß geladen (§ 63 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 182 Zivilprozessordnung) und dabei auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG). Eine Berufung ist unstatthaft, wenn ihr Wert bei einer Klage, die eine Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Beschwerdewert bestimmt sich dabei allein nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat, soweit er vom Berufungsführer weiter verfolgt wird. Maßgebend ist dabei die Leistung, die bei Einlegung der Berufung im Streit steht (Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 27.07.2004 - B 7 AL 104/03 R - und 11.05.1999 - B 11/10 AL 1/98 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2013 - L 19 AS 1477/13 -; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, 2014, § 144 Rdn. 19; Frehse in: Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 144 Rdn. 9a m.w.N.).
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Beschluss vom 13.02.2014, mit dem der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Regressbescheid der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein vom 07.07.2008 zurückgewiesen hat. Diesen Beschluss hat der Kläger allerdings nicht vollumfänglich mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen, sondern nur soweit "Beiverordnungen" von Benzodiazepinen bei gleichzeitiger Opiatsubstitution regressiert wurden. Soweit es im Urteil des SG darüber hinaus um Regresse aufgrund von "Verordnungen von Substitutionsmitteln zur Behandlung von Opioidabhängigkeit" ging, hat der Kläger sich zwar ebenfalls an den Senat gewandt, jedoch ausdrücklich keine Entscheidung im Rahmen der Berufung beantragt, sondern die Zulassung der Sprungrevision unter "Umgehung der Berufungsinstanz". Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss als unzulässig verworfen (hierzu § 161 Abs. 1 und 3 SGG).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beläuft sich danach auf 0,00 EUR für das Quartal IV/2006 und unterschreitet damit die durch § 144 Abs. Satz 1 Ziffer 2 SGG bestimmte Grenze. Die notwendige Beschwer wurde im Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht erreicht. Das gilt auch dann, wenn man den damals noch nicht abgetrennten Verfahrensteil - jetzt L 11 KA 21/16 - mitberücksichtigt (vgl. hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144 Rdn. 18a), denn im dortigen Verfahren wurde der Kläger wegen der "Beiverordnung" von Benzodiazepinen auch "nur" i.H.v. 124,09 EUR für das Quartal I/2007, i.H.v. 179,64 EUR für das Quartal II/2007 und i.H.v. 330,98 EUR für das Quartal III/2007 regressiert, insgesamt also i.H.v. 634,71 EUR. Selbst bei Zusammenrechnung aller Regresse wird der Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR nicht überschritten.
Die Berufung ist auch nicht etwa vom SG zugelassen worden. Soweit die Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils den Hinweis auf das Rechtsmittel der Berufung enthält, ist dies zutreffend, weil es den Kläger in berufungsfähigem Umfang beschwert. Durch die vom Kläger nur sehr beschränkt eingelegte Berufung hat er sich jedoch selbst limitiert (vgl. zu dieser Fallgestaltung Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144 Rdn. 18a). An einer Zulassung der Berufung für seinen derart beschränkten Berufungsantrag fehlt es. Für eine Zulassung finden sich weder im Tenor des Urteils des SG noch in den Entscheidungsgründen Anhaltspunkte (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, 2014, § 144 Rdn. 40; vgl. auch Frehse in: Jansen, a.a.O., § 144 Rdn. 13).
Dem Senat ist es schließlich verwehrt, die Berufung selbst zuzulassen. Die Möglichkeit der Berufungszulassung ist nach §§ 144 Abs. 1 Satz 1, 145 Abs. 4 Satz 1 SGG auf das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beschränkt. An einem solchen Verfahren fehlt es hier. Die Umdeutung des Berufungsantrags des Klägers in einen Zulassungsantrag ist auch nicht etwa deshalb zulässig, weil der Kläger vorliegend nicht rechtskundig vertreten war (BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.08.2015 - L 7 AS 806/15 -). Abgesehen davon sind keine Zulassungsgründe ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG)."
Rechtskraft
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