Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 844/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 363/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war zuletzt seit 1990 als Hauswirtschaftsleiterin bei der C. beschäftigt. Seit 30. August 2010 war sie arbeitsunfähig krank und bezog ab 11. Oktober 2010 Krankengeld. Mit Bescheid vom 16. August 2016 ist der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2016 bewilligt worden.
Am 19. September 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab zur Begründung an, sie halte sich seit Juli 2010 wegen Schmerzen an der Schulter und am Ellenbogen mit Lähmungserscheinungen für erwerbsgemindert. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Anästhesie/Sozialmedizin Dr. Sch ... Diese nannte in ihrem Gutachten vom 26. Oktober 2011 folgende Diagnosen: Schulter-Arm-Syndrom beidseits, rechts mehr als links, Z.n. Dekompressions-OP der rechten Schulter 12/2010 und Revision der rechten Schulter 9/2011; Diabetes mellitus Typ 2, Erstdiagnose 10/2011, bisher keine Therapie, rezidivierende Störung, aktuell mittelgradig, Adipositas Grad 2 und Bluthochdruck, medikamentös eingestellt sowie rezidivierende Lumbalgien bei degenerativen Veränderungen, zur Zeit erscheinungsfrei. Der Klägerin seien weiterhin leichte bis mittelschwere Arbeiten 6-stündig und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzumuten. Häufige Überkopfarbeiten, einseitige Körperhaltungen, Akkordarbeiten und Arbeiten in Nachtschicht sollten vermieden werden.
Mit Bescheid vom 14. November 2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, ihre Schulter sei nach der zweiten Operation immer noch nicht in Ordnung. Sie könne den rechten Arm noch nicht selbständig bis nach oben bewegen und auch keine größeren Gewichte tragen. Auf der rechten Seite habe sie immer noch sehr starke Schmerzen, die sich über den Ellenbogen bis zum Handgelenk vorzögen. Gegen die Schmerzen müsse sie Schmerzmittel einnehmen. Die Sehne habe sich durch die starke Bewegungseinschränkung verkürzt. Sie versuche jetzt, durch Krankengymnastik und Fango die Sehne zu dehnen und die Entzündung in der Schulter zu kurieren. Die linke Schulter sei durch die doppelte Belastung nun so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie möglicherweise ebenfalls operiert werden müsse. Seit ca. sechs Monaten habe sie auch hier sehr starke Schmerzen, die medikamentös behandelt würden. Durch die Länge der Erkrankung und die sehr starken Schmerzen habe sich ihre Psyche derart verändert, dass eine psychiatrische Behandlung erforderlich sei. Seit dem 8. Dezember 2012 könne sie ihren Haushalt nicht mehr selbständig versorgen.
Die Beklagte holte die sozialmedizinische Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. Sch. vom 28. November 2011 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2012 zurück. Der Klägerin seien noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck (z.B. Akkord), ohne schweres Heben, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne einseitige Körperhaltungen, nicht in/über Kopfhöhe und nicht mit längerer Oberarmvor- oder -seithalte sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Sie könne als ungelernte Arbeiterin auch auf alle - gesundheitlich zumutbaren - ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden und sei daher nicht berufsunfähig.
Dagegen hat die Klägerin am 2. März 2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Sie hat auf das Attest des Dr. R. vom 24. November 2011 verwiesen, der festgestellt habe, dass sie in ihrem bisherigen Beruf gar nicht mehr arbeiten könne und für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt "auf Sicht zu 100 % AU" sei. Sie leide neben den bereits im Widerspruchsbescheid angegebenen Erkrankungen an einer hypertensiven Herzerkrankung ohne Herzinsuffizienz, einhergehend mit einer arteriellen Hypertonie und einer fundus hypertonicus I, einer Hypothyreose, einhergehend mit einer struma nodosa sowie einem Morbus Basedow, einer Gonarthrose des Kniegelenks, bds. und einer Retropatellararthrose am linken Kniescheibengelenk. Weiterhin sei zwischenzeitlich anlässlich eines erneuten stationären Aufenthalts in der A.-Klinik P. an der linken Schulter eine arthroskopische Bursektomie und eine subacromiale Dekompensation durchgeführt worden. Auch die medizinische Situation an der linken Schulter habe sich somit verschlechtert. Sie sei nicht mehr in der Lage, irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sie müsse sich auch nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen, da sie keine ungelernte Arbeiterin sei. In ihrer letzten beruflichen Tätigkeit habe sie seit 1. August 2000 als Leiterin des Bereichs Reinigung und Hauswirtschaft fungiert und dabei eine gehobene angelernte Tätigkeit ausgeübt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Facharzt für Innere Medizin/Hausarzt Dr. R., die Fachärztin für Orthopädie/Unfallchirurgie Dr. F. und den Facharzt für Nervenheilkunde Dr. K. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. R. hat angegeben, beide Schultern seien schmerzhaft bewegungseingeschränkt, die Therapie der Schmerzen, auch mit Cortison, habe zu einer Gewichtszunahme von 12 kg bis April 2011 geführt, wodurch sich das vorhandene Übergewicht noch weiter verschlechtert habe; außerdem habe sich dadurch eine Stoffwechselverschlechterung mit Anstieg des Blutdrucks und Entwicklung einer Zucker-Stoffwechselstörung ergeben. Ein Diabetes sei erstmals im Februar 2012 festgestellt worden. Die erhobenen Befunde schränkten die Fähigkeit zur Verrichtung auch einer leichten körperlichen Berufstätigkeit, die mindestens einen Arm benötige, vollständig ein. Eine leichte Berufstätigkeit unter Zuhilfenahme der Arme sei nicht möglich, vor allem wegen der schmerzhaften Bewegungseinschränkung. Im Verlauf der schweren Schulterkrankheit sei es zu einer nun auch rezidivierend auftretenden mittelgradigen depressiven Störung mit Schlafstörung, Unruhe, Schwindel, Traurigkeit, Abgeschlagenheit und Müdigkeit gekommen. Dazu sei sowohl eine fachneurologische als auch eine dadurch bedingte medikamentöse Therapie eingeleitet worden. Dr. F. hat die bezüglich der Schultern und der HWS erhobenen Befunde mitgeteilt und angegeben, die Klägerin sei derzeit nicht arbeitsfähig. Zunächst müsse der Befund der im Oktober 2012 geplanten MRT der Halswirbelsäule abgewartet werden. Dr. K. hat angegeben, die auf psychiatrischem Fachgebiet erhobenen Befunde im Sinne einer Dysthmia, akzentuiert durch die chronischen Schulterschmerzen, schränkten die Klägerin bei einer leichten körperlichen Berufstätigkeit auf eine Belastbarkeit von 4-6 Stunden ein. Maßgeblich hierfür seien in erster Linie die orthopädischen/chirurgischen Befunde. Die ab 15. Oktober 2012 durchgeführten neurologischen Untersuchungen hätten keine Erklärung für die Beschwerden auf neurologischem Fachgebiet ergeben, so dass diese Beschwerden aus neurologischer Sicht die Verrichtung körperlich leichter Berufstätigkeit nicht einschränkten. In seiner weiteren Auskunft vom 19. März 2013 hat Dr. K. mitgeteilt, bei der Vorstellung der Klägerin am 29. Januar 2013 habe sich eine mittelgradige Depressivität gezeigt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, noch leichte Berufstätigkeiten über drei Stunden täglich aufgrund der ausgeprägt depressiven Verfassung zu verrichten.
Das SG hat die Arbeitgeberauskunft des C.-Verbands e.V. P. vom 19. April 2013 eingeholt. Danach habe die Klägerin angelernte Tätigkeiten ausgeübt. Sie verfüge über fachliche Kenntnisse und praktische Fähigkeiten im Bereich Reinigung, Hauswirtschaft und Einsatz von Mitarbeitern und sei für die Anleitung von Mitarbeitern zuständig gewesen. Die Bruttovergütung betrage 1.971,82 EUR und die Eingruppierung sei in Vergütungsgruppe 10 Stufe 9 der Anlage 2 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.-Verbandes (A.V.R.) erfolgt, die für ungelernte und angelernte Mitarbeiter gelte.
Das SG hat ferner den Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 12. Juni 2013 als Diagnose auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet depressive Verstimmungen im Sinne von Anpassungsstörungen bei körperlichen Erkrankungen und belastender sozialer Situation sowie als sonstige Diagnosen arterielle Hypertonie, medikamentös therapiert, keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen, Schilddrüsenstoffwechselstörung, medikamentös therapiert, Diabetes mellitus Typ II, medikamentös therapiert, keine bekannten Diabetesfolgekrankheiten, Adipositas II, angegebene Schwindelsymptomatik, kein sicherer Anhalt für eine Ursache des neurologischen Fachgebiets, Schulter-Arm-Syndrom bds., Z.n. operativen Revisionen, endgradige Bewegungseinschränkungen und Wirbelsäulen-Syndrom, keine signifikanten sensomotorischen Ausfälle, angegeben. Der Ausprägungsgrad der psychischen Symptomatik sei als leicht einzustufen. Die Klägerin könne zumindest leichte körperliche Arbeiten in Tagesschicht ohne vermehrte psychische Belastungen unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes acht Stunden täglich ausüben. Vermehrte Belastungen des muskulo-skelettalen Systems seien aufgrund der orthopädischen Leiden auszuschließen.
Das SG hat außerdem den Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin Dr. J. mit der Erstattung des fachorthopädischen Gutachtens vom 22. August 2013 beauftragt. Dr. J. hat als Diagnosen chronischen Rückenschmerz ohne entsprechendes klinisches und bildgebendes Korrelat, Daumenzerrung links 05/2013 und chronischen Mittel- und Vorfußschmerz links bei geringem Spreizfuß mit Abflachung des Fußquergewölbes mitgeteilt. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin noch leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten verrichten, idealerweise mit der Möglichkeit zum Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Gemieden werden müssten Überkopfarbeiten bds., kraftvolle Handarbeit bds., wiederkehrende Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Nässe und Kälte. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne die Klägerin im Rahmen einer 5-Tage-Woche bei einer arbeitsmarktüblichen Höchstdauer von 6 Stunden pro Tag noch vollschichtig tätig sein.
Die Beklagte hat zum Gutachten des Orthopäden Dr. J. Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass die Klägerin mit dem dort beschriebenen Leistungsvermögen die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin als zumutbare Verweisungstätigkeit ausüben könne und dazu auf das Urteil des erkennenden Senats vom 25. September 2012 - L 13 R 4924/09 verwiesen. Die Klägerin hat dagegen ausgeführt, die Beweglichkeit und Gebrauchsfähigkeit beider Schultern sei nach wie vor nicht hergestellt. Insbesondere die linke Schulter könne nach einem Sturz im Mai 2013 noch immer nicht stärker belastet werden. Sie müsse deswegen eine Cortison-Therapie machen. Weiterhin seien beide Hände völlig kraftlos. Sie könne keinerlei Sachen in die Hand nehmen, ohne ständig befürchten zu müssen, diese unbeabsichtigt und unkoordiniert fallen zu lassen. Dieses Krankheitsbild werde von Dr. J. in seinem Gutachten festgestellt. Eine vollschichtige Berufsausübung im Rahmen der von der Beklagten vorgeschlagenen Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin sei nicht vorstellbar. Gerade in einem solchen Beruf sei sie insbesondere auf ihre Hände permanent angewiesen. Sie habe das Gutachten des Dr. J. der Agentur für Arbeit P. vorgelegt und dort habe man ihr zu verstehen gegeben, dass sie aufgrund der Vielzahl der bei ihr bestehenden Einschränkungen nicht vermittelbar sei.
Mit Urteil vom 14. November 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei - wie sich aus der gerichtlichen Arbeitgeberanfrage ergebe - in die Gruppe der Angelernten einzuordnen und könne jedenfalls zumutbar auf die Tätigkeit als Registratorin oder Poststellenmitarbeiterin verwiesen werden. Es bestehe kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit.
Gegen das ihr am 27. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Januar 2014 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag ergänzt und vertieft.
Der Senat hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. H. und die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. R. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. R. hat mitgeteilt, es liege kein entzündlich-rheumatischer Prozess vor. Bei der letzten Untersuchung habe jedoch der Verdacht auf eine beginnende Ausbildung eines Fibromyalgiesyndroms bei generalisierter Druckschmerzhaftigkeit der Sehnenansätze bestanden. Insgesamt sei dadurch die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, leichte Tätigkeiten bis zu 6 Stunden seien ohne körperliche und psychische Belastung möglich. Dr. H. hat die von ihm erhobenen Befunde und Diagnosen mitgeteilt und ausgeführt, die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen der rechten und linken Schulter, des Hals-Nacken-Bereichs, des rechten Ellenbogens und des rechten Daumens schränkten die berufliche Belastbarkeit und allgemeine Arbeitskraft der Klägerin mehr als deutlich ein. Zugreifen, Zupacken, Halten, Hochheben bis und über die Horizontale und Haltearbeit seien nur kurzfristig und nicht vollständig durchführbar. Die Klägerin könne allenfalls an drei Tagen in der Woche bis maximal drei Stunden eine leichte Tätigkeit ausüben.
Der Senat hat sodann das interdisziplinäre Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Sch. vom 9. März 2015 eingeholt, welches die psychologische Evaluation der Dipl.-Psych. M.-Sch. vom 8. April 2015 integriert. Prof. Dr. Sch. hat als Gesundheitsstörungen schmerzhafte Funktionsstörungen beider Arme, insbesondere beider Hände ohne ausreichende körperliche Erklärbarkeit bei erheblichem Krankheitsgewinn, zu klassifizieren als anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein metabolisches Syndrom mit Adipositas (zwischenzeitlich Gewichtsreduktion um über 20 kg), Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, Diabetes mellitus, medikamentös eingestellt sowie eine Schilddrüsen-Funktionsstörung, medikamentös eingestellt, angegeben. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zeitdruck und ohne manuelle Tätigkeiten mit Kraftaufwand mindestens 6 Stunden täglich ausüben. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. August 2015 hat Prof. Dr. Sch. zu den von der Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragenen Einwänden Stellung genommen und mitgeteilt, es ergäben sich daraus keine neuen Anhaltspunkte, um seine sozialmedizinische Einschätzung zu ändern.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat der Senat ferner den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. W. mit der Erstellung des Gutachtens vom 8. März 2016 beauftragt. Dieser hat als Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet ein chronisch rezidivierendes cervical betontes WS-Syndrom bei leichter degenerativer HWS-Torsionsskoliose, ein chronisches PHS bei Impingementsyndrom, unklare Parästhesien im Bereich der rechten Hand, beginnende Rhizarthrose links und beginnende Gonarthrose bds. mitgeteilt. Die Klägerin könne allenfalls noch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten, die idealerweise im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ausgeübt werden sollten. Insbesondere Tätigkeiten, die ein Anheben der Arme über die Horizontale erforderlich machten sowie Tätigkeiten, die mit einer vermehrten Kraftarbeit beider Hände verbunden seien, sollten ebenso wie Tätigkeiten im Akkord, Arbeiten auf Gerüsten, in Nässe, Kälte sowie Arbeiten auf Leitern gemieden werden. Aufgrund der multiplen, das orthopädische Fachgebiet betreffenden Beschwerden, sei die Klägerin sicherlich nicht in der Lage, mehr als vier bis sechs Stunden pro Tag auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
Hierzu hat die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 11. Mai 2016 vorgelegt. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens sei auch in der Zusammenschau mit der Beschwerdeanamnese im Gutachten, den Ergebnissen der apparativen Diagnostik und den in den Akten insgesamt enthaltenden medizinischen Informationen aus sozialmedizinischer Sicht nicht abzuleiten. Die Verwertbarkeit des Gutachtens sei aufgrund des geringen Informationsgehalts erheblich eingeschränkt. Eine relevante Verschlechterung des Gesundheitszustands im Vergleich zum vorausgegangenen Klageverfahren sei nicht ersichtlich.
Am 17. Juni 2016 hat die Klägerin einen vorläufigen Entlassbericht des St. V. Klinikums K. vom 6. Juni 2016 vorgelegt. Danach ist bei der Klägerin ein nichtkleinzelliges Bronchialcarcinom im Lungenunterlappen rechts diagnostiziert worden, welches am 7. Juni 2016 operativ entfernt worden ist. Die am 21. Juni 2016 stattfindende mündliche Verhandlung ist daraufhin vertagt worden.
Auf Nachfrage hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, dass sich diese bezüglich des Bronchialcarcinoms in laufender Behandlung bei Dr. M. V. in ambulanter Behandlung befinde. Eine Anschlussheilbehandlung sei nicht geplant.
Sodann hat der Senat Beweis erhoben durch die Einholung einer sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. V ... Dieser hat in seiner Zeugenauskunft vom 25. Dezember 2016 mitgeteilt, dass sich die Klägerin am 12. Juli 2016, am 9. August sowie am 6. Oktober 2016 vorgestellt habe. Im Übrigen hat er auf die beigefügten Befundberichte verwiesen. Seinem Bericht vom 6. Oktober 2016 lässt sich entnehmen, dass kein Anhalt für ein Tumor-Rezidiv bestehe. Es bestehe eine geringgradige obstruktive Ventilationsstörung und eine normale Sauerstoffsättigung. Aus dem gleichfalls übersandten Bericht des St. V.-Klinikums K. vom 20. Juni 2016 ergibt sich, dass die Klägerin im Rahmen poststationären Verlaufskontrolle sämtliche Beschwerden verneint habe. Insbesondere bestehe kein Schmerzgefühl. Die Klägerin befinde sich in einem guten Allgemeinzustand. In der durchgeführten Röntgenthoraxaufnahme finde sich ein regelrechter postoperativer Befund. Anhand des Tumorboardbeschlusses sei lediglich eine leitliniengerechte Nachsorge indiziert.
Die Beklagte hat daraufhin eine erneute sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. eingeholt. Dieser geht in seiner Stellungnahme vom 11. Januar 2017 davon aus, dass ein die Operation mehr als sechs Monate überdauerndes Unvermögen zur täglich mindestens sechsstündigen Verrichtung einer körperlich leichten Tätigkeit nicht abzuleiten sei. Die Erkrankung begründe jedoch die Durchführung einer pulmologischen Reha-Maßnahme.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 4. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2012 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. September 2011 bis 30. Juni 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2017 hat die Beklagte und mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG erteilt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit für den beantragten Zeitraum.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf die schlüssigen Gutachten des Dr. Sch. und des Dr. J. - zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, weil sie zwar ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Hauswirtschaftsleiterin nicht mehr ausüben kann, jedoch - falls die Klägerin überhaupt als Angelernte des oberen Bereichs anzusehen ist - jedenfalls zumutbar auf die Verweisungstätigkeiten als Registratorin (vgl. Urteil des Senats vom 25. September 2012 - L 13 R 6087/0 ) oder Poststellenmitarbeiterin (vgl. Urteil des Senats vom 25. September 2012 - L 13 R 4924/09) im Umfang von 6 Stunden täglich verwiesen werden kann, da es sich bei beiden Tätigkeiten überwiegend um körperlich leichte Tätigkeiten handelt, welche die Klägerin mit den von den Sachverständigen angegebenen qualitativen Einschränkungen ausüben kann und die Klägerin aufgrund ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit auch in der Lage ist, sich die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb von drei Monaten anzueignen. Daraus folgt, dass die Klägerin erst recht in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrichten und damit keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat.
Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren folgt nichts anderes. Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Sch. vom 9. März 2015 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 7. August 2015, welches auch die psychologische Evaluation der Dipl.-Psych. M.-Sch. vom 8. April 2015 mit einbezieht. Prof. Dr. Sch. hat sich ausführlich mit dem aktenkundigen Sachverhalt sowie den von der Klägerin geschilderten Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Er hat sich explizit auch mit der von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Schmerzsymptomatik und den Auswirkungen im Alltag auseinandergesetzt und durch die Einbeziehung der gutachterlichen Äußerung der Dipl.-Psych. M.-Sch. die psychische Komponente des Schmerzerlebens in seine Leistungsbeurteilung aufgenommen. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er die von der Klägerin vorgebrachten, die Untersuchungssituation betreffenden Beanstandungen durch nachvollziehbare Darlegung seiner Vorgehensweise aufgeklärt, so dass der Senat keine Zweifel an der uneingeschränkten Verwertbarkeit des Gutachtens hat. Prof. Dr. Sch. hat verschiedene qualitative Einschränkungen genannt, welche die Klägerin bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit beachten müsse, jedoch - in Übereinstimmung mit den Gutachten des Dr. Sch. und des Dr. J. - für den Senat nachvollziehbar eine vollschichtige Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für gegeben gehalten. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Prof. Dr. Sch. hat - wie auch schon Dr. J. - nachvollziehbar dargelegt, dass die von der Klägerin empfundenen Schmerzen durch körperliche Befunde nicht zu erklären sind und hat dementsprechend eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Da Prof. Dr. Sch. keine Einschränkungen für Selbstfürsorge, Mobilität zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem selbst gesteuerten PKW, leichte Haushaltstätigkeiten und durchschnittliche kognitive Anforderungen festgestellt und ausgeführt hat, die aktuell subjektiv empfundenen Einschränkungen für die manuellen Funktionen könnten innerhalb von drei Monaten vollständig überwunden werden (unter schrittweise Steigerung der Aktivitäten mit beiden Händen und Thematisierung des Krankheitsgewinns) ist seine Einschätzung überzeugend, dass eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht besteht.
Dem Gutachten des Dr. W. vom 8. März 2016, der lediglich ein Leistungsvermögen von vier bis sechs Stunden arbeitstäglich angenommen hat, folgt der Senat nicht. Denn Dr. W. hat keine Befunde oder Diagnosen mitgeteilt, die wesentlich von denjenigen abweichen, die in den oben genannten Gutachten des Dr. Sch., des Dr. J. und des Dr. Sch. bereits ausführlich im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt gewürdigt worden sind. Die von ihm angegebenen qualitativen Einschränkungen entsprechen im Wesentlichen den von den Vorgutachtern mitgeteilten Einschränkungen und er selbst hat im Übrigen angegeben, dass er keine nennenswerten Abweichungen von den ihm vorliegenden Vorgutachten erkennen könne. Es liegen somit auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Gesundheitssituation der Klägerin seit Erstellung des Gutachtens des Dr. Sch. wesentlich verschlechtert hat. Die von Dr. W. angegebene zeitliche Leistungseinschränkung auf vier bis sechs Stunden pro Tag kann daher nicht nachvollzogen werden und es verbleibt bei den Feststellungen des schlüssigen Gutachtens des Dr. Sch ...
Eine rentenrelevante quantitative Leistungsminderung ergibt sich auch nicht aus dem am 7. Juni 2016 bei der Klägerin operativ entfernten Bronchialcarcinoms. Dem Befundbericht des St. V.-Klinikums K. vom 20. Juni 2016 lässt sich entnehmen, dass die Klägerin bereits 13 Tage nach der Operation beschwerdefrei zur Verlaufskontrolle erschienen ist, weshalb lediglich eine leitliniengerechte Nachsorge indiziert gewesen ist. Auch aus den von dem als sachverständigen Zeugen befragten Dr. V. übersandten Befundbericht vom 6. Oktober 2016 lässt sich lediglich eine geringgradige obstruktive Ventilationsstörung bei normaler Sauerstoffsättigung entnehmen. Hiernach ergibt sich keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Auch bezüglich der Zumutbarkeit der Verweisung auf die Tätigkeit einer Registratorin bzw. einer Poststellenmitarbeiterin ergeben sich im Berufungsverfahren keine neuen Erkenntnisse, da - wie oben ausgeführt - keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten ist.
Die Klägerin ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein bzw. eine Tätigkeit als Registratorin oder Poststellenmitarbeiterin auszuüben und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, gemäß §§ 43, 240 SGB VI.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war zuletzt seit 1990 als Hauswirtschaftsleiterin bei der C. beschäftigt. Seit 30. August 2010 war sie arbeitsunfähig krank und bezog ab 11. Oktober 2010 Krankengeld. Mit Bescheid vom 16. August 2016 ist der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2016 bewilligt worden.
Am 19. September 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab zur Begründung an, sie halte sich seit Juli 2010 wegen Schmerzen an der Schulter und am Ellenbogen mit Lähmungserscheinungen für erwerbsgemindert. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Anästhesie/Sozialmedizin Dr. Sch ... Diese nannte in ihrem Gutachten vom 26. Oktober 2011 folgende Diagnosen: Schulter-Arm-Syndrom beidseits, rechts mehr als links, Z.n. Dekompressions-OP der rechten Schulter 12/2010 und Revision der rechten Schulter 9/2011; Diabetes mellitus Typ 2, Erstdiagnose 10/2011, bisher keine Therapie, rezidivierende Störung, aktuell mittelgradig, Adipositas Grad 2 und Bluthochdruck, medikamentös eingestellt sowie rezidivierende Lumbalgien bei degenerativen Veränderungen, zur Zeit erscheinungsfrei. Der Klägerin seien weiterhin leichte bis mittelschwere Arbeiten 6-stündig und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzumuten. Häufige Überkopfarbeiten, einseitige Körperhaltungen, Akkordarbeiten und Arbeiten in Nachtschicht sollten vermieden werden.
Mit Bescheid vom 14. November 2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, ihre Schulter sei nach der zweiten Operation immer noch nicht in Ordnung. Sie könne den rechten Arm noch nicht selbständig bis nach oben bewegen und auch keine größeren Gewichte tragen. Auf der rechten Seite habe sie immer noch sehr starke Schmerzen, die sich über den Ellenbogen bis zum Handgelenk vorzögen. Gegen die Schmerzen müsse sie Schmerzmittel einnehmen. Die Sehne habe sich durch die starke Bewegungseinschränkung verkürzt. Sie versuche jetzt, durch Krankengymnastik und Fango die Sehne zu dehnen und die Entzündung in der Schulter zu kurieren. Die linke Schulter sei durch die doppelte Belastung nun so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie möglicherweise ebenfalls operiert werden müsse. Seit ca. sechs Monaten habe sie auch hier sehr starke Schmerzen, die medikamentös behandelt würden. Durch die Länge der Erkrankung und die sehr starken Schmerzen habe sich ihre Psyche derart verändert, dass eine psychiatrische Behandlung erforderlich sei. Seit dem 8. Dezember 2012 könne sie ihren Haushalt nicht mehr selbständig versorgen.
Die Beklagte holte die sozialmedizinische Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. Sch. vom 28. November 2011 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2012 zurück. Der Klägerin seien noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck (z.B. Akkord), ohne schweres Heben, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne einseitige Körperhaltungen, nicht in/über Kopfhöhe und nicht mit längerer Oberarmvor- oder -seithalte sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Sie könne als ungelernte Arbeiterin auch auf alle - gesundheitlich zumutbaren - ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden und sei daher nicht berufsunfähig.
Dagegen hat die Klägerin am 2. März 2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Sie hat auf das Attest des Dr. R. vom 24. November 2011 verwiesen, der festgestellt habe, dass sie in ihrem bisherigen Beruf gar nicht mehr arbeiten könne und für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt "auf Sicht zu 100 % AU" sei. Sie leide neben den bereits im Widerspruchsbescheid angegebenen Erkrankungen an einer hypertensiven Herzerkrankung ohne Herzinsuffizienz, einhergehend mit einer arteriellen Hypertonie und einer fundus hypertonicus I, einer Hypothyreose, einhergehend mit einer struma nodosa sowie einem Morbus Basedow, einer Gonarthrose des Kniegelenks, bds. und einer Retropatellararthrose am linken Kniescheibengelenk. Weiterhin sei zwischenzeitlich anlässlich eines erneuten stationären Aufenthalts in der A.-Klinik P. an der linken Schulter eine arthroskopische Bursektomie und eine subacromiale Dekompensation durchgeführt worden. Auch die medizinische Situation an der linken Schulter habe sich somit verschlechtert. Sie sei nicht mehr in der Lage, irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sie müsse sich auch nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen, da sie keine ungelernte Arbeiterin sei. In ihrer letzten beruflichen Tätigkeit habe sie seit 1. August 2000 als Leiterin des Bereichs Reinigung und Hauswirtschaft fungiert und dabei eine gehobene angelernte Tätigkeit ausgeübt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Facharzt für Innere Medizin/Hausarzt Dr. R., die Fachärztin für Orthopädie/Unfallchirurgie Dr. F. und den Facharzt für Nervenheilkunde Dr. K. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. R. hat angegeben, beide Schultern seien schmerzhaft bewegungseingeschränkt, die Therapie der Schmerzen, auch mit Cortison, habe zu einer Gewichtszunahme von 12 kg bis April 2011 geführt, wodurch sich das vorhandene Übergewicht noch weiter verschlechtert habe; außerdem habe sich dadurch eine Stoffwechselverschlechterung mit Anstieg des Blutdrucks und Entwicklung einer Zucker-Stoffwechselstörung ergeben. Ein Diabetes sei erstmals im Februar 2012 festgestellt worden. Die erhobenen Befunde schränkten die Fähigkeit zur Verrichtung auch einer leichten körperlichen Berufstätigkeit, die mindestens einen Arm benötige, vollständig ein. Eine leichte Berufstätigkeit unter Zuhilfenahme der Arme sei nicht möglich, vor allem wegen der schmerzhaften Bewegungseinschränkung. Im Verlauf der schweren Schulterkrankheit sei es zu einer nun auch rezidivierend auftretenden mittelgradigen depressiven Störung mit Schlafstörung, Unruhe, Schwindel, Traurigkeit, Abgeschlagenheit und Müdigkeit gekommen. Dazu sei sowohl eine fachneurologische als auch eine dadurch bedingte medikamentöse Therapie eingeleitet worden. Dr. F. hat die bezüglich der Schultern und der HWS erhobenen Befunde mitgeteilt und angegeben, die Klägerin sei derzeit nicht arbeitsfähig. Zunächst müsse der Befund der im Oktober 2012 geplanten MRT der Halswirbelsäule abgewartet werden. Dr. K. hat angegeben, die auf psychiatrischem Fachgebiet erhobenen Befunde im Sinne einer Dysthmia, akzentuiert durch die chronischen Schulterschmerzen, schränkten die Klägerin bei einer leichten körperlichen Berufstätigkeit auf eine Belastbarkeit von 4-6 Stunden ein. Maßgeblich hierfür seien in erster Linie die orthopädischen/chirurgischen Befunde. Die ab 15. Oktober 2012 durchgeführten neurologischen Untersuchungen hätten keine Erklärung für die Beschwerden auf neurologischem Fachgebiet ergeben, so dass diese Beschwerden aus neurologischer Sicht die Verrichtung körperlich leichter Berufstätigkeit nicht einschränkten. In seiner weiteren Auskunft vom 19. März 2013 hat Dr. K. mitgeteilt, bei der Vorstellung der Klägerin am 29. Januar 2013 habe sich eine mittelgradige Depressivität gezeigt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, noch leichte Berufstätigkeiten über drei Stunden täglich aufgrund der ausgeprägt depressiven Verfassung zu verrichten.
Das SG hat die Arbeitgeberauskunft des C.-Verbands e.V. P. vom 19. April 2013 eingeholt. Danach habe die Klägerin angelernte Tätigkeiten ausgeübt. Sie verfüge über fachliche Kenntnisse und praktische Fähigkeiten im Bereich Reinigung, Hauswirtschaft und Einsatz von Mitarbeitern und sei für die Anleitung von Mitarbeitern zuständig gewesen. Die Bruttovergütung betrage 1.971,82 EUR und die Eingruppierung sei in Vergütungsgruppe 10 Stufe 9 der Anlage 2 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.-Verbandes (A.V.R.) erfolgt, die für ungelernte und angelernte Mitarbeiter gelte.
Das SG hat ferner den Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 12. Juni 2013 als Diagnose auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet depressive Verstimmungen im Sinne von Anpassungsstörungen bei körperlichen Erkrankungen und belastender sozialer Situation sowie als sonstige Diagnosen arterielle Hypertonie, medikamentös therapiert, keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen, Schilddrüsenstoffwechselstörung, medikamentös therapiert, Diabetes mellitus Typ II, medikamentös therapiert, keine bekannten Diabetesfolgekrankheiten, Adipositas II, angegebene Schwindelsymptomatik, kein sicherer Anhalt für eine Ursache des neurologischen Fachgebiets, Schulter-Arm-Syndrom bds., Z.n. operativen Revisionen, endgradige Bewegungseinschränkungen und Wirbelsäulen-Syndrom, keine signifikanten sensomotorischen Ausfälle, angegeben. Der Ausprägungsgrad der psychischen Symptomatik sei als leicht einzustufen. Die Klägerin könne zumindest leichte körperliche Arbeiten in Tagesschicht ohne vermehrte psychische Belastungen unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes acht Stunden täglich ausüben. Vermehrte Belastungen des muskulo-skelettalen Systems seien aufgrund der orthopädischen Leiden auszuschließen.
Das SG hat außerdem den Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin Dr. J. mit der Erstattung des fachorthopädischen Gutachtens vom 22. August 2013 beauftragt. Dr. J. hat als Diagnosen chronischen Rückenschmerz ohne entsprechendes klinisches und bildgebendes Korrelat, Daumenzerrung links 05/2013 und chronischen Mittel- und Vorfußschmerz links bei geringem Spreizfuß mit Abflachung des Fußquergewölbes mitgeteilt. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin noch leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten verrichten, idealerweise mit der Möglichkeit zum Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Gemieden werden müssten Überkopfarbeiten bds., kraftvolle Handarbeit bds., wiederkehrende Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Nässe und Kälte. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne die Klägerin im Rahmen einer 5-Tage-Woche bei einer arbeitsmarktüblichen Höchstdauer von 6 Stunden pro Tag noch vollschichtig tätig sein.
Die Beklagte hat zum Gutachten des Orthopäden Dr. J. Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass die Klägerin mit dem dort beschriebenen Leistungsvermögen die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin als zumutbare Verweisungstätigkeit ausüben könne und dazu auf das Urteil des erkennenden Senats vom 25. September 2012 - L 13 R 4924/09 verwiesen. Die Klägerin hat dagegen ausgeführt, die Beweglichkeit und Gebrauchsfähigkeit beider Schultern sei nach wie vor nicht hergestellt. Insbesondere die linke Schulter könne nach einem Sturz im Mai 2013 noch immer nicht stärker belastet werden. Sie müsse deswegen eine Cortison-Therapie machen. Weiterhin seien beide Hände völlig kraftlos. Sie könne keinerlei Sachen in die Hand nehmen, ohne ständig befürchten zu müssen, diese unbeabsichtigt und unkoordiniert fallen zu lassen. Dieses Krankheitsbild werde von Dr. J. in seinem Gutachten festgestellt. Eine vollschichtige Berufsausübung im Rahmen der von der Beklagten vorgeschlagenen Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin sei nicht vorstellbar. Gerade in einem solchen Beruf sei sie insbesondere auf ihre Hände permanent angewiesen. Sie habe das Gutachten des Dr. J. der Agentur für Arbeit P. vorgelegt und dort habe man ihr zu verstehen gegeben, dass sie aufgrund der Vielzahl der bei ihr bestehenden Einschränkungen nicht vermittelbar sei.
Mit Urteil vom 14. November 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei - wie sich aus der gerichtlichen Arbeitgeberanfrage ergebe - in die Gruppe der Angelernten einzuordnen und könne jedenfalls zumutbar auf die Tätigkeit als Registratorin oder Poststellenmitarbeiterin verwiesen werden. Es bestehe kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit.
Gegen das ihr am 27. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Januar 2014 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag ergänzt und vertieft.
Der Senat hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. H. und die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. R. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. R. hat mitgeteilt, es liege kein entzündlich-rheumatischer Prozess vor. Bei der letzten Untersuchung habe jedoch der Verdacht auf eine beginnende Ausbildung eines Fibromyalgiesyndroms bei generalisierter Druckschmerzhaftigkeit der Sehnenansätze bestanden. Insgesamt sei dadurch die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, leichte Tätigkeiten bis zu 6 Stunden seien ohne körperliche und psychische Belastung möglich. Dr. H. hat die von ihm erhobenen Befunde und Diagnosen mitgeteilt und ausgeführt, die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen der rechten und linken Schulter, des Hals-Nacken-Bereichs, des rechten Ellenbogens und des rechten Daumens schränkten die berufliche Belastbarkeit und allgemeine Arbeitskraft der Klägerin mehr als deutlich ein. Zugreifen, Zupacken, Halten, Hochheben bis und über die Horizontale und Haltearbeit seien nur kurzfristig und nicht vollständig durchführbar. Die Klägerin könne allenfalls an drei Tagen in der Woche bis maximal drei Stunden eine leichte Tätigkeit ausüben.
Der Senat hat sodann das interdisziplinäre Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Sch. vom 9. März 2015 eingeholt, welches die psychologische Evaluation der Dipl.-Psych. M.-Sch. vom 8. April 2015 integriert. Prof. Dr. Sch. hat als Gesundheitsstörungen schmerzhafte Funktionsstörungen beider Arme, insbesondere beider Hände ohne ausreichende körperliche Erklärbarkeit bei erheblichem Krankheitsgewinn, zu klassifizieren als anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein metabolisches Syndrom mit Adipositas (zwischenzeitlich Gewichtsreduktion um über 20 kg), Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, Diabetes mellitus, medikamentös eingestellt sowie eine Schilddrüsen-Funktionsstörung, medikamentös eingestellt, angegeben. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zeitdruck und ohne manuelle Tätigkeiten mit Kraftaufwand mindestens 6 Stunden täglich ausüben. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. August 2015 hat Prof. Dr. Sch. zu den von der Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragenen Einwänden Stellung genommen und mitgeteilt, es ergäben sich daraus keine neuen Anhaltspunkte, um seine sozialmedizinische Einschätzung zu ändern.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat der Senat ferner den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. W. mit der Erstellung des Gutachtens vom 8. März 2016 beauftragt. Dieser hat als Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet ein chronisch rezidivierendes cervical betontes WS-Syndrom bei leichter degenerativer HWS-Torsionsskoliose, ein chronisches PHS bei Impingementsyndrom, unklare Parästhesien im Bereich der rechten Hand, beginnende Rhizarthrose links und beginnende Gonarthrose bds. mitgeteilt. Die Klägerin könne allenfalls noch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten, die idealerweise im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ausgeübt werden sollten. Insbesondere Tätigkeiten, die ein Anheben der Arme über die Horizontale erforderlich machten sowie Tätigkeiten, die mit einer vermehrten Kraftarbeit beider Hände verbunden seien, sollten ebenso wie Tätigkeiten im Akkord, Arbeiten auf Gerüsten, in Nässe, Kälte sowie Arbeiten auf Leitern gemieden werden. Aufgrund der multiplen, das orthopädische Fachgebiet betreffenden Beschwerden, sei die Klägerin sicherlich nicht in der Lage, mehr als vier bis sechs Stunden pro Tag auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
Hierzu hat die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 11. Mai 2016 vorgelegt. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens sei auch in der Zusammenschau mit der Beschwerdeanamnese im Gutachten, den Ergebnissen der apparativen Diagnostik und den in den Akten insgesamt enthaltenden medizinischen Informationen aus sozialmedizinischer Sicht nicht abzuleiten. Die Verwertbarkeit des Gutachtens sei aufgrund des geringen Informationsgehalts erheblich eingeschränkt. Eine relevante Verschlechterung des Gesundheitszustands im Vergleich zum vorausgegangenen Klageverfahren sei nicht ersichtlich.
Am 17. Juni 2016 hat die Klägerin einen vorläufigen Entlassbericht des St. V. Klinikums K. vom 6. Juni 2016 vorgelegt. Danach ist bei der Klägerin ein nichtkleinzelliges Bronchialcarcinom im Lungenunterlappen rechts diagnostiziert worden, welches am 7. Juni 2016 operativ entfernt worden ist. Die am 21. Juni 2016 stattfindende mündliche Verhandlung ist daraufhin vertagt worden.
Auf Nachfrage hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, dass sich diese bezüglich des Bronchialcarcinoms in laufender Behandlung bei Dr. M. V. in ambulanter Behandlung befinde. Eine Anschlussheilbehandlung sei nicht geplant.
Sodann hat der Senat Beweis erhoben durch die Einholung einer sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. V ... Dieser hat in seiner Zeugenauskunft vom 25. Dezember 2016 mitgeteilt, dass sich die Klägerin am 12. Juli 2016, am 9. August sowie am 6. Oktober 2016 vorgestellt habe. Im Übrigen hat er auf die beigefügten Befundberichte verwiesen. Seinem Bericht vom 6. Oktober 2016 lässt sich entnehmen, dass kein Anhalt für ein Tumor-Rezidiv bestehe. Es bestehe eine geringgradige obstruktive Ventilationsstörung und eine normale Sauerstoffsättigung. Aus dem gleichfalls übersandten Bericht des St. V.-Klinikums K. vom 20. Juni 2016 ergibt sich, dass die Klägerin im Rahmen poststationären Verlaufskontrolle sämtliche Beschwerden verneint habe. Insbesondere bestehe kein Schmerzgefühl. Die Klägerin befinde sich in einem guten Allgemeinzustand. In der durchgeführten Röntgenthoraxaufnahme finde sich ein regelrechter postoperativer Befund. Anhand des Tumorboardbeschlusses sei lediglich eine leitliniengerechte Nachsorge indiziert.
Die Beklagte hat daraufhin eine erneute sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. eingeholt. Dieser geht in seiner Stellungnahme vom 11. Januar 2017 davon aus, dass ein die Operation mehr als sechs Monate überdauerndes Unvermögen zur täglich mindestens sechsstündigen Verrichtung einer körperlich leichten Tätigkeit nicht abzuleiten sei. Die Erkrankung begründe jedoch die Durchführung einer pulmologischen Reha-Maßnahme.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 4. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2012 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. September 2011 bis 30. Juni 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2017 hat die Beklagte und mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG erteilt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit für den beantragten Zeitraum.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf die schlüssigen Gutachten des Dr. Sch. und des Dr. J. - zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, weil sie zwar ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Hauswirtschaftsleiterin nicht mehr ausüben kann, jedoch - falls die Klägerin überhaupt als Angelernte des oberen Bereichs anzusehen ist - jedenfalls zumutbar auf die Verweisungstätigkeiten als Registratorin (vgl. Urteil des Senats vom 25. September 2012 - L 13 R 6087/0 ) oder Poststellenmitarbeiterin (vgl. Urteil des Senats vom 25. September 2012 - L 13 R 4924/09) im Umfang von 6 Stunden täglich verwiesen werden kann, da es sich bei beiden Tätigkeiten überwiegend um körperlich leichte Tätigkeiten handelt, welche die Klägerin mit den von den Sachverständigen angegebenen qualitativen Einschränkungen ausüben kann und die Klägerin aufgrund ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit auch in der Lage ist, sich die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb von drei Monaten anzueignen. Daraus folgt, dass die Klägerin erst recht in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrichten und damit keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat.
Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren folgt nichts anderes. Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Sch. vom 9. März 2015 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 7. August 2015, welches auch die psychologische Evaluation der Dipl.-Psych. M.-Sch. vom 8. April 2015 mit einbezieht. Prof. Dr. Sch. hat sich ausführlich mit dem aktenkundigen Sachverhalt sowie den von der Klägerin geschilderten Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Er hat sich explizit auch mit der von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Schmerzsymptomatik und den Auswirkungen im Alltag auseinandergesetzt und durch die Einbeziehung der gutachterlichen Äußerung der Dipl.-Psych. M.-Sch. die psychische Komponente des Schmerzerlebens in seine Leistungsbeurteilung aufgenommen. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er die von der Klägerin vorgebrachten, die Untersuchungssituation betreffenden Beanstandungen durch nachvollziehbare Darlegung seiner Vorgehensweise aufgeklärt, so dass der Senat keine Zweifel an der uneingeschränkten Verwertbarkeit des Gutachtens hat. Prof. Dr. Sch. hat verschiedene qualitative Einschränkungen genannt, welche die Klägerin bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit beachten müsse, jedoch - in Übereinstimmung mit den Gutachten des Dr. Sch. und des Dr. J. - für den Senat nachvollziehbar eine vollschichtige Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für gegeben gehalten. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Prof. Dr. Sch. hat - wie auch schon Dr. J. - nachvollziehbar dargelegt, dass die von der Klägerin empfundenen Schmerzen durch körperliche Befunde nicht zu erklären sind und hat dementsprechend eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Da Prof. Dr. Sch. keine Einschränkungen für Selbstfürsorge, Mobilität zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem selbst gesteuerten PKW, leichte Haushaltstätigkeiten und durchschnittliche kognitive Anforderungen festgestellt und ausgeführt hat, die aktuell subjektiv empfundenen Einschränkungen für die manuellen Funktionen könnten innerhalb von drei Monaten vollständig überwunden werden (unter schrittweise Steigerung der Aktivitäten mit beiden Händen und Thematisierung des Krankheitsgewinns) ist seine Einschätzung überzeugend, dass eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht besteht.
Dem Gutachten des Dr. W. vom 8. März 2016, der lediglich ein Leistungsvermögen von vier bis sechs Stunden arbeitstäglich angenommen hat, folgt der Senat nicht. Denn Dr. W. hat keine Befunde oder Diagnosen mitgeteilt, die wesentlich von denjenigen abweichen, die in den oben genannten Gutachten des Dr. Sch., des Dr. J. und des Dr. Sch. bereits ausführlich im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt gewürdigt worden sind. Die von ihm angegebenen qualitativen Einschränkungen entsprechen im Wesentlichen den von den Vorgutachtern mitgeteilten Einschränkungen und er selbst hat im Übrigen angegeben, dass er keine nennenswerten Abweichungen von den ihm vorliegenden Vorgutachten erkennen könne. Es liegen somit auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Gesundheitssituation der Klägerin seit Erstellung des Gutachtens des Dr. Sch. wesentlich verschlechtert hat. Die von Dr. W. angegebene zeitliche Leistungseinschränkung auf vier bis sechs Stunden pro Tag kann daher nicht nachvollzogen werden und es verbleibt bei den Feststellungen des schlüssigen Gutachtens des Dr. Sch ...
Eine rentenrelevante quantitative Leistungsminderung ergibt sich auch nicht aus dem am 7. Juni 2016 bei der Klägerin operativ entfernten Bronchialcarcinoms. Dem Befundbericht des St. V.-Klinikums K. vom 20. Juni 2016 lässt sich entnehmen, dass die Klägerin bereits 13 Tage nach der Operation beschwerdefrei zur Verlaufskontrolle erschienen ist, weshalb lediglich eine leitliniengerechte Nachsorge indiziert gewesen ist. Auch aus den von dem als sachverständigen Zeugen befragten Dr. V. übersandten Befundbericht vom 6. Oktober 2016 lässt sich lediglich eine geringgradige obstruktive Ventilationsstörung bei normaler Sauerstoffsättigung entnehmen. Hiernach ergibt sich keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Auch bezüglich der Zumutbarkeit der Verweisung auf die Tätigkeit einer Registratorin bzw. einer Poststellenmitarbeiterin ergeben sich im Berufungsverfahren keine neuen Erkenntnisse, da - wie oben ausgeführt - keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten ist.
Die Klägerin ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein bzw. eine Tätigkeit als Registratorin oder Poststellenmitarbeiterin auszuüben und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, gemäß §§ 43, 240 SGB VI.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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