L 5 KR 1246/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 321/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1246/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.03.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt zum wiederholten Mal die Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte.

Der Kläger ist seit Jahren bei der Beklagten krankenversichert, ab dem 01.04.2009 als freiwillig versichertes Mitglied, ab dem 20.04.2010 als versicherungspflichtiges Mitglied zunächst wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld, ab 20.05.2011 in der Auffangversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und ab dem 28.04.2015 wiederum wegen des Bezugs von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.

Die bestehende Beitragspflicht und die Höhe der festgesetzten Beiträge waren Gegenstand einer Vielzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten, die für den Kläger, der die festgesetzten Beiträge nicht entrichtete, überwiegend erfolglos verliefen. Wegen der nicht gezahlten Beiträge verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 17.12.2013 das Ruhen der Leistungsansprüche des Klägers in der Krankenversicherung ab dem 24.12.2013. Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 19.06.2014), Klage (Urteil des Sozialgerichts Stuttgart [SG] vom 23.07.2015 - S 19 KR 2276/14 -) und Berufung (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 29.04.2016 - L 4 KR 3861/15 -) des Klägers blieben erfolglos. Die Beklagte übersandte dem Kläger jeweils zu Beginn eines Quartals einen Nachweis der Anspruchsberechtigung zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie einen Erfassungsschein für konservierende/chirurgische zahnärztliche Leistungen.

Erstmals am 27.08.2014 erhob der Kläger mit dem Begehren, ihm eine elektronische Versichertenkarte auszustellen, Klage zum SG (- S 19 KR 4673/14 -), die mit Urteil vom 23.07.2015 abgewiesen wurde. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das LSG mit Beschluss vom 11.05.2016 (- L 4 KR 3864/15 -) zurück. Mit dem gleichen Begehren erhob der Kläger bereits am 14.03.2016 erneut Klage zum SG (- S 19 KR 1458/16 -), die mit Gerichtsbescheid vom 26.04.2016 abgewiesen wurde. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das LSG mit Urteil vom 05.08.2016 (- L 4 KR 2076/16 -) zurück.

Am 25.05. und am 22.12.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten abermals, ihm eine Versichertenkarte nach § 291 SGB V auszustellen.

Am 20.01.2017 erhob der Kläger "Leistungsklage" zum SG, zu deren Begründung er vorbrachte, er sei versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten und habe Anspruch auf Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte. Die Beklagte ignoriere seinen Anspruch und verstoße hierdurch gegen die guten Sitten und gegen die Grundrechte. Die Nichtausstellung einer Gesundheitskarte verfolge nur den Zweck, ihm Schaden zuzufügen. Seine Persönlichkeitsrechte seien hierdurch verletzt, er werde diskriminiert und in seinen privaten und beruflichen Plänen eingeschränkt.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf ihr Vorbringen in den vorangegangenen Verfahren entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 09.03.2017 wies das SG die Klage unter Verweis auf die zuvor ergangenen Entscheidung ab. Der Kläger habe weder die Beitragsrückstände ausgeglichen, noch habe er im vorliegenden Verfahren Neues vorgetragen. Im Übrigen bestimme § 291 Abs. 2a Satz 3 SGB V zwar, dass die elektronische Gesundheitskarte über die Pflichtangaben nach § 291 Abs. 2 Satz 1 SGB V hinaus, in den Fällen des § 16 Abs. 3a SGB V auch Angaben zum Ruhen des Anspruchs auf Leistungen enthalten könne, hieraus könne jedoch nicht geschlossen werden, dass Versicherten, deren Leistungsanspruch ruhe, eine elektronische Gesundheitskarte auszuhändigen sei. Aus der Formulierung des § 291 Abs. 2 Satz 2 SGB V ("kann") folge, dass es im Organisationsermessen der Krankenkasse liege, ob sie Versicherten, deren Anspruch auf Leistungen wegen eines Beitragsrückstandes ruhe, eine Krankenversicherungskarte mit Angaben zum Ruhen des Anspruchs oder einen anderen Legitimationsnachweis ausstelle.

Gegen den am 17.03.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.03.2017 beim SG Berufung eingelegt, zu deren Begründung er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und meint, der angefochtene Gerichtsbescheid sei wegen Prozessunfähigkeit bzw. wegen der Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 8. Kammer des SG nichtig.

Seit dem 01.04.2017 bezieht der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Die Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 30.05.2017 das Ruhen der Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 3a SGB V ab dem 01.04.2017 aufgehoben und dem Kläger mitgeteilt, dass er alle Leistungen wieder uneingeschränkt nutzen könne. Ferner teile sie dem Kläger mit, dass er eine elektronische Gesundheitskarte erhalte. In der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2017 hat der Kläger mitgeteilt, die elektronische Gesundheitskarte erhalten zu haben.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.03.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unverzüglich eine elektronische Gesundheitskarte auszustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte sei mehrfach Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen, sodass außergerichtlich keine Korrespondenz mit dem Kläger geführt worden sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2017 geworden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers ist nach § 143 SGG statthaft, ohne dass sie der Zulassung durch den Senat bedurfte, da das vom Kläger mit der Berufung verfolgte Begehren, ihm eine elektronische Gesundheitskarte auszustellen, weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die Berufung führt für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand ist - unverändert - das Begehren des Klägers, ihm eine elektronische Gesundheitskarte zu übersenden. Diesem Begehren hat die Beklagte zwischenzeitlich - während des Berufungsverfahrens - entsprochen und ihm eine elektronische Gesundheitskarte übersandt. Hierdurch ist der Kläger seines ursprünglich bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses verlustig gegangen. Jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Dieses ist anzunehmen, wenn und solange der Rechtsschutzbegehrende zur Durchsetzung seiner Rechts auf die Hilfe des Gerichts angewiesen ist. Es entfällt, wenn die begehrte Entscheidung die wirtschaftliche oder rechtliche Situation des Klägers nicht verbessern kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12.Aufl., 2017, Vor § 51, Rn. 16 und 16a). Da dem Begehren des Klägers entsprochen wurde, fehlt ihm das Bedürfnis für die Inanspruchnahme der Gerichte. Die Klage ist hierdurch unzulässig geworden; die Berufung ist unbegründet.

Da die Kammervorsitzende des SG überdies, was keiner besonderen Begründung bedarf, nicht prozessunfähig ist und die Befangenheitsanträge des Klägers jeweils - rechtskräftig - abgelehnt worden sind, ist die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 07.03.2017 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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