Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 24 R 229/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 199/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 302/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Beschwerde als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.01.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwerts anstelle des aktuellen Rentenwerts (Ost) sowie von Entgeltpunkten anstelle von Entgeltpunkten (Ost).
Der am 00.00.1946 geborene Kläger hat in der Zeit von Juli 1971 bis Dezember 1999 Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt. Er hatte am 18.05.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet (Stadt S).
Am 29.06.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Regelaltersrente. Diese gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25.08.2011 ab dem 01.10.2011. Der Rentenberechnung lagen unter anderem Entgeltpunkte (Ost) in einem Umfang von 47,8636 mit einem aktuellen Rentenwert (Ost) bei Rentenbeginn i.H.v. 24,37 EUR zu Grunde.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.09.2011 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, es sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, dass für Bewohner der neuen Bundesländer ein niedrigerer Rentenwert gelten solle als für Bewohner der alten Bundesländer. Zudem verstoße die Stichtagsregelung des § 254d Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gegen Art 3 des Grundgesetzes (GG), da darin eine Benachteiligung von Bürgern aufgrund ihres Wohnsitzes zu einem willkürlich gewählten Stichtag liege. Die Willkürlichkeit ergebe sich u.a. daraus, dass in der DDR der Kinderanteil deutlich höher gewesen sei. Diese Kinder seien auch in aller Regel gut ausgebildet gewesen. Dies habe die Konsequenz, dass nunmehr ostdeutsche Kinder die Renten kinderloser Westdeutscher erwirtschaften würden, ihre eigenen Eltern aber benachteiligt würden. Zudem sei in acht - näher bezeichneten - Fällen eine Minderung der Entgeltpunkte dadurch eingetreten, dass er in der ehemaligen DDR erkrankt gewesen sei, was bedeutet habe, dass sein Gehalt anteilig um 10 % gekürzt worden sei. Dies sei eine Ungleichbehandlung gegenüber Bürgern in der "Alt-BRD", die weiter bei Krankheit volle Bezüge erhalten hätten.
Mit Bescheid vom 18.09.2012 stellte die Beklagte die Regelaltersrente ab Rentenbeginn neu fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Fehler bei der Rentenberechnung nicht ersichtlich seien. Soweit der Kläger einen Grundrechtsverstoß durch die Anwendung der Regelungen zum Rentenwert (Ost) geltend mache und begehre, dass die-ses Recht nicht beachtet werde, sei der Bescheid nicht zu beanstanden. Sie sei als Rentenversicherungsträger an Recht und Gesetz gebunden und habe nicht die Befugnis, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.
Hiergegen hat der Kläger am 07.02.2013 Klage bei dem Sozialgericht erhoben und zur Begründung im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.01.2015 hat der Kläger ausgeführt, dass er sich nicht mehr dagegen wende, dass für die Zeiten, in denen er erkrankt war, der Rentenberechnung die um 10 % gekürzten Gehälter zu Grunde gelegt wurden.
Mit Urteil vom 22.01.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Die Beklagte hat die Altersrente korrekt berechnet. Gemäß § 64 SGB VI berechnet sich die Rente, indem die mit dem Zugangsfaktor vervielfältigte Summe der Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn multipliziert werden. Die aktuelle Rentenhöhe ergibt sich, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird, der gemäß den §§ 65, 69 SGB VI zum 1. Juli eines jeden Jahres neu zu bestimmen ist. Diese Rentenformel gilt seit Überleitung des SGB VI zum 01. Januar 1992 auch im Beitrittsgebiet, wobei nach den übergangsrechtlichen Sonderbewertungsvorschriften "Ost" (hier §§ 254b, 254d u. 255a SGB VI) bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland besondere Entgeltpunkte (Ost) und ein besonderer aktueller Rentenwert (Ost) einzustellen sind. Die Beklagte hat die dem Kläger zuerkannte Regelaltersrente unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Vorgaben in zutreffender Weise festgestellt. Bei dem Kläger waren und sind Entgeltpunkte (Ost) und der aktuelle Rentenwert (Ost) zugrundezulegen, weil der Kläger Beitragszeiten in der ehemaligen DDR zurückgelegt hat und nicht bereits vor dem 19.05.1990 für diese Zeiten nach dem Bundesrecht (noch bestehende) Berechtigungen erworben hat. Dass diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Sonderbewertungsvorschriften "Ost" vorliegen, wird vom Kläger ebenso wenig bestritten wie die rechnerische Richtigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Rentenberechnung. Vielmehr wendet der Kläger gegen die festgestellte Rentenhöhe ein, dass die der Rentenberechnung zugrunde liegenden Normen (insbesondere § 254d Abs. 2 SGB VI) verfassungswidrig seien, da sie eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellten. Der Kläger vermag mit diesem Vortrag nicht durchzudringen.
Ein Grundrechtsverstoß ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Soweit der Kläger eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG mit der Begründung rügt, dass er wegen seines Wohnortes diskriminiert werde, fehlt es bereits an einer Beeinträchtigung des Schutzbereichs der Norm. Wie bereits das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R, ausgeführt hat, ist der spezielle Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG bei Regelungen, die an den Wohnsitz und den ständigen Aufenthalt in einem der beiden vor der Wiedervereinigung bestehenden Teile Deutschlands anknüpfen, nicht beeinträchtigt. Es fehlt an einem Verstoß gegen das besondere Diskriminierungsverbot "wegen seiner Heimat", denn unter dem Begriff "Heimat" ist "die örtliche Herkunft eines Menschen nach Geburt oder Ansässigkeit im Sinne der emotionalen Beziehung zu einem geographisch begrenzten, den Einzelnen mitprägenden Raum (Ort, Landschaft)" zu verstehen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 14.03.2000, Az. 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96). Hieran knüpft das Gesetz nicht an. Es liegt auch keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit vor dem (Parlaments-) Gesetz aus Art. 3 Abs. 1, 1 Abs. 3 GG durch die Regelungen der §§ 254b, 254c, 254d, 255a und 256a SGB VI vor, soweit sie auf das Begehren des Klägers anwendbar sind. Zwar werden der Kläger und alle sonstigen Versicherten, die dem Anwendungsbereich der Sonderbewertungsvorschriften "Ost" unterfallen, bezüglich der Rentenberechnung anders behandelt, als die Versicherten, deren Renten sich nach dem aktuellen Rentenwert und Entgeltpunkten berechnen. Ein Grundrechtsverstoß liegt gleichwohl nicht vor, weil diese Ungleichbehandlung auf einem vernünftigen Grund von hinreichendem Gewicht beruht (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R unter Bezugnahme auf Entscheidungen des BVerfG, u. a. Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00). Es ist verfassungsrechtlich im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" und dabei insbesondere die Regelung des § 254b SGB VI für den Übergangszeitraum zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern geschaffen hat. Der bestehende gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist bei der Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften besonders weit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.11.1996, Az. 1 BvL 4/88), so dass die Grenze allein vom Willkürverbot gezogen wird (vgl. Landessozialgericht - LSG - Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf das LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.10.2000 - Az.: L 4 RA 28/00). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist nicht ersichtlich. Vielmehr waren die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" im Hinblick auf den Gleichheitssatz jedenfalls am 20.07.2000 durch die unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet gerechtfertigt (BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00 zur vergleichbaren Problematik der unterschiedlich hohen Besoldung von Beamten, Richtern und Soldaten in Ost und West ausgeführt, dass diese Ungleichbehandlung mit Blick auf die - noch - deutlich hinter den alten Bundesländern zurückbleibende Wirtschaftskraft und finanzielle Leistungsfähigkeit aller neuen Bundesländer gerechtfertigt ist. Dieser Rechtfertigungsgrund besteht weiterhin. Es liegen auch nach wie vor unterschiedliche, die Ungleichbehandlung rechtfertigende, Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet vor. So haben sich zwar z. B. die Brutto-löhne und Gehälter je Arbeitnehmer für Ost- und Westdeutschland seit 1991 ebenso angeglichen wie sonstige wirtschaftliche Leistungsgrößen, jedoch ist das Ziel der gleichen Standards noch nicht erreicht worden (vgl. hierzu die eingehenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2012, Az. L 22 R 478/11). Zudem ist zu berücksichtigen, dass § 254b Abs. 1 SGB VI in Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerade sicherstellt, dass die Teilhabeberechtigung aus Beitragszeiten in den Sozialversicherungssystemen der DDR unter Wahrung des Verhältnisses der in einem System der Rentenversicherung der DDR versicherten Arbeitsentgelte zum Durchschnittsentgelt der in der DDR Beschäftigten im jeweiligen Kalenderjahr gewonnen wird. Ebenso wird gewährleistet, dass das Rentenversprechen gemäß den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen der Beitragszahler im Beitrittsgebiet (aktueller Rentenwert Ost) erfüllt wird (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Zur Vermeidung von weiteren Wiederholungen wird zur Frage der Verfassungskonformität im Übrigen Bezug genommen auf die ausführlichen und schlüssigen Entscheidungsgründe des LSG Thüringen im Urteil vom 25.01.2011 (Az. L 6 R 1006/07) sowie des LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 23.02.2012 (Az. L 22 R 478/11), denen sich die Kammer nach eingehender Prüfung aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließt. Das Argument des Klägers, dass der Kinderanteil in der ehemaligen DDR höher als im Westen gewesen sei und die gut ausgebildeten Kinder der ehemaligen DDR-Bürger nun die Rente für die kinderlosen Renten im Westen erwirtschaften, vermag die Kammer demgegenüber nicht zu überzeugen, weil es schlicht neben der Sache liegt. Schließlich stellt auch die Stichtagsregelung in § 254d Abs. 2 SGB VI entgegen der Ansicht des Klägers keinen Verfassungsverstoß dar. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt, solange sich die Wahl des Zeitpunktes an gegebenem Sachverhalt orientiert (BVerfG, Beschluss vom 26.04.1995, Az. u.a. 2 BvR 794/91). Vorliegend hat der Gesetzgeber den Stichtag "18.05.1990" nicht willkürlich festgelegt. Vielmehr handelt es sich bei diesem Datum um den Tag, an dem der sog. Staatsvertrag (Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) geschlossen worden ist. Die Stichtagsregelung dient dem Vertrauensschutz und der Verwaltungsvereinfachung. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversiche-rung unerlässlich sind (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 18.01.2013, Az. L 5 R 144/12 ZVW), so dass ein Verstoß gegen Art, 3 Abs. 1 GG auch insoweit nicht zu erkennen ist."
Gegen das ihm am 14.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.03.2015 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens hat der Kläger zur Begründung ergänzend ausgeführt, dass das Argument einer höheren Produktivität in den alten Bundesländern für die Schaffung der Stichtagsregelung des § 254d Abs 2 SGB VI nicht tragfähig sei. Dies gelte allenfalls für die Zeit "nach dem Anschluss", nicht aber für die in der DDR selbst geleistete Arbeit. Aus der geringeren Entlohnung in der DDR ergäbe sich zwar rechnerisch eine geringere Arbeitsproduktivität. Wegen der damit verbundenen geringeren Sozialversicherungsbeiträge erhalte ein Versicherter, der sein Erwerbsleben wie er größtenteils im Beitrittsgebiet zurückgelegt habe, nun auch geringere Rentenleistungen. Das sei nicht hinnehmbar. Nachfolgend hat sich der Bevollmächtigte des Klägers bestellt und ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt werde. Einerseits werde seine Vorleistung nur bis zu einer niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze versichert, mit der Folge, dass auch die "Hochrechnung auf Westniveau" insoweit ausfalle. Andererseits werde das Rentnerlohnprinzip ungleich ausgestaltet, da auf das im Beitrittsgebiet niedrigere Niveau der Entgelte der aktiven Versicherten abgestellt werde. Zwar habe das BSG in seinem Urteil vom 14.03.2006 (B 4 RA 41/04 R) diese Ungleichbehandlung als gerechtfertigt angesehen. Die Sachlage habe sich aber seit dem damals entscheidungserheblichen Zeitpunkt (Juli 2000) erheblich verändert. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im Beitrittsgebiet ließen sich nicht mehr hinreichend aussagekräftig als allgemeine Folge des Transformationsprozesses erklären, der eine rentenrechtliche Differenzierung weiterhin trage. Die unterschiedliche Wirtschafts- und Finanzkraft stelle sich mehrheitlich nicht mehr als vereinigungsbedingte Problemstellung dar, sondern sei vielmehr Folge der internationalen Entwicklung, insbesondere der Globalisierung und des Europäischen Einigungsprozesses. Auch habe die Lohnentwicklung im Beitrittsgebiet mit den damaligen Vorstellungen nicht Schritt gehalten. Es sei zu konstatieren, dass tatsächlich nicht mehr absehbar sei, ob und wann der Aufholprozess in den neuen Bundesländern erfolgreich abgeschlossen und somit die Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse wie im Altbundesgebiet überhaupt erreicht werde. Eine Umstrukturierung der Sozialsysteme in der BRD, insbesondere des Rentensystems stehe an und sei bereits im Gange. Dies sei nur gesamtstaatlich und einheitlich zu realisieren. Der Rentnergeneration des Beitrittsgebiets, der der Kläger angehöre, habe in diesem Zusammenhang keine Positionen in den beiden weiteren Säulen der Alterssicherung (betriebliche und private Altersvorsorge) aufbauen können. Weitgreifende politische Strömungen wie auch ein breiter Kreis aus Gewerkschaften und Interessenverbänden forderten dementsprechend eine Aufhebung der Sonderbewertungsvorschriften. Dem aus Art 30 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag vom 31. August 1990, BGBl II S 889 - EinigVtr) resultierenden regionalbedingten Sonderrecht sei eine Übergangsregelung, der notwendigerweise eine Befristung innewohne.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.01.2015 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.08.2011 in der Fassung des Bescheides vom 18.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2013 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.10.2011, hilfsweise ab dem 01.01.2015, dazu hilfsweise ab dem 01.07.2016 unter Berücksichtigung von per-sönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten Ost höhere Altersrente zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt ferner,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten (Az. 000), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Altersrente ab dem 01.10.2011. Der Bescheid der Beklagten vom 25.08.2011 in der Fassung des Bescheides vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2013 ist rechtmäßig.
Auch zur Überzeugung des Senats sind die Regelungen der §§ 254b, 254d und 255a SGB VI nicht verfassungswidrig. Der Senat weist insofern die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Auch aus dem Berufungsvorbringen ergibt sich kein günstigeres Ergebnis für den Kläger.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG wird ebenso wenig wie der spezielle Gleichheitssatz des Art 3 Abs 3 GG dadurch verletzt, dass der Kläger der begünstigenden Regelung des § 254 d Abs 2 SGB VI aufgrund seines gewöhnlichen Aufenthalts am 18.05.1990 im Beitrittsgebiet nicht unterfällt. Dass die gesetzliche Regelung an das Datum des Abschlusses des sogenannten Staatsvertrages anknüpft, dient dem Vertrauensschutz derjenigen Versicherten, die bis zu diesem Tag ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet genommen hatten. Der Gesetzgeber knüpft damit differenzierende Rechtsfolgen sachgerecht an das Kriterium des Vertrauensschutzes und der Verwal-tungsvereinfachung. Das Berufungsvorbringen richtet sich daher konsequenterweise im Wesentlichen gegen die sonderrechtliche Bestimmung des aktuellen Rentenwerts (Ost) nach § 255 a SGB VI.
Das Bundessozialgericht hat entschieden (Urteil vom 14.03.2006 - B 4 RA 41/04 R), dass die unterschiedliche Bestimmung des Rentenwerts und des Rentenwerts (Ost) als Ausdruck der Bewertung der jeweiligen wirtschaftlichen Vorleistung verfassungsrechtlich jedenfalls bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gerechtfertigt ist. Das Bundessozialgericht hat hierbei ausdrücklich auch die von dem Kläger als ungerechtfertigte Ungleichbehandlung monierten Auswirkungen der niedrigeren Beitragsbemessungsgrenzen im Beitrittsgebiet und der Anknüpfung des "Rentnerlohns" an das niedrigere Niveau der Entgelte der aktiven Versicherten im Beitrittsgebiet berücksichtigt. Es hat entscheidend darauf abgestellt, dass die "Anpassung" des aktuellen Rentenwertes (Ost) zwei verschiedenen rechtlichen Vorgaben dient, nämlich zum einen - wie "im Westen" - der Aktualisierung des "Rentnerlohnprinzips", zum anderen aber des "Angleichungsgebots" des Einigungsvertrags (BSG a.a.O. Rn 20f).
Diese Erwägungen besitzen zur Überzeugung des Senats nach wie vor Gültigkeit. Das Angleichungsgebot des Art 30 Abs 5 Satz 3 EinigVtr, nach dem die Überleitung des Rentenversicherungssystems von der Zielsetzung bestimmt sein soll, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter im Beitrittsgebiet an diejenigen im übrigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auch eine Angleichung der Renten zu verwirklichen, rechtfertigt nach wie vor eine Anknüpfung an die wirtschaftliche Entwicklung.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind im Beitrittsgebiet noch nicht denjenigen Westdeutschlands angeglichen (so auch Sächsische Landessozialgericht Urteil vom 05.01.2016 - L 5 R 160/15).
Ausweislich des "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2011" vom 09.11.2011 erreichte der rentenrechtliche "Durchschnittslohn Ost" im Betrachtungszeitraum rund 85 Prozent des "Durchschnittslohns West" und das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner in Ostdeutschland betrug rund 73 Prozent des westdeutschen Niveaus (BT-Drs 17/7711 S 10, 14). Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2012" vom 04.10.2012 lag das ostdeutsche Bruttoinlands-produkt pro Einwohner bei 71 Prozent des westdeutschen Niveaus. Ein mit etwa 80 % etwas günstigeres, aber immer noch nicht angeglichenes Ergebnis zeigte sich beim Ver-gleich der ostdeutschen Länder, einschließlich des Stadtstaates Berlin, mit den struktur-schwachen westdeutschen Flächenländern (Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schles-wig-Holstein und Saarland) und dem Stadtstaat Bremen. Die gesamtwirtschaftliche Produktivität Ostdeutschlands lag bei rund 80 Prozent derjenigen im Vergleich zu West-deutschland (BT-Drs 17/10803 S 4, 17). Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2013" vom 21.11.2013 trat eine wesentliche Veränderung hierzu nicht ein (BT-Drs 18/107 S 5, 6). Nach dem "Jahresbericht der Bun-desregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2014" vom 20.09.2014 (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie) hat sich der wirtschaftliche Konvergenzprozess wieder abgeschwächt (Jahresbericht S 18). Trotz der zwischenzeitlich erfolgten hohen Angleichung der tariflichen Löhne (97 %) hat sich die Relation der Effektivlöhne Ostdeutschlands gegenüber denen Westdeutschlands mit "etwa 80 Prozent" nach wie vor nicht wesentlich verändert (Jahresbericht S 45f). Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2015" vom 24.09.2015 ist die Situation im Wesentlichen unverändert. Bei den Effektivlöhnen bestehen nach wie vor deutliche Unterschiede. Ihre Relation liegt bei 78 Prozent und bewegt sich auf dem gleichen Niveau wie seit Mitte der 1990er Jahre (BT-Drs 18/6100 S 58).
Mit der Neufassung des § 255a Abs 2 SGB VI zum 01.08.2004 durch Art 1 Nr 50 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21.7.2004 (BGBI I 1791) hat der Ge-setzgeber darüber hinaus eine Schutzklausel dahingehend geschaffen, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) nicht schwächer steigen darf als der aktuelle Rentenwert.
Eine vollständige Anpassung des Rentenwerts ist darüber hinaus zwar normativ möglich und sozialpolitisch auch gewollt, wie der - auf der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode basierende - vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegte Entwurf eines Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes zeigt. Gesellschafts- und sozialpolitische Bestrebungen zur Angleichung des Rentenwertes indizieren aber nicht eine Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Rechtslage. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Schaffung der zweiten und dritten "Säule der Alterssicherung". Die Ausgestaltung der zweiten und dritten "Säule" (betriebliche und private Altersvorsorge) wurde erst nach der Wiedervereinigung, beginnend mit der Rentenreform 2001, vorangetrieben. Eine signifikante Benachteiligung von Personen, die ihr Erwerbsleben im Wesentlichen im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben, ist damit nicht erkennbar. Schließlich wohnt der Vereinbarung in Art 30 EinigVtr keine Befristung inne. Dem mit der Vereinbarung hingegen notwendigerweise einhergehenden Beobachtungserfordernis kommt der Gesetzgeber hingegen nach, was u.a. die oben zitierten Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit belegen.
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet in den §§ 254b, 254d und 255a SGB VI verletzten den Grundsatz der Normenwahrheit. Dieser vom BVerfG eingeführte Verfassungsbegriff (vgl BVerfG Beschluss vom 12.02.2003 - 2 BvL 3/00) zielt auf den Gesetzgeber und seine Motive ab. Danach ist die Normenwahrheit dann verletzt, wenn der Normgehalt aus der Sicht des Normadressa-ten nicht mit den durch herkömmliche Auslegungskriterien zu bestimmenden Normerwartungen übereinstimmt (vgl. Drüen in ZG 2009, 60-74). Vorliegend ist aber eine Zweckuntauglichkeit der betreffenden Sonderreglungen für das Beitrittsgebiet gemessen an dem vom Gesetzgeber verfolgten Steuerungsansatz (vgl o.g. Gesetzesmotive) nicht festzustellen. Insbesondere ist, wie das BSG und das BVerfG entschieden haben, die Berücksichtigung der abweichenden wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im Beitrittsgebiet einerseits und im übrigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland andererseits ein tatsächlich zutreffender und zwecktauglicher Ansatz.
Nach den vorstehenden Erwägungen hat der Kläger auch mit seinem Hilfsantrag (Gewährung höherer Rente ab dem 01.01.2015) und dem dazu hilfsweisen weiteren Antrag (Gewährung höherer Rente ab dem 01.07.2016) keinen Erfolg. Der aktuelle Rentenwert (Ost) betrug in der Zeit vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2015 92,2 % und in der Zeit vom 01.07.2015 bis zum 30.06.2016 92,6 %. Ab dem 01.07.2016 beträgt der aktuelle Rentenwert (Ost) mit 28,66 Euro 94,1 % des aktuellen Rentenwerts von nunmehr 30,45 Euro. Mit Blick auf diese immer größere Annäherung der Werte ist nicht erkennbar, dass gerade zum 01.01.2015 bzw zum 01.07.2016 eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwerts anstelle des aktuellen Rentenwerts (Ost) sowie von Entgeltpunkten anstelle von Entgeltpunkten (Ost).
Der am 00.00.1946 geborene Kläger hat in der Zeit von Juli 1971 bis Dezember 1999 Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt. Er hatte am 18.05.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet (Stadt S).
Am 29.06.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Regelaltersrente. Diese gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25.08.2011 ab dem 01.10.2011. Der Rentenberechnung lagen unter anderem Entgeltpunkte (Ost) in einem Umfang von 47,8636 mit einem aktuellen Rentenwert (Ost) bei Rentenbeginn i.H.v. 24,37 EUR zu Grunde.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.09.2011 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, es sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, dass für Bewohner der neuen Bundesländer ein niedrigerer Rentenwert gelten solle als für Bewohner der alten Bundesländer. Zudem verstoße die Stichtagsregelung des § 254d Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gegen Art 3 des Grundgesetzes (GG), da darin eine Benachteiligung von Bürgern aufgrund ihres Wohnsitzes zu einem willkürlich gewählten Stichtag liege. Die Willkürlichkeit ergebe sich u.a. daraus, dass in der DDR der Kinderanteil deutlich höher gewesen sei. Diese Kinder seien auch in aller Regel gut ausgebildet gewesen. Dies habe die Konsequenz, dass nunmehr ostdeutsche Kinder die Renten kinderloser Westdeutscher erwirtschaften würden, ihre eigenen Eltern aber benachteiligt würden. Zudem sei in acht - näher bezeichneten - Fällen eine Minderung der Entgeltpunkte dadurch eingetreten, dass er in der ehemaligen DDR erkrankt gewesen sei, was bedeutet habe, dass sein Gehalt anteilig um 10 % gekürzt worden sei. Dies sei eine Ungleichbehandlung gegenüber Bürgern in der "Alt-BRD", die weiter bei Krankheit volle Bezüge erhalten hätten.
Mit Bescheid vom 18.09.2012 stellte die Beklagte die Regelaltersrente ab Rentenbeginn neu fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Fehler bei der Rentenberechnung nicht ersichtlich seien. Soweit der Kläger einen Grundrechtsverstoß durch die Anwendung der Regelungen zum Rentenwert (Ost) geltend mache und begehre, dass die-ses Recht nicht beachtet werde, sei der Bescheid nicht zu beanstanden. Sie sei als Rentenversicherungsträger an Recht und Gesetz gebunden und habe nicht die Befugnis, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.
Hiergegen hat der Kläger am 07.02.2013 Klage bei dem Sozialgericht erhoben und zur Begründung im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.01.2015 hat der Kläger ausgeführt, dass er sich nicht mehr dagegen wende, dass für die Zeiten, in denen er erkrankt war, der Rentenberechnung die um 10 % gekürzten Gehälter zu Grunde gelegt wurden.
Mit Urteil vom 22.01.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Die Beklagte hat die Altersrente korrekt berechnet. Gemäß § 64 SGB VI berechnet sich die Rente, indem die mit dem Zugangsfaktor vervielfältigte Summe der Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn multipliziert werden. Die aktuelle Rentenhöhe ergibt sich, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird, der gemäß den §§ 65, 69 SGB VI zum 1. Juli eines jeden Jahres neu zu bestimmen ist. Diese Rentenformel gilt seit Überleitung des SGB VI zum 01. Januar 1992 auch im Beitrittsgebiet, wobei nach den übergangsrechtlichen Sonderbewertungsvorschriften "Ost" (hier §§ 254b, 254d u. 255a SGB VI) bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland besondere Entgeltpunkte (Ost) und ein besonderer aktueller Rentenwert (Ost) einzustellen sind. Die Beklagte hat die dem Kläger zuerkannte Regelaltersrente unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Vorgaben in zutreffender Weise festgestellt. Bei dem Kläger waren und sind Entgeltpunkte (Ost) und der aktuelle Rentenwert (Ost) zugrundezulegen, weil der Kläger Beitragszeiten in der ehemaligen DDR zurückgelegt hat und nicht bereits vor dem 19.05.1990 für diese Zeiten nach dem Bundesrecht (noch bestehende) Berechtigungen erworben hat. Dass diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Sonderbewertungsvorschriften "Ost" vorliegen, wird vom Kläger ebenso wenig bestritten wie die rechnerische Richtigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Rentenberechnung. Vielmehr wendet der Kläger gegen die festgestellte Rentenhöhe ein, dass die der Rentenberechnung zugrunde liegenden Normen (insbesondere § 254d Abs. 2 SGB VI) verfassungswidrig seien, da sie eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellten. Der Kläger vermag mit diesem Vortrag nicht durchzudringen.
Ein Grundrechtsverstoß ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Soweit der Kläger eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG mit der Begründung rügt, dass er wegen seines Wohnortes diskriminiert werde, fehlt es bereits an einer Beeinträchtigung des Schutzbereichs der Norm. Wie bereits das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R, ausgeführt hat, ist der spezielle Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG bei Regelungen, die an den Wohnsitz und den ständigen Aufenthalt in einem der beiden vor der Wiedervereinigung bestehenden Teile Deutschlands anknüpfen, nicht beeinträchtigt. Es fehlt an einem Verstoß gegen das besondere Diskriminierungsverbot "wegen seiner Heimat", denn unter dem Begriff "Heimat" ist "die örtliche Herkunft eines Menschen nach Geburt oder Ansässigkeit im Sinne der emotionalen Beziehung zu einem geographisch begrenzten, den Einzelnen mitprägenden Raum (Ort, Landschaft)" zu verstehen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 14.03.2000, Az. 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96). Hieran knüpft das Gesetz nicht an. Es liegt auch keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit vor dem (Parlaments-) Gesetz aus Art. 3 Abs. 1, 1 Abs. 3 GG durch die Regelungen der §§ 254b, 254c, 254d, 255a und 256a SGB VI vor, soweit sie auf das Begehren des Klägers anwendbar sind. Zwar werden der Kläger und alle sonstigen Versicherten, die dem Anwendungsbereich der Sonderbewertungsvorschriften "Ost" unterfallen, bezüglich der Rentenberechnung anders behandelt, als die Versicherten, deren Renten sich nach dem aktuellen Rentenwert und Entgeltpunkten berechnen. Ein Grundrechtsverstoß liegt gleichwohl nicht vor, weil diese Ungleichbehandlung auf einem vernünftigen Grund von hinreichendem Gewicht beruht (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R unter Bezugnahme auf Entscheidungen des BVerfG, u. a. Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00). Es ist verfassungsrechtlich im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" und dabei insbesondere die Regelung des § 254b SGB VI für den Übergangszeitraum zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern geschaffen hat. Der bestehende gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist bei der Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften besonders weit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.11.1996, Az. 1 BvL 4/88), so dass die Grenze allein vom Willkürverbot gezogen wird (vgl. Landessozialgericht - LSG - Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf das LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.10.2000 - Az.: L 4 RA 28/00). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist nicht ersichtlich. Vielmehr waren die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" im Hinblick auf den Gleichheitssatz jedenfalls am 20.07.2000 durch die unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet gerechtfertigt (BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00 zur vergleichbaren Problematik der unterschiedlich hohen Besoldung von Beamten, Richtern und Soldaten in Ost und West ausgeführt, dass diese Ungleichbehandlung mit Blick auf die - noch - deutlich hinter den alten Bundesländern zurückbleibende Wirtschaftskraft und finanzielle Leistungsfähigkeit aller neuen Bundesländer gerechtfertigt ist. Dieser Rechtfertigungsgrund besteht weiterhin. Es liegen auch nach wie vor unterschiedliche, die Ungleichbehandlung rechtfertigende, Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet vor. So haben sich zwar z. B. die Brutto-löhne und Gehälter je Arbeitnehmer für Ost- und Westdeutschland seit 1991 ebenso angeglichen wie sonstige wirtschaftliche Leistungsgrößen, jedoch ist das Ziel der gleichen Standards noch nicht erreicht worden (vgl. hierzu die eingehenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2012, Az. L 22 R 478/11). Zudem ist zu berücksichtigen, dass § 254b Abs. 1 SGB VI in Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerade sicherstellt, dass die Teilhabeberechtigung aus Beitragszeiten in den Sozialversicherungssystemen der DDR unter Wahrung des Verhältnisses der in einem System der Rentenversicherung der DDR versicherten Arbeitsentgelte zum Durchschnittsentgelt der in der DDR Beschäftigten im jeweiligen Kalenderjahr gewonnen wird. Ebenso wird gewährleistet, dass das Rentenversprechen gemäß den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen der Beitragszahler im Beitrittsgebiet (aktueller Rentenwert Ost) erfüllt wird (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Zur Vermeidung von weiteren Wiederholungen wird zur Frage der Verfassungskonformität im Übrigen Bezug genommen auf die ausführlichen und schlüssigen Entscheidungsgründe des LSG Thüringen im Urteil vom 25.01.2011 (Az. L 6 R 1006/07) sowie des LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 23.02.2012 (Az. L 22 R 478/11), denen sich die Kammer nach eingehender Prüfung aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließt. Das Argument des Klägers, dass der Kinderanteil in der ehemaligen DDR höher als im Westen gewesen sei und die gut ausgebildeten Kinder der ehemaligen DDR-Bürger nun die Rente für die kinderlosen Renten im Westen erwirtschaften, vermag die Kammer demgegenüber nicht zu überzeugen, weil es schlicht neben der Sache liegt. Schließlich stellt auch die Stichtagsregelung in § 254d Abs. 2 SGB VI entgegen der Ansicht des Klägers keinen Verfassungsverstoß dar. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt, solange sich die Wahl des Zeitpunktes an gegebenem Sachverhalt orientiert (BVerfG, Beschluss vom 26.04.1995, Az. u.a. 2 BvR 794/91). Vorliegend hat der Gesetzgeber den Stichtag "18.05.1990" nicht willkürlich festgelegt. Vielmehr handelt es sich bei diesem Datum um den Tag, an dem der sog. Staatsvertrag (Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) geschlossen worden ist. Die Stichtagsregelung dient dem Vertrauensschutz und der Verwaltungsvereinfachung. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversiche-rung unerlässlich sind (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 18.01.2013, Az. L 5 R 144/12 ZVW), so dass ein Verstoß gegen Art, 3 Abs. 1 GG auch insoweit nicht zu erkennen ist."
Gegen das ihm am 14.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.03.2015 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens hat der Kläger zur Begründung ergänzend ausgeführt, dass das Argument einer höheren Produktivität in den alten Bundesländern für die Schaffung der Stichtagsregelung des § 254d Abs 2 SGB VI nicht tragfähig sei. Dies gelte allenfalls für die Zeit "nach dem Anschluss", nicht aber für die in der DDR selbst geleistete Arbeit. Aus der geringeren Entlohnung in der DDR ergäbe sich zwar rechnerisch eine geringere Arbeitsproduktivität. Wegen der damit verbundenen geringeren Sozialversicherungsbeiträge erhalte ein Versicherter, der sein Erwerbsleben wie er größtenteils im Beitrittsgebiet zurückgelegt habe, nun auch geringere Rentenleistungen. Das sei nicht hinnehmbar. Nachfolgend hat sich der Bevollmächtigte des Klägers bestellt und ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt werde. Einerseits werde seine Vorleistung nur bis zu einer niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze versichert, mit der Folge, dass auch die "Hochrechnung auf Westniveau" insoweit ausfalle. Andererseits werde das Rentnerlohnprinzip ungleich ausgestaltet, da auf das im Beitrittsgebiet niedrigere Niveau der Entgelte der aktiven Versicherten abgestellt werde. Zwar habe das BSG in seinem Urteil vom 14.03.2006 (B 4 RA 41/04 R) diese Ungleichbehandlung als gerechtfertigt angesehen. Die Sachlage habe sich aber seit dem damals entscheidungserheblichen Zeitpunkt (Juli 2000) erheblich verändert. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im Beitrittsgebiet ließen sich nicht mehr hinreichend aussagekräftig als allgemeine Folge des Transformationsprozesses erklären, der eine rentenrechtliche Differenzierung weiterhin trage. Die unterschiedliche Wirtschafts- und Finanzkraft stelle sich mehrheitlich nicht mehr als vereinigungsbedingte Problemstellung dar, sondern sei vielmehr Folge der internationalen Entwicklung, insbesondere der Globalisierung und des Europäischen Einigungsprozesses. Auch habe die Lohnentwicklung im Beitrittsgebiet mit den damaligen Vorstellungen nicht Schritt gehalten. Es sei zu konstatieren, dass tatsächlich nicht mehr absehbar sei, ob und wann der Aufholprozess in den neuen Bundesländern erfolgreich abgeschlossen und somit die Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse wie im Altbundesgebiet überhaupt erreicht werde. Eine Umstrukturierung der Sozialsysteme in der BRD, insbesondere des Rentensystems stehe an und sei bereits im Gange. Dies sei nur gesamtstaatlich und einheitlich zu realisieren. Der Rentnergeneration des Beitrittsgebiets, der der Kläger angehöre, habe in diesem Zusammenhang keine Positionen in den beiden weiteren Säulen der Alterssicherung (betriebliche und private Altersvorsorge) aufbauen können. Weitgreifende politische Strömungen wie auch ein breiter Kreis aus Gewerkschaften und Interessenverbänden forderten dementsprechend eine Aufhebung der Sonderbewertungsvorschriften. Dem aus Art 30 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag vom 31. August 1990, BGBl II S 889 - EinigVtr) resultierenden regionalbedingten Sonderrecht sei eine Übergangsregelung, der notwendigerweise eine Befristung innewohne.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.01.2015 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.08.2011 in der Fassung des Bescheides vom 18.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2013 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.10.2011, hilfsweise ab dem 01.01.2015, dazu hilfsweise ab dem 01.07.2016 unter Berücksichtigung von per-sönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten Ost höhere Altersrente zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt ferner,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten (Az. 000), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Altersrente ab dem 01.10.2011. Der Bescheid der Beklagten vom 25.08.2011 in der Fassung des Bescheides vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2013 ist rechtmäßig.
Auch zur Überzeugung des Senats sind die Regelungen der §§ 254b, 254d und 255a SGB VI nicht verfassungswidrig. Der Senat weist insofern die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Auch aus dem Berufungsvorbringen ergibt sich kein günstigeres Ergebnis für den Kläger.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG wird ebenso wenig wie der spezielle Gleichheitssatz des Art 3 Abs 3 GG dadurch verletzt, dass der Kläger der begünstigenden Regelung des § 254 d Abs 2 SGB VI aufgrund seines gewöhnlichen Aufenthalts am 18.05.1990 im Beitrittsgebiet nicht unterfällt. Dass die gesetzliche Regelung an das Datum des Abschlusses des sogenannten Staatsvertrages anknüpft, dient dem Vertrauensschutz derjenigen Versicherten, die bis zu diesem Tag ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet genommen hatten. Der Gesetzgeber knüpft damit differenzierende Rechtsfolgen sachgerecht an das Kriterium des Vertrauensschutzes und der Verwal-tungsvereinfachung. Das Berufungsvorbringen richtet sich daher konsequenterweise im Wesentlichen gegen die sonderrechtliche Bestimmung des aktuellen Rentenwerts (Ost) nach § 255 a SGB VI.
Das Bundessozialgericht hat entschieden (Urteil vom 14.03.2006 - B 4 RA 41/04 R), dass die unterschiedliche Bestimmung des Rentenwerts und des Rentenwerts (Ost) als Ausdruck der Bewertung der jeweiligen wirtschaftlichen Vorleistung verfassungsrechtlich jedenfalls bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gerechtfertigt ist. Das Bundessozialgericht hat hierbei ausdrücklich auch die von dem Kläger als ungerechtfertigte Ungleichbehandlung monierten Auswirkungen der niedrigeren Beitragsbemessungsgrenzen im Beitrittsgebiet und der Anknüpfung des "Rentnerlohns" an das niedrigere Niveau der Entgelte der aktiven Versicherten im Beitrittsgebiet berücksichtigt. Es hat entscheidend darauf abgestellt, dass die "Anpassung" des aktuellen Rentenwertes (Ost) zwei verschiedenen rechtlichen Vorgaben dient, nämlich zum einen - wie "im Westen" - der Aktualisierung des "Rentnerlohnprinzips", zum anderen aber des "Angleichungsgebots" des Einigungsvertrags (BSG a.a.O. Rn 20f).
Diese Erwägungen besitzen zur Überzeugung des Senats nach wie vor Gültigkeit. Das Angleichungsgebot des Art 30 Abs 5 Satz 3 EinigVtr, nach dem die Überleitung des Rentenversicherungssystems von der Zielsetzung bestimmt sein soll, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter im Beitrittsgebiet an diejenigen im übrigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auch eine Angleichung der Renten zu verwirklichen, rechtfertigt nach wie vor eine Anknüpfung an die wirtschaftliche Entwicklung.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind im Beitrittsgebiet noch nicht denjenigen Westdeutschlands angeglichen (so auch Sächsische Landessozialgericht Urteil vom 05.01.2016 - L 5 R 160/15).
Ausweislich des "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2011" vom 09.11.2011 erreichte der rentenrechtliche "Durchschnittslohn Ost" im Betrachtungszeitraum rund 85 Prozent des "Durchschnittslohns West" und das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner in Ostdeutschland betrug rund 73 Prozent des westdeutschen Niveaus (BT-Drs 17/7711 S 10, 14). Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2012" vom 04.10.2012 lag das ostdeutsche Bruttoinlands-produkt pro Einwohner bei 71 Prozent des westdeutschen Niveaus. Ein mit etwa 80 % etwas günstigeres, aber immer noch nicht angeglichenes Ergebnis zeigte sich beim Ver-gleich der ostdeutschen Länder, einschließlich des Stadtstaates Berlin, mit den struktur-schwachen westdeutschen Flächenländern (Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schles-wig-Holstein und Saarland) und dem Stadtstaat Bremen. Die gesamtwirtschaftliche Produktivität Ostdeutschlands lag bei rund 80 Prozent derjenigen im Vergleich zu West-deutschland (BT-Drs 17/10803 S 4, 17). Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2013" vom 21.11.2013 trat eine wesentliche Veränderung hierzu nicht ein (BT-Drs 18/107 S 5, 6). Nach dem "Jahresbericht der Bun-desregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2014" vom 20.09.2014 (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie) hat sich der wirtschaftliche Konvergenzprozess wieder abgeschwächt (Jahresbericht S 18). Trotz der zwischenzeitlich erfolgten hohen Angleichung der tariflichen Löhne (97 %) hat sich die Relation der Effektivlöhne Ostdeutschlands gegenüber denen Westdeutschlands mit "etwa 80 Prozent" nach wie vor nicht wesentlich verändert (Jahresbericht S 45f). Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2015" vom 24.09.2015 ist die Situation im Wesentlichen unverändert. Bei den Effektivlöhnen bestehen nach wie vor deutliche Unterschiede. Ihre Relation liegt bei 78 Prozent und bewegt sich auf dem gleichen Niveau wie seit Mitte der 1990er Jahre (BT-Drs 18/6100 S 58).
Mit der Neufassung des § 255a Abs 2 SGB VI zum 01.08.2004 durch Art 1 Nr 50 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21.7.2004 (BGBI I 1791) hat der Ge-setzgeber darüber hinaus eine Schutzklausel dahingehend geschaffen, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) nicht schwächer steigen darf als der aktuelle Rentenwert.
Eine vollständige Anpassung des Rentenwerts ist darüber hinaus zwar normativ möglich und sozialpolitisch auch gewollt, wie der - auf der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode basierende - vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegte Entwurf eines Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes zeigt. Gesellschafts- und sozialpolitische Bestrebungen zur Angleichung des Rentenwertes indizieren aber nicht eine Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Rechtslage. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Schaffung der zweiten und dritten "Säule der Alterssicherung". Die Ausgestaltung der zweiten und dritten "Säule" (betriebliche und private Altersvorsorge) wurde erst nach der Wiedervereinigung, beginnend mit der Rentenreform 2001, vorangetrieben. Eine signifikante Benachteiligung von Personen, die ihr Erwerbsleben im Wesentlichen im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben, ist damit nicht erkennbar. Schließlich wohnt der Vereinbarung in Art 30 EinigVtr keine Befristung inne. Dem mit der Vereinbarung hingegen notwendigerweise einhergehenden Beobachtungserfordernis kommt der Gesetzgeber hingegen nach, was u.a. die oben zitierten Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit belegen.
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet in den §§ 254b, 254d und 255a SGB VI verletzten den Grundsatz der Normenwahrheit. Dieser vom BVerfG eingeführte Verfassungsbegriff (vgl BVerfG Beschluss vom 12.02.2003 - 2 BvL 3/00) zielt auf den Gesetzgeber und seine Motive ab. Danach ist die Normenwahrheit dann verletzt, wenn der Normgehalt aus der Sicht des Normadressa-ten nicht mit den durch herkömmliche Auslegungskriterien zu bestimmenden Normerwartungen übereinstimmt (vgl. Drüen in ZG 2009, 60-74). Vorliegend ist aber eine Zweckuntauglichkeit der betreffenden Sonderreglungen für das Beitrittsgebiet gemessen an dem vom Gesetzgeber verfolgten Steuerungsansatz (vgl o.g. Gesetzesmotive) nicht festzustellen. Insbesondere ist, wie das BSG und das BVerfG entschieden haben, die Berücksichtigung der abweichenden wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im Beitrittsgebiet einerseits und im übrigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland andererseits ein tatsächlich zutreffender und zwecktauglicher Ansatz.
Nach den vorstehenden Erwägungen hat der Kläger auch mit seinem Hilfsantrag (Gewährung höherer Rente ab dem 01.01.2015) und dem dazu hilfsweisen weiteren Antrag (Gewährung höherer Rente ab dem 01.07.2016) keinen Erfolg. Der aktuelle Rentenwert (Ost) betrug in der Zeit vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2015 92,2 % und in der Zeit vom 01.07.2015 bis zum 30.06.2016 92,6 %. Ab dem 01.07.2016 beträgt der aktuelle Rentenwert (Ost) mit 28,66 Euro 94,1 % des aktuellen Rentenwerts von nunmehr 30,45 Euro. Mit Blick auf diese immer größere Annäherung der Werte ist nicht erkennbar, dass gerade zum 01.01.2015 bzw zum 01.07.2016 eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
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