Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2300/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 494/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Anscheinsbeweis und zur Beweislast nach der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Rechtslage bei der Frage, ob ein Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall (§ 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V) gegeben ist.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2014 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Krankenhausbehandlungskosten i.H.v. 34.395,62 Euro.
Die Klägerin betreibt das Bkrankenhaus in Berlin. Am 18. Februar 2008 nahm dieses die 1959 geborene E B (nachfolgend "Patientin") über die Ambulanz als Notfall (aufgrund der Diagnosen Rechtsherzversagen, Asthma bronchile und COPD) auf. In der vorliegenden Unabweisbarkeitsbescheinigung ist als Adresse der Patientin die Bstraße in B angegeben. Die Patientin wurde bis zu ihrem Tod am 2. März 2008 im Krankenhaus versorgt. Sie bezog bis einschließlich 30. November 2007 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), war aufgrund dessen bis zu diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied der Beklagten und hatte nach Ablauf des Bewilligungszeitraums Ende November 2007 keinen Weiterbewilligungsantrag gestellt. Wovon sie ihren Lebensunterhalt ab Dezember 2007 bestritt, ist nicht bekannt. Im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 17. Februar 2008 war die Patientin in ambulanter Behandlung bei dem Facharzt für Innere Medizin B. Die Behandlung wurde ausschließlich über die von der Beklagten ausgehändigte Krankenversicherungskarte abgerechnet. Auf Antrag des Krankenhauses hatte das Amtsgericht Tiergarten den Zeugen R P vorläufig zum Betreuer der Patientin bestellt (Beschluss vom 21. Februar 2008, Az.: 50 XVII 6675). Am 28. Februar 2008 war beim Amtsgericht Wedding wegen eines vier Monate umfassenden Mietrückstandes Räumungsklage erhoben worden. Ein Nachlassverfahren bezüglich der Patientin wurde nicht durchgeführt. Die der Patientin ausgehändigte Krankenversicherungskarte der Beklagten hatte eine Gültigkeit bis 31. März 2011. Die Beklagte versuchte in einem sog. Rückholverfahren, beginnend am 29. Februar 2008 durch einen Brief an die Patientin, die Krankenversicherungskarte von dieser zurückzuerhalten. Da die Patientin dieser Aufforderung nicht nachkam bzw. ihr nicht mehr nachkommen konnte, wurden weitere Maßnahmen seitens der Beklagten nicht mehr ergriffen. Das Rückholverfahren wurde im Mai 2008 mit internem Vermerk bei der Beklagten eingestellt.
Mit Schreiben vom 6. März 2008 übermittelte das Krankenhaus der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten der stationären Behandlung, den diese ablehnte. Daraufhin wandte sich das Krankenhaus im April 2008 an das Bezirksamt Mitte von Berlin. Dieses lehnte die Kostenübernahme unter Hinweis auf den Nachrangigkeitsgrundsatz des § 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und die gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) bestehende sog. Auffangpflichtversicherung ebenfalls ab. Nach Durchführung weiterer Recherchen, u.a. beim Jobcenter Berlin Mitte, das mit Schreiben vom 27. Mai 2009 an das Krankenhaus mitteilte, dass die Patientin nur bis 30. November 2007 Leistungen bezogen habe und nicht bekannt sei, ob sie danach verzogen sei oder anderweitig Leistungen bezogen habe, wandte sich dieses im Mai 2010 erneut an die Beklagte, die die Kostenübernahme weiterhin ablehnte. Eine weitere Zahlungsaufforderung des Krankenhauses im Juli 2016 lehnte die Beklagte wiederum ab. Weder aus der Leistungsakte des Jobcenters Berlin Mitte, aus der Gerichtsakte des Amtsgerichts Tiergarten, Az. 50 XVII 6675, aus Ermittlungen zu einer etwaigen Nachlassakte, aus Ermittlungen zu Personenstandsurkunden einer Schwester der Patientin noch aus Ermittlungen zur Bezahlung der Bestattung der Patientin ergaben sich Rückschlüsse auf eine etwaige Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten im Behandlungszeitraum.
Mit ihrer am 2. Dezember 2011 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat geltend gemacht, die Patientin sei während des Behandlungszeitraums gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V Pflichtmitglied der Beklagten gewesen.
Mit Urteil vom 20. November 2014 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin 34.395,62 Euro nebst Zinsen i.H.v. zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. März 2008 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Krankenhausvergütung aus § 109 Abs. 4 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem zwischen den Beteiligten geltenden Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiere regelmäßig mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssten beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen. Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehe eine Zahlungspflicht der Beklagten. Streitig seien insoweit einzig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, namentlich, ob im Behandlungszeitraum eine Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten bestanden habe. Demzufolge habe sich die unstreitig bis zum 30. November 2007 bestehende Mitgliedschaft der Patientin unmittelbar im Anschluss an den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V fortgesetzt. Insbesondere habe die Patientin im streitgegenständlichen Zeitraum keinen anderweitigen Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen gehabt. Dieser habe sich weder aus § 48 SGB XII noch aus § 41 Abs. 1 SGB XII ergeben, da nicht ersichtlich gewesen sei, dass die Patientin einen anspruchsbegründenden Antrag gestellt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Patientin aus sonstigem Grunde anderweitig gegen das Risiko der Krankheit abgesichert gewesen wäre. Es erscheine unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungssystematik, insbesondere zu § 5 Abs. 8a SGB V, und des Sinn und Zwecks der Auffangpflichtversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V fraglich, ob die Klägerin beweisbelastet sei. Letztlich könne jedoch dahinstehen, ob diese Überlegungen in Fällen der vorliegenden Art zu einer Beweislastumkehr führten, denn jedenfalls sei in dem hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall in Anwendung der Grundsätze zum Beweis des ersten Anscheins anzunehmen, dass die Patientin nach Ablauf der Pflichtversicherung am 30. November 2007 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall begründet habe. Die Begründung einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall erscheine bereits aus dem sehr kurzen Zeitraum von nicht einmal drei Monaten zwischen dem Ende der durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bestehenden Pflichtversicherung der Patientin und der Aufnahme ins Krankenhaus sowie unter Würdigung der weiter vorliegenden konkreten Umstände – ernsthafte Erkrankung der Patientin, die zeitnah zum Tode führte – fernab jeder Lebensrealität. Gegen eine anderweitige Absicherung spreche maßgeblich die Mitteilung des behandelnden Arztes B, wonach die Patientin im Zeitraum 1. Dezember 2007 bis 17. Februar 2008 in seiner ambulanten Behandlung gewesen und die Behandlung ausschließlich über die von der Beklagten ausgehändigte Krankenversicherungskarte abgerechnet worden sei. Angesichts dessen dränge sich die Vermutung, dass bei Beendigung des Versicherungstatbestandes Ende November 2007 bis Mitte Februar 2008 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfalle bestanden habe, geradezu auf. Es lägen insbesondere auch keine Anhaltspunkte für einen etwa erfolgten Umzug vor. Im Gegenteil ergebe sich aus der vorliegenden Unabweisbarkeitsbescheinigung, dass die Patientin auch nach Ablauf der SGB II-Leistungen weiter im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Berlin Mitte wohnhaft gewesen sei. Aufgrund der genannten Umstände sei auch weiter davon auszugehen, dass die Patientin bei der stationären Aufnahme "zuletzt" gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei für das Eingreifen der Auffangpflichtversicherung nicht erforderlich, dass dieser eine Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung unmittelbar vorangegangen sei. Die gesetzliche Pflichtversicherung der Patientin habe erst kurz vor der Krankenhausaufnahme geendet. Auch insoweit griffen die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins. Anhaltspunkte dafür, dass in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 2007 und dem 17. Februar 2008 eine anderweitige, insbesondere eine private Krankenversicherung, zustande gekommen sein könnte, seien nicht ersichtlich und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auch fernliegend.
Gegen dieses ihr am 2. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22. Dezember 2014 Berufung eingelegt, mit der sie ihr bisheriges Vorhaben wiederholt und ergänzt. Nach Ansicht der Beklagten erscheine es fraglich, ob die Voraussetzungen der vom Sozialgericht angewandten Grundsätze des prima-facie-Beweises überhaupt erfüllt seien. Im Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, dass eine Beweislastumkehr nicht in Betracht komme und die Klägerin nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast beweisbelastet bleibe. Überdies könne sich die Klägerin auf einen aus der bis zum 31. März 2011 ausgestellten Krankenversicherungskarte der Patientin abzuleitenden Vertrauensschutz nicht berufen, da einem Krankenhaus im Falle einer stationären Behandlung ein solcher nicht zukomme. Die Legitimationsfunktion der Krankenversicherungskarte sei gemäß § 15 Abs. 2 SGB V ausschließlich auf die vertragsärztliche Versorgung beschränkt. Weiterhin müsse während der noch laufenden Erklärungsfrist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V der Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen bleiben, solange dabei nicht nachgewiesen sei, dass die Patientin von der möglichen Versicherungsberechtigung im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V keinen Gebrauch machen wolle. Da die Patientin hier jedoch innerhalb der Erklärungsfrist verstorben sei, sei die Abgabe einer entsprechenden Erklärung zumindest abstrakt bis zuletzt möglich gewesen. Eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V von Amts wegen griffe stattdessen in ungerechtfertigter Weise in die Handlungsfreiheit der jeweils Berechtigten ein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Patientin sei im streitgegenständlichen Behandlungszeitraum gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert gewesen. Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sei auszuschließen. Insbesondere sei ein Anspruch auf Krankenhilfe nach dem Fünften Kapitel des SGB XII von vornherein kein "anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies ergebe sich aus § 5 Abs. 8a SGB V. Weiterhin trage die Beklagte nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast die Pflicht, den Beweis über das Bestehen eines anderweitigen Anspruches auf Absicherung im Krankheitsfall. Überdies habe die Patientin weder einen Antrag stellen noch habe sie die Versicherung anzeigen müssen. Sie sei vielmehr gemäß § 174 Abs. 5 SGB V kraft Gesetzes nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V versichert gewesen. Im Weiteren könnten die Fragen nach der Legitimationsfunktion der Versicherungskarte und der etwaig daraus folgende Vertrauensschutz für sie – die Klägerin – offen bleiben. Darüber hinaus mache die Beklagte geltend, dass sich in ihren Datenbanken keinerlei Abrechnungen für etwaig verordnete Heil-, Hilfs- oder Arzneimittel durch den Internisten B im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 17. Februar 2008 finden ließen. Dies bestreite sie mit Nichtwissen. Selbst wenn man hiervon ausginge, verbleibe es dabei, dass Herr B bestätigt habe, die Patientin habe eine Krankenversicherungskarte der Beklagten vorgelegt und die Abrechnung sei über diese Karte erfolgt. Die Patientin sei überdies auch "zuletzt" gesetzlich krankenversichert gewesen. Denn eine etwaige Auffangpflichtversicherung bestehe auch dann, wenn die Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung der Auffangpflichtversicherung nicht unmittelbar vorangehe, sondern zwischenzeitlich eine anderweitige Absicherung gegen Krankheit außerhalb der privaten Krankenversicherung erfolgt sei. Etwaige Anhaltspunkte eines anderweitigen privaten oder gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes der Patientin seien nicht vorhanden. Überdies sei die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durch den Gesetzgeber nicht beschränkt. Im Gegenteil beginne die Mitgliedschaft von Versicherungspflichtigen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nach § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V bereits mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch im Krankheitsfall im Inland. Schließlich verkenne die Beklagte hinsichtlich des Falles der Nichtausübung eines Beitritts nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V, dass dann der Pflichtversicherungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V einschlägig sei.
Der Senat hat über die Frage, wo die Patientin ab dem 30. November 2007 versichert war, Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen P. Wegen des Ergebnisses wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 17. Januar 2017 verwiesen. Darüber hinaus hat der Senat die o.g. Betreuungsakte des Amtsgerichts Tiergarten und die Leistungsakte des JobCenters Berlin-Mitte beigezogen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der dem Senat vorgelegen hat.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 34.395,62 Euro nebst Zinsen verlangen.
I. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung insoweit Bezug, als es die Zulässigkeit der Klage und die Ausführungen zur Rechtsgrundlage des klägerischen Anspruches betrifft (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
II. Sofern es auf die Frage der Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten im Behandlungszeitraum vom 18. Februar 2008 bis zum 2. März 2008 ankommt, weist der Senat auf Folgendes hin:
Der Senat ist – dem Ergebnis des Sozialgerichts folgend – ebenfalls davon überzeugt, dass sich die Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten unmittelbar im Anschluss an den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bis zum 30. November 2007 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V fortsetzte.
1. Die Patientin hatte insbesondere keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall.
a. Ein etwaiger Anspruch folgte insbesondere nicht aus § 48 SGB XII. Denn § 48 SGB XII fällt schon nicht unter einen anderweitigen Anspruch im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V, da § 5 Abs. 8a SGB V Ansprüche nach dem Fünften Kapitel des SGB XII gerade nicht (mehr) nennt (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – B 12 KR 25/09 R = BSGE 107, 26 ff. –, juris, Rn. 28; Urteil vom 21. Dezember 2011 – B 12 KR 13/10 R = SozR 4-2500 § 5 Nr. 15 –, juris, Rn. 13 ff.; LSG Nordrhein-West-falen, Urteil vom 26. März 2015 – L 16 KR 820/12 –, juris, Rn. 43).
Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII zwar antragsunabhängig, aber grundsätzlich erst ab Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe bzw. der von ihm beauftragten Stellen oder einer nicht zuständigen Gemeinde (§ 18 SGB XII). Für eine solche Kenntnis ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.
b. Darüber hinaus folgte ein Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nicht aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V.
Danach besteht ein Anspruch auf Leistungen, wenn die Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger endet, längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 SGB V gilt jedoch gemäß § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.
Unabhängig davon, dass der Anschluss eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall vorliegend nicht ersichtlich erscheint, fällt der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlungen nicht in den von § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V umfassten Zeitraum. Denn die Mitgliedschaft der Patientin als Versicherungspflichtige gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V endete am 30. Novem¬ber 2007. Der von § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V umfasste Zeitraum beträfe hier folglich die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007 (§ 26 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Der streitige Vergütungsanspruch betrifft allerdings den Zeitraum vom 18. Februar 2008 bis 2. März 2008.
c. Schließlich hatte die Patientin auch keinen sonstigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall aus gesetzlicher oder privater Krankenversicherung. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat nach den Regeln des Anscheinsbeweises (prima-facie-Beweis).
aa. Dieser Beweiswürdigungsgrundsatz ist grundsätzlich auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar (BSG, Urteile vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R –, vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R –, vom 17. Juni 2009 – B 6 KA 16/08 R –, vom 09. Dezember 2008 – B 8/9b SO 13/07 R –, vom 02. November 2005 – B 6 KA 63/04 R –, vom 04. Februar 1998 – B 9 VG 5/96 R –, vom 21. November 1958 – 5 RKn 33/57 –, und vom 30. Juni 1960 – 2 RU 86/56 –; alle juris; Bieresborn, NZS 2008, 354; Braun, GesR 2016, 755; Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11.A., § 128 Rd. 9ff m.w.N.) und ermöglicht auch im Sozialrecht bei typischen Geschehensabläufen den Schluss auf bestimmte Tatsachen. Im Zusammenhang mit der Prüfung, ob kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V besteht, liegt hierbei die Bildung von Fallgruppen nahe, etwa für langjährig Obdachlose (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Braun a.a.O.), für zuvor versicherungspflichtige EU-Bürger mit nunmehr unbekanntem Aufenthalt (SG Leipzig, a.a.O.) oder eben auch für schwerkranke Personen (s.a. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. April 2011 – L 20 SO 78/10 –, juris), die – wie hier (und wohl auch SG Berlin, Urteil vom 8. Juni 2016, S 143 KR 2077/14, zitiert nach Braun, a.a.O.) – ohne nachvollziehbaren Grund auf die Beantragung von Sozialleistungen, welche einen Krankenversicherungsschutz nach sich zögen, verzichten. In diesem Zusammenhang ist bei einer schwerkranken Patientin wie der hiesigen, die nach Auslaufen der Alg-II-Bezugs keinen Folgeantrag gestellt hat, prima facie davon auszugehen, dass, wer sich schon nicht um die vordringlichere Existenzsicherung kümmert, erst recht nicht Vorsorge für eine anderweitige Absicherung bei Krankheit trifft.
Weitere Umstände runden dieses Bild ab: Zum einen lag zwischen Ende der durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bestehenden Pflichtversicherung der Patientin und der Aufnahme ins Krankenhaus ein sehr kurzer Zeitraum von weniger als drei Monaten. Zum anderen spricht angesichts der Einkommenslosigkeit und des äußerst schlechten Gesundheitszustand der Patientin nichts für den Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Überdies liegt ein gewichtiges Indiz gegen eine anderweitige Absicherung in der Mitteilung des behandelnden Vertragsarztes B, wonach die Patientin im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 17. Februar 2008 von ihm ambulant behandelt und die Behandlung ausschließlich über die von der Beklagten ausgehändigte Krankenversicherungskarte abgerechnet wurde.
Ob sich – wie von der Beklagten angenommen – die Klägerin auf keinen Vertrauensschutz aus der Krankenversicherungskarte berufen kann, hat vorliegend keine Relevanz. Denn es kommt hier gerade nicht darauf an, ob die Klägerin ein schützenswertes Vertrauen auf die sich aus der Gültigkeit der Krankenversicherungskarte bis zum 31. März 2011 möglicherweise ergebenden Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten hat. Vielmehr steht die Frage im Raum, ob aus der Verwendung der Krankenversicherungskarte im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 17. Februar 2008 bei dem Internisten B ein Rückschluss auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall geschlossen werden kann.
bb. Den Anscheinsbeweis für das Fehlen eines Anspruchs auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall hat die Beklagte nicht erschüttert.
Der Anscheinsbeweis erbringt den vollen Beweis, solange nicht durch festgestellte konkrete Tatsachen ein von der Typik abweichender Geschehensablauf möglich erscheint (BSG, Urteile vom 2. November 2005 – a.a.O. – und vom 12. Februar 1998 – B 8 KN 3/96 U R –; beide juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rd. 9e m.w.N.). Solche Tatsachen sind weder dem Vorbringen der Beklagten zu entnehmen noch anderweitig ersichtlich.
d. Selbst wenn man den Nachweis, dass die Patientin damals über keinen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall verfügte, als nicht erbracht ansähe, wäre zu Lasten der Beklagten von diesem Umstand nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast auszugehen.
aa. Ob die für den geltend gemachten Anspruch maßgeblichen Tatsachen vorliegen oder nicht, entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Sind die Möglichkeiten zur weiteren Erforschung des Sachverhalts indes ausgeschöpft und lassen sich bestimmte für den geltend gemachten Anspruch relevante Tatsachen nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen, greifen auch im Sozialrecht die allgemeinen Regeln der objektiven Beweislast (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 103 SGG Rn. 19a m.w.N.). Danach ist zu Lasten desjenigen, der aus einer nicht feststellbaren Tatsache eine für ihn günstige Rechtsfolge ableitet, anzunehmen, dass diese Tatsache nicht gegeben ist (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 – 10 RV 945/55 = BSGE 6, 70 ff. –, juris, Rn. 18; Senat, Urteil vom 25. Mai 2016 – L 9 KR 134/13 –, juris, Rn. 25). Somit liegt die objektive Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale grundsätzlich bei demjenigen, der den Anspruch geltend macht, also regelmäßig beim Kläger, und zwar auch dann, wenn es um das Fehlen bestimmter Umstände (sog. negative Tatbestandsmerkmale) geht (BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 18/04 R –, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Für den vorliegenden Fall hätte dies zur Folge, dass die Klägerin, weil sie aus einer Versicherungspflicht der Patientin nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V einen Zahlungsanspruch ableitet, grundsätzlich auch die Beweislast für das Tatbestandsmerkmal "keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" trägt.
bb. Diese pauschale Betrachtungsweise bedarf im Hinblick auf negative Tatsachen indes einer Differenzierung (vgl. Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 29. November 2005 – L 6 AL 1/01 –, juris). Insoweit kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Grundsatz, dass negative Tatsachen nicht zu beweisen sind ("negativa non sunt probanda"), in vielen Bereichen des Rechts anerkannt ist, z.B. im Verwaltungsverfahrensrechts im Hinblick auf die Behauptung, ein Schreiben sei nicht zugegangen (BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 4/06 R –, Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Juni 2012 – 12 A 828/12 –, BFH, Urteil vom 14. März 1989 – VII R 75/85 –; alle juris), im Recht der Arbeitsförderung (Landessozialgericht für das Saarland, a.a.O.), im Rentenversicherungs- (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. September 2003 – L 6 RJ 102/03 –, juris) und Unfallversicherungsrecht (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht / Ricke, Stand: März 2017, SGB VII § 162 Rn. 22a), im Strafrecht (Vogel in: Laufhütte u.a., Strafgesetzbuch - Leipziger Kommentar, 2007, § 15 StGB, Rd. 70) oder im Steuerrecht (Urban, DStZ 2016, 747). Im vom Beibringungsgrundsatz geprägten Zivilprozess wird dem mit einer abgestuften Darlegungs- bzw. Bestreitenslast Rechnung getragen. Danach hat der Beklagte im Zusammenhang mit dem Bestreiten eines anspruchsbegründenden negativen Tatbestandsmerkmals – etwa "ohne rechtlichen Grund" (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder das Unterlassen einer geschuldeten Aufklärung – auch Umstände (z.B. den rechtlichen Grund i.S.v. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) darzulegen, auf deren Widerlegung sich die Beweislast des Klägers dann konkretisiert (Balzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2011, Ziff. 1.2.2.).
Eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast ist dem dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichteten öffentlichen Recht nicht fremd (BSG, Urteil vom 29. Januar 2009 – B 3 P 7/08 R –, Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2009 – L 1 KR 76/08 –, Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2017 – L 30 P 22/12 KL –, Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. April 2017 – 5 B 262/16 –; alle juris; Zieglmeier, DB 2004, 1830) und wird Konstellationen der vorliegenden Art in besonderer Weise gerecht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser typischerweise stark eingeschränkt sind (Flachsbarth, PKR 2012, 2; Braun a.a.O.). Für Informationen durch Verwandte oder andere nahestehende Personen nicht auskunftsfähiger Patienten sind die Krankenhäuser auf deren freiwillige Mitarbeit angewiesen. Auch Auskunftsansprüche gegenüber Behörden stehen Krankenhäusern – i.d.R. wegen datenschutzrechtlicher Belange – nicht zu, wohl aber den Krankenkassen. Nicht zuletzt dieses Ungleichgewicht bei den Ermittlungsmöglichkeiten rechtfertigt es, den Krankenkassen eine besondere Darlegungslast aufzuerlegen.
Haben daher – wie hier – die Ermittlungen einen Anspruch des Krankenhauspatienten auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nicht beweisen können, muss die Krankenkasse, bei der zuletzt eine Krankenversicherung festgestellt wurde, einen bei verständiger Betrachtung und nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darlegen, aus dem sich eine anderweitige Absicherung ergeben kann. Kommt sie dem nach, trägt das Krankenhaus die Beweislast dafür, diesen Sachverhalt nicht widerlegen zu können. Entspricht das Krankenhaus dieser Obliegenheit hingegen nicht, ist zu seinen Lasten davon auszugehen, dass kein Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht.
cc. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte einen solchen Sachverhalt nicht dargelegt. Er drängt sich nach dem unter c. Gesagten auch in keiner Weise auf. Zu Lasten der Beklagten muss der Senat daher das Fehlen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall zugrunde legen.
Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte offenkundig zu keinem Zeitpunkt eigene Erkundigungen veranlasst und dadurch grob gegen ihre Amtsermittlungspflicht nach § 20 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch verstoßen hat.
2. Schließlich war die Patientin auch zuletzt gesetzlich, nämlich bei der Beklagten, krankenversichert. Für die anschließende Zeit bestand nach den obigen Feststellungen des Senats hingegen keinerlei Absicherung im Krankheitsfall mehr.
3. Liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V vor, beginnt gemäß § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V – entgegen dem Vorbringen der Beklagten – die Mitgliedschaft mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, hier also mit dem 1. Dezember 2007. Der Beginn der Mitgliedschaft folgt damit unmittelbar aus dem Ende der vorhergehenden Absicherung im Krankheitsfall und schließt sich diesem nahtlos an. Zwar obliegt den betroffenen Personen die Anzeige der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V selbst (Umkehrschluss aus § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V), die Mitgliedschaft tritt jedoch kraft Gesetzes gemäß § 174 Abs. 5 SGB V und damit unabhängig von einer Anzeige des Versicherten ein (BT-Drs. 16/3100, S. 158 zu Nr. 137; vgl. auch Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V-Kommentar, Stand: 05/2016, § 5 SGB V Rn. 473a).
Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung, dass § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V) gelte, überzeugt nicht. Sie hätte – entgegen der gesetzgeberischen Konzeption (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Mai 2015, L 9 KR 103/15 B ER; SG Berlin, Urteil vom 1. Oktober 2015, S 72 KR 2210/13 (Berufung anhängig unter L 1 KR 521/15)) – ggf. zur Konsequenz, dass ehemalige Versicherte innerhalb dieses Drei-Monats-Zeitraums ohne Krankenversicherungsschutz blieben.
Unabhängig hiervon bestünde die Vergütungspflicht der Beklagten auch bei einer freiwilligen Mitgliedschaft der Patientin.
III. Die streitige Forderung (nebst Zinsen) besteht auch in der geltend gemachten Höhe. Einwände gegen die Rechnung – und somit auch gegen die Notwendigkeit vollstationärer Behandlung – hat die Beklagte ausdrücklich nicht erhoben. Sie sind auch anderweitig nicht ersichtlich.
IV. Besteht ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, ist ein möglicher Anspruch nach § 25 SGB XII gegen den dann beizuladenden Sozialhilfeträger nicht mehr zu prüfen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Wegen § 188 Abs. 4 SGB V stellt sich seit der Einfügung dieser Bestimmung mit Wirkung zum 1. August 2013 die Frage der Beweislast für die Voraussetzungen einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V im Anschluss an eine anderweitige Pflicht- oder eine Familienversicherung nicht mehr.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Krankenhausbehandlungskosten i.H.v. 34.395,62 Euro.
Die Klägerin betreibt das Bkrankenhaus in Berlin. Am 18. Februar 2008 nahm dieses die 1959 geborene E B (nachfolgend "Patientin") über die Ambulanz als Notfall (aufgrund der Diagnosen Rechtsherzversagen, Asthma bronchile und COPD) auf. In der vorliegenden Unabweisbarkeitsbescheinigung ist als Adresse der Patientin die Bstraße in B angegeben. Die Patientin wurde bis zu ihrem Tod am 2. März 2008 im Krankenhaus versorgt. Sie bezog bis einschließlich 30. November 2007 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), war aufgrund dessen bis zu diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied der Beklagten und hatte nach Ablauf des Bewilligungszeitraums Ende November 2007 keinen Weiterbewilligungsantrag gestellt. Wovon sie ihren Lebensunterhalt ab Dezember 2007 bestritt, ist nicht bekannt. Im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 17. Februar 2008 war die Patientin in ambulanter Behandlung bei dem Facharzt für Innere Medizin B. Die Behandlung wurde ausschließlich über die von der Beklagten ausgehändigte Krankenversicherungskarte abgerechnet. Auf Antrag des Krankenhauses hatte das Amtsgericht Tiergarten den Zeugen R P vorläufig zum Betreuer der Patientin bestellt (Beschluss vom 21. Februar 2008, Az.: 50 XVII 6675). Am 28. Februar 2008 war beim Amtsgericht Wedding wegen eines vier Monate umfassenden Mietrückstandes Räumungsklage erhoben worden. Ein Nachlassverfahren bezüglich der Patientin wurde nicht durchgeführt. Die der Patientin ausgehändigte Krankenversicherungskarte der Beklagten hatte eine Gültigkeit bis 31. März 2011. Die Beklagte versuchte in einem sog. Rückholverfahren, beginnend am 29. Februar 2008 durch einen Brief an die Patientin, die Krankenversicherungskarte von dieser zurückzuerhalten. Da die Patientin dieser Aufforderung nicht nachkam bzw. ihr nicht mehr nachkommen konnte, wurden weitere Maßnahmen seitens der Beklagten nicht mehr ergriffen. Das Rückholverfahren wurde im Mai 2008 mit internem Vermerk bei der Beklagten eingestellt.
Mit Schreiben vom 6. März 2008 übermittelte das Krankenhaus der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten der stationären Behandlung, den diese ablehnte. Daraufhin wandte sich das Krankenhaus im April 2008 an das Bezirksamt Mitte von Berlin. Dieses lehnte die Kostenübernahme unter Hinweis auf den Nachrangigkeitsgrundsatz des § 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und die gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) bestehende sog. Auffangpflichtversicherung ebenfalls ab. Nach Durchführung weiterer Recherchen, u.a. beim Jobcenter Berlin Mitte, das mit Schreiben vom 27. Mai 2009 an das Krankenhaus mitteilte, dass die Patientin nur bis 30. November 2007 Leistungen bezogen habe und nicht bekannt sei, ob sie danach verzogen sei oder anderweitig Leistungen bezogen habe, wandte sich dieses im Mai 2010 erneut an die Beklagte, die die Kostenübernahme weiterhin ablehnte. Eine weitere Zahlungsaufforderung des Krankenhauses im Juli 2016 lehnte die Beklagte wiederum ab. Weder aus der Leistungsakte des Jobcenters Berlin Mitte, aus der Gerichtsakte des Amtsgerichts Tiergarten, Az. 50 XVII 6675, aus Ermittlungen zu einer etwaigen Nachlassakte, aus Ermittlungen zu Personenstandsurkunden einer Schwester der Patientin noch aus Ermittlungen zur Bezahlung der Bestattung der Patientin ergaben sich Rückschlüsse auf eine etwaige Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten im Behandlungszeitraum.
Mit ihrer am 2. Dezember 2011 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat geltend gemacht, die Patientin sei während des Behandlungszeitraums gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V Pflichtmitglied der Beklagten gewesen.
Mit Urteil vom 20. November 2014 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin 34.395,62 Euro nebst Zinsen i.H.v. zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. März 2008 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Krankenhausvergütung aus § 109 Abs. 4 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem zwischen den Beteiligten geltenden Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiere regelmäßig mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssten beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen. Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehe eine Zahlungspflicht der Beklagten. Streitig seien insoweit einzig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, namentlich, ob im Behandlungszeitraum eine Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten bestanden habe. Demzufolge habe sich die unstreitig bis zum 30. November 2007 bestehende Mitgliedschaft der Patientin unmittelbar im Anschluss an den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V fortgesetzt. Insbesondere habe die Patientin im streitgegenständlichen Zeitraum keinen anderweitigen Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen gehabt. Dieser habe sich weder aus § 48 SGB XII noch aus § 41 Abs. 1 SGB XII ergeben, da nicht ersichtlich gewesen sei, dass die Patientin einen anspruchsbegründenden Antrag gestellt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Patientin aus sonstigem Grunde anderweitig gegen das Risiko der Krankheit abgesichert gewesen wäre. Es erscheine unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungssystematik, insbesondere zu § 5 Abs. 8a SGB V, und des Sinn und Zwecks der Auffangpflichtversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V fraglich, ob die Klägerin beweisbelastet sei. Letztlich könne jedoch dahinstehen, ob diese Überlegungen in Fällen der vorliegenden Art zu einer Beweislastumkehr führten, denn jedenfalls sei in dem hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall in Anwendung der Grundsätze zum Beweis des ersten Anscheins anzunehmen, dass die Patientin nach Ablauf der Pflichtversicherung am 30. November 2007 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall begründet habe. Die Begründung einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall erscheine bereits aus dem sehr kurzen Zeitraum von nicht einmal drei Monaten zwischen dem Ende der durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bestehenden Pflichtversicherung der Patientin und der Aufnahme ins Krankenhaus sowie unter Würdigung der weiter vorliegenden konkreten Umstände – ernsthafte Erkrankung der Patientin, die zeitnah zum Tode führte – fernab jeder Lebensrealität. Gegen eine anderweitige Absicherung spreche maßgeblich die Mitteilung des behandelnden Arztes B, wonach die Patientin im Zeitraum 1. Dezember 2007 bis 17. Februar 2008 in seiner ambulanten Behandlung gewesen und die Behandlung ausschließlich über die von der Beklagten ausgehändigte Krankenversicherungskarte abgerechnet worden sei. Angesichts dessen dränge sich die Vermutung, dass bei Beendigung des Versicherungstatbestandes Ende November 2007 bis Mitte Februar 2008 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfalle bestanden habe, geradezu auf. Es lägen insbesondere auch keine Anhaltspunkte für einen etwa erfolgten Umzug vor. Im Gegenteil ergebe sich aus der vorliegenden Unabweisbarkeitsbescheinigung, dass die Patientin auch nach Ablauf der SGB II-Leistungen weiter im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Berlin Mitte wohnhaft gewesen sei. Aufgrund der genannten Umstände sei auch weiter davon auszugehen, dass die Patientin bei der stationären Aufnahme "zuletzt" gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei für das Eingreifen der Auffangpflichtversicherung nicht erforderlich, dass dieser eine Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung unmittelbar vorangegangen sei. Die gesetzliche Pflichtversicherung der Patientin habe erst kurz vor der Krankenhausaufnahme geendet. Auch insoweit griffen die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins. Anhaltspunkte dafür, dass in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 2007 und dem 17. Februar 2008 eine anderweitige, insbesondere eine private Krankenversicherung, zustande gekommen sein könnte, seien nicht ersichtlich und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auch fernliegend.
Gegen dieses ihr am 2. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22. Dezember 2014 Berufung eingelegt, mit der sie ihr bisheriges Vorhaben wiederholt und ergänzt. Nach Ansicht der Beklagten erscheine es fraglich, ob die Voraussetzungen der vom Sozialgericht angewandten Grundsätze des prima-facie-Beweises überhaupt erfüllt seien. Im Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, dass eine Beweislastumkehr nicht in Betracht komme und die Klägerin nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast beweisbelastet bleibe. Überdies könne sich die Klägerin auf einen aus der bis zum 31. März 2011 ausgestellten Krankenversicherungskarte der Patientin abzuleitenden Vertrauensschutz nicht berufen, da einem Krankenhaus im Falle einer stationären Behandlung ein solcher nicht zukomme. Die Legitimationsfunktion der Krankenversicherungskarte sei gemäß § 15 Abs. 2 SGB V ausschließlich auf die vertragsärztliche Versorgung beschränkt. Weiterhin müsse während der noch laufenden Erklärungsfrist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V der Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen bleiben, solange dabei nicht nachgewiesen sei, dass die Patientin von der möglichen Versicherungsberechtigung im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V keinen Gebrauch machen wolle. Da die Patientin hier jedoch innerhalb der Erklärungsfrist verstorben sei, sei die Abgabe einer entsprechenden Erklärung zumindest abstrakt bis zuletzt möglich gewesen. Eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V von Amts wegen griffe stattdessen in ungerechtfertigter Weise in die Handlungsfreiheit der jeweils Berechtigten ein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Patientin sei im streitgegenständlichen Behandlungszeitraum gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert gewesen. Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sei auszuschließen. Insbesondere sei ein Anspruch auf Krankenhilfe nach dem Fünften Kapitel des SGB XII von vornherein kein "anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies ergebe sich aus § 5 Abs. 8a SGB V. Weiterhin trage die Beklagte nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast die Pflicht, den Beweis über das Bestehen eines anderweitigen Anspruches auf Absicherung im Krankheitsfall. Überdies habe die Patientin weder einen Antrag stellen noch habe sie die Versicherung anzeigen müssen. Sie sei vielmehr gemäß § 174 Abs. 5 SGB V kraft Gesetzes nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V versichert gewesen. Im Weiteren könnten die Fragen nach der Legitimationsfunktion der Versicherungskarte und der etwaig daraus folgende Vertrauensschutz für sie – die Klägerin – offen bleiben. Darüber hinaus mache die Beklagte geltend, dass sich in ihren Datenbanken keinerlei Abrechnungen für etwaig verordnete Heil-, Hilfs- oder Arzneimittel durch den Internisten B im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 17. Februar 2008 finden ließen. Dies bestreite sie mit Nichtwissen. Selbst wenn man hiervon ausginge, verbleibe es dabei, dass Herr B bestätigt habe, die Patientin habe eine Krankenversicherungskarte der Beklagten vorgelegt und die Abrechnung sei über diese Karte erfolgt. Die Patientin sei überdies auch "zuletzt" gesetzlich krankenversichert gewesen. Denn eine etwaige Auffangpflichtversicherung bestehe auch dann, wenn die Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung der Auffangpflichtversicherung nicht unmittelbar vorangehe, sondern zwischenzeitlich eine anderweitige Absicherung gegen Krankheit außerhalb der privaten Krankenversicherung erfolgt sei. Etwaige Anhaltspunkte eines anderweitigen privaten oder gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes der Patientin seien nicht vorhanden. Überdies sei die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durch den Gesetzgeber nicht beschränkt. Im Gegenteil beginne die Mitgliedschaft von Versicherungspflichtigen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nach § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V bereits mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch im Krankheitsfall im Inland. Schließlich verkenne die Beklagte hinsichtlich des Falles der Nichtausübung eines Beitritts nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V, dass dann der Pflichtversicherungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V einschlägig sei.
Der Senat hat über die Frage, wo die Patientin ab dem 30. November 2007 versichert war, Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen P. Wegen des Ergebnisses wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 17. Januar 2017 verwiesen. Darüber hinaus hat der Senat die o.g. Betreuungsakte des Amtsgerichts Tiergarten und die Leistungsakte des JobCenters Berlin-Mitte beigezogen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der dem Senat vorgelegen hat.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 34.395,62 Euro nebst Zinsen verlangen.
I. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung insoweit Bezug, als es die Zulässigkeit der Klage und die Ausführungen zur Rechtsgrundlage des klägerischen Anspruches betrifft (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
II. Sofern es auf die Frage der Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten im Behandlungszeitraum vom 18. Februar 2008 bis zum 2. März 2008 ankommt, weist der Senat auf Folgendes hin:
Der Senat ist – dem Ergebnis des Sozialgerichts folgend – ebenfalls davon überzeugt, dass sich die Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten unmittelbar im Anschluss an den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bis zum 30. November 2007 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V fortsetzte.
1. Die Patientin hatte insbesondere keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall.
a. Ein etwaiger Anspruch folgte insbesondere nicht aus § 48 SGB XII. Denn § 48 SGB XII fällt schon nicht unter einen anderweitigen Anspruch im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V, da § 5 Abs. 8a SGB V Ansprüche nach dem Fünften Kapitel des SGB XII gerade nicht (mehr) nennt (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – B 12 KR 25/09 R = BSGE 107, 26 ff. –, juris, Rn. 28; Urteil vom 21. Dezember 2011 – B 12 KR 13/10 R = SozR 4-2500 § 5 Nr. 15 –, juris, Rn. 13 ff.; LSG Nordrhein-West-falen, Urteil vom 26. März 2015 – L 16 KR 820/12 –, juris, Rn. 43).
Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII zwar antragsunabhängig, aber grundsätzlich erst ab Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe bzw. der von ihm beauftragten Stellen oder einer nicht zuständigen Gemeinde (§ 18 SGB XII). Für eine solche Kenntnis ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.
b. Darüber hinaus folgte ein Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nicht aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V.
Danach besteht ein Anspruch auf Leistungen, wenn die Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger endet, längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 SGB V gilt jedoch gemäß § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.
Unabhängig davon, dass der Anschluss eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall vorliegend nicht ersichtlich erscheint, fällt der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlungen nicht in den von § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V umfassten Zeitraum. Denn die Mitgliedschaft der Patientin als Versicherungspflichtige gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V endete am 30. Novem¬ber 2007. Der von § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V umfasste Zeitraum beträfe hier folglich die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007 (§ 26 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Der streitige Vergütungsanspruch betrifft allerdings den Zeitraum vom 18. Februar 2008 bis 2. März 2008.
c. Schließlich hatte die Patientin auch keinen sonstigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall aus gesetzlicher oder privater Krankenversicherung. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat nach den Regeln des Anscheinsbeweises (prima-facie-Beweis).
aa. Dieser Beweiswürdigungsgrundsatz ist grundsätzlich auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar (BSG, Urteile vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R –, vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R –, vom 17. Juni 2009 – B 6 KA 16/08 R –, vom 09. Dezember 2008 – B 8/9b SO 13/07 R –, vom 02. November 2005 – B 6 KA 63/04 R –, vom 04. Februar 1998 – B 9 VG 5/96 R –, vom 21. November 1958 – 5 RKn 33/57 –, und vom 30. Juni 1960 – 2 RU 86/56 –; alle juris; Bieresborn, NZS 2008, 354; Braun, GesR 2016, 755; Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11.A., § 128 Rd. 9ff m.w.N.) und ermöglicht auch im Sozialrecht bei typischen Geschehensabläufen den Schluss auf bestimmte Tatsachen. Im Zusammenhang mit der Prüfung, ob kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V besteht, liegt hierbei die Bildung von Fallgruppen nahe, etwa für langjährig Obdachlose (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Braun a.a.O.), für zuvor versicherungspflichtige EU-Bürger mit nunmehr unbekanntem Aufenthalt (SG Leipzig, a.a.O.) oder eben auch für schwerkranke Personen (s.a. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. April 2011 – L 20 SO 78/10 –, juris), die – wie hier (und wohl auch SG Berlin, Urteil vom 8. Juni 2016, S 143 KR 2077/14, zitiert nach Braun, a.a.O.) – ohne nachvollziehbaren Grund auf die Beantragung von Sozialleistungen, welche einen Krankenversicherungsschutz nach sich zögen, verzichten. In diesem Zusammenhang ist bei einer schwerkranken Patientin wie der hiesigen, die nach Auslaufen der Alg-II-Bezugs keinen Folgeantrag gestellt hat, prima facie davon auszugehen, dass, wer sich schon nicht um die vordringlichere Existenzsicherung kümmert, erst recht nicht Vorsorge für eine anderweitige Absicherung bei Krankheit trifft.
Weitere Umstände runden dieses Bild ab: Zum einen lag zwischen Ende der durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bestehenden Pflichtversicherung der Patientin und der Aufnahme ins Krankenhaus ein sehr kurzer Zeitraum von weniger als drei Monaten. Zum anderen spricht angesichts der Einkommenslosigkeit und des äußerst schlechten Gesundheitszustand der Patientin nichts für den Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Überdies liegt ein gewichtiges Indiz gegen eine anderweitige Absicherung in der Mitteilung des behandelnden Vertragsarztes B, wonach die Patientin im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 17. Februar 2008 von ihm ambulant behandelt und die Behandlung ausschließlich über die von der Beklagten ausgehändigte Krankenversicherungskarte abgerechnet wurde.
Ob sich – wie von der Beklagten angenommen – die Klägerin auf keinen Vertrauensschutz aus der Krankenversicherungskarte berufen kann, hat vorliegend keine Relevanz. Denn es kommt hier gerade nicht darauf an, ob die Klägerin ein schützenswertes Vertrauen auf die sich aus der Gültigkeit der Krankenversicherungskarte bis zum 31. März 2011 möglicherweise ergebenden Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten hat. Vielmehr steht die Frage im Raum, ob aus der Verwendung der Krankenversicherungskarte im Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 17. Februar 2008 bei dem Internisten B ein Rückschluss auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall geschlossen werden kann.
bb. Den Anscheinsbeweis für das Fehlen eines Anspruchs auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall hat die Beklagte nicht erschüttert.
Der Anscheinsbeweis erbringt den vollen Beweis, solange nicht durch festgestellte konkrete Tatsachen ein von der Typik abweichender Geschehensablauf möglich erscheint (BSG, Urteile vom 2. November 2005 – a.a.O. – und vom 12. Februar 1998 – B 8 KN 3/96 U R –; beide juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rd. 9e m.w.N.). Solche Tatsachen sind weder dem Vorbringen der Beklagten zu entnehmen noch anderweitig ersichtlich.
d. Selbst wenn man den Nachweis, dass die Patientin damals über keinen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall verfügte, als nicht erbracht ansähe, wäre zu Lasten der Beklagten von diesem Umstand nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast auszugehen.
aa. Ob die für den geltend gemachten Anspruch maßgeblichen Tatsachen vorliegen oder nicht, entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Sind die Möglichkeiten zur weiteren Erforschung des Sachverhalts indes ausgeschöpft und lassen sich bestimmte für den geltend gemachten Anspruch relevante Tatsachen nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen, greifen auch im Sozialrecht die allgemeinen Regeln der objektiven Beweislast (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 103 SGG Rn. 19a m.w.N.). Danach ist zu Lasten desjenigen, der aus einer nicht feststellbaren Tatsache eine für ihn günstige Rechtsfolge ableitet, anzunehmen, dass diese Tatsache nicht gegeben ist (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 – 10 RV 945/55 = BSGE 6, 70 ff. –, juris, Rn. 18; Senat, Urteil vom 25. Mai 2016 – L 9 KR 134/13 –, juris, Rn. 25). Somit liegt die objektive Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale grundsätzlich bei demjenigen, der den Anspruch geltend macht, also regelmäßig beim Kläger, und zwar auch dann, wenn es um das Fehlen bestimmter Umstände (sog. negative Tatbestandsmerkmale) geht (BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 18/04 R –, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Für den vorliegenden Fall hätte dies zur Folge, dass die Klägerin, weil sie aus einer Versicherungspflicht der Patientin nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V einen Zahlungsanspruch ableitet, grundsätzlich auch die Beweislast für das Tatbestandsmerkmal "keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" trägt.
bb. Diese pauschale Betrachtungsweise bedarf im Hinblick auf negative Tatsachen indes einer Differenzierung (vgl. Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 29. November 2005 – L 6 AL 1/01 –, juris). Insoweit kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Grundsatz, dass negative Tatsachen nicht zu beweisen sind ("negativa non sunt probanda"), in vielen Bereichen des Rechts anerkannt ist, z.B. im Verwaltungsverfahrensrechts im Hinblick auf die Behauptung, ein Schreiben sei nicht zugegangen (BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 4/06 R –, Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Juni 2012 – 12 A 828/12 –, BFH, Urteil vom 14. März 1989 – VII R 75/85 –; alle juris), im Recht der Arbeitsförderung (Landessozialgericht für das Saarland, a.a.O.), im Rentenversicherungs- (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. September 2003 – L 6 RJ 102/03 –, juris) und Unfallversicherungsrecht (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht / Ricke, Stand: März 2017, SGB VII § 162 Rn. 22a), im Strafrecht (Vogel in: Laufhütte u.a., Strafgesetzbuch - Leipziger Kommentar, 2007, § 15 StGB, Rd. 70) oder im Steuerrecht (Urban, DStZ 2016, 747). Im vom Beibringungsgrundsatz geprägten Zivilprozess wird dem mit einer abgestuften Darlegungs- bzw. Bestreitenslast Rechnung getragen. Danach hat der Beklagte im Zusammenhang mit dem Bestreiten eines anspruchsbegründenden negativen Tatbestandsmerkmals – etwa "ohne rechtlichen Grund" (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder das Unterlassen einer geschuldeten Aufklärung – auch Umstände (z.B. den rechtlichen Grund i.S.v. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) darzulegen, auf deren Widerlegung sich die Beweislast des Klägers dann konkretisiert (Balzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2011, Ziff. 1.2.2.).
Eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast ist dem dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichteten öffentlichen Recht nicht fremd (BSG, Urteil vom 29. Januar 2009 – B 3 P 7/08 R –, Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2009 – L 1 KR 76/08 –, Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2017 – L 30 P 22/12 KL –, Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. April 2017 – 5 B 262/16 –; alle juris; Zieglmeier, DB 2004, 1830) und wird Konstellationen der vorliegenden Art in besonderer Weise gerecht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser typischerweise stark eingeschränkt sind (Flachsbarth, PKR 2012, 2; Braun a.a.O.). Für Informationen durch Verwandte oder andere nahestehende Personen nicht auskunftsfähiger Patienten sind die Krankenhäuser auf deren freiwillige Mitarbeit angewiesen. Auch Auskunftsansprüche gegenüber Behörden stehen Krankenhäusern – i.d.R. wegen datenschutzrechtlicher Belange – nicht zu, wohl aber den Krankenkassen. Nicht zuletzt dieses Ungleichgewicht bei den Ermittlungsmöglichkeiten rechtfertigt es, den Krankenkassen eine besondere Darlegungslast aufzuerlegen.
Haben daher – wie hier – die Ermittlungen einen Anspruch des Krankenhauspatienten auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nicht beweisen können, muss die Krankenkasse, bei der zuletzt eine Krankenversicherung festgestellt wurde, einen bei verständiger Betrachtung und nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darlegen, aus dem sich eine anderweitige Absicherung ergeben kann. Kommt sie dem nach, trägt das Krankenhaus die Beweislast dafür, diesen Sachverhalt nicht widerlegen zu können. Entspricht das Krankenhaus dieser Obliegenheit hingegen nicht, ist zu seinen Lasten davon auszugehen, dass kein Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht.
cc. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte einen solchen Sachverhalt nicht dargelegt. Er drängt sich nach dem unter c. Gesagten auch in keiner Weise auf. Zu Lasten der Beklagten muss der Senat daher das Fehlen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall zugrunde legen.
Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte offenkundig zu keinem Zeitpunkt eigene Erkundigungen veranlasst und dadurch grob gegen ihre Amtsermittlungspflicht nach § 20 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch verstoßen hat.
2. Schließlich war die Patientin auch zuletzt gesetzlich, nämlich bei der Beklagten, krankenversichert. Für die anschließende Zeit bestand nach den obigen Feststellungen des Senats hingegen keinerlei Absicherung im Krankheitsfall mehr.
3. Liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V vor, beginnt gemäß § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V – entgegen dem Vorbringen der Beklagten – die Mitgliedschaft mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, hier also mit dem 1. Dezember 2007. Der Beginn der Mitgliedschaft folgt damit unmittelbar aus dem Ende der vorhergehenden Absicherung im Krankheitsfall und schließt sich diesem nahtlos an. Zwar obliegt den betroffenen Personen die Anzeige der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V selbst (Umkehrschluss aus § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V), die Mitgliedschaft tritt jedoch kraft Gesetzes gemäß § 174 Abs. 5 SGB V und damit unabhängig von einer Anzeige des Versicherten ein (BT-Drs. 16/3100, S. 158 zu Nr. 137; vgl. auch Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V-Kommentar, Stand: 05/2016, § 5 SGB V Rn. 473a).
Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung, dass § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V) gelte, überzeugt nicht. Sie hätte – entgegen der gesetzgeberischen Konzeption (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Mai 2015, L 9 KR 103/15 B ER; SG Berlin, Urteil vom 1. Oktober 2015, S 72 KR 2210/13 (Berufung anhängig unter L 1 KR 521/15)) – ggf. zur Konsequenz, dass ehemalige Versicherte innerhalb dieses Drei-Monats-Zeitraums ohne Krankenversicherungsschutz blieben.
Unabhängig hiervon bestünde die Vergütungspflicht der Beklagten auch bei einer freiwilligen Mitgliedschaft der Patientin.
III. Die streitige Forderung (nebst Zinsen) besteht auch in der geltend gemachten Höhe. Einwände gegen die Rechnung – und somit auch gegen die Notwendigkeit vollstationärer Behandlung – hat die Beklagte ausdrücklich nicht erhoben. Sie sind auch anderweitig nicht ersichtlich.
IV. Besteht ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, ist ein möglicher Anspruch nach § 25 SGB XII gegen den dann beizuladenden Sozialhilfeträger nicht mehr zu prüfen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Wegen § 188 Abs. 4 SGB V stellt sich seit der Einfügung dieser Bestimmung mit Wirkung zum 1. August 2013 die Frage der Beweislast für die Voraussetzungen einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V im Anschluss an eine anderweitige Pflicht- oder eine Familienversicherung nicht mehr.
Rechtskraft
Aus
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