Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 348/13 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 252/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt eine vorläufige Regelung hinsichtlich Leistungen der häuslichen Krankenpflege für 24 Stunden täglich ohne Anrechnung von Grundpflegezeiten und ohne Anrechnung von Leistungen der Pflegestufe III.
Der am 10.06.2013 bei Gericht eingegangene (sinngemäße) Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, vorbehaltlich einer Folgeverordnung auch über den 27.08.2013 hinaus, eine 24-stündige Behandlungspflege in Form einer speziellen Krankenbeobachtung durch qualifiziertes Pflegepersonal als Sachleistung zu gewähren.
hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden, § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist, hängt im allgemeinen von einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache ab, wobei bei irreversiblen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. Gefährdung des Lebens, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch Fragen des Grundrechtsschutzes (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz) einzubeziehen sind (z.B. Bundesverfassungsgericht vom 19.03.2004, NJW 2004, 3100). Unter Beachtung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz ist vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
Demzufolge hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Behandlungspflege für 24 Stunden täglich. Gemäß § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Da nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V Ziel der ärztlichen Behandlung die Heilung einer Krankheit, Verhütung einer Verschlimmerung, Linderung der Krankheitsbeschwerden und nach der Rechtsprechung auch die Verlängerung des Lebens ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.1978, Az. 3 RK 81/77), gelten gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 37 Abs. 2 SGB V diese Leistungsziele auch für die häusliche Krankenpflege.
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht die medizinische Notwendigkeit der Behandlungspflege für 24 Stunden durch Fachpersonal glaubhaft gemacht. Zwar hat der Lungenarzt Dr. D. am 27.05.2013 24-Stunden Behandlungspflege in Form einer spezialisierten Krankenbeobachtung durch examiniertes Fachpersonal verordnet. Auch hat Dr. D. am 30.04.2013 ein Absauggerät verordnet. Dr. D. gab jedoch gegenüber dem MDK an, er habe die Antragstellerin nur einmal im November 2012 in seiner Praxis gesehen und am 05.07.2013 habe er sie auf der Rückbank eines Pkw untersucht. Die Verordnung der häuslichen Intensivpflege sei auf mündliche Angaben der Angehörigen hin erfolgt. In seinem Befundbericht gibt Dr. D. nicht eindeutig an, wann er die Antragstellerin tatsächlich gesehen hat. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 12.07.2013 aufgrund einer Untersuchung der Antragstellerin in ihrer häuslichen Umgebung am 10.07.2013 ergab demgegenüber keine medizinische Notwendigkeit für eine 24-Stunden Behandlungspflege. Es ergab lediglich die Notwendigkeit einer Medikamentengabe als Leistung der häuslichen Krankenpflege. Zum Begutachtungszeitpunkt lag kein akuter hochfieberhafter Atemwegsinfekt vor, aufgrund dessen grundsätzlich für kurze Zeit Inhalation und Absaugung notwendig werden können. Bei der Begutachtung zeigte sich auch kein Anhalt dafür, dass bei der Antragstellerin eine Einschränkung der Vitalfunktion Atmung besteht. Es ergab sich kein Anhalt, dass die Antragstellerin nicht abhusten konnte. Bis zum Begutachtungszeitpunkt am 10.07.2013 erfolgten auch keine Inhalationen; der dafür notwendige Vernebler befand sich noch nicht im Haushalt der Antragstellerin. Die bei der Begutachtung anwesende Pflegefachkraft, Frau E., gab ausdrücklich gegenüber dem MDK an, dass ausschließlich orale Absaugung, d.h. Absaugung des Mundraumes und keine Absaugung in der Trachea oder den Bronchien durchgeführt wird. Bei der Begutachtung zeigte sich keine medizinische Notwendigkeit einer oralen oder trachealen Absaugung, da es weder Anzeichen für Hypersalivation noch für eine Schluckstörung noch für eine bronchiale Verschleimung gab. Ausweislich des Gutachtens des MDK dient die orale Absaugung nicht einer Behebung eines lebensbedrohlichen Zustandes; es bestand bei der Begutachtung kein Anhalt für eine lebensbedrohliche Situation.
Es besteht auch ein kein Anordnungsgrund.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert. Entscheidend ist, ob es bei einer Interessenabwägung für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 27a f.). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt die Annahme eines Anordnungsgrundes voraus, dass anderenfalls mit schweren und unzumutbaren Nachteilen zu rechnen ist, weil das Abwarten des Hauptsacheverfahrens zu einem Risiko irreversibler gesundheitlicher Beeinträchtigungen führt, und der Betroffene nicht in der Lage ist, die Kosten vorläufig selbst zu tragen (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 86b Rn. 33a).
Es ist zwar ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Antragstellerin die sehr hohen Kosten für eine 24-Stunden Behandlungspflege nicht vorläufig selbst tragen kann. Jedoch führt das Abwarten der Hauptsache ausweislich des Gutachtens des MDK nicht zu schweren und unzumutbaren Nachteilen (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt eine vorläufige Regelung hinsichtlich Leistungen der häuslichen Krankenpflege für 24 Stunden täglich ohne Anrechnung von Grundpflegezeiten und ohne Anrechnung von Leistungen der Pflegestufe III.
Der am 10.06.2013 bei Gericht eingegangene (sinngemäße) Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, vorbehaltlich einer Folgeverordnung auch über den 27.08.2013 hinaus, eine 24-stündige Behandlungspflege in Form einer speziellen Krankenbeobachtung durch qualifiziertes Pflegepersonal als Sachleistung zu gewähren.
hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden, § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist, hängt im allgemeinen von einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache ab, wobei bei irreversiblen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. Gefährdung des Lebens, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch Fragen des Grundrechtsschutzes (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz) einzubeziehen sind (z.B. Bundesverfassungsgericht vom 19.03.2004, NJW 2004, 3100). Unter Beachtung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz ist vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
Demzufolge hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Behandlungspflege für 24 Stunden täglich. Gemäß § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Da nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V Ziel der ärztlichen Behandlung die Heilung einer Krankheit, Verhütung einer Verschlimmerung, Linderung der Krankheitsbeschwerden und nach der Rechtsprechung auch die Verlängerung des Lebens ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.1978, Az. 3 RK 81/77), gelten gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 37 Abs. 2 SGB V diese Leistungsziele auch für die häusliche Krankenpflege.
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht die medizinische Notwendigkeit der Behandlungspflege für 24 Stunden durch Fachpersonal glaubhaft gemacht. Zwar hat der Lungenarzt Dr. D. am 27.05.2013 24-Stunden Behandlungspflege in Form einer spezialisierten Krankenbeobachtung durch examiniertes Fachpersonal verordnet. Auch hat Dr. D. am 30.04.2013 ein Absauggerät verordnet. Dr. D. gab jedoch gegenüber dem MDK an, er habe die Antragstellerin nur einmal im November 2012 in seiner Praxis gesehen und am 05.07.2013 habe er sie auf der Rückbank eines Pkw untersucht. Die Verordnung der häuslichen Intensivpflege sei auf mündliche Angaben der Angehörigen hin erfolgt. In seinem Befundbericht gibt Dr. D. nicht eindeutig an, wann er die Antragstellerin tatsächlich gesehen hat. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 12.07.2013 aufgrund einer Untersuchung der Antragstellerin in ihrer häuslichen Umgebung am 10.07.2013 ergab demgegenüber keine medizinische Notwendigkeit für eine 24-Stunden Behandlungspflege. Es ergab lediglich die Notwendigkeit einer Medikamentengabe als Leistung der häuslichen Krankenpflege. Zum Begutachtungszeitpunkt lag kein akuter hochfieberhafter Atemwegsinfekt vor, aufgrund dessen grundsätzlich für kurze Zeit Inhalation und Absaugung notwendig werden können. Bei der Begutachtung zeigte sich auch kein Anhalt dafür, dass bei der Antragstellerin eine Einschränkung der Vitalfunktion Atmung besteht. Es ergab sich kein Anhalt, dass die Antragstellerin nicht abhusten konnte. Bis zum Begutachtungszeitpunkt am 10.07.2013 erfolgten auch keine Inhalationen; der dafür notwendige Vernebler befand sich noch nicht im Haushalt der Antragstellerin. Die bei der Begutachtung anwesende Pflegefachkraft, Frau E., gab ausdrücklich gegenüber dem MDK an, dass ausschließlich orale Absaugung, d.h. Absaugung des Mundraumes und keine Absaugung in der Trachea oder den Bronchien durchgeführt wird. Bei der Begutachtung zeigte sich keine medizinische Notwendigkeit einer oralen oder trachealen Absaugung, da es weder Anzeichen für Hypersalivation noch für eine Schluckstörung noch für eine bronchiale Verschleimung gab. Ausweislich des Gutachtens des MDK dient die orale Absaugung nicht einer Behebung eines lebensbedrohlichen Zustandes; es bestand bei der Begutachtung kein Anhalt für eine lebensbedrohliche Situation.
Es besteht auch ein kein Anordnungsgrund.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert. Entscheidend ist, ob es bei einer Interessenabwägung für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 27a f.). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt die Annahme eines Anordnungsgrundes voraus, dass anderenfalls mit schweren und unzumutbaren Nachteilen zu rechnen ist, weil das Abwarten des Hauptsacheverfahrens zu einem Risiko irreversibler gesundheitlicher Beeinträchtigungen führt, und der Betroffene nicht in der Lage ist, die Kosten vorläufig selbst zu tragen (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 86b Rn. 33a).
Es ist zwar ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Antragstellerin die sehr hohen Kosten für eine 24-Stunden Behandlungspflege nicht vorläufig selbst tragen kann. Jedoch führt das Abwarten der Hauptsache ausweislich des Gutachtens des MDK nicht zu schweren und unzumutbaren Nachteilen (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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