L 7 AS 1590/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 27 AS 2876/14 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1590/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 29.07.2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Aushändigung von Empfangsbekenntnissen bei der Vorlage von Unterlagen.

Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten. Er trägt vor, es käme immer wieder vor, dass der Beklagte den Empfang von Unterlagen nicht durch Aushändigung eines Empfangsbekenntnisses bestätigt, wodurch ihm Nachteile drohten. Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

"die Beklagte zu verurteilen, ihm auf Verlangen Empfangsbestätigungen am Empfang über die von ihm eingereichten Unterlagen auszuhändigen,
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm auf Verlangen eine Empfangsbestätigung für Schriftstücke mit Bezug auf die Gewährung von Leistungen auszuhändigen."

Der Beklagte hat die Klage für unzulässig gehalten, da das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Er hat sich auf seine "Richtlinie L (Leistungsrecht) - 001/2013" vom 15.02.2013 gestützt, nach der Kunden auf Verlangen eine Empfangsbestätigung auszuhändigen ist. Es sei nicht erkennbar, was der Kläger mit der Klage begehre.

Mit Urteil vom 29.07.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Leistungsklage für unzulässig gehalten, weil der Kläger kein konkretes Empfangsbekenntnis begehre. Die Feststellungklage sei ebenfalls unzulässig. Insoweit hat das Sozialgericht sich auf den Beschluss des Senats vom 14.05.2014 - L 7 AS 1971/13 B gestützt. In dieser Entscheidung hat der Senat das Rechtsschutzbedürfnis für ein entsprechendes Feststellungsbegehren verneint, weil die rechtliche Stellung des Betroffenen durch die genannte Richtlinie vom 15.02.2013 bereits hinreichend gesichert sei.

Der Kläger hat gegen dieses am 09.09.2015 zugestellte Urteil am 16.09.2015 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Mit Schriftsatz vom 13.11.2015 hat der Kläger zuletzt beantragt:

"Unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 29.07.2015

1. wird der Beklagte verurteilt, dem Kläger auf Verlangen eine Empfangsbestätigung über die von ihm eingereichten Unterlagen auszuhändigen;
2. hilfsweise festzustellen, dass die Verweigerung des Beklagten, solche Empfangsbestätigungen auszuhändigen, rechtswidrig ist."

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei rechtmäßig.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind dazu schriftlich angehört worden.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Zur Begründung nimmt der Senat vollumfänglich Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 27.03.2017, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt wurde. Hierin hat der Senat ausgeführt:

"Die Rechtsverfolgung bietet auch unter Berücksichtigung dieser weiten Maßstäbe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Berufung ist unbegründet, denn die Klage ist im Haupt- und im Hilfsantrag unzulässig.

Bei dem Hauptantrag handelt es sich, da der Kläger keine bereits fällige Leistung, sondern einen in der Zukunft liegenden ungewissen und von dem Eintritt weiterer Voraussetzungen abhängigen Anspruch geltend macht, um eine Leistungsklage auf künftige Leistung. Diese ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren nur unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO zulässig (§ 202 SGG). Grundvoraussetzung ist, dass der Anspruch auf die künftige Leistung nicht erst in der Zukunft entsteht, also bloß in Aussicht steht, sondern bereits im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in seinem Bestand gewiss ist (BSG Urteile vom 18.05.2011 - B 3 P 5/10 R - und vom 12.07.1990 - 4 RA 47/89). Ist die Entwicklung der zukünftigen Verhältnisse indes nicht zu übersehen und sind die Bedingungen, die Voraussetzungen einer Leistung sind, unbestimmbar, kommt eine Verurteilung wegen zukünftiger Leistungen nicht in Betracht (BSG Urteil vom 20.05.1970 - 8 V 785/68). Der Senat lässt offen, ob die Grundvoraussetzung erfüllt ist. Dafür spricht, dass der Kläger sich zum Beklagten in einem konkreten Sozialrechtsverhältnis befindet, das den von ihm geltend gemachten Anspruch trägt. Dagegen spricht, dass der Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auf Dauer angelegt ist und es damit nicht gewiss ist, dass in Zukunft eine Verpflichtung des Beklagten bestehen wird, Empfangsbekenntnisse auszuhändigen. Zudem entsteht der geltend gemachte Anspruch nicht zwingend immer in gleicher Weise, so dass der tatsächliche und rechtliche Rahmen für künftige Ansprüche auf Aushändigung eines Empfangsbekenntnisses noch nicht in einer Weise feststeht, dass die Gewissheit des Anspruchs beurteilbar wäre (vgl. dazu BVerwG Beschluss vom 30.03.1979 - 7 B 147/78). Jedenfalls muss für die Zulässigkeit der Klage auf künftige Leistung den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt sein, dass der Schuldner - hier der Beklagte - sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Diese besonderen Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage auf künftige Leistungen hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht iSd §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Der Beklagte hat seine Verpflichtung zur Aushändigung von Empfangsbestätigungen auf Verlangen zu keinem Zeitpunkt bestritten. Vielmehr hat er bereits am 15.02.2013 die Richtlinie erlassen, nach der auf Verlangen der Kunden ein Empfangsbekenntnis "in geeigneter Form schriftlich auszustellen" ist. Der Beklagte hat diese Selbstverpflichtung im gerichtlichen Verfahren nicht in Frage gestellt. Der Einwand des Klägers, beim Beklagten komme es regelmäßig zu "Vollzugsdefiziten", rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Umstand, dass es in der Praxis vorkommen mag, dass einzelne Sachbearbeiter des Beklagten sich - ggf. rechtswidrig - an diese Selbstverpflichtung nicht halten, begründet die Besorgnis, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen iSd § 259 ZPO, nicht. Denn auch eine gerichtliche Entscheidung im Sinne des Klageantrags wäre nicht zwingend geeignet, rechtswidriges Verhalten Einzelner entgegen der Weisungslage im Einzelfall in jedem Fall zu verhindern. Dies führt auch nicht zu einer unzulässigen Verkürzung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Dem Kläger stehen für einen solchen Fall mit der allgemeinen Leistungsklage auf (dann fällige) Leistungen und der Flankierung durch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung iSd § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu beantragen, ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung.

Auch der Antrag, hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm auf Verlangen eine Empfangsbestätigung für Schriftstücke mit Bezug auf die Gewährung von Leistungen auszuhändigen, ist aus den genannten Gründen mangels Feststellungsinteresse ebenfalls unzulässig. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 14.05.2014 - L 7 AS 1971/13 B."

Neue Gesichtspunkte wurden auch vom Kläger nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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