Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 554/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsichende (SGB II).
Die am 00.00.0000 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der Antragsteller(innen) zu 2) bis 4) (geboren am 00.00.0000, 00.00.0000, 00.00.0000, 00.00.0000). Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Der Vater der Antragsteller zu 2) bis 3) hält sich vermutlich in Rumänien auf. Nach den Angaben der Antragstellerin zu 1) ist ihr der genaue Aufenthaltsort unbekannt. Seit 2006 bestehe kein Kontakt mehr. Der Vater des Antragstellers zu 4) lebt in X. Die Antragstellerin zu 1) hat das alleinige Sorgerecht für die Antragsteller zu 2 bis 4). Die Antragsteller reisten nach eigenen Angaben am 01.12.2014 erstmals nach Deutschland ein.
Bis zum einschließlich April 2016 erbrachte das Jobcenter L. den Antragstellern (vorläufig) Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Einkommens aus abhängiger Erwerbstätigkeit der Antragstellerin zu 1) i.H.v. 408 EUR monatlich (brutto = netto). Aufgrund der Angaben der Antragstellerin zu 1) und der Vorlage eines bis zum 28.02.2016 befristeten Arbeitsvertrages vom 20.07.2015 ging das Jobcenter L. dabei davon aus, dass diese als Haushaltshilfe seit August 2015 eine geringfügige Beschäftigung ausübe. Anfang Mai 2016 sprach die Antragstellerin zu 1) beim Jobcenter B. in F. zur Beantragung von SGB II – Leistungen vor. Dort wurde sie abgewiesen, da sie keinen Arbeitnehmerstatus habe. Hiervon erfuhr das Jobcenter L. im Laufe des Monats zufällig. Zunächst lebten die Antragstellerinnen in F. in einem Hotel, ab dem 01.09.2016 mieteten sie eine Wohnung in E. an. Die Miete betrug zunächst 800 EUR inklusive Nebenkosten, ohne Heizkosten monatlich, nach einem Umzug innerhalb eines Hauses ab Januar 2017 800 EUR, inklusive Heizung – und Warmwasserkosten.
Am 09.09.2016 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1) legte u.a. einen Arbeitsvertrag vom 01.09.2016 über eine Tätigkeit als Haushaltshilfe mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden und einem monatlichen Arbeitsentgelt i.H.v. 450 EUR (zu zahlen in bar) mit Herrn D. aus E. vor. Das Gewerbe des Herrn D. hat nach der Anmeldung vom 01.07.2015 "Entkernung, Abbruch und Garten und Landschaftsbau" zum Gegenstand.
Die Antragstellerin zu 1) bezieht für ihre Kinder Kindergeld.
Auf Aufforderung des Antragsgegners, einen Nachweis über Lohnzahlungen und einen Nachweis über die Anmeldung zur Sozialversicherung vorzulegen, legte die Antragstellerin zu 1) Ende September 2016 die Quittung über 450 EUR mit dem Vermerk "Putzfrau August", ausgestellt von einer Automobilfirma, deren Inhaber ein Herr T. ist, vor.
Mit Bescheid vom 29.09.2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.12.2016, 22.12.2016, 16.02.2017 und 08.03.2017 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen für die Zeit von September 2016 bis einschließlich August 2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II. Die Entscheidung der Vorläufigkeit erfolgte aufgrund der Annahme der Einkommenserzielung in wechselnder Höhe.
Im Februar 2017 erreichte den Antragsgegner die Mitteilung der Knappschaft Bahnsee – Minijobzentrale, dass für die Antragstellerin zu 1) keine Meldung zur Sozialversicherung über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Kurz darauf ging beim Antragsgegner eine unvollständig ausgefüllte "Meldung zur Sozialversicherung" ein, in der der Vermieter der Antragstellerin zu 1), Herr T., für die Zeit von September 2016 bis April 2017 als Arbeitgeber ausgewiesen wird. Dessen Gewerbe (Abbrucharbeiten, Entkernung, Asbestsanierung) ist seit dem 28.10.2011 abgemeldet.
Mitte April 2017 begann der Antragsgegner am Vorliegen eines echten Arbeitsverhältnisses der Antragstellerin zu 1) zu zweifeln und stellte die Leistungszahlungen ein.
Unter dem 05.05.2017 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1) auf, konkrete Fragen zu ihrer Erwerbstätigkeit zu beantworten. Hierauf reagierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.05.2017 und legte die Übereinkunft mit Herrn D, der im selben Haus wie die Antragsteller wohnt und dessen Geschäftsanschrift mit jener des Herrn T. identisch ist, über die Verrechnung von 450 EUR für den April 2017 für das Putzen von Treppen vor.
Unter dem 22.05.2017 legte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) im Rahmen einer Anhörung dar, dass er von einem Scheinarbeitsverhältnis mit Herrn D. ausgehe und informierte in der Folge das Hauptzollamt B. Auf Anfrage des Antragsgegners teilte Herr D. mit, die Antragstellerin zu 1) sei bei ihm lediglich im Monat September 2016 beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 22.06.2017 "stellte der Antragsgegner die gewährten Leistungen mit Ablauf des 30.04.2017 ein" und nahm seine Leistungsbewilligungen gemäß § 45 SGB X i.V.m. § 41 Buchst. a Abs. 2 S. 4 SGB II mit Wirkung ab dem 01.10.2016 zurück. Die Antragsteller erfüllten die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, seien aber nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei entscheidend, dass ab dem 01.10.2016 nach einmonatiger Beschäftigung keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werde.
Am 04.07.2017 sprach die Antragstellerin zu 1) bei der für sie zuständigen Stadtverwaltung vor und suchte für die Zeit ab dem 30.06.2017 (Antrag auf Eintragung bei der Handwerkskammer B.) bzw. ab Ende Mai 2017 ein Gewerbe für "Gebäudereiniger" bei der Handwerkskammer B. anzuzeigen. Letztlich erfolgte die Gewerbeanmeldung bei der Kreishandwerkerschaft gar – wie nunmehr beantragt – rückwirkend zum 15.10.2016.
Am 11.07.2017 legte die Antragstellerin zu 1) Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.06.2017 ein. Die eingeholte Auskunft, dass das Arbeitsverhältnis nicht bei der Minijobzentrale gemeldet sei habe nicht sie, sondern der Arbeitgeber zu vertreten. Zudem habe sie eine Zahlungsklage wegen rückständigen Lohnes gegen den Arbeitgeber eingereicht. Denn das Arbeitsverhältnis sei nicht rechtswirksam beendet worden. Ihr Vermieter wolle eine Eigenräumung der Wohnung durchführen. Hierzu habe die Antragstellerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Amtsgericht B. gestellt.
Am 12.07.2017 erhob die Antragstellerin Klage beim Arbeitsgericht B. auf Fortzahlung von 450,00 EUR aufgrund eines vereinbarten Minijobs gegen Herrn D. und fügte eine Kopie des bekannten Arbeitsvertrages bei.
Am 19.07.2017 haben die Antragsteller um sozialgerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Die beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit sei völlig erfolglos. Eine Wiederholung der Begründung des Widerspruches versichert die Antragstellerin zu 1) an Eides statt.
Die Antragsteller beantragen, die unverzügliche Aufnahme der Zahlungen der Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II durch den Antragsgegner, die Ende April für den Mai 2017 eingestellt worden sind.
Der Antragsteller beantragt, den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin zu 1) hat auf gerichtliche Aufforderung u. a. Kontoauszüge für ein Grirokonto bei der Commerzbank L. vorgelegt und weitere Angaben zu ihren Einkommens – und Vermögensverhältnissen sowie monatlichen finanziellen Verpflichtungen gemacht. Die gerichtliche Aufforderung, sämtliche Beschäftigungsverhältnisse, die seit Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bestanden haben sollen aufzuführen und zur Glaubhaftmachung aussagekräftige Belege beizubringen, hat die Antragstellerin wie folgt erwidert: Sie habe in F. von März bis Ende August 2016 bei ihrem Bruder in F. gearbeitet. Nachweise hat sie nicht vorgelegt. Zuletzt hat sie eine Quittung vom 30.06.2016 über 450,00 EUR mit Stempel der Fa. D. als Geldgeber vorgelegt.
Unter dem 31.07.2017 hat der Antragsteller mit zwei Bescheiden den Aufhebungsbescheid vom 22.06.2017 insoweit abgeändert, als der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 29.09.2016 nur für die Zeit ab dem 01.07.2017 zurück genommen wird (1. Bescheid) und die Leistungen für die Zeit von September 2016 bis einschließlich Juni 2017 endgültig auf 0, zugleich entsprechende Erstattungsforderungen festgesetzt (2. Bescheid).
Der Antragsgegner hat eine an ihn gerichtete Email des Herrn D. vom 29.07.2017 vorgelegt, in der dieser bestreitet, die Antragstellerin zu 1) jemals beschäftigt zu haben.
Das Gericht hat die Ausländerakte für die Antragsteller und die Verfahrensakte zum arbeitsgerichtlichen Verfahren der Antragstellerin gegen Herrn D. beigezogen, ferner die Verwaltungsakte des Jobcenters L. und die Verwaltungsakte des Antragsgegners. Weiter hat das Gericht eine Auskunft der Krankenversicherung der Antragstellerin zu 1) eingeholt, nach der die Antragstellerin ausschließlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) pflichtversichert gewesen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten verwiesen.
Gründe II:
A. Die Antragsteller begehren ihrem Antrag nach die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Mai 2017.
Diesem Begehren entspricht nach Erlass der Bescheide des Antragsgegners am 31.07.2017 hinsichtlich der Monate Juli und August 2017 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 11.07.2017 gegen den Rücknahmebescheid vom 22.06.2017. Denn die Bescheide vom 31.07.2017 sind gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) (analog) (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 2. 12. 2011, L 16 AS 877/11 B ER; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 86, Rn. 3) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden (Antrag zu 1), soweit sie die Leistungsbewilligung betreffen.
Für die Monate Mai und Juni 2017 entspricht dem Antragsbegehren nach Erlass der Bescheide vom 31.07.2017 ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Denn nach der endgültigen Leistungsfestsetzung auf 0 bzw. einer Leistungsablehnung ist die Erweiterung des Rechtskreises der Antragsteller zum Erreichen des Verfahrensziels insoweit notwendig. Die Wiederherstellung eines status quo ante ist hingegen nicht (mehr) ausreichend (Antrag zu 2) (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Juli 2013 – L 5 AS 711/13 B ER-, juris).
Rechtsschutz gegen die festgesetzte Erstattungsforderung ist nicht begehrt. Für den vom Antrag adressierten Zeitraum ab Mai 2017 sind ohnehin keine Leistungen zu erstatten, da die vorläufig bewilligten Leistungen (mindestens) ab Mai 2017 nicht ausgezahlt worden sind.
B. 1. Der so verstandene Antrag zu 1) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Rücknahmebescheid vom 22.06.2017 in der Fassung des Bescheides vom 31.07.2017 (mit dem die Rücknahme auf die Monate Juli und August 2017 beschränkt wird) ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers wesentlich erschwert werden könnte. Darin kommt eine Subsidiarität der einstweiligen Anordnung zum Ausdruck. Dort, wo in der Hauptsache eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) statthaft wäre, richtet sich das Begehr des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86 b Abs. 1 SGG.
Die Antragsteller wenden sich in Bezug auf die Monate Juli und August 2017 gegen einen Bescheid, mit dem eine (vorläufige) Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II zurückgenommen worden ist. Gegen dessen belastende Regelungen wäre in der Hauptsache die Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 2 SGB II in der ab 26.07.2016 gültigen Fassung hat der von den Antragstellern am 11.07.2017 binnen der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 S. 1 SGG eingelegte Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid vom 22.06.2017 in der Fassung des Bescheides vom 31.07.2017 keine aufschiebende Wirkung.
b) Der Antrag zu 1) ist jedoch unbegründet.
Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b, Rn. 12). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs u.a. in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Das vom Gesetzgeber in § 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bedeutung, dass der Antragsgegner von der ihm nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse der sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu begründen. Das Gesetz unterstellt aber den Sofortvollzug keineswegs als stets, sondern als nur im Regelfall geboten und verlagert somit die konkrete Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers hin in das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR 19/01, NZV 2002, 51, 52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1/94, BVerwGE 96, 239 ff, jeweils zu § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der wortgleich zu § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG ist).
Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verschont zu bleiben und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung.
Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zu (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13. Februar 2015 - L 7 AS 23/15 B ER -, Rn. 18, juris). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, oder wird sich der Verwaltungsakt jedenfalls in der Hauptsache voraussichtlich als rechtswidrig erweisen, wird die aufschiebende Wirkung angeordnet. Ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung ist dann nicht erkennbar. Sind Widerspruch und Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens berücksichtigt werden können (vgl. zum Ganzen: Keller a.a.O. Rn. 12c; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, V. 2., 3.). Insbesondere sind jedoch grundrechtliche Belange des Antragstellers ein bestimmendes Kriterium. Sind existenzsichernde Leistungen als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) betroffen, so ist ein möglicherweise bestehender (Aufhebungs-)anspruch in der Hauptsache in der Regel zugunsten des Aussetzungsinteresses ausschlaggebend, wenn sich die Sach- und - damit einhergehend - die Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05). Der Bedeutung des Sofortvollzuges für die Allgemeinheit kann auch in diesen Fällen durch das Versehen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Auflagen oder durch eine Befristung Rechnung getragen werden, § 86 b Ab. 1 S. 3 SGG. Lässt sich - kaum denkbar - auch auf der Ebene der Interessenabwägung weder ein Vorrang des Aussetzungsinteresses des Antragstellers noch des Vollzugsinteresses erkennen, bleibt die gesetzgeberische Grundentscheidung zugunsten eines Sofortvollzuges maßgeblich.
Nach diesen Maßstäben ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Rücknahmebescheid 22.06.2017 in der Fassung vom 31.07.2017 für die Monate Juli und August 2017 unbegründet. Der Rücknahmebescheid ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig und beschwert die Antragstellerinnen nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
Die Ermächtigungsgrundlage für diesen Bescheid ergibt sich aus §§ 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), 41a Abs. 2 S. 4, 5 SGB II (n. F.). Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen u. a. des Abs. 2, der Modalitäten des Vertrauensschutzes regelt, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 41 a Abs. 2 S. 4 SGB II n. F. ist eine vorläufige begünstigende Bewilligungsentscheidung soweit sie rechtswidrig ist, für die Zukunft zurückzunehmen. § 41 a Abs. 2 S. 5 SGB II n. F. regelt, dass § 45 Abs. 2 SGB X keine Anwendung findet. Im Falle einer anfänglich rechtswidrigen vorläufigen Leistungsbewilligung ist diese daher mit Wirkung für die Zukunft zwingend und ohne die Prüfung des Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 SGB X zurückzunehmen. Den Ausschluss des Vertrauensschutzes hält der Gesetzgeber aus der Überlegung für sachgerecht, dass die vorläufige Entscheidung keinen Vertrauensschutz aufbauen kann und eine Prüfung von vertrauensschutzbildenenden Umständen somit fehlginge (BT-Drs. 18/8041, S. 53).
Von der so modifizierten Ermächtigungsgrundlage hat der Antragsgegner in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig Gebrauch gemacht.
aa) Der Verwaltungsakt ist formal rechtmäßig. Insbesondere sind die Antragsteller zuvor - unter dem 22.05.2017 – angehört worden, § 24 Abs. 1 SGB X.
bb) Der Rücknahmebescheid ist auch materiell rechtmäßig, da der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 29.09.2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.12.2016, 22.12.2016, 16.02.2017 und 08.03.2017 anfänglich, d.h. zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe, § 37 SGB X, und danach weiterhin (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 45, Rn. 31, 33) rechtswidrig war.
Der Änderungsbescheid vom 08.03.2017 stellte für die von ihm betroffenen Monate Januar bis August 2017 einen Zweitbescheid und damit die maßgebliche Bewilligungsentscheidung dar. Der Zeitpunkt seiner Bekanntgabe ist für die Beurteilung der anfänglichen Rechtswidrigkeit daher maßgeblich. Mit ihm werden die Leistungsansprüche der Antragsteller – anlässlich einer Erhöhung der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung – vollständig, d.h. auch hinsichtlich der Leistungen für übrige Bedarfe neu geregelt. Denn im Verfügungssatz wird den Antragstellern jeweils monatlich eine Gesamtleistungssumme bewilligt. Eine Differenzierung dahingehend, dass es sich etwa hinsichtlich des Leistungsteiles, der auf den Regelbedarf entfällt, lediglich um eine wiederholende Verfügung handeln könnte, ist deshalb auszuschließen.
(1) Die Antragsteller waren bei Bekanntgabe des Bescheides vom 08.03.2017 gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a) oder b) SGB II in der seit dem 29.12.2017 gültigen Fassung (n. F.) (zuvor gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a. F.) von einem Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgeschlossen.
§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (lit. a,b) SGB II enthielt/enthält einen Ausnahmetatbestand zum Nachteil solcher Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU in der seit dem 09.12.2014 geltenden Fassung des "Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften" vom 02.12.2014 (BGBl I, 1922 - n. F.)) ergibt. Ferner besteht ein Leistungsausschluss im Falle des Fehlens eines Aufenthaltsrechtes (vgl. zur Rechtslage bis zum 28.12.2016 BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R -, juris, Rn. 19 ff.; BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 59/13 R -, juris, Rn. 14) Die Ausschlusstatbestände betreffen auch Familienangehörige. Zum 29.12.2016 hat der Gesetzgeber den Ausschlusstatbestand der § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II erweitert auf Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten (lit. c))
Die Anwendbarkeit der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a,b) SGB II erfordert aber eine Prüfung des Grundes bzw. der Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum (weiterhin) bestehende materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht nach den - im Wege eines Günstigkeitsvergleichs - anwendbaren Regelungen des Aufenthaltsgesetzes (§ 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.01.2013, B 4 AS 54/12 R, juris, Rn. 31 ff. m.w.N.). Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BSG, der einhellig gefolgt wird, hindert bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein mögliches anderes (im Falle des § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU im Ermessenswege zu erteilendes) bzw. bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches aus dem Zweck der Arbeitsuche die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" i.S. von § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (b n. F.) SGB II (BSG, Urteil vom 30. Januar 2013, B 4 AS 54/12 R -, juris, Rn. 31 ff.; BSG, Urteil vom 19.Oktober 2010, B 14 AS 23/10 R -, juris, Rn. 17 ff.) bzw. lässt den Leistungsausschluss "von vornherein" entfallen (BSG, Urteil vom 25.Januar 2012, B 14 AS 138/11 R -, juris, Rn. 20 f.).
(1.1) Mit der anzuwendenden Ausnahme des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II knüpft der deutsche Gesetzgeber an den Spielraum, den der europäische Gesetzgeber in Art. 24 Abs. 2, 14 Abs. 4 lit. b Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2014 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (RL 2004/38/EG - sog. Freizügigkeitsrichtlinie) vorsieht. Auf der Ebene des Europarechts sind Fragen des Ausschlusses von Unionsbürgern von (deutschen) Grundsicherungsleistungen durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits - für die nationalen Gerichte bindend - geklärt. In den Rechtssachen Dano (EuGH, Urteil vom 11.11.2014, C-333/13, Celex-Nr. 62013CJ0333, juris), Alimanovic (EuGH, Urteil vom 15.09.2015, C-67/14, Celex-Nr. 62014CJ0067, juris) und García-Nieto (EuGH, Urteil vom 25.02.2016, C-67/14, Celex-Nr. 62014CN0299, juris) erklärte der EuGH die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 SGB II (a. F.) für europarechtskonform.
Er hat die Zulässigkeit der Verknüpfung des Ausschlusses von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten von existenzsichernden Leistungen mit dem Bestehen eines Aufenthaltsrechts im Sinne der RL 2004/38/EG ausdrücklich anerkannt. Nach seiner Rechtsprechung sind Art. 24 Abs. 1 der RL 2004/38/EG i.V.m. ihrem Art 7 Abs. 1 lit. b und Art. 4 VO 883/2004/EG dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Bezug bestimmter "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" im Sinne des Art. 70 Abs. 2 VO 883/2004/EG ausgeschlossen werden, während Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten, sofern den betreffenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten im Aufnahmemitgliedstaat kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht (EuGH Rs Dano vom 11.11.2014 - C-333/13, Rn. 84). In der Rechtssache Alimanovic hat der EuGH insoweit betont, dass Unionsbürger anderer EU-Staaten, die nach Deutschland eingereist sind, um Arbeit zu suchen, vom deutschen Gesetzgeber vom Bezug von Alg II oder Sozialgeld ausgeschlossen werden können, selbst wenn diese Leistungen als besondere beitragsunabhängige Geldleistungen im Sinne des Art. 70 VO 883/2004/EG eingeordnet werden (EuGH Rs Alimanovic vom 15.9.2015 - C-67/14 Rn.63). Bei den Leistungen nach dem SGB II handele es sich um Leistungen der "Sozialhilfe" im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG. Danach haben die Aufnahmestaaten jedoch keine Verpflichtung zur Gleichbehandlung ihrer Staatsangehörigen und solcher anderer EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf einen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn Letztere nicht Arbeitnehmer oder Selbstständige sind oder ihnen dieser Status erhalten geblieben ist bzw. Familienangehörige dieser sind (s. hierzu auch Kingreen in NVwZ 2015, 1503, 1505 f). Die Entscheidung zur Rechtssache García-Nieto betraf explizit die Vereinbarkeit des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht.
Auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 des europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) vom 11.12.1953 steht einer Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Absatz 1 S. 2 SGB II nicht entgegen. Die Antragsteller unterfallen als rumänische Staatsangehörige bereits nicht dem personellen Anwendungsbereich. Ungeachtet dessen vertritt die Kammer die Auffassung, dass das Gleichbehandlungsgebot aus dem EFA durch den Vorrang der VO 883/2004/EG (Art. 8 Abs. 1 S. 1) verdrängt wird (vgl. dazu ausführlich: Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16 -, juris, Rn. 35 ff.; ferner SG Aachen, Urteil vom 25. Oktober 2016 – S 11 AS 357/16 -, juris, Rn. 55 ff.).
(1.2) Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 30.08.2016 (S 14 AS 267/16 -, juris, Rn. 91 ff.) entschieden, dass sie - ungeachtet der Tatsache, dass nach ihrer Auffassung auch in der bis zum 28.12.2016 gültigen Rechtslage kein Anspruch der gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a. F. von Leistungen nach dem SGB II Ausgeschlossenen nach dem Sozialgesetzbuch Zwöftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) in Betracht kam (vgl. o. a. Urteil, juris, Rn. 58 ff.; siehe nunmehr ausdrücklich § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in der seit dem 29.12.2016 gültigen Fassung) – nicht von der Verfassungswidrigkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II - namentlich einem Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. insb. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, BVerfGE 132, 134-179, Rn. 62 ff.) oder den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG - überzeugt ist (vgl. jüngst Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2017 – L 19 AS 190/17 B ER –, Rn. 43 ff., juris; SG Dortmund, Beschluss vom 31. Januar 2017 – S 62 SO 628/16 ER, juris, Rn. 46 ff.).
Die Kammer hat ausgeführt: "Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich als Menschenrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133). Das Bundesverfassungsgericht hat es insbesondere mit seinem Urteil vom 09.02.2010 zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung der Regelbedarfsleistungshöhe für Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (siehe anschließend: Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11; Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13) konkretisiert und Anforderungen für dessen Gewährleistung herausgearbeitet; es als Gewährleistungsrecht im Sozialrecht aktiviert (Aubel in: Emmenegger/Wiedmann, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, Band 2, 1. Auflage 2011, S. 275).
Das Menschenwürdeprinzip aus Art. 1 Abs. 1 GG wird dabei als eigentliche Anspruchsgrundlage herangezogen, während das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG im Sinne eines Gestaltungsgebots mit erheblichem Wertungsspielraum verstanden wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 62). Das auf dieser Grundlage bestimmte Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG habe in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG demnach neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es sei dem Grunde nach unverfügbar und müsse durch den Gesetzgeber eingelöst werden. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 GG korrespondiere ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützte, die in Notlagen, nur durch materielle Unterstützung gesichert werden könne (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 63). Dieser Anspruch bedürfe aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung. Die Legislative habe die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen sowie der konkreten Lebenssituation des Hilfebedürftigen auszurichten. Dabei stehe ihr ein Gestaltungsspielraum zu. Der Umfang des Anspruches könne im Hinblick auf die Arten des Bedarfes und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. (BVerfG, Urteil vom 09. Februar.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133, 138; Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 66).
Die grundlegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Konturierung des Rechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zur Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfsleistungen der Grundsicherung und der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsybLG) hatten dabei allerdings jeweils zum Gegenstand, ob der durch den Gesetzgeber geschaffene Leistungsanspruch der Höhe nach evident (BVerfG Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 80) unzureichend war, oder nicht auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfertig zu rechtfertigen war (BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010 - 1 BvL 1/09; Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Sie betrafen Konstellationen, in der die Frage der Anspruchsberechtigung des Adressatenkreises der jeweilig zu prüfenden Normen auf existenzsichernde Leistungen dem Grunde nach nicht zur Debatte stand. Rückschlüsse darüber, inwiefern es dem Gesetzgeber möglich ist, Personen ohne Aufenthaltsrecht Sozialleistungen zu verwehren (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, BVerfGE 132, 134-179, Rn. 74, knüpft z. B. an ein bestehendes Aufenthaltsrecht an) oder Personen mit einem bestimmten Aufenthaltsrecht - das nicht seinerseits aus Art. 1 Abs. 1 (i.V.m. Art. 20 Abs. 1) GG oder auf das Asylrecht aus Art. 16 a GG zurückzuführen ist (hier: dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche) - vom Sozialleistungsbezug auszuschließen, lassen diese Entscheidungen nicht zu (SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016 - S 35 AS 5396/15 ER, Rn. 56, juris; SG Dortmund, Beschluss vom 18. April 2016 - S 32 AS 380/16 ER, Rn. 142, juris; Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, WD 6-3000 - 025/16 vom 09.03.2016, S. 9), zumal das Bundesverfassungsgericht seine Position bisher nicht konsequent universalistisch ausgerichtet hat. Es fehlen Vorgaben, dass und wie die deutsche Staatsgewalt das oberste Verfassungsziel der Menschenwürde, soweit hieraus konkrete sozial- rechtliche Standards abgeleitet werden, in transnationalen Sachverhalten umfassend zu realisieren hätte (so Thym, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12.10.2015, S. 18; dies lässt unberücksichtigt: SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18. April 2016 - S 3 AS 149/16, Rn. 508, juris).
Eine Anspruchsberechtigung auf existenzsichernde Leistungen dem Grunde nach, als aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitetes subjektives Recht, lässt sich nach Auffassung der Kammer aber nur in unmittelbarer Verbindung zu einer ihrerseits aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bzw. aus dem, als Menschenrecht (vgl. Art. 14 UN-Menschenrechtscharta) in innerer Korrespondenz hierzu stehenden, Grundrecht auf Asyl aus Art. 16 a GG (vgl. zur Überlagerung dieses Grundrechts durch die Genfer Flüchtlingskonvention: Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1 AsylbLG, Rn. 15 f. m. w. Nachw.) folgenden Aufenthaltsberechtigung begründen. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 SGB II ist hingegen bereits Voraussetzung, dass feststeht, dass ein solches Recht nicht besteht. Der Leistungsausschluss greift nur ein, wenn entweder überhaupt kein Aufenthaltsrecht besteht oder lediglich eines zur Arbeitsuche. Dieses Aufenthaltsrecht ist aber ersichtlich nicht aus Art. 1 Abs. 1 oder Art. 16 a GG zu entleihen, sondern lediglich auf Art. 45 Abs. 3 AEUV zurückzuführen.
Eine tragfähige Begründung dafür, dass der Gesetzgeber auch Personen, die sich ohne ein auf die Menschenwürde rückführbares Recht in Deutschland aufhalten, existenzsichernde Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erbringen hat, lässt sich nicht erkennen. In einem europäischen Freiheitsraum muss die Gewährleistung der Menschenwürde letztlich nicht notwendig in Deutschland und nach dem dortigen Standard erfolgen (vgl. Thym, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12.10.2015, S. 21 für § ; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04. Februar 2015 - L 2 AS 14/15 B ER, Rn. 40, juris; in diesem Sinne auch: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. März 2016 - L 12 SO 79/16 B ER, Rn. 34, juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 05.11.2015 - L 3 AS 479/15 B ER -; vom 11.02.2016 - L 3 AS 668/15 B ER -; Bayerischen LSG, Beschluss vom 13.10.2015 - L 16 AS 612/15 ER, Rn. 31 ff., juris; SG Dortmund, Beschluss v. 23.11.2015 - S 30 AS 3827/15 ER, juris: Der Gesetzgeber habe mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, den Nachrang des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden).
Soweit die Gegenauffassung aus dem Urteil des BVerfG zum Asylbewerberleistungsgesetz vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, BVerfGE 132, 134-179) den Schluss zieht, ein Recht auf die Gewährung von existenzsichernden Leistungen hänge letztlich allein vom tatsächlichen Aufenthalt eines im (einfachrechtlichen Sinne) Hilfebedürftigen im Bundesgebiet ab (insb. SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18. April 2016 - S 3 AS 149/16, Rn. 508, 517 passim, juris; Hessisches LSG, Urteil vom 27. November 2013 - L 6 AS 378/12 -, Rn. 63, juris; Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 SGB XII, Rn. 75.1; auch Kötter, info also 2016, S. 3, 6; Wunder, SGb 2015, S. 620, 622 f.; Frerichs, ZESAR 2014, S. 283; Kingreen, NVwZ 2015, S. 1506; ders. SGb 2013, S. 132, 137 f.), wird nicht verständlich, weshalb die Abschiebung eines Menschen ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland in einen anderen Staat ungeachtet der Tatsache rechtmäßig möglich bleiben soll, ob dort ein (dem deutschen vergleichbares) Existenzsicherungssystem vorhanden ist (vgl. SG Mainz, a.a.O., Rn. 508). Es überzeugt nicht, dass der mittelbare und mildere faktische Zwang zur Ausreise durch einen Ausschluss von existenzsichernden Leistungen "fundamental" mit dem Menschenwürdeprinzip unvereinbar sein soll, während ein aufenthaltsrechtlich erzeugter und unmittelbar mit hoheitlicher Staatsgewalt durchgesetzter Ausschluss von der Existenzsicherung in Deutschland auf keine Bedenken stößt (vgl. SG Mainz, a.a.O., Rn. 517; vgl. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a AsylbLG 2. Überarbeitung, Rn. 155). In diesem Sinne hat der 12. Senat des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 07.03.2016 (L 12 SO 79/16 B ER, Rn. 36, juris) ausgeführt, dass, soweit - ohne dass dagegen grundrechtliche Bedenken erhoben werden (vgl. Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12.10.2015, S. 18) - im Ausländerrecht die allein nachteilige wirtschaftliche Situation im Herkunftsland kein Umstand, der zur Gewährung eines Aufenthaltsrechtes oder dem Schutz vor Abschiebung führen kann, ist (vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 06.09.2007 - 11 A 633/05 A -, Rn. 16, 28-32, juris, zur Zumutbarkeit einer Abschiebung nach Sierra Leone trotz völlig fehlender sozialer Sicherungssysteme und einer Arbeitslosenquote von 70 %; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 - 1 B 16/05, Rn. 4, juris; Thym, a.a.O), es unter Berücksichtigung des Gedankens der Einheit der Rechtsordnung auch nicht denkbar sei, solche nachteiligen Lebensumstände im Herkunftsland bei der Prüfung der sozialrechtlichen Zumutbarkeit einer Rückkehr anzuführen.
Hinzu tritt, dass das Bundesverfassungsgericht mit seinen nach dem Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz gefassten Beschlüssen vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) sowie vom 08.10.2014 (1 BvR 886/14) einen durch den Leistungsausschluss für Schüler und Studenten nach § 7 Abs. 5 SGB II verursachten faktischen Zwang, das Studium oder die Ausbildung abbrechen zu müssen, um in den Genuss von SGB II-Leistungen zu gelangen, als mit dem Recht auf Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimumms vereinbar erachtet hat. (In diesen Zusammenhang lässt sich auch § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII stellen, der auch Deutschen im Ausland in der Regel zumutet, ins Inland zurückzukehren). Daraus wird zunächst erkennbar, dass die von der Gegenauffassung angeführte Aussage (u.a.) in dem Urteil des BVerfG zum Asylbewerberleistungsgesetz, der elementare Lebensbedarf der Leistungsberechtigten sei in dem Augenblick zu befrieden, in dem er entstehe (Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, Rn. , 99, 72 juris) nicht damit gleichgesetzt werden kann, es genüge der tatsächliche Aufenthalt in Deutschland allein. Denn der gem. § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossene Student, dessen Studium dem Grunde nach nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähig ist (und für den auch kein Leistungsanspruch nach dem SGB XII bereit gehalten wird), der aber aufgrund persönlicher Ausschlussgründe keine Leistungen nach dem BAföG erhält, hat so lange keinen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen, wie er sein Studium noch nicht abgebrochen hat, ohne das darin ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG gesehen würde. Weiter lässt sich den o. a. Beschlüssen des BVerfG entnehmen, dass der faktische Zwang, die bisherige Lebensführung zur Sicherung des Existenzminimums ändern zu müssen, nicht zur Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums führt, sondern vielmehr das Grundrecht, das diese vom Hilfebedürftigen anvisierte Lebensgestaltung schützt (in den Fällen 1 BvR 1768/11 und 1 BvR 886/14 die teilhaberechtliche Dimension des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 und dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG - s. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03. September 2014 - 1 BvR 1768/11, Rn. 24, juris -; hier die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG) berührt (SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016 - S 35 AS 5396/15 ER -, Rn. 58, juris; Bayerischen LSG, Beschluss vom 01.10.2015 - L 7 AS 627/15 B ER, Rn. 31 ff, juris; a. A. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, WD 6-3000 - 025/16 vom 09.03.2016, S. 9, weil die von § 7 Abs. 5 SGB II Ausgeschlossenen dem BAföG unterlägen und es deshalb nicht zu einem "menschenunwürdigen Totalausschluss" käme. Die Ausgeschlossenen haben aber gerade nicht notwendig einen Anspruch nach dem BAföG, weil sie ggfs. aus in ihrer Person liegenden Gründen - vgl. Abschnitt II. des BAföG - ausgeschieden werden.).
Aus dem Vorstehenden ( ) folgt, dass eine Prüfung, inwiefern ein vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II betroffener Hilfebedürftiger in seinem Herkunftsland das Existenzminimum nach deutschen Maßstäben sichern kann, nicht anzustellen ist. Auch im Ausländerrecht ist die nachteilige wirtschaftliche Situation im Herkunftsland kein Maßstab, der zur Gewährung eines Aufenthaltsrechts oder dem Schutz vor einer Abschiebung führen kann, ohne dass dies verfassungsrechtliche Beanstandung fände (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. März 2016 - L 12 SO 79/16 B ER, Rn. 34, juris; Thym, a.a.O.).
Auch ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf die Vergleichsgruppe der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Leistungsberechtigten ist nicht gegeben (a. A. Kingreen, SGb 2013, 132, 139; Frerichs, ZESAR 2014, 279, 280 ff.; vgl. auch SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18. April 2016 - S 3 AS 149/16, Rn. 515). Es fehlt die Vergleichbarkeit mit den vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 SGB II Betroffenen (zum Verhältnis des Art. 3 Abs. 1 GG zu Art. 1 Abs. 1 GG: Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1 AsylbLG, Rn. 34-36 m. w. Nachw.; Aubel, SGb 2016, 105 ff.).
Insofern ist zu bedenken, dass der persönliche Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 AsylbLG konzeptionell (d. h. mit Ausnahme der nach Nr. 5 Berechtigten, deren Anspruch ggfs. nach § 1a Abs. 1-3 eingeschränkt ist) Drittstaatsangehörige adressiert, die sich (allein) auf politische, humanitäre oder völkerrechtliche Aufenthaltsgründe berufen können (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1 AsylbLG, Rn. 13). Der im Schwerpunkt menschenrechtlichen Prägung der Aufenthaltsrechte korrespondiert ein Anspruch auf existenzsichernde Leistungen in Deutschland. Das AsylbLG ist weiterhin insofern ein eigenes, spezielles Leistungssystem zur Sicherung des Lebensbedarfs, als es primär an den ungesicherten Aufenthaltsstatus anknüpft (vgl. BVerfG v. 11.07.2006 - 1 BvR 293/05 - BVerfGE 116, 229, 232; Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a AsylbLG 2. Überarbeitung, Rn. 22). Der Adressatenkreis des AsylbLG unterscheidet sich daher maßgeblich von einem Unionsbürger, dem - auch im Wege des Günstigkeitsvergleiches nach dem AufenthG - kein Aufenthaltsrecht oder nur ein solches zur Arbeitsuche zusteht und der insofern in sein Heimatland zurückkehren kann bzw. muss (SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016 - S 35 AS 5396/15 ER, Rn. 57, juris; a.A. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 SGB XII, Rn. 74).
Sofern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG auch Personen erhalten, die vollziehbar ausreisepflichtig sind (vgl. § 50 AufenthG) (vgl. SG Mainz a.a.O., Rn. 515), ist zu beachten, dass § 1 a Abs. 1-3 (geändert durch das "Integrationsgesetz" vom 31.07.2016 - BGBl 2016 Teil I Nr. 39; BT- Drs. Drucksache 18/8615, S. 35) insbesondere für diese Personengruppe Anspruchseinschränkungen vorsieht. Sofern Leistungen nicht auf das im Einzelfall unabweisbare beschränkt werden, weil der Leistungsberechtigte eingereist ist, um Leistungen zu erhalten (Abs. 1), reduziert sich der Anspruch auf nach den Abs. 2, 3 näher bezeichnete "Überbrückungsleistungen"." Vergleichbare Leistungen konnten den vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB a. F. erfassten Personen allerdings nach dem neunten Kapitel des SGB XII, § 73 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen) erbracht werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER , juris, Rn. 67; Beschluss vom 24. Juli 2014 - L 15 AS 202/14 B ER, juris, Rn. 23). Seit dem 29.12.2016 enthält § 23 Abs. 3 S. 6 SGB XII einen Überbrückungsanspruch der sich an § 1a Abs. 2 des AsylbLG orientiert (vgl. BT-Drs. 18/10211, S. 16). § 23 Abs. 3a SGB XII enthält einen Darlehensanspruch für Rückreisekosten." Die Kammer hält an dieser Auffassung fest.
(2) War der Leistungsausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a, b) SGB II bereits zum Zeitpunkt der (vorläufigen) Bewilligungsentscheidung des Antragsgegners vom 08.03.2017 damit auf die Antragsteller als rumänische Staatsangehörige anzuwenden, schied/scheidet ein Leistungsanspruch aus.
Ein Aufenthaltsrecht der Antragsteller war und ist weiterhin nicht vorhanden.
(2.1) Insbesondere bestand/besteht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die Antragstellerin zu 1) kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU oder § 2 Abs. 3 FreizügG/EU, nachdem das Recht nach Abs. 1 (das Recht auf Einreise und Aufenthalt) für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige bei vorübergehender Erwerbsminderung infolge von Krankheit oder Unfall (S. 1 Nr. 1), unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbstständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbstständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (Nr. 2) bestehen bleibt bzw. bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr für die Dauer von sechs Monaten unberührt bleibt (S. 2) (hierzu Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2016 – S 14 AS 525/16 ER –, Rn. 38 ff., juris).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, ist der insoweit maßgebliche Arbeitnehmerbegriff i.S. des Art. 45 AEUV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der nicht eng ausgelegt werden darf (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - C-46/12 - Rechtssache L.N., juris Rn. 39 m.w.N.). Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Die beschränkte Höhe dieser Vergütung oder der Umstand, dass sie nur eine geringe Anzahl von Wochenstunden Arbeit leistet, schließen es nicht aus, dass eine Person als Arbeitnehmer i.S. des Art. 45 AEUV anerkannt wird. Allerdings ist für die Qualifizierung als Arbeitnehmer erforderlich, dass eine Person eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, die keinen so geringen Umfang hat, dass sie sich als vollständig untergeordnet und unwesentlich darstellt (EuGH, a.a.O., Rn. 40-42). Die Prüfung der Arbeitnehmereigenschaft erfordert eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalles (EuGH, a.a.O., Rn. 43) (weiter:, Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2016 – S 14 AS 525/16 ER –, Rn. 41 f., juris).
Die Kammer ist aufgrund der Aktenlage davon überzeugt, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses der Antragstellerin zu 1), insbesondere mit Herrn D., fingiert, ist (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. März 2017 – 18 B 274/17 –, Rn. 3, juris). Ein tatsächliches, echtes Arbeitsverhältnis der Antragstellerin zu 1) im dargelegten Sinne lässt sich für die gesamte Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland nicht feststellen.
Auf die gerichtliche Aufforderung, sämtliche Beschäftigungsverhältnisse, die seit der Einreise in die Bundesrepublik bestanden haben sollen aufzuführen und zur Glaubhaftmachung aussagekräftige Belege vorzulegen, hat die Antragstellerin zu 1) erstmals knapp vorgetragen, sie habe in der Zeit von März bis August 2016 – bis zu ihrem Umzug nach E. – bei ihrem Bruder (Q. N.) in F. gearbeitet. Zu dem angeblichen Beschäftigungsverhältnis bei ihrem Bruder hat sie weder weitergehende Angaben, etwa über den Inhalt der Tätigkeit, den Umfang, die Vergütung o. ä., gemacht, noch Belege beigebracht. Weitere Arbeitsverhältnisse hat sie nicht aufgeführt.
Der sowohl dem Antragsgegner als auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren vorgelegte Arbeitsvertrag mit Herrn D., der im selben Haus wie die Antragstellerin wohnt, ist nach Überzeugung der Kammer entweder ein Scheingeschäft (vgl. § 117 BGB) oder er ist von der Antragstellerin im Wege der Urkundenfälschung erstellt worden. Nach dem Arbeitsvertrag vom 01.09.2016 soll die Antragstellerin bei Herrn D. als Haushaltshilfe mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden beschäftigt werden. Das in bar auszuzahlende Arbeitsentgelt soll 450 EUR brutto monatlich betragen, wobei eine Fälligkeit der Vergütung in den Formularvertrag nicht eingetragen worden ist. Sofern die Antragstellerin zu 1) im Gewerbe des Herrn D. beschäftigt werden sollte – dies legt u. a. der Aufdruck eines Stempels mit der Gewerbe- nicht der Privatanschrift des Herrn D. nahe - wird nicht erkennbar, weshalb eine Haushaltshilfe in einem Gewerbe für Entkernung, Abbruch und Garten – und Landschaftsbau beschäftigt werden sollte. Auf Aufforderung des Antragsgegners, Nachweise über die Lohnzahlungen und über die Anmeldung zur Sozialversicherung vorzulegen, legte die Antragstellerin Ende September 2016 eine Quittung über 450 EUR, offenbar für eine Tätigkeit als Putzfrau im August eines nicht näher bezeichneten Jahres, vor, die jedoch nicht den Empfang eines Lohnes von Herrn D. quittiert, sondern den Stempel einer Automobilfirma, deren Inhaber ein Herr T. ist, ausweist. Hierzu hat die Antragstellerin keine Erklärung gegeben. Zu keiner Zeit hat sie behauptet oder belegt, dass ein Arbeitsverhältnis der Automobilfirma des Herrn T. bestanden hat. Während beim Antragsgegner zwar eine unvollständig ausgefüllte "Meldung zur Sozialversicherung" einging, in der der Vermieter der Antragstellerin zu 1), wiederrum ein Herr T. für die Zeit von September 2016 bis April 2017 als Arbeitgeber ausgewiesen wird, gleichwohl dessen Gewerbe (Abbrucharbeiten, Entkernung, Asbestsanierung) bereits seit dem 28.10.2011 abgemeldet ist, hat die Knappschaft Bahn See - Minijobzentrale dem Antragsgegner unter dem 31.01.2017 zudem mitgeteilt, dass für die Antragstellerin zu 1) keine Meldung zur Sozialversicherung über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer von einer Fälschung der Meldung aus. Nach Recherche der Kammer sind im Internet entsprechende Anmeldungsvordrucke aufrufbar und können ausgefüllt werden, ohne dass tatsächlich eine Meldung zur Sozialversicherung erfolgt. Soweit die Antragstellerin zu 1) zuletzt eine Quittung über eine Geldleistung i. H. v. 450,00 EUR der Firma D. an Sie (ohne Angabe der Zweckbestimmung) vom 30.06.2016 vorgelegt hat, passt dies weder zu der Angabe, sie habe in dieser Zeit bei ihrem Bruder gearbeitet, noch zu dem im vorgelegten Formulararbeitsvertrag, nach dem die Fa. D. erst seit September ihr Arbeitgeber sein soll.
Die gezielten Fragen des Antragsgegners mit Schreiben an die Antragstellerin zu 1) vom 05.05.2017, u. a. welche Tätigkeit genau ausgeübt werde, wo sich der Arbeitsplatz befinde, an welchen Tagen die Antragstellerin zu 1) arbeite, wie viele Stunden täglich bzw. wöchentlich, ob die Arbeitsstunden notiert werden, wer der Antragstellerin sage, wann sie das nächste Mal arbeiten müsse, wie und von wem sie ihren Lohn erhalte u.a., hat die Antragstellerin zu 1) unbeantwortet gelassen. Als Reaktion hat sie lediglich eine "Lohnabrechnung für April/2017 (Bar-Auszahlung)" vorgelegt, in der eine Übereinkunft der Fa. D. mit der Antragstellerin zu 1) dokumentiert wird "die Zahlung von Gebäudereinigung und Treppen putzen (Putzen, u.a.) für" die Antragstellerin zu 1) "Auszahlung des Betrages von 450/für April 2017/verrechnet. Den ausgezahlten Betrag in bar ist als Quittung gültig." Das Schriftstück trägt zwei Unterschriften, von der eine unter "Betrag erhalten" wohl von der Antragstellerin zu 1) stammen soll, die andere von Herrn D. selbst oder einem Mitarbeiter seiner Firma. Die perplexe Lohnabrechnung stellt nicht ansatzweise eine adäquate Reaktion auf die präzisen Fragen des Antragsgegners dar.
Mit Email vom 07.06.2017 teilte – dem Absender nach – Herr D. dem Antragsgegner mit, die Antragstellerin sei lediglich im Monat September 2016 für seine Firma beschäftigt gewesen und in diesem Monat entlassen worden. Es sei für diesen Monat bereits eine Quittung ausgestellt worden. Soweit hingegen Herr D. zuletzt mit Email vom 29.07.2017 dem Antragsgegner mitgeteilt hat, die Antragstellerin zu 1) sei bei ihm noch nie beschäftigt gewesen, bleibt aus Sicht der Kammer zwar offen, ob es sich bei dem von der Antragstellerin zu 1) vorgelegten schriftlichen Formulararbeitsvertrag vom 01.09.2016 um ein Scheingeschäft oder aber um eine gefälschte Urkunde handelt, ohne dass dies jedoch für die Frage eines Aufenthaltsrechtes aufgrund einer Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 FreizügG/EU von Bedeutung wäre. Denn jedenfalls liegt keine tatsächliche, echte Beschäftigung vor.
Aus der beigezogenen Verfahrensakten des Arbeitsgerichtes B. zur angestrengten Klage der Antragstellerin zu 1) gegen Herrn D. und der beigezogenen Ausländerakte ergeben sich keine neuen Hinweise. Nach Auskunft der Krankenkasse der Antragstellerin zu 1) war die Antragstellerin lediglich (bis April 2017) als Empfängerin von SGB II – Leistungen pflichtversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SGB V), nicht aber als Arbeitnehmerin (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).
(Auch) das Arbeitsverhältnis in L. hat die Antragstellerin zu 1) auf die gerichtliche Aufforderung hin, sämtliche Beschäftigungsverhältnisse seit ihrer Einreise nach Deutschland anzugeben, nicht mitgeteilt. Der dem Jobcenter L. vorgelegte Arbeitsvertrag vom 20.07.2015 belegt nach Ansicht der Kammer – vor dem Hintergrund der dargelegten Widersprüchlichkeiten im Hinblick auf andere behauptete Arbeitsverhältnisse in keinem Fall ausreichend, dass die Klägerin tatsächlich – wie nach der Vertragsschrift vereinbart – bis einschließlich Februar 2016 für den vermeintlichen Vertragspartner K. T. , offenbar einem Dolmetscher, als geringfügig Beschäftigte tätig gewesen ist. Weitere Hinweise auf die Echtheit dieses Arbeitsverhältnisses (z.B. Nachweis von Lohnzuflüssen; nachprüfbare Angaben zu Beschäftigungsorten, dem genauen Inhalt der Tätigkeit o. a.) hat die Antragstellerin zu 1) bereits dem Jobcenter L. nicht gegeben. Ungeachtet dessen, ergäbe sich hieraus kein Anspruch gegen den Antragsgegner. Denn selbst bei unterstellter Echtheit des Arbeitsverhältnisses im Zeitraum von August 2015 bis einschließlich Februar 2016 und zudem unfreiwilliger, durch die Bundesagentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit im Anschluss, behielte die Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gem. § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU lediglich bis einschließlich August 2016.
(2.1) Auch im Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) als niedergelassene selbstständig Tätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Eine allgemeine Definition des Selbständigen und seiner auf Gewinn ausgerichteten Tätigkeit existiert für das Unionsrecht nicht. Ausschlaggebend ist das Gesamtbild der Tätigkeit (OVG Hamburg, Beschluss vom 21.06.2010 - 1 B 137/10; LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 28.01.2013 - L 14 AS 3133/12 B ER -, sämtlich juris; Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht,11. Aufl. 2016, § 2 FreizügG/EU Rn. 70). Der EuGH (Urteil vom 25.07.1991 - Rs. 221/89 Factortame Ltd.) definiert den Begriff als die tatsächliche Ausführung einer wirtschaftlichen Tätigkeit (qualitatives Element) mittels einer festen Einrichtung (räumliches Element) in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit (zeitliches Element). Die Tätigkeit muss tatsächlich ausgeübt werden, eine Teilnahme am Wirtschaftsleben darstellen und darf - in Anlehnung an die Kriterien zur Arbeitnehmerfreizügigkeit - nicht "völlig untergeordnet und unwesentlich sein" (EuGH, Urteil vom 23.03.1982 Rs. 53/81 Levin). Die Unterhaltung einer baulichen Einrichtung, etwa im Sinne eines Ladenlokals, eines Lagerraums oder einer Werkstatt, ist für die Anerkennung einer selbständigen Tätigkeit, die der Niederlassungsfreiheit unterliegt, nicht erforderlich (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.01.2013 - L 14 AS 3133/12 B -, juris). Der Lebensunterhalt muss durch die selbständige Tätigkeit nicht gesichert sein (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04. Mai 2015 – L 7 AS 139/15 B ER –, Rn. 22, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 21.06.2010 - 1 B 137/10 -, juris).
Soweit die Antragstellerin zu 1) bei der für sie zuständigen Stadtverwaltung am 04.07.2017 vorgesprochen hat und für die Zeit ab dem 30.06.2017 bzw. ab Mai 2017 versucht hat ein Gewerbe "Gebäudereiniger" bei der Handwerkskammer B. eintragen zu lassen ist davon auszugehen, dass dahinter keine echte selbständige Erwerbstätigkeit steht. Es liegen keinerlei Hinweise dafür vor, dass die Antragstellerin zu 1) die tatsächlich eine wirtschaftliche selbständige Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. Die Antragstellerin hat dies dem Gericht gegenüber nicht einmal behauptet. Für das Gegenteil spricht nach Auffassung der Kammer schon der seitens des Amtes für Recht und Ordnung, Sachgebiet Gewerbe, der Stadt E. unter dem 04.07.2017 dokumentierte Ablauf der Gewerbeanmeldung bzw. Gewerbeanzeige. Die Antragstellerin erschien dem Vermerk nach mit einem Dolmetscher und legte einen Antrag auf Eintragung bei der Handwerkskammer B. vor, der von der Kreishandwerkerschaft S. am 03.07.2017 abgestempelt worden war. Als Eröffnungsdatum hatte die Antragstellerin den 30.06.2017 eingetragen. Im Verlauf fragte die Antragstellerin, ob sie das Gewerbe einen Monat rückwirkend anmelden könne. Letztlich änderte sie ihren Antrag dahingehend ab, dass die Gewerbeanmeldung für den 15.10.2016 erfolgen sollte und erfolgte. Dies lässt den Schluss zu, dass auch die Gewerbeanmeldung letztlich nur zum Zwecke des Scheines eines Aufenthaltsrechtes für den Bezug von SGB II – Leistungen erfolgt ist.
(2.3) Ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4 a Abs. 1 FreizügG/EU (nach fünfjährigem rechtmäßigem Aufenthalt) kann aufgrund der Einreise der Antragsteller nach eigenen Angaben zum 01.12.2014 (nach einem Prüfvermerk Jobcenters L. erst am 20.06.2015) frühestens im Dezember 2019 entstehen. Für ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige nach § 2 Abs. 2 Nr. 6, § 3 FreizügG/EU ist nichts ersichtlich. Aufgrund der durch die Antragsteller behaupteten Hilfebedürftigkeit der i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II scheidet auch eine Freizügigkeitsberechtigung für nicht Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 5, § 4 FreizügG/EU aus.
(2.4) Da auch ein Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist von vorneherein ausscheidet, ist die Frage der Europarechtskonformität des Ausschlusstatbestandes nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II n. F. (hierzu bejahend: Derksen, infoalso 2016, S. 257; anders die Gesetzesbegründung Bundestagsdrucksache 18/10211, Seite 13; bereits zur Rechtslage vor dem 29.12.2016: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Januar 2016 – L 15 AS 226/15 B ER –, Rn. 11, juris) von vornherein unerheblich.
Denn nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 können Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Dieses - historisch an die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Schaffung bestmöglicher Bedingungen für die Integration der Familie des Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat anknüpfende - Ausbildungsrecht des Kindes setzt voraus, dass dieses Kind "in Ausbildung" mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem Mitgliedstaat in der Zeit lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte. Der Erwerb des Ausbildungsrechts ist an den Status als Kind eines Arbeitnehmers gebunden. Das Ausbildungsrecht aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 impliziert gleichzeitig ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der sich weiterhin in Ausbildung befindlichen Kinder, das grundsätzlich bis zum Abschluss der Ausbildung und insbesondere besteht, solange sie tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat in das Schulsystem eingegliedert sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 03.12.2015, Az. B 4 AS 43/15 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.03.2017, Az. L 19 AS 190/17B; Sozialgericht Kiel, Beschluss vom 13.01.2017, Az. S 31 AS 321/16 ER). Von diesem Aufenthaltsrecht eines Kindes kann sein Elternteil wiederum ein Aufenthaltsrecht ableiten, wenn seine Arbeitnehmereigenschaft nicht mehr vorliegt. Da aber – wie dargelegt – für die Zeit ihres gesamten Aufenthaltes in Deutschland bereits keine Arbeitnehmereigenschaft der Antragstellerin zu 1) festzustellen ist, scheiden Aufenthaltsrechte der Antragsteller nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 aus.
(2.5) Auch ein im Wege des "Günstigkeitsvergleiches" (vgl. § 11 Abs. 1 FreizügG/EU) zu berücksichtigendes Aufenthaltsrecht im Sinne des AufenthG war und ist nicht ersichtlich.
(3) Der Rücknahmebescheid vom 22.06.2017 in der Fassung des Bescheides vom 31.07.2017 war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Antragsteller weiterhin einen Anspruch auf vorläufige Leistungsgewährung aufgrund einer direkten oder entsprechenden Anwendung von § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II hätten (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Februar 2017 – L 8 SO 344/16 B ER –, Rn. 39 ff., juris). Die Kammer schließt sich insoweit der zuletzt vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Beschlüssen vom 18. April 2017 (L 13 AS 113/17 B ER –, Rn. 19, juris) und 26. Mai 2017 (L 15 AS 62/17 B ER –, Rn. 13, juris; ferner Beschlüsse des 15. Senates vom 26. März 2014 - L 15 AS 16/14 B ER und vom 24. Juli 2014 - L 15 AS 202/14 B ER -, juris; ferner: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19. Mai 2017 – L 11 AS 247/17 B ER –, Rn. 24, juris; SG Berlin, Beschluss vom 25. Juli 2017 – S 95 SO 965/17 ER –, Rn. 20 ff., juris) vertretenen Auffassung an.
Nach § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II kann über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen vorläufig entschieden werden, wenn 1. die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Union ist oder 2. eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist.
Zwar ist die Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des §§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (a. F.) SGB II mit dem Recht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums aufgrund des Vorlagebeschlusses Kammer des Sozialgerichts Mainz vom 18. April 2016 (S 3 AS 149/16 –, juris) Gegenstand eines Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvL 4/16). Aus dem Wortlaut des § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II (sog. "Kann-Vorschrift") folgt, dass zumindest die Entscheidung, ob Leistungen vorläufig erbracht werden, im Ermessen des Leistungsträgers steht (vgl. Conradis in: LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 41a Rn. 3). Dies bedeutet, dass dessen Verpflichtung zur Leistungsgewährung, insbesondere in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, nur dann in Betracht kommt, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, also das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre, weil einstweiliger Rechtsschutz nur in den Grenzen eines Anordnungsanspruches möglich ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27. Juni 2013 – L 7 AS 330/13 B ER –, Rn. 25, juris; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Januar 2012 – L 11 AS 809/11 B ER –, Rn. 17, juris; Beschluss der Kammer vom 24.04.2017 – S 14 AS 323/17 ER; Keller, in: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 30a m.w.Nachw. auch für die Gegenauffassung a. A. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – L 7 AL 38/05 ER –, Rn. 28, juris; Berlit, info also 2005, S. 3, 8).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere folgt aus einer etwaig drohenden Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch den Ausschluss von unterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII (mit § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII n. F. hat der Gesetzgeber zum 29.12.2016 einen identischen Ausschlusstatbestand wie in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a), b) SGB II n. F. eingeführt und "klargestellt", dass für die nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen Unionsbürger auch kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen zum Lebensunterhalt besteht - s. BT-Drs. 18/10211, S. 16) keine Ermessensreduzierung auf Null (so aber: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Februar 2017, a.a.O.; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2015 – L 6 AS 1480/15 B ER –, Rn. 29 ff., juris). Das nach § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II eingeräumte Ermessen ist nicht allein aufgrund des existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II stets "auf Null" reduziert.
Der 13. Senat des Landessozialgerichtes Niedersachsen – Bremen führt in o. a. Beschluss vom 18.04.2017 – nach Auffassung der Kammer nachvollziehbar – aus: "Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber § 41a Abs. 7 SGB II als Ermessensvorschrift ausgestaltet hat, obwohl ihm der Umstand bewusst gewesen sein dürfte, dass es sich bei den Leistungen nach dem SGB II um solche handelt, die das Existenzminimum sichern, folgt, dass zu diesem Aspekt weitere Umstände hinzutreten müssen, um eine Ermessensreduzierung auf Null zu begründen (vgl. insoweit bereits zu § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. März 2014 - L 15 AS 16/14 B ER und Beschluss vom 24. Juli 2014 - L 15 AS 202/14 B ER; so offenbar auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. August 2014 - L 10 AS 1593/14 B - Rn. 6; vgl. zur Ermessensausübung im Rahmen des § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 SGB III auch Düe in: Brand, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 328 Rn. 18). Ansonsten wäre es folgerichtig gewesen, die Vorschrift von Anfang an als gebundene Entscheidung auszugestalten, da im Rahmen des SGB II in jedem Fall existenzsichernde Leistungen betroffen sind. Als im Rahmen der Ermessensausübung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III sachgerechte Entscheidungskriterien sind insbesondere anerkannt worden die Wahrscheinlichkeit, mit der sich als Ergebnis rechtlicher Klärung in einem beim EuGH, dem BVerfG oder dem BSG anhängigen Verfahrens ein Leistungsanspruch als gegeben erweisen wird, die Möglichkeit der Deckung des Existenzminimums durch andere Leistungen, z.B. Nothilfeleistungen nach dem SGB XII (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.), sowie die Autorität des Gerichts, welches einen Vorlagebeschluss beim BVerfG erlassen bzw. ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH initiiert hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.). Es sind keine Gründe ersichtlich, diese Erwägungen nicht auch der Ermessensausübung in § 41a Abs. 7 SGB II zugrunde zu legen. Die Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen von § 23 SGB XII (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R) ist demgegenüber nicht auf § 41a Abs. 7 SGB II übertragbar (a.A.: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Februar 2017, a.a.O."; offengelassen: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. April 2017 – L 1 AS 854/17 ER-B –, Rn. 26, juris). Die Kammer hat - ebenso wie der 13. Senat des LSG Bremen-Niedersachsen (vgl. Beschluss vom 13. Oktober 2016 - L 13 AS 247/16 B ER) - bereits zu der der zitierten Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Rechtslage bis zum 28.12.2016 entschieden, dass sie dieser Rechtsprechung nicht folgt (Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16 –, Rn. 58 ff., juris). "Ebenso wie bei § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII (a. F.) würde die gesetzliche Ermächtigung zur Gewährung von vorläufigen Leistungen nach § 41a Abs. 7 SGB II überschritten, wenn regelmäßig eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen würde, weil existenzsichernde Leistungen streitig sind. Wie bereits soeben dargelegt, sind im Rahmen von § 41a Abs. 7 SGB II im Einzelfall andere Umstände als die denkbare Versagung von existenzsichernden Leistungen im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen. Die Einführung eines regelhaft zu gewährenden vorläufigen Leistungsanspruches über § 41a Abs. 7 SGB II liefe zudem dem gesetzgeberischen Willen zuwider, (EU-)Ausländer, die einem der in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II bzw. § 23 Abs. 3 SGB XII geregelten Leistungsausschlüsse unterfallen, bis zur Ausreise auf Härtefallleistungen zu beschränken (vgl. Bundestagdrucksache [BT-Drucks.] Nr. 18/10211, S. 15 f.)."
Die Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen des § 41a Abs. 7 SGB II bedarf daher einer sorgfältigen Prüfung. Soweit sich dabei die vorstehend aufgeführten Entscheidungskriterien als sachgerecht erweisen, dass der Grundsicherungsträger im Rahmen seines Entschließungsermessens berücksichtigen, dass eine höchstrichterliche Vorlage zum BVerfG derzeit nicht vorliegt und sich zudem in Rechtsprechung und Literatur ein Konsens oder auch nur eine überwiegende Meinung dahingehend, dass der Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger oder EU- Bürger ohne Aufenthaltsrecht nach der vor und/oder seit dem 29.12.2016 gültigen Rechtslage verfassungswidrig ist, keineswegs herausgebildet hat (vgl. Nachweise ober unter B. 1. b) bb) (1) (1.2)). Ferner wird der Grundsicherungsträger berücksichtigen dürfen, dass das Existenzminimum der Antragsteller vorerst dadurch sichergestellt ist, dass bis zu einer etwaigen Ausreise aus dem Bundesgebiet Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3, 4 SGB XII (in der ab dem 29.02.2016 gültigen Fassung), bei Vorliegen unzumutbarer Härten nach § 23 Abs. 3 S. 5 SGB XII auch für einen Zeitraum von mehr als einem Monat, gewährt werden können. Für die Bewilligung von vorläufigen Leistungen nach § 41a Abs. 7 SGB XII besteht daher im Ergebnis kein Bedarf (vgl. bereits unter Berücksichtigung der Nothilfeleistungen nach dem SGB XII: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. März 2014, a.a.O.).
Dies gilt insbesondere für EU-Ausländer, die ohne weiteres grundsätzlich auf die Möglichkeit einer Ausreise aus dem Bundesgebiet zulässiger- und zumutbarerweise verwiesen werden können. Denn diese halten sich unter Inanspruchnahme der Möglichkeit der Freizügigkeit innerhalb des Gebietes der Europäischen Union oder gar ohne Aufenthaltsrecht aufgrund einer autonomen Entscheidung in der Bundesrepublik Deutschland auf. Diese Entscheidung können sie, gerade wegen der herrschenden Freizügigkeit, jederzeit rückgängig machen (ähnlich: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17. März 2016 - L 9 AS 1580/15 B ER - juris Rn. 81; a.A. wohl: BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R, Rn. 32 - juris). Eine Ausreise scheitert insbesondere nicht an fehlenden finanziellen Mitteln, da nach § 23 Abs. 3a SGB XII die Kosten einer Rückreise (darlehensweise) übernommen werden können (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. April 2017 – L 13 AS 113/17 B ER –, Rn. 22 f., juris).
2. Der Antrag zu 2) - gerichtet auf Gewährung von Leistungen für die Monate Mai und Juni 2017 ist zulässig (zur Statthaftigkeit vgl. A.) aber unbegründet.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt – im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung - das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B – juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 – L 5 AS 107/13 B ER – juris (Rn. 32) m. w. N.).
Soweit eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet wäre, ist ein schützenswertes Recht des Antragstellers nicht gegeben; der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Wäre eine Klage hingegen offensichtlich zulässig und begründet, wird dies im Rahmen des Anordnungsgrundes (Unzumutbarkeit) Beachtung finden.
Zwar ist auch im einstweiligen Rechtsschutz die Sach- und Rechtslage durch die Gerichte grundsätzlich abschließend zu prüfen. Ist dies aber nicht möglich, ist - entsprechend der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts - auf der Grundlage einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht – BVerfG - Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Breith. 2005, 803 ff. m.w.N.). Hierbei ist stets die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes zu beachten, die vor dem Hintergrund des Artikels 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) darin besteht, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Dies sind solche Fällen, in denen die Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, a.a.O.; Beschluss vom 22.11.2002, 1 BvR 1582/02; vgl. auch Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.04.2007, L 28 B 429/07 AS ER). Im Ergebnis ist im Rahmen der Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers ein bestimmendes Kriterium. Sind existenzsichernde Leistungen als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) betroffen, so ist ein möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- und - damit einhergehend - die Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05).
b) Nach diesen Maßstäben kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Monate Mai und Juni 2017 nicht in Betracht.
aa) Zu Recht hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 31.07.2017 letztlich die zuvor mit Bescheid vom 29.09.2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.12.2016, 22.12.2016, 16.02.2017 und 08.03.2017 vorläufig bewilligten Leistungen endgültig auf Null festgesetzt, also den ursprünglichen Leistungsantrag abgelehnt. Diesen Bescheid vom 31. Juli 3017 trägt die Ermächtigungsgrundlage des § 41a in der ab dem 01.08.2016 gültigen Fassung vom 26.7.2016 (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) (hierzu: Geiger, NZS, S. 139 ff.).
Gemäß § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern eine vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt.
Sofern § 41 a Abs. 2 S. 4 SGB II regelt, dass, soweit eine vorläufige Entscheidung rechtswidrig ist, sie für die Zukunft zurückzunehmen ist, kommt darin die Vorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass eine – wie hier anfänglich rechtswidrige Bewilligungsentscheidung – nicht zurücknehmen, dem vielmehr vergangenheitsgerichtet im Wege der endgültigen Leistungsbewilligung Rechnung zu tragen ist. So heißt es in der Gesetzesbegründung, eine Anwendbarkeit der §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu Ungunsten der leistungsberechtigten Person mit Wirkung für die Vergangenheit sei systematisch nicht angezeigt, da die vorläufige Entscheidung sich nicht im Wege der Aufhebung, sondern der abschließenden Entscheidung erledige (BT-Drs. 18/8041, S. 53). Bereits vor Einführung des § 41a SGB II hat die Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die §§ 44 ff. SGB X im Rahmen der endgültigen Leistungsfestsetzung nach dem bis zum Juli 2016 über den Verweis in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F. (nunmehr weggefallen) anwendbaren § 328 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) nicht möglich sei (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R –, SozR 4-4200 § 40 Nr 9; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. September 2015 – L 19 AS 2333/14 –, Rn. 22, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 2015 – L 7 AS 1880/12 –, Rn. 29, juris; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 2015 – L 4 AS 561/15 B –, Rn. 15, juris; s. ferner: Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40, Rn. 72.2). Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Bewilligungsbescheides, wie es in den §§ 44 ff. SGB X Berücksichtigung findet, scheidet bei einer bloß vorläufigen Leistungsentscheidung – auch für die Vergangenheit (für die Zukunft siehe § 41a Abs. 2 S. 5 SGB II) von vorneherein aus (BT-Drs. 18/8041, S. 53; für die Rechtslage vor Einführung des § 41a SGB II: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 2015 – L 7 AS 1880/12 –, Rn. 29, juris). Die vorläufige Leistungsbewilligung nach § 41 a Abs. 1 SGB II (bzw. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F.i.V.m. 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III) soll nach Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift ausschließlich im Interesse des Betroffenen eine schnelle Sicherung der Lebensgrundlage ermöglichen (BT-Drs. 18/8041, S. 52 – so ergeht gem. § 41a Abs. 1 S. 3 SGB II eine vorläufige Entscheidung nicht, wenn der Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen Entscheidung entgegenstehen, zu vertreten hat) und entfaltet damit keinerlei Bindungswirkung über die vorläufige Bewilligung hinaus. Vorläufige Bewilligungen zielen ausschließlich auf eine Zwischenlösung und sind demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen angelegt. Vorläufig bewilligte Leistungen sind als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen (BSG, Urteile vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R m. w. N. und vom 15.08.2002 - B 7 AL 24/01 R; LSG Sachsen, Urteil vom 18.02.2010 - L 3 AL 28/09; ausführlich Düe, in: Brand, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 328 Rn. 8 f). Die Regelung des § 41a Abs. 2 S. 1 SGB II (§§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F. i.V.m. 328 Abs. 1 Satz 2 SGB III), wonach Umfang und Grund der Vorläufigkeit anzugeben sind, ändert hieran nichts (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.03.2014 - L 13 AS 325/11-, juris). Nur, wenn der vorläufige Bewilligungsbescheid weitere Verfügungssätze enthält, kann u. U eine über die vorläufige Leistungsbewilligung hinausgehende Bindungswirkung eintreten (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 2015 – L 7 AS 1880/12 –, Rn. 29, juris).
bb) Dem hat der Antragsgegner mit der Aufhebung seines Rücknahmebescheides vom 22.06.2017 für die Zeit von Oktober bis einschließlich Juli 2017 Rechnung getragen. Die Rücknahme der vorläufigen Bewilligungsentscheidung vom 22.06.2017 ist damit für die Monate Juli bis August 2017 stehen geblieben (hierzu: B. 1.). Dies ist dogmatisch deshalb korrekt, weil eine Aufhebung/Rücknahme für die Zukunft Aufhebung/Rücknahme für die Zeit nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes bedeutet (BSG, Urteil vom 24. Februar 1987 – 11b RAr 53/86 –, BSGE 61, 189-193, SozR 1300 § 48 Nr 31; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, § 48, Rn. 18 m.w.N.). Wird die aufgehobene oder zurückgenommene Leistung – wie Leistungen nach dem SGB II, vergleiche § 42 Abs. 1 SGB II – monatsweise gewährt, beginnt die Zukunftswirkung mit Beginn des Monats, der auf die Aufhebung/Rücknahme folgt (BSG, Urteil vom 24. Februar 1987 – 11b RAr 53/86 –, BSGE 61, 189-193, SozR 1300 § 48 Nr 31); hier dem Juli 2017. Dies gilt auch, wenn die bewilligten Leistungen noch nicht ausgezahlt worden sind (BSG, Urteil vom 24. April 1997 – 13 RJ 23/96 –, BSGE 80, 186-198, SozR 3-7140 § 1 Nr 1; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 45 SGB X, Rn. 106).
Für den Zeitraum von September 2016 bis einschließlich Juni 2017, also auch für die hier streitgegenständlichen Monate Mai und Juni 2017 war indes – wie letztlich mit weiteren Bescheid vom 31.07.2017 geschehen - eine endgültige Leistungsfestsetzung vorzunehmen.
cc) Den Antragstellern standen für den von der endgültigen Leistungsfestsetzung auf Null betroffenen Zeitraum auch tatsächlich keine Leistungen nach dem SGB II zu, so dass die vorläufig bewilligten Leistungen nicht den abschließend festzustellenden entsprachen (§ 41 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 SGB II). Die Antragsteller waren aus den unter B. 1. dargelegten Gründen (auch in den Monaten Mai und Juni 2017 gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a) oder b) SGB II von Leistungen ausgeschlossen.
C. Eine Beiladung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe kommt nicht in Betracht (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Mai 2017 – L 15 AS 62/17 B ER –, Rn. 21, juris)
Zwar hat das Bundessozialgericht zur bis zum 28.12.2016 gültigen Rechtslage (für die Zeit danach: Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22.12.2016 - Bundesgesetzblatt Teil I 2016 Nr. 65 28.12.2016 S. 3155) die Auffassung vertreten, dass im Falle des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a. F. nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII a. F. ein Ermessensanspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII a. F. i. V. m. §§ 27 ff. SGB XII besteht, wobei sich das Ermessen des Sozialhilfeträgers nach sechsmonatigem Aufenthalt des EU- Ausländers grundsätzlich auf Null reduzieren sollte (Urteile vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 R, vom 16. Dezember 2015 -B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R und B 14 AS 33/14 R, vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R, vom 17. Februar 2016 - B 4 AS 24/14 R und vom 17. März 2015, Az.: B 4 AS 32/15 R; dem BSG folgend u.a.: LSG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2016 - L 19 AS 1834/15 B ER - L 19 AS 1835/15 B; Beschluss vom 30.11.2016 – L 12 AS 1027/16 B ER, sämtlich juris; Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 SGB XII, Rn. 63.21; aus der breiten Gegenauffassung der Instanzgerichte siehe das Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16, juris, Rn. 58 ff.).
Jedenfalls sofern man dieser Auffassung folgte, war der örtliche Träger der Sozialhilfeleistung deshalb gemäß 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG notwendig beizuladen.
Nach der ab dem 29.12.2016 geltenden Rechtslage kommt ein Anspruch gegen den Träger der Sozialhilfe auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel des SGB XII jedoch eindeutig nicht mehr in Betracht. Der Gesetzgeber hat in § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII n. F. einen identischen Ausschlusstatbestand wie in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a), b) SGB II n. F. eingeführt und "klargestellt", dass für die nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen Unionsbürger auch kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen zum Lebensunterhalt besteht (s. BT-Drs. 18/10211, S. 16).
Vom Begehren der Antragsteller erfasst waren indes lediglich laufende Leistungen zum Lebensunterhalt für die Zeit ab Mai 2017.
Daher war auch nicht über einen Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3, 3 SGB XII zu entscheiden. Diese stellen ein aliud zum Begehren auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar, weil sie im Regelfall auf höchstens einen Monat beschränkt sind und der Vorbereitung der Ausreise aus dem Bundesgebiet dienen (vgl. BT-Drucks. Nr. 18/10211, S. 16; Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16 –, Rn. 103, juris m. w. Nachw.; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. April 2017 – L 13 AS 113/17 B ER –, Rn. 31, juris m w. Nachw.; vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2017 – L 19 AS 190/17 B ER –, Rn. 46, juris).
D. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsichende (SGB II).
Die am 00.00.0000 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der Antragsteller(innen) zu 2) bis 4) (geboren am 00.00.0000, 00.00.0000, 00.00.0000, 00.00.0000). Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Der Vater der Antragsteller zu 2) bis 3) hält sich vermutlich in Rumänien auf. Nach den Angaben der Antragstellerin zu 1) ist ihr der genaue Aufenthaltsort unbekannt. Seit 2006 bestehe kein Kontakt mehr. Der Vater des Antragstellers zu 4) lebt in X. Die Antragstellerin zu 1) hat das alleinige Sorgerecht für die Antragsteller zu 2 bis 4). Die Antragsteller reisten nach eigenen Angaben am 01.12.2014 erstmals nach Deutschland ein.
Bis zum einschließlich April 2016 erbrachte das Jobcenter L. den Antragstellern (vorläufig) Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Einkommens aus abhängiger Erwerbstätigkeit der Antragstellerin zu 1) i.H.v. 408 EUR monatlich (brutto = netto). Aufgrund der Angaben der Antragstellerin zu 1) und der Vorlage eines bis zum 28.02.2016 befristeten Arbeitsvertrages vom 20.07.2015 ging das Jobcenter L. dabei davon aus, dass diese als Haushaltshilfe seit August 2015 eine geringfügige Beschäftigung ausübe. Anfang Mai 2016 sprach die Antragstellerin zu 1) beim Jobcenter B. in F. zur Beantragung von SGB II – Leistungen vor. Dort wurde sie abgewiesen, da sie keinen Arbeitnehmerstatus habe. Hiervon erfuhr das Jobcenter L. im Laufe des Monats zufällig. Zunächst lebten die Antragstellerinnen in F. in einem Hotel, ab dem 01.09.2016 mieteten sie eine Wohnung in E. an. Die Miete betrug zunächst 800 EUR inklusive Nebenkosten, ohne Heizkosten monatlich, nach einem Umzug innerhalb eines Hauses ab Januar 2017 800 EUR, inklusive Heizung – und Warmwasserkosten.
Am 09.09.2016 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1) legte u.a. einen Arbeitsvertrag vom 01.09.2016 über eine Tätigkeit als Haushaltshilfe mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden und einem monatlichen Arbeitsentgelt i.H.v. 450 EUR (zu zahlen in bar) mit Herrn D. aus E. vor. Das Gewerbe des Herrn D. hat nach der Anmeldung vom 01.07.2015 "Entkernung, Abbruch und Garten und Landschaftsbau" zum Gegenstand.
Die Antragstellerin zu 1) bezieht für ihre Kinder Kindergeld.
Auf Aufforderung des Antragsgegners, einen Nachweis über Lohnzahlungen und einen Nachweis über die Anmeldung zur Sozialversicherung vorzulegen, legte die Antragstellerin zu 1) Ende September 2016 die Quittung über 450 EUR mit dem Vermerk "Putzfrau August", ausgestellt von einer Automobilfirma, deren Inhaber ein Herr T. ist, vor.
Mit Bescheid vom 29.09.2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.12.2016, 22.12.2016, 16.02.2017 und 08.03.2017 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen für die Zeit von September 2016 bis einschließlich August 2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II. Die Entscheidung der Vorläufigkeit erfolgte aufgrund der Annahme der Einkommenserzielung in wechselnder Höhe.
Im Februar 2017 erreichte den Antragsgegner die Mitteilung der Knappschaft Bahnsee – Minijobzentrale, dass für die Antragstellerin zu 1) keine Meldung zur Sozialversicherung über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Kurz darauf ging beim Antragsgegner eine unvollständig ausgefüllte "Meldung zur Sozialversicherung" ein, in der der Vermieter der Antragstellerin zu 1), Herr T., für die Zeit von September 2016 bis April 2017 als Arbeitgeber ausgewiesen wird. Dessen Gewerbe (Abbrucharbeiten, Entkernung, Asbestsanierung) ist seit dem 28.10.2011 abgemeldet.
Mitte April 2017 begann der Antragsgegner am Vorliegen eines echten Arbeitsverhältnisses der Antragstellerin zu 1) zu zweifeln und stellte die Leistungszahlungen ein.
Unter dem 05.05.2017 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1) auf, konkrete Fragen zu ihrer Erwerbstätigkeit zu beantworten. Hierauf reagierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.05.2017 und legte die Übereinkunft mit Herrn D, der im selben Haus wie die Antragsteller wohnt und dessen Geschäftsanschrift mit jener des Herrn T. identisch ist, über die Verrechnung von 450 EUR für den April 2017 für das Putzen von Treppen vor.
Unter dem 22.05.2017 legte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) im Rahmen einer Anhörung dar, dass er von einem Scheinarbeitsverhältnis mit Herrn D. ausgehe und informierte in der Folge das Hauptzollamt B. Auf Anfrage des Antragsgegners teilte Herr D. mit, die Antragstellerin zu 1) sei bei ihm lediglich im Monat September 2016 beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 22.06.2017 "stellte der Antragsgegner die gewährten Leistungen mit Ablauf des 30.04.2017 ein" und nahm seine Leistungsbewilligungen gemäß § 45 SGB X i.V.m. § 41 Buchst. a Abs. 2 S. 4 SGB II mit Wirkung ab dem 01.10.2016 zurück. Die Antragsteller erfüllten die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, seien aber nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei entscheidend, dass ab dem 01.10.2016 nach einmonatiger Beschäftigung keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werde.
Am 04.07.2017 sprach die Antragstellerin zu 1) bei der für sie zuständigen Stadtverwaltung vor und suchte für die Zeit ab dem 30.06.2017 (Antrag auf Eintragung bei der Handwerkskammer B.) bzw. ab Ende Mai 2017 ein Gewerbe für "Gebäudereiniger" bei der Handwerkskammer B. anzuzeigen. Letztlich erfolgte die Gewerbeanmeldung bei der Kreishandwerkerschaft gar – wie nunmehr beantragt – rückwirkend zum 15.10.2016.
Am 11.07.2017 legte die Antragstellerin zu 1) Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.06.2017 ein. Die eingeholte Auskunft, dass das Arbeitsverhältnis nicht bei der Minijobzentrale gemeldet sei habe nicht sie, sondern der Arbeitgeber zu vertreten. Zudem habe sie eine Zahlungsklage wegen rückständigen Lohnes gegen den Arbeitgeber eingereicht. Denn das Arbeitsverhältnis sei nicht rechtswirksam beendet worden. Ihr Vermieter wolle eine Eigenräumung der Wohnung durchführen. Hierzu habe die Antragstellerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Amtsgericht B. gestellt.
Am 12.07.2017 erhob die Antragstellerin Klage beim Arbeitsgericht B. auf Fortzahlung von 450,00 EUR aufgrund eines vereinbarten Minijobs gegen Herrn D. und fügte eine Kopie des bekannten Arbeitsvertrages bei.
Am 19.07.2017 haben die Antragsteller um sozialgerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Die beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit sei völlig erfolglos. Eine Wiederholung der Begründung des Widerspruches versichert die Antragstellerin zu 1) an Eides statt.
Die Antragsteller beantragen, die unverzügliche Aufnahme der Zahlungen der Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II durch den Antragsgegner, die Ende April für den Mai 2017 eingestellt worden sind.
Der Antragsteller beantragt, den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin zu 1) hat auf gerichtliche Aufforderung u. a. Kontoauszüge für ein Grirokonto bei der Commerzbank L. vorgelegt und weitere Angaben zu ihren Einkommens – und Vermögensverhältnissen sowie monatlichen finanziellen Verpflichtungen gemacht. Die gerichtliche Aufforderung, sämtliche Beschäftigungsverhältnisse, die seit Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bestanden haben sollen aufzuführen und zur Glaubhaftmachung aussagekräftige Belege beizubringen, hat die Antragstellerin wie folgt erwidert: Sie habe in F. von März bis Ende August 2016 bei ihrem Bruder in F. gearbeitet. Nachweise hat sie nicht vorgelegt. Zuletzt hat sie eine Quittung vom 30.06.2016 über 450,00 EUR mit Stempel der Fa. D. als Geldgeber vorgelegt.
Unter dem 31.07.2017 hat der Antragsteller mit zwei Bescheiden den Aufhebungsbescheid vom 22.06.2017 insoweit abgeändert, als der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 29.09.2016 nur für die Zeit ab dem 01.07.2017 zurück genommen wird (1. Bescheid) und die Leistungen für die Zeit von September 2016 bis einschließlich Juni 2017 endgültig auf 0, zugleich entsprechende Erstattungsforderungen festgesetzt (2. Bescheid).
Der Antragsgegner hat eine an ihn gerichtete Email des Herrn D. vom 29.07.2017 vorgelegt, in der dieser bestreitet, die Antragstellerin zu 1) jemals beschäftigt zu haben.
Das Gericht hat die Ausländerakte für die Antragsteller und die Verfahrensakte zum arbeitsgerichtlichen Verfahren der Antragstellerin gegen Herrn D. beigezogen, ferner die Verwaltungsakte des Jobcenters L. und die Verwaltungsakte des Antragsgegners. Weiter hat das Gericht eine Auskunft der Krankenversicherung der Antragstellerin zu 1) eingeholt, nach der die Antragstellerin ausschließlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) pflichtversichert gewesen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten verwiesen.
Gründe II:
A. Die Antragsteller begehren ihrem Antrag nach die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Mai 2017.
Diesem Begehren entspricht nach Erlass der Bescheide des Antragsgegners am 31.07.2017 hinsichtlich der Monate Juli und August 2017 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 11.07.2017 gegen den Rücknahmebescheid vom 22.06.2017. Denn die Bescheide vom 31.07.2017 sind gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) (analog) (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 2. 12. 2011, L 16 AS 877/11 B ER; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 86, Rn. 3) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden (Antrag zu 1), soweit sie die Leistungsbewilligung betreffen.
Für die Monate Mai und Juni 2017 entspricht dem Antragsbegehren nach Erlass der Bescheide vom 31.07.2017 ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Denn nach der endgültigen Leistungsfestsetzung auf 0 bzw. einer Leistungsablehnung ist die Erweiterung des Rechtskreises der Antragsteller zum Erreichen des Verfahrensziels insoweit notwendig. Die Wiederherstellung eines status quo ante ist hingegen nicht (mehr) ausreichend (Antrag zu 2) (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Juli 2013 – L 5 AS 711/13 B ER-, juris).
Rechtsschutz gegen die festgesetzte Erstattungsforderung ist nicht begehrt. Für den vom Antrag adressierten Zeitraum ab Mai 2017 sind ohnehin keine Leistungen zu erstatten, da die vorläufig bewilligten Leistungen (mindestens) ab Mai 2017 nicht ausgezahlt worden sind.
B. 1. Der so verstandene Antrag zu 1) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Rücknahmebescheid vom 22.06.2017 in der Fassung des Bescheides vom 31.07.2017 (mit dem die Rücknahme auf die Monate Juli und August 2017 beschränkt wird) ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers wesentlich erschwert werden könnte. Darin kommt eine Subsidiarität der einstweiligen Anordnung zum Ausdruck. Dort, wo in der Hauptsache eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) statthaft wäre, richtet sich das Begehr des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86 b Abs. 1 SGG.
Die Antragsteller wenden sich in Bezug auf die Monate Juli und August 2017 gegen einen Bescheid, mit dem eine (vorläufige) Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II zurückgenommen worden ist. Gegen dessen belastende Regelungen wäre in der Hauptsache die Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 2 SGB II in der ab 26.07.2016 gültigen Fassung hat der von den Antragstellern am 11.07.2017 binnen der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 S. 1 SGG eingelegte Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid vom 22.06.2017 in der Fassung des Bescheides vom 31.07.2017 keine aufschiebende Wirkung.
b) Der Antrag zu 1) ist jedoch unbegründet.
Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b, Rn. 12). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs u.a. in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Das vom Gesetzgeber in § 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bedeutung, dass der Antragsgegner von der ihm nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse der sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu begründen. Das Gesetz unterstellt aber den Sofortvollzug keineswegs als stets, sondern als nur im Regelfall geboten und verlagert somit die konkrete Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers hin in das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR 19/01, NZV 2002, 51, 52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1/94, BVerwGE 96, 239 ff, jeweils zu § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der wortgleich zu § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG ist).
Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verschont zu bleiben und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung.
Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zu (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13. Februar 2015 - L 7 AS 23/15 B ER -, Rn. 18, juris). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, oder wird sich der Verwaltungsakt jedenfalls in der Hauptsache voraussichtlich als rechtswidrig erweisen, wird die aufschiebende Wirkung angeordnet. Ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung ist dann nicht erkennbar. Sind Widerspruch und Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens berücksichtigt werden können (vgl. zum Ganzen: Keller a.a.O. Rn. 12c; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, V. 2., 3.). Insbesondere sind jedoch grundrechtliche Belange des Antragstellers ein bestimmendes Kriterium. Sind existenzsichernde Leistungen als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) betroffen, so ist ein möglicherweise bestehender (Aufhebungs-)anspruch in der Hauptsache in der Regel zugunsten des Aussetzungsinteresses ausschlaggebend, wenn sich die Sach- und - damit einhergehend - die Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05). Der Bedeutung des Sofortvollzuges für die Allgemeinheit kann auch in diesen Fällen durch das Versehen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Auflagen oder durch eine Befristung Rechnung getragen werden, § 86 b Ab. 1 S. 3 SGG. Lässt sich - kaum denkbar - auch auf der Ebene der Interessenabwägung weder ein Vorrang des Aussetzungsinteresses des Antragstellers noch des Vollzugsinteresses erkennen, bleibt die gesetzgeberische Grundentscheidung zugunsten eines Sofortvollzuges maßgeblich.
Nach diesen Maßstäben ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Rücknahmebescheid 22.06.2017 in der Fassung vom 31.07.2017 für die Monate Juli und August 2017 unbegründet. Der Rücknahmebescheid ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig und beschwert die Antragstellerinnen nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
Die Ermächtigungsgrundlage für diesen Bescheid ergibt sich aus §§ 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), 41a Abs. 2 S. 4, 5 SGB II (n. F.). Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen u. a. des Abs. 2, der Modalitäten des Vertrauensschutzes regelt, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 41 a Abs. 2 S. 4 SGB II n. F. ist eine vorläufige begünstigende Bewilligungsentscheidung soweit sie rechtswidrig ist, für die Zukunft zurückzunehmen. § 41 a Abs. 2 S. 5 SGB II n. F. regelt, dass § 45 Abs. 2 SGB X keine Anwendung findet. Im Falle einer anfänglich rechtswidrigen vorläufigen Leistungsbewilligung ist diese daher mit Wirkung für die Zukunft zwingend und ohne die Prüfung des Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 SGB X zurückzunehmen. Den Ausschluss des Vertrauensschutzes hält der Gesetzgeber aus der Überlegung für sachgerecht, dass die vorläufige Entscheidung keinen Vertrauensschutz aufbauen kann und eine Prüfung von vertrauensschutzbildenenden Umständen somit fehlginge (BT-Drs. 18/8041, S. 53).
Von der so modifizierten Ermächtigungsgrundlage hat der Antragsgegner in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig Gebrauch gemacht.
aa) Der Verwaltungsakt ist formal rechtmäßig. Insbesondere sind die Antragsteller zuvor - unter dem 22.05.2017 – angehört worden, § 24 Abs. 1 SGB X.
bb) Der Rücknahmebescheid ist auch materiell rechtmäßig, da der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 29.09.2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.12.2016, 22.12.2016, 16.02.2017 und 08.03.2017 anfänglich, d.h. zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe, § 37 SGB X, und danach weiterhin (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 45, Rn. 31, 33) rechtswidrig war.
Der Änderungsbescheid vom 08.03.2017 stellte für die von ihm betroffenen Monate Januar bis August 2017 einen Zweitbescheid und damit die maßgebliche Bewilligungsentscheidung dar. Der Zeitpunkt seiner Bekanntgabe ist für die Beurteilung der anfänglichen Rechtswidrigkeit daher maßgeblich. Mit ihm werden die Leistungsansprüche der Antragsteller – anlässlich einer Erhöhung der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung – vollständig, d.h. auch hinsichtlich der Leistungen für übrige Bedarfe neu geregelt. Denn im Verfügungssatz wird den Antragstellern jeweils monatlich eine Gesamtleistungssumme bewilligt. Eine Differenzierung dahingehend, dass es sich etwa hinsichtlich des Leistungsteiles, der auf den Regelbedarf entfällt, lediglich um eine wiederholende Verfügung handeln könnte, ist deshalb auszuschließen.
(1) Die Antragsteller waren bei Bekanntgabe des Bescheides vom 08.03.2017 gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a) oder b) SGB II in der seit dem 29.12.2017 gültigen Fassung (n. F.) (zuvor gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a. F.) von einem Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgeschlossen.
§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (lit. a,b) SGB II enthielt/enthält einen Ausnahmetatbestand zum Nachteil solcher Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU in der seit dem 09.12.2014 geltenden Fassung des "Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften" vom 02.12.2014 (BGBl I, 1922 - n. F.)) ergibt. Ferner besteht ein Leistungsausschluss im Falle des Fehlens eines Aufenthaltsrechtes (vgl. zur Rechtslage bis zum 28.12.2016 BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R -, juris, Rn. 19 ff.; BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 59/13 R -, juris, Rn. 14) Die Ausschlusstatbestände betreffen auch Familienangehörige. Zum 29.12.2016 hat der Gesetzgeber den Ausschlusstatbestand der § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II erweitert auf Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten (lit. c))
Die Anwendbarkeit der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a,b) SGB II erfordert aber eine Prüfung des Grundes bzw. der Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum (weiterhin) bestehende materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht nach den - im Wege eines Günstigkeitsvergleichs - anwendbaren Regelungen des Aufenthaltsgesetzes (§ 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.01.2013, B 4 AS 54/12 R, juris, Rn. 31 ff. m.w.N.). Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BSG, der einhellig gefolgt wird, hindert bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein mögliches anderes (im Falle des § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU im Ermessenswege zu erteilendes) bzw. bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches aus dem Zweck der Arbeitsuche die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" i.S. von § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (b n. F.) SGB II (BSG, Urteil vom 30. Januar 2013, B 4 AS 54/12 R -, juris, Rn. 31 ff.; BSG, Urteil vom 19.Oktober 2010, B 14 AS 23/10 R -, juris, Rn. 17 ff.) bzw. lässt den Leistungsausschluss "von vornherein" entfallen (BSG, Urteil vom 25.Januar 2012, B 14 AS 138/11 R -, juris, Rn. 20 f.).
(1.1) Mit der anzuwendenden Ausnahme des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II knüpft der deutsche Gesetzgeber an den Spielraum, den der europäische Gesetzgeber in Art. 24 Abs. 2, 14 Abs. 4 lit. b Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2014 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (RL 2004/38/EG - sog. Freizügigkeitsrichtlinie) vorsieht. Auf der Ebene des Europarechts sind Fragen des Ausschlusses von Unionsbürgern von (deutschen) Grundsicherungsleistungen durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits - für die nationalen Gerichte bindend - geklärt. In den Rechtssachen Dano (EuGH, Urteil vom 11.11.2014, C-333/13, Celex-Nr. 62013CJ0333, juris), Alimanovic (EuGH, Urteil vom 15.09.2015, C-67/14, Celex-Nr. 62014CJ0067, juris) und García-Nieto (EuGH, Urteil vom 25.02.2016, C-67/14, Celex-Nr. 62014CN0299, juris) erklärte der EuGH die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 SGB II (a. F.) für europarechtskonform.
Er hat die Zulässigkeit der Verknüpfung des Ausschlusses von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten von existenzsichernden Leistungen mit dem Bestehen eines Aufenthaltsrechts im Sinne der RL 2004/38/EG ausdrücklich anerkannt. Nach seiner Rechtsprechung sind Art. 24 Abs. 1 der RL 2004/38/EG i.V.m. ihrem Art 7 Abs. 1 lit. b und Art. 4 VO 883/2004/EG dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Bezug bestimmter "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" im Sinne des Art. 70 Abs. 2 VO 883/2004/EG ausgeschlossen werden, während Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten, sofern den betreffenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten im Aufnahmemitgliedstaat kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht (EuGH Rs Dano vom 11.11.2014 - C-333/13, Rn. 84). In der Rechtssache Alimanovic hat der EuGH insoweit betont, dass Unionsbürger anderer EU-Staaten, die nach Deutschland eingereist sind, um Arbeit zu suchen, vom deutschen Gesetzgeber vom Bezug von Alg II oder Sozialgeld ausgeschlossen werden können, selbst wenn diese Leistungen als besondere beitragsunabhängige Geldleistungen im Sinne des Art. 70 VO 883/2004/EG eingeordnet werden (EuGH Rs Alimanovic vom 15.9.2015 - C-67/14 Rn.63). Bei den Leistungen nach dem SGB II handele es sich um Leistungen der "Sozialhilfe" im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG. Danach haben die Aufnahmestaaten jedoch keine Verpflichtung zur Gleichbehandlung ihrer Staatsangehörigen und solcher anderer EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf einen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn Letztere nicht Arbeitnehmer oder Selbstständige sind oder ihnen dieser Status erhalten geblieben ist bzw. Familienangehörige dieser sind (s. hierzu auch Kingreen in NVwZ 2015, 1503, 1505 f). Die Entscheidung zur Rechtssache García-Nieto betraf explizit die Vereinbarkeit des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht.
Auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 des europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) vom 11.12.1953 steht einer Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Absatz 1 S. 2 SGB II nicht entgegen. Die Antragsteller unterfallen als rumänische Staatsangehörige bereits nicht dem personellen Anwendungsbereich. Ungeachtet dessen vertritt die Kammer die Auffassung, dass das Gleichbehandlungsgebot aus dem EFA durch den Vorrang der VO 883/2004/EG (Art. 8 Abs. 1 S. 1) verdrängt wird (vgl. dazu ausführlich: Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16 -, juris, Rn. 35 ff.; ferner SG Aachen, Urteil vom 25. Oktober 2016 – S 11 AS 357/16 -, juris, Rn. 55 ff.).
(1.2) Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 30.08.2016 (S 14 AS 267/16 -, juris, Rn. 91 ff.) entschieden, dass sie - ungeachtet der Tatsache, dass nach ihrer Auffassung auch in der bis zum 28.12.2016 gültigen Rechtslage kein Anspruch der gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a. F. von Leistungen nach dem SGB II Ausgeschlossenen nach dem Sozialgesetzbuch Zwöftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) in Betracht kam (vgl. o. a. Urteil, juris, Rn. 58 ff.; siehe nunmehr ausdrücklich § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in der seit dem 29.12.2016 gültigen Fassung) – nicht von der Verfassungswidrigkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II - namentlich einem Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. insb. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, BVerfGE 132, 134-179, Rn. 62 ff.) oder den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG - überzeugt ist (vgl. jüngst Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2017 – L 19 AS 190/17 B ER –, Rn. 43 ff., juris; SG Dortmund, Beschluss vom 31. Januar 2017 – S 62 SO 628/16 ER, juris, Rn. 46 ff.).
Die Kammer hat ausgeführt: "Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich als Menschenrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133). Das Bundesverfassungsgericht hat es insbesondere mit seinem Urteil vom 09.02.2010 zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung der Regelbedarfsleistungshöhe für Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (siehe anschließend: Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11; Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13) konkretisiert und Anforderungen für dessen Gewährleistung herausgearbeitet; es als Gewährleistungsrecht im Sozialrecht aktiviert (Aubel in: Emmenegger/Wiedmann, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, Band 2, 1. Auflage 2011, S. 275).
Das Menschenwürdeprinzip aus Art. 1 Abs. 1 GG wird dabei als eigentliche Anspruchsgrundlage herangezogen, während das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG im Sinne eines Gestaltungsgebots mit erheblichem Wertungsspielraum verstanden wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 62). Das auf dieser Grundlage bestimmte Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG habe in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG demnach neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es sei dem Grunde nach unverfügbar und müsse durch den Gesetzgeber eingelöst werden. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 GG korrespondiere ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützte, die in Notlagen, nur durch materielle Unterstützung gesichert werden könne (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 63). Dieser Anspruch bedürfe aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung. Die Legislative habe die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen sowie der konkreten Lebenssituation des Hilfebedürftigen auszurichten. Dabei stehe ihr ein Gestaltungsspielraum zu. Der Umfang des Anspruches könne im Hinblick auf die Arten des Bedarfes und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. (BVerfG, Urteil vom 09. Februar.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133, 138; Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 66).
Die grundlegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Konturierung des Rechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zur Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfsleistungen der Grundsicherung und der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsybLG) hatten dabei allerdings jeweils zum Gegenstand, ob der durch den Gesetzgeber geschaffene Leistungsanspruch der Höhe nach evident (BVerfG Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 80) unzureichend war, oder nicht auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfertig zu rechtfertigen war (BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010 - 1 BvL 1/09; Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Sie betrafen Konstellationen, in der die Frage der Anspruchsberechtigung des Adressatenkreises der jeweilig zu prüfenden Normen auf existenzsichernde Leistungen dem Grunde nach nicht zur Debatte stand. Rückschlüsse darüber, inwiefern es dem Gesetzgeber möglich ist, Personen ohne Aufenthaltsrecht Sozialleistungen zu verwehren (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, BVerfGE 132, 134-179, Rn. 74, knüpft z. B. an ein bestehendes Aufenthaltsrecht an) oder Personen mit einem bestimmten Aufenthaltsrecht - das nicht seinerseits aus Art. 1 Abs. 1 (i.V.m. Art. 20 Abs. 1) GG oder auf das Asylrecht aus Art. 16 a GG zurückzuführen ist (hier: dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche) - vom Sozialleistungsbezug auszuschließen, lassen diese Entscheidungen nicht zu (SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016 - S 35 AS 5396/15 ER, Rn. 56, juris; SG Dortmund, Beschluss vom 18. April 2016 - S 32 AS 380/16 ER, Rn. 142, juris; Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, WD 6-3000 - 025/16 vom 09.03.2016, S. 9), zumal das Bundesverfassungsgericht seine Position bisher nicht konsequent universalistisch ausgerichtet hat. Es fehlen Vorgaben, dass und wie die deutsche Staatsgewalt das oberste Verfassungsziel der Menschenwürde, soweit hieraus konkrete sozial- rechtliche Standards abgeleitet werden, in transnationalen Sachverhalten umfassend zu realisieren hätte (so Thym, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12.10.2015, S. 18; dies lässt unberücksichtigt: SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18. April 2016 - S 3 AS 149/16, Rn. 508, juris).
Eine Anspruchsberechtigung auf existenzsichernde Leistungen dem Grunde nach, als aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitetes subjektives Recht, lässt sich nach Auffassung der Kammer aber nur in unmittelbarer Verbindung zu einer ihrerseits aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bzw. aus dem, als Menschenrecht (vgl. Art. 14 UN-Menschenrechtscharta) in innerer Korrespondenz hierzu stehenden, Grundrecht auf Asyl aus Art. 16 a GG (vgl. zur Überlagerung dieses Grundrechts durch die Genfer Flüchtlingskonvention: Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1 AsylbLG, Rn. 15 f. m. w. Nachw.) folgenden Aufenthaltsberechtigung begründen. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 SGB II ist hingegen bereits Voraussetzung, dass feststeht, dass ein solches Recht nicht besteht. Der Leistungsausschluss greift nur ein, wenn entweder überhaupt kein Aufenthaltsrecht besteht oder lediglich eines zur Arbeitsuche. Dieses Aufenthaltsrecht ist aber ersichtlich nicht aus Art. 1 Abs. 1 oder Art. 16 a GG zu entleihen, sondern lediglich auf Art. 45 Abs. 3 AEUV zurückzuführen.
Eine tragfähige Begründung dafür, dass der Gesetzgeber auch Personen, die sich ohne ein auf die Menschenwürde rückführbares Recht in Deutschland aufhalten, existenzsichernde Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erbringen hat, lässt sich nicht erkennen. In einem europäischen Freiheitsraum muss die Gewährleistung der Menschenwürde letztlich nicht notwendig in Deutschland und nach dem dortigen Standard erfolgen (vgl. Thym, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12.10.2015, S. 21 für § ; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04. Februar 2015 - L 2 AS 14/15 B ER, Rn. 40, juris; in diesem Sinne auch: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. März 2016 - L 12 SO 79/16 B ER, Rn. 34, juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 05.11.2015 - L 3 AS 479/15 B ER -; vom 11.02.2016 - L 3 AS 668/15 B ER -; Bayerischen LSG, Beschluss vom 13.10.2015 - L 16 AS 612/15 ER, Rn. 31 ff., juris; SG Dortmund, Beschluss v. 23.11.2015 - S 30 AS 3827/15 ER, juris: Der Gesetzgeber habe mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, den Nachrang des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden).
Soweit die Gegenauffassung aus dem Urteil des BVerfG zum Asylbewerberleistungsgesetz vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, BVerfGE 132, 134-179) den Schluss zieht, ein Recht auf die Gewährung von existenzsichernden Leistungen hänge letztlich allein vom tatsächlichen Aufenthalt eines im (einfachrechtlichen Sinne) Hilfebedürftigen im Bundesgebiet ab (insb. SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18. April 2016 - S 3 AS 149/16, Rn. 508, 517 passim, juris; Hessisches LSG, Urteil vom 27. November 2013 - L 6 AS 378/12 -, Rn. 63, juris; Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 SGB XII, Rn. 75.1; auch Kötter, info also 2016, S. 3, 6; Wunder, SGb 2015, S. 620, 622 f.; Frerichs, ZESAR 2014, S. 283; Kingreen, NVwZ 2015, S. 1506; ders. SGb 2013, S. 132, 137 f.), wird nicht verständlich, weshalb die Abschiebung eines Menschen ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland in einen anderen Staat ungeachtet der Tatsache rechtmäßig möglich bleiben soll, ob dort ein (dem deutschen vergleichbares) Existenzsicherungssystem vorhanden ist (vgl. SG Mainz, a.a.O., Rn. 508). Es überzeugt nicht, dass der mittelbare und mildere faktische Zwang zur Ausreise durch einen Ausschluss von existenzsichernden Leistungen "fundamental" mit dem Menschenwürdeprinzip unvereinbar sein soll, während ein aufenthaltsrechtlich erzeugter und unmittelbar mit hoheitlicher Staatsgewalt durchgesetzter Ausschluss von der Existenzsicherung in Deutschland auf keine Bedenken stößt (vgl. SG Mainz, a.a.O., Rn. 517; vgl. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a AsylbLG 2. Überarbeitung, Rn. 155). In diesem Sinne hat der 12. Senat des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 07.03.2016 (L 12 SO 79/16 B ER, Rn. 36, juris) ausgeführt, dass, soweit - ohne dass dagegen grundrechtliche Bedenken erhoben werden (vgl. Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12.10.2015, S. 18) - im Ausländerrecht die allein nachteilige wirtschaftliche Situation im Herkunftsland kein Umstand, der zur Gewährung eines Aufenthaltsrechtes oder dem Schutz vor Abschiebung führen kann, ist (vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 06.09.2007 - 11 A 633/05 A -, Rn. 16, 28-32, juris, zur Zumutbarkeit einer Abschiebung nach Sierra Leone trotz völlig fehlender sozialer Sicherungssysteme und einer Arbeitslosenquote von 70 %; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 - 1 B 16/05, Rn. 4, juris; Thym, a.a.O), es unter Berücksichtigung des Gedankens der Einheit der Rechtsordnung auch nicht denkbar sei, solche nachteiligen Lebensumstände im Herkunftsland bei der Prüfung der sozialrechtlichen Zumutbarkeit einer Rückkehr anzuführen.
Hinzu tritt, dass das Bundesverfassungsgericht mit seinen nach dem Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz gefassten Beschlüssen vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) sowie vom 08.10.2014 (1 BvR 886/14) einen durch den Leistungsausschluss für Schüler und Studenten nach § 7 Abs. 5 SGB II verursachten faktischen Zwang, das Studium oder die Ausbildung abbrechen zu müssen, um in den Genuss von SGB II-Leistungen zu gelangen, als mit dem Recht auf Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimumms vereinbar erachtet hat. (In diesen Zusammenhang lässt sich auch § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII stellen, der auch Deutschen im Ausland in der Regel zumutet, ins Inland zurückzukehren). Daraus wird zunächst erkennbar, dass die von der Gegenauffassung angeführte Aussage (u.a.) in dem Urteil des BVerfG zum Asylbewerberleistungsgesetz, der elementare Lebensbedarf der Leistungsberechtigten sei in dem Augenblick zu befrieden, in dem er entstehe (Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, Rn. , 99, 72 juris) nicht damit gleichgesetzt werden kann, es genüge der tatsächliche Aufenthalt in Deutschland allein. Denn der gem. § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossene Student, dessen Studium dem Grunde nach nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähig ist (und für den auch kein Leistungsanspruch nach dem SGB XII bereit gehalten wird), der aber aufgrund persönlicher Ausschlussgründe keine Leistungen nach dem BAföG erhält, hat so lange keinen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen, wie er sein Studium noch nicht abgebrochen hat, ohne das darin ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG gesehen würde. Weiter lässt sich den o. a. Beschlüssen des BVerfG entnehmen, dass der faktische Zwang, die bisherige Lebensführung zur Sicherung des Existenzminimums ändern zu müssen, nicht zur Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums führt, sondern vielmehr das Grundrecht, das diese vom Hilfebedürftigen anvisierte Lebensgestaltung schützt (in den Fällen 1 BvR 1768/11 und 1 BvR 886/14 die teilhaberechtliche Dimension des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 und dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG - s. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03. September 2014 - 1 BvR 1768/11, Rn. 24, juris -; hier die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG) berührt (SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016 - S 35 AS 5396/15 ER -, Rn. 58, juris; Bayerischen LSG, Beschluss vom 01.10.2015 - L 7 AS 627/15 B ER, Rn. 31 ff, juris; a. A. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, WD 6-3000 - 025/16 vom 09.03.2016, S. 9, weil die von § 7 Abs. 5 SGB II Ausgeschlossenen dem BAföG unterlägen und es deshalb nicht zu einem "menschenunwürdigen Totalausschluss" käme. Die Ausgeschlossenen haben aber gerade nicht notwendig einen Anspruch nach dem BAföG, weil sie ggfs. aus in ihrer Person liegenden Gründen - vgl. Abschnitt II. des BAföG - ausgeschieden werden.).
Aus dem Vorstehenden ( ) folgt, dass eine Prüfung, inwiefern ein vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II betroffener Hilfebedürftiger in seinem Herkunftsland das Existenzminimum nach deutschen Maßstäben sichern kann, nicht anzustellen ist. Auch im Ausländerrecht ist die nachteilige wirtschaftliche Situation im Herkunftsland kein Maßstab, der zur Gewährung eines Aufenthaltsrechts oder dem Schutz vor einer Abschiebung führen kann, ohne dass dies verfassungsrechtliche Beanstandung fände (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. März 2016 - L 12 SO 79/16 B ER, Rn. 34, juris; Thym, a.a.O.).
Auch ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf die Vergleichsgruppe der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Leistungsberechtigten ist nicht gegeben (a. A. Kingreen, SGb 2013, 132, 139; Frerichs, ZESAR 2014, 279, 280 ff.; vgl. auch SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18. April 2016 - S 3 AS 149/16, Rn. 515). Es fehlt die Vergleichbarkeit mit den vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 SGB II Betroffenen (zum Verhältnis des Art. 3 Abs. 1 GG zu Art. 1 Abs. 1 GG: Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1 AsylbLG, Rn. 34-36 m. w. Nachw.; Aubel, SGb 2016, 105 ff.).
Insofern ist zu bedenken, dass der persönliche Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 AsylbLG konzeptionell (d. h. mit Ausnahme der nach Nr. 5 Berechtigten, deren Anspruch ggfs. nach § 1a Abs. 1-3 eingeschränkt ist) Drittstaatsangehörige adressiert, die sich (allein) auf politische, humanitäre oder völkerrechtliche Aufenthaltsgründe berufen können (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1 AsylbLG, Rn. 13). Der im Schwerpunkt menschenrechtlichen Prägung der Aufenthaltsrechte korrespondiert ein Anspruch auf existenzsichernde Leistungen in Deutschland. Das AsylbLG ist weiterhin insofern ein eigenes, spezielles Leistungssystem zur Sicherung des Lebensbedarfs, als es primär an den ungesicherten Aufenthaltsstatus anknüpft (vgl. BVerfG v. 11.07.2006 - 1 BvR 293/05 - BVerfGE 116, 229, 232; Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a AsylbLG 2. Überarbeitung, Rn. 22). Der Adressatenkreis des AsylbLG unterscheidet sich daher maßgeblich von einem Unionsbürger, dem - auch im Wege des Günstigkeitsvergleiches nach dem AufenthG - kein Aufenthaltsrecht oder nur ein solches zur Arbeitsuche zusteht und der insofern in sein Heimatland zurückkehren kann bzw. muss (SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016 - S 35 AS 5396/15 ER, Rn. 57, juris; a.A. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 SGB XII, Rn. 74).
Sofern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG auch Personen erhalten, die vollziehbar ausreisepflichtig sind (vgl. § 50 AufenthG) (vgl. SG Mainz a.a.O., Rn. 515), ist zu beachten, dass § 1 a Abs. 1-3 (geändert durch das "Integrationsgesetz" vom 31.07.2016 - BGBl 2016 Teil I Nr. 39; BT- Drs. Drucksache 18/8615, S. 35) insbesondere für diese Personengruppe Anspruchseinschränkungen vorsieht. Sofern Leistungen nicht auf das im Einzelfall unabweisbare beschränkt werden, weil der Leistungsberechtigte eingereist ist, um Leistungen zu erhalten (Abs. 1), reduziert sich der Anspruch auf nach den Abs. 2, 3 näher bezeichnete "Überbrückungsleistungen"." Vergleichbare Leistungen konnten den vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB a. F. erfassten Personen allerdings nach dem neunten Kapitel des SGB XII, § 73 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen) erbracht werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER , juris, Rn. 67; Beschluss vom 24. Juli 2014 - L 15 AS 202/14 B ER, juris, Rn. 23). Seit dem 29.12.2016 enthält § 23 Abs. 3 S. 6 SGB XII einen Überbrückungsanspruch der sich an § 1a Abs. 2 des AsylbLG orientiert (vgl. BT-Drs. 18/10211, S. 16). § 23 Abs. 3a SGB XII enthält einen Darlehensanspruch für Rückreisekosten." Die Kammer hält an dieser Auffassung fest.
(2) War der Leistungsausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a, b) SGB II bereits zum Zeitpunkt der (vorläufigen) Bewilligungsentscheidung des Antragsgegners vom 08.03.2017 damit auf die Antragsteller als rumänische Staatsangehörige anzuwenden, schied/scheidet ein Leistungsanspruch aus.
Ein Aufenthaltsrecht der Antragsteller war und ist weiterhin nicht vorhanden.
(2.1) Insbesondere bestand/besteht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die Antragstellerin zu 1) kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU oder § 2 Abs. 3 FreizügG/EU, nachdem das Recht nach Abs. 1 (das Recht auf Einreise und Aufenthalt) für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige bei vorübergehender Erwerbsminderung infolge von Krankheit oder Unfall (S. 1 Nr. 1), unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbstständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbstständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (Nr. 2) bestehen bleibt bzw. bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr für die Dauer von sechs Monaten unberührt bleibt (S. 2) (hierzu Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2016 – S 14 AS 525/16 ER –, Rn. 38 ff., juris).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, ist der insoweit maßgebliche Arbeitnehmerbegriff i.S. des Art. 45 AEUV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der nicht eng ausgelegt werden darf (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - C-46/12 - Rechtssache L.N., juris Rn. 39 m.w.N.). Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Die beschränkte Höhe dieser Vergütung oder der Umstand, dass sie nur eine geringe Anzahl von Wochenstunden Arbeit leistet, schließen es nicht aus, dass eine Person als Arbeitnehmer i.S. des Art. 45 AEUV anerkannt wird. Allerdings ist für die Qualifizierung als Arbeitnehmer erforderlich, dass eine Person eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, die keinen so geringen Umfang hat, dass sie sich als vollständig untergeordnet und unwesentlich darstellt (EuGH, a.a.O., Rn. 40-42). Die Prüfung der Arbeitnehmereigenschaft erfordert eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalles (EuGH, a.a.O., Rn. 43) (weiter:, Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2016 – S 14 AS 525/16 ER –, Rn. 41 f., juris).
Die Kammer ist aufgrund der Aktenlage davon überzeugt, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses der Antragstellerin zu 1), insbesondere mit Herrn D., fingiert, ist (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. März 2017 – 18 B 274/17 –, Rn. 3, juris). Ein tatsächliches, echtes Arbeitsverhältnis der Antragstellerin zu 1) im dargelegten Sinne lässt sich für die gesamte Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland nicht feststellen.
Auf die gerichtliche Aufforderung, sämtliche Beschäftigungsverhältnisse, die seit der Einreise in die Bundesrepublik bestanden haben sollen aufzuführen und zur Glaubhaftmachung aussagekräftige Belege vorzulegen, hat die Antragstellerin zu 1) erstmals knapp vorgetragen, sie habe in der Zeit von März bis August 2016 – bis zu ihrem Umzug nach E. – bei ihrem Bruder (Q. N.) in F. gearbeitet. Zu dem angeblichen Beschäftigungsverhältnis bei ihrem Bruder hat sie weder weitergehende Angaben, etwa über den Inhalt der Tätigkeit, den Umfang, die Vergütung o. ä., gemacht, noch Belege beigebracht. Weitere Arbeitsverhältnisse hat sie nicht aufgeführt.
Der sowohl dem Antragsgegner als auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren vorgelegte Arbeitsvertrag mit Herrn D., der im selben Haus wie die Antragstellerin wohnt, ist nach Überzeugung der Kammer entweder ein Scheingeschäft (vgl. § 117 BGB) oder er ist von der Antragstellerin im Wege der Urkundenfälschung erstellt worden. Nach dem Arbeitsvertrag vom 01.09.2016 soll die Antragstellerin bei Herrn D. als Haushaltshilfe mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden beschäftigt werden. Das in bar auszuzahlende Arbeitsentgelt soll 450 EUR brutto monatlich betragen, wobei eine Fälligkeit der Vergütung in den Formularvertrag nicht eingetragen worden ist. Sofern die Antragstellerin zu 1) im Gewerbe des Herrn D. beschäftigt werden sollte – dies legt u. a. der Aufdruck eines Stempels mit der Gewerbe- nicht der Privatanschrift des Herrn D. nahe - wird nicht erkennbar, weshalb eine Haushaltshilfe in einem Gewerbe für Entkernung, Abbruch und Garten – und Landschaftsbau beschäftigt werden sollte. Auf Aufforderung des Antragsgegners, Nachweise über die Lohnzahlungen und über die Anmeldung zur Sozialversicherung vorzulegen, legte die Antragstellerin Ende September 2016 eine Quittung über 450 EUR, offenbar für eine Tätigkeit als Putzfrau im August eines nicht näher bezeichneten Jahres, vor, die jedoch nicht den Empfang eines Lohnes von Herrn D. quittiert, sondern den Stempel einer Automobilfirma, deren Inhaber ein Herr T. ist, ausweist. Hierzu hat die Antragstellerin keine Erklärung gegeben. Zu keiner Zeit hat sie behauptet oder belegt, dass ein Arbeitsverhältnis der Automobilfirma des Herrn T. bestanden hat. Während beim Antragsgegner zwar eine unvollständig ausgefüllte "Meldung zur Sozialversicherung" einging, in der der Vermieter der Antragstellerin zu 1), wiederrum ein Herr T. für die Zeit von September 2016 bis April 2017 als Arbeitgeber ausgewiesen wird, gleichwohl dessen Gewerbe (Abbrucharbeiten, Entkernung, Asbestsanierung) bereits seit dem 28.10.2011 abgemeldet ist, hat die Knappschaft Bahn See - Minijobzentrale dem Antragsgegner unter dem 31.01.2017 zudem mitgeteilt, dass für die Antragstellerin zu 1) keine Meldung zur Sozialversicherung über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer von einer Fälschung der Meldung aus. Nach Recherche der Kammer sind im Internet entsprechende Anmeldungsvordrucke aufrufbar und können ausgefüllt werden, ohne dass tatsächlich eine Meldung zur Sozialversicherung erfolgt. Soweit die Antragstellerin zu 1) zuletzt eine Quittung über eine Geldleistung i. H. v. 450,00 EUR der Firma D. an Sie (ohne Angabe der Zweckbestimmung) vom 30.06.2016 vorgelegt hat, passt dies weder zu der Angabe, sie habe in dieser Zeit bei ihrem Bruder gearbeitet, noch zu dem im vorgelegten Formulararbeitsvertrag, nach dem die Fa. D. erst seit September ihr Arbeitgeber sein soll.
Die gezielten Fragen des Antragsgegners mit Schreiben an die Antragstellerin zu 1) vom 05.05.2017, u. a. welche Tätigkeit genau ausgeübt werde, wo sich der Arbeitsplatz befinde, an welchen Tagen die Antragstellerin zu 1) arbeite, wie viele Stunden täglich bzw. wöchentlich, ob die Arbeitsstunden notiert werden, wer der Antragstellerin sage, wann sie das nächste Mal arbeiten müsse, wie und von wem sie ihren Lohn erhalte u.a., hat die Antragstellerin zu 1) unbeantwortet gelassen. Als Reaktion hat sie lediglich eine "Lohnabrechnung für April/2017 (Bar-Auszahlung)" vorgelegt, in der eine Übereinkunft der Fa. D. mit der Antragstellerin zu 1) dokumentiert wird "die Zahlung von Gebäudereinigung und Treppen putzen (Putzen, u.a.) für" die Antragstellerin zu 1) "Auszahlung des Betrages von 450/für April 2017/verrechnet. Den ausgezahlten Betrag in bar ist als Quittung gültig." Das Schriftstück trägt zwei Unterschriften, von der eine unter "Betrag erhalten" wohl von der Antragstellerin zu 1) stammen soll, die andere von Herrn D. selbst oder einem Mitarbeiter seiner Firma. Die perplexe Lohnabrechnung stellt nicht ansatzweise eine adäquate Reaktion auf die präzisen Fragen des Antragsgegners dar.
Mit Email vom 07.06.2017 teilte – dem Absender nach – Herr D. dem Antragsgegner mit, die Antragstellerin sei lediglich im Monat September 2016 für seine Firma beschäftigt gewesen und in diesem Monat entlassen worden. Es sei für diesen Monat bereits eine Quittung ausgestellt worden. Soweit hingegen Herr D. zuletzt mit Email vom 29.07.2017 dem Antragsgegner mitgeteilt hat, die Antragstellerin zu 1) sei bei ihm noch nie beschäftigt gewesen, bleibt aus Sicht der Kammer zwar offen, ob es sich bei dem von der Antragstellerin zu 1) vorgelegten schriftlichen Formulararbeitsvertrag vom 01.09.2016 um ein Scheingeschäft oder aber um eine gefälschte Urkunde handelt, ohne dass dies jedoch für die Frage eines Aufenthaltsrechtes aufgrund einer Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 FreizügG/EU von Bedeutung wäre. Denn jedenfalls liegt keine tatsächliche, echte Beschäftigung vor.
Aus der beigezogenen Verfahrensakten des Arbeitsgerichtes B. zur angestrengten Klage der Antragstellerin zu 1) gegen Herrn D. und der beigezogenen Ausländerakte ergeben sich keine neuen Hinweise. Nach Auskunft der Krankenkasse der Antragstellerin zu 1) war die Antragstellerin lediglich (bis April 2017) als Empfängerin von SGB II – Leistungen pflichtversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SGB V), nicht aber als Arbeitnehmerin (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).
(Auch) das Arbeitsverhältnis in L. hat die Antragstellerin zu 1) auf die gerichtliche Aufforderung hin, sämtliche Beschäftigungsverhältnisse seit ihrer Einreise nach Deutschland anzugeben, nicht mitgeteilt. Der dem Jobcenter L. vorgelegte Arbeitsvertrag vom 20.07.2015 belegt nach Ansicht der Kammer – vor dem Hintergrund der dargelegten Widersprüchlichkeiten im Hinblick auf andere behauptete Arbeitsverhältnisse in keinem Fall ausreichend, dass die Klägerin tatsächlich – wie nach der Vertragsschrift vereinbart – bis einschließlich Februar 2016 für den vermeintlichen Vertragspartner K. T. , offenbar einem Dolmetscher, als geringfügig Beschäftigte tätig gewesen ist. Weitere Hinweise auf die Echtheit dieses Arbeitsverhältnisses (z.B. Nachweis von Lohnzuflüssen; nachprüfbare Angaben zu Beschäftigungsorten, dem genauen Inhalt der Tätigkeit o. a.) hat die Antragstellerin zu 1) bereits dem Jobcenter L. nicht gegeben. Ungeachtet dessen, ergäbe sich hieraus kein Anspruch gegen den Antragsgegner. Denn selbst bei unterstellter Echtheit des Arbeitsverhältnisses im Zeitraum von August 2015 bis einschließlich Februar 2016 und zudem unfreiwilliger, durch die Bundesagentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit im Anschluss, behielte die Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gem. § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU lediglich bis einschließlich August 2016.
(2.1) Auch im Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) als niedergelassene selbstständig Tätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Eine allgemeine Definition des Selbständigen und seiner auf Gewinn ausgerichteten Tätigkeit existiert für das Unionsrecht nicht. Ausschlaggebend ist das Gesamtbild der Tätigkeit (OVG Hamburg, Beschluss vom 21.06.2010 - 1 B 137/10; LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 28.01.2013 - L 14 AS 3133/12 B ER -, sämtlich juris; Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht,11. Aufl. 2016, § 2 FreizügG/EU Rn. 70). Der EuGH (Urteil vom 25.07.1991 - Rs. 221/89 Factortame Ltd.) definiert den Begriff als die tatsächliche Ausführung einer wirtschaftlichen Tätigkeit (qualitatives Element) mittels einer festen Einrichtung (räumliches Element) in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit (zeitliches Element). Die Tätigkeit muss tatsächlich ausgeübt werden, eine Teilnahme am Wirtschaftsleben darstellen und darf - in Anlehnung an die Kriterien zur Arbeitnehmerfreizügigkeit - nicht "völlig untergeordnet und unwesentlich sein" (EuGH, Urteil vom 23.03.1982 Rs. 53/81 Levin). Die Unterhaltung einer baulichen Einrichtung, etwa im Sinne eines Ladenlokals, eines Lagerraums oder einer Werkstatt, ist für die Anerkennung einer selbständigen Tätigkeit, die der Niederlassungsfreiheit unterliegt, nicht erforderlich (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.01.2013 - L 14 AS 3133/12 B -, juris). Der Lebensunterhalt muss durch die selbständige Tätigkeit nicht gesichert sein (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04. Mai 2015 – L 7 AS 139/15 B ER –, Rn. 22, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 21.06.2010 - 1 B 137/10 -, juris).
Soweit die Antragstellerin zu 1) bei der für sie zuständigen Stadtverwaltung am 04.07.2017 vorgesprochen hat und für die Zeit ab dem 30.06.2017 bzw. ab Mai 2017 versucht hat ein Gewerbe "Gebäudereiniger" bei der Handwerkskammer B. eintragen zu lassen ist davon auszugehen, dass dahinter keine echte selbständige Erwerbstätigkeit steht. Es liegen keinerlei Hinweise dafür vor, dass die Antragstellerin zu 1) die tatsächlich eine wirtschaftliche selbständige Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. Die Antragstellerin hat dies dem Gericht gegenüber nicht einmal behauptet. Für das Gegenteil spricht nach Auffassung der Kammer schon der seitens des Amtes für Recht und Ordnung, Sachgebiet Gewerbe, der Stadt E. unter dem 04.07.2017 dokumentierte Ablauf der Gewerbeanmeldung bzw. Gewerbeanzeige. Die Antragstellerin erschien dem Vermerk nach mit einem Dolmetscher und legte einen Antrag auf Eintragung bei der Handwerkskammer B. vor, der von der Kreishandwerkerschaft S. am 03.07.2017 abgestempelt worden war. Als Eröffnungsdatum hatte die Antragstellerin den 30.06.2017 eingetragen. Im Verlauf fragte die Antragstellerin, ob sie das Gewerbe einen Monat rückwirkend anmelden könne. Letztlich änderte sie ihren Antrag dahingehend ab, dass die Gewerbeanmeldung für den 15.10.2016 erfolgen sollte und erfolgte. Dies lässt den Schluss zu, dass auch die Gewerbeanmeldung letztlich nur zum Zwecke des Scheines eines Aufenthaltsrechtes für den Bezug von SGB II – Leistungen erfolgt ist.
(2.3) Ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4 a Abs. 1 FreizügG/EU (nach fünfjährigem rechtmäßigem Aufenthalt) kann aufgrund der Einreise der Antragsteller nach eigenen Angaben zum 01.12.2014 (nach einem Prüfvermerk Jobcenters L. erst am 20.06.2015) frühestens im Dezember 2019 entstehen. Für ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige nach § 2 Abs. 2 Nr. 6, § 3 FreizügG/EU ist nichts ersichtlich. Aufgrund der durch die Antragsteller behaupteten Hilfebedürftigkeit der i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II scheidet auch eine Freizügigkeitsberechtigung für nicht Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 5, § 4 FreizügG/EU aus.
(2.4) Da auch ein Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist von vorneherein ausscheidet, ist die Frage der Europarechtskonformität des Ausschlusstatbestandes nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II n. F. (hierzu bejahend: Derksen, infoalso 2016, S. 257; anders die Gesetzesbegründung Bundestagsdrucksache 18/10211, Seite 13; bereits zur Rechtslage vor dem 29.12.2016: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Januar 2016 – L 15 AS 226/15 B ER –, Rn. 11, juris) von vornherein unerheblich.
Denn nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 können Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Dieses - historisch an die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Schaffung bestmöglicher Bedingungen für die Integration der Familie des Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat anknüpfende - Ausbildungsrecht des Kindes setzt voraus, dass dieses Kind "in Ausbildung" mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem Mitgliedstaat in der Zeit lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte. Der Erwerb des Ausbildungsrechts ist an den Status als Kind eines Arbeitnehmers gebunden. Das Ausbildungsrecht aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 impliziert gleichzeitig ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der sich weiterhin in Ausbildung befindlichen Kinder, das grundsätzlich bis zum Abschluss der Ausbildung und insbesondere besteht, solange sie tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat in das Schulsystem eingegliedert sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 03.12.2015, Az. B 4 AS 43/15 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.03.2017, Az. L 19 AS 190/17B; Sozialgericht Kiel, Beschluss vom 13.01.2017, Az. S 31 AS 321/16 ER). Von diesem Aufenthaltsrecht eines Kindes kann sein Elternteil wiederum ein Aufenthaltsrecht ableiten, wenn seine Arbeitnehmereigenschaft nicht mehr vorliegt. Da aber – wie dargelegt – für die Zeit ihres gesamten Aufenthaltes in Deutschland bereits keine Arbeitnehmereigenschaft der Antragstellerin zu 1) festzustellen ist, scheiden Aufenthaltsrechte der Antragsteller nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 aus.
(2.5) Auch ein im Wege des "Günstigkeitsvergleiches" (vgl. § 11 Abs. 1 FreizügG/EU) zu berücksichtigendes Aufenthaltsrecht im Sinne des AufenthG war und ist nicht ersichtlich.
(3) Der Rücknahmebescheid vom 22.06.2017 in der Fassung des Bescheides vom 31.07.2017 war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Antragsteller weiterhin einen Anspruch auf vorläufige Leistungsgewährung aufgrund einer direkten oder entsprechenden Anwendung von § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II hätten (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Februar 2017 – L 8 SO 344/16 B ER –, Rn. 39 ff., juris). Die Kammer schließt sich insoweit der zuletzt vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Beschlüssen vom 18. April 2017 (L 13 AS 113/17 B ER –, Rn. 19, juris) und 26. Mai 2017 (L 15 AS 62/17 B ER –, Rn. 13, juris; ferner Beschlüsse des 15. Senates vom 26. März 2014 - L 15 AS 16/14 B ER und vom 24. Juli 2014 - L 15 AS 202/14 B ER -, juris; ferner: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19. Mai 2017 – L 11 AS 247/17 B ER –, Rn. 24, juris; SG Berlin, Beschluss vom 25. Juli 2017 – S 95 SO 965/17 ER –, Rn. 20 ff., juris) vertretenen Auffassung an.
Nach § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II kann über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen vorläufig entschieden werden, wenn 1. die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Union ist oder 2. eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist.
Zwar ist die Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des §§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (a. F.) SGB II mit dem Recht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums aufgrund des Vorlagebeschlusses Kammer des Sozialgerichts Mainz vom 18. April 2016 (S 3 AS 149/16 –, juris) Gegenstand eines Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvL 4/16). Aus dem Wortlaut des § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II (sog. "Kann-Vorschrift") folgt, dass zumindest die Entscheidung, ob Leistungen vorläufig erbracht werden, im Ermessen des Leistungsträgers steht (vgl. Conradis in: LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 41a Rn. 3). Dies bedeutet, dass dessen Verpflichtung zur Leistungsgewährung, insbesondere in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, nur dann in Betracht kommt, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, also das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre, weil einstweiliger Rechtsschutz nur in den Grenzen eines Anordnungsanspruches möglich ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27. Juni 2013 – L 7 AS 330/13 B ER –, Rn. 25, juris; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Januar 2012 – L 11 AS 809/11 B ER –, Rn. 17, juris; Beschluss der Kammer vom 24.04.2017 – S 14 AS 323/17 ER; Keller, in: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 30a m.w.Nachw. auch für die Gegenauffassung a. A. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – L 7 AL 38/05 ER –, Rn. 28, juris; Berlit, info also 2005, S. 3, 8).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere folgt aus einer etwaig drohenden Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch den Ausschluss von unterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII (mit § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII n. F. hat der Gesetzgeber zum 29.12.2016 einen identischen Ausschlusstatbestand wie in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a), b) SGB II n. F. eingeführt und "klargestellt", dass für die nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen Unionsbürger auch kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen zum Lebensunterhalt besteht - s. BT-Drs. 18/10211, S. 16) keine Ermessensreduzierung auf Null (so aber: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Februar 2017, a.a.O.; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2015 – L 6 AS 1480/15 B ER –, Rn. 29 ff., juris). Das nach § 41 Buchst. a Abs. 7 SGB II eingeräumte Ermessen ist nicht allein aufgrund des existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II stets "auf Null" reduziert.
Der 13. Senat des Landessozialgerichtes Niedersachsen – Bremen führt in o. a. Beschluss vom 18.04.2017 – nach Auffassung der Kammer nachvollziehbar – aus: "Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber § 41a Abs. 7 SGB II als Ermessensvorschrift ausgestaltet hat, obwohl ihm der Umstand bewusst gewesen sein dürfte, dass es sich bei den Leistungen nach dem SGB II um solche handelt, die das Existenzminimum sichern, folgt, dass zu diesem Aspekt weitere Umstände hinzutreten müssen, um eine Ermessensreduzierung auf Null zu begründen (vgl. insoweit bereits zu § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. März 2014 - L 15 AS 16/14 B ER und Beschluss vom 24. Juli 2014 - L 15 AS 202/14 B ER; so offenbar auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. August 2014 - L 10 AS 1593/14 B - Rn. 6; vgl. zur Ermessensausübung im Rahmen des § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 SGB III auch Düe in: Brand, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 328 Rn. 18). Ansonsten wäre es folgerichtig gewesen, die Vorschrift von Anfang an als gebundene Entscheidung auszugestalten, da im Rahmen des SGB II in jedem Fall existenzsichernde Leistungen betroffen sind. Als im Rahmen der Ermessensausübung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III sachgerechte Entscheidungskriterien sind insbesondere anerkannt worden die Wahrscheinlichkeit, mit der sich als Ergebnis rechtlicher Klärung in einem beim EuGH, dem BVerfG oder dem BSG anhängigen Verfahrens ein Leistungsanspruch als gegeben erweisen wird, die Möglichkeit der Deckung des Existenzminimums durch andere Leistungen, z.B. Nothilfeleistungen nach dem SGB XII (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.), sowie die Autorität des Gerichts, welches einen Vorlagebeschluss beim BVerfG erlassen bzw. ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH initiiert hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.). Es sind keine Gründe ersichtlich, diese Erwägungen nicht auch der Ermessensausübung in § 41a Abs. 7 SGB II zugrunde zu legen. Die Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen von § 23 SGB XII (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R) ist demgegenüber nicht auf § 41a Abs. 7 SGB II übertragbar (a.A.: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Februar 2017, a.a.O."; offengelassen: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. April 2017 – L 1 AS 854/17 ER-B –, Rn. 26, juris). Die Kammer hat - ebenso wie der 13. Senat des LSG Bremen-Niedersachsen (vgl. Beschluss vom 13. Oktober 2016 - L 13 AS 247/16 B ER) - bereits zu der der zitierten Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Rechtslage bis zum 28.12.2016 entschieden, dass sie dieser Rechtsprechung nicht folgt (Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16 –, Rn. 58 ff., juris). "Ebenso wie bei § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII (a. F.) würde die gesetzliche Ermächtigung zur Gewährung von vorläufigen Leistungen nach § 41a Abs. 7 SGB II überschritten, wenn regelmäßig eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen würde, weil existenzsichernde Leistungen streitig sind. Wie bereits soeben dargelegt, sind im Rahmen von § 41a Abs. 7 SGB II im Einzelfall andere Umstände als die denkbare Versagung von existenzsichernden Leistungen im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen. Die Einführung eines regelhaft zu gewährenden vorläufigen Leistungsanspruches über § 41a Abs. 7 SGB II liefe zudem dem gesetzgeberischen Willen zuwider, (EU-)Ausländer, die einem der in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II bzw. § 23 Abs. 3 SGB XII geregelten Leistungsausschlüsse unterfallen, bis zur Ausreise auf Härtefallleistungen zu beschränken (vgl. Bundestagdrucksache [BT-Drucks.] Nr. 18/10211, S. 15 f.)."
Die Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen des § 41a Abs. 7 SGB II bedarf daher einer sorgfältigen Prüfung. Soweit sich dabei die vorstehend aufgeführten Entscheidungskriterien als sachgerecht erweisen, dass der Grundsicherungsträger im Rahmen seines Entschließungsermessens berücksichtigen, dass eine höchstrichterliche Vorlage zum BVerfG derzeit nicht vorliegt und sich zudem in Rechtsprechung und Literatur ein Konsens oder auch nur eine überwiegende Meinung dahingehend, dass der Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger oder EU- Bürger ohne Aufenthaltsrecht nach der vor und/oder seit dem 29.12.2016 gültigen Rechtslage verfassungswidrig ist, keineswegs herausgebildet hat (vgl. Nachweise ober unter B. 1. b) bb) (1) (1.2)). Ferner wird der Grundsicherungsträger berücksichtigen dürfen, dass das Existenzminimum der Antragsteller vorerst dadurch sichergestellt ist, dass bis zu einer etwaigen Ausreise aus dem Bundesgebiet Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3, 4 SGB XII (in der ab dem 29.02.2016 gültigen Fassung), bei Vorliegen unzumutbarer Härten nach § 23 Abs. 3 S. 5 SGB XII auch für einen Zeitraum von mehr als einem Monat, gewährt werden können. Für die Bewilligung von vorläufigen Leistungen nach § 41a Abs. 7 SGB XII besteht daher im Ergebnis kein Bedarf (vgl. bereits unter Berücksichtigung der Nothilfeleistungen nach dem SGB XII: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. März 2014, a.a.O.).
Dies gilt insbesondere für EU-Ausländer, die ohne weiteres grundsätzlich auf die Möglichkeit einer Ausreise aus dem Bundesgebiet zulässiger- und zumutbarerweise verwiesen werden können. Denn diese halten sich unter Inanspruchnahme der Möglichkeit der Freizügigkeit innerhalb des Gebietes der Europäischen Union oder gar ohne Aufenthaltsrecht aufgrund einer autonomen Entscheidung in der Bundesrepublik Deutschland auf. Diese Entscheidung können sie, gerade wegen der herrschenden Freizügigkeit, jederzeit rückgängig machen (ähnlich: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17. März 2016 - L 9 AS 1580/15 B ER - juris Rn. 81; a.A. wohl: BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R, Rn. 32 - juris). Eine Ausreise scheitert insbesondere nicht an fehlenden finanziellen Mitteln, da nach § 23 Abs. 3a SGB XII die Kosten einer Rückreise (darlehensweise) übernommen werden können (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. April 2017 – L 13 AS 113/17 B ER –, Rn. 22 f., juris).
2. Der Antrag zu 2) - gerichtet auf Gewährung von Leistungen für die Monate Mai und Juni 2017 ist zulässig (zur Statthaftigkeit vgl. A.) aber unbegründet.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt – im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung - das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B – juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 – L 5 AS 107/13 B ER – juris (Rn. 32) m. w. N.).
Soweit eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet wäre, ist ein schützenswertes Recht des Antragstellers nicht gegeben; der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Wäre eine Klage hingegen offensichtlich zulässig und begründet, wird dies im Rahmen des Anordnungsgrundes (Unzumutbarkeit) Beachtung finden.
Zwar ist auch im einstweiligen Rechtsschutz die Sach- und Rechtslage durch die Gerichte grundsätzlich abschließend zu prüfen. Ist dies aber nicht möglich, ist - entsprechend der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts - auf der Grundlage einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht – BVerfG - Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Breith. 2005, 803 ff. m.w.N.). Hierbei ist stets die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes zu beachten, die vor dem Hintergrund des Artikels 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) darin besteht, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Dies sind solche Fällen, in denen die Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, a.a.O.; Beschluss vom 22.11.2002, 1 BvR 1582/02; vgl. auch Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.04.2007, L 28 B 429/07 AS ER). Im Ergebnis ist im Rahmen der Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers ein bestimmendes Kriterium. Sind existenzsichernde Leistungen als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) betroffen, so ist ein möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- und - damit einhergehend - die Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05).
b) Nach diesen Maßstäben kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Monate Mai und Juni 2017 nicht in Betracht.
aa) Zu Recht hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 31.07.2017 letztlich die zuvor mit Bescheid vom 29.09.2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.12.2016, 22.12.2016, 16.02.2017 und 08.03.2017 vorläufig bewilligten Leistungen endgültig auf Null festgesetzt, also den ursprünglichen Leistungsantrag abgelehnt. Diesen Bescheid vom 31. Juli 3017 trägt die Ermächtigungsgrundlage des § 41a in der ab dem 01.08.2016 gültigen Fassung vom 26.7.2016 (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) (hierzu: Geiger, NZS, S. 139 ff.).
Gemäß § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern eine vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt.
Sofern § 41 a Abs. 2 S. 4 SGB II regelt, dass, soweit eine vorläufige Entscheidung rechtswidrig ist, sie für die Zukunft zurückzunehmen ist, kommt darin die Vorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass eine – wie hier anfänglich rechtswidrige Bewilligungsentscheidung – nicht zurücknehmen, dem vielmehr vergangenheitsgerichtet im Wege der endgültigen Leistungsbewilligung Rechnung zu tragen ist. So heißt es in der Gesetzesbegründung, eine Anwendbarkeit der §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu Ungunsten der leistungsberechtigten Person mit Wirkung für die Vergangenheit sei systematisch nicht angezeigt, da die vorläufige Entscheidung sich nicht im Wege der Aufhebung, sondern der abschließenden Entscheidung erledige (BT-Drs. 18/8041, S. 53). Bereits vor Einführung des § 41a SGB II hat die Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die §§ 44 ff. SGB X im Rahmen der endgültigen Leistungsfestsetzung nach dem bis zum Juli 2016 über den Verweis in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F. (nunmehr weggefallen) anwendbaren § 328 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) nicht möglich sei (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R –, SozR 4-4200 § 40 Nr 9; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. September 2015 – L 19 AS 2333/14 –, Rn. 22, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 2015 – L 7 AS 1880/12 –, Rn. 29, juris; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 2015 – L 4 AS 561/15 B –, Rn. 15, juris; s. ferner: Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40, Rn. 72.2). Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Bewilligungsbescheides, wie es in den §§ 44 ff. SGB X Berücksichtigung findet, scheidet bei einer bloß vorläufigen Leistungsentscheidung – auch für die Vergangenheit (für die Zukunft siehe § 41a Abs. 2 S. 5 SGB II) von vorneherein aus (BT-Drs. 18/8041, S. 53; für die Rechtslage vor Einführung des § 41a SGB II: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 2015 – L 7 AS 1880/12 –, Rn. 29, juris). Die vorläufige Leistungsbewilligung nach § 41 a Abs. 1 SGB II (bzw. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F.i.V.m. 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III) soll nach Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift ausschließlich im Interesse des Betroffenen eine schnelle Sicherung der Lebensgrundlage ermöglichen (BT-Drs. 18/8041, S. 52 – so ergeht gem. § 41a Abs. 1 S. 3 SGB II eine vorläufige Entscheidung nicht, wenn der Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen Entscheidung entgegenstehen, zu vertreten hat) und entfaltet damit keinerlei Bindungswirkung über die vorläufige Bewilligung hinaus. Vorläufige Bewilligungen zielen ausschließlich auf eine Zwischenlösung und sind demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen angelegt. Vorläufig bewilligte Leistungen sind als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen (BSG, Urteile vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R m. w. N. und vom 15.08.2002 - B 7 AL 24/01 R; LSG Sachsen, Urteil vom 18.02.2010 - L 3 AL 28/09; ausführlich Düe, in: Brand, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 328 Rn. 8 f). Die Regelung des § 41a Abs. 2 S. 1 SGB II (§§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F. i.V.m. 328 Abs. 1 Satz 2 SGB III), wonach Umfang und Grund der Vorläufigkeit anzugeben sind, ändert hieran nichts (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.03.2014 - L 13 AS 325/11-, juris). Nur, wenn der vorläufige Bewilligungsbescheid weitere Verfügungssätze enthält, kann u. U eine über die vorläufige Leistungsbewilligung hinausgehende Bindungswirkung eintreten (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 2015 – L 7 AS 1880/12 –, Rn. 29, juris).
bb) Dem hat der Antragsgegner mit der Aufhebung seines Rücknahmebescheides vom 22.06.2017 für die Zeit von Oktober bis einschließlich Juli 2017 Rechnung getragen. Die Rücknahme der vorläufigen Bewilligungsentscheidung vom 22.06.2017 ist damit für die Monate Juli bis August 2017 stehen geblieben (hierzu: B. 1.). Dies ist dogmatisch deshalb korrekt, weil eine Aufhebung/Rücknahme für die Zukunft Aufhebung/Rücknahme für die Zeit nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes bedeutet (BSG, Urteil vom 24. Februar 1987 – 11b RAr 53/86 –, BSGE 61, 189-193, SozR 1300 § 48 Nr 31; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, § 48, Rn. 18 m.w.N.). Wird die aufgehobene oder zurückgenommene Leistung – wie Leistungen nach dem SGB II, vergleiche § 42 Abs. 1 SGB II – monatsweise gewährt, beginnt die Zukunftswirkung mit Beginn des Monats, der auf die Aufhebung/Rücknahme folgt (BSG, Urteil vom 24. Februar 1987 – 11b RAr 53/86 –, BSGE 61, 189-193, SozR 1300 § 48 Nr 31); hier dem Juli 2017. Dies gilt auch, wenn die bewilligten Leistungen noch nicht ausgezahlt worden sind (BSG, Urteil vom 24. April 1997 – 13 RJ 23/96 –, BSGE 80, 186-198, SozR 3-7140 § 1 Nr 1; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 45 SGB X, Rn. 106).
Für den Zeitraum von September 2016 bis einschließlich Juni 2017, also auch für die hier streitgegenständlichen Monate Mai und Juni 2017 war indes – wie letztlich mit weiteren Bescheid vom 31.07.2017 geschehen - eine endgültige Leistungsfestsetzung vorzunehmen.
cc) Den Antragstellern standen für den von der endgültigen Leistungsfestsetzung auf Null betroffenen Zeitraum auch tatsächlich keine Leistungen nach dem SGB II zu, so dass die vorläufig bewilligten Leistungen nicht den abschließend festzustellenden entsprachen (§ 41 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 SGB II). Die Antragsteller waren aus den unter B. 1. dargelegten Gründen (auch in den Monaten Mai und Juni 2017 gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a) oder b) SGB II von Leistungen ausgeschlossen.
C. Eine Beiladung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe kommt nicht in Betracht (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Mai 2017 – L 15 AS 62/17 B ER –, Rn. 21, juris)
Zwar hat das Bundessozialgericht zur bis zum 28.12.2016 gültigen Rechtslage (für die Zeit danach: Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22.12.2016 - Bundesgesetzblatt Teil I 2016 Nr. 65 28.12.2016 S. 3155) die Auffassung vertreten, dass im Falle des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a. F. nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII a. F. ein Ermessensanspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII a. F. i. V. m. §§ 27 ff. SGB XII besteht, wobei sich das Ermessen des Sozialhilfeträgers nach sechsmonatigem Aufenthalt des EU- Ausländers grundsätzlich auf Null reduzieren sollte (Urteile vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 R, vom 16. Dezember 2015 -B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R und B 14 AS 33/14 R, vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R, vom 17. Februar 2016 - B 4 AS 24/14 R und vom 17. März 2015, Az.: B 4 AS 32/15 R; dem BSG folgend u.a.: LSG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2016 - L 19 AS 1834/15 B ER - L 19 AS 1835/15 B; Beschluss vom 30.11.2016 – L 12 AS 1027/16 B ER, sämtlich juris; Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 SGB XII, Rn. 63.21; aus der breiten Gegenauffassung der Instanzgerichte siehe das Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16, juris, Rn. 58 ff.).
Jedenfalls sofern man dieser Auffassung folgte, war der örtliche Träger der Sozialhilfeleistung deshalb gemäß 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG notwendig beizuladen.
Nach der ab dem 29.12.2016 geltenden Rechtslage kommt ein Anspruch gegen den Träger der Sozialhilfe auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel des SGB XII jedoch eindeutig nicht mehr in Betracht. Der Gesetzgeber hat in § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII n. F. einen identischen Ausschlusstatbestand wie in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a), b) SGB II n. F. eingeführt und "klargestellt", dass für die nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen Unionsbürger auch kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen zum Lebensunterhalt besteht (s. BT-Drs. 18/10211, S. 16).
Vom Begehren der Antragsteller erfasst waren indes lediglich laufende Leistungen zum Lebensunterhalt für die Zeit ab Mai 2017.
Daher war auch nicht über einen Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3, 3 SGB XII zu entscheiden. Diese stellen ein aliud zum Begehren auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar, weil sie im Regelfall auf höchstens einen Monat beschränkt sind und der Vorbereitung der Ausreise aus dem Bundesgebiet dienen (vgl. BT-Drucks. Nr. 18/10211, S. 16; Urteil der Kammer vom 30. August 2016 – S 14 AS 267/16 –, Rn. 103, juris m. w. Nachw.; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. April 2017 – L 13 AS 113/17 B ER –, Rn. 31, juris m w. Nachw.; vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2017 – L 19 AS 190/17 B ER –, Rn. 46, juris).
D. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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