Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 25 KR 499/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 199/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 19/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
neues Az. LSG: L 8 KR 131/15 ZVW
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Entrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf pauschal versteuerte Fahrvergünstigungen für die Kalenderjahre 2001 und 2003. Die Klägerin hatte ihren Arbeitnehmern verschiedene Fahrvergünstigungen (Freifahrten, Ermäßigung für Personalfahrten, Auslandsfahrten, Jahresnetzkarten, Schüler- und Ausbildungsfahrkarten, Urlaubsfahrten) gewährt. Die geldwerten Vorteile waren zum Teil pauschal versteuert worden, zum Teil unterblieb eine Versteuerung. Sozialversicherungsbeiträge waren nicht entrichtet worden.
Das Finanzamt Frankfurt am Main III hatte am 12. Mai 2003 eine Lohnsteueraußenprüfung über den Prüfzeitraum vom 1. Juni 1999 bis 31. Dezember 2002 durchgeführt und in seinem ersten Teilbericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 9. Februar 2004 festgestellt, dass es sich bei den Fahrvergünstigungen um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele, der in Höhe von 12.256.686,00 EUR nicht steuerfrei sei. Die Zahl der Arbeitnehmer der Klägerin inklusive zugewiesene Beamte habe ca. 53.000 Personen umfasst. Mit Nachforderungsbescheid vom 13. Februar 2004 hatte das Finanzamt die für die Jahre 1999 bis 2001 hierauf entfallende Lohnsteuer, Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag auf 6.214.284,34 EUR festgesetzt. Am 18. Oktober 2004 hatte das Finanzamt Frankfurt am Main III gegenüber der Klägerin einen weiteren Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer über eine Nachforderung in Höhe von 44.474,61 EUR für die im Kalenderjahr 2003 gewährten Fahrvergünstigungen erlassen. Grundlage war der zweite Teilbericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 14. Oktober 2004. Hierin war festgestellt worden, dass die marktübliche Preiserhöhung bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Sachbezugswerte für das Kalenderjahr 2003 bisher unberücksichtigt geblieben sei. Die Nachversteuerung der steuerpflichtigen geldwerten Vorteile der Fahrvergünstigungen für das Kalenderjahr 2003 war unter Anwendung eines durchschnittlichen Prozentsatzes erfolgt.
Aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) am 1. November 2005 über den Prüfzeitraum vom 1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2003 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.391.734,94 EUR auf die geldwerten Vorteile der Fahrvergünstigungen von der Klägerin nach. Für das Kalenderjahr 2002 war keine Nachberechnung erfolgt. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Nachforderung basiere ausschließlich auf der Auswertung der Lohnsteuerhaftungsbescheide des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 9. Februar 2004 und 14. Oktober 2004. Nach § 14 und § 17 SGB IV in Verbindung mit § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) richte sich die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt nach dem Steuerrecht. Auf Antrag der Klägerin sei die Lohnsteuer in den zu beurteilenden Fällen mit einem Pauschalsteuersatz (§ 40 Einkommenssteuergesetz - EStG -) erhoben worden Die Nachversteuerung sei nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit Nettosteuersätzen erfolgt, die aufgrund der Verhältnisse der jeweiligen Zuflussjahre ermittelt worden seien. Eine nachträgliche Korrektur der Pauschalsteuer nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei nicht möglich. § 41c Abs. 3 EStG sei auch für die Erhebung der Pauschalsteuer anzuwenden. Die Nachberechnung des Finanzamtes Frankfurt am Main III gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG sei daher korrekt. Daraus folgend trete Beitragspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung ein. Die Beiträge seien in einer Summe nach § 28f SGB IV nacherhoben worden, weil eine personenbezogene Zuordnung auf einzelne Arbeitnehmer nicht ohne unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand möglich gewesen sei. Da bei der Klägerin in erheblichem Umfang nicht versicherungspflichtige Personen beschäftigt gewesen seien, sei eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage um 28,07 % vorgenommen worden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 3. Juli 2006 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Sie vertrat die Auffassung, die ihren Mitarbeitern gewährten Fahrvergünstigungen stellten gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt dar. Die Sozialversicherungsfreiheit der Fahrvergünstigungen folge auch deshalb aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV, weil kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV vorliege. Bei den Fahrvergünstigungen handele es sich um Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Beschäftigten erbracht würden. Eine nachträgliche Pauschalversteuerung sei auch auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG möglich, der für "sonstige Bezüge" vorrangig anzuwenden sei. Schließlich erhob die Klägerin für die Jahre 1999 bis 2000 die Einrede der Verjährung. Auf Veranlassung des Sozialgerichts holte die Klägerin eine Stellungnahme des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 23. Juli 2007 zur Frage, ob die Nachbesteuerung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt sei, ein und legte diese vor.
Das Sozialgericht Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 15. Juno 2009 mit folgendem Tenor: 1. Der Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 wird abgeändert, soweit die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf die Fahrvergünstigungen für die Jahre 1999 und 2000 fordert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 26 %. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 74 %. 3. Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 EUR festgesetzt.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus: Der Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, soweit die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Jahre 1999 und 2000 fordere. Denn diese Beiträge seien nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjährt. Es gelte die vier-jährige und nicht die 30-jährige Verjährungsfrist. Der Klägerin sei nämlich ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge nicht nachzuweisen.
Für die Jahre 2001 und 2003 habe die Beklagte allerdings zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf den geldwerten Vorteil der Fahrvergünstigungen gefordert. Die Fahrvergünstigungen, die die Klägerin ihren Beschäftigten gewährte, unterlägen als Arbeitsentgelt der Sozialversicherungspflicht. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV seien Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtige die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. In Ausführung dieser Ermächtigung bestimme § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ArEV in den vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassungen, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV sind, Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG, Beiträge und Zuwendungen nach § 40b des EStG, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit Satz 2 nichts Abweichendes bestimmt, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben kann und er die Lohnsteuer nicht nach den Vorschriften der §§ 39b, 39c oder 39d des EStG erhebt. Eine nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorgenommene Lohnsteuerpauschalierung unterliege hingegen nicht dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArEV. Nach diesen Grundsätzen sei die Beklagte berechtigt, Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf den geldwerten Vorteil der Fahrvergünstigungen für die Jahre 2001 und 2003 von der Klägerin zu fordern. Zur Überzeugung der Kammer habe das Finanzamt Frankfurt am Main III durch Haftungsbescheid vom 13. Februar 2004 und Nachforderungsbescheid vom 18. Oktober 2004 eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorgenommen und nicht - wie die Klägerin meine - eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG. § 40 Abs. 1 EStG in den vom 28. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassungen bestimme, dass das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag des Arbeitgebers zulassen kann, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird, soweit 1. von dem Arbeitgeber sonstige Bezüge in einer größeren Zahl von Fällen gewährt werden oder 2. in einer größeren Zahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Aus dem Verfügungssatz des Haftungsbescheides des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 13. Februar 2004 ergäbe sich eindeutig eine Haftung der Klägerin für nicht abgeführte Lohnsteuer betreffend die Jahre 1999 bis 2002 aufgrund des ersten Teilberichts über die Lohnsteueraußenprüfung vom 9. Februar 2004. Die Lohnsteuernacherhebung sei nach § 42d EStG erfolgt. Die Klägerin hätte sich mit der Inanspruchnahme als Haftungsschuldner einverstanden erklärt und sei bereit gewesen, die nachzuerhebenden Steuerbeträge unter Anwendung von Nettosteuersätzen zu übernehmen. Von einem Antrag auf Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei nicht die Rede. Eine andere Beurteilung folge auch nicht aus dem Auskunftsschreiben des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 27. Juli 2007. Die Beklagte sei auch hinsichtlich der von der Klägerin im Jahr 2003 gewährten Fahrvergünstigungen zutreffend von einem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt ausgegangen. Nach der Auskunft des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 27. Juli 2007 bestehe kein Zweifel daran, dass die für das Jahr 2003 mit Nachforderungsbescheid vom 18. Oktober 2004 verfügte Steuernachforderung aufgrund des zweiten Teilberichts über die Lohnsteueraußenprüfung vom 8. November 2004 mit einem Pauschsteuersatz nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt sei. Das Finanzamt Frankfurt am Main III führe hierin aus, die Nacherhebung der Lohnsteuer durch Nachforderungsbescheid sei gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt, soweit die Lohnsteuer auf die geldwerten Vorteile aus den verschiedenen Fahrvergünstigungen vom Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig einbehalten wurde. Die für eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zwingend vorzunehmende Überprüfung der 1.000,00 EUR - Grenze pro Arbeitnehmer habe im Rahmen der Außenprüfung mangels Aufzeichnungen des Arbeitgebers nicht durchgeführt werden können. Ebenso sei keine Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen vorgenommen worden. Seien geldwerte Vorteile aus Fahrvergünstigungen bisher durch den Arbeitgeber nicht lohnversteuert worden, handele es sich um eine nicht vorschriftsmäßige Einbehaltung von Lohnsteuer, die nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschaliert nacherhebbar sei. In der hypothetischen Zuordnung der Bemessungsgrundlagen durch das Finanzamt seien sämtliche für das Kalenderjahr 2003 nachversteuerten Beträge § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugeordnet worden.
Die Frage, ob die Klägerin einen wirksamen Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG gestellt hatte, könne dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, gelte, dass das Finanzamt Frankfurt am Main III über diesen Antrag bislang keine bindende Entscheidung getroffen habe, die Auswirkung auf den hier zu entscheidenden Streitfall haben würde. Mit der Klägerin sei zwar davon auszugehen, dass ein Antrag auf Pauschalierung - anders als dies die Beklagte meine - auch noch bis spätestens im finanzgerichtlichen Klageverfahren gestellt werden könne ( Hinweis auf BFH, Urteil vom 16. März 1990, VI R 88/86, BFH/NV, 1990, 639 m. w. N.). Soweit ein solcher Antrag gestellt werde, habe das zuständige Betriebsstättenfinanzamt darüber zu entscheiden. Werde ein Pauschalierungsbescheid erlassen, müsse der damit in Widerspruch stehende Haftungsbescheid aufgehoben werden (BFH, a. a. O.). Dies sei bislang nicht geschehen, so dass die Beklagte zutreffend davon ausgehen habe können, dass insgesamt ein Fall der Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliege und damit die Ausnahmeregelung von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArEV nicht greife. Eine lediglich hypothetische Zuordnung des Betriebsstättenfinanzamtes der durch die Lohnsteueraußenprüfung der Lohnversteuerung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen zu § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sei deshalb unbeachtlich.
Die Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für das Jahr 2001 sei auch deshalb unbegründet, weil die weitere Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV, dass es sich nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV handeln darf, nicht erfüllt sei. Nach § 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der hier maßgeblichen, bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung seien einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Die von der Klägerin gewährten Fahrvergünstigungen seien als einmaliges Arbeitsentgelt in diesem Sinne anzusehen. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 7. Februar 2002 (B 12 KR 6/01 R - SozR 3-2400 § 14 Nr. 23) für den Fall verbilligter oder kostenloser Mitarbeiterflüge entschieden, dass diese als solche Einmalzahlungen anzusehen sind, da sie nicht der Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum zugeordnet werden können. Auch bei den von der Klägerin gewährten Fahrvergünstigungen sei nicht ersichtlich, dass diese von den Mitarbeitern durch Arbeitsleistung in einem konkreten Abrechnungszeitraum erarbeitet werden mussten und die Höhe des geldwerten Vorteils damit vom Umfang und der Art der Arbeitsleistung abhängig gewesen sei. Die seit 1. Januar 2003 geltende Ausnahmeregelung des § 23a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB IV finde vorliegend keine Anwendung. Nach dieser Vorschrift würden Zuwendungen nach Satz 1 nicht als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gelten, wenn sie als Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Beschäftigten hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und monatlich in Anspruch genommen werden können, vom Arbeitgeber erbracht werden. Diese Gesetzesneufassung stelle entgegen der Auffassung der Klägerin keine lediglich deklaratorische Einfügung des Gesetzgebers dar. Es handele sich bei der Einfügung von § 23a Abs. 1 Satz 2 SGB IV durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, Seite 4621) mit Wirkung zum 1. Januar 2003 vielmehr um eine Gesetzesänderung, die der Gesetzgeber als Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 7. Februar 2002 - B 12 KR 6/01 R - SozR 3-2400 § 14 Nr. 23 und B 12 KR 12/01 R - SozR 3-2400 § 28f Nr. 3 = BSGE 89, 158) vorgenommen habe (vgl. Wietek in: LPK - SGB IV § 23a RdNr. 10; Jochim in: jurisPK- SGB IV RdNr. 33; Seewald in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 23a SGB IV RdNr. 11 spreche von einer "Konterkarierung" der Rechtsprechung des BSG). Vor dem 1. Januar 2003 finde die Gesetzesneufassung aber mangels einer entsprechenden Regelung keine Anwendung (vgl. Artikel 17 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt).
Die Klägerin könne sich schließlich bis zur Entscheidung des BSG vom 7. Februar 2002 nicht darauf berufen, sie habe im Vertrauen auf die allgemein praktizierte Handhabung die Fahrvergünstigungen als nicht einmalig gezahltes und damit beitragsfreies Arbeitsentgelt bewerten dürfen. Ein bestandskräftiger Bescheid einer zuständigen Einzugsstelle oder des betriebsprüfenden Rentenversicherungsträgers mit einer derartigen inhaltlichen Feststellung gegenüber der Klägerin sei offenbar nicht ergangen. Gerichtliche Entscheidungen beurteilten (streitige) Rechtsfragen immer nur bezogen auf die Vergangenheit, so dass ein Vertrauensschutz auf eine bestimmte Auslegung und Anwendung gesetzlicher Normen nicht geltend gemacht werden könne. Auch die Ausnahmeregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 ArEV seien vorliegend nicht einschlägig. Bei den Fahrvergünstigungen handele es sich weder um Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG noch um Beiträge oder Zuwendungen nach § 40b EStG. Es liege auch keine der Fallgruppen des § 2 Abs. 2 ArEV vor.
Gegen das ihr am 22. Juni 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Juli 2009 Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 30. September 2009 hat die Beklagte in Ausführung des sozialgerichtlichen Urteils die sich aus der Betriebsprüfung / Beitragsüberwachung ergebende Nachforderung mit insgesamt 880.389,23 EUR festgesetzt, wobei Nachforderungen nur für die Kalenderjahre 2001 und 2003 angesetzt worden sind.
Die Klägerin führt das Berufungsverfahren fort. Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe das Finanzamt keine Haftungsbescheide sondern Pauschalisierungsbescheide erlassen. Eine Pauschalisierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG könne der Arbeitgeber unabhängig vom Zeitpunkt der Stellung des Pauschalisierungsantrags verlangen. Die maßgebliche Pauschalisierungsgrundlage sei im sozialrechtlichen Verfahren autonom zu bestimmen. Es gäbe keine Bindung an die von den Steuerbehörden herangezogene Rechtsgrundlage. Der Inhalt des Schreibens des Finanzamtes vom 25. Juli 2007 zeige, dass nach dessen Auffassung § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG eine geeignete Rechtsgrundlage für eine nachträgliche Pauschalisierung sei. Allerdings hätte das Finanzamt die strittigen Fahrvergünstigungen nicht hypothetisch dem § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zuordnen dürfen, sondern schätzen müssen, in welchem Umfang die Mitarbeitergruppen durchschnittlich die 1000 EUR Grenze des § 40 Abs. 1 Satz 3 EStG eingehalten hätten. Eine solche Schätzung hätte auch die Beklagte vornehmen müssen. Käme es für Die Sozialversicherungspflicht von Bezügen auf den Zeitpunkt der Vornahme einer Pauschalisierung an, so würde dies zu einer dem Sozialversicherungsrecht fremden Bestrafung führen. Schließlich handele es sich bei den gewährten Fahrvergünstigungen nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt iSd § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV iVm § 23 a SGB IV. Dies gelte auch nach dem Urteil des BSG vom 7. Februar 2008. Ein anderes Verständnis würde gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verstoßen. Auch sei eine Anwendung des § 23 a SGB IV bezüglich einmalig gezahlten Arbeitsentgelts für die zweite Jahreshälfte 2001 verfassungswidrig. Dies folge aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2000 (1 BvL 1798, 4/98 und 15/99).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2009 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 30. Mai 2006 auch insoweit aufzuheben, als in ihm Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf in d en Jahren 2001 und 2003 gewährte Bezüge festgesetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist dabei nur noch, ob die in dem angefochten Bescheid vom 27. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2006 für die Kalenderjahre 2001 und 2003 vorgenommene Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für an Beschäftigte der Klägerin gewährte Fahrvergünstigungen rechtmäßig ist. Da nur die Klägerin und nicht auch die Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hat, ist die Entscheidung des Sozialgerichts, dass eine Beitragsnachforderung für die Kalenderjahre 1999 und 2000 wegen eingetretener und geltend gemachter Verjährung nicht rechtens ist, rechtskräftig geworden. Die Beklagte hat dem auch Rechnung getragen und mit Ausführungsbescheid vom 30. September 2009 die Beitragsnachforderung auf 880.389,23 EUR reduziert.
Das Sozialgericht ist rechtsfehlerfrei unter zutreffender Ermittlung des Sachverhalts und Subsumtion desselben unter die einschlägigen Rechtsnormen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte zur Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 888.389,23 EUR auf den geldwerten Vorteil der Fahrvergünstigen für die Jahre 2001 und 2003 verpflichtet ist. Maßgebend ist, dass der hier einschlägige § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV dem Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV nur sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht zurechnet, die nicht einmalig gezahltes Arbeitentgelt nach § 23 a SGB IV sind, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben kann und er die Lohnsteuer nicht nach den Vorschriften der §§ 39b, 39c, oder 39d EStG erhebt. § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG sieht zwar auch in seiner Nr. 2 eine Pauschalisierungsmöglichkeit für den Fall vor, dass in einer größeren Zahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Diese steuerrechtliche Fallkonstellation nimmt jedoch § 2 Abs. 1 Satz 1 ArEV aus. Die detaillierte Aufführung weiterer Einzelvorschriften des EStG auf die Bezug genommen wird, nämlich von § 40 Abs. 2 und § 40b EStG macht deutlich, dass eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 1 Satz 1 ArEV auf außerordentliche Lohnsteuerpauschalisierungen nicht möglich ist. Somit führt eine auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgte Lohnsteuerpauschalisierung für sonstige Bezüge nicht zu deren Beitragsfreiheit.
So liegt es hier. Der Senat ist ebenso wie das Vorgericht davon überzeugt, dass den Bescheiden des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 13. Februar 2004 und 18. Oktober 2004 mit denen Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer wegen von der Klägerin an ihre Mitarbeiter gewährter Fahrvergünstigungen festgesetzt wurden, eine Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugrunde liegt. Dies ergibt sich jedenfalls aus den in diesen Bescheiden in Bezug genommenen jeweiligen Teil-Berichten über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 9. Februar 2004 bzw. 14. Oktober 2004. Darin heißt es, dass zum Teil die von der Klägerin angesetzten Bemessungsgrundlagen, auch im Hinblick auf den Vergünstigungen betroffen Personenkreis, korrekturbedürftig gewesen seien und bei Schüler- und Ausbildungsfahrten überhaupt keine Versteuerung des geldwerten Vorteils erfolgt wäre. Das Finanzamt selbst führt in seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 25.07.2007 aus: "Soweit die Lohnsteuer auf die geldwerten Vorteile aus den verschiedenen Fahrvergünstigungen vom Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig einbehalten wurde, erfolgte die Nacherhebung der Lohnsteuer durch Nachforderungsbescheide gegenüber der X. AG und der A. AG im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Die für eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zwingend vorzunehmende Überprüfung der 1.000 EUR-Grenze pro Arbeitnehmer konnte im Rahmen der Außenprüfung mangels Aufzeichnungen des Arbeitgebers nicht durchgeführt werden". Daraus ergibt sich klar, dass es seine Bescheide mit Nachforderung von Lohnsteuer im Wege der Pauschalisierung als solche ansieht, die auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erlassen wurden. Dass - dann offenbar auf Wunsch der Klägerin – in dem Schreiben vom 25.07.2007 eine "nachträgliche und hypothetische Zuordnung der durch die Lohnsteueraußenprüfung der Lohnversteuerung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen zu § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG " unterbreitet wurde, ändert nichts daran, dass – worauf es rechtlich allein ankommt – eine Pauschalisierung der Lohnsteuer in den Steuerbescheiden nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt war. Offenbleiben kann, ob nach dem Ergehen der Lohnsteuerbescheide auch noch eine Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beantragt hätte werden können. Maßgeblich ist, dass ein solcher Antrag seitens der Klägerin bislang nicht gestellt wurde und seitens der Steuerbehörde eine Pauschalisierung auf der Grundlage dieser Norm nicht erfolgt ist. Mit der bloßen Hinweis, es bestehe noch eine materiell-rechtliche Möglichkeit der Stellung eines Lohnsteuerpauschalisierungsantrags kann aber die Entscheidung über die Beitragspflicht nicht unbegrenzt aufgeschoben werden. Die Klägerin muss sich daran festhalten lassen, dass bis heute eine Pauschalisierung der Lohnsteuer auf die streitbefangenen sonstigen Bezüge außerhalb des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erfolgt ist.
Im Übrigen hätte ein solches Verfahren auch keine Erfolgsaussicht. Eine Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nach Abs. 1 Satz 3 dieser Norm nur eröffnet, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer sonstige Bezüge gewährt, die nicht mehr als 1000 EUR im Kalenderjahr ausmachen. Dabei trifft den Arbeitgeber die Nachweislast dafür, dass alle sonstigen Bezüge vollständig aufgezeichnet wurden und die Summe aller Vorteile die Pauschalisierungsgrenze nicht übersteigt (Vgl. Werner in Juris-PK SGB IV, 2. Auflage 2011, § 14 Rz 135). Ausweislich des Schreibens des Finanzamtes vom 25.07.2007 konnte die Prüfung der Einhaltung der 1000 EUR - Grenze pro Arbeitnehmer im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung mangels Aufzeichnungen der Klägerin nicht geführt werden. Diese Prüfung obliegt auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - der Steuerbehörde und kann nicht im Wege einer Schätzung durch die Beklagte ersetzt werden. Wenn es auch keine förmliche Bindung der Sozialversicherungsträger an Entscheidungen der Steuerbehören gibt, so gilt zumindest, dass deren Entscheidungen eine starke Indizwirkung zukommt (BSG vom 11.07.1967- 3 RK 1/64 – SozR § 160 Nr 23). Um diese in Frage zu stellen bedarf es überzeugender Einwände gegen deren Richtigkeit. Hier gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung des Finanzamtes, die Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 – zudem auf Antrag der Klägerin hin – vorzunehmen, fehlerhaft sein könnte.
Ebenfalls zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für das Jahr 2001, könne auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die weitere Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV, dass es sich nicht um einmalig gezahltes Arbeitentgelt nach § 23a SGB V handeln dürfe, hier nicht erfüllt sei. Der Senat macht sich die diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts zu Eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend wird noch daraufhingewiesen, dass die Einwände der Klägerin gegen die Anwendung von § 23a SGB IV unbegründet ist. Dessen Heranziehung für Sachverhalte aus der zweiten Jahreshälfte 2001 ist nicht verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neuregelung der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2001 (BGBl I 2000, 1971) den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dessen Beschluss vom 24. Mai 2000 (1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99) entsprochen, so dass § 23 a SGB IV weiter angewandt werden konnte.
Es war daher zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) und §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Entrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf pauschal versteuerte Fahrvergünstigungen für die Kalenderjahre 2001 und 2003. Die Klägerin hatte ihren Arbeitnehmern verschiedene Fahrvergünstigungen (Freifahrten, Ermäßigung für Personalfahrten, Auslandsfahrten, Jahresnetzkarten, Schüler- und Ausbildungsfahrkarten, Urlaubsfahrten) gewährt. Die geldwerten Vorteile waren zum Teil pauschal versteuert worden, zum Teil unterblieb eine Versteuerung. Sozialversicherungsbeiträge waren nicht entrichtet worden.
Das Finanzamt Frankfurt am Main III hatte am 12. Mai 2003 eine Lohnsteueraußenprüfung über den Prüfzeitraum vom 1. Juni 1999 bis 31. Dezember 2002 durchgeführt und in seinem ersten Teilbericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 9. Februar 2004 festgestellt, dass es sich bei den Fahrvergünstigungen um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele, der in Höhe von 12.256.686,00 EUR nicht steuerfrei sei. Die Zahl der Arbeitnehmer der Klägerin inklusive zugewiesene Beamte habe ca. 53.000 Personen umfasst. Mit Nachforderungsbescheid vom 13. Februar 2004 hatte das Finanzamt die für die Jahre 1999 bis 2001 hierauf entfallende Lohnsteuer, Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag auf 6.214.284,34 EUR festgesetzt. Am 18. Oktober 2004 hatte das Finanzamt Frankfurt am Main III gegenüber der Klägerin einen weiteren Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer über eine Nachforderung in Höhe von 44.474,61 EUR für die im Kalenderjahr 2003 gewährten Fahrvergünstigungen erlassen. Grundlage war der zweite Teilbericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 14. Oktober 2004. Hierin war festgestellt worden, dass die marktübliche Preiserhöhung bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Sachbezugswerte für das Kalenderjahr 2003 bisher unberücksichtigt geblieben sei. Die Nachversteuerung der steuerpflichtigen geldwerten Vorteile der Fahrvergünstigungen für das Kalenderjahr 2003 war unter Anwendung eines durchschnittlichen Prozentsatzes erfolgt.
Aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) am 1. November 2005 über den Prüfzeitraum vom 1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2003 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.391.734,94 EUR auf die geldwerten Vorteile der Fahrvergünstigungen von der Klägerin nach. Für das Kalenderjahr 2002 war keine Nachberechnung erfolgt. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Nachforderung basiere ausschließlich auf der Auswertung der Lohnsteuerhaftungsbescheide des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 9. Februar 2004 und 14. Oktober 2004. Nach § 14 und § 17 SGB IV in Verbindung mit § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) richte sich die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt nach dem Steuerrecht. Auf Antrag der Klägerin sei die Lohnsteuer in den zu beurteilenden Fällen mit einem Pauschalsteuersatz (§ 40 Einkommenssteuergesetz - EStG -) erhoben worden Die Nachversteuerung sei nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit Nettosteuersätzen erfolgt, die aufgrund der Verhältnisse der jeweiligen Zuflussjahre ermittelt worden seien. Eine nachträgliche Korrektur der Pauschalsteuer nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei nicht möglich. § 41c Abs. 3 EStG sei auch für die Erhebung der Pauschalsteuer anzuwenden. Die Nachberechnung des Finanzamtes Frankfurt am Main III gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG sei daher korrekt. Daraus folgend trete Beitragspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung ein. Die Beiträge seien in einer Summe nach § 28f SGB IV nacherhoben worden, weil eine personenbezogene Zuordnung auf einzelne Arbeitnehmer nicht ohne unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand möglich gewesen sei. Da bei der Klägerin in erheblichem Umfang nicht versicherungspflichtige Personen beschäftigt gewesen seien, sei eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage um 28,07 % vorgenommen worden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 3. Juli 2006 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Sie vertrat die Auffassung, die ihren Mitarbeitern gewährten Fahrvergünstigungen stellten gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt dar. Die Sozialversicherungsfreiheit der Fahrvergünstigungen folge auch deshalb aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV, weil kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV vorliege. Bei den Fahrvergünstigungen handele es sich um Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Beschäftigten erbracht würden. Eine nachträgliche Pauschalversteuerung sei auch auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG möglich, der für "sonstige Bezüge" vorrangig anzuwenden sei. Schließlich erhob die Klägerin für die Jahre 1999 bis 2000 die Einrede der Verjährung. Auf Veranlassung des Sozialgerichts holte die Klägerin eine Stellungnahme des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 23. Juli 2007 zur Frage, ob die Nachbesteuerung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt sei, ein und legte diese vor.
Das Sozialgericht Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 15. Juno 2009 mit folgendem Tenor: 1. Der Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 wird abgeändert, soweit die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf die Fahrvergünstigungen für die Jahre 1999 und 2000 fordert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 26 %. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 74 %. 3. Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 EUR festgesetzt.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus: Der Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, soweit die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Jahre 1999 und 2000 fordere. Denn diese Beiträge seien nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjährt. Es gelte die vier-jährige und nicht die 30-jährige Verjährungsfrist. Der Klägerin sei nämlich ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge nicht nachzuweisen.
Für die Jahre 2001 und 2003 habe die Beklagte allerdings zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf den geldwerten Vorteil der Fahrvergünstigungen gefordert. Die Fahrvergünstigungen, die die Klägerin ihren Beschäftigten gewährte, unterlägen als Arbeitsentgelt der Sozialversicherungspflicht. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV seien Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtige die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. In Ausführung dieser Ermächtigung bestimme § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ArEV in den vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassungen, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV sind, Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG, Beiträge und Zuwendungen nach § 40b des EStG, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit Satz 2 nichts Abweichendes bestimmt, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben kann und er die Lohnsteuer nicht nach den Vorschriften der §§ 39b, 39c oder 39d des EStG erhebt. Eine nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorgenommene Lohnsteuerpauschalierung unterliege hingegen nicht dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArEV. Nach diesen Grundsätzen sei die Beklagte berechtigt, Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf den geldwerten Vorteil der Fahrvergünstigungen für die Jahre 2001 und 2003 von der Klägerin zu fordern. Zur Überzeugung der Kammer habe das Finanzamt Frankfurt am Main III durch Haftungsbescheid vom 13. Februar 2004 und Nachforderungsbescheid vom 18. Oktober 2004 eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorgenommen und nicht - wie die Klägerin meine - eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG. § 40 Abs. 1 EStG in den vom 28. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassungen bestimme, dass das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag des Arbeitgebers zulassen kann, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird, soweit 1. von dem Arbeitgeber sonstige Bezüge in einer größeren Zahl von Fällen gewährt werden oder 2. in einer größeren Zahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Aus dem Verfügungssatz des Haftungsbescheides des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 13. Februar 2004 ergäbe sich eindeutig eine Haftung der Klägerin für nicht abgeführte Lohnsteuer betreffend die Jahre 1999 bis 2002 aufgrund des ersten Teilberichts über die Lohnsteueraußenprüfung vom 9. Februar 2004. Die Lohnsteuernacherhebung sei nach § 42d EStG erfolgt. Die Klägerin hätte sich mit der Inanspruchnahme als Haftungsschuldner einverstanden erklärt und sei bereit gewesen, die nachzuerhebenden Steuerbeträge unter Anwendung von Nettosteuersätzen zu übernehmen. Von einem Antrag auf Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei nicht die Rede. Eine andere Beurteilung folge auch nicht aus dem Auskunftsschreiben des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 27. Juli 2007. Die Beklagte sei auch hinsichtlich der von der Klägerin im Jahr 2003 gewährten Fahrvergünstigungen zutreffend von einem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt ausgegangen. Nach der Auskunft des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 27. Juli 2007 bestehe kein Zweifel daran, dass die für das Jahr 2003 mit Nachforderungsbescheid vom 18. Oktober 2004 verfügte Steuernachforderung aufgrund des zweiten Teilberichts über die Lohnsteueraußenprüfung vom 8. November 2004 mit einem Pauschsteuersatz nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt sei. Das Finanzamt Frankfurt am Main III führe hierin aus, die Nacherhebung der Lohnsteuer durch Nachforderungsbescheid sei gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt, soweit die Lohnsteuer auf die geldwerten Vorteile aus den verschiedenen Fahrvergünstigungen vom Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig einbehalten wurde. Die für eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zwingend vorzunehmende Überprüfung der 1.000,00 EUR - Grenze pro Arbeitnehmer habe im Rahmen der Außenprüfung mangels Aufzeichnungen des Arbeitgebers nicht durchgeführt werden können. Ebenso sei keine Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen vorgenommen worden. Seien geldwerte Vorteile aus Fahrvergünstigungen bisher durch den Arbeitgeber nicht lohnversteuert worden, handele es sich um eine nicht vorschriftsmäßige Einbehaltung von Lohnsteuer, die nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschaliert nacherhebbar sei. In der hypothetischen Zuordnung der Bemessungsgrundlagen durch das Finanzamt seien sämtliche für das Kalenderjahr 2003 nachversteuerten Beträge § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugeordnet worden.
Die Frage, ob die Klägerin einen wirksamen Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG gestellt hatte, könne dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, gelte, dass das Finanzamt Frankfurt am Main III über diesen Antrag bislang keine bindende Entscheidung getroffen habe, die Auswirkung auf den hier zu entscheidenden Streitfall haben würde. Mit der Klägerin sei zwar davon auszugehen, dass ein Antrag auf Pauschalierung - anders als dies die Beklagte meine - auch noch bis spätestens im finanzgerichtlichen Klageverfahren gestellt werden könne ( Hinweis auf BFH, Urteil vom 16. März 1990, VI R 88/86, BFH/NV, 1990, 639 m. w. N.). Soweit ein solcher Antrag gestellt werde, habe das zuständige Betriebsstättenfinanzamt darüber zu entscheiden. Werde ein Pauschalierungsbescheid erlassen, müsse der damit in Widerspruch stehende Haftungsbescheid aufgehoben werden (BFH, a. a. O.). Dies sei bislang nicht geschehen, so dass die Beklagte zutreffend davon ausgehen habe können, dass insgesamt ein Fall der Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliege und damit die Ausnahmeregelung von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArEV nicht greife. Eine lediglich hypothetische Zuordnung des Betriebsstättenfinanzamtes der durch die Lohnsteueraußenprüfung der Lohnversteuerung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen zu § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sei deshalb unbeachtlich.
Die Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für das Jahr 2001 sei auch deshalb unbegründet, weil die weitere Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV, dass es sich nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a SGB IV handeln darf, nicht erfüllt sei. Nach § 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der hier maßgeblichen, bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung seien einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Die von der Klägerin gewährten Fahrvergünstigungen seien als einmaliges Arbeitsentgelt in diesem Sinne anzusehen. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 7. Februar 2002 (B 12 KR 6/01 R - SozR 3-2400 § 14 Nr. 23) für den Fall verbilligter oder kostenloser Mitarbeiterflüge entschieden, dass diese als solche Einmalzahlungen anzusehen sind, da sie nicht der Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum zugeordnet werden können. Auch bei den von der Klägerin gewährten Fahrvergünstigungen sei nicht ersichtlich, dass diese von den Mitarbeitern durch Arbeitsleistung in einem konkreten Abrechnungszeitraum erarbeitet werden mussten und die Höhe des geldwerten Vorteils damit vom Umfang und der Art der Arbeitsleistung abhängig gewesen sei. Die seit 1. Januar 2003 geltende Ausnahmeregelung des § 23a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB IV finde vorliegend keine Anwendung. Nach dieser Vorschrift würden Zuwendungen nach Satz 1 nicht als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gelten, wenn sie als Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Beschäftigten hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und monatlich in Anspruch genommen werden können, vom Arbeitgeber erbracht werden. Diese Gesetzesneufassung stelle entgegen der Auffassung der Klägerin keine lediglich deklaratorische Einfügung des Gesetzgebers dar. Es handele sich bei der Einfügung von § 23a Abs. 1 Satz 2 SGB IV durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, Seite 4621) mit Wirkung zum 1. Januar 2003 vielmehr um eine Gesetzesänderung, die der Gesetzgeber als Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 7. Februar 2002 - B 12 KR 6/01 R - SozR 3-2400 § 14 Nr. 23 und B 12 KR 12/01 R - SozR 3-2400 § 28f Nr. 3 = BSGE 89, 158) vorgenommen habe (vgl. Wietek in: LPK - SGB IV § 23a RdNr. 10; Jochim in: jurisPK- SGB IV RdNr. 33; Seewald in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 23a SGB IV RdNr. 11 spreche von einer "Konterkarierung" der Rechtsprechung des BSG). Vor dem 1. Januar 2003 finde die Gesetzesneufassung aber mangels einer entsprechenden Regelung keine Anwendung (vgl. Artikel 17 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt).
Die Klägerin könne sich schließlich bis zur Entscheidung des BSG vom 7. Februar 2002 nicht darauf berufen, sie habe im Vertrauen auf die allgemein praktizierte Handhabung die Fahrvergünstigungen als nicht einmalig gezahltes und damit beitragsfreies Arbeitsentgelt bewerten dürfen. Ein bestandskräftiger Bescheid einer zuständigen Einzugsstelle oder des betriebsprüfenden Rentenversicherungsträgers mit einer derartigen inhaltlichen Feststellung gegenüber der Klägerin sei offenbar nicht ergangen. Gerichtliche Entscheidungen beurteilten (streitige) Rechtsfragen immer nur bezogen auf die Vergangenheit, so dass ein Vertrauensschutz auf eine bestimmte Auslegung und Anwendung gesetzlicher Normen nicht geltend gemacht werden könne. Auch die Ausnahmeregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 ArEV seien vorliegend nicht einschlägig. Bei den Fahrvergünstigungen handele es sich weder um Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG noch um Beiträge oder Zuwendungen nach § 40b EStG. Es liege auch keine der Fallgruppen des § 2 Abs. 2 ArEV vor.
Gegen das ihr am 22. Juni 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Juli 2009 Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 30. September 2009 hat die Beklagte in Ausführung des sozialgerichtlichen Urteils die sich aus der Betriebsprüfung / Beitragsüberwachung ergebende Nachforderung mit insgesamt 880.389,23 EUR festgesetzt, wobei Nachforderungen nur für die Kalenderjahre 2001 und 2003 angesetzt worden sind.
Die Klägerin führt das Berufungsverfahren fort. Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe das Finanzamt keine Haftungsbescheide sondern Pauschalisierungsbescheide erlassen. Eine Pauschalisierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG könne der Arbeitgeber unabhängig vom Zeitpunkt der Stellung des Pauschalisierungsantrags verlangen. Die maßgebliche Pauschalisierungsgrundlage sei im sozialrechtlichen Verfahren autonom zu bestimmen. Es gäbe keine Bindung an die von den Steuerbehörden herangezogene Rechtsgrundlage. Der Inhalt des Schreibens des Finanzamtes vom 25. Juli 2007 zeige, dass nach dessen Auffassung § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG eine geeignete Rechtsgrundlage für eine nachträgliche Pauschalisierung sei. Allerdings hätte das Finanzamt die strittigen Fahrvergünstigungen nicht hypothetisch dem § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zuordnen dürfen, sondern schätzen müssen, in welchem Umfang die Mitarbeitergruppen durchschnittlich die 1000 EUR Grenze des § 40 Abs. 1 Satz 3 EStG eingehalten hätten. Eine solche Schätzung hätte auch die Beklagte vornehmen müssen. Käme es für Die Sozialversicherungspflicht von Bezügen auf den Zeitpunkt der Vornahme einer Pauschalisierung an, so würde dies zu einer dem Sozialversicherungsrecht fremden Bestrafung führen. Schließlich handele es sich bei den gewährten Fahrvergünstigungen nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt iSd § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV iVm § 23 a SGB IV. Dies gelte auch nach dem Urteil des BSG vom 7. Februar 2008. Ein anderes Verständnis würde gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verstoßen. Auch sei eine Anwendung des § 23 a SGB IV bezüglich einmalig gezahlten Arbeitsentgelts für die zweite Jahreshälfte 2001 verfassungswidrig. Dies folge aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2000 (1 BvL 1798, 4/98 und 15/99).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2009 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 30. Mai 2006 auch insoweit aufzuheben, als in ihm Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf in d en Jahren 2001 und 2003 gewährte Bezüge festgesetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist dabei nur noch, ob die in dem angefochten Bescheid vom 27. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2006 für die Kalenderjahre 2001 und 2003 vorgenommene Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für an Beschäftigte der Klägerin gewährte Fahrvergünstigungen rechtmäßig ist. Da nur die Klägerin und nicht auch die Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hat, ist die Entscheidung des Sozialgerichts, dass eine Beitragsnachforderung für die Kalenderjahre 1999 und 2000 wegen eingetretener und geltend gemachter Verjährung nicht rechtens ist, rechtskräftig geworden. Die Beklagte hat dem auch Rechnung getragen und mit Ausführungsbescheid vom 30. September 2009 die Beitragsnachforderung auf 880.389,23 EUR reduziert.
Das Sozialgericht ist rechtsfehlerfrei unter zutreffender Ermittlung des Sachverhalts und Subsumtion desselben unter die einschlägigen Rechtsnormen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte zur Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 888.389,23 EUR auf den geldwerten Vorteil der Fahrvergünstigen für die Jahre 2001 und 2003 verpflichtet ist. Maßgebend ist, dass der hier einschlägige § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV dem Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV nur sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht zurechnet, die nicht einmalig gezahltes Arbeitentgelt nach § 23 a SGB IV sind, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben kann und er die Lohnsteuer nicht nach den Vorschriften der §§ 39b, 39c, oder 39d EStG erhebt. § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG sieht zwar auch in seiner Nr. 2 eine Pauschalisierungsmöglichkeit für den Fall vor, dass in einer größeren Zahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Diese steuerrechtliche Fallkonstellation nimmt jedoch § 2 Abs. 1 Satz 1 ArEV aus. Die detaillierte Aufführung weiterer Einzelvorschriften des EStG auf die Bezug genommen wird, nämlich von § 40 Abs. 2 und § 40b EStG macht deutlich, dass eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 1 Satz 1 ArEV auf außerordentliche Lohnsteuerpauschalisierungen nicht möglich ist. Somit führt eine auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgte Lohnsteuerpauschalisierung für sonstige Bezüge nicht zu deren Beitragsfreiheit.
So liegt es hier. Der Senat ist ebenso wie das Vorgericht davon überzeugt, dass den Bescheiden des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 13. Februar 2004 und 18. Oktober 2004 mit denen Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer wegen von der Klägerin an ihre Mitarbeiter gewährter Fahrvergünstigungen festgesetzt wurden, eine Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugrunde liegt. Dies ergibt sich jedenfalls aus den in diesen Bescheiden in Bezug genommenen jeweiligen Teil-Berichten über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 9. Februar 2004 bzw. 14. Oktober 2004. Darin heißt es, dass zum Teil die von der Klägerin angesetzten Bemessungsgrundlagen, auch im Hinblick auf den Vergünstigungen betroffen Personenkreis, korrekturbedürftig gewesen seien und bei Schüler- und Ausbildungsfahrten überhaupt keine Versteuerung des geldwerten Vorteils erfolgt wäre. Das Finanzamt selbst führt in seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 25.07.2007 aus: "Soweit die Lohnsteuer auf die geldwerten Vorteile aus den verschiedenen Fahrvergünstigungen vom Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig einbehalten wurde, erfolgte die Nacherhebung der Lohnsteuer durch Nachforderungsbescheide gegenüber der X. AG und der A. AG im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Die für eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zwingend vorzunehmende Überprüfung der 1.000 EUR-Grenze pro Arbeitnehmer konnte im Rahmen der Außenprüfung mangels Aufzeichnungen des Arbeitgebers nicht durchgeführt werden". Daraus ergibt sich klar, dass es seine Bescheide mit Nachforderung von Lohnsteuer im Wege der Pauschalisierung als solche ansieht, die auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erlassen wurden. Dass - dann offenbar auf Wunsch der Klägerin – in dem Schreiben vom 25.07.2007 eine "nachträgliche und hypothetische Zuordnung der durch die Lohnsteueraußenprüfung der Lohnversteuerung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen zu § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG " unterbreitet wurde, ändert nichts daran, dass – worauf es rechtlich allein ankommt – eine Pauschalisierung der Lohnsteuer in den Steuerbescheiden nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt war. Offenbleiben kann, ob nach dem Ergehen der Lohnsteuerbescheide auch noch eine Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beantragt hätte werden können. Maßgeblich ist, dass ein solcher Antrag seitens der Klägerin bislang nicht gestellt wurde und seitens der Steuerbehörde eine Pauschalisierung auf der Grundlage dieser Norm nicht erfolgt ist. Mit der bloßen Hinweis, es bestehe noch eine materiell-rechtliche Möglichkeit der Stellung eines Lohnsteuerpauschalisierungsantrags kann aber die Entscheidung über die Beitragspflicht nicht unbegrenzt aufgeschoben werden. Die Klägerin muss sich daran festhalten lassen, dass bis heute eine Pauschalisierung der Lohnsteuer auf die streitbefangenen sonstigen Bezüge außerhalb des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erfolgt ist.
Im Übrigen hätte ein solches Verfahren auch keine Erfolgsaussicht. Eine Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nach Abs. 1 Satz 3 dieser Norm nur eröffnet, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer sonstige Bezüge gewährt, die nicht mehr als 1000 EUR im Kalenderjahr ausmachen. Dabei trifft den Arbeitgeber die Nachweislast dafür, dass alle sonstigen Bezüge vollständig aufgezeichnet wurden und die Summe aller Vorteile die Pauschalisierungsgrenze nicht übersteigt (Vgl. Werner in Juris-PK SGB IV, 2. Auflage 2011, § 14 Rz 135). Ausweislich des Schreibens des Finanzamtes vom 25.07.2007 konnte die Prüfung der Einhaltung der 1000 EUR - Grenze pro Arbeitnehmer im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung mangels Aufzeichnungen der Klägerin nicht geführt werden. Diese Prüfung obliegt auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - der Steuerbehörde und kann nicht im Wege einer Schätzung durch die Beklagte ersetzt werden. Wenn es auch keine förmliche Bindung der Sozialversicherungsträger an Entscheidungen der Steuerbehören gibt, so gilt zumindest, dass deren Entscheidungen eine starke Indizwirkung zukommt (BSG vom 11.07.1967- 3 RK 1/64 – SozR § 160 Nr 23). Um diese in Frage zu stellen bedarf es überzeugender Einwände gegen deren Richtigkeit. Hier gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung des Finanzamtes, die Lohnsteuerpauschalisierung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 – zudem auf Antrag der Klägerin hin – vorzunehmen, fehlerhaft sein könnte.
Ebenfalls zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für das Jahr 2001, könne auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die weitere Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV, dass es sich nicht um einmalig gezahltes Arbeitentgelt nach § 23a SGB V handeln dürfe, hier nicht erfüllt sei. Der Senat macht sich die diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts zu Eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend wird noch daraufhingewiesen, dass die Einwände der Klägerin gegen die Anwendung von § 23a SGB IV unbegründet ist. Dessen Heranziehung für Sachverhalte aus der zweiten Jahreshälfte 2001 ist nicht verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neuregelung der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2001 (BGBl I 2000, 1971) den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dessen Beschluss vom 24. Mai 2000 (1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99) entsprochen, so dass § 23 a SGB IV weiter angewandt werden konnte.
Es war daher zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) und §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved